Der Patient zwischen Autonomie und Compliance
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Der Patient zwischen Autonomie und Compliance
Der Patient zwischen Autonomie und Compliance Dr. Uta Baddack, M.mel. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Interdisziplinäres Zentrum Medizin-Ethik-Recht Herausgegeben von Prof. Dr. Hans Lilie Prof. Dr. Hans Lilie (Hrsg.), Schriftenreihe Medizin-Ethik-Recht, Band 35, 2012 Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek: ISSN 1862-1619 ISBN 978-3-86829-449-1 Schutzgebühr Euro 5 Interdisziplinäres Zentrum Medizin-Ethik-Recht (MER) Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Universitätsplatz 5 D- 06108 Halle (Saale) mer@jura.uni-halle.de www.mer.jura.uni-halle.de Tel. ++ 49(0)345-55 23 142 1 Thesen ........................................................................................................................ 2 I Einleitung................................................................................................................... 3 II Methoden ................................................................................................................. 5 III Compliance und Non-Compliance ........................................................................... 5 IV III. 2 Messung von Compliance ....................................................................................... 8 III. 3 Folgen von Non-Compliance................................................................................. 10 III. 4 Gründe für Non-Compliance ................................................................................. 12 III. 5 Mögliche Förderung von Compliance.................................................................... 15 Patientenautonomie ........................................................................................... 18 IV.1 Der Autonomiebegriff ............................................................................................. 20 IV.2 Weitere Prinzipien der biomedizinischen Ethik ....................................................... 21 IV.3 Wenn Selbstbestimmung nicht mehr wahrgenommen werden kann ...................... 24 IV.4 Patientenautonomie aus Sicht des Arztes .............................................................. 26 V Zwischen Selbstbestimmung und Compliance .................................................... 30 VI Literaturverzeichnis ............................................................................................... 33 Die Autorin................................................................................................................. 40 2 Thesen 1) Jeder hat das Recht, über die eigene Person und den eigenen Körper frei und selbstständig zu entscheiden. 2) Personen die erkranken, werden zu Patienten und sind als solche abhängig von medizinischer Betreuung durch Fachkräfte. 3) Ärzte und ihre Patienten haben als gemeinsames Ziel, Krankheiten vorzubeugen, zu erkennen und zu behandeln. 4) Eine große Zahl von Patienten handeln aus verschiedenen Gründen nicht therapiekonform und sind damit non-compliant. Dieses Verhalten hat als mögliche Konsequenzen die Verschlechterung des Gesundheitszustands bis hin zu vermeidbaren Todesfällen und darüber hinaus beachtliche wirtschaftliche Folgen. 5) In der biomedizinischen Ethik gelten als handlungsleitende Prinzipien die Respektierung der Patientenautonomie, „non-maleficence“, „beneficence“ und das Prinzip der Verteilungsgerechtigkeit. Die Gewichtung dieser Prinzipien durch Patienten und Ärzte wird von verschiedenen Faktoren bestimmt. 6) Das Erreichen einer ausgewogenen Balance im Arzt-Patienten-Verhältnis zwischen der Respektierung der Patientenautonomie und der Pflicht zum ärztlichen Handeln durch Aus- und Weiterbildung auf der ärztlichen Seite einerseits und Aufklärung und Wissensvermittlung auf Seite der Patienten, könnte zu einer Verbesserung der Compliance beitragen. 3 I Einleitung Die vertrauensvolle Kooperation von Arzt und Patient stellt die Grundlage für eine erfolgreiche Behandlung dar. Ärzte und ihre Patienten arbeiten auf das gleiche gemeinsame Ziel hin, Krankheiten vorzubeugen, zu erkennen und zu behandeln. Für die gegenseitige Verständigung sind eine umfassende persönliche Aufklärung und eine angemessene Beratung nötig. Diese ermöglichen die aktive Beteiligung des Patienten am Behandlungsprozess und das Treffen von notwendigen Entscheidungen in eigener Verantwortung. Das freie selbstständige Entscheiden über die eigene Person und den eigenen Körper wird allgemein als selbstverständliche Gegebenheit empfunden und ist als solches verfassungsmäßig garantiert (Art. 1 Abs. 2 S. 2 GG). Nach Immanuel Kant macht erst die Willensfreiheit den Menschen zur Person. Dieses Selbstbestimmungsrecht spielt in der Krankenbehandlung eine besondere Rolle, wie sich an der gesetzlichen Verankerung der Patientenverfügung (§ 1901a BGB) zeigt und geht im Zusammenhang mit der postmortalen Entnahme von Geweben und Organen sogar über den Tod hinaus. Das Selbstverständnis und die Achtung eigener Entscheidungen sind verändert, wenn Personen erkranken und hierdurch zu Patienten werden. Oft widersprechen Wünsche und Vorstellungen von Patienten den zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten oder den von ihren Ärzten vorgeschlagenen Methoden. Zusätzlich lassen die von Ärzten formulierten Diagnosen oft schwer das tatsächliche Ausmaß einer Krankheit erkennen. Hierdurch fällt es wiederum schwer, die Veränderungen der Lebensführung, Ernährungsgewohnheiten und die regelmäßige Einnahme von Medikamenten sowie das Erscheinen zu Vor- oder Nachsorgeterminen als notwendig zu akzeptieren und zu befolgen. Hinzu kommen auch die bewusste oder unbewusste Verdrängung schockierender Diagnosen als Selbstschutzreflex sowie die Ablehnung von Therapieansätzen aus religiösen oder persönlichen Gründen oder aus dem sogenannten Bauchgefühl heraus. Denn die meisten Maßnahmen, mögen sie auch der Behandlung oder Linderung eines Leidens dienen, schränken die Lebensqualität ein; sei es durch die Veränderung des Tagesablaufs, durch streng vorgegebene Medikamenteneinnahme, durch Arztbesuche oder auch einfach das ungute Gefühl der Hilflosigkeit und Ohnmacht 4 gegenüber dem eigenen Schicksal. Eine Überwachung des Arzneiplans, der Ernährung und die Wahrnehmung der notwendigen Untersuchungen können bei der stationären Betreuung von Patienten mit sehr gutem Erfolg durchgeführt werden. Die kostenintensive Behandlung im Krankenhaus ist jedoch immer nachrangig gegenüber ambulanter Therapie (§ 39 Abs. 1 S.2 i.V.m. § 12 Abs. 1 SGB V), in welcher Patienten in Eigenverantwortung ärztlichen Vorgaben folgen oder eben nicht. Das Ausmaß, in dem Patienten eine therapeutische Empfehlung befolgen, wird in der Literatur als Compliance, „Adherence“, „Cooperation“ oder auch „Concordance“ bezeichnet. Sie beschreibt das Verhalten gegenüber therapeutischen Maßnahmen, zu dem sich ein Patient aufgrund von Erfahrungen, Erwartungen sowie seiner persönlichen Einschätzungen und Überzeugungen bewusst entscheidet. Die Abweichung von der empfohlenen Behandlung, beispielsweise das Versäumen von Untersuchungsterminen oder eine falsche Einnahme der verschriebenen Medikamente, wird als Non-Compliance beschrieben. (Brucksch et al., 2005; NicholsEnglish and Poirier, 2000; Royal Pharmaceutical Society of Great Britain, 1997) Eine hohe Compliance ist von grundlegender Bedeutung nicht nur für den Erfolg von medizinischen Behandlungen, sondern auch deren Wirtschaftlichkeit. Bei niedriger Compliance wird nämlich nicht die optimale Therapie erfolgen, d.h. Krankheiten werden schlechter als eigentlich möglich behandelt. Zusätzlich entstehen auch sehr hohe Kosten für verschriebene aber nicht eingenommene Medikamente. (Gräf, 2007) Vor allem können durch Non-Compliance Nachbehandlungen wegen der schleichenden allgemeinen Verschlechterung des Gesundheitszustandes einzelner Patienten erforderlich werden. Die Fragestellung dieser Arbeit beschäftigt sich mit der Bedeutung von Compliance und den Einflüssen auf den Behandlungserfolg einerseits und der Eigenverantwortung im Sinne einer selbstbestimmten Beteiligung von Patienten andererseits. 