Bayerische Schule 7/8 2009

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Bayerische Schule 7/8 2009
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25. Juli 2009
62. Jahrgang
BAYERISCHE SCHULE
Zeitschrift des BAYERISCHEN LEHRER- UND LEHRERINNENVERBANDS e.V., BLLV im VBE
Grundschulaktion
Ganz
schön
stark
Fortschritt Beförderung
Bildungsirrtum Hauptschule
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Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
mit seinen Akzenten zur „vergessenen Schulart“, der Grundschule, traf Klaus Wenzel im Dezember 2007 ins Schwarze – wie die
große Zahl von Rückmeldungen bewies. Der BLLV-Präsident
hatte unter anderem geschrieben, die Grundschule werde innerhalb der schulpolitischen Großfamilie mit ihren sehr unterschiedlich geschätzten Mitgliedern behandelt „wie das brave Kind, das
seine Arbeiten stets zur vollen Zufriedenheit erfüllt und nie negativ
auffällt. Obwohl internationale Tests bewiesen haben, dass die
Grundschule die erfolgreichste Schulart ist, wird sie von der
Politik am wenigsten unterstützt“. Und: Die Grundschule müsse
sich „stärker als bisher ihrer Stärke, ihrer Bedeutung und ihrer
Verantwortung bewusst werden“. Solche Sätze sprachen den
Grundschulkolleginnen und -kollegen aus der Seele.
Die vielen positiven Rückmeldungen bewogen den Verband, die
Kampagne „Unsere Kleinen ganz GROSS“ zu lancieren. Unter
der Federführung von Simone Fleischmann, Leiterin der Abteilung
Berufswissenschaft im BLLV, wurden sechs zentrale Forderungen
entwickelt und mit großer Unterstützung der Lehrkräfte flächendeckend propagiert (Seite 22). Im Frühjahr 2009 machten in allen
Regierungsbezirken Bayerns Lehrer, Eltern und Experten in vielfältigen Aktionen auf die schwierige Situation der Grundschule aufmerksam. Eine kleine Presselese (Seite 26) kann Ihnen einen
Eindruck davon verschaffen, wie erfreulich die Resonanz in der
Öffentlichkeit war. Vielen Dank an alle, die sich für das Projekt eingesetzt haben.
Zugleich bestätigte eine Umfrage des BLLV (Seite 28), dass sich
Bayerns Grundschullehrkräfte von der Bildungspolitik der Regierung nicht genug unterstützt fühlen. Diese Tatsache wiederum
drückte sich in 103.748 Unterschriften aus, die für eine Petition
gesammelt wurden und mit Erscheinen dieser Ausgabe dem
Bayerischen Landtag übergeben werden. Höchste Zeit, dass die
Bildungspolitiker die Probleme an den Grundschulen erkennen –
und dementsprechend handeln.
Viel Spaß beim Lesen und ein paar erholsame Tage in den Sommerferien wünscht Ihnen Ihr
Tomi Neckov
redaktion@bayerische-schule.de
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Inhalt
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2009
04
Bildungsticker
Politik
06
Beförderungsämter
Freie Bahn für Beförderungen
08
Kurz berichtet, kurz kommentiert
12
Analyse
Bildungsirrtum Hauptschule
18
Gespräche
20
Akzente
Bürokratie behindert Bildung
21
Aus dem Landtag
Thema
22
Grundschule
Wenn sich alles nur um eins dreht
26
Grundschulaktion
Wie die Presse berichtet hat
28
Umfrage
Abfuhr für Schulpolitik
30
Leitartikel
Pfusch am Bau – aber keine Generalsanierung
Service
31
Gesundheit
Wenn alles sinnlos scheint
32
Recht
Niederlage im Spickmich-Verfahren
34
Dienstrecht
Erster Entwurf des neuen Dienstrechts
42
Verband
Wirtschaft trifft Bildung
43
Wirklich wahr
Schützen in Schulen
44
Unsere Jugendzeitschriften
45
Kleinanzeigen
47
Impressum
„Schule mag ich nich …“ – Grundschulaktion für angstfreies Lernen
Bayerische Schule 7/8 2009
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Bildungsticker
Schulpflicht trotz Religion
Göttingen (dpa) - Religiöse Vorbehalte sind
kein Grund für die Befreiung eines Kindes
von der Schulpflicht. Das hat das Verwaltungsgericht Göttingen entschieden. Die
Richter wiesen die Klage von Eltern ab, die
einer christlichen Minderheit angehören. Sie
hatten sich geweigert, ihre zehn Jahre alte
Tochter zur Schule zu schicken, weil unter
anderem die Evolutionslehre und die Sexualerziehung mit ihrem Religionsverständnis unvereinbar sei. Ebenso müssen einem Urteil
des Oberverwaltungsgerichts in Münster
zufolge Mädchen muslimischen Glaubens im
Grundschulalter am Schwimmunterricht teilnehmen. Sie hätten grundsätzlich keinen Anspruch auf Befreiung von dem auch gemeinsam mit Jungen erteilten Unterricht.
Amokdrohungen
Mannheim (dpa) - Eine Amokdrohung im
Internet gegen ein Mannheimer Gymnasium hat einen 15-Jährigen binnen weniger
Stunden hinter Gitter gebracht. Dank einer
aufmerksamen Administratorin eines Internet-Chatrooms wurde der Urheber der
Drohung nur wenige Stunden nach dem
Eintrag ermittelt und festgenommen, teilte
die Mannheimer Polizei mit. Das Amtsgericht erließ Haftbefehl gegen den Jugendlichen, der bereits wegen Diebstahls
vorbestraft ist. Im mittelhessischen Kirchhain wurde ein 15-Jähriger nach einer
4
Amokdrohung festgenommen und in die
Jugendpsychiatrie eingewiesen. Der ExSchüler einer kooperativen Gesamtschule
hatte in einem Schülerforum im Internet
angekündigt, sich selbst töten und dabei
auch andere töten zu wollen. Zuvor hatte der
15-Jährige trotz Hausverbots an seiner früheren Schule randaliert. Der Jugendliche war
bereits vor sechs Monaten von der Schule
verwiesen worden. Grund dafür seien „massive Verhaltensstörungen“ gewesen.
Schießstand in Hauptschule
Olching (dpa/lby) - Ausgerechnet in der
Turnhalle einer Hauptschule plant die Gemeinde Olching im Landkreis Fürstenfeldbruck einen Schießstand für den Schützenverein. Der Schützenverein „Gemütlichkeit
Olching“ sucht dem Zweiten Bürgermeister
der Gemeinde, Robert Meier (CSU) zufolge schon seit Jahren nach einem geeigneten Gebäude für einen Schießstand. „Dort
wird ausschließlich mit Luftgewehren geschossen, nicht mit großkalibrigen Waffen“,
sagte Meier, der auch Vorsitzender des
Vereins und Sportausschusses der Gemeinde ist. Kultusminister Spaenle forderte
alle Beteiligten bei diesem Thema zu „höchster Sensibilität“ auf. Meier betonte, es
solle einen separaten Eingang zum zehn
Meter langen Schießstand im Keller der
Turnhalle geben. Kein Schüler werde
Zugang haben. Ob der umstrittene Schießstand tatsächlich in der Hauptschule eingerichtet wird, ist angesichts massiver Proteste unklar (s. Wirklich Wahr S. 43).
Scholz will mehr Lehrstellen
Berlin (dpa) - Arbeitsminister Olaf Scholz
(SPD) hat an die Wirtschaft appelliert, auch
in diesem Jahr wieder 600.000 neue
Ausbildungsverträge bereitzustellen. „Wenn
wir verhindern wollen, dass Jugendliche
jetzt in der Krise vollständig abgehängt werden, dann brauchen wir wieder 600.000
Arbeitsplätze“, heißt es in einem Schreiben
des Ministers an die Mitglieder des Lenkungsausschusses zum Lehrstellenpakt.
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Bildungsticker
Kranke Erzieher
Hamburg (dpa) - Erzieher sind laut einer
Studie der Techniker Krankenkasse (TK)
überdurchschnittlich oft krank. Statistisch
fehlte im vergangenen Jahr jeder Erzieher
13,9 Tage. Das seien 2,7 Tage mehr als
der Durchschnitt aller Beschäftigten, teilte
die TK in Hamburg mit. Damit lag der Krankenstand unter Erziehern laut dem TKGesundheitsreport 2009 bei 3,8 Prozent.
20 Jahre Schulmuseum Lohr
Handwerk bietet Lehrstellen
Leipzig (dpa) - Der Zentralverband des
Deutschen Handwerks (ZDH) rechnet trotz
der Wirtschaftskrise nicht mit einem Mangel an Ausbildungsplätzen. Es werde 2009
für jeden Bewerber Angebote geben, versicherte ZDH-Präsident Otto Kentzler. Dazu
trage ein Rückgang bei den Bewerbern bei.
Vor diesem Hintergrund äußerte Kentzler
Unverständnis für die Forderung von Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) nach
600.000 neuen Ausbildungsverträgen in
diesem Jahr.
Lehrer wählen oft links
Berlin (dpa) - Lehrer in Deutschland sind
nach einer Umfrage weiter links als der
Durchschnitt der Bürger. Bei der Bundestagswahl würden SPD, Grüne und Linkspartei rund 65 Prozent ihrer Stimmen erhalten, berichtet das Magazin „Cicero“, das
die repräsentative Emnid-Umfrage in Auftrag gegeben hatte. Besonders die Grünen
würden mit 23 Prozent mehr als doppelt so
oft von den Lehrern gewählt wie von der
gesamten Wählerschaft (11 Prozent). Für
das bürgerliche Lager von Union und FDP
entschieden sich 32 Prozent der Lehrer.
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Lohr am Main (dpa/lby) - Das Schulmuseum im unterfränkischen Lohr am Main
feiert seine Eröffnung vor 20 Jahren. In
dem Haus werden auf mehreren Etagen
etwa 3.000 Exponate rund um das Thema
Schule gezeigt. Schwerpunkte der historisch-politischen Präsentation sind nach
Museumsangaben die Kaiserzeit und das
Dritte Reich. Zwei komplette Klassenzimmer wurden mit Gegenständen aus dieser
Zeit eingerichtet. Zudem können die
Besucher eine ausgestattete Lehrerwohnung aus der Zeit um 1910 besichtigen.
(www.lohr.de)
Zweigliedrigkeit in Bremen
Bremen (dpa) - Bremen hat ein zweigliedriges Schulsystem beschlossen und als
erstes Bundesland das Recht auf gemeinsamen Unterricht von behinderten und
nicht behinderten Kindern in ein Gesetz
aufgenommen. In der Bürgerschaft stimmten die Regierungsparteien SPD und Grüne sowie die oppositionelle CDU für das
Gesetz. Dagegen stimmten die Linke und
die FDP.
Vorsicht Datenmissbrauch
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung warnt
vor Datenmissbrauch vor allem bei Jugendlichen im Internet. „Das Internet ist der
Schulhof des 21. Jahrhunderts“, sagte
Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU).
Den meisten Jugendlichen sei nicht bewusst, dass sie sich im Netz nicht nur mit
Freunden austauschten, sondern dass
häufig jeder ihr Profil sehen und ihre
Inhalte und Bilder weiter verbreiten könne.
Deshalb startet Aigner mit dem Familienministerium an diesem Dienstag die Kampagne „watch your web“, um Jugendliche
besser vor Ge-fahren zu schützen. Drei
Viertel der Jugendlichen im Netz stellen
persönliche Informationen, Vorlieben und
Hobbys online, 60 Prozent zeigen eigene
Fotos und Filme. Dabei sind vor allem
Gymnasiasten sorgloser als Schüler von
Haupt- und Realschulen.
Lehrermangel wird größer
Berlin/Brüssel (dpa) - An deutschen Schulen werden die Lehrer rar. Über 300.000
Pädagogen werden nach Berechnungen
des Bildungsforschers Klaus Klemm allein
bis 2015 aus Altersgründen ausscheiden. In
den fünf Jahren danach gehen weitere
160.000 in Pension. Nach der derzeitigen
Zahl der Lehramtsstudenten werden aber
im Jahresschnitt nur 26.000 fertig ausgebildete Junglehrer für Neueinstellungen in den
Schulen zur Verfügung stehen. Nach einer
aktuellen weltweiten OECD-Studie fühlen
sich viele Lehrer den Herausforderungen in
der Schule nicht mehr gewachsen. Sie kritisieren, nicht genug auf sozial gemischte
Klassen, neue Informationstechnologien
und schlechtes Benehmen von Schülern
vorbereitet zu werden.
Jugend ohne Job
Berlin (dpa) - 1,5 Millionen Erwachsene
zwischen 20 und 29 Jahren in Deutschland haben keinen Berufsabschluss. Das
entspricht einem Anteil von 15 Prozent an
dieser Altersgruppe. Der Anteil der
Ausbildungslosen stagniere seit Jahren auf
diesem Niveau, heißt es im Gutachten
„Jugendliche ohne Berufsabschluss“. 32
Prozent dieser Ungelernten haben keinen
Hauptschulabschluss, knapp 40 Prozent
ausländische Wurzeln.
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Politik_Beförderungsämter
Freie Bahn für Beförderungen
von Gerd Nitschke
Jahrzehntelang hat der BLLV für die Gleichwertigkeit der Lehrämter gestritten,
jetzt zahlt sich die Beharrlichkeit aus: Das Kultusministerium hat die Beförderungskriterien für das Beförderungsamt veröffentlicht. Die ersten Beförderungen von Grund-, Haupt- und Realschullehrkräften können zum 1. August 2009
beziehungsweise 1. September 2009 umgesetzt werden.
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Politik_Beförderungsämter
Fach- und Förderlehrkräfte kannten das System der Beförderung
(Übertragung eines Amtes) schon lange; Beurteilungsprädikat
und Dienstzeit sind hierfür die ausschlaggebenden Kriterien. Nun
stehen diese Kriterien auch für die Beförderung der Grund- und
Hauptschullehrkräfte für 2009 fest:
Alle Lehrkräfte, die eine Dienstzeit* von zehn Jahren und mehr
hinter sich und bei der Anlassbeurteilung das Prädikat BG (Stufe 2)
erhalten haben und alle Kollegen, die mindestens 29 Dienstjahre* und Prädikat UB (Stufe 3) erhalten haben, werden zum
1. September 2009 nach A 12+AZ befördert. Die Amtszulage (AZ)
beträgt 206 €, was etwa eine halbe Stufe zu A 13 ausmacht. Für
Lehrkräfte, welche die Ruhegehaltsfähigkeit dieser Beförderung
(entspricht zwei Jahre) um einen Monat verpassen würden, hat der
BLLV eine vorzeitige Beförderung zum 1. August 2009 erreicht.
Somit können schon 2009 über 3.500 Grund- und Hauptschullehrkräfte nach A 12 + AZ befördert werden. 2010 werden es
mindestens weitere 5.000 sein, die nach neuen Kriterien befördert werden können. Das Kultusministerium (KM) geht davon aus,
dass die Voraussetzung für eine Beförderung 2010 bei UB sicherlich eine viel geringere Dienstzeit ist und auch Lehrkräfte mit dem
Prädikat EN (Stufe 4) und der entsprechenden Dienstzeit die
Möglichkeit haben, befördert zu werden. Somit wären 2010 über
30 Prozent der heutigen Grund- und Hauptschullehrkräfte von
A 12 nach A 12+ AZ befördert.
Im Endausbau der Beförderungen im Grund- und Hauptschulbereich stellt sich der BLLV einen Stellenkegel von 35 Prozent im
Eingangsamt A 12, 35 Prozent im ersten Beförderungsamt
A 12 + AZ und 30 Prozent im zweiten Beförderungsamt A 13 vor.
Dies führt dann sicherlich zu weiteren Beförderungen – auch mit
der Beurteilungsstufe WE (Stufe 5).
Das KM weist bei der Veröffentlichung ausdrücklich darauf hin,
dass sehr viele ältere Lehrkräfte in diesem Jahr in den Genuss der
Beförderungen kommen. Spitzenbeurteilungen haben jedoch
auch die jüngeren Kollegen erhalten, die zwar auf Regelbeförderung noch etwas warten müssen, sich damit aber natürlich auf
Funktionsstellen bewerben können. Die Urkunden zur Beförderung werden im September von den Schulräten überreicht. Die
Besoldungserhöhung wird somit auch in diesem Monat wirksam.
* Wie Sie Ihre genaue Dienstzeit berechnen können, finden Sie
unter www.bllv.de/bs/2009/07.
Kommentar von Gerd Nitschke
Ein erster Schritt
Grund- und Hauptschullehrkräfte werden zum 1. September 2009 erstmals ein Beförderungsamt haben und
mehr als 3.500 Kolleginnen und Kollegen sind davon
betroffen. Dies ist der erste Schritt. Der zweite, schon
beschlossene Schritt, folgt 2010 und weitere im Rahmen
des Neuen Dienstrechts im Doppelhaushalt 2011/2012.
Für viele ist es ein freudiges Ereignis, für manche war
der Weg dorthin steinig. Die Anlassbeurteilung 2009
sorgte in einigen Lehrerzimmern für Aufregung. Sie war
allerdings Voraussetzung für die Beförderungen und dazu gab es keine Alternative. Insgesamt ist die Beurteilung von rund 30.000 Grund- und Hauptschullehrkräften
überwiegend sachlich und unaufgeregt abgelaufen. An
manchen Schulen gab es aber auch Ärger, vor allem da,
wo Beurteiler die Vorgaben des Ministeriums übererfüllen wollten. Das war an zwei Gruppen deutlich zu
erkennen:
Bei älteren Kollegen wurden teilweise Maßstäbe einer
2. Lehramtsprüfung (LAP) angelegt. Eine Herabsetzung
um eine oder gar zwei Stufen gegenüber der schon länger zurückliegenden letzten Beurteilung hat sie demotiviert. Jüngere Kollegen wiederum waren vor allem dann
unzufrieden, wenn sie nach hervorragender Staatsnote
bei der 2. LAP und gleichbleibend hohem Engagement
mit EN oder WE abgespeist wurden und erklärt bekamen, dass bei der ersten Regelbeurteilung kein besseres Ergebnis möglich sei.
Der BLLV wird bestehende Missverständnisse und
Ungereimtheiten weiterhin ansprechen und darauf dringen, dass sie schnellstmöglich aus der Welt geschafft
werden. Besonders vor Ort sollten Beurteiler und
Lehrkräfte den gleichen Weg gehen. Schön wäre, wenn
wir mit Beurteilung und Beförderungen offen umgehen
könnten und uns mit den beförderten Kolleginnen und
Kollegen freuten.
Gerd Nitschke ist Vizepräsident des BLLV.
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Kommentar von Fritz Schäffer
Fördert Klimawandel Begabung?
