Paper - ba interaction design
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Schloss Hartenstein Museumsraum als Metaverse Ruedi Lüthi, Max Rheiner, Raphael Perret Zürcher Hochschule der Künste, Departement Design Interaction Design Programm Ausstellungsstr. 60, 8005 Zurich, Switzerland ruedi.luethi@zhdk.ch { max.rheiner, raphael.perret } @zhdk.ch Mai 2009 Abstract Historische Museen sind der Spiegel einer vergangenen Zeit, sie konservieren und präsentieren wissenschaftlich korrekt historische Inhalte. Sie sind Repräsentant für die Atmosphäre eines Zeitgeistes, welche der Besucher im Ausstellungsraum erfahren will. Der Besucher soll Teil dieser historischen Welt werden, er will das Gefühl bekommen, eine Zeitreise unternommen zu haben. Um dieses Erlebnis dem Besucher zu vermitteln reichen statische Artefakte nicht aus. Die Rollenverteilung von Besucher und Ausstellungsobjekt muss aufgebrochen werden. Der Besucher soll das Ausstellungsobjekt betreten und mit ihm interagieren können. Durch das Erzeugen einer virtuellen Welt wird ein Raum geschaffen, in dem der Besucher im Kollektiv nach bestimmten Regeln mit der historischen Welt interagieren kann. Der Besucher oder Avatar wird Protagonist einer vergangenen Geschichte, in welcher er aus der modernen Zeit heraus, einwirken kann. Als Basis für die Untersuchung wie virtuelle Räume für die historische Wissensvermittlung gebraucht werden können, wird das sächsische Schloss Hartenstein in einem Zeitraum von Anfang des 19. Jahrhunderts bis zu dessen Zerstörung im 2. Weltkrieg im Jahre 1945 wiedergegeben. erneutes Betreten eines vergangenen Wegabschnittes bleibt verwehrt. Eine gesamtheitliche Aufzeichnung oder Rekonstruktion von Vergangenem ist unmöglich. Während der Fahrt durch die Zeit machen wir uns Aufzeichnungen, die ein Abbild des vergangenen Weges enthalten. Ein Abbild benötigt ein Medium und einen Autor. Das Medium enthält Einschränkungen und der Autor bringt Spekulationen. Verschiedene Medien versuchen sich dem vergangenen Abbild anzunähern, besitzen aber alle ihre Möglichkeiten und Einschränkungen. Es folgt eine kurze Zusammenstellung verschiedener Modelle, die Vergangenheit abbilden: 1.1 Klassische Sammlungspräsentation Das klassische Museum besitzt und pflegt eine Sammlung. Die Gegenstände der Sammlung werden in einem Ausstellungsraum zugänglich gemacht. Die Präsentation der Gegenstände konzentriert sich auf die gute Sichtbarkeit, dafür werden die Gegenstände meist in einer Vitrine ausgestellt [1]. 1. Einleitung Zeit ist eine Einbahnstrasse: sie ist nur in eine Richtung befahrbar. Es ist möglich, vom gegenwärtigen Standpunkt aus auf den bereits zurückgelegten Weg zurück zu sehen, aber ein Abb. 1: Ausstellung Römische Goldschätze[1] Zur Vitrine werden Fakten zitiert, worüber sich der Besucher die Geschichte bildet. Um die Gegenstände in einer Handlung zu zeigen, werden sie in eingefrorenen Szenen inszeniert. Dies können Puppen sein oder massstabsgetreue Modelle [2]. ist persönlich geprägt und schildert Eindrücke und Gefühle eines Einzelnen. 1.2.1 Roman Verschiedene Romane inszenieren ihre Geschichte in einer vergangenen Welt, beispielsweise wie der Roman von Umberto Eco „Der Name der Rose“ [4]. Der Autor suggeriert dem Leser ein Buch aus dem 14. Jahrhundert in der Hand zu halten und eine tatsächliche Aufzeichnung dieser Zeit zu lesen. Dazu verwendet Umberto Eco verschiedene historische Figuren, wie Ubertino da Casale, ein dem Franziskanerorden angehöriger Mönch. 1.3 Film Abb. 2: Modell eines Indianerdorfes[2] In beiden Fällen steht der Besucher ausserhalb des Geschehenen und nimmt die Rolle eines Beobachters aus der Ferne ein. 1.2 Literatur Literatur beschäftigt sich oftmals mit vergangenen Geschehnissen, sei dies als Sachbuch, historische Erzählung oder fiktiver Roman [3]. 