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Deutschland braucht den Superstar Die gesellschaftliche Bedeutung von Vorbildern im Profifußball 2 Vorbemerkung Vorbemerkung Das Superstar-Phänomen hat längst seinen Weg in unseren Alltag gefunden. Superstars begeistern und polarisieren gleichermaßen. Sie sind mittlerweile in alle gesellschaftlichen Bereiche vorgedrungen und in den Medien omnipräsent. Ob im Sportteil, im Wirtschaftsressort oder im Feuilleton, überall werden Personen, die durch außergewöhnliche Erfolge auffallen und große Menschenmengen begeistern, zu Superstars gekürt. Die Medien überbieten sich darin, die herausragenden sportlichen Leistungen, spektakulären Konzerte oder Politauftritte extensiv zu würdigen – und zu vermarkten. Die inflationäre Verwendung des Begriffs »Superstar« ist einerseits Ausdruck der Faszination, die von überragenden Leistungen bekannter Personen des öffentlichen Lebens ausgeht. Auf der anderen Seite ist sie das Produkt einer professionell betriebenen Eventmaschinerie, die z.B. Millionen von Fernsehzuschauern in die Lage versetzt, sich am Samstagabend in Castingshows ihren Superstar selbst zu »suchen«. Neben Künstlern aus Musik, Film und Fernsehen werden in Deutschland primär Sportler als Superstars wahrgenommen. Unter Spitzensportlern stehen Fußballer im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Über 32 Mio. Menschen in Deutschland interessieren sich für Fußball (DFL, 2009), wovon rund 15 Mio. die Bundesliga wöchentlich vor dem Fernseher verfolgen (McKinsey, 2010). Viele können sich sogar ein Leben ohne Fußball nicht mal mehr vorstellen (Sportfive, 2004). Wenn man sich zudem vergegenwärtigt, welche Gefühlsintensität die aufbrausende Zuschauerbegeisterung in einem mit bis zu 80.000 Menschen gefüllten Fußballstadion auslöst, kann es nicht verwundern, dass Fußball wie keine andere Sportart Superstars hervorbringt. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht in der Regel der sportliche Wert der von Superstars gezeigten Leistungen. Zunehmende Beachtung gewinnt aber zugleich die wirtschaftliche Bedeutung von Superstars (siehe u.a. Berri/ Schmidt, 2006; Brandes et al., 2008; Hausman/ Leonard, 2007; Lucifora/Simmons, 2003). Ihr wirtschaftlicher Wert ist nämlich unbestritten, nachdem allein der kumulierte Marktwert aller Bundesliga-Profis inzwischen ca. EUR 1,7 Mrd. beträgt (Transfermarkt, 2011). Bei der Beur- Vorbemerkung teilung des sportlichen Werts spielen neben Athletik, Technik und Schnelligkeit auch andere Aspekte wie z.B. eine mannschaftsdienliche Spielweise eine wichtige Rolle. Ob und in welcher Weise ein Superstar im Profifußball neben seinem sportlichen und wirtschaftlichen Wert aber auch einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten vermag, wird bislang kaum bis gar nicht thematisiert. Sicherlich besteht weitestgehend Konsens darüber, dass Fußballstars eine Vorbildfunktion für Jugendliche haben – detaillierte empirische Grundlagen existieren hierzu jedoch nicht. Fragen, wie diese Vorbildfunktion ausgelöst wird, welche Wirkung sie im Einzelfall erzielt oder in welchen Bereichen Fußballstars einen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben, sind bisher nicht im Feld untersucht. Und auch die Frage, ob dies nur für Fußballbegeisterte oder ebenso für Fußballinteressierte zutrifft, bleibt unbeantwortet. Mit der vorliegenden Studie beabsichtigen wir, Antworten auf diese Fragen zu finden. Dabei haben wir uns ausschließlich auf ausgewählte Spieler der Fußball-Bundesliga konzentriert. Grundlage unserer Studie ist zum einen eine repräsentative Deutschland-Umfrage unter 2.000 Bundesbürgern und zum anderen eine Befragung von über 3.000 fußballinteressierten Personen, Mainstream- und Herzblutfans. Zudem haben wir mit deutschen Fußball-Nationalspielern sowie Entscheidungsträgern aus Sport, Gesellschaft und Wirtschaft gesprochen. Das Ergebnis ist eine umfassende und erstmalige Antwort auf die Frage nach der gesellschaftlichen Bedeutung von Profifußballspielern. Ob es sich bei Fußballprofis um Prominente, »Lokale Helden«, Stars oder gar Superstars handelt, ist im Grunde genommen zweitrangig. Es bleibt letzten Endes jeweils der Perspektive des Betrachters überlassen. Deshalb versucht unsere Studie auch erst gar nicht, eine abschließende und allgemeingültige Definition des Begriffs »Superstar« zu finden. Stattdessen zeigt sie auf, dass Fußballprofis der Bundesliga aufgrund ihres hohen Bekanntheitsgrades eine besondere Vorbildfunktion in der Gesellschaft zukommt, der sie sich kaum entziehen, die sie aber effektiv gestalten können. Die Durchführung unserer Studie »Deutschland braucht den Superstar – Die gesellschaftliche Bedeutung von Vorbildern im Profifußball« wäre ohne die Unterstützung der Deutschen Fußball Liga und des Deutschen Fußball-Bundes nicht möglich gewesen. Wir bedanken uns insbesondere bei Christian Seifert, Dr. Jan Lehmann, Roman Walch, Dirk Jaschok, Tobias Schild und Dr. Dirk Meyer-Bosse von der Deutschen Fußball Liga und Oliver Bierhoff, Wolfgang Niersbach, Harald Stenger, Thomas Hackbarth und Ralf Köttker vom Deutschen Fußball-Bund für die gute Zusammenarbeit sowie bei Prof. Dr. Benno Torgler von der Queensland University of Technology, Brisbane, für die methodische Begleitung der Studie. Prof. Dr. Sascha L. Schmidt und Daniel Högele 3 4 Inhalt Inhalt 1. 1.1 1.2 1.3 1.5 1.6 Die wichtigsten Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Die Deutschen kennen primär Superstars im Fußball . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Superstars begeistern nicht nur Herzblutfans. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Superstars sind als Vorbilder teilweise wichtiger für Kinder und Jugendliche als die eigene Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Götze, Müller und Raúl sind die Beliebtesten, Fans legen mehr Wert auf Einsatz als auf Talent und Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Identifikationsfiguren der Fans müssen keine Eigengewächse sein . . . . . . . . . . . 9 Schlussfolgerungen und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2. 2.1 2.2 2.3 2.4 Studiendesign und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Definition von Superstars . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Datenquellen der empirischen Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Theoretische Grundlagen für Design der Fan-Umfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Verwendete statistische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3. 3.1 3.2 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Wahrgenommene Bedeutung von Superstars in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . 15 Ergebnisse der Fan-Umfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 4. Literaturangaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1.4 5 6 Die wichtigsten Ergebnisse 1 Die wichtigsten Ergebnisse 1.1 Die Deutschen kennen primär Superstars im Fußball – Beckenbauer bleibt unantastbar Wer für den Einzelnen ein Superstar ist, hängt letzten Endes von der individuellen Interessenlage ab. So hat unsere repräsentative Befragung zusammen mit TNS Infratest ergeben, dass die meisten Menschen in Deutschland (82%) Superstars in der Musikbranche sehen, knapp gefolgt von Sport und Film & Fernsehen (je 75%). Fast die Hälfte der befragten Personen nennt bei der Frage nach einem Beispiel für einen Superstar jedoch keinen Musiker, sondern zuerst eine Sportlerin oder einen Sportler, von denen über die Hälfte Fußballprofis sind. Dem entspricht auch das Ergebnis, dass sich in der Wahrnehmung der Deutschen unter den Top 5 (Michael Jackson, Franz Beckenbauer, Madonna, Dieter Bohlen und Dirk Nowitzki) zwei Superstars aus dem Bereich Sport befinden. Die meistgenannten Fußballer nach »dem Kaiser« sind Lionel Messi, Cristiano Ronaldo, Michael Ballack, Bastian Schweinsteiger, David Beckham, Pelé, Mario Gomez, Oliver Kahn und Lukas Podolski. Erstaunlich ist, dass obwohl im Musikbereich von der Mehrheit der Befragten am ehesten Superstars gesehen werden, nur gut einem Drittel spontan eine Musikerin oder ein Musiker als Superstar einfällt. Dabei geben sogar noch etwa 5% der Befragten Sänger aus der Castingshow »Deutschland sucht den Superstar« an. Schließlich nennt jeder Fünfte eine Persönlichkeit aus Film & Fernsehen und nur etwa 5% fällt spontan eine Berühmtheit aus anderen Bereichen wie z.B. Politik, Wissenschaft & Forschung, Mode oder Literatur ein. Die meistgenannte Sportart, wenn es um Superstars geht, ist Fußball – mit deutlichem Abstand vor Boxen, Automobilrennsport und Tennis. Kaum verwunderlich ist, dass Fußballinteressierte und Fans den Sport häufiger (92%) als Domäne von Superstars nennen als die Musikbranche (79%). Die wichtigsten Ergebnisse »Ich kann zwar mit dem Wort >Superstar< nicht so viel anfangen, aber wenn damit Persönlichkeiten und Vorbilder insbesondere für die Jugend gemeint sind, finde ich diese für die Gesellschaft wichtig. Der Sport ist ein Spiegel des Lebens, vor allem der Fußball, denn in ihm kann man nur erfolgreich sein, wenn man Charakter, Disziplin und Teamgeist verinnerlicht hat. Es freut mich, mit vielen anderen Sportlern und Fußballern in dieser Studie vertreten zu sein, auch wenn ich nicht erwartet hätte, soweit vorne in der Rangfolge zu landen. Meine Zeit als aktiver Sportler liegt ja doch schon einige Zeit zurück.« (Franz Beckenbauer) 1.2 Superstars begeistern nicht nur Herzblutfans Bei der Betrachtung der Fußballinteressierten und Fans in Deutschland wurde deutlich, dass Fußballstars vor allem einen Einfluss auf sogenannte »Herzblutfans« – diejenigen, die kein Bundesligaspiel verpassen und sich stark mit ihrem Club identifizieren – ausüben. Dies verdeutlichen erwartungsgemäß die empirischen Ergebnisse dieser Studie. Umso überraschender ist aber, dass auch Fans mit einer geringeren Identifikationsintensität – sogenannte »Mainstream-Fans« – und sogar einfach »Fußballinteressierte« sich der Ausstrahlung der Fußballstars nicht entziehen können. Die drei Fancluster Herzblutfans, MainstreamFans und Fußballinteressierte, welche über Fragen zur Messung der Identifikationsintensität mit dem Lieblingsclub gebildet wurden, weisen darüber hinaus deutliche Unterschiede bzgl. ihrer demografischen Zusammensetzung auf. Herzblutfans sind jünger, verfügen über weniger Schul- und Universitätsbildung sowie ein geringeres Einkommen und leben in größeren Haushalten als Fußballinteressierte. Au- ßerdem befinden sich in der Gruppe der Herzblutfans prozentual deutlich mehr Männer und Singles als unter den Fußballinteressierten. Die Mainstream-Fans liegen bei sämtlichen Kriterien zwischen den Fußballinteressierten und den Herzblutfans. 