Genetiker, Hirnforscher und Psychologen stehen vor einem Rätsel: Wie konnte sich das
durchschnittliche Begabungsprofil der Zehnjährigen in Bayern in kürzester Zeit so drastisch
verändern? Waren im Jahr 2000 noch 42,2 Prozent praktisch begabt (und wechselten
daher in dem streng begabungsgerechten Schulsystem auf die Hauptschule), so sind es
heute nur noch 28,7 Prozent (vgl. Tabelle S. 9). Unklar auch, welche Folgen für das tägliche Leben zu befürchten sind, wenn die überragende Mehrheit der Bevölkerung keine praktische Begabung mehr besitzt. Wird es zu einem rapiden Anwachsen von Haushaltsunfällen
kommen? Haben die vielen Baumärkte langfristig überhaupt noch eine Überlebenschance?
Umgekehrt ist die theoretische Begabung unerklärlich gestiegen. Wies vor sechs Jahren
nur ein gutes Drittel (34,4 Prozent) eine gymnasiale Begabung auf, so ist dieser Anteil nun
auf 41,5 Prozent gestiegen. Hat womöglich der steigende Verbrauch von Gummibärchen
tiefgreifende genetische Veränderungen hervorgerufen? Wirkt sich der Klimawandel positiv
auf die Begabung aus?
Der Witz von der Begabungsgerechtigkeit
Das sich rapide wandelnde Übertrittsverhalten der Eltern lässt das dreigliedrige Schulsystem vollkommen aus den Fugen geraten und demaskiert die zugrunde liegende Theorie
von der Begabungsgerechtigkeit als absurden Witz jenseits jeder Realität. Der Wunsch
der Eltern nach höheren Abschlüssen ist nicht nur legitim und nachvollziehbar, sondern
auch volkswirtschaftlich sinnvoll.
Problematisch wird diese Entwicklung durch das Dogma der starren Trennung der
Schüler nach der 4. Klasse. Nur deshalb kommt es zu tiefgreifenden Verschiebungen zwischen den Schularten, die dazu führen, dass immer mehr Hauptschulen vor dem Aus stehen, während zeitgleich Realschulen und Gymnasien aus allen Nähten platzen. Der Verlust
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Politik_Kurz berichtet, kurz kommentiert
der wohnortnahen Hauptschule trotz Schulverbünden vollzieht sich zeitgleich mit Schulneugründungen und Erweiterungsbauten für Gymnasien und Realschulen. Sieht so eine
vernünftige, zukunftsweisende und kostenbewusste Entwicklung der regionalen Bildungslandschaften aus? Schulgründungen als Antwort auf demografischen Schülerrückgang,
der in spätestens zehn Jahren alle Schularten treffen wird?
Doch nicht nur strukturpolitisch ist dies reiner Unsinn. Was bedeutet es pädagogisch,
wenn sich in der Hauptschule eine immer stärker ausgelesene Schülerschaft konzentriert?
Mit jedem Prozentpunkt, den der Hauptschulanteil sinkt, wächst das Stigma des
Hauptschulbesuchs um ein Vielfaches. Und dieses Los trifft immer noch rund 40.000
Schüler und Schülerinnen in Bayern, die jährlich in die 5. Klasse der Hauptschule wechseln.
Die Antwort auf diese Entwicklung kann nur Regionale Schulentwicklung (RSE) sein.
Eltern wollen möglichst höhere Abschlüsse möglichst wohnortnah und ohne frühzeitige
Aufteilung der Schüler. Dieser Weg erhält Schulstandorte und erlaubt eine optimale
Förderung aller Schüler. Er lässt eine Höherqualifizierung aller Schüler zu, ohne unerträglichen Übertrittsdruck, ohne Entschulung des ländlichen Raums und ohne schulische
Ghettobildung in den Städten.
Die einzige – unrealistische – Alternative dazu wäre, das Rad der Zeit zurückzudrehen.
Um die Eltern von der Gymnasialorientierung abzubringen, genügen keine härteren Übertrittsbestimmungen und keine fast schon kabarettistisch anmutende Verbalkosmetik mit
„Super-M-Zug an der Mittelschule“. Dazu müsste das KM schon eine Gymnasialinitiative
starten. Schließlich haben die Erfahrungen mit der Hauptschulinitiative gezeigt, dass es mit
einer Schulart so richtig bergab geht, wenn das KM eine Initiative ergreift.
Dr. Fritz Schäffer ist Leiter der Abteilung Schul- und Bildungspolitik im BLLV.
Offener RSE-Brief
In einem Offenen Brief zur Regionalen Schulentwicklung (RSE) haben mehr als 80 Bürgermeister
beziehungsweise Geschäftsstellenleiter, knapp 200 Gemeinderatsmitglieder, weit über 5.000 Bürger
sowie Schulleiter und Lehrer an
Ministerpräsident Seehofer und
Kultusminister Spaenle appelliert,
die vorgelegten RSE-Anträge zu
genehmigen und Modelle zuzulassen, die die Anbindung eines Realschulzweiges an Hauptschulen vorsehen. Brief und die Liste der Unterzeichner unter: www.bllv.de/bs/2009/07.
Die meisten Schüler besuchen das Gymnasium
Übertrittsquoten aus den Jgst. 4 und 5 in Gymnasien und Realschulen*,
Verbleib in Jgst. 6 der Hauptschulen**, Bayern 2000 bis 2009
Gymnasium
Realschule*
Hauptschule**
45%
42,2
41,5
41,1
40,6
40,0
40%
37,8
36,7
34,4
34,6
34,2
38,6
35,9
36,5
35%
39,7
36,7
34,0
34,0
31,0
33,0
29,8
30%
26,8
26,0
25%
27,4
29,3
28,4
28,2
28,7
24,8
24,7
23,4
20%
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**
*
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09
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0
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20
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08
20
* Realschulquote bis 2003/04 einschließlich der Übergänge in vierstufige Realschule ** In Jgst. 6 und 7 verlassen nochmals
rd. 4 % eines Jahrgangs die Hauptschule zur Wirtschaftsschule *** Für 2009/10 tatsächliche Übertritte geschätzt auf der
Basis der Anmeldungen an Schulen Quelle: Schule und Bildung in Bayern 2009
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Wenzel und Seehofer im Gespräch
Ministerpräsident für Offenheit gegenüber RSE-Konzept
Bei der Zielbeschreibung der Regionalen Schulentwicklung (RSE) waren sich Ministerpräsident Horst Seehofer und BLLV-Präsident Klaus Wenzel einig: „Es muss uns gelingen,
für möglichst viele Schüler über einen möglichst langen Zeitraum möglichst wohnungsnah
möglichst optimale Schul- und Bildungsangebote zur Verfügung zu stellen.“ Dass dies
auch der Wunsch vieler Eltern und Kommunalpolitiker ist, wurde deutlich, als Wenzel einen
offenen Brief an den Ministerpräsidenten übergab, in dem passgenaue Schulmodelle für
die einzelnen bayerischen Kommunen gefordert werden.
Besonders intensiv war der Gedankenaustausch zur Kernaussage des Briefes: „Wir –
Bürgermeister, Gemeinderatsmitglieder, Eltern, Schulleiter und Lehrer – sehen uns um die
Möglichkeit gebracht, pragmatisch Schulstandorte zu erhalten und qualitativ hochwertige
pädagogische Schulabschlüsse vor Ort anbieten zu können – nur weil das Kultusministerium bestimmt, dass die Eigenständigkeit der Schularten nicht angetastet werden darf.“
Ministerpräsident Seehofer unterstrich die Forderung des BLLV nach einer ergebnisoffenen Diskussion und zeigte sich wesentlich flexibler und pragmatischer als manche
Persönlichkeiten im Kultusministerium.
Auch beim Thema Lehrerbildung unterstützte Seehofer das grundsätzliche Anliegen
des BLLV, das ja auch durch den Wissenschaftlich-Technischen Beirat (WTB) zu Jahresbeginn bestätigt wurde. Der vom Ministerpräsidenten eingesetzte Beirat kam zu der Erkenntnis, dass die Berufsfeldorientierung während des Lehramtsstudiums deutlich zu stärken
sei. Außerdem mache es im 21. Jahrhundert keinen Sinn mehr, die Lehrerbildung getrennt
nach Schularten zu organisieren; sinnvoller sei die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer
nach Alters- beziehungsweise Schulstufen. Seehofer sagte zu, die WTB-Ergebnisse sorgfältig zu prüfen und dabei auch die Vorschläge aus dem BLLV-Konzept einzubeziehen.
„Und was bedeutet diese kleine Schultüte am Revers?“
Die Frage des Ministerpräsidenten nach der Bedeutung der kleinen Schultüte am Anzugsrevers des BLLV-Präsidenten führte zu Informationen über die Grundschul-Kampagne des
BLLV. Wenzel stellte die sechs Anliegen und Forderungen vor, die als Petition formuliert
sind. Seehofer bestätigte den hohen Wert der Grundschule „als wichtiges Fundament für
unser gesamtes Bildungssystem“, will aber im Moment „keine Diskussion über die Ausweitung dieser erfolgreichen Schulart“ führen. Die Koalitionsvereinbarungen seien auch für
den Ministerpräsidenten bindend und verbindlich.
Beim Thema „Neues Dienstrecht in Bayern“ gab es viel Anerkennung und Lob für den
Ministerpräsidenten und für die Koalition. Wenzel sprach von einem „Durchbruch auf dem
Weg zu mehr Besoldungsgerechtigkeit und Statusgleichheit“, machte jedoch deutlich,
dass zum Erreichen des Zieles noch einige schulpolitische Mauern eingerissen werden
müssen. Das Lob für die Initiative zur Angleichung der Wochenarbeitszeit nahm der
Ministerpräsident gerne an und bat um Mithilfe bei der Suche nach kreativen und konstruktiven Lösungen bei der Umsetzung. BS
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BMW Welt
Junior Campus
www.bmw-welt.com
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Politik_Analyse
Bildungsirrtum
HAUPTSCHULE
Text: Dr. Paul Kupser
Die Diskussion über das
bayerische Bildungswesen,
insbesondere über die Hauptschule, verunsichert Kommunalpolitiker, Eltern, Schulaufsicht, Schulleiter und Lehrkräfte. Bildungspolitik und
Kultusbürokratie lassen eine
klare Linie vermissen. Wer die
Krise der bayerischen und
deutschen Hauptschule verstehen will, muss bis in die
60er Jahre zurückgehen – und
ein folgenschweres Gutachten kennen. Überblick über
sechs grundlegende Irrtümer
in Sachen Hauptschule.
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ie Wurzeln einer folgenschweren Fehlentwicklung des
Schulsystems reichen in das Jahr 1964. In jenem Jahr legte
der Deutsche Ausschuss für das Erziehungs- und Bildungswesen
(DA), ein parteipolitisch unabhängiges Expertengremium bestehend aus Wissenschaftlern, Vertretern aus der Schulverwaltung,
der Politik, der Kirchen und der Journalistik, die Empfehlungen
zum Aufbau der Hauptschule vor. Das so genannte Hauptschulgutachten traf sowohl in der Politik als auch bei den Verbänden
auf große Zustimmung – und die Misere nahm ihren Lauf.
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Irrtum 1: Schulstrukturelle Verankerung
Die Nachkriegszeit war geprägt vom Aufbau des Bildungswesens
in der damals jungen Republik. Gesellschaftlicher Wandel und die
daraus resultierenden Folgerungen für die schulische Bildungsarbeit zwangen zu einer Neukonzeption der Volksschuloberstufe hin
zur Hauptschule. Die bislang übliche „volkstümliche Bildung"
reichte nicht mehr aus, um auf die moderne, sich ständig wandelnde und fortschreitende Arbeits-, Wirtschafts- und Lebenswelt vor-
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Politik_Analyse
Wovon kann eine Hauptschülerin träumen?
zubereiten. Der Hauptschule erwuchs, so der DA 1964, die Aufgabe, allgemeine Bildung in einem neuen, zeitgemäßen Sinn zu verwirklichen – und stellte Bedingungen auf, die eine Hauptschule
kennzeichnen: vierjährige Vollzeitschule bis Klasse 10, aufbauend
auf eine sechsjährige gemeinsame Schulzeit; ab dem 7. Schuljahr
Hinführung zur Arbeits- und Berufswelt; Pflichtschule und Oberschule, die für geeignete Schüler zu einem höheren Abschluss führt.
Das Fehlen einer 10. Jahrgangsstufe und eines Mittleren Bildungsabschlusses, der dem von Realschule und Gymnasium entsprach, entzog dieser Schulart von Anfang an die Chance einer
sinnvollen Entwicklung. Was in der Folgezeit in den einzelnen
Ländern passierte, kann aus heutiger Sicht nur als vielschichtiger
Bildungsirrtum bezeichnet werden, dessen Aus lediglich eine
Frage der Zeit ist.
Irrtum 2: Arbeitslehre
Der DA ging davon aus, dass Beruf und Arbeitsleben wesentlicher Bestandteil des menschlichen Lebens sind. In einer komplexen Arbeitswelt bedürfe es einer besonderen Hinführung des
14
Jugendlichen – der Arbeitslehre in der Hauptschule. Diese sollte
„mit der Einheit von manueller, intellektueller und charakterlicher
Erziehung ... zu einem heute nicht mehr entbehrlichen Teil der allgemeinen Bildung" werden. Die Zurückhaltung im Hinblick auf
schulorganisatorische Fragen der Arbeitslehre, auf Konzeption
einer möglichen Lehrerbildung und auf wissenschaftliche Fundierung eröffnete einen Gestaltungsspielraum, der – in jedem Bundesland zu unterschiedlichen fachdidaktischen Ansätzen und
schulorganisatorischen Konkretisierungen der Arbeitslehre führte.
Ähnlich divergent wie die Verankerung der Arbeitslehre in der
Schulpraxis verlief parallel dazu die fachwissenschaftliche und
fachdidaktische Diskussion, die auch nach jahrzehntelanger
Diskussion über die Arbeitslehre und ihre Bezugswissenschaften
zu keiner allgemein akzeptablen Arbeitslehre-Theorie beziehungsweise Standortbestimmung führte, zu sehr unterschieden sich die
wissenschaftlichen und bildungspolitischen Vorstellungen aller
Interessensgruppen über diesen Bildungsauftrag. Bis heute ist es
nicht gelungen, die Problematik der „Arbeitslehre“ stringent und
plausibel wissenschaftlich zu fundieren. Diese konzeptionellen
Unsicherheiten – falsche bildungspolitische Weichenstellungen
und die Entwicklung zu einer Dienstleistungs-, Wissens- und
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Politik_Analyse
Informationsgesellschaft – führten dazu, dass die Arbeitslehre als
profilbildendes Merkmal der Hauptschule trotz aller bildungspolitischen Beteuerungen versagt hat. Eine Abschaffung der ideologisch stark belasteten Arbeitslehre (AWT) wäre eine notwendige
Konsequenz.
Irrtum 3: Anbindung an die Berufsschule
Der DA betrachtete die Hauptschule als Eingangsstufe des beruflichen Bildungsweges, „der – als ,zweiter Bildungsweg' vielfach
diskutiert und als sozial, ökonomisch und politisch erforderliche
Korrektur unseres Bildungswesens sich durchsetzend – den Beruf
als didaktisches Zentrum hat". Diese Aussage und die starke
Fixierung auf die Kategorien Arbeit und Beruf sollten zu einer Anbindung an die Berufsschulen führen – die sich von Anfang an als
eine Sackgasse und folgenschwerer, konzeptioneller Irrtum erwies.
Zwar schien die Orientierung an der Berufsschule zur damaligen Zeit durchaus plausibel, weil sich die Schülerschaft der
Berufsschule in den 60er und 70er Jahren noch überwiegend aus
Abgängern der Volksschuloberstufe zusammensetzte. Was auch
mit der gesellschaftlichen Realität übereinstimmte: Das Arbeitsleben war in diesen Jahrzehnten weitgehend handwerklich und
industriell geprägt. Allerdings führte der Strukturwandel hin zu
einer hoch technologisierten Informationsgesellschaft schon bald
dazu, dass sich sowohl die Voraussetzungen für bestimmte Berufe als auch die Zusammensetzung der Schülerschaft an den
Berufsschulen änderten.
Die Berufsschule nahm verstärkt Jugendliche mit einem mittleren Bildungsabschluss oder gar mit Abitur auf. Hier liegt eine
bildungstheoretische wie schulstrukturelle Wurzel des Irrtums,
der trotz einer gewissen Affinität zwischen Hauptschule und
Berufsschule in die falsche Richtung zeigte. Die jüngst in Bayern
beobachtbare pragmatische Renaissance dieser Kooperation
(vergleiche HuBiK-Initiative, eine politisch motivierte Zusammenarbeit zwischen Berufsschule und Hauptschule, vergleiche auch:
www.hubik.bayern.de), stellt einen mehr oder weniger überzeugenden Rettungsversuch einer gescheiterten Bildungskonzeption dar.
Irrtum 4: Praktische Begabung
Kinder kommen mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen in die
Schule. Sie mögen auch unterschiedlich begabt sein, aber es gibt
kein Begabungsmodell, das es rechtfertigt, ihnen einen bestimmten Platz im dreigliedrigen Schulsystem zuzuweisen, geschweige
denn ein Schulsystem darauf aufzubauen. Es war das Deutsche
Handwerk, das ein besonderes Interesse an der Hauptschule
zeigte, ein eigenes pädagogisches Profil der Hauptschule forderte und sehr lange an der vermeintlichen praktischen Begabung
der Hauptschüler festhielt. Diese Attribuierung der Hauptschüler
Bayerische Schule 7/8 2009
bleibt oberflächlich, ist empirisch nicht belegbar und trifft in vielen
Fällen gar nicht zu.
Tatsächlich befindet sich in der Hauptschule der Schüler, der aus
irgendeinem Grund den Sprung in eine andere weiterführende
Schule nicht geschafft oder nicht beabsichtigt hatte. Die
Begabungsvielfalt ist an Hauptschulen genauso nachweisbar wie
an anderen Schulen, lediglich das intellektuelle Niveau, die
Fähigkeit zum abstrakten beziehungsweise wissenschaftlichen
Lernen befindet sich bei Hauptschülern auf einer anderen Ebene.
Dabei ist es keine Frage, dass sich Intelligenz sowohl auf die
Schulleistungen als auch auf Bildungskarrieren auswirkt. Geht
man davon aus, dass sich die Intelligenz normal verteilt, dann wird
schnell klar, dass in der Hauptschule die Schüler übrig bleiben,
die schlicht auf mehr Förderung in allen Bereichen angewiesen
sind. Es sind nicht die Schüler mit einer „praktischen Begabung“,
sondern die, die auf konkrete Anschauung und bestmögliche
Individualisierung angewiesen sind, wobei diese Verteilung regional durchaus unterschiedlich gestreut sein kann.
Die Ableitung einer schulartspezifischen Begabung ist daher
ebenso widersinnig wie die Dreigliedrigkeit eines Schulsystems,
das in einer hochdifferenzierten Gesellschaft nicht mehr funktional
ist. Aufgabe der Bildungspolitik wäre es, Rahmenbedingungen zu
schaffen, die die Lernvoraussetzungen der Hauptschüler berücksichtigen und damit zu mehr Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit beitragen.
