pferd - Tierarzt Owschlag
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pferd - Tierarzt Owschlag
Erscheint quartalsweise Ausgabe PFERD 04 2008 ISSN 1867-3988 sern e L n alle 009 n e h c r2 üns h a w J r s i W unde s e g ein ® aktuell TIERGESUNDHEIT +++ AKTUELLES +++ TIERMEDIZIN +++ FÜTTERUNG +++ MANAGEMENT +++ INFORMATIONEN +++ 02 I Lahmheit & Schmerz Bei Pferden mit Nutztierstatus nicht jedes Medikament erlaubt 05 I Sammelkarte 7 Weihnachtsstern Christrose 06 I irap®: Behandlungsmethode bei Gelenkerkrankungen 10 I Hufgesundheit Hufpflege beginnt beim Ausmisten 14 I Spurenelemente Was bewirken sie im Pferd? Ti er I hr e is Ihre Tierarztpraxis a r z t -eP r a x Tiergesundheit aktuell -Pferd- ist der Name unserer Praxiszeitung speziell für Pferde. Viermal im Jahr gibt es Neuigkeiten zur Tiergesundheit, immer aktuelle Themen zur anstehenden Jahreszeit. Auf uns Tierärzte strömen permanent die unterschiedlichsten Informationen und Meldungen ein, die wir gerne aufbereitet an Sie weitergeben. Mit Tiergesundheit aktuell möchten wir Sie über die neuesten marktspezifischen und wissenschaftlichen Entwicklungen auf dem Laufenden halten, die uns erreichen. Unser Ziel ist es, die gute Zusammenarbeit zwischen Pferdehaltern und Tierärzten weiter zu festigen und eng bei der Lösung von Problemen zusammenzuarbeiten. Lesen Sie die Zeitung kritisch und sprechen Sie uns gerne an, wir freuen uns über jegliche Anregungen aber auch Kritikpunkte Ihrerseits. Unser Motto lautet: Immer gut informiert durch Ihren Hoftierarzt. 2|3 aktuell TIERGESUNDHEIT PFERD Lahmheit & Schmerz: Warum bei Pferden mit Nutztierstatus nicht jedes Medikament erlaubt ist Im Equidenpass, seit 2000 Pflicht für alle Pferde, entscheidet sich der Pferdebesitzer, ob sein Pferd ein Hobby- oder Nutztier ist. Über die Hälfte aller Pferde in Deutschland sind Nutztiere, also „lebensmittelliefernd“. Aufgrund des in diesem Fall wichtig werdenden Verbraucherschutzes gelten besondere Bestimmungen, wenn diese Tiere krank werden und Medikamente benötigen. Was beachtet werden muss, erklärt die Tierärztin Anke Rüsbüldt im folgenden Beitrag. „Mein Pferd lahmt!“ - eine Feststellung, die leider viele Pferdebesitzer früher oder später aus eigener Erfahrung heraus kennen. Selbst das optimal gehaltene und gesündeste Pferd kann betroffen sein. Eine Lahmheit kann viele Ursachen haben: Neben Verletzungen, wie etwa einer Prellung, sind häufig Über- und Fehlbelastungen verantwortlich. Es kommt zu Entzündungen in Gelenken, an Sehnen oder im Bindegewebe. Wenn Gelenksentzündungen verzögert abheilen, kann z. B. auch eine Arthrose und dadurch eine chronische Lahmheit entstehen. Auch Kissing Spines - wenn sich die Dornfortsätze der Wirbel berühren und aneinander reiben können zu schmerzhaften Entzündungen und Lahmheit führen. Eine Entzündung zeigt sich äußerlich durch Schwellung, die sich warm bis heiß anfühlt, durch eine Rötung der betroffenen Stelle (bei unbehaarter Haut) und durch mehr oder weniger starke Schmerzen, so dass das Pferd das betroffene Bein schont - es lahmt. Aufpassen: Nutz- oder Hobbytier? Foto: Engels Keine Frage: Zum Wohle des Pferdes müssen die Lahmheit, oder vielmehr die Entzündung als Ursache sowie der Schmerz behandelt werden. Für die Behandlung von Entzündungen und Schmerz bieten sich moderne kortisonfreie Präparate zur Entzündungshemmung, sogenannte NSAIDs, an. Eines der gebräuchlichsten entzündungshemmenden Schmerzmittel ist Phenylbutazon. Doch aufgepasst: Dieser Wirkstoff ist, wie viele andere Wirkstoffe auch, nicht mehr bei lebensmittelliefernden Tieren zugelassen! Vortraben auf hartem Boden ermöglicht eine gute Lahmheitsbeurteilung. Und von Geburt an gilt ein Pferd EU-weit zunächst einmal als Nutztier und damit als potenzielles Schlachttier. Der Besitzer kann sich aber auch anders entscheiden. Dafür gibt es seit dem Jahr 2000 den Equidenpass, den jeder Pferdeeigentümer für sein Pferd haben und sorgfältig führen muss. Im Arzneimittelanhang des Passes erklärt der Besitzer, ob er für das Pferd den Status „zur Schlachtung bestimmt“, also Nutztier, oder „nicht zur Schlachtung bestimmt“, also Hobbytier, wählt. Zusätzlich wird bei lebensmittelliefernden Tieren jeder Arzneimitteleinsatz einschließlich der Wartezeit in einem Bestandsbuch sorgfältig dokumentiert. Wirkstoffbeschränkung bei Nutztieren Hat sich der Besitzer für den Status „Nutztier“ entschieden, wird aus dem Pferd nicht zwangsläufig ein Lebensmittel, es kann am Ende seines Lebens trotzdem eingeschläfert und nicht geschlachtet werden. Wichtig ist der Status für die Therapie im Krankheitsfall, denn bestimmte Wirkstoffe, wie etwa das Schmerzmittel Phenylbutazon, dürfen dann aus Gründen des Verbraucherschutzes für das gesamte Pferdeleben nicht angewendet werden! Anders bei „Hobbytieren“: Hier gilt keine Wirkstoffbeschränkung. Pferde mit diesem Status dürfen aber auch nie als Lebensmittel verwendet werden, die Entscheidung ist unwiderruflich. Beim Status „Hobbytier“ verliert der Eigentümer - übrigens auch alle späteren Besitzer dieses Pferdes - die alleinige Entscheidungsbefugnis, das Pferd töten zu lassen. Für die Tötung ist dann das Einverständnis des Tierarztes notwendig. Während beim „Hobbytier“ eventuelle Kosten für die Entsorgung des toten Tieres entstehen, erzielt das Pferd bei der Schlachtung zur Lebensmittelgewinnung sogar noch einen gewissen Restwert für den Besitzer. Positivliste sichert Therapie der Nutztiere Viele Besitzer entscheiden sich daher dafür, ihre Pferde, als lebensmittelliefernde Tiere zu belassen. In Deutschland haben diesen Status über die Hälfte aller Pferde. 