1.3 Superstars sind als Vorbilder teilweise wichtiger für Kinder und Jugendliche als die eigene Familie Unsere statistische Datenanalyse kommt erwartungsgemäß zu dem Ergebnis, dass Fußballstars grundsätzlich eine Vorbildfunktion haben – sowohl für Herzblutfans als auch für Mainstream-Fans und Fußballinteressierte. Aus der Gruppe der Herzblutfans sehen immerhin 70% in ihrem Lieblingsspieler ein gutes Vorbild für die Gesellschaft. Bemerkenswert ist aber auch, dass für über 60% aller befragten Jugendlichen unter 18 Jahren ihr Lieblingsspieler ein persönliches Vorbild ist und dass fast 60% von ihnen auch versuchen, das Verhalten ihres Lieblingsspielers nachzuahmen. »Wenn ich junge Fans sehe, die sagen >ich hab die gleiche Frisur wie Du< oder >ich hab die gleichen Schuhe wie Du<, dann merke ich schon, dass ich in gewisser Weise ein Vorbild für sie bin. Aber ich spüre da keinen Druck, sondern freue mich natürlich darüber und versuche, dieser Rolle auch gerecht zu werden.« (Mario Götze, Borussia Dortmund) Immerhin 40% der Befragten, die Fußball spielen oder gespielt haben, wollten bei ihrem »ersten Ballkontakt« Fußballstars nacheifern. Damit sind Fußballstars ein wichtigerer Grund, mit dem Fußballspielen anzufangen, als Eltern oder Geschwister. Interessant ist aber vor allem die über den Fußball hinausgehende Vorbildfunktion, welche sowohl auf als auch außerhalb des Platzes besteht. Über die Hälfte aller jugendlichen Fans unter 18 Jahren werden von ihrem Lieblingsspieler dazu motiviert, in allen Lebensbereichen ihr Bestes zu geben. Diese Fans sehen in ihrem Lieblingsspieler ein perfektes Beispiel dafür, was mit viel Willen und Einsatz erreicht werden kann und übertragen diese Einsicht auch auf andere Lebensbereiche als den Fußball. 7 8 Die wichtigsten Ergebnisse »Darin liegt aus meiner Sicht ein ganz wichtiger gesellschaftlicher Wert von >echten< Stars: Sie machen deutlich, dass man durch eigene Leistung etwas erreichen kann.« (Christian Seifert, Vorsitzender der DFLGeschäftsführung) Schließlich werden 40% der jugendlichen Fans von ihrem Lieblingsspieler dazu animiert, selber mehr Sport zu treiben. Bei denen, die bereits regelmäßig Sport treiben, ist dieser Wert sogar noch höher. Allerdings sollte auch erwähnt werden, dass der Einfluss der Fußballstars auf die sportliche Aktivität eines jugendlichen Fans eher marginal ist, wenn dieser so gut wie nie Sport treibt. Wie die Ergebnisse zeigen, haben Fußballstars somit durch ihre Vorbildfunktion eine besondere Verantwortung gegenüber Kindern und Jugendlichen. Dieser sind sich die meisten »Vorzeigekicker« auch durchaus bewusst: »Ich bin mir bewusst, dass ich eine Vorbildfunktion habe, weil Fußball in Deutschland so populär ist. Vor allem seit der WM 2010, die sportlich sehr gut für mich gelaufen ist und bei der ich viele Sympathien gewonnen habe, schauen viele Kinder auf mich. Da bin ich sicherlich für einige ein Vorbild – aber hauptsächlich aufgrund meiner Leistung und weil man von den Medien als bekannter Fußballer gefeiert wird, nicht weil ich >der tolle Thomas< bin.« (Thomas Müller, FC Bayern München) »Natürlich hat man als Fußballprofi eine besondere Verantwortung, weil genauer beobachtet wird, was man macht – vor allem von Kindern. Ich denke jedes Kind sucht sich ein Vorbild, mit dem es sich identifizieren kann, sowohl von der Art Fußball zu spielen als auch vom Charakter her.« (Simon Rolfes, Bayer 04 Leverkusen) Ein weiteres Ergebnis ist, dass deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Spielern bzgl. ihrer Vorbildfunktion bestehen. Von den 20 beliebtesten Spielern werden vor allem Cacau und Raúl von ihren Fans als persönliches Vorbild angesehen. Auch bei der Frage nach einem guten Vorbild für die Gesellschaft landen die Spieler vom VfB Stuttgart und dem FC Schalke 04 ganz vorne. Die Bayern-Stars Ivica Olic und Franck Ribéry hingegen motivieren mehr als andere Spieler ihre Fans dazu, in allen Lebensbereichen ihr Bestes zu geben – was vielleicht dadurch erklärbar ist, dass es Franck Ribéry geschafft hat, aus sehr bescheidenen sozialen Verhältnissen nach ganz oben zu kommen. Ivica Olic steht hingegen für be- sonders intensiven Einsatz auf dem Platz, so dass vor allem seine Fans – ebenso wie die von Mario Gomez – versuchen, seine Arbeitsethik nachzuahmen. Trotz der Unterschiede zwischen den einzelnen Spielern ist es schließlich erstaunlich und positiv zu bewerten, dass von fast allen Spielern die Mehrheit der Fans der Meinung ist, dass es sich bei ihrem Lieblingsspieler um ein gutes Vorbild für die Gesellschaft handelt. Aus Sicht der Befragten reichen aber außergewöhnliche Fähigkeiten oder herausragende Leistungen an sich nicht aus, um zu einem echten Vorbild für die Gesellschaft zu avancieren. Vielmehr sind vorbildliches Verhalten auf und abseits des Platzes sowie Bodenständigkeit und Nahbarkeit entscheidend für die gesellschaftliche Vorbildfunktion. Interessant ist zudem, dass Fans vor allem Fußballstars mit ähnlichen Interessen und Ansichten als gutes Vorbild für die Gesellschaft ansehen, obwohl sie dies bei der tatsächlichen Auswahl des Lieblingsspielers kaum berücksichtigen. 1.4 Götze, Müller und Raúl sind die Beliebtesten, Fans legen mehr Wert auf Einsatz als auf Talent und Leistung Den Teilnehmern der Umfrage unter Fußballinteressierten und Fans zufolge ist Mario Götze der beliebteste Star der Bundesliga. Mit 17,4% der Stimmen liegt er deutlich vor Thomas Müller (8,0%), Raúl (6,5%), Arjen Robben (6,0%) und Bastian Schweinsteiger (5,7%). Unter den zehn Erstplatzierten befinden sich zudem Philipp Lahm und Manuel Neuer und damit insgesamt fünf Spieler vom FC Bayern München, mit Mario Götze und Mats Hummels zwei Dortmunder Borussen. Lukas Podolski (1. FC Köln) und Marco Reus (Borussia Mönchengladbach) komplettieren die Top 10. Die Gründe für die Auswahl eines Lieblingsspielers sind vielfältig und bei jedem Fan unterschiedlich. Während der eine vor allem auf die Fähigkeiten achtet, ist für den anderen eher entscheidend, dass der Spieler sympathisch ist. Von den 21 im Rahmen der Umfrage abgefragten Attributen ist das mit Abstand wichtigste: »Einsatz auf dem Platz«. Egal ob Fußballinteressierte, Mainstream- oder Herzblutfans, Anhänger vom FC Bayern München oder Borussia Dortmund, vom FC Schalke 04 oder Werder Bremen und egal, ob Fans von Bastian Schweinsteiger und Mats Hummels oder Bewunderer von Claudio Pizarro gefragt wurden, alle haben sich in erster Linie für ihren Lieblingsspieler entscheiden, weil er immer alles gibt. Die wichtigsten Ergebnisse »Mich überrascht es nicht, dass Fans so stark darauf achten, ob ein Spieler optimalen Einsatz auf dem Platz zeigt. Wenn ich früher beim Fußballschauen einen Spieler gesehen habe, der lustlos rumhing, dann hab ich mich schon gefragt, ob er sich seiner Aufgabe überhaupt bewusst ist. Für mich ist es selbstverständlich, dass ich immer alles gebe, wenn ich auf dem Platz bin.« (Thomas Müller, FC Bayern München) »Ich finde es absolut nachvollziehbar, dass die Fans Einsatz von den Spielern erwarten. Immerhin investiert jeder Fan viel in den Verein und erwartet dann auch eine Gegenleistung. Mit optimalem Einsatz dokumentiert ein Spieler, dass er alles für den Fan gibt.« (Simon Rolfes, Bayer 04 Leverkusen) Laut Umfrage-Ergebnissen ist der Spieler, der den größten Einsatz auf dem Spielfeld zeigt, Ivica Olic vom FC Bayern München, gefolgt von seinem Mannschaftskollegen Manuel Neuer sowie Benedikt Höwedes vom FC Schalke 04. Nach dem Einsatz auf dem Platz werden außergewöhnliche Fähigkeiten und Talent, herausragende Leistungen, eine mannschaftsdienliche Spielweise, Bodenständigkeit und Nahbarkeit und ein sympathisches Auftreten sowohl von Fußballinteressierten als auch von Mainstream- und Herzblutfans honoriert. Insgesamt sind die Kriterien teilweise für die Fans aller Spieler relevant (Einsatz auf dem Platz, Fähigkeiten und Leistungen), teilweise sehr spielerspezifisch. Während Arjen Robben die Herzen der Fans in erster Linie mit seiner spektakulären Spielweise erobert, wird Thomas Müller von den Fans vor allem wegen seiner Bodenständigkeit und lockeren Art geliebt. Raúl wiederum hat seine große Beliebtheit seiner charismatischen Ausstrahlung sowie seinem vorbildlichen Verhalten auf dem Platz zu verdanken, während die Fans an Cacau sein vorbildliches Verhalten abseits des Platzes sowie sein hohes soziales Engagement schätzen. Spieler wie Bastian Schweinsteiger, Benedikt Höwedes oder Lukas Podolski schneiden überdurchschnittlich gut bei der wahrgenommenen Identifikation mit ihrem Club ab. »Ich komme aus armen Verhältnissen und mir haben viele Menschen in meinem Leben geholfen. Deswegen helfe ich, wann immer ich kann, auch Menschen, denen es schlecht geht und die kein Gehör finden. Mein Leitsatz lautet >vergesse nie, woher du kommst< und daher möchte ich von all dem Positiven, was mein Lebenswerk ausmacht, anderen Menschen etwas zurückgeben.« (Cacau, VfB Stuttgart) Vorbildliches Verhalten abseits des Platzes ist den Fans interessanterweise wichtiger als vorbildliches Verhalten auf dem Platz. Soziales Engagement wird zwar geschätzt, trotzdem ist es – ebenso wie Gemeinsamkeiten zwischen Spieler und Fan (z.B. gleiche Herkunft oder ähnliche Interessen und Ansichten) oder das Aussehen – im Vergleich mit anderen Kriterien von nachrangiger Bedeutung bei der Auswahl des Lieblingsspielers. Schließlich bestehen bei der Auswahl des Lieblingsspielers auch noch deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Fanclustern. Während Fußballinteressierte stärker auf vorbildliches Verhalten auf und abseits des Platzes achten als Mainstream- oder Herzblutfans, ist gerade für letztere entscheidend, ob der Spieler zum Erfolg des Lieblingsclubs beigetragen hat, sich mit ihm identifiziert oder zumindest für ihn spielt. 1.5 Identifikationsfiguren der Fans müssen keine Eigengewächse sein Bei der Identifikation eines Fans mit seinem Lieblingsclub handelt es sich normalerweise um eine langfristige Beziehung. Dass diese Beziehung weit über die Bewunderung einzelner Spieler hinausgeht, ist kaum verwunderlich, immerhin dauert die Karriere eines Profifußballers in der Regel nicht länger als 15 Jahre. Vereinswechsel ereignen sich zudem recht häufig. Dennoch hört man immer wieder von Identifikationsfiguren, die während ihrer aktiven Zeit – und oftmals auch darüber hinaus – automatisch mit dem Namen ihres Clubs in Verbindung gebracht werden und umgekehrt. Solche Identifikationsfiguren sind nicht immer die leistungsstärksten Spieler, sondern Persönlichkeiten, von denen sich die Fans besonders angezogen fühlen. »Ich denke gerade in Traditionsvereinen, die schon alle Höhen und Tiefen erlebt haben, brauchen die Fans Identifikationsfiguren. Und das müssen nicht unbedingt die besten Spieler sein, sondern solche, die immer alles für den Verein gegeben haben.