5 II Methoden Die Arbeit basiert auf einer umfangreichen Analyse der aktuellen Literatur. Hierfür wurde sowohl in den medizinischen Datenbanken Medline, Pubmed und DIMDI als auch in der Presse und im Internet und eine umfassende Suche zu den Schlagwörtern „patient autonomy“, „Patientenselbstbestimmung“ sowie zu „compliance“ durchgeführt. Die Suchergebnisse gliederten sich in Studien, Übersichtsartikel, Buchkapitel, Leitfäden und Vorträge. Zusätzlich dienten Gesetzestexte und einschlägige Bücher als Quellen. Aus manchen Studienergebnissen wurden Daten zur Erstellung von Übersichtsgrafiken verwendet. Alle Abbildungen in dieser Arbeit entstammen nicht aus der zitierten Literatur, sondern sind aus Daten der jeweils angegebenen Studien selbst ausgearbeitet. Es wurden die Programme GraphPad Prism Version 4.0 und Microsoft Excel verwendet. III Compliance und Non-Compliance Laut WHO-Bericht nehmen durchschnittlich etwa die Hälfte aller Patienten ihre Medikamente nicht korrekt ein. (World Health Organization, 2003) In der Literatur finden sich hierzu Angaben von 50% bis 90%. (Leaver et al., 2009; Wertheimer and Santella, 2003) Non-Compliance, beispielsweise als falsche Einnahme von Medikamenten, ist vielen Patienten allerdings gar nicht bewusst. Eine 2006 veröffentlichte Studie der National Community Pharmacists Association (NCPA) hat einen merkwürdigen Widerspruch zwischen der Überzeugung, Ratschläge und Anwendungshinweise richtig zu befolgen, und der tatsächlichen falschen Einnahme durch Patienten festgestellt. So glaubten 64% der Studienteilnehmer, den Anweisungen ihrer Ärzte zur Medikamenteneinnahme genau zu entsprechen. Im Gegensatz dazu gestanden aber 74% eine Form von Non-Compliance ein. (National Community Pharmacists Association, 2006) Eine zusammenfassende Studie von Cramer und Rosenheck hat untersucht, ob es Compliance-Unterschiede in verschiedenen Beschwerdegruppen gibt. (Cramer and 6 Rosenheck, 1998) Die drei ausgewählten Gruppen waren Patienten, die entweder Psychopharmaka, Beschwerden Antidepressiva erhielten. Es oder wurde Medikamente deutlich, dass alle gegen körperliche drei betrachteten Patientengruppen ihre vorgegebenen Therapien nicht sehr zuverlässig umsetzten. Patienten, denen Psychopharmaka verschrieben wurden, nahmen bei einer Spanne von 24% bis 90% im Durchschnitt nur zu 58% (± 19%) die vorgegebenen Arzneimittel richtig ein. Verschriebene Antidepressiva wurden bei einer Spanne von 49% bis 90% zu 65% (± 18%) korrekt eingenommen. Medikamente gegen physische Beschwerden wurden zu 76% (± 10%) richtig eingenommen, bei einer Spanne von 60% bis 92% (Abbildung 1). Diese Schätzungen wurden in späteren Veröffentlichungen bestätigt. (Chong et al., 1997; Sawada et al., 2009) Abbildung 1: Compliance in verschiedenen Behandlungsgruppen. Der prozentuale Anteil der Medikamenten-Compliance in Patientengruppen, die entweder Psychopharmaka, Antidepressiva oder Medikamente gegen körperliche Beschwerden einnehmen sollten, wurde von Cramer und Rosenheck ermittelt. (Cramer and Rosenheck, 1998) Der statistische Vergleich hat keine signifikanten Unterschiede dargelegt. Dargestellt sind die Mittelwerte als Linie, die Standardabweichung als weiße bzw. graue Felder und die Extremwerte. 7 III.1 Formen von Non-Compliance Bei der Abweichung von der als optimal erachteten Behandlung lassen sich verschiedene, teils schwer abgrenzbare, Formen bzw. Verhaltensmuster unterscheiden. Die am häufigsten diskutierten Formen sind in Tabelle 1 stichwortartig zusammengefasst und werden in den späteren Kapiteln ausführlich diskutiert: • Entsorgung der Medikamente direkt nach Erhalt („Parkplatzeffekt“) • Langfristig werden Empfehlungen befolgt, aber gelegentlich kurzzeitig unterbrochen („drug holiday“) • Kurz vor dem Termin beginnt der Patient mit der Befolgung der Anweisungen, die er ansonsten ignoriert („Zahnputzeffekt“) • Compliance vollständig, aber mit falscher Medikation • Über-, Unterdosierung, erratische Dosierung • Falsche Einnahmefrequenz (oft bei Einnahme mehrerer Medikamente) • Vorzeitiger Abbruch der Therapie • Polymedikation: Einnahme mehrerer Medikamente • Falsches Medikament (oft bei Einnahme mehrerer Medikamente) Tabelle 1: Die häufigsten Formen der Non-Compliance. Nach (Arnet and Haefeli, 1998; LaRosa and LaRosa, 2000; Wertheimer and Santella, 2003). In einer Umfrage mit 1000 Teilnehmern hat die NCPA einige dieser Formen in ihrer Häufigkeit untersucht (Abbildung 2). (National Community Pharmacists Association, 2006) Im Fall von Kindern ist die korrekte Einhaltung von Behandlungsplänen sogar noch unwahrscheinlicher, da sie für Arztbesuche und die Einnahme von Medikamenten abhängig von ihren Eltern oder Aufsichtspersonen sind. Je nach Erhebungs- bzw. Messmethode von Compliance-Raten treten in der Literatur große Schwankungen auf. Ein häufiges Problem sind verzerrte Aussagen von Patienten, die selbst wissen, dass es nicht richtig war, bei der Einnahme ihrer Arzneimittel und anderen ärztlichen Vorgaben nachlässig vorzugehen. Es besteht nämlich bei Studienteilnehmern die Tendenz, aus Scham unrichtige Angaben zu machen. Die in Studien angewandte Methode zur Bestimmung von Compliance ist daher durchaus ausschlaggebend für die Aussagekraft der Ergebnisse und erklärt 8 auch starke Abweichungen oder scheinbare Widersprüche zwischen Erhebungen mit unterschiedlichen Messmethoden. (Cramer and Rosenheck, 1998) Die am häufigsten angewandten Möglichkeiten werden im Folgenden erläutert und abgewogen. Abbildung 2: Formen und Häufigkeiten von Non-Compliance. Eine Umfrage der „National Community Pharmacists Association“ hat verschiedene Formen der NonCompliance und ihre jeweilige Häufigkeit untersucht. Dargestellt ist der prozentuale Anteil von 1000 Befragten. (National Community Pharmacists Association, 2006) AM: Arzneimittel III. 2 Messung von Compliance Es gibt verschiedene Methoden zur Messung von Compliance, die alle Vor- und Nachteile aufweisen. Grob kann unterschieden werden zwischen direkten Methoden, also direkten Beobachtungen oder Konzentrationsbestimmungen in Körperflüssigkeiten, und indirekten Methoden. Letztere umfassen Einschätzungen durch Ärzte, Tagebücher, Patienteninterviews oder Fragebögen, klinische Ergebnisse, Tablettenzählmethoden und elektronische Überwachung. Auch die Unterscheidung in subjektive und objektive Methoden ist geläufig. Erstere beinhalten eigene Angaben der Patienten und Einschätzungen durch Ärzte in Form von Interviews oder Fragebögen. Diese sind leicht und günstig umzusetzen, allerdings auch sehr anfällig für Überschätzungen bis hin zu bewussten Falschangaben. 9 Objektive Methoden sind wiederum Zählung von Medikamenten, elektronische Überwachung und Datenübersichten. (Cramer and Rosenheck, 1998; Klein and Kraemer, 2006; LaFleur and Oderda, 2004; Pizzi and Biskupiak, 1999) Die Anzahl von eingenommenen Tabletten bzw. Kapseln kann einfach bestimmt werden, wenn die in der Packung verbliebenen Medikamente am Ende einer Studie ausgezählt werden. Bei dieser „Pill count“-Methode kommt es allerdings vor, dass Patienten, denen ihre unregelmäßige Einnahme unangenehm ist, nicht verwendete Medikamente nicht zur Zählung abgeben. Ähnlich funktioniert die Erhebung der Einnahmedaten durch gezieltes computerbasiertes Verfolgen der Verschreibungsintervalle, innerhalb derer Patienten ein neues Rezept ausstellen lassen. Diese Methode verlangt jedoch, dass immer der gleiche Arzt neue Rezepte ausstellt und auch Veränderungen des entsprechenden Arzneimittels, beispielsweise in der Dosierung oder Packungsgröße, mit erfasst werden und in die Datenverarbeitung einfließen. Weiterhin können Konzentrationen der verabreichten Substanzen oder deren Abbauprodukte im Blut, Speichel oder Urin bestimmt werden. Diese Untersuchungen sind invasiv und teuer und geben immer nur zuverlässig Auskunft über die Medikamenteneinnahme kurz vor der Entnahme von Blut oder dem Sammeln von Urin. Sicherlich hebt eine erhöhte Einnahmefrequenz kurz vor der Untersuchung den Serumspiegel oder die Ausscheidung von Abbauprodukten des Arzneimittels, sagt jedoch nichts über die Langzeitanwendung aus. Die völlige Unterlassung der Einnahme kann hingegen durch einen Nullspiegel in den Körperflüssigkeiten festgestellt werden. Schließlich gibt es seit einigen Jahren auch mikroelektronische Verfahren zur Überwachung System“ der MEMS Medikamenteinnahme. registriert Das beispielsweise „Medication and automatisch, Monitoring wenn ein Arzneimittelbehältnis geöffnet wird. Hierbei werden Datum und Zeitpunkt sowie die Häufigkeit der Öffnung gespeichert. (Klein and Kraemer, 2006) Mit Hilfe dieser Technologie können Versäumnisse bei der Einnahme individuell aufgedeckt und mögliche Lösungen fallspezifisch mit den behandelnden Ärzten ausgearbeitet werden. Natürlich kann nicht kontrolliert werden, ob und wie viele Tabletten nach Öffnung des Behältnisses tatsächlich eingenommen wurden. 