1.2.3 Sachbuch Historische Sachbücher sind eine Auflistung von Jahreszahlen und Fakten. Sie beziehen sich auf gefundene Artefakte oder Texte und erheben den Anspruch der Wissenschaftlichkeit. Dabei wird auf Spekulation verzichtet und jede Schlussfolgerung durch Quellen begründet. 1.2.2 Historische Erzählung Historische Erzählungen sind autobiographisch und erzählen, wie der Autor vergangene Ereignisse wahrgenommen hat. Beispiel dafür ist der autobiographische Bericht von Primo Levi „Ist das ein Mensch?“ [5]. Primo Levi schildert in diesem Text seine Vergangenheit als Gefangener der Nazis im Konzentrationslager Ausschwitz. Eine solche Erzählung Film wird wie Literatur benutzt, um Geschehenes wiederzugeben. Durch Bild und Ton wird eine Immersion erzeugt, welche es erlaubt, beim Betrachter Gefühle zu regen, die den Emotionen der Protagonisten der historischen Geschichte entsprechen. Ein Beispiel dafür ist der Film „Apocalypse Now“ [6], worin sich ein amerikanischer Suchtrupp in die Mitte des Vietnamkrieges bewegt, um einen abtrünnigen Colonel zur Vernunft zu bringen. Der Film beginnt ruhig und, je weiter die Soldaten in den Dschungel eindringen, umso wirrer werden Bild und Ton, bis zur fast vollständigen Auflösung im Chaos des Krieges. Diese Kriegssituation wird durch wilde Kamerafahrten und eindringlichen Ton illusioniert. Der Betrachter erhält so einen Eindruck des Krieges. 1.4 Nachspielen von Geschichte Geschichte kann im Kollektiv nachgespielt werden. Die eigene Person oder der eigene Körper dient als Medium [7]. Fakten geben den Rahmen vor und dienen als Ausgangslage. Der genaue Ablauf der Performance ist nicht vorgegeben, die Individualität der einzelnen Teilnehmer ist gegeben. Dadurch wird Vergangenheit wieder erlebt, es wird nicht das Erlebnis aus der Vergangenheit in die Gegenwart gerissen, sondern ein neues Erlebnis generiert, das dem bereits vorhandenen Erlebnis ähnelt oder unter den gleichen Rahmenbedingungen entstanden ist. Reenactment oder nachspielen von Geschichte ist nie endgültig, es besitzt eine klare definierte Bühne auf welcher performt wird. 1.5 Computerspiele Das Medium der Computerspiele ist ein Interaktives und kommuniziert über visuelle und auditive Sinneseindrücke, welche sich zu einer Immersion zusammenfügen. In dieser virtuellen Welt kann Geschichte nachgespielt werden. Durch die Virtualität ist das Betreten und Interagieren mit Landschaften, Architektur und Artefakten möglich, die real nicht oder nur mit sehr grossem Aufwand zu rekonstruieren wären. Auch sind Interaktionen möglich, die ethisch in der Realität nicht zu verantworten wären. Beispielsweise in Kriegsszenarien wie im Spiel „Battlefield Vietnam“[8], in dem ein historischer Kriegsschauplatz zum Inhalt wird. 1.6 Metaverse Durch das Zusammenschliessen über Netzwerke einer virtuellen Welt zu einem Metaverse [9] ist ein Erleben im Kollektiv möglich. Es entstehen zu den sehr stark vorgegeben Interaktionen mit der Welt und deren Artefakte soziale Interaktionen, die durch die Individualität der Akteure einzigartig werden. Im Metaverse von Second Life gibt es verschiedene Orte mit historischen Rekonstruktionen. Ein Beispiel dafür ist „Paris um 1900“[10], wo ein Paris um die Jahrhundertwende besucht werden kann. Es gibt einen Eifelturm, das Moulin Rouge und eine Metro zu sehen. Wobei sich der Besuch einer virtuellen Sehenswürdigkeit nicht sonderlich unterscheidet vom Besuch einer Realen: Man betrachtet und fotografiert die Denkmäler. 