« (Cacau, VfB Stuttgart) »Fans haben gerne Identifikationsfiguren, von denen sie sagen können >das ist einer von uns<«. (Thomas Müller, FC Bayern München) Sicherlich überraschend ist, dass sich fast jeder zweite Herzblutfan und jeder vierte Mainstream-Fan aufgrund seines Lieblingsspielers mit seinem Bundesliga-Club identifiziert. Damit reicht der Identifikationsfaktor von Fußballstars für den Club an den der Region heran und ist sogar höher als der von Eltern oder Freunden. Allein die Identifikationskraft der Tradition sowie der Werte eines Bundesliga-Clubs sind auch durch Fußballstars unerreicht. Bei den Spielern, die am meisten zur Identifikation der Fans mit ihrem Club beitragen, handelt es sich erwartungsgemäß in erster Linie um sogenannte Eigengewächse wie Lukas Podolski vom 1. FC Köln oder Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm vom FC Bayern München, die schon mehrere Jahre erfolgreich in ihrem Club gespielt haben. Daneben können aber auch Spieler mit einer relativ kurzen Verweildauer im Club zur Identifikation der Fans mit diesem beitragen – z.B. Raúl beim FC Schalke 04 oder Shinji Kagawa bei Borussia Dortmund. »Ich denke schon, dass ich eine Identifikationsfigur für die Fans vom BVB bin. Aber da gab es bereits viele vor mir, und da bin ich auch jetzt nicht der Einzige. Die Fans kommen in erster Linie ins Stadion, um den BVB zu sehen, doch wenn ich stark spiele, dann freuen sie sich natürlich, dass ich gut drauf bin.« (Mario Götze, Borussia Dortmund) Eine weitere interessante Erkenntnis ist schließlich, dass der Lieblingsspieler eines Fans nicht zwingend auch in dessen Lieblingsclub spielen muss. Generell zeigt sich dabei: Je mehr Stars ein Club in seinem Kader hat, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Fans bei der Auswahl ihres Lieblingsspielers »fremdgehen«. Diesbezüglich sind Herzblutfans grundsätzlich wesentlich treuer als Fußballinteressierte und MainstreamFans. 9 10 Die wichtigsten Ergebnisse 1.6 Schlussfolgerungen und Ausblick Gerade Fußballprofis stehen unter permanenter und vor allem kritischer Beobachtung. Dazu herrscht im Gegensatz zu vielen anderen Berufen eine relativ hohe öffentliche Transparenz über ihre sportliche Leistung: Jeder kann sie mindestens einmal pro Woche im Stadion oder vor dem Fernseher selbst beobachten und diverse Zeitungen und Onlineredaktionen beurteilen sie nach jedem Spiel in Form von Schulnoten. Außerdem werden sämtliche Leistungsdaten u.a. im Auftrag der Deutschen Fußball Liga von der Impire AG statistisch erfasst und veröffentlicht. Dass eine derart öffentliche Tätigkeit auch überdurchschnittlich entlohnt wird, ist nachvollziehbar. Bei Spitzen-Jahresgehältern im Millionenbereich ist es allerdings nicht verwunderlich, dass die Meinungen über die Angemessenheit der monetären Vergütung von Fußballstars weit auseinander gehen. Je mehr das öffentliche Interesse sich an einem einzelnen Fußballstar manifestiert, desto akribischer werden Einkünfte mit den erbrachten(Gegen-) Leistungen verglichen. Während der sportliche und wirtschaftliche Wert von Superstars durch individuelle und mannschaftliche Leistungswerte sowie durch erzielte Mehreinnahmen (z.B. in den Bereichen Ticketing, Hospitality, TV-Rechte, Merchandising) relativ einfach zu quantifizieren ist, lässt sich der gesellschaftliche Wert von Superstars weitaus weniger klar greifen. Somit ist dieser auch nicht Gegenstand der öffentlichen Diskussion. Aber vielleicht können die vorliegenden Fakten die Debatte um »Millionäre in kurzen Hosen« bereichern und neue Blickwinkel eröffnen. Aus den Ergebnissen unserer beiden Umfragen wird nämlich eines deutlich: Superstars üben nachweislich einen erheblichen Einfluss auf die Gesellschaft aus und dienen als Vorbilder – insbesondere für Kinder und Jugendliche. Sie tragen gerade bei Teenagern zur persönlichen Selbstdefinition und subjektiven Identitätsbildung bei (Erikson, 1968; Gibson et al., 2004). Was erstaunt, ist, dass sich der Einfluss von Fußballstars nicht allein auf Herzblutfans auswirkt, die für ihren Bundesligaclub leben, sondern auch auf die breite Masse der Mainstream-Fans und Fußballinteressierten abstrahlt. Fußballstars erfüllen somit das Verlangen nach Helden in unserer Gesellschaft. Sie übernehmen heute Funktionen, die sich bereits bei den klassischen Helden der griechischen Mythologie wiederfinden lassen (Hermes, 2004). Aus dieser Perspektive erhält die gesellschaftspolitische Bedeutung von Profifußballern neues Gewicht. Des Weiteren sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Fußballstars einen positiven Beitrag zur Integration leisten. Sie sind schließlich in einer Sportart erfolgreich, deren Grundelemente für jedermann relativ leicht erlernbar sind. Dazu kommt, dass der Erfolg der Fußballstars scheinbar ohne die Unterstützung eines einflussreichen oder ranghohen familiären Umfeldes – also ohne »Beziehungen« – zustande kommt. So führen Spieler, die über den Fußball den sozialen Aufstieg geschafft haben, unterschiedliche soziale Schichten zusammen. Zudem vermitteln Fußballprofis mit Migrationshintergrund sehr glaubhaft zwischen verschiedenen Nationalitäten (Schmidt, 2010). »Die öffentliche Anziehungskraft von Fußballstars ist auch deswegen so groß, weil Fußball im Grundansatz ein einfaches Handlungsmuster ist und deswegen auch eine große Integrationskraft gegenüber unterschiedlichen sozialen Gruppen oder unterschiedlichen Bildungsniveaus hat.« (Wolfgang Huber, ehem. Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland) Dies ist nur ein Beispiel für die Schaffung von sogenanntem »Sozialkapital«, welches in der wissenschaftlichen Literatur auch als »sozialer Klebstoff« bezeichnet wird, der die Mitglieder einer Gesellschaft zusammenhält (Cox, 1995) und gemeinsames Handeln effektiver werden lässt (Putnam, 1995). Durch ihre Vorbild- und Identifikationsfunktion tragen Fußballstars zur Schaffung von Sozialkapital zweifellos bei. Aus ökonomischer Perspektive sollte es dann auch im Interesse der Gesellschaft sein, dieses Kapital zu maximieren und Ressourcen zu dessen Schaffung möglichst effizient einzusetzen. Daraus ergibt sich die Frage, welche Funktionen und Rollen Fußballstars außerhalb des Platzes einnehmen können und sollen. Einige Profispieler unterhalten bereits eigene Stiftungen und viele unterstützen gemeinnützige Projekte. Wichtig ist, dass Spieler nicht von Dritten für soziale Themen eingesetzt werden, sondern, dass sie selbst die Bedeutung ihres Social Impacts begreifen und sich für Themen engagieren, hinter denen sie auch inhaltlich stehen und zu denen sie eine fundierte Meinung haben. Nur so wirken sie authentisch und leisten einen gesellschaftlichen Beitrag, der aufgrund ihrer hohen Popularität und Vorbildfunktion enorm ist. Die wichtigsten Ergebnisse »Als Fußballprofi hat man die Möglichkeit, aufgrund seiner Bekanntheit wichtige Dinge – z.B. soziale Projekte – leichter anzuschieben. Hier kann man mit relativ geringem Aufwand viel erreichen und gute Sachen unterstützen. Deshalb denke ich, jeder bekannte Fußballprofi hat die Verantwortung, sich sozial zu engagieren.« (Simon Rolfes, Bayer Leverkusen) Bei all dem Medienhype um unsere Fußballstars sollte aber auch der Mensch hinter dem Star nicht vergessen werden. Schließlich handelt es sich häufig um heranwachsende Männer, die auf Schritt und Tritt beobachtet und deren Verhalten ständig analysiert wird. Interessant ist die Reaktion, wenn man die Superstars der Fußball-Bundesliga selbst nach ihrem Starstatus befragt. Die beiden Erstplatzierten in der Gunst der befragten Fußballinteressierten und Fans, Mario Götze und Thomas Müller, geben sich bescheiden: »Ich selbst sehe mich nicht als Superstar, aber wenn man die Erwartungen von außen an mich sieht, dann trifft das ab und an auch auf mich zu.« (Mario Götze, Borussia Dortmund) »Ich sehe mich nicht als Superstar. Natürlich stehe ich als Fußballprofi in der Öffentlichkeit, aber für mich sind Superstars Menschen, die weltweiten Ruhm haben – Schauspieler zum Beispiel.« (Thomas Müller, FC Bayern München) Wenn nun 19- und 22-jährigen Fußballstars wie Götze und Müller eine besondere Verantwortung als Vorbild in unserer Gesellschaft zukommt, dann stellt sich doch auch die Frage, welche Verantwortung die Medien und das nähere soziale Umfeld für die Sportler während ihrer Superstarkarriere tragen. Mario Götze wurde ja bereits als Jahrhunderttalent und neuer Lionel Messi geadelt. Wie kann aber sichergestellt werden, dass er sich altersgerecht entwickeln kann und nicht den Boden unter den Füßen verliert? »Die Gefahr, dass man abhebt, wenn man innerhalb kürzester Zeit berühmt wird, sehe ich schon. Aber es ist mir sehr wichtig, dass ich bodenständig bleibe und mein Umfeld hilft mir auch dabei.« (Mario Götze, Borussia Dortmund) Insofern darf man nicht vergessen, dass der Glanz des sportlichen Ruhms nur die eine Seite der Medaille ist. Superstars sind ständiger akuter Absturzgefahr ausgesetzt. Nicht zuletzt aufgrund des übergreifenden Medieninteresses genügen oft einmaliges Versagen, soziales Fehlverhalten oder persönliche Probleme, um den abrupten Absturz des hoch Gerühmten einzuleiten. Die entsprechenden Negativbeispiele, welche wie im Fall von Diego Maradona zu persönlichen Tragödien führten, sind bekannt. Neben der Möglichkeit, dass ein Spieler die Bodenhaftung verliert, besteht natürlich die Gefahr, dass er unter dem enormen Druck zusammenbricht. Auch hier gibt es ausreichend Beispiele, vor allem seit Burnout und Depressionen in der Fußballwelt keine Tabu-Themen mehr sind. »Wir müssen uns bewusst sein, dass wir über eine Sportart sprechen, die im besonderen Fokus der Öffentlichkeit steht. Daraus resultiert auch eine große Verantwortung. Denn Superstars werden mit vielen Dingen identifiziert, die diese sich nicht immer ausgesucht haben und vielleicht auch nicht immer beeinflussen können.« (Christian Seifert, Vorsitzender der DFL-Geschäftsführung) »Wir haben im Fußball momentan das Problem, dass eine psychische Überanstrengung dazu führen kann, dass Biografien einen schweren Knick bekommen, unter Umständen sogar einen lebensgefährdenden. Ich denke in erster Linie nicht nur daran, welche Verantwortung die Sportler haben, sondern wie man ein Umfeld so aufbauen kann, dass jemand mit einer so großen Begabung und Verantwortung ohne massive Gefährdung da durchkommt. Die Stellung als Star, erst recht als Superstar, ist aus meiner Sicht auch eine existenziell gefährdete Stellung.« (Wolfgang Huber, ehem. Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland) Die entscheidende Frage für Clubs, Verbände und Ligen in diesem Zusammenhang ist, wie die ideale Betreuung und Förderung von Fußballstars außerhalb des Platzes aussieht, um negativen Entwicklungen vorzubeugen. Eine enge vertrauensvolle Begleitung ist insbesondere in Zeiten, in denen ein Sportler seine Leistung nicht mehr bringt oder nicht mehr bringen kann, besonders wichtig. Wie Fußballstars nach Beendigung der aktiven Karriere aus der teilweise künstlichen Welt, die für sie geschaffen wurde, in die reale Welt zurückgeholt werden können, ist dabei von zen- traler Bedeutung. Eine gezielte Aus- und Weiterbildung parallel zur und nach der ersten Karriere würde nicht nur einen erleichterten Ausstieg ermöglichen, sondern auch eine gewisse Unabhängigkeit des Athleten von seiner sportlichen Leistung fördern. Es geht nun darum, geeignete Formate, die auch einem Spitzensportler eine duale Karriere ermöglichen, zu definieren und in der Praxis zu erproben. »Selbstverständlich ist es wichtig, dass sich unsere Starkicker beizeiten ein zweites Standbein aufbauen. Einerseits ist die Sportkarriere von begrenzter Dauer und durch Verletzungen jederzeit gefährdet. Andererseits – und da spreche ich aus eigener Erfahrung – ist es enorm persönlichkeitsbildend, sich mit Themen außerhalb des Fußballalltags intellektuell ausein- anderzusetzen. Sich geistig mit anderen Themen zu beschäftigen hilft, von dem täglichen Druck des Profitums abzulenken und ist ein wichtiger Aspekt für die Zeit nach dem Karriereende (Oliver Bierhoff, Manager Deutsche Fußball Nationalmannschaft) Im Kontext der zuvor erwähnten Maximierung von Sozialkapital sehen wir aber vor allem Chancen, da eine zielgerichtete Betreuung und Förderung von Fußballstars dazu beitragen würde, dass sie sich optimal entfalten und somit ihren Beitrag für die Gesellschaft maximieren können. Dass sie eine außerordentliche Stellung genießen und somit eine besondere Verantwortung tragen, steht nämlich außer Frage. 11 12 Studiendesign und Methodik 2 Studiendesign und Methodik 2.1 Definition von Superstars In der wissenschaftlichen Literatur wird ein Superstar definiert als jemand, der seinen Tätigkeitsbereich aufgrund seines außergewöhnlichen Talents dominiert und dabei ein enorm hohes Gehalt bezieht (Rosen, 1980) und/oder einen außergewöhnlichen Bekanntheitsgrad erreicht hat (Adler, 1985). In Anlehnung an Rosen (1980) wurden im Rahmen dieser Studie Superstars definiert als die herausragenden Fußballer der Bundesliga. Als Kriterium für die Auswahl dieser Spieler findet der aktuelle Marktwert der Fußballprofis Anwendung, da dieser gleichzeitig Talent und Leistung widerspiegelt (Brandes et al., 2008) und im Gegensatz zum Gehalt öffentlich bekannt ist. Hierfür wurden auf der Webseite transfermarkt.de zunächst die 20 Spieler mit dem höchsten Marktwert ausgewählt (Stichtag: 01.09.2011). Darüber hinaus wurde die Liste um die fünf teuersten Spieler unter 23 Jahren und über 30 Jahren, welche nicht zu den Top 20 gehören, ergänzt, da in diesen Altersklassen der Marktwert die Leistungsfähigkeit eines Spielers noch nicht oder nicht mehr vollständig reflektiert. Zum Beispiel sinkt der Marktwert eines Spielers, je näher das erwartete Karriereende rückt, selbst wenn der Spieler sich in der Form seines Lebens befindet. Da die 10 teuersten Spieler der Bundesliga lediglich in drei Clubs tätig sind (sieben von ihnen für den FC Bayern München), wurde die Gruppe der Bundesliga-Superstars weiter gefasst. Um alle Bundesliga-Clubs in die Untersuchung mit einzubeziehen, wurde in Anlehnung an Brandes et al. (2008) die Liste um bis zu drei sogenannte »Lokale Helden« pro Club ergänzt. Lokale Helden bezeichnen Fußballprofis, die in ihrem Club eine herausragende Stellung einnehmen, ohne jedoch landesweit oder international gleichermaßen anerkannt sein zu müssen. Im Rahmen der Studie wurden sie ebenfalls aufgrund ihres aktuellen Marktwerts ausgewählt. Bei Clubs die laut Marktwerten bereits drei oder mehr Superstars (FC Bayern München, Borussia Dortmund, FC Schalke 04 und Bayer Leverkusen) unter Vertrag haben, wurden keine weiteren Lokalen Helden identifiziert. Die resultierende Liste von Bundesligaprofis, aus der sich jeder Teilnehmer der Online-Umfrage seinen persönlichen Lieblingsspieler aussuchen konnte, umfasst insgesamt 67 Superstars und Lokale Helden gemäß obenstehender Definition. * Stichtag: 01. September 2011, Quelle: Transfermarkt (2011) Name Marktwert* (in EUR Mio.) Alter* Verein Nationalität 1 Arjen Robben 40,0 27 FC Bayern München Niederlande 2 Franck Ribéry 38,0 28 FC Bayern München Frankreich 3 Bastian Schweinsteiger 35,0 27 FC Bayern München Deutschland 4 Mario Gomez 35,0 26 FC Bayern München Deutschland 5 Thomas Müller 33,0 21 FC Bayern München Deutschland 6 Mario Götze 30,0 19 Borussia Dortmund Deutschland 7 Phillip Lahm 28,0 27 FC Bayern München Deutschland 8 Manuel Neuer 28,0 25 FC Bayern München Deutschland 9 Jefferson Farfán 18,0 26 FC Schalke 04 Peru 10 Mats Hummels 18,0 22 Borussia Dortmund Deutschland 11 Neven Subotic 18,0 22 Borussia Dortmund Serbien 12 Lucas Barrios 17,0 26 Borussia Dortmund Paraguay 13 Lukas Podolski 15,0 26 1. FC Köln Deutschland 14 Luiz Gustavo 15,0 23 FC Bayern München Brasilien 15 Renato Augusto 15,0 23 Bayer Leverkusen Brasilien 16 Benedikt Höwedes 14,0 23 FC Schalke 04 Deutschland 17 Marco Reus 14,0 22 Borussia M'Gladbach Deutschland 18 Marko Marin 14,0 22 Werder Bremen Deutschland 19 André Schürrle 14,0 20 Bayer Leverkusen Deutschland 20 Papiss Demba Cissé 13,5 26 SC Freiburg Senegal 1 Jérôme Boateng 13,5 22 FC Bayern München Deutschland 2 Shinji Kagawa 13,0 22 Borussia Dortmund Japan 3 Toni Kroos 12,0 21 FC Bayern München Deutschland 4 Sven Bender 9,0 22 Borussia Dortmund Deutschland 5 Holger Badstuber 8,5 22 FC Bayern München Deutschland 1 Raúl 7,5 34 FC Schalke 04 Spanien 2 Anatoliy Tymoshchuk 6,5 32 FC Bayern München Ukraine 3 Claudio Pizarro 6,0 32 Werder Bremen Peru 4 Ivica Olic 5,5 31 FC Bayern München Kroatien 5 Michael Ballack 5,0 34 Bayer Leverkusen Deutschland Abbildung 1: Superstars der Fußball-Bundesliga gemäß Studiendesign 2.2 Datenquellen der empirischen Analyse 2.2.1 Online-Umfrage unter Fußballinteressierten und Fans Die vorliegende Studie basiert auf den Ergebnissen einer Online-Umfrage, welche im September2011auf den Webseiten bundesliga.de, dfb.de und fussball.de geschaltet wurde. Insgesamt konnten fast 3.000 Fußballinteressierte und Fans befragt werden. Davon haben 2.107 Teilnehmer den umfangreichen Fragebogen mit 63 Fragen vollständig beantwortet. Ausgangspunkt des Fragebogens war die Nennung des Lieblingsclubs und Lieblingsspielers, welcher aus einer vordefinierten Liste von Superstars und Lokalen Helden ausgewählt werden musste. Darauf aufbauend mussten zunächst 21 Kriterien für die Auswahl des Lieblingsspielers bewertet werden, bevor Fragen zu dessen Vorbildfunktion sowie zur Messung der persönlichen Identifikation mit dem Lieblingsclub gestellt wurden. Schließlich konnte jeder Teilnehmer noch seine persönliche Einschätzung darüber abgeben, in welchen Bereichen und Sportarten er allgemein Superstars sieht. An der Online-Umfrage beteiligten sich erwartungsgemäß hauptsächlich männliche Fußballinteressierte und Fans. Sie machen 85% der Rückläufe aus. Das Durchschnittsalter der Stichprobe ist mit 29,2 Jahren relativ jung, was durch die höhere Online-Affinität von jüngeren Fußballbegeisterten allerdings nicht überrascht. Die Altersgruppe »18-24 Jahre« macht mit 26% den größten Anteil aus, die Altersgruppen »unter 18 Jahre«, »25-34 Jahre« und »35-50 Jahre« sind mit jeweils über 20% gut im Sample vertreten. Lediglich Personen über 50 Jahren bilden mit 9% die Minderheit. Schließlich macht der Anteil von Singles 45% unter den Befragten aus, gegenüber 27% in Partnerschaft lebenden und 23% verheirateten Personen. Studiendesign und Methodik 2.2.2 Repräsentative Deutschland-Umfrage Als Vergleichsgruppe für die untersuchten Fußballinteressierten und Fans dienen die Teilnehmer einer repräsentativen Umfrage unter 2.000 Bundesbürgern, die im September 2011 zusammen mit TNS Infratest durchgeführt wurde (TNS Infratest, 2011). Hier wurden die Teilnehmer darum gebeten, Superstars zu nennen und bestimmten Bereichen und Sportarten zuzuordnen. Darüber hinaus war jeder Befragte aufgefordert, bestimmte Funktionen zu bewerten, über die ein Superstar Einfluss auf die Gesellschaft ausüben kann (z.B. als Leitfigur für gesellschaftskonformes Verhalten) und eine Einschätzung abzugeben, ob Superstars wichtig für die Gesellschaft sind oder nicht. Zusätzlich zu den quantitativen Erhebungsmethoden wurden Interviews mit aktuellen deutschen Fußball-Nationalspielern durchgeführt. Schließlich wurden Aussagen von Meinungsführern aus Sport, Wirtschaft und Gesellschaft ausgewertet, die im Rahmen einer Podiumsdiskussion des Congress for Sports, Business & Society 2011 an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht gemacht wurden. 2.3 Theoretische Grundlagen für Design der Online-Umfrage 2.3.1 Kriterien für die Auswahl des Lieblingsspielers Jeder Teilnehmer der Online-Umfrage wurde nach der Auswahl seines Lieblingsspielers um eine Bewertung von hierfür ausschlaggebenden Kriterien gebeten. Der hierfür zugrunde liegende Kriterienkatalog basiert auf Lockwood/Kunda (1997) und Lines (2001) und umfasst sechs Dimensionen, denen insgesamt 21 Kriterien für die Auswahl des Lieblingsspielers zugeordnet sind: Talent/Leistung: 1) besitzt außergewöhnliche Fähigkeiten und Talent, 2) zeigt auf dem Fußballplatz herausragende Leistungen, 3) hat eine spektakuläre Spielweise Verhalten auf dem Platz: 4) verhält sich auf dem Fußballplatz vorbildlich, 5) stellt sich in den Dienst der Mannschaft und spielt nicht egoistisch, 6) zeigt Einsatz auf dem Fußballplatz Verhalten abseits des Platzes: 7) verhält sich abseits des Fußballplatzes vorbildlich, 8) zeigt soziales Engagement, 9) pflegt einen glamourösen und spektakulären Lebensstil Persönlichkeit: 10) hat eine charismatische Ausstrahlung, 11) hat eine coole und lockere Art, 12) hat ein sympathisches Auftreten, 13) ist bodenständig und nahbar, 14) sieht gut aus Club: 15) spielt für Lieblingsclub oder hat für ihn gespielt, 16) kommt aus der Jugendabteilung des Lieblingsclubs, 17) identifiziert sich mit Lieblingsclub und repräsentiert ihn gut, 18) trägt maßgeblich zum Erfolg des Lieblingsclubs bei bzw. hat maßgeblich beigetragen Gemeinsamkeiten: 19) spielt auf der gleichen Position, 20) kommt aus derselben Region, 21) hat ähnliche Interessen und Ansichten. Die Befragten wurden aufgefordert, auf einer Skala von 1 (»trifft überhaupt nicht zu«) bis 5 (»trifft vollkommen zu«) anzugeben, welche Bedeutung die einzelnen Kriterien für die Auswahl ihres Lieblingsspielers hatten. 2.3.2 Definition und Funktion von Vorbildern Die zweifache Funktion von Vorbildern leitet sich in der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur aus dem englischen Begriff »role model« her. Auf der einen Seite sind Vorbilder Modelle, die bei der Erlernung neuer Fähigkeiten oder sozialer Normen hilfreich sein können (Bandura, 1977; Miller/Dollard, 1941). Auf der anderen Seite fungieren sie aufgrund ihrer exponierten sozialen Rolle als Identifikationsfiguren, welche für die eigene Selbstdefinition herangezogen und als Motivator wahrgenommen werden (Erikson, 1950; Foote, 1951). Siegmund Freud spricht in diesem Zusammenhang von der partiellen Identifikation mit einer Führungsfigur, mit der man Gemeinsamkeiten teilt und deren Qualitäten man als ideal, und somit als maßgeblich für das eigene Verhalten ansieht (Freud, 1921). Beide Aspekte des Vorbildbegriffs sind für die vorliegende Studie relevant. Zum einen können Fußballstars aufgrund ihrer hohen Präsenz in der Öffentlichkeit vor allem von Kindern und Jugendlichen als Verhaltensmodelle angesehen werden und damit einen Beitrag zur Erlernung von sozialen Normen leisten. Sie können allerdings auch als negative bzw. abschreckende Vorbilder wahrgenommen werden, wenn sie selber kein gesellschaftskonformes Verhalten an den Tag legen (Gibson, 2004). Zum anderen gehen wir davon aus, dass sich viele Fans mit ihrem Fußballstar persönlich identifizieren und sich von ihm motivieren lassen – nicht nur in Bezug auf Fußball. Zur Messung der Vorbildfunktion wurden auf Basis von Rich (1997) und Dix et al. (2010) acht Aussagen zur Vorbildfunktion wie z.B. »Ich sehe meinen Lieblingsspieler als Vorbild an«, »Mein Lieblingsspieler ist ein gutes Vorbild für die Gesellschaft« oder »Mein Lieblingsspieler bietet mir ein gutes Beispiel, dem ich folgen kann« vorgegeben, die die Umfrage-Teilnehmer auf einer Skala von 1 (»trifft überhaupt nicht zu«) bis 5 (»trifft vollkommen zu«) bewerten mussten. 