Morbus Addison,07

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Morbus Addison,07
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MORBUS ADDISON –
unspezifische Symptome durch Hypoadrenokortizismus
BSAVA*-Kongress in Birmingham April 2008. Aus dem Vortrag von David B. Church zum Thema
Morbus Addison haben wir die praxisrelevanten Inhalte für Sie zusammengefasst.
Ein Hypoadrenokortizismus wird durch die teilweise oder vollständige Zerstörung der Neben­
nieren­rinde verursacht und führt – wenn ein primärer Hypoadrenokortizismus vorliegt – i.d.R. zu
einem Mangel an Gluko- und Mineralokortikoiden. Im Gegensatz dazu entsteht beim sekundär
bedingten, also iatrogenen Morbus Addison, meist „nur“ ein Defizit an Glukokortikoiden.
Die Diagnose ist klinisch schwer zu stellen, da die Symptome unspezifisch sind und – abhängig
von der Belastung des Tieres – häufig nur sporadisch oder in abgeschwächter Form auftreten.
Hinzu kommt, dass die häufig bestehende prärenale Azotämie (Urämie) als „chronisches Nierenversagen“ fehldiagnostiziert wird.
Die Labordiagnostik bietet den Ausweg: hämatologische und klinisch-chemische Parameter geben
erste Hinweise, der ACTH-Stimulationstest ermöglicht die eindeutige Diagnose.
Laborparameter
• Leukozytenverteilung normal, bis hin zur Lymphozytose und/oder Eosinophilie
• nicht regenerative Anämie, bei Blutungen in den Gastrointestinaltrakt auch regenerativ
•p
rärenale Azotämie infolge verminderter Nierenperfusion (CAVE: keine chron. Niereninsuffizienz)
• Hypoglykämie und -proteinämie
• Elektrolytverschiebungen moderat bis ausgeprägt
• Hyponatriämie und Hyperkaliämie mit einem Na:K-Verhältnis von < 23:1 sind hinweisend
(Na < 135 mmol/l, K > 5,5 mmol/l, Cl < 100 mmol/l). Bei gesunden Hunden liegt dieser
Wert zwischen 27:1 und 40:1. Hyperphosphatämie und Hyperkalzämie treten gelegentlich auf
• trotz schwerer klinischer Symptomatik kein Stressleukogramm (keine Lymphozytopenie
bzw. Eosinopenie).
Wichtig: Elektrolytverschiebungen beim Morbus Addison treten nicht regelmäßig auf und sind
nur bei korrekter Präanalytik beurteilbar. Folglich müssen Hämolyse, Lipämie, Ikterus, Erbrechen,
Durchfall und andere Erkrankungen, die zu Elektrolytverschiebungen führen, sicher ausgeschlossen
sein bzw. entsprechend berücksichtigt werden.
ACTH-Stimulationstest
Blutentnahme Basalwert Cortisol
Injektion von 5 µg/kg ACTH i. v. (Synacthen®)
Blutentnahme Stimulationswert Cortisol nach 1 Stunde
Der ACTH-Test ist nur aussagefähig, wenn vorher keine Glukokortikoide verabreicht wurden.
Weitere Informationen zur Klinik und Therapie des Morbus Addison finden Sie auf der Rückseite.
*) BSAVA = British Small Animal Veterinary Association
synlab.vet aktuell, Nr.6/2008
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„Diagnosis and management of acute hypoadrenocorticism
(Morbus Addison)”
(Prof. Dr. David B. Church, The Royal Veterinary College, Hatfield, Hertfordshire)
Ätiologie und Prädisposition
• immunvermittelte Prozesse
• iatrogen durch Behandlung mit Trilostane oder Mitotane (reversibel oder irreversibel)
• abruptes Absetzen einer Glukokortikoidbehandlung
• idiopathisch
• Pudel, Bearded Collie und einige Retriever-Rassen scheinen genetisch prädisponiert zu sein
• weibliche Hunde sind ca. 2,5 mal häufiger betroffen
• bevorzugt bei Hunden jüngeren und mittleren Alters
Symptome
Klinische Symptome entstehen in Folge des Mangels an Gluko- und Mineralokortikoiden. Bei
chronischem Verlauf wechseln sie oft mit Phasen scheinbarer Normalität und sind sehr unspezifisch:
• Apathie, Belastungsinsuffizienz und Schwäche
• Gastrointestinaltrakt-Symptome: Erbrechen, Durchfall und abdominale Schmerzen
• Zusammenbruch oft nach physischen oder psychischen Belastungen
In akuten Fällen kommt es zu
• Kollaps; die Tiere sind in Seitenlage
• ausgeprägter Hypovolämie, Dehydratation und Hypothermie
• gastrointestinalen Blutungen
• Bradykardie, mit fortscheitender Kreislaufinsuffizienz auch Tachykardie
Therapie
Schnellstmöglich mit der Infusionstherapie beginnen. Dabei berücksichtigen, dass Addison-Patienten
sehr empfindlich auf zu schnelle Flüssigkeits- und Elektrolytkorrektur reagieren. Church empfiehlt
initial 10 - 30 ml/kg/h einer 0,9 %igen NaCl-Lösung. Nach 2 bis 3 Stunden wird die Infusions­
menge reduziert auf 120 ml/kg/24h.
Na- und Cl-Werte engmaschig kontrollieren. Hydrocortison hat sowohl glukokortikoide, als auch
mineralokortikoide Wirkung und eine kurze Halbwertszeit, daher allen anderen Glukokortikoiden
in der Therapie des Addison-Syndroms überlegen. Empfohlene Dosis: 0,5 mg/kg/h i.v.. Hydrocortison hat in niedrigen Konzentrationen eine ausgeprägte Neigung sich an Plastik- oder Glasgefäße anzulagern. Außerdem ist es inkompatibel mit zahlreichen Lösungen. Deshalb empfiehlt
Church eine Hydrocortisonlösung in physiologischer NaCl in einer Konzentration von 1 mg/ml
herzustellen.
Erhaltungstherapie: Sobald der Patient stabil ist und Futter bzw. Wasser aufnimmt, kann umgestellt werden auf ein semiselektives Mineralokortikoid (Fludrocortison oder Desoxycorticosteronpivalat, DOCP) und ein semiselektives Glukokortikoid (Prednisolon oder Cortisonacetat).
Weitere Fragen zum Morbus Addison oder dem BSAVA-Kongress können Sie gerne senden an
Gabriele.Heigl@synlab.de.