Der Patient zwischen Autonomie und Compliance

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Der Patient zwischen Autonomie und Compliance
Der Patient zwischen Autonomie und
Compliance
Dr. Uta Baddack, M.mel.
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Interdisziplinäres Zentrum
Medizin-Ethik-Recht
Herausgegeben von
Prof. Dr. Hans Lilie
Prof. Dr. Hans Lilie (Hrsg.), Schriftenreihe Medizin-Ethik-Recht, Band 35, 2012
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek:
ISSN 1862-1619
ISBN 978-3-86829-449-1
Schutzgebühr Euro 5
Interdisziplinäres Zentrum Medizin-Ethik-Recht (MER)
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Universitätsplatz 5
D- 06108 Halle (Saale)
mer@jura.uni-halle.de
www.mer.jura.uni-halle.de
Tel. ++ 49(0)345-55 23 142
1
Thesen ........................................................................................................................ 2
I Einleitung................................................................................................................... 3
II Methoden ................................................................................................................. 5
III Compliance und Non-Compliance ........................................................................... 5
IV
III. 2
Messung von Compliance ....................................................................................... 8
III. 3
Folgen von Non-Compliance................................................................................. 10
III. 4
Gründe für Non-Compliance ................................................................................. 12
III. 5
Mögliche Förderung von Compliance.................................................................... 15
Patientenautonomie ........................................................................................... 18
IV.1
Der Autonomiebegriff ............................................................................................. 20
IV.2
Weitere Prinzipien der biomedizinischen Ethik ....................................................... 21
IV.3
Wenn Selbstbestimmung nicht mehr wahrgenommen werden kann ...................... 24
IV.4
Patientenautonomie aus Sicht des Arztes .............................................................. 26
V Zwischen Selbstbestimmung und Compliance .................................................... 30
VI Literaturverzeichnis ............................................................................................... 33
Die Autorin................................................................................................................. 40
2
Thesen
1) Jeder hat das Recht, über die eigene Person und den eigenen Körper frei und
selbstständig zu entscheiden.
2) Personen die erkranken, werden zu Patienten und sind als solche abhängig von
medizinischer Betreuung durch Fachkräfte.
3) Ärzte und ihre Patienten haben als gemeinsames Ziel, Krankheiten vorzubeugen,
zu erkennen und zu behandeln.
4) Eine große Zahl von Patienten handeln aus verschiedenen Gründen nicht
therapiekonform und sind damit non-compliant. Dieses Verhalten hat als
mögliche Konsequenzen die Verschlechterung des Gesundheitszustands bis hin
zu vermeidbaren Todesfällen und darüber hinaus beachtliche wirtschaftliche
Folgen.
5) In der biomedizinischen Ethik gelten als handlungsleitende Prinzipien die
Respektierung der Patientenautonomie, „non-maleficence“, „beneficence“ und
das Prinzip der Verteilungsgerechtigkeit. Die Gewichtung dieser Prinzipien durch
Patienten und Ärzte wird von verschiedenen Faktoren bestimmt.
6) Das Erreichen einer ausgewogenen Balance im Arzt-Patienten-Verhältnis
zwischen der Respektierung der Patientenautonomie und der Pflicht zum
ärztlichen Handeln durch Aus- und Weiterbildung auf der ärztlichen Seite
einerseits und Aufklärung und Wissensvermittlung auf Seite der Patienten,
könnte zu einer Verbesserung der Compliance beitragen.
3
I Einleitung
Die vertrauensvolle Kooperation von Arzt und Patient stellt die Grundlage für eine
erfolgreiche Behandlung dar. Ärzte und ihre Patienten arbeiten auf das gleiche
gemeinsame Ziel hin, Krankheiten vorzubeugen, zu erkennen und zu behandeln. Für
die gegenseitige Verständigung sind eine umfassende persönliche Aufklärung und
eine angemessene Beratung nötig. Diese ermöglichen die aktive Beteiligung des
Patienten
am
Behandlungsprozess
und
das
Treffen
von
notwendigen
Entscheidungen in eigener Verantwortung.
Das freie selbstständige Entscheiden über die eigene Person und den eigenen
Körper wird allgemein als selbstverständliche Gegebenheit empfunden und ist als
solches verfassungsmäßig garantiert (Art. 1 Abs. 2 S. 2 GG). Nach Immanuel Kant
macht
erst
die
Willensfreiheit
den
Menschen
zur
Person.
Dieses
Selbstbestimmungsrecht spielt in der Krankenbehandlung eine besondere Rolle, wie
sich an der gesetzlichen Verankerung der Patientenverfügung (§ 1901a BGB) zeigt
und geht im Zusammenhang mit der postmortalen Entnahme von Geweben und
Organen sogar über den Tod hinaus.
Das Selbstverständnis und die Achtung eigener Entscheidungen sind verändert,
wenn Personen erkranken und hierdurch zu Patienten werden. Oft widersprechen
Wünsche und Vorstellungen von Patienten den zur Verfügung stehenden
Behandlungsmöglichkeiten oder den von ihren Ärzten vorgeschlagenen Methoden.
Zusätzlich lassen die von Ärzten formulierten Diagnosen oft schwer das tatsächliche
Ausmaß einer Krankheit erkennen. Hierdurch fällt es wiederum schwer, die
Veränderungen der Lebensführung, Ernährungsgewohnheiten und die regelmäßige
Einnahme
von
Medikamenten
sowie
das
Erscheinen
zu
Vor-
oder
Nachsorgeterminen als notwendig zu akzeptieren und zu befolgen. Hinzu kommen
auch die bewusste oder unbewusste Verdrängung schockierender Diagnosen als
Selbstschutzreflex sowie die Ablehnung von Therapieansätzen aus religiösen oder
persönlichen Gründen oder aus dem sogenannten Bauchgefühl heraus. Denn die
meisten Maßnahmen, mögen sie auch der Behandlung oder Linderung eines
Leidens dienen, schränken die Lebensqualität ein; sei es durch die Veränderung des
Tagesablaufs,
durch
streng
vorgegebene
Medikamenteneinnahme,
durch
Arztbesuche oder auch einfach das ungute Gefühl der Hilflosigkeit und Ohnmacht
4
gegenüber dem eigenen Schicksal. Eine Überwachung des Arzneiplans, der
Ernährung und die Wahrnehmung der notwendigen Untersuchungen können bei der
stationären Betreuung von Patienten mit sehr gutem Erfolg durchgeführt werden. Die
kostenintensive Behandlung im Krankenhaus ist jedoch immer nachrangig
gegenüber ambulanter Therapie (§ 39 Abs. 1 S.2 i.V.m. § 12 Abs. 1 SGB V), in
welcher Patienten in Eigenverantwortung ärztlichen Vorgaben folgen oder eben nicht.
Das Ausmaß, in dem Patienten eine therapeutische Empfehlung befolgen, wird in der
Literatur
als
Compliance,
„Adherence“,
„Cooperation“
oder
auch
„Concordance“ bezeichnet. Sie beschreibt das Verhalten gegenüber therapeutischen
Maßnahmen, zu dem sich ein Patient aufgrund von Erfahrungen, Erwartungen sowie
seiner persönlichen Einschätzungen und Überzeugungen bewusst entscheidet. Die
Abweichung von der empfohlenen Behandlung, beispielsweise das Versäumen von
Untersuchungsterminen
oder
eine
falsche
Einnahme
der
verschriebenen
Medikamente, wird als Non-Compliance beschrieben. (Brucksch et al., 2005; NicholsEnglish and Poirier, 2000; Royal Pharmaceutical Society of Great Britain, 1997)
Eine hohe Compliance ist von grundlegender Bedeutung nicht nur für den Erfolg von
medizinischen Behandlungen, sondern auch deren Wirtschaftlichkeit. Bei niedriger
Compliance wird nämlich nicht die optimale Therapie erfolgen, d.h. Krankheiten
werden schlechter als eigentlich möglich behandelt. Zusätzlich entstehen auch sehr
hohe Kosten für verschriebene aber nicht eingenommene Medikamente. (Gräf, 2007)
Vor
allem
können
durch
Non-Compliance
Nachbehandlungen
wegen
der
schleichenden allgemeinen Verschlechterung des Gesundheitszustandes einzelner
Patienten erforderlich werden.
Die Fragestellung dieser Arbeit beschäftigt sich mit der Bedeutung von Compliance
und
den
Einflüssen
auf
den
Behandlungserfolg
einerseits
und
der
Eigenverantwortung im Sinne einer selbstbestimmten Beteiligung von Patienten
andererseits.
5
II Methoden
Die Arbeit basiert auf einer umfangreichen Analyse der aktuellen Literatur. Hierfür
wurde sowohl in den medizinischen Datenbanken Medline, Pubmed und DIMDI als
auch in der Presse und im Internet und eine umfassende Suche zu den
Schlagwörtern
„patient
autonomy“,
„Patientenselbstbestimmung“
sowie
zu
„compliance“ durchgeführt.
Die Suchergebnisse gliederten sich in Studien, Übersichtsartikel, Buchkapitel,
Leitfäden und Vorträge. Zusätzlich dienten Gesetzestexte und einschlägige Bücher
als Quellen.
Aus
manchen
Studienergebnissen
wurden
Daten
zur
Erstellung
von
Übersichtsgrafiken verwendet. Alle Abbildungen in dieser Arbeit entstammen nicht
aus der zitierten Literatur, sondern sind aus Daten der jeweils angegebenen Studien
selbst ausgearbeitet. Es wurden die Programme GraphPad Prism Version 4.0 und
Microsoft Excel verwendet.