Irrtum 5: „Gesunde“ Hauptschule
Es sind nicht nur die Intelligenz und die unterschiedlichen
Begabungen, die die wichtigsten Akteure der Hauptschule, die
Schüler, kennzeichnen. Bezüglich der Schülerschaft haben sich in
den vergangenen 40 Jahren gravierende Veränderungen ergeben,
die viel zu wenig in die schulstrukturelle und bildungspolitische
Diskussion einfließen.
Besuchten in den 70er und 80er Jahren noch viele Schüler
diese Schulart, die in der Lage waren, die Angebote zum Beispiel
des zweiten Bildungsweges wahrzunehmen oder hochwertige
Berufskarrieren einzuschlagen, nahmen diese im Lauf der Zeit
beständig ab. Das hängt sicher damit zusammen, dass die
Hauptschule schon relativ früh bei Schülern wie Eltern negativ
besetzt war. Schließlich waren mit dem Hauptschulabschluss eine
geringere Berechtigung und damit schlechtere Berufsaussichten
verbunden. Die Entwicklung zur Restschule ließ sich nicht aufhalten, auch wenn es in Bayern etwas länger dauerte und weniger
spektakulär verlief als zum Beispiel in Hamburg oder Berlin.
Elternwille, Image der Schule, Wandel der beruflichen Anforderungen, steigender Ausländer- beziehungsweise Migrationsanteil, ungünstige familiäre Rahmenbedingungen führten trotz
pädagogisch und didaktisch sehr gut ausgebildeter Lehrer dazu,
dass sich die Hauptschule zu einem Sammelbecken für den
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Wohin kann ein Hauptschüler kommen?
de Individualisierung beschreiben neben Migrationshintergrund
und teilweiser Herkunft aus bildungsfernen und sozial auffälligen
Familien nur einige der tatsächlichen Probleme unserer Schüler.
Schulsozialarbeit und die Einrichtung von Ganztagsschulen sind
ein Schritt in die richtige Richtung, aber eben nur ein kleiner. Sie
sollten nicht als politische Alibifunktion dienen, sondern Teil einer
umfassenden Bildungsreform werden. Wissenschaftlich begründete Hinweise liegen hinreichend vor (BLLV, Pisa-Analysen,
OECD-Empfehlungen) – unverständlich, weshalb die Bildungspolitik nur so zögerlich reagiert, geht es doch um die Zukunft
unserer Kinder und nicht zuletzt um die Zukunft unserer
Gesellschaft.
Irrtum 6: Gleichwertigkeit der Hauptschule
schwächsten Rest der Schülerschaft entwickelte. Nur, wenn
nichts mehr anderes übrig bleibt, lassen die Eltern ihr Kind auf der
Hauptschule. Verwunderlich, denn glaubt man den Werbekampagnen der Kultusbürokratie und der staatstragenden Partei in
Bayern, müsste die Hauptschule eigentlich die Schule sein, für
die es keine Alternative gibt.
Schulforscher bezweifeln, dass die Konzentration schwieriger
Schüler in einer Schule für das Lernklima gut ist. Eine Folge dieser heterogenen Schülerschaft ist, dass es Hauptschüler besonders schwer haben, den Einstieg ins Berufsleben zu schaffen.
Vielfach fehlt ihnen die Ausbildungsreife, so dass sich laut
Bildungsbericht von Bund und Ländern aus dem Jahr 2008 zweieinhalb Jahre nach Schulabschluss nur 60 Prozent der Jugendlichen aus der Hauptschule in einer „vollqualifizierenden Ausbildung“ befinden. Ob daran die „neue“ Ausrichtung der bayerischen Hauptschule mit einer intensiven Berufsorientierung etwas
ändert, bleibt fraglich, da die Hauptschüler neben der unmittelbaren Vorbereitung auf eine berufliche Ausbildung vor allem
Förderbedarf in grundlegenden Kompetenzen benötigen.
Mangelhaftes Lesen, einhergehend mit einem mangelhaften
Textverständnis, völlig unzureichende Rechen- und Problemlösungsfähigkeiten, keine ausdauernde Arbeitshaltung und Konzentrationsfähigkeit, mangelhafte Lernmotivation und unzureichen16
Je nach Bundesland besuchen gegenwärtig noch 10 Prozent
(Hamburg, Berlin) bis 35 Prozent (Bayern) der Schüler eines
Jahrgangs die Hauptschule. Die mangelhafte, halbherzige Lösung
der Berechtigungsscheinfrage war schließlich eine der
Hauptursachen, die die Bildungsidee Hauptschule von Anfang an
zum Scheitern verurteilte. Die Politik und die Kultusbürokratie
hatte dieses Scheitern längst erkannt, doch sie sind nicht in der
Lage, diese Fehlentwicklung einzugestehen und Verantwortung
für das Scheitern zu übernehmen.
Im Gegenteil: Die Hauptschule wird bis heute schön geredet
und „weiterentwickelt“. Das verdeutlichen ein paar Zitate bayerischer Kultusminister: „Die Hauptschule ist das Rückgrat des
bayerischen Schulwesens.“ Oder: „Die bayerische Hauptschule
bietet exzellente Bildungschancen …“ (beides Kultusministerin
Hohlmeier, 1999 - 2004) und „Bayerische Hauptschule wird eine
der innovativsten Schulformen in Deutschland" (Kultusminister
Schneider, 2007).
Die Lippenbekenntnisse setzten sich auch nach der Landtagswahlniederlage 2008 fort, die die CSU nicht zuletzt wegen ihrer
unglaubwürdigen Bildungspolitik verloren hatte. So erklärte
Ludwig Spaenle als der neue bayerische Kultusminister in einer
Grundsatzrede bei der Hanns-Seidel-Stiftung am 28. Januar
2009 in München, dass die Bildungswege der weiterführenden
Schulen in Bayern zwar andersartig, aber gleichwertig seien.
Allerdings, so Spaenle: „Das Alleinstellungsmerkmal der Hauptschule ist ihre starke Berufs- und Praxisorientierung. Damit bietet
sie ihren Schülerinnen und Schülern eine echte Chance und ein
niederschwelliges Angebot zur Mittleren Reife.“ Offen ließ er, was
unter einer „niederschwelligen Mittleren Reife“ zu verstehen ist. In
seiner Regierungserklärung vom 26. März 2009 wurde er schon
vorsichtiger: „... bei der Hauptschule stehen wir vor besonders
großen Herausforderungen – sozial und demografisch, integrationspolitisch und schulpolitisch.“
Offensichtlich läutete er damit auch in Bayern das Ende der
Hauptschule ein. Ratlosigkeit, Unvermögen, Ignoranz, politisches
Spiel? Anders kann man die bildungspolitischen RückzugsgeBayerische Schule 7/8 2009
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Politik_Analyse
Wovon kann eine Hauptschülerin leben?
fechte nicht deuten, obwohl Wissenschaft, Lehrer und Lehrerverbände (in Bayern der BLLV) sehr wohl in der Lage wären, Bildungsalternativen konstruktiv-kritisch und fachlich beizusteuern.
Unverständlich, denn, wie aus Pressemitteilungen und anderen
Veröffentlichungen in Zusammenhang mit der Einführung der sechsjährigen Realschule hervorging, wusste das Kultusministerium spätestens Ende der 90er um die Schwächen der Hauptschule, nahm
es aber billigend in Kauf abzuwarten, bis aufgrund der Schülerströme das Aus der Hauptschule nicht mehr zu vermeiden war.
Ausblick
Die Hauptschule als Bildungsidee der 60er Jahre ist tot. Gleichwohl wird in dieser Schule eine hervorragende pädagogische
Arbeit geleistet. Lehrer arbeiten am Limit, sind teilweise ausgebrannt und frustriert – vor allem die, die den Untergang trotz aller
bildungspolitischen Beteuerungen von Anfang an miterlebt
haben. Ihrem pädagogischen Engagement und ihrer positiven
Einstellung zu den Schülern ist es zu verdanken, dass das System
nicht schon früher zusammengebrochen ist.
Bayerische Schule 7/8 2009
In der Literatur und in der öffentlichen Diskussion wurden viele
Argumente ausgetauscht, die zu einer Qualitätssteigerung, verbunden mit mehr Bildungsgerechtigkeit und weniger Stigmatisierung bestimmter Schüler, führen könnte. Vorschläge der PISAExperten, der OECD-Bildungsfachleute, der Schulforscher und
der Lehrerverbände sollten frei von politischen Ideologien diskutiert, bewertet und umgesetzt werden. Der Streit gegliedertes
Schulwesen versus Gesamtschule ist dysfunktional und überholt.
Kultusminister Spaenle wirft dies der SPD im Zusammenhang mit
der unleidlichen Mittelschuldiskussion wieder vor. Die Diskriminierung bestimmter Bevölkerungsgruppen muss aufhören.
Das ist nur möglich, wenn die Politik zu tiefgreifenden, grundsätzlichen Reformen der Bildungsstruktur bereit ist, die sich aus
individueller und gesellschaftlicher Notwendigkeit ergeben und
nicht von verbandspolitischen noch parteipolitischen Interessen
und Macht geprägt sein dürfen. Denn nach wie vor gilt Pichts
Feststellung von 1964: „Wenn das Bildungswesen versagt, ist die
ganze Gesellschaft in ihrem Bestand bedroht.“
Dr. Paul Kupser war Mitarbeiter in der berufswissenschaftlichen
Hauptstelle des BLLV und ist Seminarleiter an Hauptschulen.
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Politik_Gespräche
Der BLLV im Gespräch mit Gymnasialeltern-Vertreterin Köllner, der Grünen-Landtagsfraktion, FDP-Generalsekretärin Gruß, …
Eltern unzufrieden
mit Gymnasium
Grüne: Aus für kleine
Schulen?
Dank für Kinderkommission im Landtag
„Nur 60 Prozent aller Schüler, die in
ein Gymnasium übertreten, erreichen
das Abitur“, kritisierte die Vorsitzende
der Gymnasialeltern Bayern (GyB),
Ulrike Köllner, im Gespräch mit dem
BLLV. Köllner sprach sich gegen einen
einseitig auf Ziffernnoten und Punkte
ausgerichteten Lern- und Leistungsbegriff aus. BLLV-Präsident Wenzel bestätigte: „Die Schüler eignen sich kurz vor
einer Prüfung abfragbares Wissen an,
um es danach schnell wieder zu vergessen.“ GyB und BLLV fordern, Heranwachsende in die Lage zu versetzen,
selbständig Kompetenzen zu erwerben.
Köllner und Wenzel kritisierten, dass
Lehrpläne am Gymnasium noch immer
überfrachtet seien. „Für Eltern ist es oft
schwer, miterleben zu müssen, wie ihre
Kinder versuchen, zu funktionieren –
und trotz aller Bemühungen doch scheitern“, stellte Köllner fest. Aus Sicht
Wenzels leiden auch viele Gymnasiallehrer unter den Strukturen: „In Massenbetrieben ist es schwer, zu einzelnen
Schülern Beziehungen aufzubauen.
Immer mehr Lehrer sind es auch leid,
die ihnen anvertrauten Schüler wieder
aussortieren zu müssen.“ GyB und
BLLV setzen sich für Fördermöglichkeiten ein, die Nachhilfe überflüssig machen. Außerdem müssten ausreichend
bedarfsgerechte rhythmisierte Ganztagsangebote geschaffen werden. ff
Zehn Abgeordnete der Fraktion Bündnis
90/Die Grünen – mehr als die Hälfte
der Fraktion – kamen zu einem Meinungsaustausch mit dem BLLV. Dieses
zahlreiche Erscheinen wertete Fraktionsvorsitzende Margarete Bause als Ausdruck der hohen Bedeutung, die ihre
Partei der Bildungspolitik und der Kompetenz des BLLV beimesse. BLLV-Präsident Klaus Wenzel zollte den Grünen
Anerkennung für ihre zuverlässigen
Positionen: „Bei Ihnen können wir uns
darauf verlassen, das Ihre Beschlüsse
auch noch in zwei Monaten gelten.“
Ausführlich stellten die BLLV-Vertreter
die Positionen des Verbandes zur
Grundschule, zur Regionalen Schulentwicklung und zum Neuen Dienstrecht
vor. Vizepräsident Nitschke kritisierte am
Entwurf der Staatsregierung für ein Neues Dienstrecht unter anderem, dass es
keine Schülermesszahlen für Schulleiter
an Schulen mehr vorsehe. Die Grünen
sahen darin ein mögliches Zeichen,
dass die Staatsregierung kleine eigenständige Schulstandorte generell auflösen wolle. Der Gesetzentwurf sehe
außerdem vor, dass Lehrer künftig erst
am Ende desjenigen Schuljahres in Pension gehen, in dem sie die Altersgrenze
erreichen. „Wenn das wie geplant schlagartig umgestellt werden würde, wären
im Jahr der Umstellung tausende junge
Lehrer arbeitslos“, sagte Nitschke. ff
Deutliche Übereinstimmung in vielen
schul- und bildungspolitischen Fragen
gab es bei einem Gespräch, zu dem
BLLV-Präsident Klaus Wenzel die
Generalsekretärin der bayerischen FPD
Miriam Gruß in sein Büro eingeladen
hatte. Wenzel bedankte sich zunächst
dafür, dass Gruß gemeinsam mit der
Landtagsabgeordneten Brigitte Meyer,
einem BLLV-Mitglied, eine Kinderkommission im Landtag initiiert hat. Gerade
in diesem Jahr, in dem die Erklärung der
Vereinten Nationen zu den Kinderrechten 50 Jahre alt wird, sei dies ein
wichtiges Signal. Ebenso wie der BLLV
hatte sich die Generalsekretärin außerdem für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ausgesprochen.
Einigkeit bestand auch in der Einschätzung, dass Bildung im Bereich der
Kindertagesstätten und der Grundschulen von besonderer Bedeutung
sei und daher konsequenter als bisher
unterstützt werden müsse. Wenzel
machte allerdings auch deutlich, dass
der BLLV mit dem vom Kultusminister
favorisierten und von der FDP akzeptierten Kooperationsmodell nicht einverstanden sei: „Dieses Konzept löst kein einziges Problem und schafft zahlreiche
neue.“ Die Generalsekretärin sagte zu,
dass in ihrer Partei noch einmal gründlich über die Vorteile des BLLV-Konzepts nachgedacht werde. BS
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Politik_Gespräche
…Fraktions- und Arbeitskreisvorsitzenden der SPD im Landtag sowie der CSU-Landtagsfraktion.
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SPD: Kinder im
Mittelpunkt
CSU: System nicht
gottgegeben
„Bildungspolitik ist Querschnittspolitik.
Deshalb sucht der BLLV das Gespräch
nicht nur mit Bildungspolitikern!“ Diese
Feststellung traf BLLV-Präsident Klaus
Wenzel zu Beginn eines Meinungsaustauschs mit der SPD-Landtagsfraktion.
Eingeladen waren neben den Bildungspolitikern und der Fraktionsspitze die
Leiterinnen und Leiter aller fraktionsinternen Arbeitskreise. SPD-Fraktionsvorsitzender Franz Maget verwies darauf, dass
19 Abgeordnete der Einladung gefolgt
seien, darunter auch der gesamte Fraktionsvorstand. Die Fraktion bringe damit
einerseits ihren Respekt gegenüber dem
BLLV zum Ausdruck. Er sei der Lehrerverband in Bayern, der bereit sei, eine
pädagogische Diskussion unabhängig
von Schularten zu führen. Andererseits
demonstriere seine Fraktion so, welche
Bedeutung sie der Bildungspolitik beimesse. Wie wichtig die Bildungspolitik
sei, habe sich auch daran gezeigt, dass
sie bei der jüngsten Landtagswahl wahlentscheidend gewesen sei. Für die SPD
stehe bei ihren bildungspolitischen Entscheidungen stets die Frage im Mittelpunkt: „Nutzt es unseren Kindern?“
Nach den einführenden Worten der beiden Vorsitzenden tauschte man sich in
vier Arbeitsgruppen zu den Themen Regionale Schulentwicklung, Neues Dienstrecht, Elementarbereich und Grundschule sowie Lehrerbildung aus. ff
BLLV-Präsident Klaus Wenzel lehnte die
neuen Übertrittsregeln im Gespräch mit
dem Arbeitskreis Bildung der CSU-Landtagsfraktion ab. Hier werde an einem
System herumgedoktert, das insgesamt
überwunden werden müsse. Der BLLV
fordere stattdessen eine Freigabe des
Elternwillens bei der Schulwahl. Simone
Fleischmann ergänzte: „Wenn Lehrer
nicht mehr über den Übertritt entscheiden, wächst die Achtung der Eltern.
Sie können sich pädagogischen Rat
holen, müssen ihm aber nicht folgen.“
Der Arbeitskreisvorsitzende Georg
Eisenreich argumentierte, die Neuregelungen brächten mehr Transparenz und
Förderung. Fritz Schäffer sagte, der BLLV
sei grundsätzlich gegen eine Verteilung
der Kinder nach der 4. Jahrgangsstufe.
Die CSU setze sich für eine Optimierung
eines Verfahrens ein, ohne Argumente für
diese Verteilung zu haben. Mehrfach fragte er die Parlamentarier, was aus ihrer
Sicht gegen eine längere gemeinsame
Schulzeit spricht. Walter Taubeneder
fragte zurück: „Warum sollte man das
verändern?“ Sein Fraktionskollege
Gerhard Wägemann hält das System für
so durchlässig, dass Übertrittsentscheidungen auch nachträglich korrigierbar
seien. Auch Eisenreich sprach sich für
eine äußere Differenzierung nach der
4. Jgst. aus. Gleichwohl könne man über
alles reden, nichts sei „gottgegeben“. ff
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Politik_Akzente
Ob Seminarleiter optimal auf ihre Leitungs-, Beratungs- und Beurteilungstätigkeit
vorbereitet werden, soll hier nicht bewertet werden. Auf jeden Fall wird viel getan,
damit sie gute Bürokraten werden. Zumindest war das vor 25 Jahren so. Als ich
mein Amt als Seminarleiter antrat, bekam ich ausführliche Hinweise zur „Führung
des Postwertzeichennachweises“. Einige Zitate daraus:
„Zur Beschaffung von Postwertzeichen ist die in der Formular- und Vordruckbedarfsendung im Begleitschreiben unter Nr. 10 genannte ,Zusammenstellung des
Postwertzeichenbedarfs mit Bescheinigung des Postamtes’ zu verwenden. Der
Seminarleiter schreibt als Postwertzeichenverwalter die Postwertzeichen nach
Empfang im Postwertzeichennachweis, hier im Formblatt Nr. 11, ein. Der Postwertzeichenverwalter hat jeweils für ein Haushaltsjahr einen Postwertzeichennachweis
gemäß Formblatt Nr. 11 zu führen. Der Postwertzeichennachweis ist laufend aufzurechnen und am Ende des Haushaltsjahres abzuschließen. Bestände an Postwertzeichen sind in den Postwertzeichennachweis des folgenden Haushaltsjahres zu
übertragen …“
Bürokratie
behindert
Bildung
von Klaus Wenzel
Knapp 15 Jahre alt ist eine KMBek (VI/8-S4402/7-8/163419) in der die „Entnahme
von Froschlaich oder Kaulquappen aus Gewässern für unterrichtliche Zwecke“
geregelt ist. Darin ist festgelegt, dass „alle heimischen Amphibienarten nach dem
Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) beziehungsweise der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) besonders geschützt sind (§ 20 e Abs. 1 in Verbindung mit
§ 1 BArtSchV, Anlage 1) und daher ein Fangen dieser Tiere nach § 20 f Abs. 1
Nr. 1 b BNatSchG generell untersagt ist; dieses Verbot bezieht sich auch auf Eier
und Larven (§ 20 a Abs. 1 b BNatSchG). Im Hinblick auf den pädagogischen Wert
des Haltens und Beobachtens von Amphibienlarven in der Schule können die
zuständigen Landesbehörden in bestimmten Fällen gemäß § 20 g Abs. 6 Nr. 3
BNatSchG jedoch Ausnahmen von dieser Regelung zulassen”.