13 14 Studiendesign und Methodik 2.3.3 Identifikation mit sozialen Gruppen und Definition von Fanclustern Laut Theorie der sozialen Identität, welche maßgeblich von Henri Tajfel und John C. Turner (u.a. Tajfel, 1974, 1981; Turner, 1975; Tajfel/Turner, 1985) entwickelt wurde und auf Festinger’s (1954) Theorie des sozialen Vergleichs basiert, ist neben der Identifikation mit bestimmten Personen und Vorbildern auch die Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen entscheidend für die individuelle Selbstdefinition. Soziale Identifikation beschreibt das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe von Menschen bzw. das Empfinden, mit dieser Gruppe verschmolzen zu sein (Ashfort/Mael, 1989). Dabei hat das Individuum die Möglichkeit, Erfolge zu feiern, die über die eigenen Möglichkeiten hinausgehen (Katz/Kahn, 1978) und somit am Ruhm der Gruppe teilzuhaben. In der wissenschaftlichen Literatur wird hierbei von »BIRGing« (basking-in-reflected-glory) gesprochen (Cialdini et al., 1976). Besonders oft treten BIRGing-Prozesse im Sport auf, da hier die emotionalen Beziehungen sowie die Identifikation mit einer bestimmten Mannschaft vergleichsweise stark sind (Sutton et al., 1997). In diesem Kontext spricht man von »Teamidentifikation«. Je höher die Teamidentifikation einer Person ist, desto mehr beschäftigt sie sich mental mit der Sportmannschaft und desto stärker fühlt sie sich auch zu ihr hingezogen (Wann/Branscombe, 1993). Verschiedene Studien haben gezeigt, dass eine solche Teamidentifikation sowohl positive Effekte auf das allgemeine und psychologische Wohlbefinden haben kann (Wann/Pierce, 2005) als auch einen Beitrag zur Schaffung von sogenanntem »Sozialkapital« leistet (Sutton et al., 1997). Letzteres wird in der wissenschaftlichen Literatur definiert als »Merkmale des sozialen Lebens, welche es den Mitgliedern einer Gesellschaft ermöglichen, effektiver gemeinsam zu handeln, um gemeinsame Ziele zu verfolgen« (Putnam, 1995, S. 664-665) bzw. als »sozialer Klebstoff«, der die Mitglieder einer Gesellschaft zusammenhält (Cox, 1995). Demnach leistet ein Fußballstar, der die Teamidentifikation von Fans positiv beeinflusst, indirekt auch einen positiven Beitrag für die Gesellschaft. Die befragten Fans stellen keine homogene Gruppe dar. Anhand der Teamidentifikation bilden sich drei ungefähr gleich große Fancluster heraus: Fußballinteressierte, Mainstream-Fans und Herzblutfans. Während Herzblutfans eine sehr starke emotionale Beziehung zu ihrem Lieblingsclub haben und diesen sogar als elementaren Bestandteil ihres Lebens ansehen, identifizieren sich Fußballinteressierte hingegen nicht wirklich mit ihrem Lieblingsclub, sondern sympathisieren mit ihm. Trotzdem besteht auch bei Fußballinteressierten in der Regel eine langfristige (aber passive) emotionale Beziehung zu ihrem Lieblingsclub. Die Gruppe der Mainstream-Fans bildet bzgl. der Identifikationsintensität mit dem Lieblingsclub das Cluster zwischen den Fußballinteressierten und Herzblutfans (Sutton et al., 1997). Zur Messung der Identifikation mit dem Lieblingsclub wurden auf Basis von Mael/Ashfort (1992), Ngan et al. (2011), Wann/Branscombe (1993) und Kwon/Trail (2001) neun Aussagen vorgegeben (wie z.B. »Wenn jemand meinen Lieblingsclub kritisiert, dann fühle ich mich persönlich beleidigt« oder »Die Erfolge meines Lieblingsclubs sind meine Erfolge«), welche die Befragten auf einer Skala von 1 (»trifft überhaupt nicht zu«) bis 5 (»trifft vollkommen zu«) bewerten mussten. 2.4 Verwendete statistische Verfahren Zur Bewertung der Vorbild- und Identifikationsfunktion von Superstars sowie zur Untersuchung der Kriterien für die Auswahl des Lieblingsspielers kommen im Folgenden größtenteils deskriptive Auswertungen zum Einsatz. Zudem wurden verschiedene Gruppen (z.B. Fancluster) sowie Antworten einer Gruppe auf verschiedene Fragen miteinander verglichen. Neben den nicht-parametrischen Wilcoxon-Mann-Whitney- und Wilcoxon-RankSum-Tests wurden hierzu Mittelwertvergleiche in Form von t-Tests durchgeführt. Erfreulicherweise weisen sämtliche Mittelwertvergleiche einen statistisch signifikanten Unterschied auf, was vor allem durch die ausreichende Größe des Samples zu erklären ist. Um den Einfluss bestimmter Kriterien für die Auswahl des Lieblingsspielers auf die Bewertung der Vorbildfunktion zu untersuchen, wurden außerdem Korrelationsanalysen sowie multivariate Regressionen mit den abhängigen Variablen »Ist ein gutes Vorbild für die Gesellschaft« und »Sehe ich als Vorbild an« durchgeführt. Da diese Variablen aufgrund der vorgegebenen 5er-Skala ordinal sind, wurden die Ergebnisse der Regressionen darüber hinaus mit Ordered Probit Modellen überprüft (Long, 1997). Auswertung 3 Auswertung 3.1 Wahrgenommene Bedeutung von Superstars in Deutschland 42% der Männer und 39% der Frauen in Deutschland sind der Meinung, dass Superstars wichtig für die Gesellschaft sind. Vor allem die jüngeren Jahrgänge sind der Ansicht, dass unsere Gesellschaft Superstars braucht. Bei den Jugendlichen unter 18 Jahren geben dies 60% und in der Altersgruppe zwischen 18 und 24 Jahren 56% an. Laut Bundesbürgern sind Sport-Superstars hauptsächlich Fußballer. Von denjenigen Befragten, die Superstars u.a. dem Sport zuordnen, sind 88% dieser Meinung. Außerdem werden Superstars vor allem in den Sportarten Boxen (70%), Automobilrennsport (65%), Tennis (59%) und Basketball (41%) gesehen. Die Fan-Umfrage kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Fußball erhält als Reservoir für Superstars mit 97% noch deutlicheren Zuspruch und liegt vor Basketball (82%), Automobilrennsport, Boxen (je 68%) und Tennis (62%). Ja Unter 18 Jahre Nein 60% 18-24 Jahre 40% 56% 25-34 Jahre 44% 52% 48% 35-50 Jahre 39% Über 50 Jahre 61% 33% Alle Befragten 67% 40% 60% Abbildung 2: Sind Superstars wichtig für die Gesellschaft? Repräsentative Umfrage Die befragten Bundesbürger sehen Superstars unabhängig von ihrer Bedeutung für die Gesellschaft vor allem in den Bereichen Musik (82%) sowie Sport und Film & Fernsehen (je 75%). Im Bereich Theater & Tanz nimmt nur jeder vierte Bundesbürger Superstars wahr, in der Kunst nur jeder fünfte und in anderen Bereichen noch deutlich weniger. Die Online-Umfrage unter Fußballinteressierten und Fans kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Erwartungsgemäß liegt hier Sport mit 92% an der Spitze deutlich vor Musik (79%) und Film & Fernsehen (74%). Interessant am Vergleich zwischen der repräsentativen Umfrage und der Fan-Umfrage ist ferner ist ferner, dass Fußballinteressierte und Fans viel eher der Meinung sind, dass es Superstars im Bereich Wissenschaft & Forschung gibt als der Bundesdurchschnitt (29% gegenüber 12%). Musik 81,5% Sport 75,4% Film & Fernsehen 75,4% Neben den Fragen, ob sie in bestimmten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens Superstars wahrnehmen, wurden die Teilnehmer der repräsentativen Umfrage auch darum gebeten, spontan eine Person zu nennen, die aus ihrer Sicht ein Superstar ist. Im Gegensatz zu den vorherigen Ergebnissen landet Sport hierbei nun klar vor der Musikbranche: 44% der befragten Personen nennen zuerst eine Sportlerin oder einen Sportler und nur 35% eine Musikerin oder einen Musiker. Erstaunlich ist, dass es sich bei fast 5% der genannten MusikSuperstars um Teilnehmer der Castingshow »Deutschland sucht den Superstar« handelt, was Bekanntheit und Einfluss dieser Show demonstriert. Schließlich nennen nur 18% der Befragten einen Hollywood- oder Fernsehstar und nur etwa 5% fällt spontan eine Berühmtheit aus einem anderen Bereich ein. Fußball 88,1% Boxen 69,8% Automobilrennsport 64,5% 58,7% Tennis Theater & Tanz 24,6% Basketball Kunst Leichtathletik Literatur 14,5% Politik 12,7% Wissenschaft & Forschung 11,6% Wirtschaft 40,7% 20,4% 8,1% Sport Film & Fernsehen n 36,1% Schwimmen 35,0% Bereich 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 Michael Jackson Musik Franz Beckenbauer Fußball Madonna Musik Dieter Bohlen Musik Dirk Nowitzki Basketball Michael Schumacher Automobilrennsport Pietro Lombardi Musik Vitali / Wladimir Klitschko Boxen Sebastian Vettel Automobilrennsport Lionel Messi Fußball Heidi Klum Mode Boris Becker Tennis Brad Pitt Film & Fernsehen Cristiano Ronaldo Fußball Lady Gaga Musik Michael Ballack Fußball George Clooney Film & Fernsehen Thomas Gottschalk Film & Fernsehen Günther Jauch Film & Fernsehen Mark Medlock Musik Robbie Williams Musik Steffi Graf Tennis Pelé Fußball Bastian Schweinsteiger Fußball David Beckham Fußball 27 30 31 39 42 Mario Gomez Oliver Kahn Lukas Podolski Philipp Lahm Mario Götze Fußball Fußball Fußball Fußball Fußball Abbildung 5: Bitte nennen Sie spontan den Superstar, der Ihnen als erstes einfällt. Repräsentative Umfrage 79,4% 74,4% Fußball 97,1% Basketball 82,3% Automobilrennsport 68,3% Boxen 68,0% 29,1% Tennis Kunst 22,0% Literatur 21,4% 36,2% Radsport Am häufigsten genannte Superstars 91,5% Musik Wissenschaft & Forschung Von denjenigen Bundesbürgern, die eine Sportlerin oder einen Sportler als Superstar genannt haben, geben 56% aktuelle und ehemalige Fußballprofis an, was einem Viertel aller Befragten entspricht. Danach folgen Rennfahrer (14%), Basketballer (9%), Tennisspielerinnen und -spieler (8%) und Boxer (7%). Alle anderen Sportarten vereinen nur ca. 5% der Nennungen auf sich. Theater & Tanz 16,0% 61,6% Leichtathletik 48,4% Golf 47,7% Schwimmen 43,1% Skispringen 30,9% Wirtschaft 15,9% Handball 42,0% Golf 30,0% Politik 15,5% Eishockey 39,6% Abbildung 3: In welchen Bereichen und Sportarten gibt es Ihrer Meinung nach Superstars? Repräsentative Umfrage Abbildung 4: In welchen Bereichen und Sportarten gibt es Ihrer Meinung nach Superstars? Fan-Umfrage 15 16 Auswertung 3.2.2 Superstars als Lieblingsspieler Über die Hälfte der Bundesbürger, die Superstars u.a. dem Sport zuordnen, sind schließlich der Meinung, dass diese als Orientierungshilfe für gesellschaftskonformes Verhalten dienen, einen hohen Einfluss als Identifikationsfiguren sowie durch ihre Mitarbeit in sozialen Projekten haben und die Gesellschaft zu mehr Sportaktivität animieren. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer der FanUmfrage geben den FC Bayern München, Borussia Dortmund oder den FC Schalke 04 als ihren Lieblingsclub an, der VfL Wolfsburg, die TSG 1899 Hoffenheim und der FC Augsburg werden lediglich von jeweils weniger als 1% 1 (geringer Einfluss) Funktion als Identifikationsfigur 3% 6% Orientierungshilfe für gesellschaftskonformes Verhalten 3% 8% Mitarbeit in sozialen Projekten 4% 10% Animierung der Gesellschaft zu sportlicher Betätigung 3% 11% Animierung der Gesellschaft zu Spenden für soziale Zwecke 5% Allgemeine Motivation der Gesellschaft 5% 2 4 3 34% 5 (h hoher Einfluss) 38% 30% 20% 36% 30% 34% 34% 12% 23% 34% 33% 15% 23% 18% 33% 39% 17% 28% 13% Abbildung 6: Wie hoch ist der Einfluss von Sportstars in den folgenden Bereichen? Repräsentative Umfrage 3.2 Ergebnisse der Online-Umfrage 3.2.1 Demografische Unterschiede zwischen den Fanclustern Die Stichprobe von Fußballinteressierten und Fans ist bezüglich der Identifikationsintensität mit dem Lieblingsclub heterogen, so dass sich drei Fancluster bilden lassen (vgl. Ziffer 2.3.3). Hierbei fällt auf, dass mit zunehmender Identifikationsintensität mit dem Lieblingsclub • das Durchschnittsalter abnimmt, • der Anteil von Singles zunimmt, • der Anteil des männlichen Geschlechts zunimmt, • das Durchschnittseinkommen sinkt und • das durchschnittliche Bildungsniveau sinkt. Alter, Durchschnitt in Jahren genannt. Anhänger von traditionsreichen Clubs wie Borussia Mönchengladbach, Werder Bremen, VfB Stuttgart oder Hamburger SV sind wiederum stark im Sample vertreten. Von der Auswahl an 67 Superstars und Lokalen Helden der Fußball-Bundesliga ist Mario Götze der mit Abstand beliebteste: 17,4% der Teilnehmer der Fan-Umfrage haben ihn als ihren Lieblingsspieler angegeben. Damit liegt Götze deutlich vor Thomas Müller (8,0%), Raúl (6,5%), Arjen Robben (6,0%) und Bastian Schweinsteiger (5,7%). Die für die Auswahl des Lieblingsspielers entscheidenden Kriterien (siehe Ziffer 2.3.1) unterscheiden sich deutlich zwischen den drei Fanclustern, den Clubs und den einzelnen Spielern. Zum Vergleich der Kriterien wurden jeweils die Mittelwerte betrachtet. Dabei wurde für die vier Kriterien, die sich auf den Lieblingsclub des Befragten beziehen, das Sample verkleinert, um vergleichbare Werte zu erhalten: Für das Kriterium »kommt aus der Jugendabteilung des Lieblingsclubs« wurden nur die Angaben von Fans berücksichtigt, Fußballinteressierte Mainstream-Fans Herzblutfans 33,2 28,1 25,7 Männer, prozentualer Anteil 83 86 87 Singles, prozentualer Anteil 34 47 56 Abgeschlossenes Studium, prozentualer Anteil 33 17 9 Kein Schulabschluss, prozentualer Anteil 2 7 11 Personen im Haushalt, Durchschnitt Monatl. Haushaltseinkommen, Durchschnitt in EUR 2,8 3,1 3,2 2.227 2.068 1.851 Abbildung 7: Demografische Unterschiede zwischen den Fanclustern der Fan-Umfrage deren Lieblingsspieler tatsächlich aus der Jugendabteilung ihres Lieblingsclubs kommt (n = 589), da der Mittelwert sonst nach unten verzerrt wäre. Ebenso wurde bei den Kriterien »spielt für Lieblingsclub oder hat für ihn gespielt«, »trägt maßgeblich zum Erfolg des Lieblingsclubs bei bzw. hat maßgeblich beigetragen« (n = 1.480) und »identifiziert sich mit Lieblingsclub und repräsentiert ihn gut« (n = 1.405) vorgegangen. Über alle durchgeführten Analysen hinweg hat sich als wichtigstes Kriterium der »Einsatz auf dem Fußballplatz« herausgestellt: • Mit einem Mittelwert von 4,54 von 5 (»trifft vollkommen zu«) liegt es in der Gesamtbetrachtung aller Kriterien an erster Stelle. • Sowohl für Fußballinteressierte als auch für Mainstream- und Herzblutfans stellt es das wichtigste Kriterium dar. • Für die Anhänger von 16 der 18 Bundesliga-Clubs ist es eines der drei wichtigsten Kriterien; für die Fans von sechs der sieben Clubs mit den meisten Anhängern im Sample sogar das wichtigste. • Für die Fans von 15 der 20 beliebtesten Spieler der Umfrage ist es eines der drei wichtigsten Kriterien; für die Fans von 10 dieser Spieler sogar das wichtigste. Weitere wichtige Kriterien für die Fans sind nach dem gezeigten Einsatz »außergewöhnliche Fähigkeiten und Talent«, »herausragende Leistungen« (jeweils Mittelwert von 4,48), »sympathisches Auftreten«, »maßgeblicher Beitrag zum Erfolg des Lieblingsclubs« (je 4,38), »mannschaftsdienliche Spielweise« (4,30), »Identifikation mit dem Lieblingsclub« (4,23) und »vorbildliches Verhalten abseits des Platzes« (4,15). Letzteres ist den Fußballinteressierten und Fans interessanterweise wichtiger »als vorbildliches Verhalten auf dem Platz« (3,98). Gemeinsamkeiten zwischen Spieler und Fan (z.B. gleiche Herkunft oder ähnliche Interessen) spielen kaum eine Rolle bei der Auswahl des Lieblingsspielers. Ein genauer Blick auf die Kriterien-Rangfolge der einzelnen Fancluster zeigt schließlich wesentliche Unterschiede zwischen Fußballinteressierten, Mainstream- und Herzblutfans. Für Letztere sind Kriterien mit Bezug zum Lieblingsclub besonders wichtig: Der Beitrag zum Erfolg des Lieblingsclubs liegt in der KriterienRangfolge der Herzblutfans auf Rang 3 (dagegen im gesamten Sample auf Rang 5 und unter Fußballinteressierten auf Rang 7). Die Identifikation mit dem Lieblingsclub ist aus Sicht der Herzblutfans das fünftwichtigste Kriterium (gesamtes Sample: Rang 7, Fußballinteressierte: Rang 10) und die Tatsache, dass der Lieblingsspieler auch für den Lieblingsclub Auswertung 1 FC Bayern München 4,1% 7 Hamburger SV 3,8% 8 Hertha BSC 9 1. FC Köln 2,8% 2,7% 11 1. FC Kaiserslautern 13 Bayer Leverkusen 14 1. FC Nürnberg 15 SC Freiburg 2,7% 2,0% 1,8% 5,3% 7 Marco Reus 3,7% 8 Lukas Podolski 3,4% 9 Philipp Lahm 3,3% 10 Manuel Neuer 3,1% 2,8% 10 Hannover 96 5,7% 6 Mats Hummels 4,6% 6 VfB Stuttgart 6,0% 5 Bastian Schweinsteiger 5,2% 5 Werder Bremen 6,5% 4 Arjen Robben 7,0% 4 Borussia M’Gladbach 8,0% 3 Raúl 12,6% 3 FC Schalke 04 17,4% 2 Thomas Müller 18,6% Anderer Verein 12 FSV Mainz 05 1 Mario Götze 25,1% 2 Borussia Dortmund 11 Claudio Pizarro 2,4% 12 Franck Ribéry 2,3% 13 Cacau 2,2% 14 Toni Kroos 1,9% 15 Mario Gomez 1,9% 1,5% 16 Ivica Olic 1,7% 1,2% 17 Shinji Kagawa 1,4% 0,7% 18 Lucas Barrios 1,3% 17 1899 Hoffenheim 0,6% 19 Benedikt Höwedes 1,3% Superstar 18 FC Augsburg 0,5% 20 Ron-Robert Zieler 1,3% Lokaler Held 16 VfL Wolfsburg Abbildung 8: Lieblingsclubs der Teilnehmer der Fan-Umfrage spielt oder gespielt hat, wird als sechstwichtigstes Kriterium angesehen (gesamtes Sample: Rang 9, Fußballinteressierte: Rang 12). Während Mainstream-Fans ebenfalls deutlich stärker auf diese Kriterien achten als Fußballinteressierte, ist Letzteren hingegen vorbildliches Verhalten überdurchschnittlich wichtig. Sie sehen »vorbildliches Verhalten auf dem Platz« als achtwichtigstes (gesamtes Sample: Rang 12, Herzblutfans: Rang 14) und »abseits des Platzes« als sechstwichtigstes Auswahlkriterium für den Lieblingsspieler an (gesamtes Sample: Rang 8, Herzblutfans: Rang 12). Um die Unterschiede zwischen den Fans der gewählten Lieblingsspieler zu identifizieren, haben wir sowohl eine absolute als auch eine relative Mittelwertanalyse durchgeführt. Bei der absoluten Betrachtung werden pro Kriterium die Mittelwerte der einzelnen Spieler betrachtet und miteinander verglichen. Hierbei stellt sich z.B. heraus, dass Ivica Olic mit 4,97 von 5 den höchsten Wert bei »Einsatz auf dem Platz« erzielt, Shinji Kagawa bei »außergewöhnlichen Fähigkeiten und Talent« (4,93), Arjen Robben bei »herausragenden Leistungen« (4,75) und Raúl bei »sympathischem Auftreten« (4,80) in der Gunst der Befragten vorne liegt. Außerdem zeigt sich, dass Mats Hummels und Manuel Neuer in erster Linie aufgrund ihres Einsatzes auf dem Platz zum Lieblingsspieler ihrer Fans wurden, während bei Spielern wie Mario Götze, Franck Ribéry und Arjen Robben die Fähigkeiten und das Talent hierfür ausschlaggebend waren. Da aber einige Kriterien wie z.B. »Einsatz auf dem Platz«, »Fähigkeiten und Talent« oder »herausragende Leistungen« für die Fans aller Spieler eine besonders hohe Bedeutung hatten, liefert die relative Betrachtung interessante Einsichten. Hierbei werden für jedes Abbildung 9: Die 20 beliebtesten Spieler* der Teilnehmer der Fan-Umfrage Kriterium die prozentualen Abweichungen der spielerspezifischen Werte vom Durchschnittswert aller Spieler berechnet, so dass spielerspezifische Kriterien identifizierbar sind. Im Vergleich zu anderen Spielern werden Götze, Ribéry und Robben primär wegen ihrer spektakulären Spielweise bewundert. Bei diesem Kriterium liegen Götze mit 17%, Müller mit 20% und Robben mit 21% über dem Durchschnittswert aller Spieler – Thomas Müller punktet daneben mit seiner Bodenständigkeit (6% über dem Durchschnittswert), Raúl mit seiner charismatischen Ausstrahlung (22% über Durchschnitt), Bastian Schweinsteiger durch die Identifikation mit dem FC Bayern 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 München (7% über Durchschnitt), Mats Hummels durch sein vorbildliches Verhalten auf dem Platz (8% über Durchschnitt) und Marco Reus durch seine spektakuläre Spielweise (8% über Durchschnitt). Interessanterweise ist in der relativen Betrachtung das wichtigste Kriterium für die Wahl von Cacau (40% über Durchschnitt), Lukas Podolski (24% über Durchschnitt) und Philipp Lahm (18% über Durchschnitt) zum Lieblingsspieler ihr jeweiliges soziales Engagement – ein Kriterium, welches im Durchschnitt ansonsten nur eine untergeordnete Rolle bei der Auswahl des Lieblingsspielers spielt. Einsatz auf dem Platz 4,54 Außergewöhnliche Fähigkeiten und Talent 4,48 4,48 Herausragende Leistungen Sympathisches Auftreten 4,38 4,38 Maßgeblicher Beitrag zum Erfolg des Lieblingsclubs** 4,30 Mannschaftsdienliche Spielweise Identifikation mit Lieblingsclub** 4,23 Vorbildliches Verhalten abseits des Platzes 4,15 Spielt für Lieblingsclub oder hat für ihn gespielt** Bodenständigkeit und Nahbarkeit 4,11 4,10 4,03 Coolere und lockere Art 3,98 Vorbildliches Verhalten auf dem Platz Kommt aus Jugendabteilung des Lieblingsclubs** 3,88 3,84 Spektakuläre Spielweise 3,49 Charismatische Ausstrahlung Soziales Engagement 3,05 2,40 Gutes Aussehen 2,10 Ähnliche Interessen und Ansichten Glamouröser und spektakulärer Lebensstil Spielt auf der gleichen Position Kommt aus derselben Region 1,97 1,92 1,47 Abbildung 10: Kriterien für die Auswahl des Lieblingsspielers Fan-Umfrage, Durchschnittswerte (1 = trifft überhaupt nicht zu, 5 = trifft vollkommen zu) * Auswahlliste mit insgesamt 67 Superstars und Lokalen Helden der Fußball-Bundesliga (mind. 3 pro Club) ** Nur Antworten von Befragten berücksichtigt, deren Lieblingsspieler auch in ihrem Lieblingsclub spielt oder gespielt hat bzw. aus der Jugendabteilung ihres Lieblingsclubs kommt. 17 18 Auswertung 3.2.3 Allgemeine Vorbildfunktion von Superstars Die Auswertung der Fan-Umfrage zeigt eindeutig, dass Fußballstars eine Vorbildfunktion in der Gesellschaft einnehmen. Fast 40% aller Teilnehmer und 60% der Herzblutfans sehen in ihrem Lieblingsspieler ein persönliches Vorbild. 