Marktwirtschaftliche Umwelt- instrumente mit einnahmen
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Marktwirtschaftliche Umwelt- instrumente mit einnahmen
Marktwirtschaftliche Umweltinstrumente mit einnahmenseitiger Kompensation Machbarkeitsstudie im Auftrag des Regierungsrates des Kantons Bern Schlussbericht Juli 1996 ECOPLAN Wirtschafts- und Umweltstudien 3011 Bern 6460 Altdorf Monbijoustr. 26 Postfach 031 385 81 81 041 870 90 60 Marktwirtschaftliche Umweltinstrumente mit einnahmenseitiger Kompensation Machbarkeitsstudie im Auftrag des Regierungsrates des Kantons Bern Schlussbericht Juli 1996 ECOPLAN Wirtschafts- und Umweltstudien 3011 Bern 6460 Altdorf Monbijoustr. 26 Postfach 031 385 81 81 041 870 90 60 ECOPLAN-Projektteam Stefan Suter (Projektleiter) André Müller Felix Walter René Neuenschwander Renger van Nieuwkoop Begleitung seitens des Auftraggebers Dr. R. Meier, Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern (Leitung) Frau R. Flury, Koordinationsstelle für Umweltschutz des Kantons Bern Dr. H. Werder, Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern Dr. U. Schaer, Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern E. Zehnder, Finanzdirektion des Kantons Bern D. Hürzeler, Steuerverwaltung des Kantons Bern B. Knüsel, Steuerverwaltung des Kantons Bern R. Schneider, Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern (als Gast) Wissenschaftliche Begleitung Prof. Dr. R. Leu, Universität Bern Bezugsquelle Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern, Frau M. Moser, Reiterstr. 11, 3011 Bern, Fax 031 - 633 37 03, Telefon 031 - 633 31 63 Kurzfassung deutsch oder französisch (ca. 20 S.): Fr. 10 .- Langfassung deutsch oder französisch (ca. 250 S.): Fr. 30.- Inhaltsübersicht Kurzfassung ...................................................................................K - 1 1 Einleitung..................................................................................... 1 2 Überblick: "state of the art" ....................................................... 4 3 Detailevaluation der Umweltabgaben .................................... 16 4 Detailevaluation der Verwendungsmodelle ........................... 28 5 Zwischenfazit ............................................................................ 39 6 Wirtschaftliche Auswirkungen ................................................ 43 7 Skizze einer Einführungsstrategie......................................... 109 8 Schlussfolgerungen ................................................................ 110 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben..................................A - 1 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle ...........B - 1 Anhang C: Arbeitsbereiche/Arbeitsgruppen im Umfeld ..........C - 1 Quellenverzeichnis ....................................................................... Q - 1 Kurzfassung K-1 Das Wichtigste auf einer Seite In der vorliegenden Studie wird geprüft, ob auf kantonaler Ebene ein UmweltabgabenSystem mit einnahmenseitiger Kompensation (v.a. Steuersenkungen) machbar und aus ökologischer Sicht sinnvoll ist und ob ein solches System die bernische Wirtschaftskraft stärkt bzw. die Standortgunst des Wirtschaftsraumes Kanton Bern verbessert. Für folgende Umweltabgaben wird geprüft, ob sie Teil eines kantonalen UmweltabgabenSystems mit einnahmenseitiger Kompensation sein könnten: – Abfallabgabe – Abgabe auf Beschäftigten- und Besucherpark– Abwasserabgabe plätzen – Wasserabgabe – Motorfahrzeugsteuern – Kiesabgabe – Vignetten / Road Pricing – Bodenversiegelungsabgabe – Emissionsabgabe bei Feuerungen – Abgabe auf öff. Parkplätzen – Elektrizitätsabgabe Das Einnahmenpotential dieser Abgaben wird auf 220 bis 500 Mio. Fr. (ohne Vignetten / Road Pricing) geschätzt, je nachdem welche Ausgestaltung der Abgaben unterstellt wird. Es reicht damit aus, um spürbare einnahmenseitige Kompensationen vorzunehmen. Für diese Kompensation kommen folgende Verwendungsmodelle in Frage: ❏ Steuersenkungen: Die Einnahmen aus den Umweltabgaben werden über eine Re- duktion der Steueranlage kompensiert. Die Steueranlagensenkung