III Compliance und Non-Compliance
Laut WHO-Bericht nehmen durchschnittlich etwa die Hälfte aller Patienten ihre
Medikamente nicht korrekt ein. (World Health Organization, 2003) In der Literatur
finden sich hierzu Angaben von 50% bis 90%. (Leaver et al., 2009; Wertheimer and
Santella, 2003) Non-Compliance, beispielsweise als falsche Einnahme von
Medikamenten, ist vielen Patienten allerdings gar nicht bewusst. Eine 2006
veröffentlichte Studie der National Community Pharmacists Association (NCPA) hat
einen merkwürdigen Widerspruch zwischen der Überzeugung, Ratschläge und
Anwendungshinweise richtig zu befolgen, und der tatsächlichen falschen Einnahme
durch Patienten festgestellt. So glaubten 64% der Studienteilnehmer, den
Anweisungen ihrer Ärzte zur Medikamenteneinnahme genau zu entsprechen. Im
Gegensatz dazu gestanden aber 74% eine Form von Non-Compliance ein. (National
Community Pharmacists Association, 2006)
Eine zusammenfassende Studie von Cramer und Rosenheck hat untersucht, ob es
Compliance-Unterschiede in verschiedenen Beschwerdegruppen gibt. (Cramer and
6
Rosenheck, 1998) Die drei ausgewählten Gruppen waren Patienten, die entweder
Psychopharmaka,
Beschwerden
Antidepressiva
erhielten.
Es
oder
wurde
Medikamente
deutlich,
dass
alle
gegen
körperliche
drei
betrachteten
Patientengruppen ihre vorgegebenen Therapien nicht sehr zuverlässig umsetzten.
Patienten, denen Psychopharmaka verschrieben wurden, nahmen bei einer Spanne
von 24% bis 90% im Durchschnitt nur zu 58% (± 19%) die vorgegebenen Arzneimittel
richtig ein. Verschriebene Antidepressiva wurden bei einer Spanne von 49% bis
90% zu 65% (± 18%) korrekt eingenommen. Medikamente gegen physische
Beschwerden wurden zu 76% (± 10%) richtig eingenommen, bei einer Spanne von
60%
bis
92%
(Abbildung
1).
Diese
Schätzungen
wurden
in
späteren
Veröffentlichungen bestätigt. (Chong et al., 1997; Sawada et al., 2009)
Abbildung 1: Compliance in verschiedenen Behandlungsgruppen.
Der prozentuale Anteil der Medikamenten-Compliance in Patientengruppen, die entweder
Psychopharmaka, Antidepressiva oder Medikamente gegen körperliche Beschwerden einnehmen
sollten, wurde von Cramer und Rosenheck ermittelt. (Cramer and Rosenheck, 1998) Der statistische
Vergleich hat keine signifikanten Unterschiede dargelegt. Dargestellt sind die Mittelwerte als Linie, die
Standardabweichung als weiße bzw. graue Felder und die Extremwerte.
7
III.1
Formen von Non-Compliance
Bei der Abweichung von der als optimal erachteten Behandlung lassen sich
verschiedene,
teils
schwer
abgrenzbare,
Formen
bzw.
Verhaltensmuster
unterscheiden. Die am häufigsten diskutierten Formen sind in Tabelle 1 stichwortartig
zusammengefasst und werden in den späteren Kapiteln ausführlich diskutiert:
• Entsorgung der Medikamente direkt nach Erhalt („Parkplatzeffekt“)
• Langfristig werden Empfehlungen befolgt, aber gelegentlich kurzzeitig
unterbrochen („drug holiday“)
• Kurz vor dem Termin beginnt der Patient mit der Befolgung der Anweisungen,
die er ansonsten ignoriert („Zahnputzeffekt“)
• Compliance vollständig, aber mit falscher Medikation
• Über-, Unterdosierung, erratische Dosierung
• Falsche Einnahmefrequenz (oft bei Einnahme mehrerer Medikamente)
• Vorzeitiger Abbruch der Therapie
• Polymedikation: Einnahme mehrerer Medikamente
• Falsches Medikament (oft bei Einnahme mehrerer Medikamente)
Tabelle 1: Die häufigsten Formen der Non-Compliance.
Nach (Arnet and Haefeli, 1998; LaRosa and LaRosa, 2000; Wertheimer and Santella, 2003).
In einer Umfrage mit 1000 Teilnehmern hat die NCPA einige dieser Formen in ihrer
Häufigkeit untersucht (Abbildung 2). (National Community Pharmacists Association,
2006)
Im Fall von Kindern ist die korrekte Einhaltung von Behandlungsplänen sogar noch
unwahrscheinlicher, da sie für Arztbesuche und die Einnahme von Medikamenten
abhängig von ihren Eltern oder Aufsichtspersonen sind.
Je nach Erhebungs- bzw. Messmethode von Compliance-Raten treten in der
Literatur große Schwankungen auf. Ein häufiges Problem sind verzerrte Aussagen
von Patienten, die selbst wissen, dass es nicht richtig war, bei der Einnahme ihrer
Arzneimittel und anderen ärztlichen Vorgaben nachlässig vorzugehen. Es besteht
nämlich bei Studienteilnehmern die Tendenz, aus Scham unrichtige Angaben zu
machen. Die in Studien angewandte Methode zur Bestimmung von Compliance ist
daher durchaus ausschlaggebend für die Aussagekraft der Ergebnisse und erklärt
8
auch starke Abweichungen oder scheinbare Widersprüche zwischen Erhebungen mit
unterschiedlichen Messmethoden. (Cramer and Rosenheck, 1998) Die am
häufigsten angewandten Möglichkeiten werden im Folgenden erläutert und
abgewogen.
Abbildung 2: Formen und Häufigkeiten von Non-Compliance.
Eine Umfrage der „National Community Pharmacists Association“ hat verschiedene Formen der NonCompliance und ihre jeweilige Häufigkeit untersucht. Dargestellt ist der prozentuale Anteil von 1000
Befragten. (National Community Pharmacists Association, 2006) AM: Arzneimittel
III. 2
Messung von Compliance
Es gibt verschiedene Methoden zur Messung von Compliance, die alle Vor- und
Nachteile aufweisen. Grob kann unterschieden werden zwischen direkten Methoden,
also
direkten
Beobachtungen
oder
Konzentrationsbestimmungen
in
Körperflüssigkeiten, und indirekten Methoden. Letztere umfassen Einschätzungen
durch
Ärzte,
Tagebücher,
Patienteninterviews
oder
Fragebögen,
klinische
Ergebnisse, Tablettenzählmethoden und elektronische Überwachung. Auch die
Unterscheidung in subjektive und objektive Methoden ist geläufig. Erstere beinhalten
eigene Angaben der Patienten und Einschätzungen durch Ärzte in Form von
Interviews oder Fragebögen. Diese sind leicht und günstig umzusetzen, allerdings
auch sehr anfällig für Überschätzungen bis hin zu bewussten Falschangaben.
9
Objektive Methoden sind wiederum Zählung von Medikamenten, elektronische
Überwachung und Datenübersichten. (Cramer and Rosenheck, 1998; Klein and
Kraemer, 2006; LaFleur and Oderda, 2004; Pizzi and Biskupiak, 1999)
Die Anzahl von eingenommenen Tabletten bzw. Kapseln kann einfach bestimmt
werden, wenn die in der Packung verbliebenen Medikamente am Ende einer Studie
ausgezählt werden. Bei dieser „Pill count“-Methode kommt es allerdings vor, dass
Patienten, denen ihre unregelmäßige Einnahme unangenehm ist, nicht verwendete
Medikamente nicht zur Zählung abgeben.
Ähnlich
funktioniert
die
Erhebung
der
Einnahmedaten
durch
gezieltes
computerbasiertes Verfolgen der Verschreibungsintervalle, innerhalb derer Patienten
ein neues Rezept ausstellen lassen. Diese Methode verlangt jedoch, dass immer der
gleiche Arzt neue Rezepte ausstellt und auch Veränderungen des entsprechenden
Arzneimittels, beispielsweise in der Dosierung oder Packungsgröße, mit erfasst
werden und in die Datenverarbeitung einfließen.
Weiterhin können Konzentrationen der verabreichten Substanzen oder deren
Abbauprodukte im Blut, Speichel oder Urin bestimmt werden. Diese Untersuchungen
sind invasiv und teuer und geben immer nur zuverlässig Auskunft über die
Medikamenteneinnahme kurz vor der Entnahme von Blut oder dem Sammeln von
Urin. Sicherlich hebt eine erhöhte Einnahmefrequenz kurz vor der Untersuchung den
Serumspiegel oder die Ausscheidung von Abbauprodukten des Arzneimittels, sagt
jedoch nichts über die Langzeitanwendung aus. Die völlige Unterlassung der
Einnahme kann hingegen durch einen Nullspiegel in den Körperflüssigkeiten
festgestellt werden.
Schließlich gibt es seit einigen Jahren auch mikroelektronische Verfahren zur
Überwachung
System“
der
MEMS
Medikamenteinnahme.
registriert
Das
beispielsweise
„Medication
and
automatisch,
Monitoring
wenn
ein
Arzneimittelbehältnis geöffnet wird. Hierbei werden Datum und Zeitpunkt sowie die
Häufigkeit der Öffnung gespeichert. (Klein and Kraemer, 2006) Mit Hilfe dieser
Technologie können Versäumnisse bei der Einnahme individuell aufgedeckt und
mögliche Lösungen fallspezifisch mit den behandelnden Ärzten ausgearbeitet
werden. Natürlich kann nicht kontrolliert werden, ob und wie viele Tabletten nach
Öffnung des Behältnisses tatsächlich eingenommen wurden.
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Die Vor- und Nachteile der verschiedenen Erhebungsmöglichkeiten sind nachfolgend
tabellarisch zusammengefasst (Tabelle 2).
Messmethode
Vorteile
Nachteile
Interviews, Fragebögen
kostengünstig, einfach
umsetzbar
Überschätzungen
Falschangaben
„Pill count“
einfach umsetzbar
Falschangaben
Immer gleicher Arzt
Verschreibungsintervalle
verfolgen
computerbasiert möglich
Konzentrationsbestimmung in
Körperflüssigkeiten
Mikroelektronische
Verfahren (MEMS)
zuverlässig für
Kurzzeitstudien
Immer gleicher Arzt
Änderungen zu beachten
z.B. Packungsgröße
invasiv, teuer,
unzuverlässig für
Langzeitstudien
teuer, Einnahme nicht
dokumentiert
Feststellung individueller
Muster
Tabelle 2: Vor- und Nachteile von Compliance-Messmethoden
Zusammenfassung der diskutierten verschiedenen Methoden zur Erhebung von MedikamentenCompliance. (Cramer and Rosenheck, 1998; Klein and Kraemer, 2006; LaFleur and Oderda, 2004;
Pizzi and Biskupiak, 1999)
Ein fortwährendes Problem stellen Falschangaben von Patienten dar. Diese sind sich
bewusst, dass es nicht richtig war, bei der Einnahme nachlässig vorzugehen und
schämen sich. Besonders in solchen Fällen ist die vertrauensvolle Kommunikation
mit dem Arzt und Apotheker wichtig, damit gesundheitsschädigende Folgen
gemindert und möglichst ganz ausgeschlossen werden.
