Freie Bildung und Erziehung
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Freie Bildung und Erziehung
Verband Deutscher Privatschulverbände e.V. bi ldungseinrichtungen in freier trägerschaft Seit 1901 Freie Bildung und Erziehung VDP Bundesgeschäftsstelle Reinhardtstr. Berlin t: / - f: / - vdp@privatschulen.de www.privatschulen.de Ausgabe Sommer 2008 ISSN 0016-0741 4444$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$ 2 Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 $$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$ Inhalt 4 444 Aktuelles Michael Büchler: Plädoyer für die allgemeine Zugänglichkeit von Bildung. . . . . . . . . 4 Nicht nur wissen, sondern können: Vermittlung berufspraktischer Qualifikationen in der schulischen Ausbildung . . . . . . . . . . . . 24 Bildungsgutscheine für Bürgerschulen – ein Erfolgsmodell? . . . . . 6 Chancen eröffnen – für einen Internatsbesuch gibt es viele gute Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Joachim Böttcher: Über 200 Teilnehmer beim VDP-Bundeskongress 2007 in Hannover . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Julia Schier: Qualifizierungsoffensive der Bundesregierung – es geht los! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Christiane Witek: „Bildung ist Zukunft“: Deutscher Weiterbildungstag 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Roman Friemel: Bildungschancen und -risiken im Globalisierungsprozess – Konsequenzen für das freie Bildungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Gerhard Gleichmann: Interdisziplinärer Workshop des VDP als Startschuss der Förderung berufsbezogener Sprachkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . 13 Christiane Witek: Verband hat sich ein Leitbild gegeben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Gastkommentar Dr. Thomas Langer, IfBB: Bildung 2020: Anforderungen an ein erfolgreiches Bildungssytem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Aus den Ländern Christian Steege: Institut für freie Bildung in Niedersachsen gegründet. . . . . . . . . . . . . 16 Christian Schneider: Licht und Schatten im Norden der Republik: Ersatzschulförderung in Schleswig-Holstein, MecklenburgVorpommern und Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Jürgen Banse: Gründung von Grundschulen in freier Trägerschaft – nicht Ursache mit Wirkung verwechseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Aus dem Verband VDP mit neuem Namen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Gelungene Veranstaltung: Neujahrsempfang des VDP . . . . . . . . . . . . 21 „Türkische“ Schulen als Integrationsmodell? Interview mit Seyitahmed Tokmak, Geschäftsführer des Privatgymnasiums Dialog in Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 I m p re s s u m Autoren dieser Ausgabe: Jürgen Banse, Madgeburg; Joachim Böttcher, Braunschweig; Michael Büchler, Baden-Baden; Roman Friemel, Düsseldorf; Gerhard Gleichmann, Hamburg; Dr. Thomas Langer, Köln; Julia Schier, Berlin; Christian Schneider, Schwerin; Christian Steege, Hannover; Seyitahmed Tokmak, Köln; Christiane Witek, Berlin; Iris Woltemate, Freiburg. Ausgabe Heft 1 · 84. Jahrgang · Sommer 2008 Herausgeber Verband Deutscher Privatschulverbände e.V., Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft, Berlin Bundesgeschäftsstelle Reinhardstr 18 · 10117 Berlin Telefon 0 30 / 28 44 50 88 - 0 · Fax 0 30 / 28 44 50 88 - 9 Redaktion: Christiane Witek Offizielle Äußerungen des Verbands werden als solche gekennzeichnet. Alle anderen Beiträge geben die Meinung des jeweiligen Verfassers wieder. Beiträge und Besprechungen wie Besprechungsexemplare werden an die Geschäftsstelle erbeten. Nachdruck nur mit Genehmigung des Herausgebers. Fotos: Wenn nicht anders angeben – Pixelio.de Druck Pfeiffer – Druck & Verlag Schwalbacher Straße 26 · 65843 Sulzbach (Taunus) Telefon 0 61 96 / 75 88 66 Satz Das Fotosatz-Lädchen · Jürgen Pfeiffer Hauptstraße 36 · 65843 Sulzbach (Taunus) Telefon 0 61 96 / 6 18 63 3 4 4 4 4 Aktuelles $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ Plädoyer für die allgemeine Zugänglichkeit von Bildung Von der politischen Forderung eines „Grundrechts auf Bildung“ bis hin zur kürzlich von Bundeskanzlerin Angela Merkel ausgerufenen „Bildungsrepublik Deutschland“: Das Thema Bildung hat in der politischen, medialen und öffentlichen Debatte dieser Tage Hochkonjunktur. Damit einher geht auch die Diskussion um die Positionierung von Privatschulen: Während die Befürworter von Schulen in freier Trägerschaft vor allem die Bereicherung des gesamten Schulwesens durch freie Schulen und ihre individuellen pädagogischen Ansätze sehen, befürchten Kritiker die Entwicklung einer ZweiKlassen-Gesellschaft, in der sich gute Bildung nur leisten kann, wer über das nötige Kleingeld verfügt. Theoretisch besteht Einigkeit darüber, dass freie Bildung auch gute Bildung ist. Dennoch tauchen in der Praxis regelmäßig Vorschläge zur Kürzung von vermeintlichen Privilegien freier Schulen auf, wie die jüngst geführte Diskussion um die sukzessive Streichung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Schulgeld zeigt. Angesichts dieser Debatte muss es eine Rückbesinnung geben auf den eigentlichen Grund der Existenz freier Schulen: Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Zukunftsaufgabe, die alle Bildungseinrichtungen unabhängig von ihrer Trägerschaft zu lösen haben. Deshalb gewährleistet das Grundgesetz im Rahmen der Schulvielfalt Schulen in freier Trägerschaft, die die öffentlichen Bildungsaufgaben gleichwertig neben staatlichen Schulen wahrnehmen. Dies ist eine klare Absage an ein staatliches Schulmonopol. Privatschulen sind integraler Bestandteil des gesamten Bildungswesens und sorgen gemeinsam mit den staatlichen Schulen für ein flächendeckendes Bildungsangebot in Deutschland. Darüber hinaus sind freie Schulen oft wichtige Vorreiter bei innovativen pädagogischen Ideen und Konzepten. Sie verstehen sich insofern nicht nur als notwendige Ergänzung des staatlichen Schulwesens, sondern auch als dessen Bereicherung und Impulsgeber. So werden Konzepte, die freie Schulen entwickelt haben und erfolgreich anwenden, immer öfter von staatlichen Schulen übernommen. Ein Beispiel dafür ist die Ganztagsschule: Ihr Konzept basiert auf der Erkenntnis, dass gemeinsames Leben und Lernen eine sinnvolle Einheit bilden, und baut darauf, den Schülern neben fachlichem Wissen auch „weiche“ Kompetenzen wie Teamfähigkeit und soziales Engagement zu vermitteln, indem sie ihnen genügend Raum zur kreativen Freizeitgestaltung lässt. An 4 Schulen in freier Trägerschaft gestartet, setzt sich dieses pädagogische Konzept mittlerweile immer mehr auch an staatlichen Schulen durch. Gute Bildung für alle Für den Bildungsstandort Deutschland ist es daher umso wichtiger, dass möglichst viele Schülerinnen und Schüler in den Genuss einer sinnvollen, innovativen und individuellen Betreuung kommen. Freie Schulen stehen ebenso wie die staatlichen in der Pflicht, gute Bildung für alle anzubieten, das heißt, dass sie frei zugänglich sein und allen gesellschaftlichen Gruppierungen offenstehen müssen. Sie sehen die gesellschaftliche Durchmischung der Schulklassen als eine grundlegende Voraussetzung ihrer pädagogischen Arbeit. Gleichwohl müssen Schulgeldbeiträge erhoben werden, denn die attraktiven Bedingungen an Privatschulen wie zum Beispiel kleinere Klassen oder innovative Lehr- und Lernmethoden und eine damit zusammenhängende gute Ausstattung gibt es nicht zum Nulltarif. Viele Einrichtungen befinden sich allerdings in einem Dilemma: Um möglichst jedem Kind den Zugang zu ihrem Bildungsangebot zu ermöglichen, versuchen sie, die Schulgeldbeiträge möglichst gering zu halten, andererseits müssen jedoch häufig die durch zu geringe staatliche Zuschüsse entstehenden Lücken im Haushalt finanziell überbrückt werden. Um zu verhindern, dass Bildung zu einem „Gut für Besserverdiener“ wird, vergeben viele freie Schulen daher Stipendien und ermöglichen so den Schulbesuch unabhängig vom finanziellen Hintergrund der Eltern. Die Schulgelder auf Dauer sozial verträglich zu gestalten, wird jedoch nur dann gelingen, wenn die Finanzierung der Schulen durch die Länder erheblich verbessert wird. Bislang belaufen sich die staatlichen Zuschüsse für Privatschulen im Schnitt auf zwei Drittel der Kosten, die ein Schüler an einer vergleichbaren staatlichen Schule kosten würde. Das ist deutlich zu wenig und führt in der Folge zu Finanzlücken im Privatschuletat, die die Schule dann durch Mehrarbeit und freiwilliges zusätzliches Engagement der Mitarbeiter sowie mit teils höheren Schulgeldbeiträgen ausgleichen muss. Trotz zu geringer Zuschüsse sind in vielen Bundesländern noch weitere Einsparungen zu Lasten der u Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ Aktuelles 4 4 4 4 freien Bildungseinrichtungen zu befürchten. Hier muss ein Paradigmenwechsel stattfinden: Die Ausgaben für Bildung, auch für die freie Bildung, dürfen nicht als Kosten gesehen werden. Vielmehr sind sie Investitionen in die Zukunft des Wissensstandort Deutschlands! Anstatt die Privatschulfinanzierung in den einzelnen Ländern noch weiter einzuschränken, brauchen wir also die umgekehrte Entwicklung: mehr Mittel und eine verbesserte Finanzierung. Diese ist dringend notwendig: nicht nur, um die bestehende Qualität der Ausbildung an freien Schulen auf Dauer halten zu können, sondern auch, um das grundgesetzlich vorgegebene Sonderungsverbot nach den Besitzverhältnissen der Eltern einhalten zu können. Paradigmenwechsel nötig Die Bereicherung des Bildungssystems durch Privatschulen steht außer Frage: Als Impulsgeber und „Motor“ des Bildungswesens stoßen sie immer wieder neue Entwicklungen an und fördern den pädagogischen Wettbewerb zwischen den Einrichtungen, der dann wiederum zu einer stärkeren Profilbildung der Schulen und damit zu einer Verbesserung der Qualität unseres gesamten Bildungssystems beiträgt. Darüber hinaus bereiten freie Schulen junge Menschen anhand differenzierter pädagogischer Profile auf die Herausforderungen unserer immer komplexer werdenden Lebenswelt vor. Das gilt für alle Schülerinnen und Schüler, auch und gerade für diejenigen mit einem besonderen Förderbedarf – dies meint sowohl Hochbegabte als auch Schülerinnen und Schüler mit Lernschwierigkeiten: Die individuelle Förderung von Kindern und Jugendlichen, zu der das Eingehen auf die persönlichen Schwächen ebenso gehört wie das gezielte Fördern und Weiterentwickeln der persönlichen Anlagen und Talente, ist schon immer eines der wesentlichen Qualitätsmerkmale von Privatschulen gewesen. Damit tragen sie einen wichtigen Teil dazu bei, dass mehr Schülerinnen und Schüler ihre Persönlichkeit entfalten können und die Herausforderungen der gegenwärtigen und auch einer zukünftigen Bildungsgesellschaft wie Individualisierung des Lernprozesses und Differenzierung der Arbeitswelt mit Erfolg zu meistern vermögen. Um die erfolgreiche Arbeit von Schulen in freier Trägerschaft auch in Zukunft zu gewährleisten und darüber hinaus die Qualität und Wettbewerbsfähigkeit des Wissensstandort Deutschland zu sichern, braucht unser Bil- Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 Freie Schulen setzen auf individuelle Förderung und bereichern die Bildungslandschaft. Quelle: VDP dungssystem verbesserte Rahmenbedingungen: Dazu gehört der Abbau von Hürden, um allen gesellschaftlichen Gruppen den gleichen Zugang zu den vorhandenen Bildungsangeboten zu gewährleisten – und zwar unabhängig davon, in welcher Trägerschaft sich die anbietende Einrichtung befindet. Dazu müssen aber auch Finanzierungsmodelle bereitgestellt werden, die es jedem ermöglichen, das optimale Lehr- und Lernangebot zu wählen. Der Ausbau von bereits vorhandenen Angeboten wie Stipendien, Bildungskrediten oder Gutscheinmodellen ist dabei ebenso wichtig wie die notwendige Weiterentwicklung der staatlichen Finanzhilfe für Privatschulen bis hin zu einer Vollfinanzierung, wie sie in anderen Ländern wie beispielsweise den Niederlanden bereits Standard ist. Jeder Euro, der in unserer modernen Wissensgesellschaft in die Ressource Bildung investiert wird, ist eine Zukunftsanlage und darf nicht als Kostenfaktor verbucht werden. Gelingt ein solcher Paradigmenwechsel, ist das ein wichtiger Schritt hin zu einer wirksamen Reform des gesamten Schulsystems, in der Eigenverantwortung und pädagogische Freiräume – wie sie bereits an freien Schulen betehen – eine wesentliche Rolle spielen. Das wäre dann auch die beste Voraussetzung dafür, die „Bildungsrepublik Deutschland“ Realität werden zu lassen. Michael Büchler 8 5 4 4 4 4 Aktuelles $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ Bildungsgutscheine für Bürgerschulen – ein Erfolgsmodell? Wie viel Staat braucht die Bildung? Mit dieser Frage beschäftigen sich nicht nur bildungspolitische Akteure, sondern seit Neuestem auch der Berliner Paritätische Wohlfahrtsverband. Dieser hat ein interessantes Modell vorgelegt, mit dem die Bildungsmisere durch die Einführung von Bildungsgutscheinen und den Ausbau eines Netzes von freien Schulträgern behoben werden soll. Das Modell der Parität fordert mehr Autonomie für Schulen: Nur so seien sie in der Lage, den individuellen Bedarfslagen der Schüler zu entsprechen und in eigener Verantwortung wichtige Richtungsentscheidungen zu treffen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die Schulträgerschaften aus den öffentlichen Organisationsstrukturen herausgelöst und in Stiftungen oder gemeinnützige Strukturen überführt werden. Finanziert wird das Ganze über Platzgelder bzw. Bildungsgutscheine. Vorteile sieht die Parität vor allem in dem so geschaffenen produktiven Wettbewerb, der die Entscheidungsmöglichkeiten der Eltern stärkt. Das Ziel steht fest, der Weg dorthin ist frei Die Parität betont gleichzeitig, dass Autonomie im Schulwesen nicht gleichzusetzen sei mit einem Rückzug des Staates aus dem Bildungssektor, sondern vielmehr mit einer Neubestimmung seiner Aufgaben: Diese sollen nämlich zukünftig primär im Bereich der Festlegung von Bildungsstandards und in der Evaluierung der Zielerreichung und der Qualitätskontrolle liegen; die operative Umsetzung hingegen obliege den jeweiligen Trägern: „Der Staat setzt Ziele, garantiert Standards – und überlässt es den Schulen, welche Wege sie zum Ziel gehen wollen“, so der Verband. Eine Konkretisierung dieses „Rahmens“ erfolgt dann durch die jeweilige Bildungsverwaltung, indem sie mit den Schulträgern Zielvereinbarungen abschließt und verpflichtende Qualitätskontroll-Mechanismen festlegt. Die Schulträger dürfen dabei selber bestimmen, wie sie die definierten Ziele erreichen und welche Wege sie dazu einschlagen. Damit soll es ihnen ermöglicht werden, besser auf spezifische Besonderheiten vor Ort reagieren zu können. Die Schulen, die in der Regel als gemeinnützige Einrichtung konzipiert sind und einer öffentlichen Anerkennung bedürfen, sind weitgehend autonom in den Bereichen Sachmittelbewirtschaftung und Budgetpla- 6 nung, Personalverantwortung, Unterrichtsgestaltung und Bezahlung der Lehrkräfte. So können sie beispielsweise Lehrkräfte nach eigenen Kriterien auswählen (z. B. Quereinsteiger aus Wirtschaft, Gesellschaft oder Forschung). Aufnahmegarantie für bestimmte Einzugsgebiete Das Modell sieht vor, dass die Bürgerschule als Alternative zum staatlichen Schulsystem alle Pflichten übernimmt, die auch der Staat durch seine eigenen Schulen wahrnimmt. Zur Gewährleistung dieser Verpflichtungen schließen die Länder mit den Schulen Leistungsvereinbarungen ab. Ferner gilt es, eine Aufnahmegarantie zu gewährleisten: Im Rahmen einer regionalen Schulplanung werden allen staatlichen und privaten Schulen bestimmte Einzugsgebiete zugeordnet und die Schulen verpflichtet, für alle Kinder dieses Gebiets Plätze vorzuhalten. Die Eltern haben ein freies Wahlrecht, wohin sie ihre Kinder schicken. Umgekehrt gilt dies jedoch nicht: Eine besondere Auswahl der Kinder durch die Schule ist nicht zulässig. Ferner müssen sich die Schulen verpflichten, bestimmte Zielvereinbarungen einzuhalten und sich einer regelmäßigen, externen Evaluation zu unterwerfen. Schließlich verpflichten sich die Bürgerschulen, eine größtmögliche Transparenz über ihr Angebot herzustellen. Eckpunkte des Schulkonzepts sind ebenso zu kommunizieren wie bestimmte Kennzahlen. Ein Schulgeld dürfen die Schulen nicht erheben. Die Finanzierung der Bürgerschulen soll über einen einheitlichen Kostensatz für Personal- und Sachmittel erfolgen, der die durchschnittlichen Vollkosten eines Schulplatzes in dem betreffenden Bundesland abbildet und der sich anhand der konkreten Schülerzahlen berechnet. Bei besonderen Konstellationen und speziellen Förderbedarfen (zum Beispiel bei hoher Migrantendichte oder behinderten Schülern) sind Zuschläge möglich. Für neu gegründete Schulen setzt die Finanzierung schon am ersten Tag des Betriebes ein, so dass es keine Wartefrist mehr gibt. Die Finanzierungsregelungen sollen Eingang in die jeweiligen Landeschulgesetze erhalten. Die Eltern erhalten für ihre Kinder einen Bildungsgutschein, den sie an einer Schule ihrer Wahl (unabhängig von der u Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ Trägerschaft) einlösen können. Damit soll erreicht werden, dass jedes Kind diejenige Schule besuchen kann, deren Konzept und Programm ihm am meisten zusagt. Entscheidend ist die Information und Beratung – hier sind alle Akteure gefragt. Damit die Eltern nämlich ihre Wahlfreiheit ausüben können, so die Parität, bedarf es objektiver und leicht zugänglicher Auswahlkriterien sowie allgemein zugänglicher Informationen über Schulkonzepte und Evaluationsergebnisse. Eine besondere Rolle kommt den sogenannten „abgebenden Institutionen“ zu: Hier sollen die Kitas in der Pflicht stehen, eine qualifizierte Schulberatung für die Eltern der zukünftigen ABC-Schützen anzubieten. Genauso soll es die Aufgabe der Grundschule sein, mit Blick auf den später anstehenden Schulwechsel die Eltern zu beraten. Denkbar sei eine Beratung auch für Träger von Familienbildungen, so die Parität. Für diese zusätzlichen Aufgaben müssen den Trägern gegebenenfalls auch zusätzliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Bildung ist keine Staatsveranstaltung Es ist der besondere Verdienst des Berliner Wohlfahrtsverbands, unter großer öffentlicher Anteilnahme auf die Vorzüge von selbstverantwortlichen, freien Schulen hingewiesen und das bestehende staatliche Schulsystem in Frage gestellt zu haben. „Bildung ist keine Staatsveranstaltung“ – so könnte man das Konzept der Parität überschreiben. Und es muss jeden Politiker nachdenklich stimmen, wenn die Parität formuliert, was viele denken: „Es sind die mentalen Strukturen, aus denen die organisatorischen Strukturen im Bildungs- und Schulwesen gewachsen sind und von denen her sie sich legitimiert haben. Bildung (und auch ‚das’ Soziale) werden als besondere und erhabene Güter gedacht, die nur beim Staat gut aufgehoben sind und die jeden Gedanken an Markt und Wettbewerb, Kosten- und Nutzen-Rechnungen oder gar an Leistungsvergleiche (zwischen Schulen oder Schulsystemen) von vornherein verbietet. So ist es gekommen, dass das Schul- und Bildungswesen alles in allem eine staatliche Veranstaltung – und Schulen staatliche Anstalten geworden sind. Mag in einer anderen historischen Phase die Verstaatlichung des Schulwesens durchaus einen Fortschritt gebracht haben (mehr Gleichheit und Freiheit vor dem Hintergrund einer feudalen Gesellschaft), so lassen sich heute die Probleme und Defizite der Schulen gerade mit Blick auf die glei- Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 Aktuelles 4 4 4 4 Jedes Kind soll die Schule besuchen können, deren Konzept ihm am meisten zusagt. Quelle: VDP che Freiheit aller auch als ‚Staatsversagen’ beschreiben. Es ist deshalb [...] notwendig, den Begriff des Staates und das Verständnis von öffentlicher Verantwortung neu zu definieren.“ Gleichwohl bleiben einige Punkte offen, die aus Sicht des freien Schulwesens hinterfragt werden müssen: So zeigt sich trotz aller Bemühungen, eine umfassende Bildungsberatung anzubieten, dass nicht alle Eltern in der Lage sind, eine verantwortungsbewusste Schulwahlentscheidung für ihr Kind zu treffen. Werden diese Schüler sich dann in „Restschulen“ sammeln, die heute schon aus vielen Problemkiezen bekannt sind? Ab wann entfaltet eine engmaschige, externe Evaluation, deren Ergebnisse veröffentlicht werden, eine strangulierende Wirkung für die spezifische Profilbildung einer Schule und führt zum unerwünschten „teaching for the test“? Was passiert mit Schulen, bei denen eine negative Abstimmung mit den Füßen einsetzt – werden sie bei zu geringen Anmeldezahlen geschlossen? Und beschneidet es nicht die Eigenverantwortung einer Schule, wenn sie keinerlei Einfluss auf die Aufnahme der Schüler haben soll? Trotz aller offenen Fragen – eines ist schon jetzt klar: Hier wurde eine spannende Diskussion angestoßen, deren Entwicklung wir mit Interesse verfolgen werden. Julia Schier 8 7 4 4 4 4 Aktuelles $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ Qualifizierungsoffensive der Bundesregierung – es geht los! Am 18. Januar 2008 debattierte der Deutsche Bundestag über die Qualifizierungsinitiative der Bundesregierung „Aufstieg durch Bildung“ und über vier Anträge der Parlamentsfraktion: „Junge Menschen fördern – Ausbildung schaffen und Qualifizierung sichern“ von CDU/CSU und SPD sowie „Perspektiven schaffen – Angebot und Struktur der beruflichen Bildung verbessern“ von Bündnis 90/Die Grünen, ferner „Mehr Chancen durch bessere Bildung und Qualifizierung“ der FDP. Ein Antrag der Fraktion DIE LINKE „Der beruflichen Weiterbildung den notwendigen Stellenwert einräumen“ fokussiert seine Vorschläge auf die berufliche Bildung und vor allem auf die Bildungsarbeit der Bundesagentur für Arbeit. Inzwischen folgte ein weiterer Antrag von CDU/CSU und SPD „Rahmenbedingungen für lebenslanges Lernen verbessern – Weiterbildung und Qualifizierung ausbauen und stärken“, der am 7. März 2008 Gegenstand der parlamentarischen Debatte war. Flankiert werden die parteilichen und parlamentarischen Aktivitäten von Empfehlungen des Innovationskreises beim BMBF. Damit ist in Gang gekommen, was der VDP als Organisation von Schulen und Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft seit Jahren anregt und fordert. Das BMBF legt seiner Qualifizierungsoffensive fünf Kernbereiche zugrunde: ohne sie, die schon jetzt einen erheblichen Teil der Plätze bereitstellen, die Nachfrage nicht befriedigt werden kann, aber auch, weil die Träger mit ihren pädagogischen Ansätzen als Impulsgeber für die frühkindliche Bildungsarbeit fungieren. 1. Bildungschancen stärken 3. Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung Wir begrüßen hier insbesondere die Pläne, die Bildung im frühkindlichen Alter zu fördern, weil in diesen Lebensjahren richtungweisende Weichen für die künftige Bildung der Kinder und auch der späteren Erwachsenen gestellt werden. So halten wir die konkret benannten Schritte wie flächendeckende Weiterbildung für Erzieherinnen und Erzieher, die bessere organisatorische und konzeptionelle Verbindung von Kitas und Grundschulen, die Einrichtung und Förderung von „Bildungshäusern“ und „Häusern der kleinen Forscher“ für richtig und wichtig. Ein flächendeckendes und jedem Kind zugängliches Angebot von Kita-Plätzen ist dabei unumgänglich. Um so verständnisloser stehen wir der gegenwärtigen Diskussion gegenüber, ob bei der Entwicklung und Finanzierung dieses flächendeckenden Angebots die freien Träger einbezogen werden sollen oder nicht. Sie müssen einbezogen werden, weil 8 2. Durchlässigkeit der Bildungsgänge und -systeme sowie Aufstiegsförderung Hier werden im Programm besonders genannt: die Ausweitung der Studienberechtigungen für Absolventen der beruflichen Bildung, insbesondere der dualen Ausbildung, die Schaffung von Aufstiegsstipendien sowie die strukturelle Weiterentwicklung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes, auch bekannt als „Meister-Bafög“. All das sind aus unserer Sicht erforderliche, teils überfällige Vorhaben. Bei der Weiterentwicklung des Meister-Bafögs wünschen wir uns vor allem die Erfassung weiterer Personenkreise, zum Beispiel der Sozial- und Pflegeberufe, die bislang von der Förderung ausgeschlossen sind. Im Zusammenhang mit der Ausweitung der Studienberechtigungen für Absolventen der beruflichen Bildung sollte über die Anrechnung von in der Ausbildung erworbenen Qualifikationen im Rahmen von Bachelor- und Masterstudiengängen nachgedacht werden. Zu diesem Thema bleiben Ausführungen und konkrete Vorschläge sehr zurückhaltend. Die erwähnte Stu- Individuelle Bildungschancen müssen gestärkt werden. Quelle: VDP Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ dienberechtigung gehört hierhin, auch die Betonung, dass das Interesse an Naturwissenschaften und Technik geweckt und gestärkt werden müsse. Wir sehen eine gewisse Chance in einer Aufwertung naturwissenschaftlicher schulischer Ausbildungsgänge (z. B. Assistentenausbildungen in den Richtungen Pharmazie, Chemie, Biologie, Physik, Mathematik). Auch das frühzeitige Verankern naturwissenschaftlicher Inhalte in der frühkindlichen Bildung mag Motivation und dauerhafte Freude an den Naturwissenschaften wecken. 4. Verringerung der Abbrecherquoten in Schule und Ausbildung Beständige wichtig. Dieser Punkt hat wohl die stärkste sozialpolitische Brisanz: Bei keinem anderen Personenkreis hat Bildung eine so sozialintegrative Funktion wie bei den Abbrechern. Viele der Bildungseinrichtungen des VDP arbeiten intensiv in diesem Bildungssegment und verfügen über weitreichende Erfahrungen, die seit langem in die pädagogische Diskussion eingehen: Das sind die Konzeption und Durchführung außer- und überbetrieblicher Ausbildung ebenso wie die Begründung von Ausbildungsverbünden; die ausbildungsbegleitenden Hilfen genauso wie Modelle zur richtigen Berufswahl oder die sozialpädagogischen Hilfen. Sie begrüßen daher alle Maßnahmen, die im Programm der Qualifizierungsoffensive angekündigt werden, geben aber aus ihrer praktischen Erfahrung noch einige detaillierte Anregungen: So sollte vermieden werden, eine Förderung (zum Beispiel den Ausbildungsbonus) von schlechten Beurteilungen und Negativnoten abhängig zu machen, da ein solches Bewilligungskriterium dazu verleiten könnte, schlechte Beurteilungen und Noten aus Förderungsgründen zu erteilen. Auch sollten die ausbildungsbegleitenden Hilfen eher einsetzen, als dies bislang der Fall war. 5. Bildungsgipfel 2008 Für diesen Herbst ist ein Bildungsgipfel vorgesehen, auf dem die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern Bildungsfragen, insbesondere die Weiterbildung und das Lebenslange Lernen bzw. das Lernen im Le- Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 Aktuelles 4 4 4 4 benslauf, erörtern wird. Als Ziel ist die Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung von zurzeit 43 Prozent auf 50 Prozent im Jahre 2012 definiert. Analog zum Ausbildungspakt soll eine Weiterbildungsallianz begründet werden. Wir nehmen diese Pläne ein wenig verwundert zur Kenntnis, haben wir doch den Rat der Weiterbildung – KAW, der sich mit ebendieser Aufgabe befasst, und haben wir doch den Innovationskreis Weiterbildung beim BMBF. Wichtig erscheint uns als Aufgabe für eine solche Weiterbildung ist neu zu etablierende Allianz, das Lernen im Lebenslauf auf eine tragfähige Finanzierungsbasis zu stellen. Eine solche Basis muss die Zuschüsse, die steuerliche Berücksichtigung, die Mitverantwortung der Wirtschaft, die Selbstbeteiligung der Teilnehmer und die Ansparmodelle umfassen. Die Zeichen stehen auf Aufbruch. Packen wir es an, ganz konkret, sehr schnell! Statten wir die entsprechenden Haushaltssätze in Bund und Ländern zweckdienlich und hinreichend aus; schaffen und stärken wir die lokalen und regionalen Netzwerke, die Bildung (einschließlich der unerlässlichen Beratung) ermöglichen. Und vor allem: Setzen wir das nach Auffassung der meisten Fachleute wie zum Beispiel des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg erfolgreichste arbeitsmarktpolitische Instrument – die berufliche Weiterbildung nach SGB II und SGB III – wenigstens annähernd wieder in den Stand, den wir vor seiner Zerschlagung im Rahmen der Überwindung anderer Missstände bei der damaligen Bundesanstalt für Arbeit hatten. Das heißt: Erhöhen wir den Umfang dieser Fortbildungsarbeit. Legen wir Wert auf Maßnahmen mit höherer Qualität (nicht nur Training), zu angemessenen Preisen (nicht zu Dumping- und Niedrigstpreisen, die in der Regel nur mit Dumpinglöhnen erreicht werden können), mit längeren Laufzeiten, die wirkliche Bildungsarbeit ermöglichen (nicht Kurz- und Kürzestläufe ohne Chance, Qualifizierung zu vermitteln), und mit längerfristiger Auftragsvergabe, die den Trägern die Planungsstabilität gewährleisten, die für qualitativ hochwertige Bildungsarbeit unerlässlich ist. Wie eingangs gesagt: Es geht los! Joachim Böttcher 8 9 4 4 4 4 Aktuelles $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ Bildung ist Zukunft: „Deutscher Weiterbildungstag 2008“ Die Themen Weiterbildung und Lebenslanges Lernen bzw. das Lernen im Lebenslauf sind derzeit in aller Munde, die politischen Debatten um die Wichtigkeit eines umfassenden, nachhaltigen und durch Anreize motivierenden Weiterbildungssystems nicht mehr zu überhören. Impulse in den Diskussionen setzte der 1. Deutsche Weiterbildungstag, der im Sommer 2007 vom Frische Ideen und Aktionen beim Auftaktworkshop des DWT 2008. Quelle: VDP Bildungsverband (BBB) und den Volkshochschulen (DVV) gemeinsam mit dem VDP als Kooperationspartner organisiert wurde und durch bundesweite Aktionen die mediale, politische und öffentliche Aufmerksamkeit auf das Thema (Weiter-)Bildung lenkte. Über 500 Weiterbildungsträger mit über 5.000 Akteuren beteiligten sich am 1. Deutschen Weiterbildungstag und verdeutlichten die Wichtigkeit eines funktionierenden, für alle zugänglichen und motivierenden Weiterbildungssystems für den Standort Deutschland. Die beeindruckende Zahl der Akteure und Aktionen spiegelte sich auch in den Medien wider: Über den 1. Deutschen Weiterbildungstag berichteten bundesweit Zeitungen, Zeitschriften, Radio- und Fernsehsender in über 850 Artikeln und Berichten. An den großen Erfolg des letzten Jahres möchten die Veranstalter BBB und DVV gemeinsam mit dem VDP und weiteren Verbänden als Kooperationspartner wieder anknüpfen. Mit Ideen und Aktionen zum Erfolg beitragen Auch in diesem Jahr findet daher der „Deutsche Weiterbildungstag“ statt: Unter dem Motto „Bildung ist Zu- 10 kunft“ haben am 26. September alle Bildungseinrichtungen die Chance, sich mit Ideen und Aktionen am Weiterbildungstag zu beteiligen. Durch gemeinsame Kampagnen, Tage der offenen Tür oder andere kreative Ideen können die Weiterbildungsträger dazu beitragen, dass im Jahr vor der Bundestagswahl Politik und Medien bundesweit auf die zentrale Bedeutung eines funktionierenden und dabei sinnvoll finanzierten Weiterbildungssystems aufmerksam gemacht werden. Gleichzeitig können sie eigene Akzente setzen und auf regionale Besonderheiten öffentlichkeitswirksam hinweisen. Darüber hinaus bietet der Deutsche Weiterbildungstag 2008 den beteiligten Akteuren eine erweitere Plattform, auf der sie sich selbst und ihre interessanten Angebote einem großen Adressatenkreis präsentieren können. Bei der Planung und Umsetzung der Ideen können Interessierte zudem auf unterstützende Materialien zurückgreifen: So wurden bei einem Auftaktworkshop Anfang April nicht nur die Best-Practice-Beispiele aus dem vergangenen Jahr, sondern auch gute Ideen und frische Einfälle für 2008 gesammelt. Eine Auflistung dieser Aktionsideen und weitere Anregungen sind unter www.deutscher-weiterbildungstag.de abrufbar und können darüber hinaus über die Bundesgeschäftsstelle bezogen werden. Hier gibt es auch Hilfestellung bei der konkreten Planung und Umsetzung der Ideen in Form von „Checklisten“ für die Veranstaltungsplanung und -finanzierung sowie für Presse- und Medienarbeit, in die sich auch ein Blick nach dem 26. September lohnt. Bundespräsident als Schirmherr Und auch in diesem Jahr können Bildungseinrichtungen, die sich am Weiterbildungstag beteiligen, auf prominente Unterstützung zählen: So hat Bundespräsident Horst Köhler erneut die Schirmherrschaft für den Deutschen Weiterbildungstag übernommen, zahlreiche Prominente wie Entertainer Jürgen von der Lippe, „Tagesthemen“-Moderator Tom Buhrow oder HSV-Torwart Frank Rost unterstützen den Tag ebenfalls. Startschuss der bundesweiten Aktionen ist eine Auftaktveranstaltung, die am 25. September in Berlin stattfinden wird. Dabei wird der Schwerpunkt auf der Vorstellung und Würdigung der Vorbilder der Weiterbildung liegen: u Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ Aktuelles 4 4 4 4 In Kategorien wie „Weiterbildung als zweite Chance“, „Integration durch Weiterbildung“ oder „Vorbildlicher Unternehmer für die Weiterbildung“ werden Menschen und Einrichtungen geehrt, die sich in besonderem Maße im Bildungsbereich engagiert haben und durch ihren Einsatz entweder sich selbst oder einem anderen Menschen einen Neuanfang durch (Weiter-) Bildung ermöglichen konnten. Mehr Informationen unter www.privatschulen.de. Christiane Witek 8 Fort- und Weiterbildung – keine Frage des Alters. Quelle: VDP Bildungschancen und -risiken im Globalisierungsprozess – Konsequenzen für das freien Bildungswesen In früheren Zeiten galt das deutsche Bildungssystem als internationales Erfolgsmodell. Bislang hat es adäquate institutionelle Voraussetzungen aufgewiesen, die Bildung – ein globaler Markt. zur Bewältigung der Herausforderungen des Globalisierungsprozesses nötig sind. Gegenwärtig lassen sich allerdings Krisentendenzen beobachten, die die unterschiedlichen Phasen des Bildungssystems von der schulischen Bildung bis hin zur Fort- und Weiterbildung älterer Arbeitnehmer betreffen. Der Globalisierungsprozess hat damit das deutsche Bildungssystem als eine Herausforderung erreicht, auf die bisher keine überzeugende Antwort gefunden wurde. Daher widmet sich der Aktionsrat Bildung in seinem zweiten Jahresgutachten 2008 dem Thema „Bildungs- Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 risiken und Bildungschancen im Globalisierungsprozess“ (Download unter www.aktionsrat-bildung.de). Herausgeber des Gutachtens ist