reduziert alle direkten Staatssteuern (z.B. die Einkommenssteuer für natürliche Personen). ❏ Die Abgabeneinnahmen werden über eine Pauschale pro Kopf an die Bevölkerung zurückerstattet. ❏ Den bernischen Unternehmen wird im Ausmass der Abgabeneinnahmen ein Lohn- summenbonus, d.h. ein Prozentabzug auf der AHV-pflichtigen Lohnsumme, gewährt. Welches Modell bzw. welcher Mix von Verwendungsmodellen gewählt werden soll, hängt davon ab, welche Bedeutung den Kriterien "Verbesserung der Standortgunst" und "Sozialverträglichkeit" beigemessen wird. Die Analyse der Auswirkungen eines Systems MUEK hat folgende Ergebnisse ergeben: ❏ Auswirkungen auf die Branchen: Der tertiäre Sektor profitiert, der Industriesektor gehört tendenziell zu den Verlierern. Die negativen Auswirkungen auf stark betroffene Unternehmen können mit einem Ermässigungsmodell spürbar reduziert werden. ❏ Soziale Verteilungseffekte: Entscheidend für diese Effekte ist das Verwendungs- modell. Will man arme Haushalte nicht schlechter stellen, muss eine Pauschale pro Kopf von 145 Fr. zurückerstattet werden. ❏ Regionale Verteilungseffekte: Sie sind relativ gering und hängen stärker vom Ver- wendungsmodell als von der Abgabenbelastung ab. Urbane Regionen profitieren von Steuersenkungen, ärmere Regionen von der Pauschale pro Kopf. ❏ Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen: Positive Auswirkungen können erwartet werden, wenn die einnahmenseitige Kompensation über Steuersenkungen erfolgt. In diesem Fall verbessert das System MUEK wichtige Standortfaktoren und fördert den Strukturwandel. Dieser weist aber auch Risiken auf: Es kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass die Einbussen in den schrumpfenden strukturschwachen Branchen durch die wachsenden strukturstarken Branchen wettgemacht werden. Mit flankierenden Umsetzungsmassnahmen können diese Risiken gemindert werden. ECOPLAN K-2 1 Kurzfassung Einleitung Die Diskussion über die Einführung von Umweltabgaben und über die verschiedenen Möglichkeiten der Einnahmenverwendung hat sich in den letzten Jahren sowohl auf internationaler als auch auf nationaler Ebene weiterentwickelt. Nach wie vor stehen aber auch kantonale Instrumente zur Diskussion, da sie sich teilweise rascher realisieren lassen. Vor diesem Hintergrund stellt sich für die vorliegende Machbarkeitsstudie folgende Hauptfrage: Welche weiteren Potentiale bieten Umweltabgaben auf kantonaler Ebene in einem grösseren System von marktwirtschaftlichen Umweltinstrumenten mit einnahmenseitiger Kompensation (System MUEK). Auf zwei Fragestellungen ist dabei besonders einzugehen: ❏ Abklärung der technisch-praktischen, administrativen und rechtlichen Machbar- keit: Ist ein solches System von marktwirtschaftlichen Umweltinstrumenten mit einnahmenseitiger Kompensation auf kantonaler Ebene überhaupt machbar? ❏ Abklärung der wirtschaftlichen und verteilungspolitischen Auswirkungen: Kann mit dem System MUEK ein Beitrag zur Verbesserung der Standortgunst des Wirtschaftsraumes Kanton Bern bzw. seiner Wirtschaftskraft erreicht werden, ohne dass schwerwiegende Umverteilungen resultieren? Der Anstoss, die Machbarkeit eines solchen Systems für den Kanton Bern zu prüfen, kommt von verschiedener Seite: ❏ Die überdurchschnittlich hohe Steuerbelastung für natürliche Personen stellt für den Kanton Bern einen zentralen negativen Standortfaktor dar. Eine Reduktion gehört denn auch zu den vom Regierungsrat vorgeschlagenen Massnahmen zur Stärkung der bernischen Wirtschaftskraft. ❏ Aufgrund der angespannten Finanzlage kann eine spürbare Reduktion der Steuer- belastung nur realisiert werden, wenn der Einnahmenausfall durch andere Massnahmen kompensiert wird. ❏ In der bernischen Umweltpolitik soll in Zukunft vermehrt auf die Marktkräfte gesetzt werden, damit mit den knappen verfügbaren Mitteln möglichst viel zu einer Reduktion der Umweltbelastung beigetragen wird. 2 Überblick: "state of the art" Die bisherige Umweltpolitik auf nationaler, kantonaler und kommunaler Ebene stellt vornehmlich auf Ver- und Gebote ab. Diese umweltpolitische Strategie ist aus vollzugstechnischer und