10 Die Vor- und Nachteile der verschiedenen Erhebungsmöglichkeiten sind nachfolgend tabellarisch zusammengefasst (Tabelle 2). Messmethode Vorteile Nachteile Interviews, Fragebögen kostengünstig, einfach umsetzbar Überschätzungen Falschangaben „Pill count“ einfach umsetzbar Falschangaben Immer gleicher Arzt Verschreibungsintervalle verfolgen computerbasiert möglich Konzentrationsbestimmung in Körperflüssigkeiten Mikroelektronische Verfahren (MEMS) zuverlässig für Kurzzeitstudien Immer gleicher Arzt Änderungen zu beachten z.B. Packungsgröße invasiv, teuer, unzuverlässig für Langzeitstudien teuer, Einnahme nicht dokumentiert Feststellung individueller Muster Tabelle 2: Vor- und Nachteile von Compliance-Messmethoden Zusammenfassung der diskutierten verschiedenen Methoden zur Erhebung von MedikamentenCompliance. (Cramer and Rosenheck, 1998; Klein and Kraemer, 2006; LaFleur and Oderda, 2004; Pizzi and Biskupiak, 1999) Ein fortwährendes Problem stellen Falschangaben von Patienten dar. Diese sind sich bewusst, dass es nicht richtig war, bei der Einnahme nachlässig vorzugehen und schämen sich. Besonders in solchen Fällen ist die vertrauensvolle Kommunikation mit dem Arzt und Apotheker wichtig, damit gesundheitsschädigende Folgen gemindert und möglichst ganz ausgeschlossen werden. III. 3 Folgen von Non-Compliance Wirkungsvolle Arzneimittel können Leben retten. Bei falscher Anwendung hingegen sind sie sehr gefährlich. Für Patienten stehen neben der schlechten Behandlung ihrer Krankheit auch eine eingeschränkte Lebensqualität und vor allem vermeidbare Todesfälle auf dem Spiel. Auch die Wahrnehmung von Kontroll-, Vor- und Nachsorgeterminen kann lebenswichtig zur frühen Erkennung, raschen Behandlung und Verhinderung der Ausbreitung von Krankheiten, wie beispielsweise Krebs, sein. 11 Außerdem sind auch die wirtschaftlichen Folgen von Non-Compliance beachtlich. In den USA werden sie jährlich auf 100 Milliarden US Dollar, in Deutschland jährlich auf 10 Milliarden Euro geschätzt. (Gräf, 2007; National Community Pharmacists Association, 2006; Wertheimer and Santella, 2003) Eine große Gefahr besteht auch, wenn Ärzte nicht erkennen, dass Medikamente nur deswegen nicht zu wirken scheinen, weil sie falsch oder gar nicht eingenommen werden. Sprechen Patienten, welche eine verordnete Therapie nicht richtig umsetzen, nicht auf diese an, wird häufig die ursprüngliche Dosis erhöht oder auf Ausweichmedikamente umgestellt. Obwohl die zuerst verordneten Medikamente möglicherweise bei richtiger Einnahme eine deutliche Besserung bewirkt hätten, werden diese abgesetzt und nicht mehr in Betracht gezogen. Zusätzlich wird in die Behandlung mit einem neuen Arzneimittel investiert, mit welchem jedoch wieder wenig Aussicht auf Besserung besteht, wenn die therapeutischen Vorgaben weiterhin nicht befolgt werden. Im weiteren Verlauf kann es schließlich zu einer Verschlimmerung des Krankheitsbildes, weiteren Komplikationen, zur Einweisung in stationäre Behandlung bis hin zu frühzeitiger Invalidität oder sogar zum Tod kommen. (Cramer, 1998; Wertheimer and Santella, 2003) Besonders anschaulich lassen sich die oben beschriebenen verheerenden Folgen im Fall von Patienten mit chronischen Leiden darstellen, die aufwendiges Koordinieren von verschiedenen Medikamenten und Einschränkungen in der Lebensführung erfordern. Hierzu zählen beispielsweise Diabetes, Bluthochdruck und erhöhte Cholesterolwerte. Nachlässig behandelter Bluthochdruck kann beispielsweise zu Schlaganfällen und Herzversagen führen. Eine primärpräventive Studie zur Verhinderung von Herzkrankheiten bei Hypercholesterolämie-Patienten belegte hierzu auch ein deutlich niedriges Sterberisiko bei regelmäßiger richtiger Einnahme der verordneten Lipidsenker gegenüber nachlässiger oder falscher Einnahme. (Shepherd, 1997; Shepherd et al., 1995) Oft treten vermeintliche Ungereimtheiten der Wirksamkeit von Arzneimitteln auf, deren erfolgversprechende Wirkung sich zwar in streng überwachten Studien zeigt, nicht aber wenn Patienten die Medikamente in Eigenverantwortung einnehmen. Die falsche oder fehlende Einnahme von Medikamenten gegen AIDS wird beispielsweise als Grund für die anhaltend hohe Sterbehäufigkeit durch das HI-Virus angeführt. (Dockser Marcus, 2003) 12 Eine weitere gravierende Folge des Vergessens einzelner Dosen oder zu geringer Dosierungen im Fall von Antibiotika, stellt die Ausbildung von Resistenzen dar. Reinert konnte in diesem Zusammenhang zeigen, dass subinhibitorische Konzentrationen die Entwicklung von Resistenzen bewirken. (Reinert, 2007) Die meistgenannten Folgen von Non-Compliance sind in der nachfolgenden Übersicht zusammengefasst (Tabelle 3). • Anhaltend schlechter Gesundheitszustand • Zusätzliche Arztbesuche bis hin zur Krankenhauseinweisung • Verordnung weiterer Medikamente • Verschlechterung des Gesundheitszustands und Komplikationen • Vorübergehende oder anhaltende Invalidität • Vermeidbare Todesfälle z.B. bei chronischen Erkrankungen, AIDS • Erhöhte wirtschaftliche Belastung v.a. der Krankenkassen • Ausbildung von Antibiotikaresistenzen Tabelle 3: Folgen von Non-Compliance. In der Literatur wiederholt genannte Konsequenzen von schlechter Compliance. (Gräf, 2007; National Community Pharmacists Association, 2006; Reinert, 2007; Wertheimer and Santella, 2003) III. 4 Gründe für Non-Compliance Aus der Überprüfung veröffentlichter Studien ist zu entnehmen, dass eine hohe Compliance einher geht mit Zufriedenheit, guter Betreuung, dem Wunsch der Besserung und auch damit, dass Patienten die Notwendigkeit einer Behandlung akzeptieren. Schlechte Compliance wurde hingegen häufig festgestellt bei Patienten mit chronischen und symptomarmen Leiden, welche mit mehreren Medikamenten behandelt werden, bei denen Nebenwirkungen auftreten und es zu Veränderungen im sozialen Bereich kam. (Cramer and Rosenheck, 1998; Qidwai et al., 2004) Um schlechte Compliance zu bekämpfen, müssen Gründe, welche hierfür eine Rolle spielen, aufgedeckt werden. Demographische Faktoren, wie beispielsweise Alter und Geschlecht und deren Korrelation mit guter oder schlechter Compliance, wurden in 13 der CHARM-Studie bei 7599 Patienten mit chronischem Herzversagen untersucht (CHARM: candesartan in heart failure assessment of reduction in mortality and morbidity). Die Compliance-Rate war bei Frauen geringfügig niedriger (87.3 %) als bei teilnehmenden Männern (89,8 %).(Granger et al., 2009) Eine ähnliche, aber deutlichere Tendenz berichtete auch Sung.(Sung et al., 1998) Unabhängig vom Geschlecht wurde in der CHARM-Studie bei Patienten mit niedriger Compliance eine höhere Mortalität festgestellt. Insgesamt konnten Alter, der Schweregrad der Erkrankung, die Anzahl der Medikamente und der Raucherstatus aber nicht in Verbindung gebracht werden mit höherer oder niedrigerer Compliance. (Granger et al., 2009) Laut Übersichtsarbeiten gehen neben dem Alter auch Faktoren wie Familienstand, Geschlecht, Herkunft, Einkommen, Beruf, Bildungsgrad, Krankheitsstadium (bei Krebs), die Entfernung des Wohnsitzes vom Krankenhaus oder Persönlichkeit nicht eindeutig mit Non-Compliance einher.(Ginde et al., 2008; LaRosa and LaRosa, 2000; Li et al., 2000; Wertheimer and Santella, 2003) Sung und Karrer verzeichneten aber eine gute Compliance, wenn Patienten sich bereits zuvor als therapietreu erwiesen hatten.(Karrer et al., 2000; Sung et al., 1998) Warum Arzneimittel nicht oder falsch eingenommen werden, obwohl sie schmerzlindernd, lebensverlängernd oder lebensrettend wirken, kann oft einfach erklärt werden. Manche Patienten vergessen wichtige Hinweise zur Anwendung und nehmen trotz bester Absichten ihre Arznei falsch ein. Sehr oft führen Probleme bei der Koordinierung von verschiedenen Medikamenten und der mehrmaligen Einnahme dazu, dass einzelne Dosen vergessen oder vertauscht werden. (LaRosa and LaRosa, 2000); (Sung et al., 1998) Die am häufigsten angegebenen Gründe sind zusammengefasst in Tabelle 4. 