8 Fotos: Engels Im ersten Moment denkt nun sicher jeder Pferdeliebhaber, dann bekommt mein Pferd eben den Status „Hobbytier“, schließlich soll es etwa im akuten Lahmheitsgeschehen auch behandelt werden können. Wenn das Pferd jedoch durch sein Alter oder durch chronische Erkrankungen für das Hobby unbrauchbar wird, werden die Konsequenzen dieser Entscheidung deutlich. Das Tierschutzgesetz verbietet es, ein Tier ohne vernünftigen Grund zu töten. Ein vernünftiger Grund bei einem Nutztier ist seine Verwertung als Lebensmittel. Entscheidet sich der Pferdebesitzer im Equidenpass dafür, dass sein Pferd später zur Schlachtung bestimmt ist, dürfen bestimmte Arzneimittel nicht verabreicht werden. Der Equidenpass Seit dem 1. Juli 2000 ist der Equidenpass Pflicht für jedes Pferd. Der Eigentümer beantragt diesen und führt ihn verantwortlich. Die rechtliche Grundlage dafür ist eine EUVerordnung, die in Deutschland mit der Viehverkehrsordnung in nationales Recht umgesetzt wurde. Der Pass wird auf Anforderung durch die zuständige Zuchtorganisation oder bei nicht eingetragenen Pferden durch die Deutsche Reiterliche Vereinigung ausgestellt. Er enthält insbesondere folgende Informationen über Herkunft, Besitz und Identität des betreffenden Tieres: n n n n n n n Name und Adresse des Besitzers Beschreibung des Pferdes mit Angabe der Farbe und Abzeichen Graphische Eintragung der Abzeichen, Brände, Narben sowie mind. drei Wirbel Durchgeführte Impfungen Medikations- bzw. Identitätskontrollen Arzneimittelbehandlungen Erklärung des Besitzers zur späteren Nutzung (lebensmittelliefernd oder nicht) Zusätzlich wird eine Eigentumsurkunde erstellt, die dem Inhaber des Dokumentes das 4|5 aktuell TIERGESUNDHEIT PFERD Zur Behandlung von Entzündungen und Schmerzen bei Lahmheit gibt es jedoch auch gut verträgliche Arzneimittel, die von vornherein für lebensmittelliefernde Tiere zugelassen sind. Unter anderem gehört dazu der Wirkstoff Meloxicam. Dieser Wirkstoff hemmt die für die Entzündung verantwortlichen Enzyme und schont dabei Magen-Darm-Trakt und Nieren. Zu Behandlungsbeginn spritzt der Tierarzt gegebenenfalls eine Initialdosis, die Folgebehandlung übernimmt der Pferdehalter selbst. Dabei wird das süß schmeckende Präparat in flüssiger Form einfach einmal täglich über das Futter gegeben. Die mitgelieferte Dosierungsspritze mit Gewichtstabelle erleichtert das Abmessen der erforderlichen Menge. Foto: Engels Für viele vor allem seltenere Einsatzgebiete, wie z. B. Herzerkrankungen oder in der Notfallmedizin, stehen allerdings keine für Lebensmitteltiere zugelassenen Arzneimittel zur Verfügung. Da selbstverständlich auch diese Tiere bei Entzündungen, Schmerzen, Lahmheit und selteneren Erkrankungen mit geeigneten Präparaten behandelt werden müssen, gibt es seit Ende 2006 in allen EU-Ländern die sogenannte „Positivliste“. Diese Liste enthält wesentliche Stoffe, die auch bei lebensmittelliefernden Tieren angewendet werden dürfen und die bei Einhaltung einer Sicherheitswartezeit von sechs Monaten für den Verbraucher völlig unbedenklich sind. Tierärzte und Pferdehalter können sicher sein, dass der Status als Nutztier durch diese Wirkstoffe nicht gefährdet wird. Die Wirkstoffe sind allerdings mit dem Hinweis auf die sechsmonatige Wartezeit bis zu einem möglichen Schlachttermin in den Equidenpass einzutragen. So unangenehm das Thema auch ist: Man muss sein Pferd entweder als Nutz- oder Hobbytier in den Equidenpass eintragen Fazit Pferdehalter sollten sich über die Vor- und Nachteile des Status ihres Pferdes im Equidenpass gut informieren und auch über die Konsequenzen der getroffenen Entscheidung Gedanken machen. Meistens merkt man die Auswirkungen des jeweiligen Status erst, wenn das Tier erkrankt. Dank moderner Wirkstoffe wie etwa Meloxicam sowie der Positivliste muss aber niemand befürchten, sein potenziell lebensmittellieferndes Pferd könne etwa bei Lahmheit nicht optimal behandelt werden. Tierarzt und Halter müssen lediglich aufpassen, dass das Pferd nur die tatsächlich zugelassenen Gerade im Bereich Tierhaltung ist der Informationsdschungel aufgrund zahlloser Internet-seiten und Foren schier undurchdringlich. Deswegen gibt es jetzt seit Anfang September “www.tiergesundheit-aktuell.de - Das Tierhalterportal von Tierärzten“. Mit diesem neuen und innovativen Tierhalterportal ist das Finden der wirklich wichtigen Informationen rund um Groß- und Kleintier jetzt ganz leicht. Wissenswertes zu Gesundheit, Fütterung sowie Haltung ist anschaulich und leicht verständlich in Text, Bild und Video aufbereitet. Ob Pferde, Rinder, Schweine, Katzen und Hunde - jeder Tierhalter findet aktuelle Informationen und praktische Tipps zu seiner Tierart und ist im neuen Portal bestens aufgehoben. Das Besondere am Portal sind Videobeiträge zu Tiergesundheitsthemen. Unter anderem sprechen Tierärzte zum Beispiel über Impfungen, Parasitenbekämpfung, Prophylaxe usw.. Das Online-Portal ist die Ergänzung des bereits erfolgreich eingeführten Kundenmagazins von Tierärzten für Tierhalter, der „Tiergesundheit aktuell“ bzw. der „Gesunden Tierliebe“.n Hier geht's zum Portal: www.tiergesundheit-aktuell.de Wirkstoffe erhält. Mit Medikamenten allein ist es allerdings keinesfalls getan: Zusätzlich benötigt das Pferd natürlich auch die vom Tierarzt verordnete Ruhe bzw. schonende Aufbauarbeit. Schließlich muss das verletzte Gewebe nach dem Abklingen der Entzündung noch vollständig ausheilen, noch gereizte Gelenke und vor allem Sehnen und Bänder dürfen nicht zu früh belastet werden. Während dieser Zeit - das können einige Tage, oft auch Wochen sein - sind unkontrollierte Bewegungen oder starke Belastungen unbedingt zu vermeiden. n Anke Rüsbüldt ! Vorsicht Giftplanzen Name: Weihnachtsstern ! Sammelkarte 7 Giftklasse: + (giftig), manche Pflanzen ++ (stark giftig) Giftige Teile der Pflanze: Ganze Pflanze ist giftig, besonders der Milchsaft. Weißer und Roter Weihnachtsstern sind gleich giftig. Dosis: ? Symptom nach Aufnahme: Bild der Futtermittelvergiftung mit Durchfall, Fieber, Zittern, Ataxie, Lungenödem Hinweise: Tiervergiftungen sind bekannt. Der Weihnachtsstern wird besonders häufig zur Hallendekoration beim Weihnachtsreiten benutzt. Beim Freilaufen in der vorweihnachtlichen Reithalle sind Pferde besonders gefährdet. Wie der Weihnachtsstern sind alle Wolfsmilchgewächse giftig. " Giftklasse: + + + (sehr stark giftig!) Name: Christrose Giftige Teile der Pflanze: Alle Pflanzenteile, auch (Schneerose, Nieswurz, Sneerose, Lenzrose) im Heu noch giftig (Hahnenfußgewächs). Dosis: 8 g Wurzel tödlich, erhebliche Giftigkeit für Weidevieh, bereits wenige Blätter waren schon tödlich! Symptom nach Aufnahme: Speichelfluss, Durchfall, Kolik, Pupillenerweiterung, zentralnervöse Störungen, Lähmungen. Hinweise: Pflanze ist besonders verlockend für Pferde, da Blüte im Winter (von November bis März, meist Februar!). Wächst wild vorrangig im Alpenvorland und auf voralpinen Kalkstandorten, immer beliebter als Dekorations- und Gartenpflanze. Christrose nur mit Handschuhen anfassen! Eigene Notizen Praxisstempel 6|7 aktuell TIERGESUNDHEIT PFERD ® irap : Vorstellung einer B Pferde mit Gelenkerkrank Es ist seit Jahrhunderten bekannt, dass Gelenkprobleme bei Mensch und Tier eigentlich nicht wirklich heilbar sind. Gerade beim Pferd stellen Gelenkerkrankungen ein großes Problem dar. In den vergangenen Jahrzehnten wurden hervorragende Methoden zur Schmerzbehandlung entwickelt, aber die Regeneration von Gelenken und Sehnen rückte erst in den letzten zehn Jahren in den Fokus. Der Gelenkknorpel heilt nach Verletzungen nicht so einfach wie z.B. die Haut. Eine verzögerte Heilung führt jedoch häufig zu einer Chronifizierung des Leidens mit Entzündungen und fortschreitender Zerstörung des Gewebes. Hier kann die irap®-Therapie eine Behandlungsalternative sein, wie Dr. Julio Reinecke berichtet. Foto: Engels ehandlungsmethode für ung Wie die irap®-Spritze funktioniert 8 Foto: Autor Die irap® Spritze (Volumen 50 ml) dient zur Entnahme und Inkubation von Vollblut und zur Trennung in die Blutkomponenten (Blutkuchen und Serumüberstand). Nach der Blutentnahme mit der irap®-Spritze reagieren die Blutzellen auf die oberflächenbehandelten Glaskugeln. Dieser Kontakt regt die Zellen an, sogenannte Zytokine zu produzieren und abzugeben. Zytokine sind hormonartige Substanzen, die für die Steuerung des Immunsystems und der Heilungsprozesse von entscheidender Bedeutung sind. Zytokine steuern das Immunsystem und werden hier zur Entzündungshemmung eingesetzt. Damit die Zellen für die Zytokinproduktion geeignete Bedingungen haben, wird die Spritze mit dem Blut bei Körpertemperatur (37°C) für 24 Stunden inkubiert. Dabei wird die umgebende Flüssigkeit, also das Serum, mit den gewünschten Zytokinen angereichert. Die beschichteten Glasperlen regen die Zellen im Pferdeblut an, Zytokine zu bilden. aktuell TIERGESUNDHEIT PFERD Foto: Engels 8|9 Auch schon ganz junge Pferde können am Gelenk erkranken, mit zunehmendem Alter des Pferdes verschlimmert sich dann das Problem. Entzündungen im Gelenk sind ein Problem, da sie bei einem Teil der betroffenen Pferde chronisch werden. Dies wird mit dem zunehmenden Alter des Pferdes nicht besser. Eine Injektionsbehandlung, die nur die Entzündung bekämpft (z.B. Kortison) kann akut hoch wirksam sein; wenn aber regelmäßige Wiederholungen erforderlich sind, stößt diese Therapie an ihre Grenzen. Hyaluronsäure als „künstliche Gelenkschmiere“ wird sehr häufig zusammen mit Kortison injiziert. Die publizierten klinischen Studien zu den verschiedenen Hyaluronsäuren sind jedoch widersprüchlich. Die Gabe von entzündungshemmenden Schmerzmitteln bei chronischen Gelenkerkrankungen ist zeitweilig sicherlich sehr sinnvoll. Diese Behandlung ist aber in der Regel rein symptomatisch. Durch die Schmerzmittel verschleiert schreitet die weitere Zerstörung des Gelenks oftmals noch schneller voran. Zudem sind die Nebenwirkungen dieser Schmerzmittel, die allein in der Human-medizin jährlich viele Todesfälle zur Folge haben, mehr als bekannt. Leider neigen Pferdebesitzer und auch Tierärzte oft dazu, diesen vordergründig leichteren Weg zu gehen, weil ihnen eine Injektionsbehandlung z.B. von Gelenken zu aufwändig, zu risikobehaftet oder zu teuer erscheint. Langfristig gesehen rechnet sich jedoch der Kostenaufwand durch den gesteigerten Nutzen einer Injektionsbehandlung. ® Das irap -Konzept als neue Methode Die patentgeschützte Technologie wurde 1996 entwickelt und ist seit 1998 als „Orthokin®“ in der humanen Anwendung. Nach den hervorragenden Ergebnissen bei der lokalen Rückenschmerz- und Gelenk-injektion beim Menschen wurden 2001 erste Pferde von Dr. Weinberger in Müggenhausen, Dr. Levy in Frankreich und Dr. Tornell in Schweden behandelt. Die Ergebnisse über-zeugten, so dass die Colorado State University 2004 eine Studie durchführte. Deren Ergebnisse bestätigten die von den drei europäischen Tierärzten beschriebene klinische Wirkung. Seitdem hat sich die irap®-Methode über die Pferdewelt verbreitet. Heute verwenden weltweit 500 Tierkliniken irap®. Die Herangehensweise der „Anfänger“-Veterinäre war die gleiche: Wenn alle anderen Therapieoptionen ausgeschöpft waren, wurde irap® dem Kunden sozusagen als „letzte Rettung“ vorgeschlagen. Gerade die Ergebnisse bei diesen mit den konventionellen Methoden austherapierten Pferden überzeugten dann häufig den Tierarzt. Wie