OWA – Ohne Wär’s Angenehmer
Ob es derart bürokratische Bekanntmachungen auch heute noch gibt, kann jede
Kollegin und jeder Kollege selbst entscheiden. Tatsache ist, dass die Regelungswut
nicht ab- sondern deutlich zugenommen hat. Tatsache ist auch, dass die KMBeks,
KMSn, RSn und sonstige Veröffentlichungen heute nicht mehr nur in Papierform in
die Schulen strömen, sondern dass die Schulleitungen über das Netz zugemailt und
manchmal auch zugemüllt werden. OWA heißt die Einrichtung. Offiziell die Abkürzung für Outlook Web Access. In vielen Schulleitungen das Synonym für „Ohne
Wär’s Angenehmer“. Schulleiter verbringen täglich viel Zeit mit dem Sichten und
Sortieren der Eingänge und zwar unabhängig davon, ob sie „nebenbei“ noch viel
oder wenig unterrichten müssen oder für mehr oder weniger Kolleginnen und
Kollegen zuständig sind. Im glücklichen Fall haben sie eine Verwaltungsangestellte,
die allerdings auch wichtigere Dinge zu tun hätte als Spams auszusortieren und
KMBeks einzusortieren.
Bürokratie ist aber kein Phänomen, das nur in den Rektoraten zu Hause ist. Längst
hat es sich krakenähnlich in die Lehrer- und Klassenzimmer gewälzt. Ob VERA oder
Orientierungsarbeiten, ob Evaluation oder Visitation, ob Anfragen für Statistiken
oder Datensammlungen für Regierungserklärungen, ob das Berechnen von
Hundertstelnoten für ein abwegiges Übertrittsverfahren oder nutzlose „Streitgespräche“ mit widerborstigen Eltern. Lehrerinnen und Lehrer werden (zu) viel mit
Bürokratie und Blödsinn belästigt. Und das belastet. Nicht nur weil es viel Kraft und
Zeit kostet, nicht nur weil es die Berufszufriedenheit reduziert. Sondern auch und
vor allem deshalb, weil wir zu wenig Zeit für unsere eigentliche und wirklich wichtige Aufgabe haben. Und die heißt Bildung und nicht Bürokratie.
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PPolitik_Aus dem Landtag
Opposition und Regierung diskutieren neue Schulmodelle
ie Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
hat versucht, mit einer Aktuellen
Stunde die Staatsregierung dazu zu
bewegen, neuartige Schulmodelle zuzulassen, um dem ländlichen Raum Perspektiven zu eröffnen. Der Dringlichkeitsantrag
der Grünen wurde jedoch ebenso abgelehnt wie ein vergleichbarer Antrag der
SPD: Grünen-Bildungssprecher Thomas
Gehring argumentierte, nach der Landtagswahl seien bildungspolitische Hoffnungen geweckt worden, die nun unerfüllt
blieben. Hauptgrund sei das Festhalten
der Staatsregierung an der Eigenständigkeit der Schularten. Es müsse jetzt geklärt
werden, wie die bayerische Schullandschaft in zehn Jahren aussehen solle.
Wenn die Schließung weiterer Hauptschulen verhindert werden solle, müssten
vor Ort Schulen mit vielfältigen Abschlüssen angeboten werden. Georg Eisenreich
(CSU) erwiderte, es könnten nicht alle
Hauptschulen erhalten werden. Auch der
D
Schulversuch Kooperationsschulen sei
keine Antwort auf die Frage, wie die wohnortnahe Schulversorgung gesichert werde. Dies solle vielmehr durch Schulverbünde und Dialogforen erreicht werden.
Um die wohnortnahe Schule zu retten, forderte Hans-Ulrich Pfaffmann
(SPD) die Möglichkeit, an jeder Schule
den mittleren Schulabschluss anzubieten.
Außerdem müssten innovative Profile
wie eine längere gemeinsame Schulzeit
genehmigt werden.
Für die Freien Wähler stellte Eva Gottstein fest, dass Schüler, Eltern und Lehrer
nicht zufrieden seien mit der Schullandschaft. Sie forderte neue Schulmodelle,
beispielsweise Gesamtschulen, Montessori-Schulen, Schulen nach dem Modellversuch 9 + 2 in Rosenheim oder M 5Schulen à la Rottach-Egern. Die Realschullehrerin Gottstein sprach sich gegen
eine Vermischung von mittlerem Abschluss und Realschulabschluss aus.
Beide seien zwar gleichwertig, aber keinesfalls gleichartig.
Renate Will (FDP) räumte ein, vieles
gehe nicht so schnell und nicht so wie
ursprünglich gedacht. Ziel der Kooperationsschulen aber sei „niemals“ gewesen,
einzelne Hauptschulen zu retten. Vielmehr
sollen wohnortnah Realschulabschlüsse
angeboten werden.
Kultusminister Ludwig Spaenle sagte,
es sei „falsch zu glauben, man könnte
einzelne Hauptschulstandorte dadurch
sichern, dass man einzelne Elemente aus
anderen Schularten herausreißt und sie an
zahlenmäßig schwache einzügige Hauptschulen anklebt“. Stattdessen will der
Kultusminister, dass Schulen in Schulverbünden „mehr Verantwortung wagen“. Die
Dialogforen sollen für jede Region eine
eigene Lösung finden. Zur Aktuellen
Stunde wurden drei Dringlichkeitsanträge
eingereicht (siehe die Meldungen auf dieser Seite). ff
Grüne: Öffnung
SPD: passgenau
CSU/FDP: ortsnah
Eine „zukunftsfähige regionale Schulentwicklung“ fordern Bündnis 90/Die Grünen mit ihrem Dringlichkeitsantrag (Drs.
16/1408). Die Staatsregierung soll im
Rahmen des Schulversuchs Kooperationsschulen eine „Öffnungsklausel“ zugunsten unterschiedlicher Organisationsmodelle beziehungsweise Konzepte zulassen. So sollen Schulen mit Haupt- und
Realschulzweig unter einem Dach auch
integrativ erlaubt werden. Ebenso sollen
die Modellschulen den „mittleren Bildungsabschluss (Realschulabschluss)“
anbieten dürfen. Der gesamte Modellversuch soll wissenschaftlich begleitet und
nach sechs Jahren von einem unabhängigen Gremium evaluiert werden. Der
Antrag der Grünen wurde in namentlicher
Abstimmung abgelehnt. ff
Die Schule am Ort stärken will die SPD
durch ihren Dringlichkeitsantrag (Drs.
16/1419). Von der Staatsregierung wird
ein entsprechendes Konzept verlangt. Die
Qualität der Schulen vor Ort soll ausgebaut und eine „passgenaue regionale
Schulentwicklung“ erarbeitet werden.
Ausdrücklich will die SPD es den Kommunen ermöglichen, Schulen mit einer längeren gemeinsamen Schulzeit und einem
mittleren Abschluss einzurichten. Die aktuelle Entwicklung erfordere „andere bildungspolitische Antworten“ als bisher,
heißt es in der Begründung. Die Schulpolitik müsse sich an den konkreten Bedürfnissen vor Ort orientieren statt „weiterhin zu versuchen, die Wirklichkeit in die
bestehende Struktur einzupassen“. Der
Antrag der SPD wurde abgelehnt. ff
Die Koalitionsfraktionen fordern in ihrem
Dringlichkeitsantrag (Drs. 16/1420)
wohnortnahe Schulen und die Sicherung
der Schulqualität trotz rückläufiger Schülerzahlen. Dialogforen und Kooperationsschulen sollen zügig realisiert werden.
Kleinere Hauptschulen sollen durch
Schulverbünde mit zusätzlichen Kompetenzen erhalten werden. Innerhalb dieser
Verbünde sollen die drei Profile, ein offenes oder geschlossenes Ganztagsangebot sowie der mittlere Abschluss angeboten werden. Der berufsvorbereitende
Charakter der Hauptschule soll weiterentwickelt werden, indem der Praxisbezug
und die Kooperation mit Berufs-, Wirtschafts-, und Realschulen gestärkt wird.
Der Antrag wurde mit den Stimmen von
CSU, FDP und FW angenommen. ff
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9:52 Uhr
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Thema_Grundschule
Wenn sich alles nur um eins dreht
Klimawandel in der Grundschule – wie Lehrer und Schüler
demotiviert und manchmal sogar krank werden.
Von Simone Fleischmann
Julian* geht heute nicht zur Schule – Maximilian besucht dreimal pro Woche das Nachhilfeinstitut –
Herr Wehner macht im Gespräch mit der Schulleiterin die Klassenlehrerin für die Noten seiner Tochter
verantwortlich – Die Klassenlehrerin der 4 b ist seit drei Wochen krank, denn so hat sie ihren Beruf
als Pädagogin nie verstanden haben wollen – Die Eltern von Melanie bedrohen den Schulleiter,
weil ihr Sohn keinen Platz in der dritten Ganztagsklasse bekommen hat – Kilian nässt wieder ein.
Alles dreht sich nur um eins: den Übertritt, aber nichts ändert sich.
Julian
mag heute nicht in die Schule. Seine Mutter merkt,
dass da was nicht stimmt, und versucht, den wahren Grund zu
erfahren. Vergeblich. Irgendwann stellt sich heraus: Julian verweigert den Schulbesuch, weil er ahnt, dass heute eine Mathematikprobe geschrieben wird.
Kinder wollen nicht mehr zur Schule gehen, weil sie Angst vor
Proben haben. Dabei waren sie zu Beginn der Schulzeit noch
wissbegierig, motiviert, freuten sich darauf, die Buchstaben, die
Zahlen, das Lesen und Rechnen zu lernen – jetzt in der 4. Klasse.
oftmals schon in der 3., verweigern sie. Julian ist ein guter Schüler, merkt aber, dass er nicht immer die Note „gut“ schafft und
kommt mit diesem Druck nicht klar. Er will auf das Gymnasium
gehen und alle sagen ihm auch immer, dass er es schaffen wird.
Intelligente Kinder versagen aufgrund von Leistungsdruck. Wissen geht verloren. Alles dreht sich um den Übertritt, aber keiner
ändert was.
Der BLLV fordert einerseits einen neuen Leistungsbegriff, einen,
der nicht nur produktorientiert definiert ist, sondern den individuellen Lernprozess eines Kindes in den Vordergrund stellt. Qualitative Veränderungen in der Grundschule sind die eine Stellschraube, systemische müssen folgen.
* alle Namen geändert
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Thema_Grundschule
MEHR
KLEINERE
Klassen und Gruppen
Förderung
Maximilian geht nicht mehr zu Karate, sieht seine Freunde
nur am Wochenende, und auch seinem neuen Hobby, dem
Schach, kann er nicht mehr nachgehen. Er geht dreimal in der
Woche ins Paukinstitut. Maximilians Eltern erkannten schon früh,
dass ihr Sohn hochbegabt ist. In der 4. Klasse aber sind seine
Leistungen alles andere als über dem Durchschnitt. Mit viel
Pauken erreicht er in den entscheidenden Fächern meistens die
Beurteilung „gut“ oder „befriedigend“. Alles dreht sich um eins,
den Übertritt. Nichts anderes zählt mehr.
Grundschullehrer erleben sich als Richter über die Zukunft der
Kinder; als Geber von Berechtigungen oder als Verhinderer von
Zukunftschancen. Ihre pädagogischen Fähigkeiten werden in
Frage gestellt. Allein der Notenschlüssel, die Bewertungsskala
und der Schnitt in den drei entscheidenden Fächern zählen.
Der BLLV fordert eine echte Freigabe des Elternwillens, und dass
die aufnehmende Schule die Verantwortung für die entsprechende Schullaufbahnentscheidung trägt.
Herr Wehner beschuldigt im Gespräch mit der Schulleiterin die Kollegin der Klasse 4f, sie sei unfähig zu unterrichten und
nicht in der Lage, den Kindern die notwendigen Kompetenzen zu
vermitteln. Seine Tochter Aylina hatte in der ersten und zweiten
Klasse nur sehr gute Noten und nun sei womöglich der Übertritt
gefährdet. Im Gespräch macht die Lehrerin deutlich, dass das
Mädchen von ihrem Entwicklungsstand her die steigenden
Anforderungen einer 4. Klasse noch nicht bewältigen kann. Sie
ermüde schnell, könne sich nur über eine geringe Zeitspanne konzentrieren und falle immer mehr durch erhöhte motorische Unruhe
auf. Da steht der Vater auf und kündigt an, sein Kind eben in einer
Privatschule anzumelden, wenn diese Schule nicht in der Lage
sei, seine Tochter entsprechend ihrer Anlagen zu fördern.
Die Schüler der 4. Klasse sind in einem Alter, in dem es nicht sinnvoll ist, sie auf drei Wege zu verteilen. Es hat auch keine Validität,
wie die Rückkehrquoten beweisen. Kinder zerbrechen daran und
gerade die schwachen Schüler werden stigmatisiert und für ihr
Leben etikettiert. Die frühe Selektion verhindert die positive
Entwicklung von Kindern und macht die Grundschule nicht zum
wichtigsten Fundament der Bildung, sondern zur Rennstrecke für
die weiterführenden Schulen.
Damit Kinder nicht aufgrund der strukturellen Bedingungen kaputt
gehen, fordert der BLLV, dass die entwicklungsgemäßen Voraussetzungen von Kindern anerkannt werden. Das bedeutet: Eine längere gemeinsame Schulzeit.
24
Die Klassenlehrerin der 4 b
ist schon seit drei
Wochen krank. So hatte sie sich ihren Beruf nie vorgestellt: Keine
Probe kann sie mehr zurückgeben, ohne dass sie im Anschluss
mehrfache kritische Elterngespräche zu Aufgabenstellung,
Bepunktung oder Notenverteilung führt. Nicht selten plötzlcih mit
dem Anwalt der Eltern, der auftritt, als habe er Pädagogik
studiert und viele Jahre Berufserfahrung und nicht sie. Ausflüge,
Projekte und Offene Unterrichtsstunden sind scheinbar nichts
mehr wert in den Augen so mancher Eltern. Die haken immer
wieder nach: Muss denn soviel Schnickschnack in der 4. Klasse
wirklich noch sein? Die Konzeption von Proben im Jahrgangsstufenteam ist eine zeitintensive Aufgabe, aber nur so können
die Lehrerinnen und Lehrer den Vorwurf der Willkürlichkeit und
Unfairness zurückweisen.
Alles dreht sich um zwei Zahlen: 2,0, 2,33. Das System macht aus
Pädagogen Punktemaschinen, deren Aufgabe es oftmals nur
mehr ist, sich gegenüber elterlichen Anschuldigen zu wehren.
Diese Schule macht Kinder und Lehrer krank. Eltern aber sind
nicht die Schuldigen, auch sie sind Opfer des Systems. Kein
Lehrer nimmt es einer Mutter übel, wenn sie das Beste für ihr Kind
will. Es dreht sich eben alles um eins: Wer schafft den Übertritt
auf das Gymnasium, oder: wie kann man um alles auf der Welt
verhindern, dass das Kind auf die Hauptschule muss? Warum
dreht sich nicht das System?
Die Kleinen werden nur dann ganz STARK, wenn sie nicht aufgrund von Ängsten, Druck und Unsicherheit weit hinter ihrer
Leistungsfähigkeit zurück bleiben. Der BLLV fordert daher eine
längere gemeinsame Schulzeit, in der individuelle Förderung passiert, ebenso wie selbstständiges, verständnisintensives Lernen
im Rahmen von Lernarrangements.
Melanie geht in die 2. Klasse. Ihre Eltern haben sie für die
dritte Ganztagsklasse angemeldet. Da es schon bei weitem mehr
Anmeldungen gibt als Plätze, kann Melanie nicht aufgenommen
werden. Die Eltern bedrohen den Schulleiter auf’s Wüsteste und
schalten ihren Anwalt ein, der an den Kriterien der Auswahl deutliche Zweifel erkennen lässt. Melanie soll unbedingt in die Ganztagsklasse, ihre Eltern sind der Ansicht, dass nur ein ganztägiges,
von Profis gestaltetes Lernen sicherstellt, dass ihre Tochter dann
den Übertritt schafft. Die Ganztagsklassen der Grundschule als
Fitnesstraining für’s Gymnasium?
Das Konzept Ganztagesunterricht wird ad absurdum geführt,
wenn es, wie im Fall von Melanies Eltern, systemtreu ausgelegt
wird, und sich doch wieder nur alles um eins dreht.
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BESSERE
Lehrerbildung
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FREIE
Thema_Grundschule
Schulwahlentscheidung
Stimmen der Wissenschaft
Bildungspolitisch begrüßenswerte Ansätze brauchen eine Chance.
Das bedeutet: entsprechende Rahmenbedingungen. Die Ganztagsschule muss als pädagogisch sinnvolles Modell entwickelt werden,
dafür ist das notwendige Maß an Lehrerstunden unabdingbar.
Kilian nässt wieder ein und auch seine Neurodermitis kommt wieder zum Vorschein. Er reagiert offensichtlich psychosomatisch auf
die Stresssituation in der 4. Klasse und kann demzufolge kaum mehr
Leistungen zeigen, die seiner Begabung entsprechen. Seine Eltern
und die Lehrerin machen sich große Sorgen. Kilian muss nicht aufs
Gymnasium, aber er spürt, dass alles andere nicht so viel wert ist. Er
fühlt sich als Verlierer.
Gerade am Anfang ihres Schülerlebens, in der Grundschule, müsste
die anfängliche Begeisterung der Kinder für das Lernen erhalten werden. Allzu oft aber ist sie heutzutage ein Ort, der Kinder am Lernen
eher hindert, statt sie dazu zu motivieren.
Die Grundschule muss an Wert gewinnen, sie darf nicht nur als
Stellrad für die Zukunft verstanden werden. Sie muss kleine Kinder
ganz GROSS werden lassen, und nicht psychisch, physisch oder
psychosomatisch krank machen.