effizienzmässiger Sicht an ihre Grenzen gelangt. Immer mehr hat sich deshalb die Überzeugung durchgesetzt, dass die künftige Umweltpolitik vermehrt auf die Marktkräfte setzen muss. Angesichts des ökologischen Handlungsbedarfs hat sich weiter die Erkenntnis durchgesetzt, dass nur ein umfassender Wechsel, der über die Umweltpolitik im engeren Sinne hinausgeht und insbesondere Bereiche der Finanzpolitik miteinbezieht, in der Lage ist, längerfristig eine Lösung der Umweltproblematik herbeizuführen. ECOPLAN Kurzfassung K-3 In diesem Zusammenhang wird häufig der Begriff einer "ökologischen Steuerreform" benützt. Die zentralen Elemente einer ökologischen Steuerreform sind die folgenden: ❏ Abgaben: In den meisten Vorschlägen zu einer ökologischen Steuerreform bildet eine Energiesteuer das Herzstück des Umweltabgaben-Systems. Neben der Energiesteuer wird meistens die Einführung weiterer Lenkungsabgaben vorgeschlagen. ❏ Kompensation: Die Abgabeneinnahmen sollen nicht kompensationslos an den Staat fliessen. In einer engeren Begriffsauslegung steht eine Reduktion bestehender Steuern im Vordergrund, in einer etwas weiteren Auslegung werden auch andere Verwendungsformen (z.B. direkte Rückerstattung) in Betracht gezogen. In der vorliegenden Machbarkeitsstudie wird nicht der Begriff "ökologische Steuerreform" verwendet, sondern der Begriff "marktwirtschaftliche Umweltinstrumente mit einnahmenseitiger Kompensation (MUEK)". Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass nicht eine Reform des kantonalen Steuerwesens geprüft werden soll. Vielmehr ist zu untersuchen, ob die Standortgunst des Wirtschaftsstandortes Kanton Bern bzw. die bernische Wirtschaftskraft mit einem System MUEK verbessert werden kann. Mit der Abklärung der Machbarkeit eines Systems MUEK liegt der Kanton Bern im internationalen und nationalen Trend, wie der folgende kurze Überblick über die Bestrebungen in Europa und in der Schweiz zeigt: ❏ Bestrebungen in Europa Im 5. Aktionsprogramm "Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung" der EU mit dem Titel wird marktwirtschaftlichen Umweltinstrumenten hohe Priorität in der künftigen gemeinschaftsweiten Umweltpolitik eingeräumt. Im "Weissbuch über Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung" wird ein Schritt weitergegangen. Um bestehende Arbeitsplätze zu sichern und neue zu fördern, schlägt die EUKommission vor, die Lohnnebenkosten zu senken. Als steuerliche Ausgleichsmassnahme werden unter anderem Umweltabgaben in Betracht gezogen. Einzelne EU-Staaten haben ihren Handlungsspielraum auf nationaler Ebene ausgenutzt und Abgabelösungen realisiert. Beispiele sind etwa die niederländische CO2-Abgabe, deren Einnahmen zweckgebunden für Umweltschutzmassnahmen eingesetzt werden, die jährliche Erhöhung der Steuern auf Treibstoffen um real 5% in Grossbritannien oder die nach dem Emissionsverhalten differenzierte Motorfahrzeugsteuer in Deutschland. Schweden hat bereits in den letzten Jahren eine eigentliche ökologische Steuerreform eingeleitet, andere Länder wie z.B. Dänemark, die Niederlande oder Österreich wollen in unmittelbarer Zukunft auch erste Schritte in diese Richtung tun. ❏ Bestrebungen in der Schweiz In der Schweiz wird mit der Revision des Umweltschutzgesetzes (USG) ein grosser Schritt in Richtung mehr Marktwirtschaft in der Umweltpolitik angestrebt (z.B. VOCAbgabe). Ein grosser Teil der Einnahmen aus den vorgeschlagenen Umweltabgaben soll nicht in die allgemeine Bundeskasse fliessen sondern an die Bevölkerung zurückerstattet werden. Auf Bundesebene sind zudem noch die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe und - wenn auch zeitlich hinausgeschoben - eine CO2-Abgabe in Diskussion. ECOPLAN K-4 Kurzfassung Auch auf kantonaler und kommunaler Ebene sind Bestrebung in diese Richtung festzustellen: Parkplatzbewirtschaftungsmassnahmen sind Teil verschiedener Massnahmenpläne zur Luftreinhaltung, verschiedene Kantone (z.B. SG, SO) stehen unmittelbar vor der Einführung einer verursachergerechten Finanzierung der Entsorgung von Abfall und Abwasser, in den meisten deutschsprachigen Gemeinden wird eine