funktioniert irap®? Die irap®-Spritze wird verwendet, um eine Behandlung mit autologem konditioniertem Serum (ACS) zu ermöglichen. Blut wird dem Patienten (Mensch oder Tier) mit der Spezialspritze entnommen und bei Körpertemperatur inkubiert. Darstellung der irap®-Behandlungsmethode Blut wird dem Patienten (Mensch oder Tier) mit der Spezialspritze entnommen und bei Körpertemperatur inkubiert. Während der Inkubation synthetisieren die weißen Blutkörperchen im Blut Entzündungs-hemmer und Regenerationsproteine. Diese Stoffe reichern sich im Blutserum an. Dieses angereicherte, konditionierte Serum wird steril ins Gelenk desselben Patienten injiziert. Während der Inkubation synthetisieren die weißen Blutkörperchen Entzündungshemmer und Regenerationsproteine. Diese Stoffe reichern sich im Blutserum an. Dieses angereicherte, konditionierte Serum wird steril ins Gelenk desselben Patienten injiziert. irap® ist eine hundertprozentig körpereigene Therapie, es werden keine Fremdsubstanzen hinzugefügt. Die Injektion des autologen konditionierten Serums (ACS) bei ausgewählten Erkrankungen ist sicher und nebenwirkungsarm. ACS wirkt antientzündlich und dadurch schmerzhemmend, regenerativ, knorpelernährend und pH-neutralisierend. Die Wirkung beruht auf der gemeinschaftlichen Aktion vieler in natürlichen Konzentrationen im ACS vorliegender Stoffe. In diesen Konzentrationen und Kombinationen sind sie sehr wirkungsvoll. Die regenerative Wirkung beruht auf zum Teil auf Substanzen, die das Blut auch bildet, wenn eine offene Wunde zu heilen ist. ACS kann verletztes Gewebe stabilisieren oder regenerieren, indem teilungsfähige Zellen an den Ort der Schädigung gerufen werden und so Zellteilung oder z.B. Kollagensynthese angeregt wird. Mit Einzelsubstanzen wie bei apothekenpflichtigen Hormonen oder Wachstumsfaktoren wäre ein ähnlicher Effekt nur mit wesentlich höheren und damit nebenwirkungsbehafteteren Konzentrationen zu erreichen. Studie an 262 Pferden belegt positive Wirkung von irap®-Therapie Der Tierarzt Dr. Thomas Weinberger führte an 262 Pferden eine zwei- bis dreimalige Behandlung mit der irap®-Therapie im Abstand von 8 bis 12 Tagen durch. Nach jeder Injektion erhielten sie zwei Tage Boxenruhe, dann Schritt führen bis zur nächsten Injektion und nach der letzten Injektion individuelle Trainingspläne. Alle Pferde waren vorbehandelt mit Hyaluronsäure und/oder Glukokortikoiden und wiesen eine positive Gelenksanästhesie auf sowie klinische Befunde, die mit einer Gelenkproblematik korrelierten. Von den 262 Pferden zeigten 199 nach etwa sechs Wochen eine Löschung der Lahmheit, 22 weitere Pferde zeigten eine reduzierte Lahmheit. 12 Wochen nach der Behandlung waren noch 178 Pferde lahmheitsfrei und zurück im normalen Training. Es wurden keine negativen Nebenwirkungen beobachtet. Das irap®-Konzept beruht also auf Mechanismen, welche die Natur in Millionen Jahren Evolution optimiert hat. Bekannte Einsatzgebiete im Human- und Veterinärbereich sind Radikulopathien (z.B. „Ischiasschmerz“), Gelenkarthrose, Tendinopathien einschließlich Insertionstendinopathien und Muskelfaserrisse. Dabei wird das Serum immer lokal injiziert: An den Nerv, in das Gelenk, in die Sehne oder in den Muskel. So entfaltet sich die Wirkung nur lokal und nicht im gesamten Organismus. rativen und entzündlichen orthopädischen Erkrankungen nicht nur beim Pferd neue Wege eröffnet. Die klinischen Einzelergebnisse aus allen Ländern, in denen irap® auf dem Markt ist, sind gut bis sehr gut. Insofern stellt die Therapie mit irap® eine sinnvolle Ergänzung zu den vorhandenen Gelenktherapien dar.n Dr. Julio Reinecke Ausführliche Literatur beim Verfasser erhältlich. Fazit Nachdem der Einsatz von Hyaluronsäure und Glukokortikoiden in der Vergangenheit bei der Behandlung von Gelenkerkrankungen beim Pferd die Methode der Wahl darstellte, hat irap® für die Behandlung von degene- Interessiert Sie dieses Thema? Dann schauen Sie doch unter www.tiergesundheit-aktuell.de, wie der Tierarzt Dr. Björn Nolting die irap®-Therapie am Pferd erklärt. Foto: Engels Gerade beim Springen werden Gelenke, Sehnen und Bänder stark belastet, Entzündungen und Lahmheiten sind oft die Folge. aktuell 10 | 11 TIERGESUNDHEIT PFERD Hufgesundheit: Hufpflege beginnt beim Ausmisten Foto: Regina Bartel „Ohne Huf kein Pferd“ sagt eine englische Redensart. Gesunde Hufe sind die tragenden Säulen der Gesundheit eines Pferdes; sie sind nötig, damit sich das Tier artgemäß verhalten und bewegen kann. Was Pferdehalter tun können, um die Hufe ihres Pferdes gesund zu halten, hat Regina Bartel für diesen Beitrag recherchiert. Therapeutischer Beschlag: Hier verhindert eine Kunststoffeinlage wie ein Deckel, das Schmutz an die Sohle gelangt. Der Deckel hält auch die Salbe auf der Hufsohle. Nur wenig Salbenmaterial quillt heraus. Der Huf kann gut geschützt heilen. Die komplexe Struktur des Hufes aus unterschiedlichen Sorten Horn, Knochen, Häuten und Sehnen leistet bei jedem Schritt des Tieres viele Dinge gleichzeitig: Sie reagiert flexibel auf unebene Böden, verteilt und stemmt die Last des Körpergewichts, hält die Balance und passt sich ständig neuen Situationen an. Hufe verändern sich im Laufe eines Pferdelebens, sie können stärker oder schwächer werden, sie verformen sich, erleiden Verletzungen oder Infektionen. Die Lebensqualität eines Pferdes hängt wesentlich davon ab, ob es gut zu Fuß bzw. Huf ist. Gute Hufpflege ist also wesentlich für die artgerechte Tierhaltung. Pferdehalter können viel dafür tun, dass Hufe gesund bleiben. „Das Wichtigste sind die Haltungsbedingungen: Wer 23 Stunden am Tag im eigenen Urin steht, dem kann es dabei nicht gut gehen“ bringt