55% aller befragten Personen und sogar über 70% der Herzblutfans sehen in ihrem Lieblingsspieler ein gutes Vorbild für die Gesellschaft. lichen Vorbildfunktion werden wiederum Cacau (4,09) und Raúl (4,07), aber auch Shinji Kagawa (3,90), Philipp Lahm (3,83) und Mario Götze (3,76) von den eigenen Fans am besten bewertet. Generell wird jedoch fast jeder Spieler von der Mehrheit seiner Fans als gutes Vorbild für die Gesellschaft gesehen. Besonders interessant war es herauszufinden, was ein Vorbild für die befragten Fußballinteressierten und Fans eigentlich aus- die Kriterien für die Auswahl des Lieblingsspielers als unabhängige Variablen modellieren. Multivariate Regressionen ermöglichen in diesem Fall weitere Einsichten, obwohl die einzelnen Kriterien sehr stark untereinander korrelieren und nicht für die Bewertung des Lieblingsspielers an sich, sondern für die Bewertung der Relevanz für die Auswahl des Lieblingsspielers verwendet wurden. Ordered Probit Modelle, welche zur Überprüfung der 39% 23% 21% 21% 19% 19% 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 20% 16% 11% 9% 1 (trifft überhaupt nicht zu) 2 3 Alle Befragten 5 (trifft vollkommen zu) 4 Herzblutfans Abbildung 11: »Ich sehe meinen Lieblingsspieler als Vorbild an.« Fan-Umfrage 40% 31% 31% 29% 24% 19% 10% 7% 6% 3% 1 (trifft überhaupt nicht zu) 2 3 Alle Befragten 4 Herzblutfans 5 (trifft vollkommen zu) Abbildung 12: »Mein Lieblingsspieler ist ein gutes Vorbild für die Gesellschaft.« Fan-Umfrage Mario Götze 3,03 2,85 Thomas Müller Raúl 3,33 3,18 Arjen Robben Bastian Schweinsteiger 3,05 Mats Hummels 2,85 Marco Reus 2,97 Lukas Podolski 2,90 3,13 Philipp Lahm Manuel Neuer 2,97 Claudio Pizarro Franck Ribéry 2,78 3,25 Toni Kroos Mario Gomez Ivica Olic Shinji Kagawa 3,73 3,47 3,25 3,83 3,68 3,33 2,92 4,09 3,56 3,17 3,53 2,75 Lucas Barrios 3,11 Ron-Robert Zieler 3,11 3,64 3,90 3,61 3,36 3,59 »Ist ein gutes Vorbild für die Gesellschaft.« Abbildung 14: Persönliche und gesellschaftliche Vorbildfunktion der 20 beliebtesten Spieler Fan-Umfrage, Durchschnittswerte (1 = trifft überhaupt nicht zu, 5 = trifft vollkommen zu) 3,00 »Mein Lieblingsspieler ist ein gutes Vorbild für die Gesellschaft.« »Mein Lieblingsspieler bietet mir ein gutes Beispiel, dem ich folgen kann.« 3,58 3,32 4,03 »Mein Lieblingsspieler stellt ein gutes Beispiel, dem andere folgen können, dar.« »Mein Lieblingsspieler zeigt das Verhalten, welches ich versuche nachzuahmen.« »Mein Lieblingsspieler führt andere durch vorbildliches Verhalten.« 3,08 3,80 Fragen zur gesellschaftlichen Vorbildfunktion Abbildung 13: Vergleich der Fragen zur persönlichen und gesellschaftlichen Vorbildfunktion Fan-Umfrage, Durchschnittswerte (1 = trifft überhaupt nicht zu, 5 = trifft vollkommen zu) Am ehesten werden Cacau (Durchschnittswert = 3,43 von 5), Raúl (3,33), Franck Ribéry (3,25), Arjen Robben (3,18) und Ivica Olic (3,17) von ihren Fans als persönliches Vorbild gesehen. Bei der Frage nach der gesellschaft- 3,58 3,00 3,08 3,03 Benedikt Höwedes »Ich sehe meinen Lieblingsspieler als Vorbild an.« Fragen zur persönlichen Vorbildfunktion 4,07 3,39 3,43 Cacau »Sehe ich als Vorbild an.« Hierbei ist interessant zu beobachten, dass die Befragten in ihrem Lieblingsspieler allerdings eher ein Vorbild für andere als für sich selbst sehen. 3,76 3,70 macht. Einen Erklärungsbeitrag können multivariate Regressionen liefern, indem sie jeweils die Antworten auf die Fragen »Sehe ich als Vorbild an« und »Ist ein gutes Vorbild für die Gesellschaft« als abhängige Variable und multivariaten Regressionen analysiert wurden, bestätigen dies. Das Regressionsmodell mit der abhängigen Variable »Ist ein gutes Vorbild für die Gesellschaft« liefert bei einem korrigierten R-Quadrat von 27,7% einen recht hohen Erklärungsbeitrag. Dem Modell zufolge sieht ein Fan in seinem Lieblingsspieler vor allem dann ein gutes Vorbild für die Gesellschaft, wenn dieser ähnliche Interessen und Ansichten hat (standardisierter Regressionskoeffizient = 0,211), vorbildliches Verhalten auf (0,154) und abseits des Platzes zeigt (0,090), bodenständig und nahbar ist (0,123), eine charismatische Ausstrahlung hat (0,070) und gut aussieht (0,077). Außerdem spielt eine coole und lockere Art (0,045) sowie ein sympathisches Auftreten (0,044) des Lieblingsspielers eine Rolle. Obwohl sich die beiden letztgenannten Kriterien im Regressionsmodell ledig- Auswertung lich im Grenzbereich der Signifikanz befinden, so weisen sie dennoch hohe und statistisch signifikante Korrelationen mit der abhängigen Variable auf (Korrelationskoeffizient von 0,328 bzw. 0,345). Bei einer schrittweisen Eliminierung von nicht-signifikanten Variablen ist »sympathisches Auftreten« darüber hinaus im finalen Regressionsmodell auf dem 1%-Niveau signifikant. Interessant an den Ergebnissen des Regressionsmodells ist sicherlich die Erkenntnis, dass die entscheidenden Kriterien bei der Auswahl des Lieblingsspielers – »außergewöhnliche Fähigkeiten und Talent«, »herausragende Leistungen«, aber auch »Einsatz auf dem Platz« – keine Signifikanz aufweisen und somit für die gesellschaftliche Vorbildfunktion nicht von Bedeutung sind. Stattdessen wird ein Spieler vor allem dann von einem Fan als gutes Vorbild für die Gesellschaft angesehen, wenn er ähnliche Ansichten und Interessen hat. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der Theorie, dass Gemeinsamkeiten eine Grundvoraussetzung für die Vorbildfunktion darstellen (vgl. Ziffer 2.3.2). Die persönliche Vorbildfunktion wird von ähnlichen Kriterien determiniert wie die gesellschaftliche. In dem Regressionsmodell mit der abhängigen Variable »Sehe ich als Vorbild an« sind erneut die Kriterien »ähnliche Interessen und Ansichten« (standardisierter Regressionskoeffizient = 0,283), »coole und lockere Art« (0,128), »gutes Aussehen« (0,088), »vorbildliches Verhalten auf dem Platz« (0,066) sowie »Bodenständigkeit und Nahbarkeit« (0,063) signifikant. Keinen Einfluss haben allerdings »vorbildliches Verhalten abseits des Platzes«, »charismatische Ausstrahlung« und »sympathisches Auftreten«. Interessanterweise leistet aber auch ein glamouröser Lebensstil (0,099) einen signifikanten Beitrag zur Erklärung der persönlichen Vorbildfunktion. Anscheinend sehen die Fans in einem glamourösen Leben ein erstrebenswertes Ziel für sich selbst, obwohl gleichzeitig ein glamouröser Lebensstil keine Voraussetzung für gute Vorbilder für die Gesellschaft ist. Kaum überraschend ist, dass »gemeinsame Interessen und Ansichten« für die persönliche Vorbildfunktion eine noch größere Bedeutung haben als für die gesellschaftliche Vorbildfunktion (0,283 gegenüber 0,211). Das Regressionsmodell liefert mit einem korrigierten R-Quadrat von 22,4% insgesamt einen geringeren Erklärungsbeitrag als das für die gesellschaftliche Vorbildfunktion. Offensichtlich spielen bei persönlichen Vorbildern spezifischere Eigenschaften eine Rolle als bei gesellschaftlichen Vorbildern. Bei den Ergebnissen bzgl. der Vorbildfunktion von Fußballstars handelt es sich in dieser Studie um konservative Werte, da konsequent ein spezifischer Spieler – der Lieblingsspieler – bewertet wurde. Es ist aber davon auszugehen, dass allgemeine Fragen zur Vorbildfunktion von Fußball- oder Sportstars zu noch höherem Zuspruch führen, wie dies z.B. aus einer jüngst erschienenen Studie der Deutschen Sporthilfe hervorging (vgl. DSH, 2011). Erwartungsgemäß haben Fußballstars vor allem einen Einfluss auf Kinder und Jugendliche, welche in ihnen eine Orientierungshilfe für gesellschaftskonformes Verhalten sehen (vgl. Ziffer 2.3.2). Fast 60% der Umfrage-Teilnehmer unter 18 Jahren geben an, das Verhalten ihres Lieblingsspielers bewusst nachzuahmen. Dies trifft vor allem auf die Fans von 0,010 0,014 0,018 0,154 0,027 -0,035 0,090 0,030 -0,030 0,070 0,045 0,044 0,123 0,077 0,211 t-Wert 3,833 0,355 0,496 0,773 6,245 0,979 -1,271 3,441 1,357 -1,310 2,884 1,653 1,530 4,577 3,409 10,108 28% 23% 18% 17% 14% 10% 9% 1 (trifft überhaupt nicht zu) 2 3 Alle Befragten 4 Jugendliche unter 18 Jahren 5 (trifft vollkommen zu) Abbildung 16: »Mein Lieblingsspieler zeigt die Art von Arbeitsethik und das verhalten, welches ich versuche nachzuahmen.« Fan-Umfrage Darüber hinaus sind Fußballstars auch Identifikationsfiguren, welche zur persönlichen Selbstdefinition beitragen (vgl. Ziffer 2.3.2). Fast jeder zweite Umfrage-Teilnehmer und über 70% der Jugendlichen unter 18 Jahren sehen in ihrem Lieblingsspieler ein gutes Beispiel, dem sie folgen können. 39% 33% 26% 25% 22% 19% 13% 13% 3% 1 (trifft überhaupt nicht zu) 2 3 Alle Befragten 4 Jugendliche unter 18 Jahren 5 (trifft vollkommen zu) Abbildung 17: »Mein Lieblingsspieler bietet mir ein gutes Beispiel, dem ich folgen kann.« Fan-Umfrage Schließlich haben Fußballstars für Kinder und Jugendliche eine Vorbildfunktion, die sich auf alle Lebensbereiche erstrecken kann (vgl. Ziffer 2.3.2). Über die Hälfte der Fußballinteres- Korrigiertes R-Quadrat: 0,224 Korrelationsp-Wert koeffizient mit (Signifikanz) abh. Variable 0,000 0,722 0,620 0,440 0,000 0,328 0,204 0,001 0,175 0,190 0,004 0,098 0,126 0,000 0,001 0,000 24% Abhängige Variable: »Sehe ich als Vorbild an« Korrigiertes R-Quadrat = 0,277 0,593 0,013 0,020 0,018 0,173 0,032 -0,051 0,096 0,029 -0,027 0,064 0,046 0,055 0,131 0,063 0,187 29% 27% 6% 3.2.4 Spezifische Vorbildfunktion von Superstars für Kinder und Jugendliche Abhängige Variable: »Ist ein gutes Vorbild für die Gesellschaft« NichtStandardisierter standardisierter RegressionsRegressionskoeffizient koeffizient (Beta-Wert) Ivica Olic (Durchschnittswert = 3,56 von 5), Mario Gomez (3,46), Ron-Robert Zieler (3,37), Manuel Neuer und Cacau (jeweils 3,28) zu. 0,183 0,190 0,163 0,346 0,296 0,231 0,358 0,278 0,144 0,322 0,328 0,345 0,389 0,277 0,304 Unabhängige Variablen (Kriterien für die Auswahl des Lieblingsspielers) Konstante Außergewöhnliche Fähigkeiten & Talent Herausragende Leistungen Spektakuläre Spielweise Vorbildliches Verhalten auf dem Platz Mannschaftsdienliche Spielweise Einsatz auf dem Platz Vorbildliches Verhalten abseits des Platzes Soziales Engagement Glamouröser Lebensstil Charismatische Ausstrahlung Coole und lockere Art Sympathisches Auftreten Bodenständigkeit und Nahbarkeit Gutes Aussehen Ähnliche Interessen und Ansichten Abbildung 15: Zusammenfassung der multivariaten Regressionsmodelle, Fan-Umfrage NichtStandardisierter standardisierter RegressionsRegressionskoeffizient koeffizient (Beta-Wert) 0,258 0,012 0,069 0,003 0,094 -0,021 0,047 -0,023 0,011 0,113 0,013 0,169 -0,054 0,084 0,092 0,316 0,007 0,038 0,002 0,066 -0,014 0,025 -0,017 0,010 0,099 0,011 0,128 -0,034 0,063 0,088 0,283 t-Wert 1,277 0,254 1,283 0,089 2,591 -0,501 0,889 -0,636 0,413 4,110 0,446 4,597 -1,146 2,247 3,781 13,088 Korrelationsp-Wert koeffizient mit (Signifikanz) abh. Variable 0,202 0,800 0,200 0,929 0,010 0,616 0,374 0,525 0,680 0,000 0,656 0,000 0,252 0,025 0,000 0,000 0,112 0,113 0,146 0,165 0,135 0,131 0,155 0,227 0,287 0,253 0,293 0,183 0,218 0,296 0,391 19 20 Auswertung sierten und Fans unter 18 Jahren geben an, dass ihr Lieblingsspieler ihnen aufzeigt, was man durch Einsatz und Willen alles erreichen kann und sie somit dazu motiviert, in allen Lebensbereichen ihr Bestes zu geben. In diesem Zusammenhang geht von Ivica Olic (Durchschnittswert = 3,44 von 5), Franck Ribéry (3,33), Lucas Barrios (3,25), Ron-Robert Zieler (3,22) und Mario Gomez (3,08) die größte Motivationskraft aus. 28% 25% 25% 24% 3.2.5 Identifikationsfunktion von Superstars Fußballstars animieren nicht nur zu mehr Sportaktivität, sondern sind auch für viele Kinder ein wichtiger Grund, um überhaupt mit dem Fußballspielen anzufangen. Dabei spielt der Lieblingsspieler als Motivator sogar eine größere Rolle als Eltern oder Geschwister. Von allen Teilnehmern der Fan-Umfrage, die Fußball spielen oder gespielt haben, geben über 40% an, dass sie u.a. damit angefangen haben, um Fußballstars nachzueifern. Lediglich Freunde und die Freude am Spiel sind hierfür wichtigere Gründe. Fußballstars sind einer von mehreren Gründen, warum sich Fans mit ihrem Lieblingsclub identifizieren. Ihr Einfluss reicht dabei aber nicht an die Tradition und die Werte eines Bundesliga-Clubs heran, schließlich sind diese auch deutlich beständiger als ein Spielerkader. Während 68% der Umfrage-Teilnehmer u.a. die Tradition und Werte als einen Grund für ihre Identifikation mit dem Club angeben, nennen 28% der Personen, deren Lieb- 21% 17% 16% 16% 15% 13% 1 (trifft überhaupt nicht zu) 2 3 4 5 (trifft vollkommen zu) Ø 2% Es hat mir einfach Spaß gemacht 1 (trifft überhaupt nicht zu) 2 3 Alle Befragten 4 Jugendliche unter 18 Jahren 5 (trifft vollkommen zu) Abbildung 18: »Mein Lieblingsspieler motiviviert mich dazu, (in allen Lebensbereichen) mein Bestes zu geben, weil er mir vorlebt, was man durch Willen und Einsatz alles erreichen kann.