die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. Auswirkungen der Globalisierung sind laut Gutachten die wachsende Geschwindigkeit von Innovationen und ein durch die zunehmende Internationalisierung von Märkten und die abnehmende Bedeutung von Ländergrenzen bedingter beschleunigter Wandel, der soziale und wirtschaftliche ebenso wie berufliche Strukturen betrifft. Gleichzeitig findet ein verstärkter Standortwettbewerb zwischen Ländern mit unterschiedlichen Lohnund Produktivitätsniveaus statt; und auch die Beschleunigung von Marktprozessen, die mit der zunehmenden weltweiten Vernetzung durch neue Informations- und Kommunikationstechnologien zusammenhängt, setzt die Standorte unter Druck. Damit zusammen hängt die zunehmende Verwundbarkeit von lokalen (Bildungs-) Märkten, die eine große Herausforderung für die Träger darstellen. Fest steht: Der Wettbewerb im Dienstleistungssektor Bildung nimmt derzeit rasant zu, ganz gleich, ob man von frühkindlicher Bildung, Bildung im Primar- oder Sekundarbereich, Berufsausbildung oder Hochschulbildung spricht. Nationale staatliche Institutionen konkurrieren mit freien Bildungsträgern, und diese stehen nach der Liberalisierung der Dienstleistungsmärkte wiederum in zunehmender Konkurrenz mit internatio- u 11 4 4 4 4 Aktuelles $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ nalen Bildungsanbietern. Man spricht auch vermehrt von der „Bildung“ als Gut und meint damit die potentielle Rentabilität dieser Dienstleistung. Freie Träger mit einschlägiger kaufmännischer und insbesondere marketingtechnischer Erfahrung – teilweise sogar aus bildungsfernen Marktsegmenten – bearbeiten vermehrt den zum Teil geschwächten Bildungsmarkt in Deutschland. Um in dieser Situation nicht den Anschluss zu verlieren und in der Bildungslandschaft der Zukunft mit Erfolg bestehen zu können, müssen sich Bildungsträger verstärkt positionieren. Dabei sollten vor allem die folgenden Aspekte eine Rolle spielen: Klare Strategie und Erfolgsfaktoren: Der wachsende Wettbewerb – auch im Bildungswesen – verlangt nach einer zunehmenden Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen. Alleinstellungsmerkmale, Erfolgsfaktoren und Unternehmenskultur sollten strategisch eine zentrale Rolle spielen und in Verbindung mit einer klaren Markenführung – intern wie extern – kommuniziert werden. Kontinuierliche Innovation und Evaluation des Bildungsangebotes: Ein qualitativ hochwertiges (schulisches) Bildungsangebot ist der Schlüssel für den Erfolg der freien Bildungsanbieter. Bildung und Ausbildung freier Träger müssen sich an den Entwicklungen in der globalisierten Arbeits- und Berufswelt orientieren und der Qualitätsanalyse sowie der kontinuierlichen Evaluation zugänglich sein. Innovationen müssen dabei auch Tradition und (kulturelle) Werte einbeziehen. „Globalization is a term that provokes controversy and protest on one side, and praise and hope on the other. “ „World Diversity Leadership Summit“ 04. bis 06. Juni 2007 Vereinte Nationen, New York Neue Formen des (schulischen) Lernens: Im Mittelpunkt schulischer Ausbildung sollte die Vermittlung von für den Arbeitsmarkt relevantem Fachwissen und sprachlichen Fähigkeiten stehen. Zeitgemäße pädagogische und didaktische Konzepte und das Schaffen eines lernfördernden Klimas in der freien Bildungseinrichtung, vor allem durch geeignete und gut ausgebildete Lehrkräfte bzw. freie Dozenten, sind dabei ein Erfolgsfaktor. Zudem hilft die freie Schüler- und Lehrerwahl an 12 Privatschulen. Softskills und Kulturkompetenz: Die Vermittlung der sogenannten Softskills wie Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit und emotionale Intelligenz und der interkulturellen Kompetenzen (Mehrsprachigkeit, interkulturelle Toleranz, „Weltwissen“) muss zunehmend zum Gegenstand schulischer und beruflicher Ausbildung werden. Auch die Medienkompetenz sollte verstärkt in das Blickfeld geraten. Kontinuierlicher Ausbau des Bildungsangebots ist der erste Schritt in die Zukunft. Lebenslanges Lernen: Die bislang in Deutschland dominierende Idee, die Vermittlung von Qualifikationen und Kenntnissen auf eine kurze Phase zu Beginn des Lebenslaufs (nämlich die Jugendphase) zu beschränken, scheint in Zeiten der Globalisierung überholt. Vielmehr bedarf es heute und in Zukunft einer regelmäßigen und lebenslangen Anpassung individueller Qualifikationen und Kenntnisse an die Erfordernisse des Arbeitsmarkts. Höhere Qualifikationen: Die Nachfrage der Wirtschaft nach neuen und höheren Qualifikationen wird kontinuierlich ansteigen. Traditionelle berufliche Fähig- und Fertigkeiten verlieren zunehmend an Bedeutung und werden durch neue Qualifikationen oder reale Arbeit (Maschinen, Medien) ersetzt. Hierauf müssen sich die Bildungseinrichtungen im Zuge der flächendeckenden Einführung von stärker berufsorientierten Bachelorund Masterstudiengängen an deutschen Hochschulen einstellen. Verhinderung frühzeitiger Selektion: Der Zugang zu adäquaten Kompetenzen und Kenntnissen sowie die u Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ Verhinderung der frühzeitigen Selektion im Schulbereich sollten, soweit rechtlich möglich, stets mittels der Privatschulfreiheit gefordert und realisiert werden, um eine Durchlässigkeit des Bildungssystems sicherzustellen. Förderung und Nutzung der Potenziale älterer Arbeitnehmer: Die effektive und effiziente Nutzung des Arbeitskraftpotenzials älterer Arbeitnehmer ist angesichts der demographischen Entwicklung in Deutschland unverzichtbar. Speziell in der Fort- und Weiterbildung sind deshalb gezielte Angebote zur Erhöhung ihrer Beschäftigungsfähigkeit zu unternehmen. Der Erwachsenenpädagogik und -didaktik kommt dabei eine zentrale Aktuelles 4 4 4 4 Rolle zu. Grenzüberschreitende Bildungsdienstleistungen: Freie Bildungsträger sollten zunehmend neue Bildungsmärkte in den Blick nehmen und auch bearbeiten, um damit ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Zumindest sollten sie bezüglich der Internationalisierung rechtzeitig eine klare strategische Entscheidung treffen und bei der grenzüberschreitenden Bildungsmarktbearbeitung dann die kulturellen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Zielländer kennen. Roman Friemel 8 Interdisziplinärer Workshop des VDP als Startschuss der Förderung berufsbezogener Sprachkenntnisse Es tut sich was in der berufsbezogenen sprachlichen Weiterbildung: Initiiert vom Verband Deutscher Privatschulverbände e.V. (VDP), fand am 26. Februar 2008 in den Räumen der Bundesgeschäftsstelle in Berlin ein Treffen von Vertretern des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), verschiedener Jobcenter und der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit (BA) mit Vertretern des VDP statt. Hintergrund des Treffens mit dem Workshoptitel „Übergänge und Kombinationen von Sprachförderung und beruflicher Qualifizierung“ war die Überzeugung der Workshopteilnehmer, dass die sprachliche Weiterbildung von Zuwanderern berufsbezogen stattfinden muss, um ihre Integration in den Arbeitsmarkt maßgeblich verbessern zu können. Darüber hinaus sei ein allgemeiner und bundesweit gültiger Referenzrahmen zur Messung ebendieser berufsbezogenen Sprachkenntnisse notwendig. Nach der Vorstellung sogenannter Best-PracticeBeispiele entspann sich unter den Workshopteilnehmern eine lebhafte Diskussion darüber, wie ein optimales Sprachförderungssystem aussehen könnte: Dieses sollte die berufliche Qualifizierung berücksichtigen und bundesweit nach einheitlichen Standards messbar sein. Um Barrieren wie unterschiedliche Rechtskreise, verschiedene „Fördertöpfe“ oder das Fehlen von anerkannten Abschlüssen, die den Qualifikationsstand der Teilnehmer einer Maßnahme unterhalb eines Berufsabschlusses abbilden, zu überwinden, diskutierten die Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 Workshopteilnehmer mögliche Lösungen und zukünftige Konzepte: So könnten Prozesse wie das Beauftragen eines Fallmanagers mit der Verantwortung für den gesamten Prozess oder „persönliche Budgets“, die die verschiedenen Stellen für einen Maßnahmenteilnehmer zur Verfügung haben, die ganzheitliche Integration in den Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung der persönlichen Vorkenntnisse und Fähigkeiten gewährleisten. Zu einer besseren Orientierung und – dadurch bedingt – einem verbesserten Selbstbewusstsein von Migranten könnten vor allem individuell abgestimmte und passgenaue Selbstvermarktungsstrategien beitragen. Eine grundsätzlich optimierte Öffentlichkeitsarbeit würde zudem die verbesserte Information der Menschen mit Migrationshintergrund gewährleisten. Insgesamt spiele die individuelle Förderung mit der dazugehörigen Maßnahmentransparenz und Beratung eine Schlüsselrolle. Die Vertreter der verschiedenen Institutionen und Einrichtungen einigten sich darauf, die Ergebnisse dieses in seiner Art ersten und bislang einzigartigen Workshoptreffens in die jeweiligen Geschäftsprozesse zu integrieren und bei entsprechenden Gesetzesinitiativen als Impulse mit aufzunehmen. Der VDP hat zudem die feste Einrichtung eines „runden Tischs“ mit ausgewählten Teilnehmerinnen und Teilnehmern empfohlen, um das Thema weiter voranzutreiben. Außerdem soll der „Referenzprozess Sprachförderung“ zu einem „Referenzmodell“ ausgeweitet werden. u 13 4 4 4 4 Aktuelles $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ Mittlerweile zeigen sich die ersten Ergebnisse: So haben Anfang Juli 2008 Dr. Michael Griesbeck, Vizepräsident des BAMF, und Heinrich Alt, Vorstand Grundsicherung der BA, eine Verwaltungsvereinbarung zur Förderung berufsbezogener Sprachkenntnisse unterschrieben. Ersten Veröffentlichungen zufolge wird das BAMF die berufsbezogene Sprachförderung durchführen, die Auswahl potentieller Teilnehmer soll durch die BA und die Grundsicherungsstellen erfolgen. Was das konkret für die Träger heißt, ist noch nicht bekannt: Die inhaltliche und organisatorische Ausgestaltung regelt die Verwaltungsvereinbarung, zu der bis zum Redaktionsschluss noch keine genaueren Informationen vorlagen. Wie auf dem Fachgruppentreffen der Sprachschulen am 18. Juni 2008 in Fulda vereinbart wurde, wird der VDP für interessierte Mitglieder hierzu einen Workshop in Berlin anbieten. Gerhard Gleichmann 8 Verband hat sich ein Leitbild gegeben „Im Mittelpunkt unseres Handelns steht der Mensch mit seinem individuellen Recht auf Lebenslanges Lernen“: Dies ist die zentrale Aussage des VDP-Leitbilds, dass sich der Verband im Frühjahr 2008 gegeben hat. Hintergrund war ein Beschluss der VDP-Mitgliederversammlung, nach dem die bisher bestehenden Grundsätze und Leitlinien des VDP zusammengefasst und mitsamt einer übergeordneten Vision als Leitbild veröffentlicht werden sollten. Zu diesem Zweck hat sich im Dezember 2007 eine Arbeitsgruppe gebildet: In mehreren Treffen haben VDP-Bundevorstandsmitglieder Joachim Böttcher, Michael Büchler und Dr. Dr. Barb Neumann, die Landesvorsitzende von MecklenburgVorpommern und Landesvorsitzende des VDP Nord, Dr. Barbara Diekmann, sowie VDP-Bundesgeschäfts- und Pressestelle einen Entwurf erarbeitet, der dann im April 2008 dem Präsidium zur Abstimmung vorgelegt wurde. Verabschiedet wurde das Leitbild in der hier abgedruckten Version. Als Grundsatzpapier ist das VDP-Leitbild auch unter www.privatschulen.de und in der Bundesgeschäftsstelle erhältlich. Christiane Witek Leitbild des Verbands Deutscher Privatschulverbände e.V. (VDP) Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft Im Mittelpunkt unseres Handelns steht der Mensch mit seinem individuellen Recht auf Lebenslanges Lernen. Wir setzen uns für die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ein, die es ermöglichen, die Begabung jedes einzelnen Menschen zu erkennen und zu fördern. Bildung ist die zentrale Schlüsselressource einer modernen Gesellschaft. Nur durch sie können die gesellschaftlichen Heraus- 14 forderungen der Zukunft gemeistert werden. Freiheit und Wettbewerb sind in unserer pluralen Gesellschaft die Grundpfeiler einer nachhaltigen Qualitätssicherung von Bildung. Als Qualitätsgemeinschaft bereichern wir die Bildungslandschaft durch innovative und nachhaltige Bildungsangebote. Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft sind unverzichtbarer Bestandteil des gesamten Bildungswesens. Die vielfältigen Bildungsangebote unserer Mitglieder mit ihren differenzierten, an den Bedürfnissen orientierten pädagogischen und weltanschaulichen Profilen sind geeignete Antworten auf die Bildungsherausforderungen unserer Zukunft. Die zentrale Aufgabe unseres Verbands ist die Sicherung und Stärkung der gesellschaftspolitischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für das freie Bildungswesen. Wir sind politischer Akteur und nehmen Stellung zu bildungspolitischen und gesellschaftlichen Themen. Wir pflegen einen offenen und konstruktiven Dialog, insbesondere mit Vertretern von Gesetzgebung, Verwaltung, Rechtsprechung, privaten, staatlichen und kommunalen Einrichtungen sowie der Medien auf nationaler und internationaler Ebene. Fairness und Kollegialität prägen den Umgang und die Zusammenarbeit unserer Mitglieder untereinander. 8 Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 $$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$ Gastkommentar 4 4 4 4 Bildung 2020: Anforderungen an ein erfolgreiches Bildungssystem Mit der Globalisierung wächst für die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen aufgrund des Fehlens natürlicher Ressourcen die Abhängigkeit von der Ausbildungsqualität der Mitarbeiter. „Human Ressources“ werden zum Schlüsselfaktor des wirtschaftlichen Verwertungsprozesses in der „Wissensgesellschaft“. Daher entscheidet mehr denn je die erfolgreiche Integration in das Schulsystem über individuelle Lebenschancen und den Wohlstand der Gesellschaft. Dies ist umso gravierender, da Globalisierung auch bedeutet, dass sich durch die grenzüberschreitende Mobilität von Individuen die Pluralität der Bevölkerung innerhalb eines Staates erhöht. Die daraus gewachsenen sprachlichen, ethnischen, religiösen, sozialen und kulturellen Unterschiede stellen das deutsche Bildungssystem vor erhebliche Integrationsprobleme. Die bestehenden Bildungsstrukturen in Deutschland scheinen darüber hinaus besonders im Schulbereich nicht hinreichend geeignet zu sein, die Integrationsprobleme zu lösen: So verließ 2007 rund zehn Prozent der Schulabgänger in Deutschland die Schule ohne einen Abschluss. Die Tendenz zur Desintegration im Schulsystem wird auch durch das schlechte Abschneiden von Schülern aus bildungsferneren Bevölkerungsgruppen bei den internationalen Leistungstests der OECD bestätigt. Außerdem deutet die starke Abhängigkeit zwischen sozialer Herkunft und Schulabschlussniveau auf die Schwierigkeiten des deutschen Schulsystems hin, auf die Integrationsprobleme angemessen reagieren zu können. Unter welchen Voraussetzungen könnte sich die Integrationsleistung des Schulsystems verbessern? Ausbau des vorschulischen Bereichs als wichtige Herausforderung der Zukunft. Quelle: VDP die Eltern nicht in der Lage sind, ihren Kindern die erforderlichen Deutschkenntnisse zu vermitteln. Zur Sicherstellung der Deutschkenntnisse sollte darüber hinaus eine Kindergartenbesuchspflicht eingeführt werden. Untersuchungen verdeutlichen, dass durch mehr Wettbewerb im Schulsystem die Schulqualität verbessert werden kann. Davon könnten auch die Kinder mit Migrationshintergrund und anderer benachteiligter Gruppen profitieren. Mit der Gewährleistung des schulischen Wettbewerbs ist die Hoffnung verknüpft, dass sich Schulprogramme durchsetzen, die eine erfolgreiche Integration sicherstellen. Voraussetzung für diesen qualitätsfördernden Wettbewerb im Schulsystem ist die finanzielle Gleichstellung von freien und staatlichen Trägern, die es den Eltern überlässt, eine Schule auszuwählen, die den individuellen Bildungsbedürfnissen ihrer Kinder entspricht. Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis Die Schulpraxis zeigt, dass fehlende Basiskompetenzen bei Schuleintritt im weiteren schulischen Werdegang häufig nicht nachgeholt werden können. Insbesondere die Beherrschung der deutschen Sprache ist indessen für die erfolgreiche Teilnahme am Unterricht von Schulbeginn an nicht wegzudenken. Daher sollten Kinder mit Migrationshintergrund und aus anderen benachteiligten Bevölkerungsgruppen schon im vorschulischen Bereich eine professionelle Unterstützung erhalten, um Sprachdefizite ausgleichen zu können, wenn Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 Jedoch versperrt die derzeitige Rechts- und Gesetzeslage den Strukturwandel im Schulsystem, der für eine erfolgreiche Integration notwendig ist. Insbesondere die finanzielle Gleichstellung von staatlichen und freien Schulen ist bislang nicht rechtlich anerkannt. Schulen in freier Trägerschaft erhalten keine kostendeckende finanzielle Förderung. Der Staat übernimmt im Durchschnitt u 15 4 4 4 4 Gastkommentar $ $ $ $ $ $ $ $ 4 4 4 4 nur 60 bis 65 Prozent der realen Kosten, die er für den einzelnen Schüler einer vergleichbaren staatlichen Schule ausgibt. Die Finanzierungslücke müssen die freien Schulen durch – häufig verfassungswidrige, weil zu hohe – Schulgelder und weitere Eigenleistungen der Eltern schließen, um ihre Existenz sichern zu können. Bereits ein Schulgeld in Höhe von 60 Euro bedeutet für die Mehrzahl der Alleinerziehenden allerdings faktisch den Ausschluss von dem Besuch einer freien Schule. Ein fairer Wettbewerb um die besten pädagogischen Lösungen zur Integration von Kindern aus bildungsfernen Bevölkerungsgruppen findet unter diesen finanziellen Rahmenbedingungen nicht statt. Wie müsste ein erfolgreiches Bildungssystem im Jahr 2020 also aussehen? 1. Bildung im Jahr 2020 stellt bereits vor der Einschulung sicher, dass möglichst alle Schüler schulfähig sind. Zur Schulfähigkeit gehört der Erwerb grundlegender und allgemeiner Kompetenzen, um am Unterricht erfolgreich teilnehmen zu können. Darunter Aus den Ländern $ $ $ $ $ $ fallen insbesondere Deutschkenntnisse. Der tatsächliche Erwerb der Sprachkompetenzen ist durch die Verpflichtung zum Besuch einer Kindestagesstätte rechtlich abgesichert. 2. Bildung im Jahr 2020 stellt die finanzielle Gleichbehandlung von staatlichen und freien Schulen in der Verfassung sicher, um einen fairen Wettbewerb um die besten pädagogischen Programme sicherzustellen und um das elterliche Wahlrecht zu gewährleisten. Dr. Thomas Langer 8 Der Autor ist wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Bildungsforschung und Bildungsrecht (IfBB). Bei dem Text handelt es sich um eine überarbeitete Fassung des Impulsreferates beim von VDP und dem Katholisch-Sozialen Institut (KSI) veranstalteten Auftaktworkshop „Bildung 2020 – Humboldts Erben unter dem Druck globaler Effizienz“, der am 21. April 2008 im Veranstaltungszentrum des KSI in Bad Honnef stattgefunden hat. Institut für freie Bildung in Niedersachsen gegründet Auf der Suche nach interessanten Seminaren, qualifiziertem Lehrpersonal oder spannenden pädagogischen Konzepten in Niedersachsen und Bremen hilft das Institut für freie Bildung (ib) weiter: In dem neu gegründeten Institut mit Sitz in Hannover finden Interessierte Wissenswertes und Service rund um das Themengebiet „Schulen in freier Trägerschaft“: So gibt es neben einer Stelenbörse für Lehrer diverse Beratungsdienstleistungen sowie ein breites Spektrum an Seminaren und Fortbildungen. Die Gründer haben sich die Förderung der Privatschullandschaft in Niedersachsen und Bremen auf die Fahnen geschrieben: „Unser Ziel ist die Weiterentwicklung und Förderung der niedersächsischen und bremischen Schulen und Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft durch ein qualitativ hochwertiges Fortbildungs- und Beratungsangebot“, erklärt ib-Geschäftsführer Christian Steege. „Unser Leistungsspektrum ist auf die Belange aller privaten Schulen, Institutionen und Bildungsträger abgestimmt sowie auf die Interessen derjenigen Personen, die sich im Bereich des freien Bildungswesens 16 engagieren.“ „Wir bieten im Rahmen unserer Seminarwelt für Lehrer und Führungskräfte sowie für Eltern und Schüler vielfältige Fortbildungen und Seminare an, in denen Experten gezielte fachkundige Informationen vermitteln, Unternehmensberater gemeinsam mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern neue Handlungsfelder erschließen, Referenten zur Erweiterung der pädagogischen, methodischen und persönlichen Kompetenzen beitragen und schließlich zum nachhaltigen Handeln anregen“, verdeutlicht Heike Thies, die als Geschäftsführerin gemeinsam mit Christian Steege das Institut leitet. „Ergänzend führen wir Beratungen im Bereich Schule und Schulgründungen durch und moderieren Veranstaltungen.“ Unter www.institut-freie-bildung.de können Schulen und Bildungsträger darüber hinaus gezielt Personal akquirieren und erfolgreich Internetwerbung betreiben. u Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 $$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$ Der Pressedienst komplettiert das Angebot des Instituts für freie Bildung, das in den kommenden Monaten Stück für Stück aktiviert und weiter ausgebaut werden wird. Das Institut für freie Bildung mit Sitz in Hannover ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts des Verbandes Deutscher Privatschulen Niedersachsen-Bremen e. V. und der Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen Nieder- Aus den Ländern 4444 sachsen e. V. Beide Privatschulverbände engagieren sich seit Jahrzehnten für die Schulen und Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft und setzen sich für die qualitative Verbesserung der Lerninhalte und -bedingungen insgesamt ein. Christian Steege 8 Licht und Schatten im Norden der Republik: Ersatzschulförderung in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg Schleswig-Holstein: „Guter Tag für die Schulen in freier Trägerschaft“ Noch in der Novemberausgabe der FBuE konnte man von einer nordisch-trüben politischen Wetterlage in Schleswig-Holstein sprechen: Da Lehrer an den staatlichen Schulen wegen der Kürzung von Einmalzahlungen für Landesbeamte im Jahr 2007 Gehaltskürzungen hinnehmen mussten, wären die Zuschüsse an die freien Schulen in diesem Jahr um rund 3,5 Prozent gesunken. Möglich machte dies eine Änderung des Schulgesetzes vor gut einem Jahr. Vor diesem Hintergrund hatten die freien Schulen auf existentielle Finanzprobleme hingewiesen. Noch im Januar sah es so aus, als würde der FDP-Antrag zur Rücknahme der Finanzkürzungen den bei großen Koalitionen für Oppositionsanträge typischen Weg gehen. Unerwartet tauchte am Vorabend der Bildungsausschusssitzung ein finanzieller Mehrbedarf der dänischen Schulen in den Haushaltsbüchern auf. Am 27. Februar vermeldete der Kieler Landtag dann, die Landeszuschüsse seien gesichert. Rund 2,3 Millionen Euro werden hierfür durch Auflösung von Rückstellungen des Bildungsministeriums zur Verfügung gestellt, von denen allein 1,7 Millionen an die dänischen Schulen fließen. Politiker aller Fraktionen feierten den Beschluss als „guten Tag für die deutschen Schulen in freier Trägerschaft“ und unterstützen die Forderung der Verbände nach einer auf lange Sicht tragfähigen Neuregelung, die im Rahmen der anstehenden Debatte um den Doppelhaushalt 2009/2010 gefunden werden soll. Nur Koalitionspartner SPD relativiert: Zwar bezeichnet Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave die Gesetzesände- Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 rung als „deutliches Signal an die freien Schulen“. Zugleich aber schlägt der bildungspolitische Sprecher der SPD vor, Eltern, die sich für eine Privatschule mit einer besonderen pädagogischen Ausrichtung interessieren, könnten ihr Kind auch an eine öffentliche Schule schicken. Und eine Pressemeldung der SPDFraktion vermeldet: „Die Zuschüsse an die freien Schulen werden gegenfinanziert durch die Absenkung der Bezüge der verbeamteten Lehrer.