2. Problemstellung Am Beispiel von Schloss Hartenstein wird exemplarisch versucht, eine neue Art der historischen Wissensvermittlung aufzuzeigen. Das Schloss Hartenstein befindet sich im säch- sischen Raum am Rande des Erzgebirges südwestlich von Zwickau. Es wurde lange bis zu seiner Zerstörung durch Alliierte Truppen im 2. Weltkrieg vom deutschen Adelsgeschlecht der Schönburger von Hartenstein bewohnt. Ein markantes Merkmal des Gebäudes sind seine unzähligen Umbauten. Das Gesicht des Schlosses wechselte oft, um sich an den architektonischen Stilen der Zeit anzupassen. Die Mauern sind ein Patchwork von Renaissance über Barock bis zu einem neugotischen Stil. Das Schloss blieb bis zum 2. Weltkrieg von grossen historischen Ereignissen verschont und wurde als eine sichere Zuflucht der Familie von Schönburg benutzt. Das Schloss war Schauplatz der sächsischen Geschichte, worin Napoleon und die Völkerschlacht von Leibzig eine Rolle spielten, sowie die Industrialisierung, welche im Erzgebirge rasant Einzug hielt. Später wird der Beitritt zum deutschen Bund unter Bismark wichtig[11]. Historie wird aus Fakten gebildet, welche sich zu einer Geschichte zusammenfügen. Fakt und somit klar rekonstruierbar ist die Architektur und die Eckdaten der sächsischen Geschichte. Dies sind klar zu kommunizierende Informationen, über welche sich der Besucher seine eigenen Vorstellungen und Geschichten bildet und die sich zu einem Erlebnis im Museum formen. Um dem Besucher dieses Erlebnis möglichst authentisch zu gestalten, muss der Betrachter möglichst nahe an diese Informationen herangebracht werden. Nähe wird erzeugt indem den ausgestellten statischen Artefakten Leben eingehaucht und eine Dynamik erzeugt wird. Dies soll einen einzigartigen Augenblick generiert, um dem Besucher sein individuelles Erlebnis bieten zu können. Das Museum ist ein Raum, worin der Besucher innerhalb einer vergangenen Welt seinen persönlichen und einzigartigen Augenblick im Jetzt erleben kann. 3. Lösungsansatz Die Architektur des Schlosses soll betretbar werden. Der Besucher soll ein Gefühl für die Grössenverhältnisse der Räume erhalten und das Schloss sowohl im Innenraum wie im Aussenraum von beliebigen Blickwinkeln betrachten können. Diese Möglichkeit ist in virtuellen Welten wie in Computerspielen gegeben. Der Spieler bewegt über Tastatur und Maus seinen virtuellen Repräsentanten durch eine digitale Landschaft. Er erhält ein Gefühl für Distanz und Raum. Dieses Prinzip der 3D-Welt wird auf eine digitale Rekonstruktion des Schlosses angewendet. Somit erhält der Besucher einen digitalen Raum, worin er sich durch die Schlossmauern bewegen kann. Dieser entstandene Raum bietet eine Plattform für die Präsentation weiterer historischer Fakten. Darin kann eine Sammlung untergebracht werden, welche sich somit in ihrem gewohnten Umfeld befindet und nicht aus ihrem räumlichen Kontext gerissen wurde, wie dies in einem Museum mit sterilem Ausstellungsraum der Fall ist. Zusätzlich enthält die Beziehung von Gegenstand zum Raun eine Aussage. Eine Schüssel in der Küche enthält einen anderen Kontext als eine Schüssel in der Kappelle. Das Interagieren mit einer solchen virtuellen Welt mittels Tastatur und Maus ist einer einzelnen Person vorenthalten. Da der Besuch eines Museums meist ein kollektives Erlebnis ist, muss der Raum erweitert werden. Die virtuelle Welt muss von mehreren Personen gleichzeitig betretbar sein und die Besucher müssen miteinander in Kontakt treten. Dafür eignet sich die Erweiterung der virtuellen Welt zu einem sozialen Netzwerk, einem Metaverse. Grundlage dafür ist eine Kommunikation der einzelnen Besucher oder Avatare untereinander. Die klassische Kommunikation in virtuellen Welten ist Text, der sogenannte Chat. Die Frage stellt sich, worüber die Besucher kommunizieren sollen. Inhalt der virtuellen Welt ist die Architektur des Schloss Hartensteins und