es Paul Hellmeier auf den Punkt. Hellmeier ist Vorsitzender des Ersten Deutschen Hufbeschlagsschmiede Verband e.V. (EDHV) und betreut als Hufbeschlagsschmied seit Jahren Sport- und Rennpferde. „Im Grunde fängt Hufgesundheit schon beim Pferdekauf an“, sagt Hellmeier: „Viele Pferde sind im falschen Einsatzbereich“, ein Halter sollte sich schon bei der Anschaffung überlegen, welche Rasse für ihn geeignet ist. Nicht an der Hufpflege sparen 8 Foto: Engels Die tägliche Kontrolle sollte für Pferd und Halter Routine sein: „Beine heben, Fremdkörper entfernen und wenn Eisen drauf sind, nachsehen, ob alle Nägel noch da sind“, zählt Hellmeier auf, „ganz wichtig ist, die Intervalle für die Hufpflege einzuhalten: Es wird am Ende teurer, wenn man nicht regelmäßig seinen Schmied bestellt, denn wenn der Huf einmal aus den Fugen gerät, dann geht es auf den ganzen Körper“. Es ärgert ihn, wenn aus der Putzkiste die Leckerchen quellen, aber an der regelmäßigen Hufpflege gespart wird. Ob der Pflege des Pferdhufes der nötige Stellenwert zugestanden wird, drückt sich auch in den räumlichen Gegebenheiten aus: „In der Reitanlage ist immer alles da, aber ein eigener Beschlagplatz ist selten. In dem Punkt sind viele Reitstallbetreiber spartanisch. Man steht mit dem Pferd auf der Stallgasse oder an der Tür, es herrscht Durchgangsverkehr und man wird ständig unterbrochen. Oft fehlt auch der rutschfeste Boden, den die Vorschriften für den Tierschutz eigentlich vorsehen.“ Regelmäßige Hufpflege durch einen Profi ist zur Huferhaltung sehr wichtig, idealerweise an einem Hufbeschlagplatz und nicht „irgendwo im Gang“. Mit guter Haltung den Huf bewahren Wie der menschliche Fingernagel wächst das Hufhorn ständig nach. Das flexible, lebende System Huf reagiert dabei auf äußere Faktoren wie Ernährung, Belastung, verschiedene Untergründe und Feuchtigkeit. Die Haltungsbedingungen haben also einen wesentlichen Anteil an der Hufgesundheit. Zum Beispiel greift der Ammoniak im durch Urin feuchten Stroh den Strahl an: Eine saubere Box beugt also Hufkrankheiten wie Strahlfäule vor. Der Halter kann viel dafür tun, dass die Bedingungen für gesunde Hufe stimmen: Ausreichend Bewegung gehört ebenso dazu wie das tägliche Hufe reinigen. Ein Pferd, das den routinemäßigen Blick unter seine Füße gewohnt ist, erlebt weniger Stress und ist leichter zu behandeln, wenn Schmied oder Tierarzt nach dem Rechten sehen müssen. Langfristig und mit gezielter Hufpflege, ist der Huf beeinflussbar: „Man kann bei Pferden mit weichen Hufen durch Änderung der Haltungsbedingungen die Hufe härten“, gibt Hufschmied Stephan Becker als Beispiel, „aber vorsichtig: Ein Tier von der weichen Wiese nehmen und auf eine Betonplatte stellen, das geht nicht!“ Auch beim gesunden Pferd ist es wichtig, dass die Beteiligten miteinander reden. Becker freut sich, wenn die Besitzer Fragen stellen, sich Rat holen und genau wissen wollen, wie und warum etwas am Huf getan wird: „Ich arbeite generell nicht ohne den Halter.“ Die Gelegenheit zum Gespräch ergibt sich oft: „Es wächst ja was nach: Kürzen des Hufs ist alle sechs Wochen dran.“ aktuell PFERD 12 | 13 TIERGESUNDHEIT Die Pediküre für das Pferd erfordert Konzentration und einen Blick aufs Ganze: „Wir beschlagen ein Pferd, nicht nur den Huf“, sagt Hellmeier. Es hat Gründe, wenn der Hufschmied einfach alles über das Tier wissen möchte: Wo und wie wird es trainiert, in welcher Haltungsform lebt das Tier, hat es eine Vorgeschichte, die im Zusammenhang mit der aktuellen Hufsituation steht? Hellmeier findet es wichtig, ein Vertrauensverhältnis zum Pferd sowie zu Halter und Tierarzt aufzubauen: „Ein häufiger Wechsel des Schmieds ist ungünstig, denn immer wenn ein neuer Schmied kommt, kennt er die Vorgeschichte nicht und weiß nicht, welche Strategie hinter dem aktuellen Beschlag gesteckt hat, man fängt immer wieder von vorne an.“ Pferdebesitzer, Tierarzt und Hufschmied als Team Keine Bagatelle: Der Nageltritt Es ist schnell passiert: Ein scharfer Gegenstand dringt in den Huf ein, das Pferd geht plötzlich lahm. Verursacher kann ein Nagel sein, der dieser Verletzungsform den Namen gab, aber auch andere spitze Dinge wie Holz- oder Glassplitter. „Ich hatte in einem Fall den Federkiel einer Gänsefeder“ berichtet Hufschmied Stephan Becker. Der Pferdehalter unterschätzt den Nageltritt leicht, doch mit dem Fremdkörper können Schmutz und Bakterien eindringen, die Entzündungen auslösen. Je nachdem welcher Teil des Hufs betroffen ist, sind schwere mechanische Schäden möglich: Im vorderen Hufabschnitt kann die Sohlenlederhaut oder das Hufbein getroffen sein, im hinteren Teil die Sehnen. Das wahre Ausmaß einer Verletzung ist nicht immer sofort ersichtlich: „Wenn der Nagel draußen ist, geht das Pferd erst mal besser“, erklärt Dr. Enno Allmers, „aber das hält unter Umständen nicht lange an. Bei Nageltritt ist alles denkbar von Hufabszess bis zur Verletzung des Strahlbeins. Deshalb ist es wichtig, zu wissen wie der Kanal ist: Welche Teile des Hufs hat der Fremdkörper erreicht?“ Hufschmied und Tierarzt brauchen genaue Informationen. Becker rät daher: „Sollte man als Besitzer selber einen Nagel ziehen müssen: Nagel aufheben, Zugrichtung merken! Das ist ganz wichtig! Nageltritt ist eine lebensbedrohliche Erkrankung.