“ Fortsetzung folgt. Mecklenburg-Vorpommern: Höhere Akzeptanz, aber gesetzlicher Nachholbedarf Im Widerspruch zum Bismarck-Zitat „Wenn die Welt untergeht, so ziehe ich nach Mecklenburg, denn dort geschieht alles 50 Jahre später“ hat sich die Akzeptanz der freien Schulen „als zweite, gleichberechtigte Säule des öffentlichen Bildungswesens“ (Bildungsminister Henry Tesch, CDU, am 30. Januar 2008 im Schweriner Landtag) seit der Landtagswahl im Oktober 2006 deutlich erhöht. Gemessen werden solche Worte an den gesetzlichen Rahmenbedingungen – und hier zeigt sich noch immer Nachholbedarf. Schon der Anlass der oben zitierten Rede irritiert: ein Antrag der Regierungsfraktionen von CDU und SPD, die Einbindung von Ersatzschulen in die Schulentwicklungsplanung sowie die externe Evaluation der Schulen zu prüfen. Hinter dem Antrag steckt ein vermeintlicher „Gründungsboom“ durch Elterninitiativen, verursacht durch Schulschließungen und mangelnde Kommunikation zwischen u 17 4444 Aus den Ländern $$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$ Landkreisen, Kommunen und Bürgern. So betont auch Bildungsminister Tesch, man müsse zwischen etablierten Bildungsträgern, die „staatlichen Schulen oft einen Schritt voraus sind“, und solchen unterscheiden, deren Zweck die Vermeidung langer Schulwege sei. Dahinter verbirgt sich ein schwerwiegendes Problem des Bildungsministeriums, das zugleich Aufsichtsbehörde für freie Schulen und Hüter des (faktischen) staatlichen Schulmonopols ist: Die Behörde hat Privatschulen zu genehmigen, auch wenn diese die Schulentwicklungsplanungen der Landkreise unterlaufen. Diese üben öffentlichen und politischen Druck aus. Denn es lässt sich schwer argumentieren, dass staatliche Schulen aufgrund schwindender Schülerzahlen geschlossen werden, wenn am gleichen Standort ein freier Träger beweist, dass eine Schule auch mit weniger Schülern und weniger Geld erfolgreich betrieben werden kann. Auch haben viele Kommunen die standortpolitische Bedeutung einer Schule erkannt. Wehren sie sich zunächst gegen die Schließung der staatlichen Schule, so unterstützen sie nach deren Schließung zu Recht die Ansiedlung eines freien Trägers. Als Antwort darauf hat sich das Genehmigungsverfahren inzwischen spürbar verschärft. Auf diesem Wege soll eine Auslese der Antragssteller stattfinden: Elterninitiative oder bildungserfahrener Träger? Vermeidung von Schulwegzeiten oder nachhaltiges pädagogisches Interesse? Mit dem Konzept der „selbstständigen Schule in Mecklenburg-Vorpommern“ sollen auch die Innovationspotenziale staatlicher Schulen besser nutzbar werden. Ein genauer Blick offenbart die oben skizzierte standortpolitische Komponente. So führt die Reform der Stundenzuweisung zwar zu „gerechteren“ Ergebnissen im Hinblick auf die Zahl der Schüler pro Klassen- bzw. Jahrgangstufe, da mit Einführung der schülerbezogenen Stundenzuweisung die Bildung von Klassen flexibilisiert und Mindestklassengrößen abgeschafft werden. Gleichzeitig plant das Bildungsministerium jedoch einen auf Jahrgangs- und Schulmindestschülerzahlen basierenden Berechnungssockel. Dieser wirkt sich bei kleineren Standorten nachteilig auf die Ersatzschulförderung aus. VDP und AGFS lehnen diese Ungleichbehandlung als rein fiskalische und strukturpolitische Maßnahme ab. Denn eine Umsetzung des Vorhabens bedeutet, dass Neugründungen, die aufgrund der Wartefristregelung gezwungen werden, den Schulbetrieb mit wenigen Klassenstufen und Schülern aufzunehmen, über Jahre hinaus finanziell benachteiligt oder 18 ganz verhindert werden. Beunruhigend sind die jüngsten Pläne der Landesregierung zur Neuregelung der Ersatzschulförderung. Nach Plänen des Bildungsministeriums sollen die Mittel für die gemeinnützigen Ersatzschulträger ab 2010 um 2,5 Millionen Euro, ab 2011 dann um sechs Millionen Euro jährlich gekürzt werden. Würden diese Pläne umgesetzt, hätte das nicht nur erhebliche Auswirkungen auf Neugründungen, die verhindert werden würden. Auch bereits bestehenden kleinen Schulstandorten, vor allem im ländlichen Bereich, könnte die Schließung drohen. Wenn aber selbst private und kirchliche Schulträger unter diesen Bedingungen eine wohnortnahe Schule nicht mehr wirtschaftlich betreiben können, wird das das Problem der Abwanderung gerade junger Familien weiter verstärken. Würde die Landesregierung den Elternwillen ernst nehmen und demografischen Entwicklungen entgegentreten, müsste sie Kommunen und gemeinnützige Träger stärken und Schülerkosten als Investitionen begreifen. Hamburg: Grundsätzliche Bewährung des Privatschulgesetzes Das von der Hamburger Bürgerschaft im Jahr 2003 beschlossene Privatschulgesetz hat sich im Grundsatz bewährt. Dennoch gibt es auch hier Probleme bei der Umsetzung, die die Arbeitsgemeinschaft freier Schulen zum Anlass nimmt, Nachbesserungen zu fordern. Hierbei geht es zum einen um die ständige Verteidigung der freiheitlichen Komponente der Privatschulgarantie, nämlich die mit Blick auf die konzeptionellen und weltanschaulichen Besonderheiten schwierige Einbeziehung der Ersatzschulen in Vergleichsarbeiten, Evaluationen und Zentralprüfungen. Auch die konkrete Berechnung der Ersatzschulförderung birgt im Detail Anlass zur Kritik. Entsprechend der Kompensationspflicht (BVerfG 75, 40, 66) müsste die Finanzhilfe an die laufende Kostenentwicklung des staatlichen Schulwesens angepasst werden. Durch das Heranziehen von Haushaltsplanzahlen aus dem Vorjahr des Bewilligungsjahres und Personalkosten aus dem Vor-Vorjahr erreichen Anhebungen der Bildungsstandards und Investitionen in das staatliche Schulwesen die freien Schulen allerdings nur zeitverzögert, obwohl aktuelle Zahlen zur Verfügung stehen. Bestimmte Kosten des staatlichen Schulwesens u Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 $$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$ werden gar nicht abgebildet. Die Behörde rechnet ja schließlich für die eigenen Schulen und nicht für die förderfähigen Ersatzschulen als Adressaten des Finanzhilfeanspruchs. Dennoch hat das Hamburger Modell in vielen Punkten Vorbildcharakter, sowohl im Hinblick Aus den Ländern 4444 auf die Gesetzeslage als auch mit Blick auf die privatschulpolitische Stimmung. Christian Schneider 8 Gründung von Grundschulen in freier Trägerschaft – nicht Ursache mit Wirkung verwechseln Kürzlich wurde unter der Drucksachen-Nr. 16/7659 die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP veröffentlicht, Thema war die Zulassung von Schulen in freier Trägerschaft in Deutschland. Die FDP wollte in ihrer Anfrage unter anderem wissen, inwiefern die Regelung des Artikel 7 Absatz 5 GG, wonach die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse als Voraussetzung für die Genehmigung von Grundschulen in freier Trägerschaft anerkennen muss, noch gerechtfertigt ist. In ihrer Antwort verweist die Bundesregierung auf den Sinn des Artikels, der daFrühe Förderung ist bei der Vermittelung erster Bildungsinhalte wichtig. Quelle: VDP rin bestehe, „die gesellschaftliche Integration von Kindern in den ersten Lebensjahren Besonderes pädagogisches Interesse in der Schule besonders zu sichern und eine Sonderung zum „Spartarif“? der Schüler nach dem Sozialstatus zu vermeiden“. Leider wird bei dieser Argumentation folgendes verDas Gründen einer Schule in freier Trägerschaft in kannt: Häufig sehen sich Schulen in freier Trägerschaft Deutschland ist nicht einfach: Die staatliche Finanzhilfe mit dem Vorwurf konfrontiert, eine gesellschaftliche Inbeträgt pro Schüler meist nur 50 bis 70 Prozent des Betegration der Kinder durch das Erheben von Schulgeltrages, der von den Ländern für einen vergleichbaren dern zu verhindern und mit ihrem Bildungsangebot nur Schüler einer staatlichen Schule aufgebracht wird. Und eine bestimmte, besonders zahlungskräftige Klientel das nicht einmal von Anfang an: Es kommt nämlich ansprechen zu wollen. Übersehen werden dabei jedoch erschwerend hinzu, dass die freien Grundschulen – häuoftmals die gravierenden Finanzierungsmängel, die sich fig in Trägerschaft privater Elterninitiativen – mehrjähriaus der Differenz nicht ausreichender staatlicher Zuge Wartefristen ohne Landeszuschüsse überstehen müsschüsse einerseits und den Kosten eines innovativen sen, bevor sie überhaupt in den Genuss der staatlichen pädagogischen Angebots andererseits ergeben und die Förderung gelangen. Zudem sind die Grundschulen das Erheben von – teilweise nicht unerheblichen – Schulgeldern unabdingbar machen. u Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 19 4444 Aus den Ländern $$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$ aufgrund der oben genannten Sonderregelung dazu verpflichtet, ein „besonderes pädagogisches Interesse“ als Gründungsvoraussetzung nachzuweisen. Um diesen Nachweis zu erbringen, müssen sie deutlich andere – oft auch kostspieligere – pädagogische Wege gehen als ihre staatlichen Pendants. Konkret heißt dies beispielsweise, dass die Lehrer an freien Grundschulen je nach fachlichem Profil pädagogische Zusatzqualifikationen erwerben müssen, deren Kosten gleichfalls nicht durch die öffentliche Hand gedeckt werden. Das Erheben von Schulgeldern in nicht wünschenswerter Höhe ist daher die logische Konsequenz und insofern nicht Ursache, sondern Folge einer landespolitischen Regelung, die doch eigentlich die soziale Selektion durch das zwangsläufige Erheben von Schulgeldern verhindern soll. Sie stellt so ein selten eindringliches Beispiel dafür dar, wie Anspruch und Wirklichkeit in manchen Fällen auseinander driften können. Ein gutes Beispiel für Bildungsgerechtigkeit: Förderung von Kindertageseinrichtungen Das es auch anders und vor allem besser gehen kann, zeigt ein Blick in den vorschulischen Bildungsbereich des Landes Sachsen-Anhalt: Über 95 Prozent aller Kinder besuchen in Sachsen-Anhalt spätestens im letzten Jahr vor dem Eintritt in die Grundschule Kindertagesstätten, in denen in zunehmendem Maße erste Bildungsinhalte und -kompetenzen vermittelt werden. Bemerkenswert dabei: Das Land finanziert diese Kindertageseinrichtungen durch eine direkte kinderbezogene Unterstützung, und zwar unabhängig von ihrer Trägerschaft. Mittlerweile befinden sich mehr als die Hälfte aller Einrichtungen in freier Trägerschaft. Das Angebot für die Eltern, die so ein tatsächliches Wahlrecht haben, ist auf diese Weise deutlich vielfältiger geworden – auch die Qualität der kommunalen Einrichtungen ist nach Einschätzung von Experten aufgrund des eingetretenen Wettbewerbs weiter gestiegen. Ebenfalls unabhängig