„Gewisse Beliebigkeit“
„Die Leistungskapazität Zehnjähriger und deren
weitere Entwicklung in den nächsten sechs oder
acht Jahren lässt sich nicht sicher einschätzen und
beurteilen, eben weil zukünftige Einflussfaktoren in
ihrer Wirkungsweise auf die Entwicklung der
Schüler nicht vorhersehbar sind. Dazu wären hellseherische Fähigkeiten notwendig, die wohl keine professionell arbeitende Grundschullehrerin für sich
beanspruchen wird.“ „Die Tatsache, dass die gegenwärtig geltenden Notengrenzen für die jeweilige
Übertrittsempfehlung am Ende der Grundschulzeit
sowohl historisch gesehen als auch aktuell im bundesdeutschen Ländervergleich variieren, verleiht diesen Vorgaben eine gewisse Beliebigkeit und nährt
den Verdacht, dass die festgelegten Notengrenzen
eher der Steuerung von Schülerströmen als der
Herstellung von Bildungsgerechtigkeit dienlich sind.“
Prof. Margareta Götz, Lehrstuhl für Grundschulpädagogik und -didaktik der Universität Würzburg
Kurz:
„Psychiatrie ins Studium“
Alles dreht sich nur um eins – der BLLV dreht da nicht mit.
„20 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind verhaltensauffällig. Manifeste psychische Störungen
sehen wir bei 2 bis 5 Prozent der Kinder. Die meisten der auffälligen Kinder finden sich in Förder-,
Haupt- und Grundschulen. Sie wirken irgendwie
komisch, zumeist zurückgezogen und grundsätzlich
traurig gestimmt, sie denken, sie können nichts und
sind an allem schuld. Deshalb lassen sie in ihren
kognitiven Leistungen nach. Wenn dann Eltern und
Lehrer sagen: „Gib dir mal mehr Mühe!“, und sie wie
vorauszusehen nicht besser werden, denken sie:
„Ich kann eben wirklich nichts“. Ich höre schon
Erstklässler traurig sagen: „Ich bin nicht geeignet
für’s Gymnasium.“ Wir können es uns als
Gesellschaft nicht erlauben, dass diejenigen, die als
schwierig oder gar krank gelten, nicht integriert werden. Kinder- und Jugendpsychiatrie muss ins
Lehramtsstudium integriert werden.“
Der BLLV fordert:
• Mehr Förderung
• Kleinere Klassen und Gruppen
• Freie Schullaufbahnentscheidung
• Längere gemeinsame Schulzeit
• Bessere Ausbildung der Grundschullehrerinnen
und Grundschullehrer
• Gleiche Bezahlung der Lehrer
Mehr Infos unter www.grundschule.bllv.de
Simone Fleischmann ist Leiterin der Abteilung
Berufswissenschaft im BLLV.
Bayerische Schule 7/8 2009
Prof. Gerd Schulte-Körne, Direktor der Klinik für
Kinder- und Jugendpsychiatrie der LMU
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Thema_Grundschule
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Thema_Grundschule
Blattlese
In über 200 ausführlichen Texten
hat die Presse die Aktionen der
Kreis- und Bezirksverbände des
BLLV zur Grundschulaktion vorgestellt. Grundtenor: Es muss
endlich was passieren!
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In über 200 ausführlichen Texten
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Kreis- und Bezirksverbände des
BLLV zur Grundschulaktion vorgestellt. Grundtenor: Es muss
endlich was passieren!
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Thema_Grundschule
GLEICHE LÄNGERE
Bezahlung der Lehrer
gemeinsame Schulzeit
BLLV-Studie
Grundschullehrkräfte monieren Missstände
Erschwerte Arbeitsbedingungen in Grundschulen, zu große Klassen für jahrgangübergreifendes Unterrichten, zu wenige Ressourcen für Projekte, Kritik an Ziffernnoten und
Selektionsauftrag – zu diesen und weiteren Punkten haben Grundschullehrkräfte in
Bayern in einer Studie des BLLV mehrheitlich massive Kritik geäußert.
Mit einer breit angelegten Befragung hat der BLLV die Situation
an den bayerischen Grundschulen erfasst. 801 Lehrerinnen und
Lehrer äußerten sich über die Kooperation mit Kindertagestätten
und die vorgezogene Einschulung, über jahrgangskombinierte
Klassen und Ganztagsschulen, über Elternarbeit und das jeweilige Schulklima sowie zum Übertritt in weiterführende Schulen. Sie
bewerteten die bayerische Bildungspolitik und erhoben Forderungen zur Verbesserung der Lern- und Arbeitssituation an den
Grundschulen. Hier einige zentrale Aspekte der Befragung.
95 Prozent der Lehrerkräfte erleben, dass das Arbeits- und
Sozialverhalten der Grundschüler im Vergleich zu früheren Jahren
problematischer und die Kinder mit besonderem Förderbedarf in
den Klassen mehr geworden sind. 87 Prozent sehen, dass die Lernund Leistungsunterschiede zwischen den Grundschülern zugenommen haben. Für 90 Prozent der Befragten gestaltet sich deshalb
das Unterrichten und Erziehen schwieriger als früher. 97 Prozent
sind überzeugt, dass sie heute mehr gefordert und belastet werden.
Alle Grundschullehrkräfte sind überzeugt: größere Heterogenität der Schülerschaft erfordert bessere Unterrichtsbedingungen. Vor diesem Hintergrund verlangen knapp 90 Prozent der
Befragten die Rückgabe aller früher gestrichenen Unterrichtsstunden und eine bessere Lehrer-Schüler-Relation, die zum Beispiel Teamteaching ermöglicht. 96 Prozent fordern mehr Unterstützung durch Sonderpädagogen und Förderlehrer. Zusätzliche
Fördermaßnahmen halten alle Befragten für dringend notwendig.
Kindertagesstätten und Grundschulen sollen intensiv kooperieren, die erforderlichen Stunden für die Kooperationsbeauftragten halten jedoch 84 Prozent der Befragten für nicht ausreichend.
Drei Viertel der Befragten sprechen sich gegen das Vorziehen des
Einschulungsalters aus und zwei Drittel befürworten stattdessen
eine flexible Eingangsphase. Zwar wurde für Grundschüler eine
Mittagsbetreuung eingeführt, in knapp der Hälfte der Fälle konnte
sie aber bis heute noch nicht zufriedenstellend organisiert werden.
Das Ministerium plant die gebundenen Ganztagsschulen massiv
auszubauen. 80 Prozent der Befragten sind jedoch der Meinung,
dass dieses Vorhaben wie vorgesehen mit zehn Lehrerstunden und
3.000 Euro im Jahr nur unzureichend umgesetzt werden kann. Laut
Kultusministerium verbessern jahrgangskombinierte Klassen das
28
soziale Lernen. Die befragten Lehrerinnen und Lehrer finden aber
mehrheitlich, dass dafür die Klassen zu groß sind und es zu wenige zusätzliche Lehrerstunden gibt. 90 Prozent fordern maximal
20 Kinder für solche Klassen und zehn zusätzliche Lehrerstunden.
Mehr als drei Viertel der Befragten halten daher jahrgangskombinierte Klassen vor allem für eine Sparmaßnahme.
Auch die neue, auf die Verbesserung der Gesundheit der
Schüler zielende Initiative „Voll in Form“ wird von der Hälfte der
Lehrerinnen und Lehrer skeptisch beurteilt.
Die Vielzahl der angeordneten Neuerungen in der Grundschule
führt bei fast allen Befragten zu dem Wunsch, dass sie ihre pädagogische Arbeit „in Ruhe“ leisten können. 90 Prozent der Befragten
fordern außerdem mehr Entscheidungsfreiheit für die Einzelschule.
Vorkurse in Deutsch für Kinder aus Migrantenfamilien können zwar
den Schulstart erleichtern. Die Kurse kommen jedoch in über der
Hälfte der Fälle nur teilweise oder gar nicht zustande. Zwei Drittel
der Lehrerkräfte berichten, dass Kinder mit Deutschlernangeboten an den Grundschulen unzureichend versorgt sind. Fast alle
erheben die Forderung, dass bei einem hohen Migrantenanteil die
Klassengröße auf maximal 20 Schüler begrenzt werden muss. 90
Prozent halten in Kindertagestätten und Grundschulen Fachkräfte
mit einer einschlägigen Ausbildung in Deutsch als Zweitsprache
für notwendig, eine Qualifikation, die bisher in der Ausbildung von
Erziehern und Lehrerkräften sträflich vernachlässigt wurde.
Kritik an Noten und Auslese
80 Prozent der Grundschullehrkräfte erleben, dass Eltern Zeugnisse mit Ziffernnoten erwarten. Mehr als die Hälfte sieht aber
auch, dass Noten vielen Kindern Lernmotivation nehmen und
Schulfreude beeinträchtigen. Mit der Wiedereinführung der Ziffernnoten im Jahreszeugnis der Jahrgangsstufe 2 verlagert sich
nach ihrer Meinung auch der Auslesedruck bereits in diese Klasse. 98 Prozent der Befragten sehen, dass für viele Kinder die bevorstehende Auslese für die drei Schularten großen Stress
bedeutet. 95 Prozent geben an, dass die Kinder mehr für Noten
und Zeugnisse lernen als aus Interesse an den Inhalten. Nur
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E
Thema_Grundschule
t
Ausgewählte Aussagen von Lehrerkräften zur Situation an Grundschulen (N = 801)
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Das Vorziehen des Einschulungsstichtags ist zu befürworten
3% 5% 17%
47%
28%
Kombinationsklassen sind an mehrzügigen Schulen eine Sparmaßnahme
59%
18%
15% 4% 4%
Die Migrantenkinder sind mit Deutschlernangeboten gut versorgt
1% 10%
24%
23%
42%
Die Aktion „Voll in Form“ des Ministeriums ist praktikabel
3% 14%
34%
22%
27%
Der Übertritt bedeutet für viele Kinder großen Stress
85%
13% 2%
Die Kinder sollen länger als vier Jahre gemeinsam die Schule besuchen
67%
15%
10% 5% 3%
Ich fühle mich von der bayerischen Bildungspolitik gut unterstützt
1% 2% 18%
stimme voll zu
10 Prozent sind der Auffassung, das bisher praktizierte Übertrittsverfahren habe sich bewährt. Einen Ausweg aus Noten- und
Auslesestress sehen 82 Prozent in einer längeren gemeinsamen
Schulzeit. Nur 8 Prozent sprechen sich dagegen aus, 10 Prozent
sind unentschieden.
80 Prozent der Grundschullehrkräfte fühlen sich von der Bildungspolitik nicht gut unterstützt, nur 2 Prozent können dies von
sich sagen. Entsprechend schlecht fallen die Noten für die Politik
aus: 2 Prozent gut, 22 Prozent befriedigend, 36 Prozent ausreichend, 36 Prozent mangelhaft, 4 Prozent ungenügend. Das ergibt
für die Schulpolitik einen Notenschnitt von 4,17.
Der mangelhaften Unterstützung durch den Dienstherrn setzen
die Grundschullehrer/innen neben den genannten schulpolitischen
Forderungen auch persönliche Forderungen entgegen: 90 Prozent
wollen eine Reduzierung der Unterrichtspflichtzeit, 95 Prozent die
gleiche Besoldung und Aufstiegsmöglichkeiten wie an anderen
Schularten. 90 Prozent der Befragten fordern für Rektor/innen
mehr Zeit für Schulleitungsaufgaben, 95 Prozent Anerkennung von
Elternarbeit und Kooperation als Arbeitszeit. Die Bereitstellung
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45%
stimme eher zu
unentschieden
34%
stimme eher nicht zu
stimme nicht zu
schneller Hilfen für Lehrkräfte mit Problemen im Unterrichtsalltag
halten 98 Prozent für dringend geboten. Bei allen Lehrpersonen ist
der Schulerfolg der Kinder das wichtigste Ziel. Gleich danach richtet sich das Engagement auf die Schule: 87 Prozent der Befragten
ist es ein Anliegen die Entwicklung und Qualität der Schule voranzubringen. Mehr als 90 Prozent berichten von einem guten Klima
an ihrer Schule und einer intensiven Zusammenarbeit mit den
Kolleg/innen. Obwohl die Leistungserwartungen der Eltern an
Kinder und Lehrer gestiegen sind (92 Prozent) und Aufstiegs- und
Notenorientierung bei ihnen vorherrschen, fühlen sich 80 Prozent
der Lehrer/innen von den Eltern gut akzeptiert. Daran ändert auch
nichts, dass sie im Gegensatz zu den Eltern von einem ganzheitlichen, pädagogischen Verständnis von Förderung ausgehen.
Eine Gesamtauswertung der Befragung mit Differenzierungen
nach Geschlecht, Beschäftigungsumfang, Funktion, Dienstalter,
Schul- und Ortsgröße ist auf der BLLV-Homepage abgelegt unter:
www.grundschule.bllv.de
Dr. Gerd Hüfner ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im BLLV.
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15.07.2009
8:35 Uhr
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Thema_Leitartikel
Pfusch am Bau – aber keine Generalsanierung
Von Simone Fleischmann*
Verlässlichkeit gefragt
Sie wünschen ein neues Türschild? Wie wär’s mit
unserem schönen Wapperl „Mittelschule“? Einen
neuen Gehweg? Da hätten wir eine „Gelenkklasse“
im Angebot. Es braucht einen ganz neuen Gebäudetrakt? Na klar, da hilft unser „Kooperationsmodell“. Unnütze Wände zwischen Gebäuden sollen
weg? Elternwille „freigegeben“, fertig. Und wenn
das Scharnier rostet: mit dem neuen „Übertrittskonzept“ läuft’s wie geschmiert!
So kann es gehen, wenn ein Mieter Pfusch am
Bau erkennt, der Vermieter sich aber mit allen möglichen Scheinreparaturen aus der Affäre ziehen will.
Im Klartext: Wer will, dass „Unsere Kleinen ganz
GROSS werden“, wer die Grundschule von morgen
will, kann sich nicht mit kosmetischen Maßnahmen
begnügen. Das einzige was hilft, ist eine Generalsanierung. Und die geht so:
Lernen auf der Meta-Ebene
Lernen im 21. Jahrhundert muss grundlegend anders
funktionieren: individuelle Förderung, Lernarrangements und verständnisintensives Lernen, also
Lernen auf der Meta-Ebene – das sind die Bausteine der Schule von morgen. Dass Probe- und
Übungsphasen eingeführt wurden und die Anzahl
von Probearbeiten pro Fach vorgegeben wurden,
sind zwei Beispiele dafür, dass den politisch Verantwortlichen ein neuer und moderner Lernbegriff gänzlich unbekannt ist. Individuelle Förderung ohne professionelle Unterstützung durch Spezialisten und in
Klassen mit bis zu 30 Schülern ist nicht möglich.
30
Selbstverantwortete Schulentwicklung und echte
Freiheiten vor Ort sind Garanten für eine moderne
Schule von morgen. Eine Schule in eigener Verantwortung braucht Schulleiter, die echte Leitungskompetenz und -zeit haben. Sie braucht Rahmenrichtlinien aber keine engen und starren Vorgaben,
die sich auch noch ständig verändern und oftmals
kontraproduktiv für die Schule vor Ort sind. Drei
Beispiele: Warum müssen die offenen Ganztagsklassen in die Verantwortung der Schule übergehen
und können nicht in der bewährten und vor Ort konzeptionell entwickelten Form bestehen bleiben?
Warum kann Evaluation nicht so konzipiert sein, wie
sie an der Schule vor Ort effektiv wäre, warum wird
überall einheitlich nach den gleichen Kriterien vorgegangen? Warum werden Kooperationen zwischen
Hauptschulen und Realschulen nicht wirklich zugelassen?
Die Schule von morgen braucht Verlässlichkeit
und konzeptionelle Stetigkeit. Eltern, Schüler und
Lehrer der Grundschule müssen vom ersten Schultag an wissen, was sie in den kommenden Jahren zu
erwarten haben. Die Form der Zeugnisse ändert sich
fast jährlich. Die Übertrittsbestimmungen sind unübersichtlich und ändern sich obendrein laufend.
Kinder wurden immer früher eingeschult, nun gibt es
erneut eine Kehrtwende. Ganztagsklassen sind gut
mit Lehrerstunden ausgestattet, aber nur solange
der Modellversuch läuft. Der Elternwille wird freigegeben, aber nur in den Grenzen der Notenschnitte.
Das Drehen an vielen kleinen Rädchen ist kontraproduktiv, der „Große Dreh“ gelingt so nicht.
Generalsanierungen sind gefragt, wenn die Grundschule von Morgen den Kindern von Morgen gerecht
werden soll. Im Rahmen der Grundschulaktion hat
es sich gezeigt: Nur ein Paket von Maßnahmen
macht die „Grundschule STARK“. Eltern, Lehrer und
Experten sind sich einig: Nur durch mehr Förderung,
eine bessere Schüler-Lehrer-Relation, die Freigabe
des Elternwillens, eine bessere Lehrerbildung, die
gleiche Besoldung für alle Lehrer und eine längere
gemeinsame Schulzeit kann sie gelingen, die überfällige Generalsanierung des Grundschulhauses.
* Simone Fleischmann ist Leiterin der Abteilung
Berufswissenschaft im BLLV.
Bayerische Schule 7/8 2009
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8:35 Uhr
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Service_Gesundheit
Von Prof. Dr. Joachim Bauer*
Wenn alles sinnlos scheint
Zwischen 20 und 30 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer sind von einer signifikanten stressassoziierten Gesundheitsstörung betroffen. Viele sind verbaler Aggressivität,
Androhungen körperlicher
Gewalt bis hin zu tatsächlicher Gewalt ausgesetzt. So erhöht sich das Risiko, Burnout oder andere
seelische Gesundheitsstörungen zu erleiden. Belastete Lehrkräfte sollten eine Beratung aufsuchen,
wie sie der BLLV im Rahmen einer Sprechstunde anbietet.
Ein Burnout-Syndrom macht sich auf drei Arten bemerkbar:
1. Emotionale Erschöpfung; 2. Gefühl von beruflicher Ineffizienz,
Sinnlosigkeit, Vergeblichkeit; 3. Eine unbeeinflussbare, zuvor nicht
vorhandene zynische innere Abneigung gegenüber der beruflichen Klientel. Humandienstleistungsberufe zeigen die höchsten
Burnout-Raten. Unser Gehirn evaluiert fortwährend die Qualität
der zwischenmenschlichen Beziehungen, in denen wir stehen,
woraus signifikante Einflüsse auf die Genregulation und damit auf
die seelische und körperliche Gesundheit resultieren.
Das Burnout-Risiko steigt, wo sich hohe Verausgabungsbereitschaft mit niederer Anerkennung paart. Dieses Phänomen ist
bei deutlich über 20 Prozent der Lehrkräfte zu beobachten. Eine
weitere Rolle als Risikofaktor spielt die Kombination von allgemein
hoher Arbeitsbelastung bei gleichzeitig geringem persönlichem
Gestaltungsspielraum. Auch eine schlechte Trennung von beruflicher und privater Sphäre, wie sie im Lehrerberuf gegeben ist,
erhöht das Burnout-Risiko.