III. 3
Folgen von Non-Compliance
Wirkungsvolle Arzneimittel können Leben retten. Bei falscher Anwendung hingegen
sind sie sehr gefährlich. Für Patienten stehen neben der schlechten Behandlung
ihrer Krankheit auch eine eingeschränkte Lebensqualität und vor allem vermeidbare
Todesfälle auf dem Spiel. Auch die Wahrnehmung von Kontroll-, Vor- und
Nachsorgeterminen kann lebenswichtig zur frühen Erkennung, raschen Behandlung
und Verhinderung der Ausbreitung von Krankheiten, wie beispielsweise Krebs, sein.
11
Außerdem sind auch die wirtschaftlichen Folgen von Non-Compliance beachtlich. In
den USA werden sie jährlich auf 100 Milliarden US Dollar, in Deutschland jährlich auf
10 Milliarden Euro geschätzt. (Gräf, 2007; National Community Pharmacists
Association, 2006; Wertheimer and Santella, 2003)
Eine große Gefahr besteht auch, wenn Ärzte nicht erkennen, dass Medikamente nur
deswegen nicht zu wirken scheinen, weil sie falsch oder gar nicht eingenommen
werden. Sprechen Patienten, welche eine verordnete Therapie nicht richtig umsetzen,
nicht auf diese an, wird häufig die ursprüngliche Dosis erhöht oder auf
Ausweichmedikamente umgestellt. Obwohl die zuerst verordneten Medikamente
möglicherweise bei richtiger Einnahme eine deutliche Besserung bewirkt hätten,
werden diese abgesetzt und nicht mehr in Betracht gezogen. Zusätzlich wird in die
Behandlung mit einem neuen Arzneimittel investiert, mit welchem jedoch wieder
wenig Aussicht auf Besserung besteht, wenn die therapeutischen Vorgaben
weiterhin nicht befolgt werden. Im weiteren Verlauf kann es schließlich zu einer
Verschlimmerung des Krankheitsbildes, weiteren Komplikationen, zur Einweisung in
stationäre Behandlung bis hin zu frühzeitiger Invalidität oder sogar zum Tod kommen.
(Cramer, 1998; Wertheimer and Santella, 2003)
Besonders anschaulich lassen sich die oben beschriebenen verheerenden Folgen im
Fall von Patienten mit chronischen Leiden darstellen, die aufwendiges Koordinieren
von verschiedenen Medikamenten und Einschränkungen in der Lebensführung
erfordern. Hierzu zählen beispielsweise Diabetes, Bluthochdruck und erhöhte
Cholesterolwerte. Nachlässig behandelter Bluthochdruck kann beispielsweise zu
Schlaganfällen und Herzversagen führen. Eine primärpräventive Studie zur
Verhinderung von Herzkrankheiten bei Hypercholesterolämie-Patienten belegte
hierzu auch ein deutlich niedriges Sterberisiko bei regelmäßiger richtiger Einnahme
der verordneten Lipidsenker gegenüber nachlässiger oder falscher Einnahme.
(Shepherd, 1997; Shepherd et al., 1995) Oft treten vermeintliche Ungereimtheiten
der Wirksamkeit von Arzneimitteln auf, deren erfolgversprechende Wirkung sich zwar
in streng überwachten Studien zeigt, nicht aber wenn Patienten die Medikamente in
Eigenverantwortung
einnehmen.
Die
falsche
oder fehlende
Einnahme
von
Medikamenten gegen AIDS wird beispielsweise als Grund für die anhaltend hohe
Sterbehäufigkeit durch das HI-Virus angeführt. (Dockser Marcus, 2003)
12
Eine weitere gravierende Folge des Vergessens einzelner Dosen oder zu geringer
Dosierungen im Fall von Antibiotika, stellt die Ausbildung von Resistenzen dar.
Reinert
konnte
in
diesem
Zusammenhang
zeigen,
dass
subinhibitorische
Konzentrationen die Entwicklung von Resistenzen bewirken. (Reinert, 2007)
Die meistgenannten Folgen von Non-Compliance sind in der nachfolgenden
Übersicht zusammengefasst (Tabelle 3).
• Anhaltend schlechter Gesundheitszustand
• Zusätzliche Arztbesuche bis hin zur Krankenhauseinweisung
• Verordnung weiterer Medikamente
• Verschlechterung des Gesundheitszustands und Komplikationen
• Vorübergehende oder anhaltende Invalidität
• Vermeidbare Todesfälle z.B. bei chronischen Erkrankungen, AIDS
• Erhöhte wirtschaftliche Belastung v.a. der Krankenkassen
• Ausbildung von Antibiotikaresistenzen
Tabelle 3: Folgen von Non-Compliance.
In der Literatur wiederholt genannte Konsequenzen von schlechter Compliance. (Gräf, 2007; National
Community Pharmacists Association, 2006; Reinert, 2007; Wertheimer and Santella, 2003)
III. 4
Gründe für Non-Compliance
Aus der Überprüfung veröffentlichter Studien ist zu entnehmen, dass eine hohe
Compliance einher geht mit Zufriedenheit, guter Betreuung, dem Wunsch der
Besserung und auch damit, dass Patienten die Notwendigkeit einer Behandlung
akzeptieren. Schlechte Compliance wurde hingegen häufig festgestellt bei Patienten
mit chronischen und symptomarmen Leiden, welche mit mehreren Medikamenten
behandelt werden, bei denen Nebenwirkungen auftreten und es zu Veränderungen
im sozialen Bereich kam. (Cramer and Rosenheck, 1998; Qidwai et al., 2004)
Um schlechte Compliance zu bekämpfen, müssen Gründe, welche hierfür eine Rolle
spielen, aufgedeckt werden. Demographische Faktoren, wie beispielsweise Alter und
Geschlecht und deren Korrelation mit guter oder schlechter Compliance, wurden in
13
der CHARM-Studie bei 7599 Patienten mit chronischem Herzversagen untersucht
(CHARM: candesartan in heart failure assessment of reduction in mortality and
morbidity). Die Compliance-Rate war bei Frauen geringfügig niedriger (87.3 %) als
bei teilnehmenden Männern (89,8 %).(Granger et al., 2009) Eine ähnliche, aber
deutlichere Tendenz berichtete auch Sung.(Sung et al., 1998) Unabhängig vom
Geschlecht wurde in der CHARM-Studie bei Patienten mit niedriger Compliance eine
höhere Mortalität festgestellt. Insgesamt konnten Alter, der Schweregrad der
Erkrankung, die Anzahl der Medikamente und der Raucherstatus aber nicht in
Verbindung gebracht werden mit höherer oder niedrigerer Compliance. (Granger et
al., 2009) Laut Übersichtsarbeiten gehen neben dem Alter auch Faktoren wie
Familienstand,
Geschlecht,
Herkunft,
Einkommen,
Beruf,
Bildungsgrad,
Krankheitsstadium (bei Krebs), die Entfernung des Wohnsitzes vom Krankenhaus
oder Persönlichkeit nicht eindeutig mit Non-Compliance einher.(Ginde et al., 2008;
LaRosa and LaRosa, 2000; Li et al., 2000; Wertheimer and Santella, 2003) Sung und
Karrer verzeichneten aber eine gute Compliance, wenn Patienten sich bereits zuvor
als therapietreu erwiesen hatten.(Karrer et al., 2000; Sung et al., 1998)
Warum
Arzneimittel
nicht
oder
falsch
eingenommen
werden,
obwohl
sie
schmerzlindernd, lebensverlängernd oder lebensrettend wirken, kann oft einfach
erklärt werden. Manche Patienten vergessen wichtige Hinweise zur Anwendung und
nehmen trotz bester Absichten ihre Arznei falsch ein. Sehr oft führen Probleme bei
der Koordinierung von verschiedenen Medikamenten und der mehrmaligen
Einnahme dazu, dass einzelne Dosen vergessen oder vertauscht werden. (LaRosa
and LaRosa, 2000); (Sung et al., 1998)
Die am häufigsten angegebenen Gründe sind zusammengefasst in Tabelle 4.
14
Therapieabweichung
Einnahme verweigert
Abbruch, unregelmäßige
Einnahme
Unterdosierung
Überdosierung
„drug holiday“
Häufig angegebene Gründe
• Patient nicht überzeugt, dass AM nötig ist
• Keine Symptome
• Angst vor Nebenwirkungen
• Kaufpreis
• Abneigung gegenüber Medikamenten
• Angst vor Injektion (bei Spritzen)
• Patient nicht überzeugt vom Nutzen des AM
• Nebenwirkungen werden nicht vertragen
• Patient vergisst Einnahme
• Medikament zu teuer
• Eindruck Gesundheitsproblem sei „behoben“
• Koordinierung schwierig, z.B. mehrere Einnahmen oder zu
festgelegter Uhrzeit
• Zu kompliziert, z.B. Inhalatoren (Cochrane et al., 2000)
• Patient nicht überzeugt vom Nutzen des AM
• Nebenwirkungen werden nicht vertragen
• Medikament zu teuer
• Annahme „viel hilft viel“
• Wohlgefühl nach Einnahme („feel good“)
• Beschleunigung des Heilungs- oder
Behandlungsprozesses
• Patient nicht überzeugt vom Nutzen des AM
• Zum Erreichen eines angenehmen Effekts
• Zum Einpassen eines wichtigen Ereignisses
• Gefühl, dass AM bestimmte Ereignisse beeinflusst
• Patient vergisst Einnahme
Tabelle 4: Übersicht über häufige Gründe für verschiedene Formen von Non-Compliance.