davon, ob es sich bei der Kindertageseinrichtung um eine staatliche oder eine private handelt, ist die zusätzliche Förderung von einkommensschwächeren Familien durch die öffentliche Hand. Vom Erfolg dieses Modells überzeugt, wird derzeit in Sachsen-Anhalt darüber diskutiert, ob es nicht zur besseren Schulvorbereitung sinnvoll wäre, eine verpflichtende Nutzung dieser Einrichtungen für alle Kinder im letzten Jahr vor dem Schuleintritt gesetzlich vorzu- 20 schreiben und deshalb diesen Zeitraum für die Kindeseltern beitragsfrei zu stellen. Würde dieses System auch auf freie Grundschulen angewendet werden, wäre der verfassungsrechtliche Anspruch der gesellschaftlichen Integration gewährleistet. Warum dennoch ab Beginn der Grundschule mit unterschiedlichem Maß gewogen wird, ist gerade vor dem Hintergrund des erfolgreichen Modells der Kindertageseinrichtungen in Sachsen-Anhalt nur schwer nachzuvollziehen. Es stellt sich die Frage, ob dies unter anderem mit der Lehrkräftesituation in Sachsen-Anhalt zusammenhängt: So kommt derzeit ein gleichbleibender Anteil an Lehrkräften auf eine im Verhältnis geringere Anzahl vorhandener Stellen an staatlichen Schulen. Jede neue Privatschule, die gegründet werden würde, so die Sorge der Privatschulkritiker, verschärfe dieses Problem noch. Vor dem Hintergrund, dass sich die Lehrkräfte staatlicher Schulen in der Regel in einem Beschäftigungsverhältnis mit den Bundesländern befinden, die gleichzeitig für die Genehmigung und Aufsicht der Schulen in freier Trägerschaft zuständig sind, neigt man dazu, sich die Gründe für die Ungleichbehandlung analog zu der beschriebenen Situation zu erklären. Lösung des Dilemmas Die Länder haben es selbst in der Hand, mithilfe einer Finanzierung nach gleichen Prinzipien dafür zu sorgen, dass jedem Schüler jede Schule offensteht, und zwar unabhängig vom finanziellen Hintergrund der Eltern. Würde zusätzlich der inzwischen antiquiert erscheinende Absatz 5 des Artikels 7 aus dem Grundgesetz gestrichen werden, ließe sich das Erfolgsmodell „Kindertagesstätten“ problemlos auch auf die Grundschulen übertragen, zumal engagierte freie Schulträger auch ohne gesetzliche Regelungen stets darum bemüht sein werden, nach neuesten innovativen pädagogischen Konzepten zu suchen und diese zum Wohle ihrer Schüler auch in die Praxis umzusetzen. Jürgen Banse 8 Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 $$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$ VDP mit neuem Namen Der VDP-Bundesverband trägt jetzt auch in seinem Logo den neuen Namen „Verband Deutscher Privatschulverbände e.V.“ Die Namensänderung, die auf einen Beschluss der VDP-Mitgliederversammlung zurückgeht, findet so ih- Aus dem Verband 4 4 4 4 re konsequente Umsetzung auch im Corporate Design des Verbands, der seit dem 1. Februar offiziell in Berlin arbeitet. Mit Sitz im Regierungsviertel und damit in unmittelbarer Nähe zu Ministerien und Abgeordnetenbüros ist die Bundesgeschäftsstelle seither in der Hauptstadt präsent und hat die politi- schen und wirtschaftlichen Kontakte des VDP weiter ausbauen können. Unter vdp@privatschulen.de oder 0 30 - 28 44 50 88 - 0 stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Geschäftsstelle den VDP-Mitgliedern und der Öffentlichkeit für Fragen und Auskünfte zur Verfügung. (cw) Gelungene Veranstaltung: Neujahrsempfang des VDP Prominente Gastredner, die Bekanntgabe und Veröffentlichung der „Berliner Erklärung“ und ein talentierter Kinderchor machten den ersten Neujahrsempfang des Verbands Deutscher Privatschulverbände e.V. (VDP) zu einer gelungenen Veranstaltung. Am 13. Februar hatte der Verband Vertreter aller Fraktionen im Bundestag und verschiedener Verbände, Akteure aus Wirtschaft und Wissenschaft sowie die Geschäftsführer und Vorsitzenden der VDP-Landesverbände in die Bundesgeschäftsstelle nach Berlin eingeladen, um unter dem Motto „Forum Freie Bildung“ zu Gesprächen und Diskussionen rund um das Thema Bildung anzuregen. Mit einer kurzen Ansprache eröffnete VDP-Präsident Michael Büchler den Abend und begrüßte die beiden Ehrengäste, den Botschafter von Finnland in Deutschland, René Nyberg, und den Präsidenten der Freien Universität Berlin, Prof. Dr. Dieter Lenzen. Außerdem stellte Büchler den Anwesenden die „Fünf Thesen zur Zukunft der Bildung in Deutschland“ vor: Diese fassen in Form der Berliner Erklärung die Forderungen des VDP nach verstärkten Investitionen in Bildung und Maßnahmen des Lebenslangen Lernens sowie nach einer allgemeinen Zugänglichkeit von Bildungs- Botschafter R. Nyberg erläutert das finnische Schulsystem. Quelle: VDP angeboten und größeren Freiräumen für Bildungseinrichtungen bei gleichzeitiger Festlegung von Abschlussstandards zusammen. Interessante Informationen rund um die Themen Lernen und Bildung gaben die beiden Ehrengäste mit ihren Grußworten und lieferten den über 80 Gästen so wertvolle Gesprächsimpulse. Mit seinem Beitrag zum Bildungskonzept des PISA-Siegerlandes Finnland gewährte Nyberg einen spannenden Einblick Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 in das Erfolgsrezept des finnischen Schulsystems und sorgte mit aktuellen Ausführungen zu Lehrerausbildung und -situation in Finnland für eine anregende Diskussionsgrundlage. Auch FU-Präsident Lenzen, der mit seinem Beitrag „Exzellente Bildung im Zeitalter der Globalisierung“ aktuelle Trends und Entwicklungen, insbesondere in der Hochschullandschaft, sowie die u 21 4444 Aus dem Verband $ $$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$ Bei Büfett und Getränken klang der Abend aus. Quelle: VDP Wichtigkeit des Lebenslangen Lernens in den Vordergrund stellte, trug mit wichtigen Anstößen zum intensiven Austausch der Teilneh- Die Redner lieferten wertvolle Gesprächsimpulse und sorgten für anregende Diskussionen. Quelle: VDP mer bei. Moderiert wurde der Abend von Tagesspiegel-Redakteurin Susanne Vieth-Entus, eine musikalische Darbietung des Klax- Grundschulchors rundete das Programm ab. (cw) „Türkische“ Schulen als Integrationmodell? Interview mit Seyitahmed Tokmak, Geschäftsführer des Privatgymnasiums Dialog in Köln FBuE: Herr Tokmak, die Debatte um Einbürgerungstests, Integrationsbemühungen und das Bestehen von Parallelgesellschaften taucht so kontinuierlich wie kaum ein anderes Thema in den Medien auf. Um Integration gelingen zu lassen, ist gute Bildung wesentlich, darin sind sich alle einig. Vor diesem Hintergrund ist Ihr „türkisches“ Gymnasium ein äußerst innovatives und erfolgversprechendes Modell: Vom Türkisch-Deutschen Akademischen Bund (TDAB e.V.) getragen, dessen Mitglieder mehrheitlich Akademiker mit Migrationshintergrund waren, hat Ihre Schule ihr „erstes Schuljahr“ erfolgreich gemeistert. Mittlerweile entstehen in anderen Städten ebenfalls Schulen, die Ihrem Konzept ähneln. Sind Sie ein Trendsetter, oder gab es einen konkreten Bedarf, der Sie und Ihre Mitstreiter zur Schulgründung bewogen hat? 22 Das Kölner Privatgymnasium Dialog. Tokmak: Die jahrelange Arbeit im Bereich der Bildung und Erziehung hat viele Mitglieder des Vereins TDAB – mehrheitlich bildungsnahe, junge und weltoffenen Familien Quelle: Privatgymnasium Dialog, Köln – dazu bewogen, sich konkret über eine Schulgründung Gedanken zu machen: Bereits seit 1998 betreibt u Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ der TDAB in eigenen Bildungszentren Nachhilfekurse und Hausaufgabenbetreuung mit dem Ziel, die integrative Erziehung und Bildung der Jugendlichen und ihre Vorbereitung auf die Herausforderungen der Zukunft zu gewährleisten. Denn Bildung ist für uns ein wesentlicher Bestandteil der Integrationsarbeit. So wurde also im Jahre 2005 der Antrag zur Betriebsgenehmigung einer staatlich anerkannten Ersatzschule in Form eines Gymnasiums an die Bezirksregierung Köln gestellt und am 16. Mai 2007 genehmigt. FBuE: Medien berichten gern über Sie als „Schule für das türkische Bildungsbürgertum“ (Die Zeit, 9. August 2007), in der Türkisch als Pflichtfach ab der 5. Klasse angeboten wird. Was meint es eigentlich, eine „türkische Schule“ zu sein? Wie sieht Ihr Lehrplan aus? Tokmak: Das Privatgymnasium Dialog (PGD) ist nicht als eine „türkische Schule“ konzipiert. Da der Schwerpunkt des PGD auf den Sprachen liegt, versteht sich unsere Schule eher als international ausgerichtet. Das Lehrpersonal ist mehrheitlich deutscher Herkunft, die Umgangs- und Unterrichtssprache ist ebenfalls Deutsch. Am PGD gelten darüber hinaus uneingeschränkt die Richtlinien, Lehrpläne und sonstige Unterrichtsvorgaben für Gymnasien in Nordrhein-Westfalen, die vom Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW erlassen werden. FBuE: Wie sieht der Unterrichtsalltag aus, und welche Kosten fallen dafür an? Tokmak: Der sogenannte Regelunterrichtsumfang von 32 Stunden am Vormittag gemäß Lehrplan von NRW ist entgeltlos, da er bereits Aus dem Verband 4 4 4 4 Kleine Klassen und gute Förderung am Privatgymnasium Dialog. Quelle: Privatgymnasium Dialog, Köln durch die Refinanzierung des Landes berücksichtigt ist. Daneben bieten wir allerdings sowohl Mittagsverpflegung als auch Nachmittagsbetreuung inklusive Hausaufgabenförderung an: Hierfür fallen pro Kind monatlich 180,- Euro an. Konzeptionell verpflichten sich die Kinder zum Besuch der Ganztagsbetreuung bis 18.00 Uhr. Darin sind viersprachige Theater-AG’s, ein Schulchor oder Förderunterricht in Deutsch und Englisch genauso enthalten wie Zeitungs-, Computerund Naturwissenschafts-AG´s in moderner Schuleinrichtung. Die Klassenstärke ist bewusst auf maximal 26 Schüler pro Klasse beschränkt, und die Kinder können ihre Schulranzen in Schließfächern Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 in der Schule lassen. FBuE: Wie kommt Ihr Engagement in der Umgebung an? Werden Sie positiv wahrgenommen? Tokmak: Die Wahrnehmung der Schule ist positiv. Wir wirken in vielen Gremien und Vereinen in unserem Stadtteil und in der Umgebung mit. Wir versuchen gemeinsam, an Lösungen raumplanerischer, sozialer, wirtschaftlicher und bildungspolitischer Probleme mitzuarbeiten. FBuE: Wie setzt sich Ihre Schülerschaft zusammen, oder, provokativ gefragt, ist Ihr Gymnasium auch für Menschen ohne Migrationshintergrund attraktiv? Tokmak: Unsere Schülerschaft u 23 4444 Aus dem Verband $ setzt sich derzeit vermehrt aus Kindern türkischer Herkunft zusammen, die Lehrerschaft besteht momentan aus sechs deutschen Lehrern und einer Lehrerin mit türkischem Hintergrund und deutschem Bildungsweg. Interessierte Eltern müssen dem Gymnasium also einen Vertrauensvorschuss geben. Das fällt der Bevölkerung mit türkischen Bezügen leichter, da diese die gute Arbeit des TDAB schon kennt. Bei anderen Bevölkerungsgruppen müssen wir uns dieses Vertrauen erst noch erarbeiten, auch wenn unsere Konzeption schon jetzt auf viel $$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$ Interesse stößt. Wir bieten den Schülerinnen und Schülern echten Ganztagsunterricht, und durch unser ganzheitliches Konzept erlangen sie zudem eine umfassende soziale Kompetenz: Ihre sprachlichen Fähigkeiten werden in vielfältiger Weise gefördert, sie erarbeiten sich in der Gruppe verschiedene Lerntechniken, sie erfahren sportliche und künstlerische Förderung. Im Ergebnis führt das zu aufgeschlossenen, interessierten und gebildeten Schülerinnen und Schülern. Wir sind fest davon überzeugt, dass diese Konzeption vermehrt auch bei deutschstämmigen Familien Interesse finden wird. FBuE: Herr Tokmak, wenn Sie drei Wünsche frei hätten: Was würden Sie sich für die deutsche Bildungslandschaft der Zukunft wünschen? Tokmak: Attraktive Angebote, Schüler- statt Systemorientierung und mehr Flexibilität. FBuE: Herr Tokmak, wir danken Ihnen für das Gespräch. Das Interview führte Christiane Witek, VDP-Pressesprecherin. 