eine Sammlung historischer Gegenstände aus dieser Zeit. Dies sollte auch Inhalt der Kommunikation der Besucher werden. Eine weitere etwas abstraktere Form der Kommunikation ist das Kommunizieren über Bilder. Also wird den Besuchern die Möglichkeit gegeben mittels Ablichten von Ausschnitten des Schlosses mit dessen Gegenständen mit anderen Besuchern zu kommunizieren. Die Handlung vom Festhalten historischer Denkmäler auf eine Leinwand entspricht unter anderem auch einer üblichen Tätigkeit von Besuchern realer historischen Räumen. Der Zugang zu einer solchen virtuellen Welt geschieht über einen vernetzten Computer mittels Maus und Tastatur. Dieses Interface besitzt jeder, der einen Computer zuhause hat, und funktioniert gut für einen Besuch übers Internet. Im realen Ausstellungsraum im Museum will der Besucher einen weiteren Mehrwert erhalten. Er will etwas Einzigartiges sehen, welches nur im Museum zu betrachten ist. Um dem Besucher des realen Ausstellungsraumes auch das Gefühl bieten zu können, im Innenhof des Schlosses zu stehen, wird eine Panoramadarstellung verwendet. Dadurch, Abb. 3: Diagramm des Ausstellungsraumes dass ein Bild das gesamte Spektrum des Blickwinkels vom menschlichen Auge abdeckt, wird die Illusion erzeugt, Teil des Bildes zu werden. Beispiel für eine solche Darstellung ist das Bourbaki-Panorama in Luzern[12]. Zusätzlich zum Panorama wird eine Bildergalerie mit den erstellten Bildern aus der virtuellen Welt gezeigt. Die Galerie gibt weitere Einblicke in das rekonstruierte Schloss frei, die dynamisch von den Besuchern der virtuellen Welt generiert werden - ähnlich dynamischer Bildergalerien im Internet wie flickr.com[13]. Somit wird der Ausstellungsraum in zwei Räume getrennt: ein realer und ein virtueller. Der reale Raum ist dem klassischen Museumsraum nachempfunden und enthält bekannte Konventionen, die von den meisten Museumsbesuchern erwartet werden. Er zeigt das rekonstruierte Schloss in dynamischen Bildern und informiert über Fakten. Der virtuelle Raum ist geographisch unabhängig und nutzt die Ästhetik und die Interaktionsprinzipien von Computerspielen und virtuellen Welten. Die Besucher dieses Raumes erzeugen den Inhalt für den realen Ausstellungsraumes. 4. Designentwurf In einem Prototyp soll das Zusammenspiel von realem Ausstellungsraum und virtueller Welt aufgezeigt werden. Dafür wurde das Schloss anhand von Bildmaterial aus der Zeit von 1900 bis 1945 digital rekonstruiert und mit Gegenständen aus der digitalisierten Sammlung der schweizerischen Landesmuseen[14] gefüllt. Dies enthält eine gewisse historische Diskrepanz, welche in dieser prototypischen Umsetzung ausgeklammert wird. Des weiteren wurden von Lino Dumont drei Panoramabilder zu den Zeiten 1870, 1945 und der Schlossruine heute erstellt. Diese Arbeit ist Teil der BA-Abschlussarbeit 2009 von Lino Dumont aus der dem Studiengang wissenschaftliche Illustration der ZHdK. Diese Bilder wurden wiederum in einem Prototyp animiert. Auch in einem Prototyp wurde die dynamische Bildergalerie umgesetzt. 4.1 Virtuelle Welt Die Rekonstruktion der virtuellen Welt besteht aus der Aussenfassade des Schlosses, dem Vorhof und ein paar Innenräumen. Auf eine Texturierung wurde bewusst verzichtet, um den Eindruck eines Architekturmodells zu erwecken. Dieses Bild wird durch den Ambient Occlusion Shader noch verstärkt. Den Räumen wurde Mobiliar hinzugefügt, um die Funktion der Räume ersichtlich zu machen. Grundlage für das Mobiliar war wiederum die digitalisierte Sammlung der schweizerischen Landesmuseen[14]. Innerhalb der virtuellen Welt werden dem Besucher Fakten zu den Räumen und den Gegenständen kommuniziert. So erhält er weiterführende Informationen zum Schloss. Die Informationen