Nach (Ashton et al., 2005; Cochrane et al., 2000; Gallagher and Kunkel, 2003; Han et al., 2007;
LaRosa and LaRosa, 2000; Stotland, 2003; Sung et al., 1998). AM: Arzneimittel
.
Besonders hoch ist die Non-Compliance bei chronischen Erkrankungen, wie den
oben
angeführten
chronischen
Leiden,
wie
Bluthochdruck
oder
erhöhten
Cholesterolwerten. Hierbei müssen viele Arzneimittel über lange Zeiträume hinweg,
sogar teilweise lebenslang, eingenommen werden. Bei nachlässiger Befolgung der
Vorgaben des Arztes treten allerdings keine sofortigen Beeinträchtigungen auf und
die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen und Risiken sind kaum spürbar.
Einige
Autoren
postulieren
sogar,
dass
die
Hälfte
der
Fälle,
in
denen
blutdrucksenkende Medikamente angeblich in ihrer Wirkung versagten, auf
15
unzureichende Compliance zurückführen sind. (LaRosa and LaRosa, 2000;
Stephenson, 1999) Die gleiche Tendenz zeigte sich bei der Wahrnehmung von
Untersuchungsterminen von Melanomapatienten. Für kurzfristige Kontrolltermine
betrug sie 84%, für mittelfristige 63% und war für langfristige Nachsorge am
geringsten, nämlich 30%. (Argenziano et al., 2008)
III. 5
Mögliche Förderung von Compliance
Zur Verhinderung von Non-Compliance ist eine Aufdeckung der jeweiligen Gründe
nötig, damit individuelle Lösungen erarbeitet werden können. Ansätze zur
Verbesserung
der
Patienten-Compliance
werden
bei
allen
Beteiligten
des
Gesundheitssystems, den Arzneimittelherstellern sowie den Patienten selbst
diskutiert. (EHEALTH SOLUTIONS FOR PHARMA - Strategies for salesforces,
marketing, patient compliance and clinical trials, 2007; LaRosa and LaRosa, 2000;
National Community Pharmacists Association, 2006; Steiner and Vetter, 1995; Stone
et al., 2003; Wood and Gray, 2000)
Damit die Einnahme von Arzneimitteln, Untersuchungstermine und die Einhaltung
eines an die Krankheit angepassten Lebensstils nicht vergessen werden, gab es in
den letzten Jahren weitreichende Strategien zur Entwicklung von Erinnerungshilfen.
Diese
reichen
von
Briefen
und
Anrufen,
Kalendervermerken
und
Kühlschrankaufklebern bis hin zu elektronischen Tagebüchern (Stone et al., 2003),
E-Mails und Textnachrichten auf Mobiltelefone und Pager. Letztere werden als
eCompliance bezeichnet.(EHEALTH SOLUTIONS FOR PHARMA - Strategies for
salesforces, marketing, patient compliance and clinical trials, 2007) Das britische
Unternehmen „Cegedim rx – Pharmacy Health Solutions“ bietet Software für
Apotheken,
Ärzte
und
Patienten
an
zur
automatischen
Erstellung
von
Erinnerungshinweisen. Weiterhin wurden spezielle Verpackungen, sogenannte
„smart pillboxes“ oder „smart medicine packs“ entwickelt, die einen Mikrochip
enthalten, der ein Alarmgeräusch aussendet, wenn das Medikament eingenommen
werden soll. Das Unternehmen Cypak hat einen Einwegcomputer entwickelt
(„intelligent pharmaceutical packaging IPP“), der in die Arzneiverpackung integriert ist.
Er erfasst den Zeitpunkt und die Häufigkeit der Einnahme und beinhaltet außerdem
16
ein elektronisches Patiententagebuch und Erinnerungsalarmsignale. (EHEALTH
SOLUTIONS FOR PHARMA - Strategies for salesforces, marketing, patient
compliance and clinical trials, 2007) In der Süddeutschen Zeitung wurde auch über
den Test eines Mikrochips der Firma Proteus Biomedical für den Blutdrucksenker
Valsartan berichtet. Nach der Einnahme wird die Tablette im Magen zersetzt,
wodurch ein elektrisches Signal erzeugt wird. Der Mikrochip klebt als Pflaster auf der
Schulter des Patienten und sendet bei fehlendem Signal eine Nachricht per SMS
oder WLAN als Erinnerungssignal an den Patienten, einen Verwandten oder den Arzt.
Einen besonderen Vorteil verspricht diese Technologie vor allem für Demenzkranke.
(Brüsker, 2009) Optimierte Verpackungen, organisierte Tablettenbehältnisse und
einfache Dosierungsanleitungen sind vor allem für ältere Patienten wichtig. (Cramer,
1998)
Gegen Verdrängung der gesundheitlichen Probleme und um einen nachlässigen
Umgang mit teils schweren Erkrankungen zu erkennen und zu verhindern, können
auch
regelmäßige
Informationsveranstaltungen,
Beratungsrunden,
Selbsthilfe-
gruppen oder Gesprächskreise helfen. (Bampton et al., 2007; Van Hecke et al., 2008)
Dort treffen verschiedene Betroffene und Ärzte aufeinander, die über Erfahrungen
mit der Krankheit und zusätzlichen Beschwerden durch Non-Compliance berichten.
Als anderen Ansatzpunkt sind Schulungen für Krankenschwestern und Ärzte
anzuführen. Dort soll die individuelle Motivation von einzelnen Patienten trainiert
werden. Diese ist wichtig, um jeweils im Einzelfall herauszufinden, wie eine bessere
Compliance zu erreichen ist. LaRosa fasst mögliche Ansätze zur Verbesserung von
Compliance durch Ärzte folgendermaßen zusammen (Tabelle 5):
Vorschläge zur Verbesserung von Compliance durch Ärzte
• Verständliche und deutliche Erklärungen, damit Patienten erkennen und verstehen, wie
wichtig und förderlich ihre Medikamente sind
• Klare mündliche und schriftliche Anwendungsvorgaben über den Zeitpunkt und die
Häufigkeit der Einnahme und Hinweise darauf, wie bei Vergessen einer Dosis zu verfahren
ist
• Anpassung des Behandlungsplans auf die individuellen Lebensumstände und auch
eventuelle weitere Medikamente, z.B. passende und unpassende Zeitpunkte für Einnahme
bestimmen
• Bedeutung von Compliance bei jedem Termin erneut besprechen und Patienten dazu
befragen
17
• Bevorzugt Medikamente verschreiben, die maximal einmal pro Tag eingenommen werden
müssen
Vorschläge zur Verbesserung von Compliance durch Ärzte
• Fortwährende Gespräche mit Ärzten und Anderen im Gesundheitssektor unterstützen:
Patient zu ehrlicher unbefangener Meinungsäußerung anregen; ohne Zeitdruck
• Herausfinden, ob andere Einflüsse optimale Compliance behindern
• Bei finanziellen Barrieren: auf Bonusprogramme oder günstige Angebote von andern
Anbietern hinweisen
• Bei Einnahme mehrerer Medikamente: gleichzeitige Einnahme raten, um Verwechslungen
und Verwirrung zu vermeiden
• Bei mangelnder Unterstützung des Partners: Partnertherapie vorschlagen
• Selbst-Überprüfung („self monitoring“) anregen zur Aufdeckung von Einnahmefehlern und
Bewusstwerdung der Behandlung
• Regelmäßigen Kontakt per Telefon oder Post aufrecht erhalten, um fortdauerndes
Interesse am Gesundheitszustand des Patienten zu demonstrieren
• Verteilen von Erinnerungshilfen z.B. Poster, Kalender, Magneten
• Arzneikassette oder Tablettenbox vorschlagen zur übersichtlichen Organisation der
täglichen oder wöchentlichen Medikamente oder Erinnerungshilfen mit Alarmfunktion
Tabelle 5: Möglichkeiten zur Verbesserung der Compliance durch Ärzte.
Nach (LaRosa and LaRosa, 2000)
Ein weiterer Ansatz liegt in der stärkeren Einbindung von Apothekern. Dieser
Möglichkeit zur Verbesserung stimmten 83% der Teilnehmer in einer Umfrage der
NCPA zu. Weiterhin standen 63% der Befragten den Apothekern ein größeres
Wissen über Medikamente zu als anderen Angehörigen der Gesundheitsberufe.
Zusätzlich sagten 86%, sie würden mit ihrem Apotheker über die ihnen
verschriebenen Arzneimittel sprechen. (National Community Pharmacists Association,
2006)
Schließlich gab es auch mehrere Studien über finanzielle Anreize zum Beispiel in
Form von Gutscheinen, Lotteriescheinen aber auch Bargeld, welche die Motivation
zur Befolgung der Therapievorgaben erhöhen sollten. Aus dem Ergebnis von 11
Studien folgerte der Gesundheitsökonom Guiffrida, dass diese Strategie tatsächlich
Erfolg verspricht. Die Unterschiede zwischen Testgruppen mit und ohne Anreiz
waren allerdings sehr gering und traten vor allem bei bedürftigen Personengruppen,
wie mittellosen minderjährigen Müttern und obdachlosen Tuberkulosepatienten oder
kurzfristigen Eingriffen, wie zahnärztlichen Behandlungen, hervor. (Giuffrida and
Torgerson, 1997) Die Gesundheitspsychologin Marteau wies jedoch auch darauf hin,
18
dass finanzielle Anreize das individuelle Verantwortungsbewusstsein von Patienten
und auch das Verhältnis zwischen Arzt und Patient untermauern können. (Marteau et
al., 2009)
Es ist deutlich geworden, dass die diskutierten Möglichkeiten, wie Erinnerungshilfen,
Aufklärung-
und
Bildungsprogramme,
eCompliance,
Motivationsanreize
Selbsthilfegruppen, alle therapiekonformes Verhalten erhöhen können.
oder
Keine
Maßnahme hat aber deutlich überzeugt. (Roter et al., 1998)
Compliance umschreibt
die aktive
Beteiligung des
Patienten
am eigenen
Gesundheitszustand, also ärztlichen Rat aufzusuchen, Untersuchungs- oder
Beratungstermine wahrzunehmen, Hinweisen und Ratschlägen zur Lebensweise bis
hin zu medizinischen Eingriffen Folge zu leisten. So ist es nicht verwunderlich, dass
die meisten Fälle von Non-Compliance auch in dem konkreten Verhalten des
Patienten begründet liegen. Im Folgenden soll daher die aktive Mitwirkung und
Selbstbestimmung des Patienten bei der medizinischen Behandlung näher
besprochen werden.