« Fan-Umfrage Zudem zeigen die Ergebnisse der Online-Umfrage, dass Lieblingsspieler sportlich aktive Kinder und Jugendliche dazu motivieren, mehr Sport zu treiben. 40% der Umfrage-Teilnehmer unter 18 Jahren geben an, von ihrem Lieblingsspieler zu mehr eigener Sportaktivität animiert zu werden, sofern sie bereits öfter als ein Mal pro Woche Sport treiben. 40% 24% 21% 23% 20% 18% 17% 15% 12% 1 (trifft überhaupt nicht zu) 2 Alle Befragten 3 11% 4 Jugendliche unter 18 Jahren 5 (trifft vollkommen zu) Abbildung 19: »Mein Lieblingsspieler motiviviert mich dazu, selber mehr Sport zu treiben.« Fan-Umfrage Freunde von mir haben auch Fußball gespielt Ich wollte Fußballstars nacheifern Habe im Sportunterricht in der Schule gespielt und mich dort dafür begeistert Meine Eltern oder Geschwister haben auch gespielt Fußball war bzw. ist ein vergleichsweise kostengünstiger Sport Ich wollte soziale Kontakte knüpfen Es gab kaum alternative Freizeitangebote in meinem Heimatort 3% 3% 9% 16% 4,61 76% 9% 14% 24% 28% 19% 19% 36% 21% 19% 45% 11% 49% 16% 15% 2,59 24% 14% 24% 2,76 18% 10% 22% 23% 2,97 20% 16% 10% 17% 33% 3,88 48% 19% 16% 11% 13% 8% 11% 9% 2,46 2,39 2,14 Abbildung 20: »Warum haben Sie angefangen Fußball zu spielen?« Fan-Umfrage Die Ergebnisse der Online-Umfrage zeigen ferner auf, dass Faszination und Einfluss durch Fußballstars stärker wirken, je jünger ein Kind ist. Der Korrelationskoeffizient zwischen dem Alter der Befragten beim »ersten Ballkontakt« und dem Einfluss von Fußballstars liegt bei -0,116 und ist auf dem 1%-Niveau signifikant. Kaum verwunderlich ist, dass für diejenigen Personen, die erst nach ihrem 18. Lebensjahr mit dem Fußballspielen begonnen haben, Fußballstars überhaupt keinen Grund hierfür darstellen. Diese »Späteinsteiger« sind allerdings auch eher eine Ausnahme – immerhin 97% der Teilnehmer der Fan-Umfrage haben noch vor Vollendung ihres 18. Lebensjahres angefangen Fußball zu spielen; der Median liegt im achten Lebensjahr. lingsspieler für ihren Lieblingsclub spielt, auch ihren Lieblingsspieler. Letztere erreichen einen Durchschnittswert von 2,6 von 5 (»trifft vollkommen zu«) und liegen damit auch deutlich hinter den Kriterien »mit dem Club verbundene Erinnerungen« (3,6) oder »Erfolg des Clubs« (3,1). Allerdings weisen Lieblingsspieler einen ähnlich hohen Faktor für die Identifikation der Befragten mit dem Club auf wie die Region (2,8) und sind hierbei erstaunlicherweise sogar wichtiger als Eltern (2,0) oder Freunde (2,5). Ein weiteres interessantes Ergebnis ist die höhere Bedeutung von Fußballstars für die Identifikation mit dem Club bei Herzblutfans als bei Fußballinteressierten und Mainstream-Fans. Während 43% der Herzblutfans u.a. ihren Lieblingsspieler als Identifikationsgrund nennen, sind es bei den Mainstream-Fans nur noch 26% und unter den Fußballinteressierten lediglich 15%. Auswertung Schließlich soll nicht unerwähnt bleiben, dass der Lieblingsspieler eines Fans nicht zwingend auch in dessen Lieblingsclub spielen muss. Zwei Faktoren machen dies aber wahrscheinlich. Zum einen führen mehr Stars im Kader dazu, dass ein Fan seinen Lieblingsspieler auch in diesem findet. So haben z.B. 90% der Bayern-Fans einen Lieblingsspieler im eigenen Club, allerdings nur 52% der Fans von Clubs ohne einen der zur Auswahl gestellten Superstars. Zum anderen reduziert eine höhere Identifikationsintensität mit dem Lieb- Die Spieler, die bei ihren Fans am stärksten zur Identifikation mit dem Club beitragen, sind Lukas Podolski (Durchschnittswert = 3,05) vom 1. FC Köln, Bastian Schweinsteiger (3,00) und Philipp Lahm (2,85) vom FC Bayern München, Ron-Robert Zieler (2,95) von Hannover 96, Raúl (2,82) vom FC Schalke 04, Shinji Kagawa (2,74) von Borussia Dortmund und Marco Reus (2,74) von Borussia Mönchengladbach. Eigengewächse, die schon mehrere Jahre erfolgreich in ihrem Club gespielt haben (Podolski, Schweinsteiger, Lahm) 1 (trifft überhaupt nicht zu) 2 …er Werte verkörpert, die ich gut finde 8% 27% …er eine langjährige Tradition hat 9% …ich viele Erinnerungen mit ihm verbinde …er erfolgreich ist oder war 17% 7% 15% 7% 13% 6% 6% 46% 19% 23% …mein Lieblingsspieler* dort spielt 18% 36% …meine Freunde Fans sind …meine Eltern Fans sind und ich ihre Identifikation »geerbt« habe 5 (trifft vollkommen zu) 3,86 43% 3,85 34% 20% 3,55 21% 9% 3,11 34% 20% 11% 21% 10% 62% Ø 41% 24% 26% 14% …ich in derselben Region lebe oder gelebt habe 4 26% 19% 11% 19% 3 14% 9% 2,78 17% 8% 11% 12% 2,59 2,46 1,97 Abbildung 21: »Ich identifiziere mich mit meinem Lieblingsclub, weil…« Fan-Umfrage schneiden also besonders gut ab. Allerdings können auch Spieler, die erst eine (Raúl, Kagawa, Zieler) oder zwei Saisons (Reus) für ihren aktuellen Club spielen, bereits einen spürbaren Beitrag zur Identifikation der Fans leisten. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Lukas Podolski Bastian Schweinsteiger Ron-Robert Zieler Philipp Lahm Raúl Shinji Kagawa Marco Reus Claudio Pizarro Mario Götze Lucas Barrios lingsclubs die Wahrscheinlichkeit, dass der Fan bei der Auswahl seines Lieblingsspielers »fremdgeht« – während 75% der Herzblutfans einen Lieblingsspieler im eigenen Club haben, trifft dies auf 70% der Mainstream-Fans und auf nur 57% der Fußballinteressierten zu. 3,05 3,00 2,95 2,85 2,82 2,74 2,74 2,73 2,72 2,67 Abbildung 22: »Ich identifiziere mich mit meinem Lieblingsclub, weil mein Lieblingsspieler dort spielt.« (Top 10) Fan-Umfrage, Durchschnittswerte (1 = trifft überhaupt nicht zu, 5 = trifft vollkommen zu). * Auswahlliste mit insgesamt 67 Superstars und Lokalen Helden der Fußball-Bundesliga (mind. 3 pro Club); nur Antworten von Befragten berücksichtigt, deren Lieblingsspieler auch in ihrem Lieblingsclub spielt. 21 22 Literaturangaben Literaturangaben Adler, M. 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North American Journal of Psychology, 7: 117-124. 23 Über das Institute for Sports, Business & Society Im Zentrum der ISBS-Forschungsagenda stehen dabei die folgenden vier Schwerpunkte: Sozialer Wandel durch Sport • Ermittlung der ökonomischen und sozialen Abstrahleffekte (Return to Society) durch Spitzensport, sportpolitische Maßnahmen, Förderprogramme auf Städte, Regionen und Länder • Entwicklung sportspezifischer Maßnahmen zum systematischen Vergleich makroökonomischer und sozialer Auswirkungen des Sports Humankapital im Sport • Analyse von Persönlichkeitseigenschaften und Potentialen von Spitzensportlern zur Ermittlung von sportartspezifischen Fähikeitsprofilen für die Wirtschaft • Identifikation von Best Practices in den Bereichen Sourcing, Rekrutierung, Platzierung und Weiterbildung von Spitzensportlern Sportmarketing und -sponsoring • Weiterentwicklung bestehender Methoden und Instrumente zur Messung des ökonomischen und sozialen Sponsoringerfolgs • Analyse von Fanverhalten und -bedürfnisen zur Identifikation von Erfolgsfaktoren in der Club- und Sportlervermarktung Sport & Innovation • Erfassen von ökonomischen und medialen Erfolgsfaktoren für neue Geschäftsmodelle von Nischensportarten • Vergleichende Analyse der Entstehung, Verbreitung und Adaption von Innovationen in Sport und Wirtschaft Das Institute for Sports, Business & Society (ISBS) der EBS Universität für Wirtschaft und Recht untersucht die sozialen und ökonomischen Wirkungen des Sports. Neben wissenschaftlichen Studien mit hoher praktischer Relevanz und der Identifikation neuer Trends im Zusammenspiel von Sport, Wirtschaft und Gesellschaft bietet das Institut eine Plattform für Unternehmensführer, Wissenschaftler, Sportler und den Führungsnachwuchs. Ziel des ISBS ist es, relevante und attraktive Themen anhand wissenschaftlicher Methoden zu analysieren und für den Dialog mit Meinungsführern in Sport, Wirtschaft und Gesellschaft aufzubereiten. Kontakt Prof. Dr. Sascha L. Schmidt Institutsleiter Institute for Sports, Business & Society EBS Business School EBS Universität für Wirtschaft und Recht Rheingaustr. 1 65375 Oestrich-Winkel Telefon +49 611 7102 2064 sascha.schmidt@ebs.edu www.ebs.edu/isbs ISBS Research Series ISBS Research Series Issue 1, 12|2010 Integration durch Profifußball Eine Analyse der Leistungszentren der Bundesliga * Autoren: Prof. Dr. Sascha L. Schmidt und Christian Weiss ISBS Research Series Issue 2, 12|2011 In the Line of Fire Verweildauer von Bundesligatrainern und CEOs in Deutschland Autoren: Prof. Dr. Sascha L. Schmidt und Dominik Schreyer ISBS Research Series Issue 3, 11|2011 Adler sind keine Fliegengewichte mehr Skispringen im Wandel der Zeit Autoren: Prof. Dr. Sascha L. Schmidt und Verena Jung ISBS Research Series Issue 4, 12|2011 Deutschland braucht den Superstar Die gesellschaftliche Bedeutung von Vorbildern im Profifußball Autoren: Prof. Dr. Sascha L. Schmidt und Daniel Högele ISBS Research Series Issue 5, 11|2012 Die Stadt und ihr Profifußball Eine ganz normale Beziehung Autoren: Prof. Dr. Sascha L. Schmidt und Florian Bünning *QR-Code für den Download der Studie 24 Kontakt Prof. Dr. Sascha L. Schmidt Daniel Högele Institute for Sports, Business & Society EBS Business School gGmbH Universität für Wirtschaft und Recht Rheingaustraße 1 65375 Oestrich-Winkel Telefon +49 611 7102 2064 sascha.schmidt@ebs.edu daniel.hoegele@ebs.edu www.ebs.edu/isbs Design bdax.de, düsseldorf Bildnachweise DFL Deutsche Fußball Liga GmbH Getty-Images Deutschland GmbH © Institute for Sports, Business & Society Oestrich-Winkel 12/2011