Kehrichtsackgebühr erhoben, um nur einige Beispiele zu nennen. ❏ Bestrebungen im Kanton Bern Der Kanton Bern hat verschiedentlich untersucht, welche Möglichkeiten für den Einsatz marktwirtschaftlicher Instrumente auf kantonaler Ebene bestehen. Bereits realisiert ist die verursachergerechte Finanzierung von Beiträgen in den Bereichen Wasser, Abwasser und Abfall. Im Rahmen der noch laufenden Anstrengungen zur Haushaltsanierung wurden weitere umweltrelevante Steuern und Abgaben diskutiert, teilweise beschlossen (z.B. Erhöhung Motorfahrzeugsteuern), aber auch abgelehnt (z.B. Kiesabgabe). Fazit: Die Absichten und Bestrebungen auf europäischer und auf nationaler Ebene weisen in die gleiche Richtung, wie ein System MUEK auf kantonaler Ebene. Innerhalb des Kantons Bern kann auf geleisteten Vorarbeiten im Bereich marktwirtschaftliche Instrumente aufgebaut werden. 3 Detailevaluation der Umweltabgaben Für folgende Umweltabgaben wird geprüft, ob sie Teil eines kantonalen umweltabgabenSystems mit einnahmenseitiger Kompensation sein könnten: – Abfallabgabe – Abgabe auf Beschäftigten- und Besucherpark– Abwasserabgabe plätzen – Wasserabgabe – Motorfahrzeugsteuern – Kiesabgabe – Vignetten / Road Pricing – Bodenversiegelungsabgabe – Emissionsabgabe bei Feuerungen – Abgabe auf öff. Parkplätzen – Elektrizitätsabgabe Bei einzelnen Umweltabgaben ist die Ausgestaltung praktisch vorgegeben. Dies ist z.B. bei Abgaben der Fall, die bereits eingeführt sind und eine Integration in das Konzept MUEK eigentlich nur bedeuten kann, dass die Abgabenhöhe um einen "MUEK-Zuschlag" aufgestockt wird. Bei anderen Abgaben besteht noch ein sehr grosser Ausgestaltungsspielraum. Um die Diskussion zu erleichtern, haben wir bei allen Abgaben zwei Eckvarianten - selbstverständlich sind auch andere sinnvolle Varianten möglich - gewählt, die sich in der Abgabenhöhe und u.U. auch in der Ausgestaltung unterscheiden: – eine untere Variante A, die sich an frühere im Grossen Rat oder in der Verwaltung diskutierte Vorschläge oder an Abgaben in anderen Kantonen oder Staaten anlehnt. – eine obere Variante B, mit bedeutend höheren Abgabesätzen, die aber u.E. langfristig dennoch als realistisch eingestuft werden kann. ECOPLAN Kurzfassung K-5 Tabelle K-1: Vorgeschlagene Ausgestaltung der verschiedenen Umweltabgaben Abgabe Abfallabgabe Abwasserabgabe Ausgestaltungsmerkmale Abgabesätze Variante A Variante B Abgabe pro Tonne Kehricht in Form eines Zuschlages auf der bestehenden Abgabe; Abgabesubjekte: Abfallentsorgungsunternehmen, Gemeinden Zuschlag bei KVA: 15 Fr./t 50 Fr./t Schmutzfrachtabhängige Abgabe in Form eines Zuschlages auf der vorgesehenen Abgabe; Abgabesubjekt: Betreiber von Abwasserreinigungsanlagen Zuschlag auf Phosphor: 0 Fr./kg 15 Fr./kg Zuschlag bei Deponien: 25 Fr./t 100 Fr./t Zuschlag auf Ammonium: 0 Fr./kg 2 Fr./kg Zuschlag auf Gesamtstickstoff: 1.5 Fr./kg 3.5 Fr./kg Zuschlag auf chem. Sauerstoffbed.: 1.3 Fr./kg 2.3 Fr./kg Wasserabgabe Abgabe in Form eines Zuschlages auf dem Wasserzins; Abgabesubjekt: Konzessionsnehmer Zuschlag auf Trinkwasser: 4 Fr./l pro Min. 13 Fr./l pro Min. 3 2.5 Rp./m 6 Rp./m3 Zuschlag bei Industrie/Gewerbe: 4 Fr./l pro Min. 10 Fr./l pro Min. 3 2 Rp./m 5 Rp./m3 Zuschlag auf Kühlwasser: 0.75 Fr./l pro Min. 2 Fr./l pro Min. 15 Rp./m3 40 Rp./m3 Zuschlag bei Bewässerungen: 0 Fr./Hektare 80 Fr./Hektare Zuschlag für Schwimmbäder: 3 Fr./l pro Min. 6 Fr./l pro Min. Kiesabgabe Abgabe auf dem Kiesabbau; Abgabesubjekt: Konzessionsnehmer (Unterstellung des Kiesabbaus unter das Bergregal) 6 Fr./m3 15 Fr./m3 Versiegelungsabgabe Abgabe auf Neuversiegelungen des Bodens; Abgabesubjekt: Bauherr, Eigent. 