IV
Patientenautonomie
Die Selbstbestimmung über die eigene Person und den eigenen Körper gelten als
allgemeines moralisches Grundprinzip, das anzuerkennen und zu respektieren ist. Ist
eine gesunde Person jedoch erkrankt und zum Patienten geworden, liegt die
Entscheidung für den bestmöglichen Weg zu einer raschen Genesung oder der
optimalen Leidensbegrenzung oft nicht in ihrem Ermessensbereich. Denn in den
meisten Fällen ist für die Behandlung, Vorbeugung oder Nachsorge von Krankheiten
ein Arzt notwendig, der über das entsprechende medizinische Fachwissen verfügt.
Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient ist durch ein Ungleichgewicht belastet. Der
hilfebedürftige, kranke Patient wird vom Arzt überragt an fachlichen Kenntnissen,
dieser ist aber für die richtige Diagnose und Therapierung abhängig von Auskünften
des Patienten und möglicherweise auch gefährlichen invasiven Eingriffen, von Blutund Gewebeentnahmen über Röntgenaufnahmen bis hin zu mehrstündigen
Operationen. Hierfür sind wiederum grundsätzlich die aktive Zustimmung und
Mitwirkung des Patienten oder seinem Vertreter unbedingt erforderlich.
19
20
IV.1
Der Autonomiebegriff
Die Begriffe der Selbstbestimmung oder „Autonomie“ sollen kurz erläutert werden.
Autonomie setzt sich zusammen aus den altgriechischen Wörtern „autos“ für selbst
und „nomos“ für Regel, Regierung oder Gesetz und bezog sich ursprünglich auf
eigenständig regierte unabhängige Stadtstaaten. Schließlich wurde der Begriff auch
auf Personen übertragen und gilt für Willensfreiheit, individuelle Entscheidungen und
Selbstbestimmtheit. So beschrieben Beauchamp und Childress: „the autonomous
individual acts freely in accordance with a self-chosen plan, analogous to the way an
independent government manages its territories and establishes its policies. A
person of diminished autonomy, by contrast, is in some respect controlled by others
or incapable of deliberating or acting in the basis of his or her desires or
plans.“ (Beauchamps and Childress, 2009)
Im Konzept des liberalen Individualismus gilt Autonomie als das oberste Moralprinzip
auch im Bezug auf Recht und Staat. So schrieb Mill 1859: „Man kann einen
Menschen nicht rechtmäßig zwingen etwas zu tun oder zu lassen, weil dies besser
für ihn wäre, weil es ihn glücklicher machen, weil er nach Meinung anderer klug oder
sogar richtig handeln würde.“ (Mill, 1859)
Die Achtung der Autonomie des Patienten ist nicht ausschließlich als Widerstand
gegen ungewünschte Maßnahmen zu verstehen. Sie umfasst auch verschiedene
Patientenrechte, welche Ansprüche, Wünsche und Hoffnungen geltend machen.
(Bobbert, 2002; Geisler, 2005) Diese umfassen nach Monika Bobbert unter anderem
Rechte auf:
•
Information
•
Zustimmung
oder
Ablehnung
diagnostischer
oder
therapeutischer
Maßnahmen
•
Festlegung des Eigenwohls
•
Alternativenauswahl
•
Eine möglichst milde Einschränkung des Handlungsspielraums durch die im
Gesundheitssystem unumgänglichen institutionellen Strukturen.
21
In einer näheren Erläuterung, was die Achtung vor Autonomie beinhaltet, heißt es:
„To respect autonomous agents is to acknowledge their right to hold views, to make
choices, and to take actions based on their personal values and beliefs. Such respect
involves respectful action, not merely a respectful attitude.“ Der Respekt für
Selbstbestimmung von Patienten gilt jedoch nur prima facie, denn es können in
manchen Situationen konkurrierende Moralprinzipien überwiegen. (Beauchamps and
Childress, 2009)
IV.2
Weitere Prinzipien der biomedizinischen Ethik
Die Achtung vor der Selbstbestimmung einer Person stellt nicht den einzigen zu
beachtenden Leitwert in der medizinischen Ethik dar; beispielsweise in Fällen, bei
denen die öffentliche Gesundheit gefährdet ist, Unschuldige Schaden nehmen
könnten oder schwer verfügbare Mittel notwendig sind. Als gleichwertig sind nach der
Prinzipienethik von Beauchamp und Childress neben dem Respekt der Autonomie
auch die Prinzipien des Nicht-Schadens („non-maleficence”), des Wohltuns
(„beneficence”) und der Gerechtigkeit („justice“) zu beachten.(Beauchamps and
Childress, 2009) Die einzelnen Prinzipien und ihre Bedeutungen sind in Tabelle 5
zusammengefasst.
Das Nicht-Schadens-Prinzip orientiert sich an der Maxime „Primum non nocere“,
nämlich zuvorderst, keinen Schaden zu verursachen. Es spielt eine große Rolle bei
Entscheidungen am Lebensende und wird deutlich bei der Unterscheidung zwischen
Töten
und
Sterben
lassen
oder
dem
Unterlassen
und
dem
Abbrechen
lebenserhaltender Maßnahmen. Die Verhinderung schädlichen Verhaltens ist aber
nicht gleichbedeutend mit der Ausführung positiver wohltätiger Taten, wie sie das
„beneficence“-Prinzip fordert.
„Beneficence“ beschreibt weitgefasst alle Handlungen zum Wohl von Anderen. Hier
kann
in
obligatorische
und
ideale
oder
allgemeine
und
spezifische
„beneficence“ untergliedert werden. In allen erdenklichen Situationen, Anderen Gutes
zu tun, stellt ein Ideal (ideale „beneficence„) dar, das zu befolgen nicht immer
möglich ist. Hingegen gibt es einige moralische Grundregeln im „Wohltuens-Prinzip“,
die obligatorisch zu befolgen sind. Beispielsweise gilt es Personen in Not zu retten,
22
behinderten Menschen zu helfen und Rechte von Anderen zu schützen und zu
verteidigen (obligatorische „beneficence“). Spezifische „beneficence“ richtet sich an
bestimmte Gruppen, so wie Familienmitglieder, Freunde oder Patienten, wohingegen
generelle „beneficence“ alle Personen außerhalb dieser Beziehungen erfasst.
(Beauchamps and Childress, 2009)
Im Zusammenhang mit ärztlichen Eingriffen stehen „non-maleficence“ und
„beneficence“ manchmal im Konflikt, wobei meist die „beneficence“ überwiegt. So
werden zum Ziel bösartige Krebsgeschwüre langfristig zu entfernen oder gebrochene
Gliedmaßen zu richten, durchaus die Betäubung, eine möglicherweise unangenehme
Operation und eventuell sogar die Entfernung der betroffenen Körperteile gebilligt.
Moralische Regeln und Richtlinien zur gerechten Zuteilung, Finanzierung und
Ansprüchen im Gesundheitssystem werden im Gerechtigkeits- oder „justice“-Prinzip
erfasst. Es wird unterschieden zwischen formaler und materieller Gerechtigkeit. Das
Prinzip der formalen Gerechtigkeit oder formalen Gleichheit bezieht sich auf die
Maßgabe: „Gleiche sollen gleich behandelt, Ungleiche sollen ungleich behandelt
werden.“ Die Konkretisierung dieser un/gleichen Behandlung findet sich wiederum in
materiellen Prinzipien, welche sich mit Grundsätzen der Verteilung oder Allokation
befassen. Einige mögliche Grundsätze der materiellen Verteilungsgerechtigkeit
lauten nach (Beauchamps and Childress, 2009) beispielsweise:
•
Jedem den gleichen Anteil
•
Jeder entsprechend seinem Bedarf
•
Jedem entsprechend seinen Bemühungen
•
Jedem entsprechend seinem Beitrag
•
Jedem entsprechend seiner Leistung
•
Jedem entsprechend der Devise der freien Marktwirtschaft.
Diese Prinzipien formulieren Gegebenheiten, die Personen vorweisen müssen, damit
sie einen bestimmten Anteil erhalten können. Manche Eigenschaften, die für
Zuteilungen zugrunde gelegt werden, wie das Geschlecht, der Intelligenzquotient
oder die ethnische Zugehörigkeit, sind allerdings diskriminierend und irrelevant, vor
allem weil sie auf Unterschieden gründen, für welche die betroffenen Personen keine
Verantwortung tragen. Die Problematik der Verteilungsgerechtigkeit zeigt sich sehr
deutlich in den aktuellen Debatten um Allokation, Priorisierung und Rationierung im
23
Gesundheitssystem. Der Anspruch auf gesundheitsbezogene Güter ist und bleibt
nämlich aus wirtschaftlichen Gründen in einem bestimmten Rahmen begrenzt.
Diesen gilt es, mit Hilfe verschiedener zugrunde liegender Prinzipien, so gerecht wie
möglich auszugestalten.
Prinzip
Bedeutung
Achtung vor Autonomie
Respekt vor dem Recht auf eigene
Ansichten, Entscheidungen zu fällen
und
durchzusetzen
und
vor
Handlungen
aus
persönlicher
Überzeugung
„non-maleficence“
„primum
non
nocere“:
Anderen
Menschen zuvorderst keinen Schaden
zufügen
„beneficence“
Anderen
Menschen
Gutes
tun,
Beispiele:
Barmherzigkeit,
Wohltätigkeit, Altruismus, Hilfe, Schutz,
Liebe und Menschlichkeit
Gerechtigkeit
Gerechte, angemessene, geeignete
Behandlung entsprechend dem Bedarf
und der Bedürftigkeit von Menschen
Tabelle 5: Die Grundprinzipien der biomedizinischen Ethik.
Nach (Beauchamps and Childress, 2009)
Eine wichtige Rolle spielt die Balance zwischen Patientenautonomie und eigenen
Wertvorstellungen des Arztes.