Zu den in der äußeren Realität begründeten Burnout-Risikofaktoren kommen aus der inneren Realität des/der einzelnen Berufstätigen stammende Einflüsse. Innere Haltungen und (überwiegend unbewusste) Einstellungen, die das individuelle Erleben und
Verhalten steuern, können das Burnout-Risiko dramatisch erhöhen. Bei schulischen Lehrkräften, die wegen schwerer BurnoutSymptomatik oder mit Symptomen einer Depression zur stationären Aufnahme kommen, findet sich meistens die folgende typische Zwei-Komponenten-Konstellation: 1. Eine langjährige Vorgeschichte mit hoher Verausgabung und beruflicher Überidentifikation, gefolgt von 2. einem schweren akuten Kränkungsereignis,
welches einen nicht mehr kompensierbaren psychophysischen
Einbruch zur Folge hatte. Beim Kränkungsereignis handelt es sich
meistens um einen schweren Konflikt mit Schülern und/oder
Eltern, bei dem sich die betroffene Lehrkraft von der Schulleitung
und/oder den Kollegen nicht hinreichend unterstützt fühlt.
Zur Prüfung der Frage, ob und – wenn ja – welche Hilfestellungen angezeigt sind, empfiehlt sich zunächst eine Beratung,
wie sie im Rahmen der Beratungs-Sprechstunde durch das beim
BLLV angesiedelte Institut für Gesundheit in Pädagogischen
Bayerische Schule 7/8 2009
Berufen (IGP) in München angeboten wird (Informationen und
Termin-Anmeldung bei Frau Kamstedt, Tel. 089 721001-95).
Leicht- bis mittelgradige Symptome eines Burnout oder einer
Depression bei Lehrkräften sollten zu einer Empfehlung zu einer
vorzugsweise psychotherapeutischen Behandlung führen. Mittelgradige und schwere Symptome eines Burnout-Syndroms, vor
allem wenn signifikante depressive Symptome wie Schlafstörungen und eine anhaltende Herabstimmung hinzukommen, sollten
unbedingt zu einer stationären psychosomatischen Behandlung
führen. Krankschreibungen ohne eine klare therapeutische Strategie sind eher kontraproduktiv.
Wenn zwischen dem ersten Auftreten deutlicher Symptome
und einer therapeutischen Maßnahme nicht zu viel Zeit verstreicht,
sonder zügig ge- und behandelt wird, sind die Aussichten auf eine
Wiederherstellung der Gesundheit ausgesprochen günstig, vorausgesetzt, die psychotherapeutischen Behandler verfügen über
hinreichende Kompetenz und zeigen therapeutischen Optimismus. Es kann durchaus sinnvoll sein, dass Lehrkräfte nach Wiederherstellung ihrer Gesundheit die Schule wechseln, vor allem dann,
wenn sie an der bisherigen Schule bereits viele Jahre gearbeitet
haben oder wenn die Beziehungen zu Kollegen oder Vorgesetzten
zuletzt stark belastet waren.
*Joachim Bauer ist Oberarzt der Abteilung Psychosoma-tische
Medizin am Uniklinikum Freiburg. Seit Anfang 2009 ist Prof.
Bauer – neben seiner weiterlaufenden Tätigkeit am Uniklinikum Freiburg – Ärztlicher Direktor der Hochgratklinik, einer
psychosomatischen Fachklinik im Allgäu, deren Schwerpunkt
auf der Behandlung des Burnout-Syndroms bei schulischen
Lehrkräften liegt.
Bauer J. Das Gedächtnis des Körpers – Wie Beziehungen und Lebensstile unsere
Gene steuern. München: Piper TB 2004.
Bauer J. Prinzip Menschlichkeit – Warum wir von Natur aus kooperieren. Hamburg:
Hoffman und Campe 2006b.
Bauer J. Lob der Schule – Sieben Perspektiven für Schüler, Lehrer und Eltern.
Hoffmann und Campe 2007c.
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15.07.2009
9:55 Uhr
Seite 32
Service_Recht
Schülerportale: Lehrkräfte sehen sich als Beute anonymer Rächer - und uneinsichtiger Richter
spickmich.de-Urteil des BGH
„Keine Bewertung der Persönlichkeit“
Nach dem Landgericht und dem Oberlandesgericht Köln hat nun
auch der Bundesgerichtshof (BGH) Bewertungsportale über
Lehrkräfte im Internet für zulässig erklärt, sofern der Betreiber eine
gewisse Vorsicht walten lässt. Eine Lehrerin hatte geklagt, sie
wolle sich nicht willkürlichen und anonymen Bewertungen im
Spickmich-Portal aussetzen. Ihrer Meinung nach werden ihre Persönlichkeitsrechte verletzt, wozu auch das informationelle Selbstbestimmungsrecht gehört. Bei der Urteilsbegründung (Az. VI ZR
196/08) wurde zwar ausdrücklich betont, es handle sich um einen
Einzelfall, jedoch hat dieses Urteil aufgrund der rechtlich bestätigten Grundsatzfrage natürliche allgemeine Wirkung.
Im Grundsatz geht es um die Frage, wie zwei Grundrechte,
nämlich die Meinungsfreiheit und das Persönlichkeitsrecht, hier
konkret zu werten sind und welches Recht überwiegt. Das entgegenstehende Interesse bei dieser Verhandlung war auch das
Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Lehrkraft einerseits und das Recht des freien Meinungsaustausches. Der BGH
gibt hier der freien Meinung den Vorzug, da die Lehrerin in ihrem
beruflichen und öffentlichen Wirken benotet und nicht ihr privates
Verhalten bewertet wird.
32
Durch die Bewertung steht nach Auffassung des BGH also nicht
das Erscheinungsbild oder die Persönlichkeit der einzelnen
Lehrkraft am Pranger, sondern die Art, wie sie ihre berufliche
Tätigkeit ausübt. Die Berufsausübung sei der Sozialsphäre und
nicht der Individualsphäre zuzuordnen. Nach Auffassung des
Gerichtes liegt zwischen diesen beiden also ein maßgeblicher
Unterschied, bei der der Einzelne als Lehrer nicht den gleichen
Schutz wie in seiner Privatsphäre genießt.
Auch seien Benotungen auf einer Skala von 1 bis 6, selbst
wenn sie bei der klagenden Lehrkraft im schlechteren Bereich
angesiedelt waren (Durchschnittsnote 4,3), keine Schmähkritik
oder Beleidigung, so das Gericht: „Die Äußerungen sind weder
schmähend noch der Form nach beleidigend. Dass die Bewertungen anonym abgegeben werden, macht sie nicht unzulässig,
weil das Recht auf Meinungsfreiheit nicht an die Zuordnung der
Äußerungen an ein bestimmtes Individuum gebunden ist. Die
Meinungsfreiheit umfasst grundsätzlich auch das Recht, das Verbreitungsmedium frei zu bestimmen.“
Letztendlich wird in dieser Frage wohl das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden haben. hpe
Bayerische Schule 7/8 2009
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16.07.2009
9:16 Uhr
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Service_Recht
Kommentar von Hans-Peter Etter
Echte Evaluation statt
Pauschalurteil
Wenn ein Schüler seinen Lehrer oder seine Lehrerin im
Internet benotet, macht er das aus unterschiedlichen
Gründen – auf alle Fälle aber aus subjektiven:
Langeweile, Frust, Ärger über zu viele Hausaufgaben,
pubertärer Spaß, einmal einem oder mehreren Lehrern
eins auszuwischen und das auch noch anonym. Es
mag ja Fälle geben, bei denen eine schlechte Beurteilung über eine Lehrkraft objektiv gerechtfertigt sein
kann, und auch positive Bewertungen gibt es sogar
erstaunlich häufig. Aber rechtfertigt das grundsätzlich
pauschale und unreflektierte Veröffentlichungen in
einem weltweiten Medium? Es geht nicht nur um die
Reputation als Lehrkraft, sondern es ist immer auch
das Ansehen der Person tangiert.
Erschwerend kommt hinzu, dass eine Lehrkraft keine
Möglichkeit hat, sich gegen Diffamierungen zu wehren.
Wer ist denn in der Lage, zwischen Sozialsphäre, also
dem beruflichen Wirken und der Individualsphäre zu
unterscheiden? Eine Lehrkraft bringt sich in der Regel
voll als Persönlichkeit in den Beruf ein. Nach diesem
Urteil müssen wir unsere Persönlichkeit spalten.
Das aber wäre fatal. Die Lehrermarionette unterrichtet
und der Mensch bleibt außen vor. Was wären das für
Lehrer?
Hinzu kommt: Jegliche anonyme Äußerung und
Bewertung hat immer einen faden Beigeschmack.
Hier liegt das pädagogische Kernproblem: Einer der
Erziehungsaufträge von Schule ist, die Kinder und
Jugendlichen zu selbstbewussten, offenen und ehrlichen Menschen zu erziehen, die Zivilcourage besitzen.
Dies geht nicht ohne eine offene Dialogkultur. Manche
Schulen experimentieren bereits mit einer Evaluation
durch Schüler – warum nicht Schüler zu kritikfähigen
Individuen erziehen, auch indem man ihnen die
Chance gibt, zum Unterricht Stellung zu beziehen?
Aber eben nach sinnvollen Kriterien und mit ernstzunehmenden Begründungen, statt durch anonyme
Pauschalurteile. So hätten Lehrkräfte auch die
Möglichkeit, bestimmte Umstände oder Verhaltensweisen zu erklären. Wenn Qualität von Schule verbessert werden soll, dann nur im offenen, vielleicht sogar
institutionalisierten, Austausch aller Beteiligter.
Bayerische Schule 7/8 2009
Der Deutsche Schulpreis 2010
Der größte deutsche
Schulwettbewerb geht
wieder an den Start.
Wer wird gesucht?
Allgemeinbildende Schulen in Deutschland, die herausragende pädagogische Leistungen vollbringen und Vorbilder
für die Schulentwicklung in Deutschland sein wollen.
Was sind die Preise?
Der Hauptpreis ist mit 100.000 € ausgestattet, vier
weitere Schulen erhalten Preise in Höhe von jeweils
25.000 €. Der »Preis der Jury« und der »Preis der
Akademie« sind mit jeweils 15.000 € dotiert.
Weitere Informationen und die Bewerbungsunterlagen
finden Sie im Internet unter www.deutscher-schulpreis.de
Die Bewerbungsfrist endet am 30.09.2009
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Service_Dienstrecht
Erster Entwurf
des Neuen Dienstrechts
liegt vor
Von Dietmar Schidleja
Die erste Fassung der Eckpunkte zum Neuen Dienstrecht ist in Gesetzesform gegossen. Die 455 Seiten starke Vorlage traf allerdings erst nach Redaktionsschluss ein.
Hier ein grober Überblick, dem eine ausführliche Darstellung in der Bayerischen
Schule folgt, sobald der endgültige Gesetzentwurf vorliegt.
I. Statusrecht
III. Besoldungsrecht
Wie in der gesetzlichen Rentenversicherung soll das Pensionseintrittsalter schrittweise auf 67 Jahre angehoben werden. Es ist vorgesehen, dass Lehrer künftig zum Ende oder auf Antrag zu Beginn
des Schuljahres mit entsprechenden Zu- oder Abschlägen in den
Ruhestand treten, in dem sie die allgemeine gesetzliche Altersgrenze erreichen. Dies stellt aus Sicht des BLLV eine klare
Verschlechterung dar, der wir massiv entgegentreten werden. Die
Altersgrenze von 64 Jahren für einen voraussetzungslosen Ruhestand auf Antrag wird beibehalten. Die Antragsaltersgrenze für
schwerbehinderte Beamtinnen und Beamte bleibt ebenfalls
unverändert.
1. Abkehr vom Besoldungsdienstalter
II. Laufbahnrecht
2. Neue Besoldungsordnungen
Die vier Laufbahngruppen werden durch eine durchgehende
Leistungslaufbahn ersetzt, in die entsprechend dem Schul- und
Hochschulrecht nach Vor- und Ausbildung sowie gegebenenfalls
unter Berücksichtigung beruflicher Leistungen in vier unterschiedlichen Qualifikationsebenen eingestiegen wird.
34
Das Anfangsgrundgehalt ergibt sich künftig aus der ersten Stufe
der Besoldungsgruppe des Eingangsamtes. Der Aufstieg in den
Stufen der Tabelle richtet sich altersunabhängig nach Dienstzeiten
und Erfahrung. Für den Aufstieg in den Stufen der Grundgehaltstabelle ist Voraussetzung, dass die erbrachten Leistungen Mindestanforderungen entsprechen, was in einer Leistungsfeststellung niedergelegt werden muss. Der bisherige Rhythmus von zwei,
drei und vier Jahren für das regelmäßige Aufsteigen wird beibehalten. Nicht anforderungsgerechte Leistungen hemmen das Vorrücken in den Stufen.
Das neue Bayerische Besoldungsgesetz führt die Besoldungsordnungen A und B zusammen und passt sie an die bayerischen
Verhältnisse an. Die neue Systematik der Lehrerämter verzichtet
auf einen gesetzlichen Funktionenkatalog.
Infolge der funktionslosen Beförderungsämter A 12 AZ und
A 13 im Grund- und Hauptschulbereich und A 13 AZ im Realschul-
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Service_Dienstrecht
bereich, die bereits mit dem Haushaltsgesetz 2009/2010 geschaffen wurden, werden gleichzeitig die Ämter der Schulleitungsebene
in diesem Bereich abstandswahrend um eine halbe bzw. eine
Besoldungsgruppe angehoben. Schließlich wird die Besoldungsordnung A um die Besoldungsgruppe A 17 erweitert.
3. Weitere wesentliche Inhalte
Zur Betonung des Leistungsprinzips des neuen Besoldungsrechts
werden die Regelungen zu flexiblen Leistungselementen, das heißt
Leistungsprämien, -zulagen und Leistungsstufen, fortgeführt und
weiterentwickelt.
Die jährliche Sonderzahlung („Weihnachtsgeld“) wird aus dem
Bayerischen Sonderzahlungsgesetz in das Besoldungsgesetz
übernommen und weiterhin ohne Befristung fortgezahlt.
IV. Versorgungsrecht
Die bewährten Grundsätze der Beamtenversorgung werden beibehalten. Hierzu gehört insbesondere die Versorgung aus dem
letzten Amt. Außerdem können die Ausbildungszeiten im bisherigen Umfang berücksichtigt werden. Im Einzelnen lassen sich die
wesentlichen Änderungen wie folgt zusammenfassen:
3. Hinterbliebenenversorgung und Unfallfürsorge
Die Regelungen zur Hinterbliebenenversorgung werden redaktionell vereinfacht. Der Sachschadensersatz wird künftig ausschließlich im BayBG geregelt.
4. Familienbezogene Leistungstatbestände
Die familienbezogenen Leistungstatbestände orientieren sich
nicht nur an der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern an
den Gesamtleistungen für die tariflich Beschäftigten einschließlich der betrieblichen Altersversorgung.
5. Anrechnungsvorschriften
Die Anrechnung von Versorgungsleistungen außerhalb der Beamtenversorgung wird weitestgehend in den Anrechnungs- und
Ruhensvorschriften gesetzlich verankert. Bei Bezug von Verwendungseinkünften nach der Regelaltersgrenze ist künftig das Jahresprinzip maßgeblich.
6. Überleitungsregelungen
Es gilt der Grundsatz, dass sich die Rechtsstellung der Versorgungsempfänger und Versorgungsempfängerinnen nach dem zum
Zeitpunkt der Eintritts in den Ruhestand geltenden Recht richtet.
1. Ruhegehaltfähige Dienstzeiten und Bezüge
Die bisherige Quotelung von Ausbildungszeiten bei langen
Freistellungszeiten wird nicht in das BayBeamtVG übernommen.
Begünstigt hiervon sind insbesondere Beamte und Beamtinnen,
die aus familiären Gründen freigestellt werden.
2. Versorgungsauf- und -abschläge
Der auf Basis der ruhegehaltfähigen Dienstzeit ermittelte Ruhegehaltssatz wird durch einen vom Ruhestandseintrittsalter abhängigen Versorgungsauf- oder -abschlag modifiziert. Die Referenzalter für den Versorgungsabschlag bei vorzeitigem Ruhestandseintritt werden den angehobenen Altersgrenzen angepasst. Im
Falle eines vorzeitigen Ruhestandseintritts bei Dienstunfähigkeit
und Schwerbehinderung wird das um zwei Jahre niedrigere Referenzalter beibehalten.
In Anlehnung an das Rentenrecht ist es künftig möglich, bei
langjähriger Dienstzeit ohne Abschläge vorzeitig in den Ruhestand
zu treten. Voraussetzungen für die Abschlagsfreiheit sind die Vollendung des 64. Lebensjahres sowie die Ableistung einer Dienstzeit von 45 Jahren beim voraussetzungslosen Antragsruhestand
und von 40 Jahren bei Dienstunfähigkeit und Schwerbehinderung
Für Lehrer und Lehrerinnen, die künftig zum Ende des Schuljahres nach Erreichen der allgemeinen Altersgrenze in Ruhestand
treten, wird ein Versorgungsaufschlag eingeführt.
Bayerische Schule 7/8 2009
V. Personalvertretungsgesetz
Durch die Aufnahme eines Erörterungsrechts der örtlichen Personalvertretung in das Personalvertretungsgesetz soll die Einbindung
der örtlichen Personalvertretungen bei leistungsbezogenen Besoldungselementen gesteigert werden. Da aber gleichzeitig die bisher
klar formulierten Informationsrechte in diesem Bereich gestrichen
werden sollen, wird sich der BLLV für eine Beibehaltung der bisherigen Informationsrechte einsetzen.
Beim Entwurf des Neuen Dienstrecht handelt es sich um das Bayerische Besoldungsgesetz (BayBesG) und das Bayerische Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG) sowie Änderungen des Bayerischen Beamtengesetzes und des Gesetzes über die Bildung von
Versorgungsrücklagen im Freistaat Bayern, des Bayerischen
Disziplinargesetzes, des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes,
des Bayerischen Richtergesetzes und der Bayerischen Haushaltsordnung. Dazu kommt der Entwurf einer Verordnung über die
Leistungslaufbahn der bayerischen Beamtinnen und Beamten. Der
BBB und der BLLV werden sich mit den Entwürfen eingehend
befassen. Ende Juli 2009 wird eine erste BBB-Stellungnahme erarbeitet. Es handelt sich gegenwärtig erst um eine Ressortanhörung,
die erfahrungsgemäß noch zu Änderungen der Entwurfstexte führt.
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Service_Dienstrecht
Kommentar von Rolf Habermann*
Überzeugende Gesamtkonzeption
In diesen Tagen hat uns das „Neue Dienstrecht in Bayern“ in
Gestalt eines Gesetzentwurfs erreicht. Er hält sich strikt an die
Vorgaben der Eckpunkte, die im vergangenen Jahr von der
Bayerischen Staatsregierung als Ergebnis der vorangegangenen
Erörterungen in weitgehender Übereinstimmung mit dem Bayerischen Beamtenbund vorgestellt worden sind. Wer befürchtet
hatte, die Finanz- und Wirtschaftskrise werde das für die
Beamten so wichtige Reformvorhaben zum Scheitern bringen
oder zumindest abschwächen, sieht sich getäuscht.
Im Großen und Ganzen können wir die Reform begrüßen, denn
sie steht felsenfest auf dem Boden des Berufsbeamtentums.