25 Fr./m2 50 Fr./m2 Kantonale Parkplatzab- Abgabe in Form eines kantonalen Anteils (z.B. 20%) an den komgabe auf öffentlichen munalen Einnahmen aus der Parkplätzen Parkplatzbewirtschaftung, Abgabesubjekt: Gemeinden ECOPLAN Parkplatzabgaben: 1 - 2 Fr./Std. 1.5 - 3 Fr./Std. Parkkartengebühr (Blaue Zone) 360 Fr./Jahr 480 Fr./Jahr K-6 Abgabe Kurzfassung Ausgestaltungsmerkmale Abgabesätze Variante A Kantonale Parkplatzabgaben auf Parkplätzen von privaten Unternehmen Abgabe in Form einer Jahrespau- 120 Fr./Jahr schalen auf Beschäftigten- und Besucherparkplätzen; Abgabesubjekt: Unternehmen Motorfahrzeugsteuern Abgabe in Form einer Erhöhung der Jahressteuer pro Gewichtstonne und Reduktion des Degressionssatzes; Abgabesubjekt: Motorfahrzeughalter Vignette / Road Pricing Strassenbenützungsabgaben in Agglomerationen (denkbar auch auf bestimmten Abschnitten des Kantonsstrassennetzes) Abgabesubjekt: Motorfahrzeuglenker Variante B 360 Fr./Jahr Erhöhung der Jahressteuer: linear um 10% linear um 10% Reduktion des Degressionssatzes: keine 4 %-Punkte Road pricing nur in der Region Bern Road Pricing in den Regionen Bern, Biel, Thun Richtwerte für die Abgabe: PW: 14 Rp./Fzkm LW: 1.1 Fr./Fzkm Emissionsabgabe bei Grossfeuerungen 10 Fr./kg NOx Abgabe auf den jährlichen Stickoxidemissionen (NOx) von grossen Feuerungen (Leistung > 1 Megawatt); Abgabesubjekt: Anlagenbetreiber 30 Fr./kg NOx Elektrizitätsabgabe Abgabe auf der Elektrizität; Abgabesubjekt: Elektrizitätsversorgungsunternehmen 1 Rp./kWh 0.3 Rp./kWh Damit überhaupt spürbare einnahmenseitige Kompensationen vorgenommen werden können, müssen die Abgaben längerfristig ein gewisses Einnahmenpotential aufweisen. In Tabelle K-2 ist eine Grobschätzung dieses Potentials für die Varianten A und B wiedergegeben. Die Angaben sind ausdrücklich als Grössenordnungen und nicht als exakte Zahlen zu verstehen. Bei einer anderen Ausgestaltung bzw. bei anderen Abgabenhöhen resultieren selbstverständlich andere Einnahmen. Die Schätzungen in Tabelle K-2 zeigen, dass die geprüften Umweltabgaben ein substantielles Einnahmenpotential aufweisen. Zum Vergleich: Bei Variante B machen die geschätzten Einnahmen rund einen Fünftel der gesamten staatlichen Steuereinnahmen aus. Das Potential reicht damit aus, um spürbare Entlastungen auf der Steuerseite vorzunehmen. ECOPLAN Kurzfassung K-7 Tabelle K-2: Grobschätzung des Einnahmenpotentials der verschiedenen Abgaben, in Mio. Fr. pro Jahr Abgabe Variante A Variante B Abfallabgabe 12 44 Abwasserabgabe 17 38 Wasserabgabe 5.5 15 Kiesabgabe 27 57 Versiegelungsabgabe 40 80 Abgabe auf öffentlichen Parkplätzen 20 40 Abgabe auf Beschäftigten- und Besucherparkplätzen von Firmen 30 87 Motorfahrzeugsteuern 25 35 Vignette / Road Pricing 20 30 Emissionsabgabe auf Grossfeuerungen 6 17 Elektrizitätsabgabe 19 63 Total 222 506 Die Prüfung der Machbarkeit der verschiedenen Umweltabgaben erfolgte anhand folgender Kriterien: ❏ Umweltaspekte: Der grösste Vorteil des analysierten Konzeptes MUEK ist, dass für praktisch alle belasteten Umweltbereiche machbare Umweltabgaben gefunden werden konnten. Eine Realisierung des Konzeptes würde dem marktwirtschaftlichen Umweltschutz auf kantonaler Ebene auf breiter Front zum Durchbruch verhelfen. Die marktwirtschaftliche Strategie würde insbesondere bewirken, dass anhaltende Anreize zur Entlastung der Umwelt gesetzt werden. Mittel- bis längerfristig trägt MUEK zu einer spürbaren Verminderung der Umweltbelastung und der damit verbundenen Folgekosten ("externe Kosten") bei. Bestehende Umweltziele (z.B. in der Luftreinhaltung) wären dank der Umsetzung von MUEK leichter zu erreichen. ❏ Praktikabilität und Vollzugsaufwand: Bei vielen Abgaben kann auf dem bestehen- den Vollzug aufgebaut werden. Entsprechend ist nur mit einem geringen Mehraufwand zu rechnen. Nur wenige Abgaben verursachen u.E einen mittleren bis hohen Vollzugsaufwand. Bei diesen Abgaben ist zudem zu berücksichtigen, dass der anfallende Vollzugsaufwand – nicht allein dem Konzept MUEK angelastet werden kann, weil die Abgaben teilweise unabhängig von einem allfälligen System MUEK realisiert werden. – nicht allein vom Kanton getragen werden muss. Insgesamt kommen wir zum Schluss, dass der Vollzugsaufwand im Vergleich zu den potentiellen Einnahmen bei keiner Abgabe in einem derart ungünstigen Verhältnis ECOPLAN K-8 Kurzfassung steht, dass von einer Realisierung dieser Umweltabgabe in einem allfälligen System MUEK abgeraten werden muss. ❏ Rechtliche Anforderungen(1): Die meisten der analysierten Umweltabgaben können auch aus rechtlicher Sicht auf kantonaler Ebene realisiert werden. Kritisch