Situationen, in denen Ärzte aus persönlicher Überzeugung zögern könnten, einen
gewünschten Eingriff vorzunehmen, sind beispielsweise Abtreibungen, das Stechen
von Piercings oder so extreme Fälle wie die Infibulation bzw. Beschneidung von
jungen Mädchen und der Amputation gesunder Gliedmaßen. Der Konflikt besteht
zwischen der persönlichen Wertvorstellung des Arztes, der Verletzung des „nonmaleficence“-Prinzips und der Tatsache, dass Patienten ihre Wünsche sonst
anderswo umsetzen. Möglicherweise fehlt dort professionelle ärztliche Unterstützung,
hygienische und medikamentöse Voraussetzungen sind nicht optimal, und somit sind
durch ein erhöhtes Verletzungsrisiko gesundheitliche Folgeschäden vorprogrammiert.
In
solchen
sogenannten
„no-win“ Situationen entscheiden Ärzte
individuell
unterschiedlich je nach ihrer persönlichen Abwägung medizinethischer Prinzipien.
24
Das Gleichgewicht zwischen den genannten Prinzipien ist im ärztlichen Alltag oft
nicht einfach. So stehen die wohlgemeinte, auf Besserung des Patienten
ausgerichtete Absicht des Arztes und damit verbundene Einschränkungen und
Veränderungen im Lebensalltag manchmal nicht im Einklang mit Wünschen und
Vorstellungen des Patienten. In solchen Konfliktsituationen würde das strikte
Befolgen eines der Prinzipien jeweils in eine andere Richtung führen. Die Balance
dieser Spannung stellt eine große Herausforderung für das Arzt-Patienten-Verhältnis
dar. Besonders schwierig ist auch die Beurteilung des mutmaßlichen Willens des
Patienten, wenn dieser sich nicht äußern kann.
IV.3
Wenn Selbstbestimmung nicht mehr wahrgenommen werden kann
Autonomie erfordert grundsätzlich die geistige, körperliche und zeitliche Fähigkeit,
Entscheidungen zu treffen und zu äußern. In verschiedenen Situationen können
Patienten ihre Wünsche und Vorstellungen zum Therapieverlauf nicht äußern. Das
kann der Fall sein, weil sie sich überfordert fühlen und wünschen, dass der Arzt die
seiner Meinung nach beste Behandlung auswählt. Zu diesen Fällen zählen auch
Zustände, in denen Patienten nicht ansprechbar sind, wie beispielsweise in der
Notfallmedizin (Naess et al., 2001) oder in Sterbenähe (Nationaler Ethikrat, 2006),
bei Demenzerkrankung und psychischen Störungen. (Saks, 2009)
In der Notfallmedizin liegen Probleme häufig darin, dass es sich oft um den
erstmaligen Kontakt zwischen Arzt und Patient handelt, also keine längere
vertrauensvolle Beziehung aufgebaut werden konnte. Die schnelle Erstversorgung ist
aber meist notwendig um gravierende Folgeschäden zu verhindern oder zumindest
einzugrenzen, daher sind ausführliche abwägende Diskussionen zur Erklärung und
Abwägung möglicher Behandlungsalternativen mit schwer verletzten Personen aus
Zeitnot nicht möglich. Hinzu kommt, dass eine genaue Diagnose und Prognose
außerhalb des Krankenhauses noch nicht durchführbar sind. Des Weiteren könnten
sich Unfallopfer, sofern sie überhaupt noch ansprechbar sind, durch Blutverlust,
Sauerstoffunterversorgung, Unterkühlung oder ähnliches in Schockzuständen
befinden, welche die Fähigkeit, rational zu Denken, stark beeinträchtigen. Daher
steht
für
Notfallmediziner
die
moralische
Pflicht,
alle
lebensrettenden
25
und -erhaltenden Maßnahmen schnellstmöglich einzuleiten, über dem Respekt vor
Patientenautonomie.(Naess et al., 2001)
Patienten mit psychischen Erkrankungen, wie beispielsweise Schizophrenie, können
ihre Handlungen und sogar Gedanken oft nicht kontrollieren. Sie bilden eine
Sondergruppe von Patienten, die manchmal nicht ausdrücken können, was sie
genau wünschen und in den schlimmsten Fällen sogar eine Gefahr für andere und
sich selbst darstellen können. Die Juristin und Schizophreniepatientin Elyn Saks
gestand nicht allen geistig gestörten Patienten die Fähigkeit zur freien unabhängigen
Entscheidung zu. Fehlt diese in bestimmten Situationen, so müssen Andere für die
Betroffenen entscheiden. Als Wahrung des Rechts der Selbstbestimmung schlug
Saks aber vor, dass Patienten eine „advance directive“ verfassen, worin Wünsche
und Verfahrensweisen beschrieben sind, wie bei erneuten Vorfällen der Verwirrtheit,
Attacken oder Ähnlichem vorzugehen ist. (Saks, 2009)
Die Fähigkeit, selbst über die eigene Person zu bestimmen, ist auch am Lebensende
oder in Sterbenähe häufig nicht mehr gegeben. Wenn Patienten geistig nicht
zurechnungsfähig sind, sich nicht artikulieren können oder sogar im Koma liegen und
nur lebenserhaltende und/oder -verlängernde Maßnahmen den Kreislauf, die
Nahrungsaufnahme und die Atmung aufrecht erhalten. Als Lösung für das
Entscheidungsdilemma, in dem sich Ärzte, Verwandte, Freunde oder der Betreuer
der Patienten befinden, wurde durch die Aufnahme der Patientenverfügung in das
BGB eine gesetzliche Regelung hierzu getroffen. Somit sollen die für eine ganz
bestimmte Situation niedergelegten schriftlichen Wünsche des Patienten für oder
gegen Behandlungsmaßnahmen oder der von Verwandten oder dem Betreuer
geäußerte mutmaßliche Wille des Patienten, für die behandelnden Ärzte juristisch
bindend sein. Diese Regelung wurde seit ihrer Verabschiedung allerdings stark
kritisiert: „Die Situation [des Patienten wird] einmal ganz, ganz anders sein, als der
Patient es ahnte. Und mit großer Wahrscheinlichkeit würde die Entscheidung des
Patienten anders ausfallen, wenn er die exakten Bedingungen überschauen und
seine Vorstellungen und Wünsche noch einmal überdenken könnte.“ (Bohl, 2009)
Weiterhin hieß es, dass ein Patient, der in eine wirklich ernste Situation gerate und
der zuvor bereit gewesen wäre, „im Vertrauen auf die Kompetenz eines Arztes seiner
Wahl, den Empfehlungen und Vorschlägen dieses Arztes zu folgen, sich ihm
anzuvertrauen [...], dieses Vertrauensverhältnis kündigt.“ (Bohl, 2009; Richter-
26
Kuhlmann, 2009) Eben dieses Vertrauensverhältnis kann aber nur entstehen, wenn
Wünsche und Vorstellungen der Patienten von den behandelnden Ärzten
entsprechend anerkannt, gefördert und berücksichtigt werden.
IV.4
Patientenautonomie aus Sicht des Arztes
Patienten haben selten das notwendige Fachwissen, um gründlich abgewogene und
durchdachte Entscheidungen über ihre Behandlung zu treffen. Daher stehen Ärzte in
der Verantwortung, ihren Patienten die jeweilige individuelle Situation verständlich zu
erklären und vorhandene Optionen so objektiv wie möglich zu erläutern. Gefühle und
vor allem Ängste könnten die Entscheidung der Betroffenen beeinflussen. Hier liegt
es sowohl an der medizinischen als auch an der psychosozialen Kompetenz von
Ärzten, Patienten zu beruhigen und Bedenken zu besprechen, damit diese eine Wahl
für oder gegen Behandlungsansätze nicht zu stark beeinflussen. Schließlich kann es
nach der Klärung aller Fragen, der Erklärung möglicher Risiken und der Abwägung
zwischen verschiedenen Alternativen zu einem „informed consent“ kommen, der
Zustimmung des aufgeklärten und informierten Patienten zum besprochenen
Behandlungsplan. Die ausführliche Besprechung, Aufklärung und Darlegung von
Alternativen ist das Recht des Patienten und die Pflicht des Arztes. (Sakellari, 2003)
Je nach Einstufung der Bedeutung des Respekts vor autonomen Entscheidungen in
Abwägung mit anderen Wertvorstellungen, werden verschiedene Modelle des ArztPatienten-Verhältnisses beschrieben. Traditionellerweise verließen sich Ärzte fast
ausschließlich auf ihr eigenes Urteil, was das Bedürfnis an Information der Patienten
und alternative Behandlungsstrategien betraf. Im Rahmen der Bewegungen der 60er
und 70er Jahre wurde die Forderung nach Mitwirkung und Selbstbestimmung von
Patienten immer wichtiger. (Beauchamps and Childress, 2009; Rothman, 2001) Die
hauptsächliche Lenkung der Behandlung durch den Arzt wird als paternalistisches,
„controlling“ oder Fürsorgemodell der Arzt-Patienten-Beziehung beschrieben. Hierbei
behandeln Ärzte so wie sie es für die Gesundheit und das Wohlergehen ihrer
jeweiligen Patienten am besten empfinden, ohne mögliche andere Therapiearten
oder Vorgehensweisen im Gespräch mit den betroffenen Patienten oder ihrer Familie
anzubringen. Ärzte verhalten sich, nach bestem Gewissen, als Vormund gegenüber
27
ihren Patienten, denn sie ermöglichen diesen nicht, durch ausreichende gründliche
Information
selbst
andere
Entscheidungen
zu
treffen
und
durchzusetzen.
(Beauchamps and Childress, 2009; Emanuel and Emanuel, 1992; Rogers, 2002;
Rothman, 2001).
Patienten, die ganz ohne Einflussnahme von Medizinern entscheiden, handeln nach
dem Patienten-zentrierten, „independent choice“ oder „autonomy-respecting“ Modell.