“ Eisen biegen und Röntgenbilder lesen: Das Handwerk ist im Umbruch. Die ständige Weiterbildung von Tierarzt und Hufschmied sorgt dafür, dass sich beide Seiten intensiv austauschen. Fortbildungen informieren nicht nur über neue Präparate oder bieten Workshops, wie man Röntgenbilder liest. Sie lehren sogar „Halter-Erziehung“ und viele Veranstaltungen sind von Tierärzten und Schmieden gemeinsam konzipiert. Foto: Giesela Landwehr Gerade im Krankheitsfall kann ein eingespieltes Team vorteilhaft sein: „Die Zusammenarbeit zwischen Besitzer, Tierarzt und Hufschmied ist ganz wichtig. Wenn das Tier ein Problem hat, braucht man einen gemeinsamen Termin, bei dem sich Tierarzt und Hufschmied austauschen: Der Schmied kann die genaue Diagnose erfragen, aber oft fragt auch der Tierarzt den Schmied, ob überhaupt machbar ist, was er sich vorstellt. Als Schmied brauche ich auch die Röntgenbilder. Bei der Hufrehe zum Beispiel kann man nur am Röntgenbild sehen, wie der aktuelle Zustand ist. Normalerweise arbeitet man bei komplizierten Fällen eng mit dem Tierarzt und auch mit Kliniken zusammen.“ Es gibt je nach Diagnosestellung verschiedene therapeutische Beschläge. Der EDHV engagiert sich besonders für die berufliche Qualifikation von Hufbeschlagsschmieden. Unter anderem möchte der Verband ein eigenes Gütesiegel als sichtbares Qualitätsmerkmal etablieren, die Prüfungsordnung dafür erstellte die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN). Die danach geprüften Betriebe sind verpflichtet sich regelmäßig fortzubilden. Langfristig soll es also noch mehr von den Kollegen geben, von denen Hellmeier schon jetzt sagt: „die haben richtig was drauf.“ Regina Bartel www.edhv.de www.hufschmied-paul-hellmeier.de www.isernhagener-tierklinik.de Foto: Giesela Landwehr Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: Aktuelles Interview: Hufprobleme beheben ist Teamarbeit Sie arbeiten regelmäßig zusammen: Fachtierarzt für Pferde, Dr. Enno Allmers und Hufbeschlagsschmied Stephan Becker, der sich auf therapeutische Beschläge und alternativen Hufschutz spezialisiert hat. Die beiden Experten behandeln in der Tierärztlichen Klinik Isernhagen gemeinsam ambulante und stationäre Patienten. Woran oder an wem liegt es, wenn es an den Hufen Probleme gibt? Stephan Becker: Wenn ich über die Jahre hin überschlage, haben sicher 75 bis 80 Prozent der Fälle ihren Ursprung in den Haltungsbedingungen. Die Hufpflege fängt bei der Mistforke an. In Einstellhaltung hat der Besitzer darauf natürlich wenig Einfluss und die Schuldfrage ist im Grunde nebensächlich: Wir müssen die Ursache finden. Früherkennung ist wichtig, weil wir zum Beispiel immer mehr verfettete Pferde haben. Das sind nicht nur eingestallte Tiere, ich habe auch Offenstall-Pferde, die zwar genug Bewegung aber eben auch hier ein Leckerchen und da ein Leckerchen bekommen. In welchen Situationen arbeiten sie gemeinsam an einem Patienten? Stephan Becker: Wenn ich etwas finde, zum Beispiel einen Abszess oder ich treffe auf einen akuten Rehefall, da kann ich zwar die Erstversorgung machen, aber dann muss ein Tierarzt ran. Dr. Enno Allmers: Ich sehe mir das Pferd in Schritt, Trab und Galopp an und befühle es. Zunächst geht es ja um die Frage: Wo tut es weh? Das kann man dann mit diagnostischen Verfahren genauer spezifizieren, indem man zum Beispiel eine Leitungsanästhesie macht. Dabei werden Nerven im Bein gezielt betäubt, um am Gangbild des Pferdes zu sehen, ob das Problem oberhalb oder unterhalb dieser Stelle zu suchen ist. Zusätzlich kann man bildgebende Verfahren einsetzen: Röntgen, Ultraschall, Szintigrafie, MRT, Computertomografie. Dann suche ich den Kontakt zum Schmied, wir schauen uns die Bilder gemeinsam an und überlegen zusammen, wie wir dem Pferd am besten helfen können. Wie geht es dann weiter? Stephan Becker: Die Lösungen sind für jedes Pferd individuell. Was bei einem Pferd wunderbar funktioniert, wirkt bei einem anderen vielleicht gar nicht. Ein orthopädischer Beschlag soll nicht lebenslang verwendet werden. Schmiede benutzen auch beim gesunden Pferd einen Beurteilungsplan, darin gibt es den Punkt: Grund der Beschlagsbedürftigkeit. Kann das Pferd auch barfuß laufen? Bei Kutschbetrieben oder im Turniersport wo die Belastung hoch ist, oder Stollen benötigt werden sicher nicht, aber außerhalb der Turniersaison könnte man so ein Pferd im Winter durchaus mal ohne Eisen lassen. Wenn ein krankes Pferd gar keine Eisen hat, wie behandelt man es dann? Was ist das wesentliche bei der Zusammenarbeit, wenn sich Tierarzt und Hufschmied miteinander abstimmen müssen? Stephan Becker: Wir prüfen gemeinsam den Behandlungserfolg und besprechen, ob der Beschlag drauf bleiben oder gewechselt werden soll. Ein Hufschmied, der in der Klinik arbeitet, muss kommunikativ sein und diplomatisch vorgehen. Dr. Enno Allmers: Man bespricht immer alles. Gute Kommunikation zwischen Halter, Schmied und Tierarzt ist immer ganz wichtig, für eine gute Behandlung und auch um den Tierbesitzer nicht zu verunsichern, auf den ja die Kosten der Behandlung zukommen. Ich denke, dass wir ein deutliches Umdenken, bei der neuen Generation an Hufschmieden und Tierärzten haben. Die Fragen stellte Regina Bartel. Stephan Becker: Kommen beschlagsfreie Pferde zur Behandlung, kann Achsweise beschlagen werden: Nur vorne oder nur hinten. Was sind die gängigen krankhaften Zustände? Stephan Becker: Imbalancen, Deformationen, Verformung der Hornkapsel. Ganz besonders häufig ist Strahlfäulnis. Die wird mancherorts schon als „normal“ angesehen. Dabei ist der Strahl das Herz des Hufs. Fäulnisprozesse im Weichhorn lassen den Strahl an Volumen verlieren und dann kommt es zu Hufdeformationen. Dr. Enno Allmers: Auch Hufgeschwüre sind häufig, etwa 90 Prozent aller Lahmheiten sind Hufgeschwüre: Durch eine kleine Verletzung oder einen Nageltritt kann eine Verunreinigung in den Huf gelangen und ein Geschwür verursachen, das unter Umständen sehr weh tut. Das muss man öffnen, den Eiter ablaufen lassen und meist ist es binnen 14 Tagen erledigt. Die Leute freuen sich fast schon, wenn