Ihre Autoren sind nicht der Versuchung erlegen, Anleihen aus
systemfremden Rechtsgebieten zu nehmen, um der latent immer
vorhandenen Kritik, das Beamtenverhältnis sei zu starr, leistungsfeindlich und unmodern, den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Sie haben als richtig erkannt, dass die vorhandenen, aber unzureichend genutzten Leistungselemente Beförderung, Zulage und
Prämie optimal für die gewünschte Leistungsorientierung nutzbar
gemacht werden können. Diese erfordert keine Strafmechanismen wie etwa labile Besoldungsanteile, die bei Leistungsminderung gekürzt werden oder gar entfallen.
Der Entwurf belegt eindrucksvoll, wie modern und zeitgemäß
Beamtenrecht sein kann. Sauber geordnet und von überflüssigem Ballast befreit ist das ein ganz und gar geeignetes
Instrumentarium, öffentliche Dienstleistung so effizient wie nur
möglich zu gestalten, ohne die Belange der Beschäftigten zu
vernachlässigen. Die Gesamtkonzeption der Reform überzeugt.
Das schließt nicht aus, dass es in diversen Fragen deutlich
unterschiedliche Auffassungen geben wird, die zunächst im
Zuge der jetzt anstehenden Beteiligung zur Diskussion gestellt
werden. Die Zustimmung zur Gesamtkonzeption besagt nicht,
dass wir zu allem „Ja“ sagen werden. Das gilt vor allem bei der
Heraufsetzung der Altersgrenze.
Andererseits ist festzuhalten, dass das Gesamtkonzept von
bemerkenswerten Rechtsverbesserungen getragen wird. Dazu
gehört in erster Linie die signifikante Erweiterung der Beförderungssituation verbunden mit einer deutlichen Aufstockung der
Mittel für die weiteren Leistungsinstrumente wie Leistungszulage
und Leistungsprämie. Daneben gibt es diverse Fortschritte in
Einzelbereichen wie etwa die Neuordnung des unteren
Besoldungsbereichs oder die Anbringung eines neuen
Spitzenamts (A 17).
Das gilt auch für den Versorgungsbereich. Für den ist unter
anderem zu benennen die erweiterte Möglichkeit, abschlagsfrei
vorzeitig in den Ruhestand zu gehen, der Wegfall der Quotelung
bei der Anrechnung von Ausbildungszeiten, die Festigung der
Mindestversorgung und insbesondere das strikte Festhalten an
der Verbindung von Besoldung und Versorgung.
Auch ist positiv zu vermerken, dass die Altersteilzeit nicht wie
vorgesehen ausläuft, sondern fortgeführt wird und die
Sonderzahlung unbefristeter Bestandteil des Besoldungsrechts
wird. Damit war nicht von vorneherein zu rechnen. Das gilt erst
recht für die Erklärung des Ministerpräsidenten und des
Finanzministers, noch in diesem Jahr ein Konzept zur
Rückführung der Wochenarbeitszeit der bayerischen
Beamtinnen und Beamten zu erarbeiten.
Wir müssen offen zugestehen, dass sich jedenfalls für unser
Land die mit der Föderalismusreform verbundenen
Befürchtungen nicht bewahrheitet haben. Wir sind auf dem richtigen Weg, ein Dienstrecht zu schaffen, das Leistung fördert und
darüber hinaus unseren Kolleginnen und Kollegen in mannigfacher Hinsicht gerecht wird. Diese Zielsetzung werden wir im
weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens verfolgen.
Letztendlich entscheidet der Gesetzgeber darüber, ob wir ab
2011 mit rundum akzeptierten Gesetzen zur Besoldung, zur
Versorgung und zum Laufbahnrecht werden arbeiten können.
Sie werden, soviel kann schon jetzt gesagt werden, auch unsere
Handschrift tragen.
* Leiter der Abteilung Dienstrecht und Besoldung im BLLV.
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Service_Dienstrecht
Ehrenamtlich tätige Beamte
genießen Unfallschutz
Ein Beamter, der vor Beginn seines Dienstes als Verkehrshelfer –
zum Beispiel als Schulweghelfer – tätig ist, steht nach Beendigung der Lotsentätigkeit auf dem Weg vom Einsatzort zur
Dienststelle grundsätzlich unter dem Schutz der gesetzlichen
Unfallversicherung. Entsprechendes gilt für sonstige versicherte
ehrenamtliche Tätigkeiten sowie für den Fall einer im Anschluss an
den Dienst erbrachten versicherten ehrenamtlichen Tätigkeit. Dies
gilt nach einem Beschluss der Aufsichtsbehörden der Sozialversicherungsträger des Bundes und der Länder sowie des
Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 25./26.
November 2008.
Durchschnittliches Pensionierungsalter steigt weiter an
Das durchschnittliche Pensionierungsalter der bayerischen
Beamtinnen und Beamten ist auf einen neuen Höchststand von
62,34 Jahren gestiegen. Gründe sind die Versorgungsabschläge
bei vorzeitigem Ruhestandseintritt, die Anhebung der Altersgrenze für den Antragsruhestand auf das 64. Lebensjahr und die
Altersteilzeitregelung.
Finanzminister Georg Fahrenschon stellte hierzu fest: „Wir tragen
dazu bei, den Anstieg der Versorgungsausgaben in kontrollierbaren Größenordnungen zu halten.“ Im Jahr 2008 wurden in Bayern
5.531 Beamtinnen und Beamte pensioniert, davon 4.015 mit dem
Erreichen einer gesetzlichen Altersgrenze. Das sind 72,6 Prozent
aller Pensionierungen; bis zum Jahr 2002 lag dieser Anteil teilweise deutlich unter 40 Prozent. Seit dem Jahr 2003 zeigt sich eine
kontinuierliche Steigerung, die ab dem Jahr 2006 auf dem hohen
Niveau von über 70 Prozent angekommen ist.
Das Bayerische Finanzministerium hatte bereits bisher die
Auffassung vertreten, wonach ein Beamter nach Beendigung der
ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeit bei einem Unfall, den er auf
dem Weg zur Dienststelle erleidet, nicht vom beamtenrechtlichen
Unfallschutz des Beamtenversorgungsgesetzes erfasst ist. Die
Dienstunfallfürsorge schützt den Beamten ausschließlich auf dem
unmittelbaren Weg zwischen Wohnung und Dienststelle und auf
den mit der Wahrnehmung der dienstlichen Tätigkeiten zusammenhängenden Wegen.
Die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit steht nach dem
Sozialgesetzbuch VII (SGB VII) unter Versicherungsschutz. Nach
dem SGB gehört zur versicherten Tätigkeit auch das Zurücklegen
des damit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und
von dem Ort der Tätigkeit. Die gesetzliche Unfallversicherung
schreibt – im Gegensatz zum Beamtenversorgungsgesetz – nicht
vor, dass der Weg nur versichert ist, wenn Ausgangs- und Endpunkt die Wohnung ist. Erforderlich ist lediglich, dass der Weg im
ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten Beschäftigung
steht. Eine konkurrierende Zuständigkeit verschiedener Versicherungsträger liegt in diesen Fällen nicht vor. BBB/ds
Die Zahl der vorzeitigen Pensionierungen ist von 3.118 im Jahr
2000 auf 1.516 im Jahr 2008, also um über 51 Prozent, zurückgegangen. Ein signifikanter Rückgang ist beim Antragsruhestand
nach vollendetem 64. Lebensjahr zu verzeichnen. Im Jahr 2008
machten nur noch 1,6 Prozent der berechtigten Beamtinnen und
Beamten von dieser Möglichkeit Gebrauch. Das durchschnittliche
Alter beim Eintritt in den Ruhestand lag im Jahr 2008 bei 62,34
Jahren. Dabei sind auch die Vollzugsdienste der Polizei und der
Justiz einbezogen, deren Altersgrenze das vollendete 60.
Lebensjahr bildet. FM
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Lehrer sind auf ihre Arbeitszimmer angewiesen. Den Bedarf können sie wohl bald auch wieder steuerlich geltend machen.
Arbeitszimmerregelung verfassungswidrig?
Seit 2007 gilt: Lehrkräfte können ihre Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer steuerlich kaum mehr geltend
machen. Nach dem Finanzgericht Münster hat nun jedoch auch das niedersächsische Finanzgericht Bedenken gegen
die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung geäußert. Und aller Voraussicht nach
spricht bald auch das Bundesverfassungsgericht ein letztes Machtwort zugunsten der Beamten.
38
Der Erste Senat des Finanzgerichts Münster hält die seit dem Jahr
2007 geltende Regelung zum Abzug von Werbungskosten für ein
häusliches Arbeitszimmer zumindest für teilweise verfassungswidrig. Er hat daher das finanzgerichtliche Verfahren in einem am
18. Mai 2009 veröffentlichten Beschluss ausgesetzt und die Frage der Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 4 Abs. 5 S. 1
Nr. 6 b S. 2 EStG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt
(Az. 1 K 2872/08E).
Das Finanzamt hatte mit Verweis auf die Neuregelung von 2007
Werbungskosten nicht anerkannt, die ein Kläger für sein häusliches
Arbeitszimmer geltend machen wollte. Begründung: Eine Ausnahme gelte nur dann, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der
gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bilde.
Dies aber sei bei einem Lehrer nicht der Fall. Die Richter des
Ersten Senates halten die Neuregelung insoweit für verfassungswidrig, als darin Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer
ausgeschlossen werden, obwohl für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die
Neuregelung verstößt demnach gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG), das Gebot der Folgegerechtigkeit
und das objektive Nettoprinzip.
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Service_Dienstrecht
Eine Rechtfertigung für die Benachteiligung ergibt sich laut dem
Ersten Senat weder aus dem Ziel der Haushaltskonsolidierung
noch aus der Typisierungskompetenz des Gesetzgebers. Auch
das Bestehen einer möglichen besonderen Missbrauchsgefahr
oder das Ziel einer Verwaltungsvereinfachung könnten das Abzugsverbot nicht rechtfertigen. Nun wird das Bundesverfassungsgericht prüfen, ob die Neuregelung verfassungskonform ist.
Auch das Finanzgericht Niedersachsen hält die Neuregelung
für verfassungswidrig. Das Gericht gewährte einem Lehrerehepaar am 2. Juni per Eilbeschluss vorläufigen Rechtsschutz gegen
die einschränkende einkommensteuerliche Neuregelung. Die
Richter begründeten ihren Beschluss mit erheblichen Zweifeln an
der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung, wenn ein Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung bildet (Az. 7 V 76/09).
Aufwendungen könnten deshalb in der Regel nur noch geltend
gemacht werden, wenn das häusliche Arbeitszimmer der einzige
Betätigungsort sei, führt das Finanzgericht (FG) aus. Insbesondere bei Arbeitnehmern, die auch am Sitz des Arbeitgebers über
einen Arbeitsplatz verfügten, seien die Aufwendungen für ein
häusliches Arbeitszimmer damit seit Anfang 2007 nicht mehr
abzugsfähig. In dem zugrunde liegenden Verfahren hat das FG
das zuständige Finanzamt verpflichtet, die von dem Lehrerehepaar beantragten Freibeträge für Aufwendungen für ihre häuslichen Arbeitszimmer im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes auf
den Lohnsteuerkarten 2009 einzutragen.
Übergangsregelung
Altersteilzeit
In der Abteilung Dienstrecht und Besoldung häufen sich die
Anfragen zur konkreten Ausgestaltung des Übergangsrechts.
Ohne eine Übergangsregelung hätten die zwischen dem
2. Februar 1950 und dem 1. August 1950 Geborenen keine
Möglichkeit gehabt, Altersteilzeit zu beantragen. Sie wären
weder unter das alte noch unter das neue Recht gefallen.
Zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe hatte die Neuregelung der Altersteilzeit alle Ausschüsse des Bayerischen Landtags passiert und soll Mitte Juli vom Plenum des Landtags
beschlossen werden. Die Zustimmung ist damit sichergestellt.
Die Übergangsregelung sieht vor:
Für die zwischen dem 2. Februar 1950 und dem 1. August 1959
geborenen Lehrkräfte wird noch das 4-Jahres-Blockmodell
geöffnet:
• Antragstellung im Frühjahr 2010
Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz
Zur Begründung führt das FG erhebliche Zweifel an der
Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung an. Die Kosten der häuslichen Arbeitszimmer seien für das Lehrerehepaar beruflich veranlasst. Sie seien zur Erwerbssicherung unvermeidlich. Denn wer
als Lehrer seiner Dienstverpflichtung nicht folge und seinen
Unterricht – mangels angemessenen Arbeitsplatzes in der Schule
– zu Hause nicht vor- und nachbereite, könne seiner beruflichen
Tätigkeit nicht nachkommen und demgemäß auch keine Einkünfte
erzielen. Vor allem nach dem Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit, das sich aus
dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ergibt
sowie nach dem Gebot der Folgerichtigkeit handele es sich um
Erwerbsaufwendungen.
Zufrieden zeigt sich Rolf Habermann, Vorsitzender des
Bayerischen Beamtenbundes (BBB), mit dem Eilbeschluss des
niedersächsischen Finanzgerichts. „Damit bestätigt jetzt ein weiteres Finanzgericht unsere rechtliche Einschätzung, dass die seit
2007 geltende Regelung nicht verfassungsgemäß ist.“ Auch der
Beamtenbund führt Musterverfahren gegen die Einschränkung
von 2007. Unter Hinweis auf diese Musterverfahren hat der BBB
im April durchgesetzt, dass die bayerischen Finanzämter die Festsetzung der Einkommensteuer im Hinblick auf die Neuregelung
lediglich vorläufig vornehmen. Habermann sagte: „Es kann nicht
verlangt werden, dass eindeutig berufsbedingte Aufgaben allein
der privaten Lebenssphäre zugeordnet werden.“ ds
Bayerische Schule 7/8 2009
• Ansparphase (Arbeitsphase) vom 1. August 2010 bis
31. Juli 2012
• Freistellungsphase vom 1. August 2012 bis 31. Juli 2014
• Ruhestand ab 1. August 2014
• Das geplante Neue Dienstrecht sieht hierzu ergänzend vor,
dass für Lehrkräfte, die sich am 1. Januar 2011 in der Ansparphase der Altersteilzeit im Blockmodell befinden, die bisherige Altersgrenze gelten soll.
• Die Besoldung beträgt 80 Prozent der Nettobezüge
• Ruhegehaltfähig sind 50 Prozent (arbeitszeitanteilig)
Für die nach dem 1. August 1950 Geborenen gilt dann das
neue Recht:
• Arbeitszeit: 60 Prozent (im Blockmodell: 3 Jahre Ansparphase – 2 Jahre Freistellungsphase) – 5-Jahres-Modell
• Besoldung: 80 Prozent der Nettobezüge
• Ruhegehaltfähigkeit 60 Prozent (arbeitszeitanteilig)
Die Bayerische Schule wird in ihrer nächsten Ausgabe alle weiteren ab 1. Januar 2010 geltenden Regelungen der Altersteilzeit
auch im Zusammenhang mit der geplanten Heraufsetzung der
Altersgrenze ausführlich darstellen. ds
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Verband
E-Mail Service für
BLLV-Mitglieder
Teilen Sie uns Ihre E-Mail
Adresse mit!
Immer mehr Kolleginnen und Kollegen
nutzen das Internet als schnelles und
unkompliziertes Infomedium. Auch der BLLV
als moderner Dienstleister nutzt diese
Medien.
Unsere Homepage www.bllv.de wird
täglich von mehr als 500 Mitgliedern besucht. Aktuelle Infos zu wichtigen Themen
40
erhalten Sie über unseren elektronischen
Newsletter.
Über 8.000 Mitglieder haben uns inzwischen ihre E-Mail Adresse zur Verfügung
gestellt, damit sie regelmäßig über wichtige Serviceleistungen des BLLV und politische Initiativen für Lehrer und Schule informiert werden können.
Teilen auch Sie uns Ihre E-Mail-Adresse
mit. Sie wird vertraulich behandelt und keinem Dritten zur Verfügung gestellt. Ihre
Kontaktdaten bitte an:
Beratungsgespräch
Beitragsanpassung
Immer wieder spüren Kolleginnen und Kollegen, dass ihre Kräfte nachlassen und die
Lebens- und Berufsfreude schwindet. Der
Alltag im Klassenzimmer kann zur Belastung werden und wirkt sich auf die psychische und physische Gesundheit aus. Das
BLLV Institut für Gesundheit in Pädagogischen Berufen (IGP) hat eine Beratungssprechstunde eingerichtet, die interessierte Kolleginnen und Kollegen in Anspruch
nehmen können. Erfahrene Psychologen/Psychologinnen, die sich sowohl mit Fragen der Stressbelastung auseinandergesetzt haben als auch um die speziellen Belastungen im Lehrerberuf wissen, helfen
weiter. Information und Anmeldung bei
Heike Kamstedt unter 089 721001-95
Rückwirkend zum 1. März erhalten Beamte
eine Besoldungsanpassung von monatlich
40,- ⇔ und 3 Prozent. Nach der Satzung
bedeutet dies auch eine Anhebung des
Mitgliedsbeitrages. Der BLLV hat darauf
verzichtet, die Beiträge bereits zum 1. April
2009 anzupassen. Die Beitragsanpassung
wird stattdessen zum 1. Juli durchgeführt. rh
www.bllv.de/mail.html
Appell des Kassiers
Bitte teilen Sie Ihrem Kreiskassier jede
Änderung Ihres Stundenmaßes, Ihrer
Bankverbindung, Ihrer Adresse oder über
beginnende oder zu Ende gehende Beurlaubungen mit. BS
Bayerische Schule 7/8 2009
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9:24 Uhr
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Verband
Ehrungen
Der BLLV lebt von der Stärke und Solidarität seiner Mitglieder. Er kann dabei auf eine langjährige
Tradition verweisen. Zu besonderem Dank ist er seinen langjährigen Mitgliedern verpflichtet.