(Quill and Brody, 1996; Rogers, 2002) Zwischen beiden Extremen liegt das „shareddecision-making“ oder „intermediate“ Modell. Die Unterscheidung in drei Typen von
Arzt-Patienten-Beziehungen wurde in den letzten Jahren immer weiter ergänzt und
ausgestaltet durch weitere Zwischenformen des „intermediate“ bzw. „shareddecision-making“ Modells. Denn eine Form von Selbstbestimmung, in der ohne jeden
äußeren Einfluss Entscheidungen getroffen werden, ist in Gesundheitsfragen schwer
umsetzbar. Eine kliniknähere Herangehensweise stellt das Konzept der relationalen
Autonomie dar. Es beschreibt ein Verhältnis zwischen Arzt und Patient, in dem beide
aufeinander angewiesen sind. (Entwistle et al., 2010; Geisler, 2005) Hieraus sind
noch
weitere
Arzt-Patienten-Modelle
entstanden,
wie
beispielsweise
das
interpretative, das deliberative und das „enhanced autonomy“-Modell, in denen Ärzte
ihren Kenntnisschatz teilen, ihre Patienten beraten und trotzdem fürsorglich
betreuen.(Emanuel and Emanuel, 1992; Gabl and Jox, 2008; Geisler, 2005; Quill and
Brody, 1996)
Eine australische Studie untersuchte den Respekt vor Patientenautonomie durch
Ärzte in verschiedenen Therapiesituationen. Zu diesem Zweck wurde das Verhalten
von 21 zufällig ausgewählten Allgemeinärzten in vier Sachverhalten gegenüber
Patienten mit Rückenschmerzen überprüft. Die Sachverhalte waren (a) die
Anwendung
von
Betäubungsmitteln,
(b)
die
Veranlassung
von
Röntgenuntersuchungen, (c) das Ausstellen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
und (d) die Einstellung zu
ergänzenden
Maßnahmen, wie
beispielsweise
Physiotherapie. Die Achtung vor Selbstbestimmung der Patienten durch ihre
behandelnden Ärzte wurde untergliedert in „autonomy-respecting“, „controlling“ und
„intermediate“ (Abbildung 3). (Rogers, 2002)
28
Abbildung 3: Haltungen von Ärzten zu Patientenautonomie in verschiedenen
Behandlungssachverhalten.
Patienten mit Rückenschmerzen wurden von 21 unterschiedlichen Allgemeinärzten in Australien
behandelt. Das Verhalten der Ärzte wurde eingeteilt in „autonomy-respecting“, „controlling“ oder
„intermediate.“ Die Sachverhalte betrafen: Die Verwendung von Betäubungsmitteln (a), die
Veranlassung von Röntgenuntersuchungen (b), das Ausstellen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (c) oder Physiotherapie oder andere ergänzende Maßnahmen (d). Die Zahlen entsprechen dem
prozentualen Anteil der Ärzte, die in dem jeweiligen Sachverhalt entsprechend gehandelt haben.
(Rogers, 2002)
Interessanterweise haben die meisten Ärzte Patientenautonomie und ihre eigene
Meinung in den unterschiedlichen Sachverhalten (a-d) nicht immer gleich gewichtet.
Was die Anwendung von Betäubungsmitteln betraf, so stellten 20 von 21 Ärzten ihre
Meinung über die von Patienten. Zu Physiotherapie oder anderen ergänzenden
Maßnahmen sprachen sich hingegen 90 % für autonome Entscheidungen durch
Patienten aus. Die Anteile der verschiedenen Haltungen der Ärzte in den vier
Sachverhalten sind in Abbildung 3 grafisch verdeutlicht. Das paternalistische
Vorgehen bei der Verwendung von Betäubungsmitteln wurde hauptsächlich damit
begründet, dass in diesem Bereich die Kontrolle durch Patienten unangemessen
29
wäre. Vor allem galt es, Schäden wie Abhängigkeit oder Missbrauch der Analgetika
und mögliche rechtliche Sanktionen zu verhindern. Das Veranlassen von
Röntgenuntersuchungen hingegen stand nicht unter vergleichbar starker Kontrolle
oder gar Strafe, so dass einige der befragten Ärzte angaben, sie hätten der
Untersuchung zugestimmt, obwohl sie dafür keinen Anlass sahen. Gründe hierfür
waren:
• Beruhigung der Patienten: Knochen nicht betroffen
• Zeit gewinnen
• Zeigen, dass etwas unternommen wird
• Befürchtung, Patient könnte zu anderem Arzt wechseln, daher Verhinderung
des finanziellen Verlusts.
Nicht aufgeführt von den Ärzten wurden Bedenken zur Kostenbelastung durch
medizinisch unnötige Untersuchungen oder die schädigende Belastung der Patienten
durch Röntgenstrahlen. (Rogers, 2002) Dass den Wünschen von Patienten zu
radiologischen Untersuchungen viel häufiger als medizinisch notwendig entsprochen
wird und die damit einhergehende Inkaufnahme der Gefahren und Risiken, wurde in
einer Übersichtsarbeit von Hofmann und Lysdahl deutlich dargelegt und stark
kritisiert. (Hofmann, 2008)
Physiotherapie oder andere zusätzliche Therapien lagen nach Auffassung der
meisten befragten Ärzte außerhalb ihres Aufgabenbereiches und sie ließen Patienten
hierbei
gern
nach
deren
Wünschen
verfahren.
Die
Ausstellung
von
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen war teils sehr beeinflusst von der finanziellen
Abhängigkeit der Patienten, welche rasch wieder arbeiten wollten. So dass in diesem
Zusammenhang
die
meisten
Ärzte
gemeinsam
mit
ihren
Patienten
eine
Entscheidung erarbeitet haben. (Rogers, 2002)
Diese Studie verdeutlicht, dass nicht alle Behandlungssituationen miteinander
vergleichbar sind und im Fall unterschiedlicher therapeutischer Maßnahmen der
gleiche Arzt Patientenautonomie ganz anders bewertet. Besonders hervorzuheben
ist auch, dass neben der gesundheitlichen Fürsorge auch finanzielle und gesetzliche
Hintergründe bei therapeutischen Entscheidungen von Ärzten eine Rolle spielen.
(Rogers, 2002)
30
Auch die Einstellung von Ärzten zu Religion übt Einfluss darauf aus, welche
Bedeutung sie dem Selbstbestimmungsrecht ihrer Patienten beimessen. In einer
Umfrage von Lawrence und Curling, sollten Ärzte die folgenden Aussagen von
Patienten nach ihrer Gewichtung einordnen:
•
Wünsche und Vorstellungen des Patienten
•
Einschätzung des Arztes darüber, was für den Patienten am besten wäre
•
Empfehlungen und Standards von Fachgesellschaften
•
Religiös begründete moralische Vorstellungen.
Dabei sahen religiöse Ärzte die Wünsche und Vorstellungen von Patienten seltener
als wichtigstes Kriterium in ihrem täglichen Vorgehen an als nicht-religiöse Mediziner
(47% gegenüber 67%).(Lawrence and Curlin, 2009)
Die beiden zitierten Studien machen deutlich, dass Ärzte, welche die Wünsche und
Vorstellungen
des
Patienten
kennen,
diese
manchmal
nicht
in
die
Behandlungsstrategie einbeziehen können oder möchten. Es ist trotzdem deutlich
geworden, dass in den letzten Jahrzehnten der traditionelle Paternalismus in den
Hintergrund
gerückt
ist.
Besonders
aus
Gründen
der
Absicherung
im
Arzthaftungsrecht hat sich bei Krankenbehandlungen und medizinischen Eingriffen
das
Verfahren
der
informierten
Zustimmung
bzw.
des
„informed
consent“ durchgesetzt. Inwiefern im Gespräch zwischen Arzt und Patient tatsächlich
mögliche Behandlungsalternativen diskutiert, eventuelle Ängste und Vorurteile des
Patienten besprochen sowie eine Abwägung von Kosten und Risiken durchgeführt
werden, ist sowohl vom jeweiligen Arzt als auch dem individuellen Patienten
abhängig. Denn nur wenn ein Vertrauensverhältnis besteht, sind diese Gespräche
möglich.
V
Zwischen Selbstbestimmung und Compliance
Die vertrauensvolle Kommunikation zwischen Ärzten und ihren Patienten stellt sich in
vielen Studien als der Schlüssel für die Initiierung der optimalen Behandlung dar. In
der Vielfalt der durchgeführten Studien spiegeln sich aber auch viele verschiedene
Elemente wider, die in bestimmter Form einen Einfluss haben auf den Patienten, den
Arzt, den Apotheker, die Medikamenten-Compliance oder ganz allgemein die
31
regelmäßige Wahrnehmung von Vorsorge-, Nachsorge- und Kontrollterminen. In der
Gegenüberstellung der Begriffe Non-Compliance und Patientenautonomie ist auffällig,
dass sich beide nicht unbedingt widersprechen. Die negativ belegte Non-Compliance
stellt grundsätzlich etwas Falsches dar, nämlich die Abweichung vom Therapieplan,
das Versäumen von Untersuchungsterminen oder einen unvernünftigen Lebensstil.
Patientenautonomie ist hingegen ein positives ethisches Prinzip, das von Ärzten
zumindest in Form des „informed consent“ Anerkennung finden muss. So stellt sich
die Frage, ob ein Patient, der sich gegen eine Behandlung entscheidet,
selbstbestimmt und somit „richtig“ vorgeht oder ob er „falsch“ handelt, weil er eine
medizinisch notwendige Therapie abbricht oder nicht wahrnimmt, die eine
Verschlimmerung seiner Krankheit verhindern oder verzögern könnte. Dieses
Dilemma
soll
nun
näher
diskutiert
werden.