14 Therapieabweichung Einnahme verweigert Abbruch, unregelmäßige Einnahme Unterdosierung Überdosierung „drug holiday“ Häufig angegebene Gründe • Patient nicht überzeugt, dass AM nötig ist • Keine Symptome • Angst vor Nebenwirkungen • Kaufpreis • Abneigung gegenüber Medikamenten • Angst vor Injektion (bei Spritzen) • Patient nicht überzeugt vom Nutzen des AM • Nebenwirkungen werden nicht vertragen • Patient vergisst Einnahme • Medikament zu teuer • Eindruck Gesundheitsproblem sei „behoben“ • Koordinierung schwierig, z.B. mehrere Einnahmen oder zu festgelegter Uhrzeit • Zu kompliziert, z.B. Inhalatoren (Cochrane et al., 2000) • Patient nicht überzeugt vom Nutzen des AM • Nebenwirkungen werden nicht vertragen • Medikament zu teuer • Annahme „viel hilft viel“ • Wohlgefühl nach Einnahme („feel good“) • Beschleunigung des Heilungs- oder Behandlungsprozesses • Patient nicht überzeugt vom Nutzen des AM • Zum Erreichen eines angenehmen Effekts • Zum Einpassen eines wichtigen Ereignisses • Gefühl, dass AM bestimmte Ereignisse beeinflusst • Patient vergisst Einnahme Tabelle 4: Übersicht über häufige Gründe für verschiedene Formen von Non-Compliance. Nach (Ashton et al., 2005; Cochrane et al., 2000; Gallagher and Kunkel, 2003; Han et al., 2007; LaRosa and LaRosa, 2000; Stotland, 2003; Sung et al., 1998). AM: Arzneimittel . Besonders hoch ist die Non-Compliance bei chronischen Erkrankungen, wie den oben angeführten chronischen Leiden, wie Bluthochdruck oder erhöhten Cholesterolwerten. Hierbei müssen viele Arzneimittel über lange Zeiträume hinweg, sogar teilweise lebenslang, eingenommen werden. Bei nachlässiger Befolgung der Vorgaben des Arztes treten allerdings keine sofortigen Beeinträchtigungen auf und die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen und Risiken sind kaum spürbar. Einige Autoren postulieren sogar, dass die Hälfte der Fälle, in denen blutdrucksenkende Medikamente angeblich in ihrer Wirkung versagten, auf 15 unzureichende Compliance zurückführen sind. (LaRosa and LaRosa, 2000; Stephenson, 1999) Die gleiche Tendenz zeigte sich bei der Wahrnehmung von Untersuchungsterminen von Melanomapatienten. Für kurzfristige Kontrolltermine betrug sie 84%, für mittelfristige 63% und war für langfristige Nachsorge am geringsten, nämlich 30%. (Argenziano et al., 2008) III. 5 Mögliche Förderung von Compliance Zur Verhinderung von Non-Compliance ist eine Aufdeckung der jeweiligen Gründe nötig, damit individuelle Lösungen erarbeitet werden können. Ansätze zur Verbesserung der Patienten-Compliance werden bei allen Beteiligten des Gesundheitssystems, den Arzneimittelherstellern sowie den Patienten selbst diskutiert. (EHEALTH SOLUTIONS FOR PHARMA - Strategies for salesforces, marketing, patient compliance and clinical trials, 2007; LaRosa and LaRosa, 2000; National Community Pharmacists Association, 2006; Steiner and Vetter, 1995; Stone et al., 2003; Wood and Gray, 2000) Damit die Einnahme von Arzneimitteln, Untersuchungstermine und die Einhaltung eines an die Krankheit angepassten Lebensstils nicht vergessen werden, gab es in den letzten Jahren weitreichende Strategien zur Entwicklung von Erinnerungshilfen. Diese reichen von Briefen und Anrufen, Kalendervermerken und Kühlschrankaufklebern bis hin zu elektronischen Tagebüchern (Stone et al., 2003), E-Mails und Textnachrichten auf Mobiltelefone und Pager. Letztere werden als eCompliance bezeichnet.(EHEALTH SOLUTIONS FOR PHARMA - Strategies for salesforces, marketing, patient compliance and clinical trials, 2007) Das britische Unternehmen „Cegedim rx – Pharmacy Health Solutions“ bietet Software für Apotheken, Ärzte und Patienten an zur automatischen Erstellung von Erinnerungshinweisen. Weiterhin wurden spezielle Verpackungen, sogenannte „smart pillboxes“ oder „smart medicine packs“ entwickelt, die einen Mikrochip enthalten, der ein Alarmgeräusch aussendet, wenn das Medikament eingenommen werden soll. Das Unternehmen Cypak hat einen Einwegcomputer entwickelt („intelligent pharmaceutical packaging IPP“), der in die Arzneiverpackung integriert ist. Er erfasst den Zeitpunkt und die Häufigkeit der Einnahme und beinhaltet außerdem 16 ein elektronisches Patiententagebuch und Erinnerungsalarmsignale. (EHEALTH SOLUTIONS FOR PHARMA - Strategies for salesforces, marketing, patient compliance and clinical trials, 2007) In der Süddeutschen Zeitung wurde auch über den Test eines Mikrochips der Firma Proteus Biomedical für den Blutdrucksenker Valsartan berichtet. Nach der Einnahme wird die Tablette im Magen zersetzt, wodurch ein elektrisches Signal erzeugt wird. Der Mikrochip klebt als Pflaster auf der Schulter des Patienten und sendet bei fehlendem Signal eine Nachricht per SMS oder WLAN als Erinnerungssignal an den Patienten, einen Verwandten oder den Arzt. Einen besonderen Vorteil verspricht diese Technologie vor allem für Demenzkranke. (Brüsker, 2009) Optimierte Verpackungen, organisierte Tablettenbehältnisse und einfache Dosierungsanleitungen sind vor allem für ältere Patienten wichtig. (Cramer, 1998) Gegen Verdrängung der gesundheitlichen Probleme und um einen nachlässigen Umgang mit teils schweren Erkrankungen zu erkennen und zu verhindern, können auch regelmäßige Informationsveranstaltungen, Beratungsrunden, Selbsthilfe- gruppen oder Gesprächskreise helfen. (Bampton et al., 2007; Van Hecke et al., 2008) Dort treffen verschiedene Betroffene und Ärzte aufeinander, die über Erfahrungen mit der Krankheit und zusätzlichen Beschwerden durch Non-Compliance berichten. Als anderen Ansatzpunkt sind Schulungen für Krankenschwestern und Ärzte anzuführen. Dort soll die individuelle Motivation von einzelnen Patienten trainiert werden. Diese ist wichtig, um jeweils im Einzelfall herauszufinden, wie eine bessere Compliance zu erreichen ist. LaRosa fasst mögliche Ansätze zur Verbesserung von Compliance durch Ärzte folgendermaßen zusammen (Tabelle 5): Vorschläge zur Verbesserung von Compliance durch Ärzte • Verständliche und deutliche Erklärungen, damit Patienten erkennen und verstehen, wie wichtig und förderlich ihre Medikamente sind • Klare mündliche und schriftliche Anwendungsvorgaben über den Zeitpunkt und die Häufigkeit der Einnahme und Hinweise darauf, wie bei Vergessen einer Dosis zu verfahren ist • Anpassung des Behandlungsplans auf die individuellen Lebensumstände und auch eventuelle weitere Medikamente, z.B. passende und unpassende Zeitpunkte für Einnahme bestimmen • Bedeutung von Compliance bei jedem Termin erneut besprechen und Patienten dazu befragen 17 • Bevorzugt Medikamente verschreiben, die maximal einmal pro Tag eingenommen werden müssen Vorschläge zur Verbesserung von Compliance durch Ärzte • Fortwährende Gespräche mit Ärzten und Anderen im Gesundheitssektor unterstützen: Patient zu ehrlicher unbefangener Meinungsäußerung anregen; ohne Zeitdruck • Herausfinden, ob andere Einflüsse optimale Compliance behindern • Bei finanziellen Barrieren: auf Bonusprogramme oder günstige Angebote von andern Anbietern hinweisen • Bei Einnahme mehrerer Medikamente: gleichzeitige Einnahme raten, um Verwechslungen und Verwirrung zu vermeiden • Bei mangelnder Unterstützung des Partners: Partnertherapie vorschlagen • Selbst-Überprüfung („self monitoring“) anregen zur Aufdeckung von Einnahmefehlern und Bewusstwerdung der Behandlung • Regelmäßigen Kontakt per Telefon oder Post aufrecht erhalten, um fortdauerndes Interesse am Gesundheitszustand des Patienten zu demonstrieren • Verteilen von Erinnerungshilfen z.B. Poster, Kalender, Magneten • Arzneikassette oder Tablettenbox vorschlagen zur übersichtlichen Organisation der täglichen oder wöchentlichen Medikamente oder Erinnerungshilfen mit Alarmfunktion Tabelle 5: Möglichkeiten zur Verbesserung der Compliance durch Ärzte. Nach (LaRosa and LaRosa, 2000) Ein weiterer Ansatz liegt in der stärkeren Einbindung von Apothekern. Dieser Möglichkeit zur Verbesserung stimmten 83% der Teilnehmer in einer Umfrage der NCPA zu. Weiterhin standen 63% der Befragten den Apothekern ein größeres Wissen über Medikamente zu als anderen Angehörigen der Gesundheitsberufe. Zusätzlich sagten 86%, sie würden mit ihrem Apotheker über die ihnen verschriebenen Arzneimittel sprechen. (National Community Pharmacists Association, 2006) Schließlich gab es auch mehrere Studien über finanzielle Anreize zum Beispiel in Form von Gutscheinen, Lotteriescheinen aber auch Bargeld, welche die Motivation zur Befolgung der Therapievorgaben erhöhen sollten. Aus dem Ergebnis von 11 Studien folgerte der Gesundheitsökonom Guiffrida, dass diese Strategie tatsächlich Erfolg verspricht. Die Unterschiede zwischen Testgruppen mit und ohne Anreiz waren allerdings sehr gering und traten vor allem bei bedürftigen Personengruppen, wie mittellosen minderjährigen Müttern und obdachlosen Tuberkulosepatienten oder kurzfristigen Eingriffen, wie zahnärztlichen Behandlungen, hervor. (Giuffrida and Torgerson, 1997) Die Gesundheitspsychologin Marteau wies jedoch auch darauf hin, 18 dass finanzielle Anreize das individuelle Verantwortungsbewusstsein von Patienten und auch das Verhältnis zwischen Arzt und Patient untermauern können. (Marteau et al., 2009) Es ist deutlich geworden, dass die diskutierten Möglichkeiten, wie Erinnerungshilfen, Aufklärung- und Bildungsprogramme, eCompliance, Motivationsanreize Selbsthilfegruppen, alle therapiekonformes Verhalten erhöhen können. oder Keine Maßnahme hat aber deutlich überzeugt. (Roter et al., 1998) Compliance umschreibt die aktive Beteiligung des Patienten am eigenen Gesundheitszustand, also ärztlichen Rat aufzusuchen, Untersuchungs- oder Beratungstermine wahrzunehmen, Hinweisen und Ratschlägen zur Lebensweise bis hin zu medizinischen Eingriffen Folge zu leisten. So ist es nicht verwunderlich, dass die meisten Fälle von Non-Compliance auch in dem konkreten Verhalten des Patienten begründet liegen. Im Folgenden soll daher die aktive Mitwirkung und Selbstbestimmung des Patienten bei der medizinischen Behandlung näher besprochen werden. IV Patientenautonomie Die Selbstbestimmung über die eigene Person und den eigenen Körper gelten als allgemeines moralisches Grundprinzip, das anzuerkennen und zu respektieren ist. Ist eine gesunde Person jedoch erkrankt und zum Patienten geworden, liegt die Entscheidung für den bestmöglichen Weg zu einer raschen Genesung oder der optimalen Leidensbegrenzung oft nicht in ihrem Ermessensbereich. Denn in den meisten Fällen ist für die Behandlung, Vorbeugung oder Nachsorge von Krankheiten ein Arzt notwendig, der über das entsprechende medizinische Fachwissen verfügt. Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient ist durch ein Ungleichgewicht belastet. Der hilfebedürftige, kranke Patient wird vom Arzt überragt an fachlichen Kenntnissen, dieser ist aber für die richtige Diagnose und Therapierung abhängig von Auskünften des Patienten und möglicherweise auch gefährlichen invasiven Eingriffen, von Blutund Gewebeentnahmen über Röntgenaufnahmen bis hin zu mehrstündigen Operationen. Hierfür sind wiederum grundsätzlich die aktive Zustimmung und Mitwirkung des Patienten oder seinem Vertreter unbedingt erforderlich. 19 20 IV.1 Der Autonomiebegriff Die Begriffe der Selbstbestimmung oder „Autonomie“ sollen kurz erläutert werden. Autonomie setzt sich zusammen aus den altgriechischen Wörtern „autos“ für selbst und „nomos“ für Regel, Regierung oder Gesetz und bezog sich ursprünglich auf eigenständig regierte unabhängige Stadtstaaten. Schließlich wurde der Begriff auch auf Personen übertragen und gilt für Willensfreiheit, individuelle Entscheidungen und Selbstbestimmtheit. So beschrieben Beauchamp und Childress: „the autonomous individual acts freely in accordance with a self-chosen plan, analogous to the way an independent government manages its territories and establishes its policies. A person of diminished autonomy, by contrast, is in some respect controlled by others or incapable of deliberating or acting in the basis of his or her desires or plans.“ (Beauchamps and Childress, 2009) Im Konzept des liberalen Individualismus gilt Autonomie als das oberste Moralprinzip auch im Bezug auf Recht und Staat. So schrieb Mill 1859: „Man kann einen Menschen nicht rechtmäßig zwingen etwas zu tun oder zu lassen, weil dies besser für ihn wäre, weil es ihn glücklicher machen, weil er nach Meinung anderer klug oder sogar richtig handeln würde.“ (Mill, 1859) Die Achtung der Autonomie des Patienten ist nicht ausschließlich als Widerstand gegen ungewünschte Maßnahmen zu verstehen. Sie umfasst auch verschiedene Patientenrechte, welche Ansprüche, Wünsche und Hoffnungen geltend machen. (Bobbert, 2002; Geisler, 2005) Diese umfassen nach Monika Bobbert unter anderem Rechte auf: • Information • Zustimmung oder Ablehnung diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen • Festlegung des Eigenwohls • Alternativenauswahl • Eine möglichst milde Einschränkung des Handlungsspielraums durch die im Gesundheitssystem unumgänglichen institutionellen Strukturen. 21 In einer näheren Erläuterung, was die Achtung vor Autonomie beinhaltet, heißt es: „To respect autonomous agents is to acknowledge their right to hold views, to make choices, and to take actions based on their personal values and beliefs. Such respect involves respectful action, not merely a respectful attitude.“ Der Respekt für Selbstbestimmung von Patienten gilt jedoch nur prima facie, denn es können in manchen Situationen konkurrierende Moralprinzipien überwiegen. (Beauchamps and Childress, 2009) IV.2 Weitere Prinzipien der biomedizinischen Ethik Die Achtung vor der Selbstbestimmung einer Person stellt nicht den einzigen zu beachtenden Leitwert in der medizinischen Ethik dar; beispielsweise in Fällen, bei denen die öffentliche Gesundheit gefährdet ist, Unschuldige Schaden nehmen könnten oder schwer verfügbare Mittel notwendig sind. Als gleichwertig sind nach der Prinzipienethik von Beauchamp und Childress neben dem Respekt der Autonomie auch die Prinzipien des Nicht-Schadens („non-maleficence”), des Wohltuns („beneficence”) und der Gerechtigkeit („justice“) zu beachten.(Beauchamps and Childress, 2009) Die einzelnen Prinzipien und ihre Bedeutungen sind in Tabelle 5 zusammengefasst. Das Nicht-Schadens-Prinzip orientiert sich an der Maxime „Primum non nocere“, nämlich zuvorderst, keinen Schaden zu verursachen. Es spielt eine große Rolle bei Entscheidungen am Lebensende und wird deutlich bei der Unterscheidung zwischen Töten und Sterben lassen oder dem Unterlassen und dem Abbrechen lebenserhaltender Maßnahmen. Die Verhinderung schädlichen Verhaltens ist aber nicht gleichbedeutend mit der Ausführung positiver wohltätiger Taten, wie sie das „beneficence“-Prinzip fordert. „Beneficence“ beschreibt weitgefasst alle Handlungen zum Wohl von Anderen. Hier kann in obligatorische und ideale oder allgemeine und spezifische „beneficence“ untergliedert werden. In allen erdenklichen Situationen, Anderen Gutes zu tun, stellt ein Ideal (ideale „beneficence„) dar, das zu befolgen nicht immer möglich ist. Hingegen gibt es einige moralische Grundregeln im „Wohltuens-Prinzip“, die obligatorisch zu befolgen sind. Beispielsweise gilt es Personen in Not zu retten, 22 behinderten Menschen zu helfen und Rechte von Anderen zu schützen und zu verteidigen (obligatorische „beneficence“). Spezifische „beneficence“ richtet sich an bestimmte Gruppen, so wie Familienmitglieder, Freunde oder Patienten, wohingegen generelle „beneficence“ alle Personen außerhalb dieser Beziehungen erfasst. (Beauchamps and Childress, 2009) Im Zusammenhang mit ärztlichen Eingriffen stehen „non-maleficence“ und „beneficence“ manchmal im Konflikt, wobei meist die „beneficence“ überwiegt. So werden zum Ziel bösartige Krebsgeschwüre langfristig zu entfernen oder gebrochene Gliedmaßen zu richten, durchaus die Betäubung, eine möglicherweise unangenehme Operation und eventuell sogar die Entfernung der betroffenen Körperteile gebilligt. Moralische Regeln und Richtlinien zur gerechten Zuteilung, Finanzierung und Ansprüchen im Gesundheitssystem werden im Gerechtigkeits- oder „justice“-Prinzip erfasst. Es wird unterschieden zwischen formaler und materieller Gerechtigkeit. Das Prinzip der formalen Gerechtigkeit oder formalen Gleichheit bezieht sich auf die Maßgabe: „Gleiche sollen gleich behandelt, Ungleiche sollen ungleich behandelt werden.“ Die Konkretisierung dieser un/gleichen Behandlung findet sich wiederum in materiellen Prinzipien, welche sich mit Grundsätzen der Verteilung oder Allokation befassen. Einige mögliche Grundsätze der materiellen Verteilungsgerechtigkeit lauten nach (Beauchamps and Childress, 2009) beispielsweise: • Jedem den gleichen Anteil • Jeder entsprechend seinem Bedarf • Jedem entsprechend seinen Bemühungen • Jedem entsprechend seinem Beitrag • Jedem entsprechend seiner Leistung • Jedem entsprechend der Devise der freien Marktwirtschaft. Diese Prinzipien formulieren Gegebenheiten, die Personen vorweisen müssen, damit sie einen bestimmten Anteil erhalten können. Manche Eigenschaften, die für Zuteilungen zugrunde gelegt werden, wie das Geschlecht, der Intelligenzquotient oder die ethnische Zugehörigkeit, sind allerdings diskriminierend und irrelevant, vor allem weil sie auf Unterschieden gründen, für welche die betroffenen Personen keine Verantwortung tragen. Die Problematik der Verteilungsgerechtigkeit zeigt sich sehr deutlich in den aktuellen Debatten um Allokation, Priorisierung und Rationierung im 23 Gesundheitssystem. Der Anspruch auf gesundheitsbezogene Güter ist und bleibt nämlich aus wirtschaftlichen Gründen in einem bestimmten Rahmen begrenzt. Diesen gilt es, mit Hilfe verschiedener zugrunde liegender Prinzipien, so gerecht wie möglich auszugestalten. Prinzip Bedeutung Achtung vor Autonomie Respekt vor dem Recht auf eigene Ansichten, Entscheidungen zu fällen und durchzusetzen und vor Handlungen aus persönlicher Überzeugung „non-maleficence“ „primum non nocere“: Anderen Menschen zuvorderst keinen Schaden zufügen „beneficence“ Anderen Menschen Gutes tun, Beispiele: Barmherzigkeit, Wohltätigkeit, Altruismus, Hilfe, Schutz, Liebe und Menschlichkeit Gerechtigkeit Gerechte, angemessene, geeignete Behandlung entsprechend dem Bedarf und der Bedürftigkeit von Menschen Tabelle 5: Die Grundprinzipien der biomedizinischen Ethik. Nach (Beauchamps and Childress, 2009) Eine wichtige Rolle spielt die Balance zwischen Patientenautonomie und eigenen Wertvorstellungen des Arztes. Situationen, in denen Ärzte aus persönlicher Überzeugung zögern könnten, einen gewünschten Eingriff vorzunehmen, sind beispielsweise Abtreibungen, das Stechen von Piercings oder so extreme Fälle wie die Infibulation bzw. Beschneidung von jungen Mädchen und der Amputation gesunder Gliedmaßen. Der Konflikt besteht zwischen der persönlichen Wertvorstellung des Arztes, der Verletzung des „nonmaleficence“-Prinzips und der Tatsache, dass Patienten ihre Wünsche sonst anderswo umsetzen. Möglicherweise fehlt dort professionelle ärztliche Unterstützung, hygienische und medikamentöse Voraussetzungen sind nicht optimal, und somit sind durch ein erhöhtes Verletzungsrisiko gesundheitliche Folgeschäden vorprogrammiert. In solchen sogenannten „no-win“ Situationen entscheiden Ärzte individuell unterschiedlich je nach ihrer persönlichen Abwägung medizinethischer Prinzipien. 