ihr Pferd „nur“ ein Hufgeschwür hat. Hier in der Klinik sehen wir die eher selten, solche Fälle behandeln die Kollegen meist vor Ort. Foto: Regina Bartel Dr. Enno Allmers: Lahmheiten die bei uns vorgestellt werden, treten manchmal seit vierzehn Tagen auf, andere Pferde sind schon bis zu zwei Jahren lahm. Da braucht man einen ganzheitlichen Ansatz. Orthopädie ist nichts anderes als die Umlenkung von Kräften. Die Belastung am kranken Gewebe wegnehmen und auf gesundes Gewebe umlenken, so dass ein Heilungsprozess möglich ist. Und es ist ganz wichtig, wenn die akute Phase vorbei und der Heilungsprozess abgeschlossen ist, zum Ausgang zurück zu kommen. Ab nach Hause: Wochenlang lebte die an Hufkrebs erkrankte Stute in der Tierklinik. Dr. Enno Allmers und Stephan Becker (links) sind mit dem Behandlungserfolg zufrieden. aktuell 14 | 15 TIERGESUNDHEIT PFERD Spurenelemente & Co.: Was bewirken sie im Pferd? Spurenelemente sind in der Pferdefütterung sehr wichtig. Wie der Name schon andeutet, sind nur ganz geringe Mengen notwendig, diese müssen aber auf jeden Fall im Futter vorhanden sein. Welche Elemente zu den Spurenelementen gehören und welche Funktion sie im Körper erfüllen hat Dr. Heike Engels zusammengetragen. Die Nahrungsquellen des Pferdes vor Domestikation waren ausschließlich Gräser, Kräuter, Pflanzen, Baumrinden und Wurzeln. Die heutigen intensiv bewirtschafteten Weiden enthalten allerdings oftmals nicht mehr diese Vielfalt an Kräutern, Gräsern und anderen Pflanzen, wie es früher der Fall war und deshalb auch nicht immer ausreichend Nährstoffe. Zudem hat der geologische Standort einen großen Einfluss. Das klassische Beispiel ist Selen: So gut wie ganz Deutschland gilt als Selenmangelgebiet. Spurenelemente haben große Wirkung Zu den Spurenelementen in der Pferdefütterung zählen neben Selen noch Eisen, Kupfer, Zink, Mangan, Kobalt, Jod, Selen, Fluor, Molybdän, Silizium und Chrom. Kalzium, Phosphor, Magnesium, Kalium, Natrium, Chlorid und Schwefel sind Mengenelemente in der Pferdefütterung. Nimmt das Pferd über längere Zeit zu wenig von einem dieser Elemente auf, kann ein Mangel entstehen, der sich je nach Element unter-schiedlich äußert. Echte Mangelerscheinungen sind bei ausgewogener Ernährung eher selten, es kann aber doch zu einer Unter-versorgung kommen. Foto: Engels Auch wenn das normale Grundfutter eine ausreichende Versorgung gewährleistet, kann eine Ergänzung wichtiger Mineralstoffe und Spurenelemente nötig sein, und zwar vor allem dann, wenn der Pferdeorganismus erhöhter Beanspruchung unterliegt (z.B. im Leistungssport, während und nach einer Krankheit oder im Wachstum). Zur Deckung des Bedarfs an Spuren- und Mengenelementen bietet der Handel eine große Vielfalt an Misch- sowie Ergänzungsfuttermitteln an. Füttert man Mischfutter, ist zu bedenken, dass die Empfehlungen zur Spurenelementversorgung immer in mg/kg Trockenmasse Futter angegeben werden. Füttert man also viel Mischfutter, muss man unbedingt die Inhaltsstoffe hochrechnen, sonst kann es schnell passieren, dass der Grundbedarf der Spuren- und Mengenelemente bereits über das Mischfutter gedeckt wird und alles weitere Futter eine Überdosis zur Folge hat. Mit Grundfutter alleine ist der Bedarf der Pferde an Nährstoffen nicht immer gedeckt. Diese äußert sich durch ringförmige Einschnürungen an den Hufen, Ausschuhen, Haarverlust der Langhaare sowie unspezifische Lahmheiten. Diese Probleme entstehen durch die Verdrängung des Schwefels bei der Keratinbildung. Die Spanne zwischen Unterund Überdosierung ist nicht nur bei Selen, sondern bei allen Spurenelementen sehr gering. Kobalt hat eine physiologische Bedeutung als Bestandteil des Vitamin B12 und ist an der Aktivierung von Enzymen beteiligt. Ein Mangel an Kobalt zieht demzufolge einen Mangel an Vitamin B12 nach sich, welches beim Pferd an sich im Darm ausreichend gebildet wird, und es kommt daraufhin zu Blutarmut, Hautveränderungen und Wachstumsstillstand. Eisen ist für die Bildung des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin und des Muskelfarbstoffs wichtig. Diese spielen für den Sauerstofftransport eine tragende Rolle. Fehlt Eisen, geht die Zahl der roten Blutkörperchen zurück. In Folge kommt es zu Anämie, Leistungsschwäche, Infektionsanfälligkeit und angestrengter Atmung. Zu hohe Eisengehalte in der Futterration können die Verwertung von Phosphor, Kupfer, Mangan und Zink beeinträchtigen. Jod benötigt der Organismus für das Schilddrüsenhormon, das den Stoffumsatz im Organismus steuert. Ein Mangel fällt zunächst nur durch Kropfbildung auf, später folgen Appetitlosigkeit, Lethargie und Haarausfall. Vor unkontrollierter überhöhter Jodzufuhr ist abzuraten, da auch dies starke Schäden nach sich ziehen kann. Bei Verdacht auf einen Spurenelementmangel lohnt sich zur Abklärung eine Futteruntersuchung und eine Blut- bzw. Fellprobenuntersuchung (meistens Mähnenhaar). Kupfer wird vom Körper für die Nerven-, Blut-, Pigment- und Bindegewebsbildung benötigt und ist auch für die Knorpel- und Knochenentwicklung wichtig. Mängel in der Kupferversorgung können bei Pferden in der Wachstumsphase Anämien sowie Skelettveränderungen verursachen, bei älteren Pferden zu Gefäßrupturen und Pigmentverlusten führen. Selen schützt die Zellmembranen vor Schädigungen durch Peroxide. Eine Unterversorgung mit Selen hat eine Schwächung des Immunsystems zur Folge. Aber Vorsicht: Auch zu hohe Gaben sind schädlich, sie können eine chronische Selenvergiftung nach sich ziehen. Zink hat einen günstigen Einfluss auf Hauterkrankungen und Hufhornqualität sowie Reifung von Knorpel und Knochen. Mangelernährung kann zu borkigen Auflagerungen und Verdickungen der Haut sowie zu Haarausfall und erhöhter Infektionsneigung führen. Ebenfalls wird die Festigkeit des Hufhorns beeinflusst. Mangan hat eine Bedeutung in zahlreichen Enzymen sowohl beim Mineralstoffhaushalt als auch im Fettstoffwechsel. Für die Funktion der Eierstöcke ist Mangan essentiell, deshalb wird besonders hin-sichtlich der Rosse bei den Stuten auf eine ausreichende Manganversorgung geachtet. Meist ist im Grünfutter und Heu ein Mangangehalt über 30mg /kg Trockensubstanz vorhanden. Auf kalkhaltigen Böden mit hohem pH-Wert sowie auf leichten Sandböden, die manganarm sind sowie sehr stark aufgekalkt wurden, können niedrige Mangangehalte vorkommen. Grundsätzlich ist Luzerneheu manganärmer als Grasheu. Eine gute Manganquelle ist neben Weidegras und Heu auch Weizenkleie. 