Wer
geistesgegenwärtig
und
zurechnungsfähig ist, hat das Recht, über seine Person und seinen Körper selbst zu
entscheiden. Also wird niemand den Betroffenen zwingen können, einen Eingriff, den
er nicht wünscht, vorzunehmen; auch dann nicht, wenn die Verweigerung einer
therapeutischen Maßnahme den behandelnden Arzt erschüttert und dessen
persönlichen Wertvorstellungen widerspricht. Hier obliegt es dem Arzt verständlich
und nachvollziehbar darzustellen, welche Gefahren ein unterlassener Eingriff mit sich
bringt, wie sich der Gesundheitszustand verschlechtern kann und das Krankheitsbild
noch komplizierter werden könnte. Zusätzlich gilt es, die Beweggründe des Patienten
in dessen konkreter Situation zu verstehen. Oft ist es die Furcht oder Angst vor
großen Veränderungen im Leben, vor der Umstellung in der Lebensführung, vor zu
starken Nebenwirkungen einer Therapie oder vor Pflegebedürftigkeit, die Patienten
verunsichert. Manchmal vergessen Patienten aber auch nur die regelmäßige
Einnahme ihrer Medikamente und können im gemeinsamen vertrauten Gespräch mit
ihrem Arzt, Krankenpfleger oder Apotheker eine Lösung beispielsweise in Form von
Erinnerungshilfen erarbeiten. Unsicherheiten und Bedenken können oft im
gemeinsamen Gespräch mit dem Arzt durch dessen Erfahrungsschatz und seine
Fachkenntnisse geklärt oder gemildert werden. Wenn trotz ausführlicher Aufklärung
und Darstellung aller Behandlungsalternativen Maßnahmen abgelehnt werden, ist
der Arzt seiner Fürsorgepflicht im bestmöglichen Maß nachgekommen und die
Verweigerung des Patienten wurde von diesem mit bestem Wissen über die
wahrscheinlichen Konsequenzen getroffen. Durch die Aufklärung von Befürchtungen
32
und Sorgen im vertrauensvollen Dialog mit dem Arzt erhalten Patienten aber auch
die Chance, medizinische Maßnahmen in einer anderen Kosten-Nutzen-Abwägung
zu sehen und entscheiden sich nach einer solchen Klärung womöglich doch für einen
notwendigen
Eingriff.
Ist
eine
vertrauensvolle
Grundlage
im
Sinne
einer
Behandlungspartnerschaft zwischen Arzt und Patient geschaffen, kann der Patient
auch neu auftretende Bedenken oder Unzufriedenheiten offen äußern und im
Therapierungsverlauf bewusst und verantwortungsvoll mitwirken. Wie oben angeführt,
war eine hohe Compliance zu verzeichnen bei zufriedenen Patienten, die gut betreut
wurden, den Wunsch nach Besserung verspürten und die Notwendigkeit einer
Behandlung akzeptierten. Die hier beschriebene ideale relationale Partnerschaft von
Arzt und Patient wäre also gleichzeitig die Grundlage für eine anhaltend gute
Compliance.
Die individuelle Vorgehensweise und immer neue Betrachtung einzelner Patienten
und ihrer persönlichen Ansichten ermöglicht in der Vertrauensbeziehung zwischen
Arzt
und
Patient,
für
jeden
Fall
die
Patientenautonomie und Fürsorge zu finden.
jeweils
richtige
Balance
zwischen
33
VI Literaturverzeichnis
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World Health Organization: Adherence to Long-term Therapies - Evidence for
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In dieser Reihe sind bisher folgende Bände erschienen:
Band 1
Prof. Dr. Gerfried Fischer „Medizinische Versuche am Menschen“, 2006
Band 2
Verena Ritz „Harmonisierung der rechtlichen Regelungen über den
Umgang mit humanen embryonalen Stammzellen in der EG: Bioethik
im Spannungsfeld von Konstitutionalisierung, Menschenwürde und
Kompetenzen“, 2006
Band 3
Dunja Lautenschläger „Die Gesetzesvorlagen des Arbeitskreises
Alternativentwurf zur Sterbehilfe aus den Jahren 1986 und 2005“, 2006
Band 4
Dr. Jens Soukup, Dr. Karsten Jentzsch, Prof. Dr. Joachim Radke
„Schließen sich Ethik und Ökonomie aus“, 2007
Band 5
Prof. Dr. Hans Lilie (Hrsg.) „Patientenrechte contra Ökonomisierung in
der Medizin“, 2007
Band 6
Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und
Geweben (Transplantationsgesetz – TPG)
Auszug aus dem Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln
(Arzneimittelgesetz - AMG)
Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusionsgesetz TFG), 2007
Band 7
Dr. Erich Steffen „Mit uns Juristen auf Leben und Tod“, 2007
Band 8
Dr. Jorge Guerra Gonzalez, Dr. Christoph Mandla „Das spanische
Transplantationsgesetz und das Königliche Dekret zur Regelung der
Transplantation“, 2008
Band 9
Dr. Eva Barber „Neue Fortschritte im Rahmen der Biomedizin in
Spanien: Künstliche Befruchtung, Präembryonen und Transplantationsmedizin“ und „Embryonale Stammzellen - Deutschland und Spanien
in rechtsvergleichender Perspektive“, 2008
Band 10
Prof. Dr. Dr. Eckhard Nagel „Was ist der Mensch? Gedanken zur
aktuellen Debatte in der Transplantationsmedizin aus ethischer Sicht“
Prof. Dr. Hans Lilie „10 Jahre Transplantationsgesetz - Verbesserung
der Patientenversorgung oder Kommerzialisierung?“, 2008
Band 11
Prof. Dr. Hans Lilie, Prof. Dr. Christoph Fuchs „Gesetzestexte zum
Medizinrecht“, 3. Auflage, 2011
Band 12
PD Dr. Matthias Krüger „Das Verbot der post-mortem-Befruchtung
§ 4 Abs. 1 Nr. 3 Embryonenschutzgesetz –Tatbestandliche Fragen,
Rechtsgut und verfassungsrechtliche Rechtfertigung“, 2010
39
Band 13
Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, Dr. Marlis Hübner „Ärztlich assistierter
Suizid - Tötung auf Verlangen. Ethisch verantwortetes ärztliches
Handeln und der Wille des Patienten“, 2010
Band 14
Philipp Skarupinski „Medizinische, ethische und rechtliche Aspekte der
Notwendigkeit einer Kinderarzneimittelforschung vor dem Hintergrund
der EG-Verordnung 1901/2006“, 2010
Band 15
Stefan Bauer „Indikationserfordernis und ärztliche Therapiefreiheit:
Berufsrechtlich festgelegte Indikation als Einschränkung ärztlicher
Berufsfreiheit? Dargestellt am Beispiel der Richtlinie zur assistierten
Reproduktion“, 2010
Band 16
Heidi Ankermann „Das Phänomen Transsexualität – Eine kritische
Reflexion des zeitgenössischen medizinischen und juristischen
Umgangs mit dem Geschlechtswechsel als Krankheitskategorie“, 2010
Band 17
Sven Wedlich „Konflikt oder Synthese zwischen dem medizinisch
ethischen Selbstverständnis des Arztes und den rechtlich ethischen
Aspekten der Patientenverfügung“, 2010
Band 18
Dr. Andreas Walker „Platons Patient – Ein Beitrag zur Archäologie des
Arzt-Patienten-Verhältnisses“, 2010
Band 19
Romy Petzold „Zu Therapieentscheidungen am Lebensende von
Intensivpatienten – eine retrospektive Analyse“, 2010
Band 21
Dr. Andreas Linsa „Autonomie und Demenz“, 2010
Band 20
Stephanie Schmidt „Die Beeinflussung ärztlicher Tätigkeit“, 2010
Band 22
Dr. Cerrie Scheler „Der Kaiserschnitt im Wandel – von der Notoperation
zum Wunscheingriff“, 2010
Band 23
Lysann Hennig „Wenn sich Kinder den Traumkörper wünschen –
Schönheitsoperationen, Piercings und Tätowierungen bei Minderjährigen“, 2010
Band 24
Dr. Michael Lehmann „Begründen und Argumentieren in der Ethik",
2011
Band 25
Dr. Susanne Kuhlmann „Der Dialyseabbruch: Medizinische, ethische
und juristische Aspekte", 2011
Band 26
Dr. Katharina Eger „Off-label use - Eine Übersicht mit Beispielen aus
dem Fachgebiet Neurologie", 2011
40
Band 27
Annette Börner „Die Macht der Sachverständigen im Arzthaftungsfall Rolle und Auswirkungen der Sachverständigengutachten unter
besonderer Berücksichtigung von Medizin, Ethik und Recht", 2011
Band 28
Susanne Weidemann „Von der Wirkmacht der Messwerte.
Überlegungen zum verschwundenen Einzelfall in der medizinischen
Praxis", 2011
Band 29
Christian Albrecht „Das Patientenverfügungsgesetz - Eine Bilanz der
praktischen Umsetzung", 2011
Band 30
Dr. Erich Steffen „Macht und Ohnmacht des Richters im
Arzthaftungsrecht", 2011
Band 31
Franziska Kelle „Widerspruchslösung und Menschenwürde Eine
verfassungsrechtliche Untersuchung zur Begründbarkeit einer
Organspendepflicht und zur Vereinbarkeit von Menschenwürde und
Widerspruchslösung
unter
Berücksichtigung
ethischer
und
medizinischer Aspekte“, 2011
Band 32
Maria Busse „Transsexualität als Krankheit? Einordnung im
Leistungsrecht
der
gesetzlichen
Krankenversicherung
unter
Berücksichtigung medizinischer und ethischer Aspekte“, 2011
Band 33
Dr. Daniel Ammann „Psychotherapie im System der gesetzlichen
Krankenversicherung. Eine interdisziplinäre Analyse struktureller
Versorgungsprobleme und möglicher sozialrechtlicher Lösungsansätze
insbesondere am Beispiel der unipolaren Depression und der
Borderline-Persönlichkeitsstörung“, 2011
Band 34
Clemens Heyder; "Das Verbot der heterologen Eizellspende", 2012
Die Autorin
Dr. Uta Baddack hat 2002 - 2007 Humanbiologie an der Universität Greifswald und
2009 – 2010 Medizin-Ethik-Recht an der Universität Halle-Wittenberg studiert. 2011
schloss sie ihre naturwissenschaftliche Dissertation im Fach Biologie/Immunologie
über ein Tiermodell der Autoimmunkrankheit Rheumatoide Arthritis an der HumboldtUniversität Berlin ab. Sie hat 2 Kinder und forscht als Wissenschaftlerin am MaxDelbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin und hält regelmäßig Vorträge auf
Konferenzen und in Seminarveranstaltungen.