24 Das Gleichgewicht zwischen den genannten Prinzipien ist im ärztlichen Alltag oft nicht einfach. So stehen die wohlgemeinte, auf Besserung des Patienten ausgerichtete Absicht des Arztes und damit verbundene Einschränkungen und Veränderungen im Lebensalltag manchmal nicht im Einklang mit Wünschen und Vorstellungen des Patienten. In solchen Konfliktsituationen würde das strikte Befolgen eines der Prinzipien jeweils in eine andere Richtung führen. Die Balance dieser Spannung stellt eine große Herausforderung für das Arzt-Patienten-Verhältnis dar. Besonders schwierig ist auch die Beurteilung des mutmaßlichen Willens des Patienten, wenn dieser sich nicht äußern kann. IV.3 Wenn Selbstbestimmung nicht mehr wahrgenommen werden kann Autonomie erfordert grundsätzlich die geistige, körperliche und zeitliche Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen und zu äußern. In verschiedenen Situationen können Patienten ihre Wünsche und Vorstellungen zum Therapieverlauf nicht äußern. Das kann der Fall sein, weil sie sich überfordert fühlen und wünschen, dass der Arzt die seiner Meinung nach beste Behandlung auswählt. Zu diesen Fällen zählen auch Zustände, in denen Patienten nicht ansprechbar sind, wie beispielsweise in der Notfallmedizin (Naess et al., 2001) oder in Sterbenähe (Nationaler Ethikrat, 2006), bei Demenzerkrankung und psychischen Störungen. (Saks, 2009) In der Notfallmedizin liegen Probleme häufig darin, dass es sich oft um den erstmaligen Kontakt zwischen Arzt und Patient handelt, also keine längere vertrauensvolle Beziehung aufgebaut werden konnte. Die schnelle Erstversorgung ist aber meist notwendig um gravierende Folgeschäden zu verhindern oder zumindest einzugrenzen, daher sind ausführliche abwägende Diskussionen zur Erklärung und Abwägung möglicher Behandlungsalternativen mit schwer verletzten Personen aus Zeitnot nicht möglich. Hinzu kommt, dass eine genaue Diagnose und Prognose außerhalb des Krankenhauses noch nicht durchführbar sind. Des Weiteren könnten sich Unfallopfer, sofern sie überhaupt noch ansprechbar sind, durch Blutverlust, Sauerstoffunterversorgung, Unterkühlung oder ähnliches in Schockzuständen befinden, welche die Fähigkeit, rational zu Denken, stark beeinträchtigen. Daher steht für Notfallmediziner die moralische Pflicht, alle lebensrettenden 25 und -erhaltenden Maßnahmen schnellstmöglich einzuleiten, über dem Respekt vor Patientenautonomie.(Naess et al., 2001) Patienten mit psychischen Erkrankungen, wie beispielsweise Schizophrenie, können ihre Handlungen und sogar Gedanken oft nicht kontrollieren. Sie bilden eine Sondergruppe von Patienten, die manchmal nicht ausdrücken können, was sie genau wünschen und in den schlimmsten Fällen sogar eine Gefahr für andere und sich selbst darstellen können. Die Juristin und Schizophreniepatientin Elyn Saks gestand nicht allen geistig gestörten Patienten die Fähigkeit zur freien unabhängigen Entscheidung zu. Fehlt diese in bestimmten Situationen, so müssen Andere für die Betroffenen entscheiden. Als Wahrung des Rechts der Selbstbestimmung schlug Saks aber vor, dass Patienten eine „advance directive“ verfassen, worin Wünsche und Verfahrensweisen beschrieben sind, wie bei erneuten Vorfällen der Verwirrtheit, Attacken oder Ähnlichem vorzugehen ist. (Saks, 2009) Die Fähigkeit, selbst über die eigene Person zu bestimmen, ist auch am Lebensende oder in Sterbenähe häufig nicht mehr gegeben. Wenn Patienten geistig nicht zurechnungsfähig sind, sich nicht artikulieren können oder sogar im Koma liegen und nur lebenserhaltende und/oder -verlängernde Maßnahmen den Kreislauf, die Nahrungsaufnahme und die Atmung aufrecht erhalten. Als Lösung für das Entscheidungsdilemma, in dem sich Ärzte, Verwandte, Freunde oder der Betreuer der Patienten befinden, wurde durch die Aufnahme der Patientenverfügung in das BGB eine gesetzliche Regelung hierzu getroffen. Somit sollen die für eine ganz bestimmte Situation niedergelegten schriftlichen Wünsche des Patienten für oder gegen Behandlungsmaßnahmen oder der von Verwandten oder dem Betreuer geäußerte mutmaßliche Wille des Patienten, für die behandelnden Ärzte juristisch bindend sein. Diese Regelung wurde seit ihrer Verabschiedung allerdings stark kritisiert: „Die Situation [des Patienten wird] einmal ganz, ganz anders sein, als der Patient es ahnte. Und mit großer Wahrscheinlichkeit würde die Entscheidung des Patienten anders ausfallen, wenn er die exakten Bedingungen überschauen und seine Vorstellungen und Wünsche noch einmal überdenken könnte.“ (Bohl, 2009) Weiterhin hieß es, dass ein Patient, der in eine wirklich ernste Situation gerate und der zuvor bereit gewesen wäre, „im Vertrauen auf die Kompetenz eines Arztes seiner Wahl, den Empfehlungen und Vorschlägen dieses Arztes zu folgen, sich ihm anzuvertrauen [...], dieses Vertrauensverhältnis kündigt.“ (Bohl, 2009; Richter- 26 Kuhlmann, 2009) Eben dieses Vertrauensverhältnis kann aber nur entstehen, wenn Wünsche und Vorstellungen der Patienten von den behandelnden Ärzten entsprechend anerkannt, gefördert und berücksichtigt werden. IV.4 Patientenautonomie aus Sicht des Arztes Patienten haben selten das notwendige Fachwissen, um gründlich abgewogene und durchdachte Entscheidungen über ihre Behandlung zu treffen. Daher stehen Ärzte in der Verantwortung, ihren Patienten die jeweilige individuelle Situation verständlich zu erklären und vorhandene Optionen so objektiv wie möglich zu erläutern. Gefühle und vor allem Ängste könnten die Entscheidung der Betroffenen beeinflussen. Hier liegt es sowohl an der medizinischen als auch an der psychosozialen Kompetenz von Ärzten, Patienten zu beruhigen und Bedenken zu besprechen, damit diese eine Wahl für oder gegen Behandlungsansätze nicht zu stark beeinflussen. Schließlich kann es nach der Klärung aller Fragen, der Erklärung möglicher Risiken und der Abwägung zwischen verschiedenen Alternativen zu einem „informed consent“ kommen, der Zustimmung des aufgeklärten und informierten Patienten zum besprochenen Behandlungsplan. Die ausführliche Besprechung, Aufklärung und Darlegung von Alternativen ist das Recht des Patienten und die Pflicht des Arztes. (Sakellari, 2003) Je nach Einstufung der Bedeutung des Respekts vor autonomen Entscheidungen in Abwägung mit anderen Wertvorstellungen, werden verschiedene Modelle des ArztPatienten-Verhältnisses beschrieben. Traditionellerweise verließen sich Ärzte fast ausschließlich auf ihr eigenes Urteil, was das Bedürfnis an Information der Patienten und alternative Behandlungsstrategien betraf. Im Rahmen der Bewegungen der 60er und 70er Jahre wurde die Forderung nach Mitwirkung und Selbstbestimmung von Patienten immer wichtiger. (Beauchamps and Childress, 2009; Rothman, 2001) Die hauptsächliche Lenkung der Behandlung durch den Arzt wird als paternalistisches, „controlling“ oder Fürsorgemodell der Arzt-Patienten-Beziehung beschrieben. Hierbei behandeln Ärzte so wie sie es für die Gesundheit und das Wohlergehen ihrer jeweiligen Patienten am besten empfinden, ohne mögliche andere Therapiearten oder Vorgehensweisen im Gespräch mit den betroffenen Patienten oder ihrer Familie anzubringen. Ärzte verhalten sich, nach bestem Gewissen, als Vormund gegenüber 27 ihren Patienten, denn sie ermöglichen diesen nicht, durch ausreichende gründliche Information selbst andere Entscheidungen zu treffen und durchzusetzen. (Beauchamps and Childress, 2009; Emanuel and Emanuel, 1992; Rogers, 2002; Rothman, 2001). Patienten, die ganz ohne Einflussnahme von Medizinern entscheiden, handeln nach dem Patienten-zentrierten, „independent choice“ oder „autonomy-respecting“ Modell. (Quill and Brody, 1996; Rogers, 2002) Zwischen beiden Extremen liegt das „shareddecision-making“ oder „intermediate“ Modell. Die Unterscheidung in drei Typen von Arzt-Patienten-Beziehungen wurde in den letzten Jahren immer weiter ergänzt und ausgestaltet durch weitere Zwischenformen des „intermediate“ bzw. „shareddecision-making“ Modells. Denn eine Form von Selbstbestimmung, in der ohne jeden äußeren Einfluss Entscheidungen getroffen werden, ist in Gesundheitsfragen schwer umsetzbar. Eine kliniknähere Herangehensweise stellt das Konzept der relationalen Autonomie dar. Es beschreibt ein Verhältnis zwischen Arzt und Patient, in dem beide aufeinander angewiesen sind. (Entwistle et al., 2010; Geisler, 2005) Hieraus sind noch weitere Arzt-Patienten-Modelle entstanden, wie beispielsweise das interpretative, das deliberative und das „enhanced autonomy“-Modell, in denen Ärzte ihren Kenntnisschatz teilen, ihre Patienten beraten und trotzdem fürsorglich betreuen.