ist die Situation bei drei Abgaben zu beurteilen: – Vignette/Road Pricing: Derzeit verbietet der Bundesverfassungsartikel 37 Abs. 2 die Einführung von Strassenbenützungsgebühren. Der Bundesrat hat in Zusammenhang mit zwei hängigen Motionen aber seine Bereitschaft zur Änderung von BV Art. 37 signalisiert. – Emissionsabgabe bei Grossfeuerungen: Uneinigkeit herrscht in der Lehre bei der Frage, ob ausgehend vom USG gesamtkantonale Emissionsabgaben zulässig sind, oder ob dies nur in besonders belasteten Gebieten ("Massnahmenplangebieten") der Fall ist. – Elektrizitätsabgabe: Der Konflikt mit der Mehrwertsteuer stellt möglicherweise d.h. im Fall eines entsprechenden Urteils des Bundesgerichts - bei der Elektrizitätsabgabe ein "Killerargument" dar. Die Schlussfolgerung aus der Detailevaluation lautet: Die analysierten Umweltabgaben sind grundsätzlich machbar. Zwischen den verschiedenen Abgaben bestehen aber erhebliche Unterschiede. Im Sinne einer groben Unterteilung der Machbarkeit können drei Gruppen unterschieden werden: ❏ Gruppe 1 umfasst die relativ leicht realisierbaren Abgaben, die in jedem Fall Kern ei- nes allfälligen Systems MUEK sein sollten und aus der Sicht der Machbarkeit ohne Vorbehalt empfohlen werden können. Sie umfassen ein Einnahmenpotential in der Grössenordnung von 105.5 (Variante A) bzw. 252 Mio. Fr. (Variante B). Zu Gruppe 1 zählen wir die Abfall-, Abwasser-, Wasser-, Kies-, Elektrizitätsabgabe (die rechtliche Machbarkeit vorausgesetzt) sowie die Motorfahrzeugsteuern. ❏ Zu Gruppe 2 gehören Abgaben, deren Einführung zwar lösbare, aber nicht unerhebli- che Probleme vollzugstechnischer oder rechtlicher Natur stellt. Die Grobschätzung des Potentials dieser Abgaben beträgt 96 bzw. 224 Mio. Fr. Zu Gruppe 2 gehören die Bodenversiegelungsabgabe, die kantonalen Parkplatzabgaben und die Emissionsabgabe bei Grossfeuerungen. ❏ Die Gruppe 3 umfasst schwierig zu realisierende Abgabetypen. Wir zählen dazu nur gerade die verschiedenen Formen von Strassenbenützungsabgaben (Vignette / Road Pricing), und dies wegen der angesprochenen rechtlichen Problematik. 4 Detailevaluation der Verwendungsmodelle Mit welchen Verwendungsmodellen können die Einnahmen aus den Umweltabgaben an die Bevölkerung und an die Wirtschaft zurückerstattet werden? In der ausführlichen Diskussion der verschiedenen Möglichkeiten von Steuersenkungen und direkter Rückerstattung in Anhang B sind folgende Verwendungsmodelle analysiert worden: 1 Die rechtlichen Anforderungen wurden einerseits von ECOPLAN, insbesondere aber von der Rechtsabteilung der Volkwirtschaftsdirektion geprüft. ECOPLAN Kurzfassung Bevölkerung / Haushalte Wirtschaft / Unternehmen Steuersenkungen: Steuersenkungen: K-9 – Reduktion der Einkommenssteuer für natür- – Reduktion der Gewinnsteuer für juristische liche Personen Personen – Reduktion der Kapitalsteuer für juristische Direkte Rückerstattung: Personen – Reduktion der Beiträge der Arbeitnehmer Direkte Rückerstattung: an die Sozialversicherungen – Rückerstattung einer Pauschale pro Kopf – Arbeitsplatzbonus: Auszahlung eines Pau- über die Krankenpflegeversicherung schalbetrags pro Arbeitsplatz – Verrechnung einer Pauschale pro Kopf mit – Lohnsummenbonus: Rückerstattung ge- der Steuerrechnung bzw. Auszahlung mäss AHV-Lohnsumme Unter Berücksichtigung verschiedener Beurteilungskriterien (z.B. Beitrag zur Verbesserung der Standortgunst, Sozialverträglichkeit vgl. Tabelle K-3 unten) kann der Schluss gezogen werden, dass für ein allfälliges System MUEK auf kantonaler Ebene drei Verwendungsmodelle in Frage kommen: – Steuersenkungen: Über eine Reduktion der Steueranlage werden alle direkten Staatssteuern wie z.B. die Einkommenssteuer für natürliche Personen oder die Gewinnsteuer für juristische Personen gesenkt. – Pauschale pro Kopf, die mit der Steuerrechnung verrechnet wird oder direkt ausbezahlt wird. – Lohnsummenbonus. Die Verwendungsmodelle wirken sich sehr unterschiedlich auf die beiden wichtigsten Beurteilungskriterien "Verbesserung der Standortgunst" und "Sozialverträglichkeit" aus. Falls beide Kriterien erfüllt werden sollen, drängt sich ein Mix