8 16 aktuell TIERGESUNDHEIT PFERD Mengenelemente sind voneinander abhängig Absorption einiger Spurenelemente verringern, das gilt für Zink, Mangan und Eisen. Kalzium sollte deshalb in der Gesamtration bezogen auf die Gesamttrockenmasse nicht höher als 1 % liegen. Bei den Mengenelementen, die in größeren Anteilen im Körper des Tieres vorhanden sind als die Spurenelemente, kommt Kalzium eine besondere Bedeutung für die Funktionalität und Stabilität der Knochen zu. Weiterhin ist Kalzium an der Blutgerinnung, Reizübertragung auf Muskeln sowie dem Energiestoffwechsel der Muskulatur beteiligt. Die Versorgung von Kalzium ist immer in direktem Zusammenhang mit Phosphor zu sehen. Hafer, Gerste und Mais enthalten viel Phosphor, deshalb muss bei der Verfütterung von Konzentraten aufgepasst werden. Kräuter dagegen weisen meist einen hohen Kalziumgehalt auf. Die Bedeutung von Magnesium liegt insbesondere im Bereich der Funktion von Enzymen der Nerven- und Muskelgewebe. Auch für den Knochenaufbau ist es von Bedeutung. Mangelzustände äußern sich in erhöhter Erregbarkeit, Muskelkrämpfen, Muskelzittern sowie Tetanien. Kräuter enthalten viel Magnesium. Magnesiumoxid kann wie Futterkalk mit einer Getreidemischung verabreicht werden. Auch eine zehnprozentige Zumischung von Sojaschrot oder Trockenmelasse fördert die Aufnahme. Deshalb sind zusätzliche Mineralstoffmischungen wichtig, die neben der Absicherung des Kalzium- und Phosphorbedarfs auch das richtige Verhältnis der beiden Elemente zueinander herstellen. Das sollte idealerweise bei 2:1 liegen. Toleriert werden Schwankungen von 1:1 bis 3:1. Ein zu hoher Phosphorwert kann die Verwertung von Kalzium beeinträchtigen. Bei Verfütterung von Rauhfutter ist in der Regel ein Zusatz von 60 bis 85 g Futterkalk zur Tagesration bei einem Normalpferd mit 500 kg Gewicht ausreichend. Folgen eines länger andauernden Mangels an Kalzium können in der Demineralisierung von Knochen bestehen. Es kann zu Knochenauftreibungen und Knochenentzündungen, Sehnenabrissen sowie Frakturen kommen. Diesen gehen in der Regel unspezifische vorübergehende Lahmheiten voraus. Eine Überversorgung mit Kalzium kann die Nieren des Pferdes belasten und auch die Natrium und Chlorid sind verantwortlich für den osmotischen Druck der Körperflüssigkeiten außerhalb der Zellen sowie für die Regulation des Säuren/Basenhaushaltes und des Wasserhaushaltes. Dem erhöhten Natriumbedarf bei starker Schweißbildung ist unbedingt Rechnung zu tragen durch Zufütterung von Kochsalz oder eines geeigneten Elektrolytpräparates. Hohe Mengen verliert das Pferd auch durch Durchfälle oder hohe Blutverluste. Mangelerscheinungen können sein Lecksucht, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, trockene Haut, Bluteindickung, Leistungsschwäche, Eindickung des Darminhaltes. Eine Überversorgung führt zu erhöhter Wasseraufnahme, verstärktem Harnfluss, Durchfall und in extremen Fällen, wenn kein Wasser zur Verfügung steht, zu nervösen Störungen. Die Aufnahme von genügend Salz sollte durch die Bereitstellung von Salzlecksteinen gesichert werden. Kalium hält den osmotischen Druck innerhalb der Zellen aufrecht. Daneben sind zahlreiche andere Funktionen bekannt, wie die Aktivität verschiedener Enzyme bei der Glykolyse und der oxydativen Phosphorylierung. Ein Pferd mit 500 kg Lebendmasse enthält rund 1000 g Kalium, das zu rund 90 % intrazellular, in der Muskulatur und in den Erythrozyten gespeichert ist. Fazit Nicht immer reichen die Gehalte an Spuren- und Mengenelementen im Grundfutter aus, um ein Pferd optimal zu versorgen. Ein Mangel kann schwerwiegende Folgen haben. Ausschlaggebend ist letztlich eine optimale Verwertung der Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine im Verdauungssystem sowie auch das Verhältnis der Elemente untereinander. Wichtig zu wissen ist, dass die Bedarfswerte für die optimale Mineralstoff-, Spurenelement- und Vitaminversorgung eines Pferdes rassenspezifisch sind und daneben abhängig von Alter, Größe und dem Arbeitseinsatz. Unter- aber auch Überdosierung sind auf jeden Fall zu vermeiden. Der Bedarfswert eines Vollblüters entspricht nicht dem eines Ponys , und ein reines Freizeitpferd hat einen anderen Bedarf als etwa ein Rennpferd, auch wenn es der gleichen Rasse angehört.n Dr. Heike Engels Impressum Herausgeber VetM GmbH & Co. KG Am Stadion 2 - 4 26871 Papenburg Tel: 0 49 61 - 9 82 88 - 17 Fax: 0 49 61 - 9 82 88 - 26 E-Mail : info@vetm.de Impressum Redaktion VetM GmbH & Co. KG Am Stadion 2 - 4 26871 Papenburg Tel: 0 49 61 - 9 82 88 - 17 Fax: 0 49 61 - 9 82 88 - 26 E-Mail : info@vetm.de Foto: Engels Realisation VetM GmbH & Co. KG Am Stadion 2 - 4 26871 Papenburg Tel: 0 49 61 - 9 82 88 - 17 Fax: 0 49 61 - 9 82 88 - 26 E-Mail : info@vetm.de Gerste enthält viel Phosphor, weshalb bei der Verfütterung auf das richtige Kalzium-Phosphor-Verhältnis zu achten ist. ISSN 1867-3988