(Emanuel and Emanuel, 1992; Gabl and Jox, 2008; Geisler, 2005; Quill and Brody, 1996) Eine australische Studie untersuchte den Respekt vor Patientenautonomie durch Ärzte in verschiedenen Therapiesituationen. Zu diesem Zweck wurde das Verhalten von 21 zufällig ausgewählten Allgemeinärzten in vier Sachverhalten gegenüber Patienten mit Rückenschmerzen überprüft. Die Sachverhalte waren (a) die Anwendung von Betäubungsmitteln, (b) die Veranlassung von Röntgenuntersuchungen, (c) das Ausstellen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und (d) die Einstellung zu ergänzenden Maßnahmen, wie beispielsweise Physiotherapie. Die Achtung vor Selbstbestimmung der Patienten durch ihre behandelnden Ärzte wurde untergliedert in „autonomy-respecting“, „controlling“ und „intermediate“ (Abbildung 3). (Rogers, 2002) 28 Abbildung 3: Haltungen von Ärzten zu Patientenautonomie in verschiedenen Behandlungssachverhalten. Patienten mit Rückenschmerzen wurden von 21 unterschiedlichen Allgemeinärzten in Australien behandelt. Das Verhalten der Ärzte wurde eingeteilt in „autonomy-respecting“, „controlling“ oder „intermediate.“ Die Sachverhalte betrafen: Die Verwendung von Betäubungsmitteln (a), die Veranlassung von Röntgenuntersuchungen (b), das Ausstellen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (c) oder Physiotherapie oder andere ergänzende Maßnahmen (d). Die Zahlen entsprechen dem prozentualen Anteil der Ärzte, die in dem jeweiligen Sachverhalt entsprechend gehandelt haben. (Rogers, 2002) Interessanterweise haben die meisten Ärzte Patientenautonomie und ihre eigene Meinung in den unterschiedlichen Sachverhalten (a-d) nicht immer gleich gewichtet. Was die Anwendung von Betäubungsmitteln betraf, so stellten 20 von 21 Ärzten ihre Meinung über die von Patienten. Zu Physiotherapie oder anderen ergänzenden Maßnahmen sprachen sich hingegen 90 % für autonome Entscheidungen durch Patienten aus. Die Anteile der verschiedenen Haltungen der Ärzte in den vier Sachverhalten sind in Abbildung 3 grafisch verdeutlicht. Das paternalistische Vorgehen bei der Verwendung von Betäubungsmitteln wurde hauptsächlich damit begründet, dass in diesem Bereich die Kontrolle durch Patienten unangemessen 29 wäre. Vor allem galt es, Schäden wie Abhängigkeit oder Missbrauch der Analgetika und mögliche rechtliche Sanktionen zu verhindern. Das Veranlassen von Röntgenuntersuchungen hingegen stand nicht unter vergleichbar starker Kontrolle oder gar Strafe, so dass einige der befragten Ärzte angaben, sie hätten der Untersuchung zugestimmt, obwohl sie dafür keinen Anlass sahen. Gründe hierfür waren: • Beruhigung der Patienten: Knochen nicht betroffen • Zeit gewinnen • Zeigen, dass etwas unternommen wird • Befürchtung, Patient könnte zu anderem Arzt wechseln, daher Verhinderung des finanziellen Verlusts. Nicht aufgeführt von den Ärzten wurden Bedenken zur Kostenbelastung durch medizinisch unnötige Untersuchungen oder die schädigende Belastung der Patienten durch Röntgenstrahlen. (Rogers, 2002) Dass den Wünschen von Patienten zu radiologischen Untersuchungen viel häufiger als medizinisch notwendig entsprochen wird und die damit einhergehende Inkaufnahme der Gefahren und Risiken, wurde in einer Übersichtsarbeit von Hofmann und Lysdahl deutlich dargelegt und stark kritisiert. (Hofmann, 2008) Physiotherapie oder andere zusätzliche Therapien lagen nach Auffassung der meisten befragten Ärzte außerhalb ihres Aufgabenbereiches und sie ließen Patienten hierbei gern nach deren Wünschen verfahren. Die Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen war teils sehr beeinflusst von der finanziellen Abhängigkeit der Patienten, welche rasch wieder arbeiten wollten. So dass in diesem Zusammenhang die meisten Ärzte gemeinsam mit ihren Patienten eine Entscheidung erarbeitet haben. (Rogers, 2002) Diese Studie verdeutlicht, dass nicht alle Behandlungssituationen miteinander vergleichbar sind und im Fall unterschiedlicher therapeutischer Maßnahmen der gleiche Arzt Patientenautonomie ganz anders bewertet. Besonders hervorzuheben ist auch, dass neben der gesundheitlichen Fürsorge auch finanzielle und gesetzliche Hintergründe bei therapeutischen Entscheidungen von Ärzten eine Rolle spielen. (Rogers, 2002) 30 Auch die Einstellung von Ärzten zu Religion übt Einfluss darauf aus, welche Bedeutung sie dem Selbstbestimmungsrecht ihrer Patienten beimessen. In einer Umfrage von Lawrence und Curling, sollten Ärzte die folgenden Aussagen von Patienten nach ihrer Gewichtung einordnen: • Wünsche und Vorstellungen des Patienten • Einschätzung des Arztes darüber, was für den Patienten am besten wäre • Empfehlungen und Standards von Fachgesellschaften • Religiös begründete moralische Vorstellungen. Dabei sahen religiöse Ärzte die Wünsche und Vorstellungen von Patienten seltener als wichtigstes Kriterium in ihrem täglichen Vorgehen an als nicht-religiöse Mediziner (47% gegenüber 67%).(Lawrence and Curlin, 2009) Die beiden zitierten Studien machen deutlich, dass Ärzte, welche die Wünsche und Vorstellungen des Patienten kennen, diese manchmal nicht in die Behandlungsstrategie einbeziehen können oder möchten. Es ist trotzdem deutlich geworden, dass in den letzten Jahrzehnten der traditionelle Paternalismus in den Hintergrund gerückt ist. Besonders aus Gründen der Absicherung im Arzthaftungsrecht hat sich bei Krankenbehandlungen und medizinischen Eingriffen das Verfahren der informierten Zustimmung bzw. des „informed consent“ durchgesetzt. Inwiefern im Gespräch zwischen Arzt und Patient tatsächlich mögliche Behandlungsalternativen diskutiert, eventuelle Ängste und Vorurteile des Patienten besprochen sowie eine Abwägung von Kosten und Risiken durchgeführt werden, ist sowohl vom jeweiligen Arzt als auch dem individuellen Patienten abhängig. Denn nur wenn ein Vertrauensverhältnis besteht, sind diese Gespräche möglich. V Zwischen Selbstbestimmung und Compliance Die vertrauensvolle Kommunikation zwischen Ärzten und ihren Patienten stellt sich in vielen Studien als der Schlüssel für die Initiierung der optimalen Behandlung dar. In der Vielfalt der durchgeführten Studien spiegeln sich aber auch viele verschiedene Elemente wider, die in bestimmter Form einen Einfluss haben auf den Patienten, den Arzt, den Apotheker, die Medikamenten-Compliance oder ganz allgemein die 31 regelmäßige Wahrnehmung von Vorsorge-, Nachsorge- und Kontrollterminen. In der Gegenüberstellung der Begriffe Non-Compliance und Patientenautonomie ist auffällig, dass sich beide nicht unbedingt widersprechen. Die negativ belegte Non-Compliance stellt grundsätzlich etwas Falsches dar, nämlich die Abweichung vom Therapieplan, das Versäumen von Untersuchungsterminen oder einen unvernünftigen Lebensstil. Patientenautonomie ist hingegen ein positives ethisches Prinzip, das von Ärzten zumindest in Form des „informed consent“ Anerkennung finden muss. So stellt sich die Frage, ob ein Patient, der sich gegen eine Behandlung entscheidet, selbstbestimmt und somit „richtig“ vorgeht oder ob er „falsch“ handelt, weil er eine medizinisch notwendige Therapie abbricht oder nicht wahrnimmt, die eine Verschlimmerung seiner Krankheit verhindern oder verzögern könnte. Dieses Dilemma soll nun näher diskutiert werden. Wer geistesgegenwärtig und zurechnungsfähig ist, hat das Recht, über seine Person und seinen Körper selbst zu entscheiden. Also wird niemand den Betroffenen zwingen können, einen Eingriff, den er nicht wünscht, vorzunehmen; auch dann nicht, wenn die Verweigerung einer therapeutischen Maßnahme den behandelnden Arzt erschüttert und dessen persönlichen Wertvorstellungen widerspricht. Hier obliegt es dem Arzt verständlich und nachvollziehbar darzustellen, welche Gefahren ein unterlassener Eingriff mit sich bringt, wie sich der Gesundheitszustand