erscheinen, sobald der Besucher einen Raum betritt oder mit einem Gegenstand interagiert. Interagiert werden kann mit Gegenständen und Bilderrahmen. Die Gegenstände können verschoben werden, um sie so in einen anderen Kontext zu stellen oder sie für ein Stillleben zusammen zu tragen. Die Bilderrahmen können wie Gegenstände verschoben werden oder es wird die Leinwand mit neuem Inhalt überzogen. Dafür nimmt der Besucher den Bilderrahmen von der Wand und sucht sich einen Ausschnitt. Der Bilderrahmen gibt die Bildart vor: entweder Fotografie oder Malerei. Für die Fotografie stehen dem Besucher verschiedene Objektive zur Auswahl. Um aus dem abgebildeten rekonstruierten Modell ein einer Fotografie ähnelndes Bild zu generieren, wird der gewählte Ausschnitt mit Farbfiltern belegt. Fotografie entsteht mittels einer Kontrasterhöhung durch eine logistische Funktion, die eine S-Kurve beschreibt, und dem Multiplizieren des Rot- und Grünwertes der Farbe, um einen Gelbstich zu erzeugen. Abb. 4: Fotografie mit Filtereffekt Gemalt wird mit Licht. Per Drag and Drop können vier Lichtquellen in den Ecken des Bildes eingestellt werden, um so die durch den Ausschnitt begrenzte Situation auszuleuchten. Die Farben sind durch eine Farbpalette vorgegeben. Wiederum wie bei der Fotografie wird das Bild mit Filtern belegt. Die Farbinformation wird auf 10 Stufen gerundet, um zusammenhängende Farbflächen zu erzeugen. Zusätzlich wird das Bild mit einer Leinwandstruktur hinterlegt. Nach dem Überziehen der Leinwand mit neuem Inhalt wird das Bild wieder im Schloss an eine Wand gehängt. Da kann es von anderen Besuchern der virtuellen Welt betrachtet werden, und es wird Inhalt der dynamischen Bildergalerie im Ausstellungsraum. 4.2 Panorama Die Panoramabilder sind mittels bestehenden Bildmaterials der entsprechenden Zeit koloriert. Sie enthalten somit eine weitere Information zum Schloss, nämlich dessen Texturierung. Das Panorama besteht, wie weiter oben schon erwähnt, aus drei verschiedenen Bildern, die sich überlagern. In einem bestimmten Intervall werden die genau übereinander stimmenden Bilder überblendet. Zusätzlich werden die Silhouetten der Avatare der virtuellen Welt im Panorama an ihrer aktuellen Position im Schloss angezeigt. Die grafischen Repräsentanten der Avatare sind animiert und bewegen sich synchron zu der Bewegung des entsprechenden Besuchers in der virtuellen Welt. Um die Silhouette wird radial ein Teil des Panoramas von 1945 angezeigt. Das Panorama dieser Zeit entspricht dem rekonstruierten Schloss in der virtuellen Welt. So erhält der Besucher im Ausstellungsraum eine Vergleichsmöglichkeit der zeitlich unterschiedlichen Darstellungen. Abb. 6: Panoramaprototyp Abb. 5: Malerei mit Filtereffekt 4.3 Bildergalerie 5. Fazit Die Bildergalerie ordnet sich dynamisch. Bilder, welche im gleichen Raum hängen, werden zusammengefasst. Der Galerie ist ein einfacher Grundriss des Schlosses hinterlegt und die Bildergruppen zu den entsprechenden Räumen ordnen sich nach ihrer auf dem Grundriss zugewiesenen Position an. Das Konzept orientiert sich stark am klassischen Ausstellungsraum. Es werden Bilder ausgestellt, es wird eine Sammlung gezeigt. Die Besucher erhalten die Möglichkeit, in bestimmten Regeln in diesen Ausstellungsraum einzugreifen. Die Frage stellt sich, ob Besucher eines Museums überhaupt bereit sind, sich ihre Ausstellung selber zusammenzustellen. Der Besucher eines Museums möchte in erster Linie konsumieren. Weiter gilt es zu definieren, ob der Begriff des Metaverses angemessen ist für eine stark durch Regeln beschränkte Welt. Dem Besucher stehen nur wenige Operationen zur Interaktion zur Verfügung. Er kann nur minimal die Umgebung der Welt verändern. Ein stark durch soziale