von Verwendungsmodellen auf. In Tabelle K-3 werden vier denkbare Verwendungsvarianten aufgezeigt, die mit den Einnahmen aus den Umweltabgaben "finanziert" werden könnten. (2) Es ist es nicht möglich, aus wissenschaftlicher Sicht die "richtige" Verwendungsvariante auszuwählen. Die Wahl hängt davon ab, welches Gewicht den in Tabelle K-3 aufgeführten Beurteilungskriterien beigemessen wird. Bei der Wahl ist zu beachten, dass der Vollzugsaufwand steigt, wenn mehrere Verwendungsmodelle realisiert werden sollen. Der geringe Vollzugsaufwand einer Senkung der Steueranlage macht dieses Verwendungsmodell besonders attraktiv, umso mehr als es sowohl auf der Seite "Bevölkerung / Haushalte" als auch auf der Seite "Wirtschaft / Unternehmen " wirkt. Aus diesem Grund sollte u.E. eine Senkung der Steueranlage im Zentrum der Verwendungsseite stehen. Es muss politisch entschieden werden, ob und mit welchem Verwendungsmodell die Steueranlagensenkung kombiniert werden soll. Dabei wird zu bedenken sein, dass eine voll sozialverträgliche Ausgestaltung die Kompensationsmöglichkeiten für eine markante Standortgunstverbesserung schmälert (und umgekehrt). 2 Annahme: Alle Umweltabgaben der Gruppen 1 und 2 werden realisiert, die Abgabenhöhe entspricht der Variante B (vgl. Kapitel 3). Werden einzelne Abgaben gestrichen oder die Abgabensätze reduziert, resultieren natürlich geringere Einnahmen und damit auch geringere Kompensationsmöglichkeiten. ECOPLAN K - 10 Kurzfassung Tabelle K-3: Grobbeurteilung der Verwendungsvarianten VV1 bis VV4 Verwendungsvarianten: VV1 VV2 VV3 VV4 2 2 3 4 – Pauschale pro erwachsene Person in Fr. 145 0 145 0 – Pauschale pro Kind in Fr. 75 0 75 0 0.4% 0.8% 0 0 – Verbesserung Standortgunst + ++ + + – Sozialverträglichkeit + - + - – Verteilungsneutralität - + -- -- – Einfachheit (administrativer Aufwand) -- - + ++ – Flexibilität (Anpassung an Einnahmenschwankungen) ++ + ++ -- Ausgestaltung der einzelnen Verwendungsmodelle(3) – Senkung der Anlage in Steuerzehnteln – Lohnsummenbonus in % der AHV-Lohnsumme Beurteilungskriterien Legende zu Tabelle K-3: ++ = positive Wirkung/Beurteilung + = eher positive Wirkung/Beurteilung = eher negative Wirkung/Beurteilung -= negative Wirkung/Beurteilung 5 Zwischenfazit Nach der Analyse der technisch-praktischen, administrativen und rechtlichen Machbarkeit eines Systems MUEK kann ein positives Zwischenfazit gezogen werden: – Ein kantonales System MUEK würde im nationalen und internationalen Trend liegen und zumindest mittelfristig keinen bernischen Alleingang darstellen. – Auf kantonaler Ebene und im kantonalen Handlungsspielraum gibt es genügend praktikable Umweltabgaben mit einem ausreichend hohen Einnahmenpotential. – Ebenso sind auf kantonaler Ebene machbare Kompensationsmöglichkeiten vorhanden. Diese weisen sehr unterschiedliche Wirkungen auf. – Aus umweltpolitischer Sicht würde ein System MUEK einen Schritt in die richtige Richtung darstellen. 3 Ein Lesebeispiel zu Tabelle K-3: Bei Verwendungsvariante 1 (VV1) wird die Steueranlage um 2 Steuerzehntel gesenkt, eine Pauschale pro Kopf von Fr. 145.- für Erwachsene und Fr. 75.- für Kinder an die Bevölkerung zurückerstattet (vgl. dazu Abschnitt 6.2 unten) und den Unternehmen ein Lohnsummenbonus von 0.4% auf der AHV-pflichtigen Lohnsumme gewährt. ECOPLAN Kurzfassung 6 K - 11 Wirtschaftliche Auswirkungen Welche Auswirkungen sind zu erwarten, wenn im Kanton Bern ein System MUEK realisiert würde? Dieser Frage wird in der Machbarkeitsstudie auf vier Ebenen nachgegangen: – Auswirkungen auf die verschiedenen Branchen – Soziale Verteilungseffekte – Regionalwirtschaftliche Aspekte – Gesamtwirtschaftliche Effekte 6.1 Auswirkungen auf die Branchen Anhand verfügbarer Daten ist die Abgabenbelastung für die verschiedenen Branchen pro Arbeitsplatz und in % des Umsatzes ermittelt worden. Die Datenbasis war teilweise recht dünn, so dass verschiedentlich Annahmen getroffen werden mussten. Wenn auch bei einzelnen Abgaben relativ grosse Unsicherheiten - vor allem bei der Aufteilung auf die verschiedenen Branchen - bestehen, vermag die Gesamtschau u.E. ein gutes und umfassendes Bild