verschlechtern kann und das Krankheitsbild noch komplizierter werden könnte. Zusätzlich gilt es, die Beweggründe des Patienten in dessen konkreter Situation zu verstehen. Oft ist es die Furcht oder Angst vor großen Veränderungen im Leben, vor der Umstellung in der Lebensführung, vor zu starken Nebenwirkungen einer Therapie oder vor Pflegebedürftigkeit, die Patienten verunsichert. Manchmal vergessen Patienten aber auch nur die regelmäßige Einnahme ihrer Medikamente und können im gemeinsamen vertrauten Gespräch mit ihrem Arzt, Krankenpfleger oder Apotheker eine Lösung beispielsweise in Form von Erinnerungshilfen erarbeiten. Unsicherheiten und Bedenken können oft im gemeinsamen Gespräch mit dem Arzt durch dessen Erfahrungsschatz und seine Fachkenntnisse geklärt oder gemildert werden. Wenn trotz ausführlicher Aufklärung und Darstellung aller Behandlungsalternativen Maßnahmen abgelehnt werden, ist der Arzt seiner Fürsorgepflicht im bestmöglichen Maß nachgekommen und die Verweigerung des Patienten wurde von diesem mit bestem Wissen über die wahrscheinlichen Konsequenzen getroffen. Durch die Aufklärung von Befürchtungen 32 und Sorgen im vertrauensvollen Dialog mit dem Arzt erhalten Patienten aber auch die Chance, medizinische Maßnahmen in einer anderen Kosten-Nutzen-Abwägung zu sehen und entscheiden sich nach einer solchen Klärung womöglich doch für einen notwendigen Eingriff. Ist eine vertrauensvolle Grundlage im Sinne einer Behandlungspartnerschaft zwischen Arzt und Patient geschaffen, kann der Patient auch neu auftretende Bedenken oder Unzufriedenheiten offen äußern und im Therapierungsverlauf bewusst und verantwortungsvoll mitwirken. Wie oben angeführt, war eine hohe Compliance zu verzeichnen bei zufriedenen Patienten, die gut betreut wurden, den Wunsch nach Besserung verspürten und die Notwendigkeit einer Behandlung akzeptierten. Die hier beschriebene ideale relationale Partnerschaft von Arzt und Patient wäre also gleichzeitig die Grundlage für eine anhaltend gute Compliance. Die individuelle Vorgehensweise und immer neue Betrachtung einzelner Patienten und ihrer persönlichen Ansichten ermöglicht in der Vertrauensbeziehung zwischen Arzt und Patient, für jeden Fall die Patientenautonomie und Fürsorge zu finden. jeweils richtige Balance zwischen 33 VI Literaturverzeichnis Argenziano G, Mordente I, Ferrara G, Sgambato A, Annese P, Zalaudek I: Dermoscopic monitoring of melanocytic skin lesions: clinical outcome and patient compliance vary according to follow-up protocols. The British journal of dermatology 159: 331-336, 2008. Arnet I, Haefeli WE: Compliance: Fakten-Perspektiven. Managed Care 3: 27-30, 1998. 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World Health Organization: Adherence to Long-term Therapies - Evidence for Action: World Health Organization, 2003. 38 In dieser Reihe sind bisher folgende Bände erschienen: Band 1 Prof. Dr. Gerfried Fischer „Medizinische Versuche am Menschen“, 2006 Band 2 Verena Ritz „Harmonisierung der rechtlichen Regelungen über den Umgang mit humanen embryonalen Stammzellen in der EG: Bioethik im Spannungsfeld von Konstitutionalisierung, Menschenwürde und Kompetenzen“, 2006 Band 3 Dunja Lautenschläger „Die Gesetzesvorlagen des Arbeitskreises Alternativentwurf zur Sterbehilfe aus den Jahren 1986 und 2005“, 2006 Band 4 Dr. Jens Soukup, Dr. Karsten Jentzsch, Prof. Dr. Joachim Radke „Schließen sich Ethik und Ökonomie aus“, 2007 Band 5 Prof. Dr. Hans Lilie (Hrsg.) „Patientenrechte contra Ökonomisierung in der Medizin“, 2007 Band 6 Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben (Transplantationsgesetz – TPG) Auszug aus dem Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz - AMG) Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusionsgesetz TFG), 2007 Band 7 Dr. Erich Steffen „Mit uns Juristen auf Leben und Tod“, 2007 Band 8 Dr. Jorge Guerra Gonzalez, Dr. Christoph Mandla „Das spanische Transplantationsgesetz und das Königliche Dekret zur Regelung der Transplantation“, 2008 Band 9 Dr. Eva Barber „Neue Fortschritte im Rahmen der Biomedizin in Spanien: Künstliche Befruchtung, Präembryonen und Transplantationsmedizin“ und „Embryonale Stammzellen - Deutschland und Spanien in rechtsvergleichender Perspektive“, 2008 Band 10 Prof. Dr. Dr. Eckhard Nagel „Was ist der Mensch? Gedanken zur aktuellen Debatte in der Transplantationsmedizin aus ethischer Sicht“ Prof. Dr. Hans Lilie „10 Jahre Transplantationsgesetz - Verbesserung der Patientenversorgung oder Kommerzialisierung?“, 2008 Band 11 Prof. Dr. Hans Lilie, Prof. Dr. Christoph Fuchs „Gesetzestexte zum Medizinrecht“, 3. Auflage, 2011 Band 12 PD Dr. Matthias Krüger „Das Verbot der post-mortem-Befruchtung § 4 Abs. 1 Nr. 3 Embryonenschutzgesetz –Tatbestandliche Fragen, Rechtsgut und verfassungsrechtliche Rechtfertigung“, 2010 39 Band 13 Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, Dr. Marlis Hübner „Ärztlich assistierter Suizid - Tötung auf Verlangen. Ethisch verantwortetes ärztliches Handeln und der Wille des Patienten“, 2010 Band 14 Philipp Skarupinski „Medizinische, ethische und rechtliche Aspekte der Notwendigkeit einer Kinderarzneimittelforschung vor dem Hintergrund der EG-Verordnung 1901/2006“, 2010 Band 15 Stefan Bauer „Indikationserfordernis und ärztliche Therapiefreiheit: Berufsrechtlich festgelegte Indikation als Einschränkung ärztlicher Berufsfreiheit? Dargestellt am Beispiel der Richtlinie zur assistierten Reproduktion“, 2010 Band 16 Heidi Ankermann „Das Phänomen Transsexualität – Eine kritische Reflexion des zeitgenössischen medizinischen und juristischen Umgangs mit dem Geschlechtswechsel als Krankheitskategorie“, 2010 Band 17 Sven Wedlich „Konflikt oder Synthese zwischen dem medizinisch ethischen Selbstverständnis des Arztes und den rechtlich ethischen Aspekten der Patientenverfügung“, 2010 Band 18 Dr. Andreas Walker „Platons Patient – Ein Beitrag zur Archäologie des Arzt-Patienten-Verhältnisses“, 2010 Band 19 Romy Petzold „Zu Therapieentscheidungen am Lebensende von Intensivpatienten – eine retrospektive Analyse“, 2010 Band 21 Dr. Andreas Linsa „Autonomie und Demenz“, 2010 Band 20 Stephanie Schmidt „Die Beeinflussung ärztlicher Tätigkeit“, 2010 Band 22 Dr. Cerrie Scheler „Der Kaiserschnitt im Wandel – von der Notoperation zum Wunscheingriff“, 2010 Band 23 Lysann Hennig „Wenn sich Kinder den Traumkörper wünschen – Schönheitsoperationen, Piercings und Tätowierungen bei Minderjährigen“, 2010 Band 24 Dr. Michael Lehmann „Begründen und Argumentieren in der Ethik", 2011 Band 25 Dr. Susanne Kuhlmann „Der Dialyseabbruch: Medizinische, ethische und juristische Aspekte", 2011 Band 26 Dr. Katharina Eger „Off-label use - Eine Übersicht mit Beispielen aus dem Fachgebiet Neurologie", 2011 40 Band 27 Annette Börner „Die Macht der Sachverständigen im Arzthaftungsfall Rolle und Auswirkungen der Sachverständigengutachten unter besonderer Berücksichtigung von Medizin, Ethik und Recht", 2011 Band 28 Susanne Weidemann „Von der Wirkmacht der Messwerte. Überlegungen zum verschwundenen Einzelfall in der medizinischen Praxis", 2011 Band 29 Christian Albrecht „Das Patientenverfügungsgesetz - Eine Bilanz der praktischen Umsetzung", 2011 Band 30 Dr. Erich Steffen „Macht und Ohnmacht des Richters im Arzthaftungsrecht", 2011 Band 31 Franziska Kelle „Widerspruchslösung und Menschenwürde Eine verfassungsrechtliche Untersuchung zur Begründbarkeit einer Organspendepflicht und zur Vereinbarkeit von Menschenwürde und Widerspruchslösung unter Berücksichtigung ethischer und medizinischer Aspekte“, 2011 Band 32 Maria Busse „Transsexualität als Krankheit? Einordnung im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung unter Berücksichtigung medizinischer und ethischer Aspekte“, 2011 Band 33 Dr. Daniel Ammann „Psychotherapie im System der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine interdisziplinäre Analyse struktureller Versorgungsprobleme und möglicher sozialrechtlicher Lösungsansätze insbesondere am Beispiel der unipolaren Depression und der Borderline-Persönlichkeitsstörung“, 2011 Band 34 Clemens Heyder; "Das Verbot der heterologen Eizellspende", 2012 Die Autorin Dr. Uta Baddack hat 2002 - 2007 Humanbiologie an der Universität Greifswald und 2009 – 2010 Medizin-Ethik-Recht an der Universität Halle-Wittenberg studiert. 2011 schloss sie ihre naturwissenschaftliche Dissertation im Fach Biologie/Immunologie über ein Tiermodell der Autoimmunkrankheit Rheumatoide Arthritis an der HumboldtUniversität Berlin ab. Sie hat 2 Kinder und forscht als Wissenschaftlerin am MaxDelbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin und hält regelmäßig Vorträge auf Konferenzen und in Seminarveranstaltungen.