Interaktionen geprägtes Konstrukt wie das des Metaverses kann erst existieren, wenn Benutzer anfangen untereinander in Kontakt zu treten. Natürlich können die Besucher über Bilder miteinander kommunizieren, nur wird dies auch verstanden und angemessen angewendet? Dieser Punkt wirft auch die Frage auf, ob die Besucher des Ausstellungsraumes im Museum begreifen, was in der parallelen virtuellen Welt geschieht. Sie erhalten nur einen sehr beschränkten Einblick in diese Welt. Zum Schluss bleibt die Frage offen, ob die Handlung, Bilder zu generieren, genug Potential enthält, um Besucher zu fesseln. Der Vorgang, einen Augenblick auf eine Leinwand einzufrieren, beschäftigt den Menschen schon lange. Dies funktioniert, wenn Realität abgebildet wird und so eine Virtualität in Form eines Bildes erzeugt wird. Was passiert aber, wenn virtuelles in eine weitere Form der Virtualität portiert wird? Abb. 7: Bildergalerie Prototyp Sobald sich ein Bild verändert, sei es Position oder Inhalt, wird es neu positioniert und grösser dargestellt als die restlichen. Langsam nimmt es dann seine korrekte Grösse an. So wird dem Besucher im Ausstellungsraum ersichtlich, welche Bilder sich gerade verändert haben. Die Grösse der Bilder wird durch den Raum definiert, in dem das Bild hängt. Dadurch wird darauf eingegangen, dass ein Bild im Schlafzimmer der Zofe eine andere Priorität besitzt als dasselbe Bild in der Ritterhalle oder dem Salon. Zusätzlich zur Übersicht aller Bilder wird in bestimmten Abständen ein einzelnes Bild vergrössert und separiert dargestellt. Dazu erhält der Besucher im Ausstellungsraum Informationen über den Raum, wo das Bild erzeugt wurde, und über die im Bild enthaltenen Gegenstände. 6. Ausblick Durch den funktionierenden Prototyp ist eine solide Grundlage einer virtuellen Welt entstanden. Diese Welt könnte nach belieben mit neuen Möglichkeiten der Interaktion gefüllt werden. Im Moment beschränkt sich die Kommuni- kation der Besucher der virtuellen Welt auf Bilder generieren und bereits erstellte Bilder anschauen. Dadurch können keine konkreten Botschaften übermittelt werden. Diese Möglichkeit der Kommunikation geht zwar ein auf den durchaus spannenden Dialog zwischen Bildersteller und Bildbetrachter, ist aber immer überschattet durch die unterschiedliche Interpretation der beiden Parteien. Eine weitere oder ergänzende Information wäre angebracht. Dies könnte Beispielsweise ein Bildtitel oder eine Signatur sein. Auch fehlt der bestehenden virtuellen Welt noch eine konkrete Geschichte, in die der Besucher eintauchen kann. Im Moment übernimmt er die Rolle eines Touristen, der das Schloss auf Bildern festhält. Was wäre aber, wenn eine konkrete historische Situation in den Schlossmauern innerhalb des vernetzten Metaverse im Kollektiv nachgespielt werden könnte? Quellen [1] Landesmuseum Zürich, (Ausstellungsraum) [2] Historisches Museum Bern, (Ausstellungsraum) [3] Klüger, Ruth: Gelesene Wirklichkeiten, 2006, S. 68ff, (Buch) [4] Eco, Umberto: Der Name der Rose, 1980, (Roman) [5] Levi, Primo: Ist das ein Mensch?, 1995, (autobiographische Erzählung) [6] Apocalypse Now, 1979, (Spielfilm) [7] Playback - Simulierte Wirklichkeiten, 2005, S. 26ff, (Publikation zur gleichnamigen Ausstellung mit verschiedenen Aufsätzen) [8] Battlefield Vietnam, Electronic Arts, 2004, (Computerspiel) [9] Stephenson, Neal: Snow Crash, 1992, (Roman) [10] Paris um 1900, slurl: http://slurl.com/secondlife/Port%20Babbage/177/116/103, (Sim in Second Life) [11] Dumont, Lino: Enter Castle Hartenstein, 2009, (Theoretischer Teil der BachelorArbeit 09) [12] Bourbaki-Panorama Luzern (Ausstellungsraum) [13] http://www.flickr.com, (Webportal) [14] http://webcollection.landesmuseen.ch, (digitale Sammlung)