Kevelaer: Politik hat Angst vor Entmündigung

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Kevelaer: Politik hat Angst vor Entmündigung
Quelle: http://www.nrz.de
Kevelaer: Politik hat Angst vor Entmündigung
05.12.2005/ LOKALAUSGABE / KEVELAER
KEVELAER. Wäre die Marienstadt ein privatwirtschaftliches Unternehmen, müsste sich die
Geschäftsleitung wohl ernsthafte Sorgen machen: Bereits das zweite Jahr in Folge müssen
Schulden gemacht werden, um die laufenden Kosten und die Tilgung von Altlasten zu decken.
Der geplanten Nettokreditaufnahme von 1,5 Millionen Euro stehen kaum noch werteschaffende Investitionen gegenüber, Kämmerer Aengenheyster schafft es nur mit Müh' und Not und
reichlich Trickserei den Verwaltungshaushalt, aus dem die laufenden Kosten bezahlt werden,
auszugleichen.
Kein Wunder, dass es der Politik, die heute Abend im Hauptausschuss über das Zahlenwerk
beraten wird, ein wenig mulmig wird: Die Angst wächst in Kevelaer, dass sich die Stadt demnächst ins enge Korsett eines Haushaltssicherungskonzeptes pressen muss. Das entspricht
ungefähr einer privaten Insolvenz: Über einen bestimmten Zeitraum darf nur noch ausgegeben werden, was gesetzlich vorgeschrieben und dringend notwendig ist. Freiwillige Leistungen
wie Zuschüsse an Vereine müssen komplett runtergefahren werden. Keine schöne Vorstellung.
Jansen: Lage ist sehr bedenklich bis dramatisch
Deswegen bezeichnet auch CDU-Fraktionschef Stefan Jansen die Lage als "sehr bedenklich bis
dramatisch". Er warnt eindringlich davor, die Schuldenaufnahme wie bisher auf Kosten nachfolgender Generationen fortzusetzen. Die Ausgaben müssten minimiert werden, fordert er und
steht damit nicht allein: Auch FDP-Chef Klaus Sadowski sieht hier das Hauptproblem eines
"unsoliden" Haushalts. Wie Jansen schlägt er vor, eventuell städtische Leistungen auf Dritte
zu übertragen. Zudem müsse die interkommunale Zusammenarbeit forciert werden.
Günther Krüger (KBV) sieht vor allem Probleme im Sozialbereich: Der Etat laufe in diesem
Bereich aus dem Ruder. Die Grünen wiederum, so ihr Sprecher Karl-Heinz Kandolf, verlangen
nach einem vernünftigen Personalentwicklungskonzept. Ihm fehlt zudem die Handschrift des
neuen Bürgermeisters: "Stibi hat die Chance verpasst, reinen Tisch zu machen." Das sieht
auch Sigrid Ehrentraut (SPD) so: "Es fehlen Visionen, alles läuft weiter wie bisher." Auch
wenn der Haushalt "absolut solide" erarbeitet worden sei, sei zu befürchten, dass "wir in zwei,
drei Jahren in die Haushaltssicherung laufen."
Gemeinsam ist der Politik eine Forderung: Die Sanierung des Rathauses muss als nächster
dicker Brocken dringend angepackt werden.
JAN JESSEN
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