8 Nicht nur wissen, sondern können: Vermittlung berufspraktischer Qualifikationen in der schulischen Ausbildung In Zeiten von Fachkräftemangel und einer Vernetzung der Märkte ist die Verbindung theoretischer burg, die Studiengänge im Bereich Tourismus- und Veranstaltungsmanagement anbietet, haben das früh Motto der Schülerinnen und Schüler der Angell Akademie in Freiburg: Think globally. Quelle: Angell Akademie, Freiburg Kenntnisse und fachspezifischer Kompetenz in der Ausbildung gefragt. Freie Bildungseinrichtungen wie die Angell Akademie Frei- 24 erkannt und setzen daher seit jeher auf die Vermittlung berufsspezifischer Kompetenzen, die sich an den aktuellen Erfordernissen orientie- ren. „Unsere Absolventen sollen nicht nur theoretisch wissen, sondern auch können, was sie später im Berufsleben brauchen“, lautet das Credo von Akademieleiterin Antoinette Klute-Wetterauer. Sie hat die Angell Akademie Freiburg für Tourismus und Event in den letzten 20 Jahren aufgebaut und von Anfang an dafür gesorgt, dass die Absolventen aktuell gefragte berufspraktische Kompetenzen und Qualifikationen mit auf den Weg bekommen. „Wir müssen uns und unsere Ausbildungen daran messen lassen, ob unsere Absolventen später im Beruf erfolgreich sind“, so Klute-Wetterauer. Dass die Akademie mit diesem Konzept auf dem richtigen Weg ist, zeigt ein Blick in ihr Alumni-Register: Mehr als 1.200 Absolventen sind auf allen fünf Kontinenten tätig. Und auch die große Nachfrage nach Ausbildungs- und Studienplätzen spricht für das Erfolgsrezept in Freiburg. u Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ Aus dem Verband 4 4 4 4 Das 3-2-1-Modell: Weiterstudieren oder Berufseinstieg? Bei der permanenten Weiterentwicklung des Studienangebots gehen die Freiburger innovative Wege: So hat die Akademie in den letzten Jahren im Verbund mit der Angell Business School Freiburg ein Stufensystem entwickelt, das unter dem Motto „Drei Jahre, drei Berufsabschlüsse“ laufen könnte. Nach jedem Jahr wird ein staatlich anerkannter Abschluss gemacht, so dass die Studierenden jeweils neu entscheiden können: Weiterstudium oder Berufseinstieg? Neu ist ab September der zweijährige Ausbildungsgang zum Assistenten im Hotelmanagement, der mit einem sogenannten Top-Up-Jahr zum ebenfalls neuen Bachelor in Tourism/ Hospitality Management führt. Flexibel reagieren auf die Anforderungen der Gesellschaft Markus Herzberg und Christian Kopp bei der Planung einer Hotel-Lounge. Quelle: Angell Akademie, Freiburg Wissen im Praxistest: Zum Beispiel die Erarbeitung einer Hotel-Lounge Markus Herzberg (20) und Christian Kopp (21), Studierende der Gerade Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft gelingt es zudem immer wieder, mit ihrem Ausbildungsangebot flexibel und schnell auf Anforderungen aus Wirtschaft und Gesellschaft reagieren zu können: Mit Berufen wie dem des Assistenten im Hotelmanagement antworten Einrichtungen wie die Angell Akademie Freiburg auf die aktuelle Nachfrage von Unternehmen. Kurze Ausbildungszeiten sind dabei das A und O: So befähigt die zweijährige Ausbildung die Absolventen unter anderem, bei unternehmerischen Entscheidungen, im Marketing und Verkauf und bei der Kostenkalkulation und der inhaltlichen Weiterentwicklung des Unternehmens mitzuwirken – die Per- Angell Akademie Freiburg, haben in einem Praxisprojekt für das Hotel Victoria in Freiburg ein neues Lounge-Konzept erarbeitet und umgesetzt. In nur vier Wochen haben sie dem alten Gewölbekeller ein modernes Image als „Smoker Lounge“ verliehen. Herzberg und Kopp entwarfen Flyer, Plakate und die Website, kümmerten sich um die Kalkulation, sorgten für die Bestellungen und programmierten die Musik- und Lichtanlage. „Wir hatten total viele Ideen. Das war natürlich eine tolle Möglichkeit zu zeigen, was wir können, und uns eine Referenz für später zu erarbeiten“, berichten die beiden jungen Tourismusfachleute. spektive, später einmal selbst als Manager eines Hotels oder eines anderen touristischen Unternehmens zu arbeiten, haben die Absolventen dabei fest vor Augen. Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 Weitere Informationen: www.angell.de (iw) 25 4444 Aus dem Verband $ $$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$ Chancen eröffnen – für einen Internatsbesuch gibt es viele gute Gründe Nach einer Befragung des Instituts für Schulentwicklungsforschung (IFS) mit dem Titel „Die Schule im Spiegel der öffentlichen Meinung“ aus dem Jahre 2004 streben 45 Pro- Aktuelle Wahrnehmung der Internate in der Öffentlichkeit In Deutschland gibt es über 250 qualitativ sehr unterschiedliche Ein- Fachkundige Beratung sorgt für einen ersten Überblick. . zent der Eltern das Abitur für ihr Kind an. In Westdeutschland wünschen sich 35 Prozent und in Ostdeutschland 20 Prozent der Eltern einen Universitätsabschluss für ihr Kind – Tendenz steigend. Dieser Trend ist sicherlich auch auf die derzeitig geführte mediale Debatte um die Themen Schulqualität und Zukunftschancen zurückzuführen. 70 Prozent der befragten Eltern schätzen nach der vorgenannten Studie die Reaktionen der Bildungspolitik auf die PISA-Studien mit schlecht bis sehr schlecht ein. Nur 10 Prozent der Eltern sind mit den Leistungen der staatlichen Schulen zufrieden. 26 Quelle: VDP Internatsberatung richtungen, welche unter dem Begriff „Internat“ geführt werden. In der Vergangenheit verklärten einige Vorurteile in Bezug auf das Internat den Blick auf die Realitäten. Dies führt auch heute noch teilweise zu Vorbehalten bei Eltern und Kindern und der politischen Öffentlichkeit gegenüber dem Internatsbesuch. Aktuell gibt es eine Tendenz hin zu staatlichen und privaten Ganztagsschulen – teilweise auch mit Internat. Der Besuch gerade von angelsächsischen Internaten steht bei Eltern und Kindern aufgrund der Möglichkeit des Erwerbs von notwendiger Sprachen- und Kultur- kompetenz immer höher im Kurs. Dabei gibt es gerade in Deutschland eine lange und erfolgreiche Internatstradition mit einer zunehmend internationalen Klientel. Im direkten Vergleich zu staatlichen Schulen werden Internate regelmäßig hinsichtlich der gezielten schulischen Begleitung aufgrund geringerer Klassengröße sowie der individuelleren und spezielleren Förderung besser von Eltern und Kindern wahrgenommen. Hier spielt die große Vielzahl der pädagogischen Ansätze in den Internatsschulen eine zentrale Rolle. Auch hinsichtlich der Ganztagsbetreuung werden Internatsschulen positiver als ihr staatliches Pendant gesehen. Letzteres liegt auch daran, dass zumeist echter und verbindlicher Ganztagsunterricht und nicht lediglich eine Betreuung der Kinder und Jugendlichen am Nachmittag angeboten wird, wie zum Beispiel bei offenen Ganztagsschulprogrammen in einigen Bundesländern. Die Lehrkräfte werden an Internaten besser beurteilt, da sie an der jeweiligen Schülervita wirklich interessiert sind, sich hiermit identifizieren und in der Regel in der Lage sind, ein lernförderndes Schulklima zu schaffen. Internaten wird daneben ein deutlich größeres Angebot an Exklusivsportarten zugesprochen. Auch die zeitgemäße Ausstattung, die Berufsorientierung und das immer wichtigere „Networking“ werden von den „Kunden“ als positiver Faktor benannt. Letztlich ist auch die positive Dynamik der Gemeinschaft im Internat als ein zentraler Vorteil zu nen- u Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ nen. Hier werden die aus Sicht der Wirtschaft immer wichtigeren menhang zunehmend der Leitsatz „hard is soft“. Die Lernfähigkeit wurde daher zuletzt auch von den weichen Faktoren und der sogenannten emotionalen Intelligenz in Umfragen von ihrem Spitzenplatz abgelöst. Und nicht zuletzt stehen Internate häufig auch für eine ganzheitliche Bildung und Erziehung. Internatsberatung der Qualitätsgemeinschaft im Verband Deutscher Privatschulen (VDP) Individuelle Förderung wird an Internaten großgeschrieben. Quelle: VDP Internatsberatung „Softskills“ (Team- und Kommunikationsfähigkeit) geschult und gelebt. Für (international tätige) Unternehmen gilt in diesem Zusam- Interessierten Eltern und Schülern bietet die VDP Internatsberatung als Qualitätsgemeinschaft mit internatserfahrenen Beratern deshalb die Möglichkeit, sich aus erster Hand über das vielfältige Angebot und die besonderen Möglichkeiten der VDP-Internate zu informieren. Bundesweit angebotene Internatsberatungstage komplettieren das spezielle und zudem stets provi- Aus dem Verband 4 4 4 4 sionsfreie Beratungsangebot. Natürlich ist jedes unserer Internate auch gerne bereit, Interessierte auf Anfrage unmittelbar und persönlich zu beraten sowie unverbindlich einen Besuchstermin mit den Eltern und Kindern zu vereinbaren. (fri) VDP INTERNATSBERATUNG Internate der Qualitätsgemeinschaft im Verband Deutscher Privatschulverbände e.V. (VDP) Beratungszentrale Düsseldorf Kronprinzenstraße 82 - 84 40217 Düsseldorf Tel: 0211-544 234 0 E-Mail: info@internatswelten.de Internet: www.internatswelten.de Internatsberater und Sprecher: RA Roman Friemel Über 200 Teilnehmer beim VDP-Bundeskongress 2007 in Hannover Über 200 Teilnehmer machten den VDP-Bundeskongress 2007 in der niedersächsischen Landeshauptstadt zu einem vollen Erfolg. Neben Privatschulvertretern aus der gesamten Bundesrepublik sorgten renommierte Wissenschaftler und Politiker aller im niedersächsischen Landtag vertretenen Parteien für anregende Diskussionen und einen gelungenen fachlichen Austausch. Im Mittelpunkt des Kongresses stand die Debatte um die Benachteiligung des Privatschulwesens von Seiten des Staates. Angesichts finanzieller und bürokratischer Hürden, die die Gründungen freier Bildungseinrichtungen oftmals erschwerten, forderte der Verband bessere Startbedingungen und mehr finanzielle Hilfe vom Staat für freie Schulen. Das sei nötig, um auf die hohe Nachfrage nach Privatschulen reagieren und ein größeres Angebot zur Verfügung stellen zu können. Als eines der größten Privatschultreffen Deutschlands fand der Bundeskongress 2007 ein breites Echo in regionalen wie überregionalen Medien. Neben Berichterstattungen in Printmedien und Hörfunk war auch das Fernsehen vertreten: So berichteten ARD-Tagesschau und Tagesthemen ausführlich aus Hannover. Der VDP-Bundeskongress 2008 findet vom 20. bis 22. November in Erfurt statt. Neben fachlichen Highlights wie einem Vortrag von Nor- Freie Bildung und Erziehung Sommer 2008 bert Köngeter (Bundesagentur für Arbeit) zu den Konsequenzen neuer arbeitsmarktrechtlicher Instrumente auf die Arbeit von Bildungsträgern oder einem Beitrag von Prof. Dr. Christian Pfeiffer (Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen) zum Thema „Zusammenhang zwischen Medienkonsum und Schülerleistung“ stehen Diskussionsforen zur Zukunft der freien Bildung auf dem Programm. Außerdem wird es eine Mitgliederversammlung mit Vorstandswahl geben; der derzeit amtierende VDPVorstand stellt sich erneut zur Wahl. Weitere Informationen im Internet unter www.privatschulen.de. 8 (cw) 27 Verband Deutscher Privatschulverbände e.V. bi ldungseinrichtungen in freier trägerschaft Seit 1901 Freie Bildung und Erziehung VDP Bundesgeschäftsstelle Reinhardtstr. Berlin t: / - f: / - vdp@privatschulen.de www.privatschulen.de Ausgabe Sommer 2008 ISSN 0016-0741