Wir gratulieren:
Für 75-jährige Mitgliedschaft:
Brunhilde Schmidt, Siegfried Schönberger
KV Augsburg-Land: Helga Bautz,Waltraud
KV Marktheidenfeld: Rudolf Ludwig
KV Augsburg-Land: Walter Egenberger, Roswitha
Bornewasser, Klaus Brock, Renate Fleischer, Ingo
Nowak, Irmgard Riedlinger
Jensch, Christa Leder-Barzynski, Franz Seeburg
Für 70-jährige Mitgliedschaft:
KV Pfaffenhofen: Albert Adldinger, Johann
KV Pfaffenhofen: Josef Escheu, Edith Furtner,
KV Hersbruck: Maria Elbling, Wilhelmine Träger
Assenbrunner, Manfred Köhler, Josef Müller,
Adelheid Gothan, Regina Gudera, Gerti Hehl,
Karl Obermeier, Hans Schauer, Helga Schweiger,
Winfried Herrmann, Reinhold Hölzl, Jutta Janitschek,
Für 65-jährige Mitgliedschaft:
Wilhelmine Wagner
Gabriele Kramer, Johann Lulei, Waltraud Maurer,
KV Lichtenfels/Bad Staffelstein: Liselotte Schefczik
KV Amberg-Land: Aranka Breznay, Rosina Helm,
Elisabeth Mayr, Ilse Raith, Birgit Schmittlein, Anette
Horst Knobloch, Bruno Martin
Siedler-Dickert, Anton Steinberger, Adam Stenger,
Für 60-jährige Mitgliedschaft:
KV Lichtenfels/ Bad Staffelstein: Ingrid Zöbelein
Ute Trinkerl
KV Ansbach-Stadt: Elisabeth Hüttinger,
KV Oberviechtach: Elisabeth Bücherl
KV München-Land: Brigitte Sehardt, Veronika Zimnik
Leni Madinger, Michael Meier, Anneliese Merck,
KV Sonnefeld: Hannelore Schmidt
Gertrud Pfeiffer
Für 40-jährige Mitgliedschaft:
KV Hersbruck: Manfred Boesler, Andreas Dimler
KV Marktheidenfeld: Richard Dittmann,
KV Lauf: Maria Guthmann, Gerda Rosenschon,
Manfred Fedder, Fritz Goldstein, Erika von Hinten,
Hedy Roth
Elisabeth May, Till Teichmann, Jochen Väthjunker,
KV Erlangen-Stadt: Helmut Veit
Edgar Vorndran
KV Augsburg-Land: Anna-Elisabeth Beutler,
KV Ansbach-Stadt: Karl Bund, Annerose Held,
Hermine Brachert, Stefanie Crawley, Lorenz Fleiner,
Elisabeth Heyde, Ursula Krämer, Ilse Preuss
Karl Geis, Anneliese Wagner
KV Hersbruck: Ilona Irlbacher, Kreszenzia Kasparek,
KV Pfaffenhofen: Irene Dick, Gerhard Faltus, Erwin
Martin Pflaumer, Dieter Wölfel
Hellinger, Alfred Kretschmer
KV Lauf: Michaela Herzog, Renate Lang
KV Amberg-Land: Johann Rackl
KV Erlangen-Stadt: Martha Lücking, Roswitha Wolf
KV Lichtenfels/Bad Staffelstein: Erna Bregenzer,
KV Augsburg-Land: Werner Donderer, Wolfgang
Brigitte Gernert, Wilhelmine Nielsen, Erwin Nist,
Fischer, Horst Kaiser, Gert Königsdorfer, Maria
Max Steigner, Juliane Weberpals
Kröner, Marlies Matschi-Doll, Jürgen Niederlechner,
KV Oberviechtach: Walburga Stenger
Georg Nowak, Karin Porsche, Klaus Quaschner,
KV Oberviechtach: Petra Scherz
Weitere Ehrungen finden Sie in der
nächsten Ausgabe der Bayerischen
Schule.
Gedenken
Der BLLV trauert um treue und
verdiente Mitglieder. Er wird ihnen ein
ehrendes Gedenken bewahren.
KV Marktoberdorf: Werner Aigster, 87 Jahre,
Karin Saule, Josef Saur, Gisela Schorer, Helga
Siegfried Findel, 87 Jahre, Herbert Hakel, 65 Jahre
Für 55-jährige Mitgliedschaft:
Seiler, Rita Stadtler, Max Trometer
KV Neuburg-Schrobenhausen: Hans Sturm, 81 Jahre
KV Marktheidenfeld: Marianne Stumpf
KV Pfaffenhofen: Norbert Haas, Monika Hagn,
KV Deggendorf: Franz Kuchler, 86 Jahre,
KV Ansbach-Stadt: Gerta Kubenka
Hildburg Hörmann, Hermann Kreileder, Hedwig
Christoph Schürger, 81 Jahre
KV Hersbruck: Gisela Höfer
Kucher, Hilde Lochner, Irmgard Rottler, Elisabeth
KV Amberg-Stadt: Wilhelm Färber, 63 Jahre
KV Lauf: Hildegard Fischer
Schlegel, Heidemarie Stöhrmann
KV Regensburg-Stadt: Karolina Altweck, 89 Jahre
KV Erlangen-Stadt: Ilse Eberl, Liselotte Geng
KV München-Land: Adele Krebs
KV Weiden: Alfred Böckl, 86 Jahre
KV Pfaffenhofen: Friedrich Bauer, Margarete Killi,
KV Amberg-Land: Hans Hirsch, Monika Renda,
KV Burglengenfeld: Helene Hoffmann, 89 Jahre
Ruth Kraus, Rudolf Weinzierl
Maria Sailer
KV Kemnath: Elsa Haindl, 91 Jahre
KV Lichtenfels/Bad Staffelstein: Georg Beitzinger,
KV Lichtenfels/Bad Staffelstein: Barbara
KV Neumarkt: Erich Günter, 86 Jahre
Friedrich Linsner
Böttner-Adami, Renate Götz
KV Regensburg-Land: Erna Janka, 89 Jahre
KV Oberviechtach: Karl Roßmann
KV Vilseck: Josef Voit, 91 Jahre
KV Ansbach-Land: Charlotte Bareuther, 83 Jahre
Für 50-jährige Mitgliedschaft:
Für 25-jährige Mitgliedschaft:
KV Dinkelsbühl: Wilhelm Krauß, 69 Jahre
KV Marktheidenfeld: Edith Müller, Hiltrud Stute,
KV Marktheidenfeld: Sieglinde Gegenheimer,
KV Erlangen-Oberland: Walter Kern, 89 Jahre
Klaus Wirthmann
Doris Grimm, Heinz Nolte, Birgit Theissen-Becker,
KV Roth: Hans Weiß, 68 Jahre
KV Ansbach-Stadt: Ursula Heupel
Rainer Wetz
KV Feuchtwangen: Karl Reuter, 87 Jahre
KV Hersbruck: Karl-Heinz Berndt, Irene Loy
KV Ansbach-Stadt: Evelyn Frey
KV Scheßlitz: Maria Spotka, 89 Jahre
KV Lauf: Hildegard Birkel, Luise Horneber,
KV Hersbruck: Elsbeth Gildner
KV Neuburg-Schrobenhausen: Hans Sturm, 81 Jahre
Helmut Koch, Ingrid Meixner, Otto Steffl
KV Lauf: Brigitte Büch, Inge Deuerlein
KV Bad Kissingen: Heinrich Fella, 91 Jahre
KV Erlangen-Stadt: Ludwig Prey, Erna Schaub,
KV Erlangen-Stadt: Elisabeth Will
KV Augsburg-Land: Horst Schindler, 61 Jahre
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Verband
Ein Dialogforum des BLLV und der bayerischen Wirtschaft
Grenzen überschreiten – Interdisziplinäres Lernen und Denken
Auf Einladung des BLLV und marenas consulting trafen sich Vertreter des Verbands
und Führungskräfte der bayerischen
Wirtschaft um „über den Tellerrand zu blikken“. Unterschiedliche Wege der Auseinandersetzung mit kontinuierlichem Wandel
sowie daraus resultierende Anforderungen
an das individuelle Lernen und Lernen in
Gruppen und Teams waren die Leitthemen
des Forums. Um es vorweg zu nehmen,
das Ziel wurde mehr als erreicht und alle
Teilnehmer blicken erwartungsvoll in die
Zukunft.
Die Diskussion hat deutlich gezeigt, wie
wichtig es ist, dass gesellschaftliche
Gruppen aufeinander zugehen müssen, um
in einer immer stärker vernetzten und komplexen Welt, entscheidende Impulse geben
zu können. Der BLLV geht einen innovativen und wertvollen ersten Schritt, indem er
die „Wertschöpfungskette“ Bildung zusammen bringt: Frühkindliche Erziehung,
Schulbildung, Berufsausbildung und die
Qualifikation von Fach- und Führungskräften in Unternehmen und Organisationen.
Unternehmen beklagen immer öfter,
dass es Fach- und Führungskräften an
„weichen“ Schlüsselqualifikationen mangelt. Sie werden oftmals nach dem Bewerbungsgespräch wieder nach Hause
geschickt, weil sie weder „kommunikativ“
noch „teamfähig“ wirken. Human Resources Abteilungen kämpfen seit Jahren um
höhere Budgets, um Führungskräften das
beibringen zu können, was sie eigentlich
schon im Jugend- und Kindesalter hätten
lernen und erfahren sollen. Personalverantwortliche in Unternehmen wissen, dass
sehr viel Geld investiert werden muss,
damit Mitarbeiter lernen, was sie in Schule
und Elternhaus versäumt haben. Unter
Berücksichtigung aller Kosten gibt beispielsweise ein deutsches DAX-Unternehmen im Schnitt 6.000 Euro für jede Führungskraft aus, die zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird. Unabhängig ob
diese ein Jobangebot erhält oder wieder
nach Hause geschickt wird. Manchmal
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Wirtschaft trifft Schule: Angelika Kirch, Management-Trainerin (2. v. l) und Dr. Geier (m.)
zwischen den BLLV-Vertretern Wenzel (l.) und Fleischmann (r.).
müssen 20 und mehr Kandidaten eingeladen werden. Für das Training von SoftSkills (Führung, Team, Konflikt, Kommunikation) werden durchschnittlich weitere
4.000 Euro jährlich für eine Führungskraft
bereitgestellt. Diese Ausgaben erscheinen
als sinnvolle Investition, da Unternehmen
soziale Systeme sind, die nur dann Erfolg
haben, wenn Mitarbeiter erfolgreich miteinander agieren und kommunizieren.
Die Wirklichkeit der sozialen und kommunikativen Kompetenzen ist jedoch eine
andere, wie auch die Teilnehmer des Dialogforums feststellten: Viele Projekte verlaufen ineffizient. So zeigen Studien der
Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM), der HAUFE Akademie
und der Beratungsgesellschaft KPMG,
dass mehr als zwei Drittel der Projekte ihre
Sachziele aufgrund von mangelnden kommunikativen, sozialen und emotionalen
Qualifikationen der Führungskräfte nicht erreichen. Fusionen und Zusammenschlüsse
von Organisationen, Abteilungen oder
Teams scheitern, Mitarbeiter kündigen oder
fühlen sich ihrem Unternehmen gegenüber
nicht verpflichtet oder verantwortlich.
Das Dialogforum des BLLV zeigte den
Teilnehmern, dass gesellschaftliche Gruppen aufeinander zugehen sollten, um in
einer immer stärker vernetzten und komplexen Welt entscheidende Impulse geben
zu können. Den Austausch von Unternehmen und Beratern mit Lehrkräften und Erziehern, gerade aber auch mit Bildungspolitikern sahen sie als unabdingbar. Nicht
aus rein marktwirtschaftlichen Erwägungen und finanziellem Interesse heraus,
sondern aus Verantwortung der Gesellschaft gegenüber. Der BLLV und marenas
consulting sind mit dem Dialogforum einen
ersten wichtigen Schritt gegangen: Verband und Wirtschaft. Mit viel Respekt füreinander und mit dem starken Willen, voneinander zu lernen und kooperative neue
Bildungswege zu ebnen.
Dr. Bernd Geier, Geschäftsführer der marenas consulting GmbH, einer Münchner
Unternehmensberatung die sich auf das
Management komplexer Veränderungen
und Qualifikation von Führungskräften
spezialisiert hat. (www.marenas-consulting.com)
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Wirklich wahr
N
ur kleine Kinder glauben, dass im Keller das Grauen wohnt.
Kaum verlangt der Papa, sie sollen abends noch ein paar
Kisten Bier für einen gemütlichen Fernsehabend raufholen,
machen sie sich vor Angst fast in die Hose. Dabei bräuchten sie
nur in ihrer Schule nachzusehen, um zu erkennen, dass in Kellern
ganz und gar nichts Grauenvolles lauert. Im Gegenteil: Sie würden
dort auf Wesen stoßen, die hinter schalldichten Türen in geheimen
Räumen für größtmögliche Ordnung sorgen: Sportschützen. Der
Fall Olching brachte es ans Licht: Auch in Oberbayern perforieren
Waffenfreunde zwischen Lüftungsschächten und Gerätelagern
Pappscheiben, während oben Lehrer Schüler löchern.
Gerade bei den Schützen sollte sich nun wirklich niemand um
die Kinder sorgen, Winnenden hin oder her. Handelt es sich bei
ihnen doch um gesellschaftliche Vorbilder. Zumal bei denen, die
sich neulich um Unterkunft in einer geplanten Hauptschule in
Olching, jener friedliebenden Gemeinde westlich von München,
bewarben. Für deren Vorbildcharakter bürgt schon der Name
„Gemütlichkeit Olching“. Sollten sich die Schüler dennoch ängstigen, wenn tief unter ihnen geschossen wird, könnten die Lehrer
sie mithilfe von bewährtem Liedgut beruhigen: Die Geschichte
von der Kür eines Schützenkönigs in „Schützenliesel“ etwa kann
veranschaulichen, dass die Schulkellerbewohner gewissermaßen
das Fundament der Gesellschaft bilden. Hier ein Lehrbeispiel:
In der ersten Strophe des Lieds „Schützenliesel” von Franzl
Lang heißt es: „Freibier krieg’n die Schützen und die Madeln einen
Kuss./Achtung, unser Bürgermeister, tut den ersten Schuss!” Hier
lernen die Schüler, dass das soziale Klima nicht von übertriebenem Antialkoholismus und verkrampftem Geschlechterkampf vergiftet zu sein braucht. Der Refrain veranschaulicht auch, dass sich
Leistungsbereitschaft auszahlt: „Schützenliesel, dreimal hat’s gekracht!/Schützenliesel, du hast mir das Glück gebracht./Ja,
Schützenliesel, dafür dank’ ich dir./Jetzt bin ich der Schützenkönig,
und du bleibst bei mir!” Luftdruckgewehr und Liebe gehen eine
unschuldige Liaison ein, bevor das Grundmotiv der Treue triumphiert: „Immer wenn du dich jetzt küssen lässt/Denk’ ich an das
Schützenfest.” Auch beherztes Auftreten in Konfliktsituationen,
etwa bei Treuebruch, thematisiert das Lied: „Wenn die Stimmung
dann am höchsten ist/drinn’n im Gold’nen Lamm!/Wenn mei Liesel
dann ein’ andern küsst,/hau I alles z’samm’!/“. Im kraftvollen
Schluss-Crescendo dann ein Plädoyer für solidarisches Eintreten
gegen Ungerechtigkeit, Promiskuität und Amtsanmaßung: „Aus
ist’s mit dem Freibier schreit der Wirt uns laut ins Ohr./Und noch
beim Nachhausewanken singen wir im Chor./Schützenliesel …!“
Schützen in die Schulen!
Fazit: Die Schützen sollten ihre gesellschaftliche Vorbildfunktion in
Schulkellern weiter erfüllen dürfen. Ungezogene Kinder könnte
man fortan einfach mit reichlich Freibier zu ihnen hinunter schikken: Da würden sie schon lernen, wie man sich benimmt.
Christian Bleher
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11:24 Uhr
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Unsere Jugendzeitschriften
Das erwartet Sie im Juli und August
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
halten Sie mal an einem Kiosk Ausschau nach Kinder- und Jugendzeitschriften. Sie werden mir Recht geben: Die meisten lenken mit grellbuntem Layout vom Lesen ab. Deshalb
gibt der BLLV als einziger Lehrerverband Kinder- und Jugendzeitschriften heraus, die
Kinder nicht verwirren und nicht mit kommerzieller Werbung ablenken. Wir machen uns
für das Lesen stark. Bitte empfehlen Sie unsere Schul-Jugendzeitschriften!
Christian Marek,
Schulleiter, vom BLLV bestellter pädagogischer Schriftleiter
FLOHKISTE für die 2. Klasse:
floh! für die 3. und 4. Klasse:
ich TU WAS! – die WISSENszeitschrift
Nr. 16/17 (erscheint
am 13. Juli):
Ferien
Nr. 16/17 (erscheint
am 13. Juli):
Ferien und Fernweh
Ausgabe 1, August:
Feuerheiß
In den Ferien wird die
Schultasche mit dem
Koffer vertauscht. Aber
nur von dem, der verreist. 4 von 10 Familien
bleiben daheim. Übrigens: Früher verreiste
kaum jemand. Urlaub
kannte man nicht.
Einsame Strände,
meterhohe Palmen:
Reisebüros wissen, wie
sie „Ferienträume“ in
uns erwecken. Die
Wirklichkeit in den
Urlaubszentren sieht
aber oft ganz anders
aus.
Das wird es jetzt nicht
nur beim Würstchengrillen. Auch die Sonne
heizt uns im Sommer
tüchtig ein. Doch
Menschen, Tiere und
Pflanzen haben Tricks,
um sich zu kühlen.
Nr. 18 (erscheint
am 27. Juli):
Vom Korn zum Brot
Nr. 18 (erscheint
am 27. Juli):
Tiere ziehen in die Stadt
Ausgabe 2, August:
Sonne
In alter Zeit wurde das
Korn vor allem per
Handarbeit geerntet.
Wenn Diebe es plünderten, gab es eine
Hungersnot. Auch heute
noch essen wir viele
Brotsorten. Sind
alle wirklich gesund?
Weil sie hier bequemer
und besser leben können, haben viele
Wildtiere die Scheu vor
dem Menschen verloren. Nur ein Beispiel
dafür, wie sich Tierarten
anpassen und neue
Lebensräume erobern.
Die Sonne ist der Motor
des Lebens auf der
Erde, denn sie liefert
die nötige Energie für
alle Lebensvorgänge.
Tier des Monats: die
Griechische Landschildkröte.
O!KAY! – die Englischzeitschrift vom FLOH
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Nr. 19 (erscheint
am 10. August):
Der Hamster
Nr.19 (erscheint
am 10. August):
Im und auf dem Wasser
Nr. 8
Holidays
Der Hamster als Haustier unterscheidet sich
sehr vom wild lebenden
Feldhamster. Doch in
einem sind sich beide
gleich: beim Hamstern
stopfen sie sich zu gern
die Backen voll!
Paddeln, Rudern, Kraulen, Tauchen ... Es gibt
viele Arten der Fortbewegung im Wasser.
Doch wie Fachleute
feststellten, können rund
30 Prozent der heutigen
Schulkinder nicht
schwimmen.
Acht neue Vokabeln rund
um die Ferien kann man
auf den Have-fun-Seiten
und dem Actionposter
spielerisch üben. Auch
auf der Hörspiel-CD dreht
sich alles um hotel, campsights, sea, mountains,
city, visit and see.
Nr. 20 (erscheint
am 24. August):
Jahrmarkt
Nr. 20 (erscheint
am 24. August):
Immer diese Werbung
War die Ernte vorbei,
gab es schon in alter
Zeit den Jahrmarkt –
damals so etwas wie
ein großer Supermarkt.
Heute kann man dort
auch mit Vergnügungen
sein Geld loswerden.
Dank Taschengeld und
„Sonderzahlungen“
verfügen Kinder und
Jugendliche in
Deutschland über große
Kaufkraft. Eine Tatsache,
die sie zu einer wichtigen Zielgruppe für die
Werbung macht.
FLOHKISTE
für die 1. Klasse
erscheint wieder mit
Heft Nr. 22!
Bayerische Schule 7/8 2009
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