zu geben. Es ist allerdings festzuhalten: Die wiedergegebenen Belastungen sind durchschnittliche Branchenbelastungen - einzelne Betriebe können stark über oder unter dem Branchendurchschnitt liegen. Die Ergebnisse der Analyse in der Machbarkeitsstudie lauten: ❏ Durchschnittliche Belastung pro Arbeitsplatz: Ohne Berücksichtigung der einnah- menseitigen Kompensation ergeben sich durch die Umweltabgaben von MUEK in den einzelnen Wirtschaftssektoren Belastungen pro Arbeitsplatz (AP) in folgenden Grössenordnungen: Variante A Variante B – Landwirtschaft 50 Fr./AP 135 Fr./AP – Industrie/Gewerbe 250 Fr./AP 690 Fr./AP – Dienstleistungen 180 Fr./AP 470 Fr./AP ❏ Durchschnittliche Belastung in Prozent des Umsatzes: Wird die Belastung durch die Umweltabgaben in % des Umsatzes ermittelt, ergeben sich folgende Ergebnisse: Variante A Variante B – Landwirtschaft 0.04 % 0.10 % – Industrie/Gewerbe 0.11 % 0.31 % – Dienstleistungen 0.11 % 0.30 % ❏ In einzelnen Branchen und Unternehmen ist die Belastung derart hoch, dass ein Er- mässigungsmodell eingeführt werden muss(4): Wenn die Abgabenbelastung einen gewissen Schwellenwert übersteigt, ermässigt sich der darüber liegende Anteil um 4 Dieses Ermässigungsmodell wird heute in Zusammenhang des Abwasser- und Abfallfonds angewandt. ECOPLAN K - 12 Kurzfassung 90%. Für unsere Abklärungen wurden die Schwellenwerte auf 1'000 Fr. (Variante A) und auf 2'000 Fr. pro Arbeitsplatz (Variante B) festgelegt. Bisher wurde vernachlässigt, dass die Einnahmen aus den Umweltabgaben nicht an den Staat fliessen sondern zurückerstattet werden sollen. Unter Berücksichtigung der einnahmenseitigen Kompensation ergibt sich als Ergebnis das in Grafik K-4 wiedergegebene Bild der "Gewinner-" und "Verlierer-Branchen". Grafik K-4: "Gewinner-" und "Verlierer"-Branchen - NettoAbgabenbelastung Variante A "Gewinner" -200 0 Variante B "Verlierer" Fr./Arbeitsplatz 200 400 600 800 1000 "Gewinner" -500 0 Fr./Arbeitsplatz 500 1000 "Verlierer" 1500 2000 Landwirtschaft Elektrizität Gas/Wasser Nahrung/Getränke Textil Bekleidung Holz/Sägereien Karton-, Papierprod. Papierverarbeitung Druck/Grafik Chemie Kunststoff Steine und Erden Metallurgie Giesserein/Alu Maschinen Elektrotechnik Bijouterie Baugewerbe Grosshandel Detailhandel Gastgewerbe Eisenbahnen Transport Telekommunikation Banken/Versich. Übrige Dienstleistung Schulen/Kultur/Sport Gesundheitswesen Bund/Kanton/G'den Aus der Grafik kann - kurz zusammengefasst - folgendes Fazit gezogen werden: "Gewinner" eines solchen MUEK-Systems wäre der tertiäre Sektor. Rund 20% der Beschäftigten (bzw. deren Firmen) werden schlechter gestellt, während 80% davon profitieren. Kritisch wird es für die import- bzw. exportsensiblen Branchen Nahrung/Getränke, Steine und Erden und Giessereien (zusammen rund 15'000 Beschäftigte), die heute schon eine schwache Wettbewerbsposition aufweisen. ECOPLAN Kurzfassung 6.2 K - 13 Soziale Verteilungseffekte Wie wirken sich die Umweltabgaben auf die Haushalte aus? Wie stark werden "ärmere" und "reichere" Haushalte belastet? Ausgehend von der Verbrauchserhebung für die Schweiz ist die Abgabenbelastung in den "ärmeren" und "reicheren" Haushalten abgeleitet worden. Die Auswertung hat gezeigt, dass für die Haushalte die Abgabe auf öffentlichen Parkplätzen die bedeutendste Abgabe ist, gefolgt von der Versiegelungsabgabe. Einen relativ geringen Anteil machen Wasser- und Feuerungsabgabe aus. Um die sozialen Verteilungseffekte etwas genauer darzustellen, drängt sich ein Vergleich der Abgabenbelastung mit dem Einkommen der Haushalte auf. Dieser Frage wurde anhand von "Modellhaushalten" nachgegangen. Tabelle K-5 fasst die Ergebnisse der Berechnungen für die verschiedenen "Modellhaushalte" zusammen (Annahme: Variante B bei den Umweltabgaben). In Tabelle K-5 ist die einnahmenseitige Kompensation nicht berücksichtigt. Tabelle K-5: "Modellhaushalte": Einkommen und Abgabenbelastung (Variante B) Verheiratetes Ehepaar mit 2 Kindern Einkommen Fr./Jahr Abgabenbelastung Fr./Jahr Abgabenbelastung in % des Einkommens Einpersonenhaushalt Einkommen Fr./Jahr Abgabenbelastung Fr./Jahr Abgabenbelastung in % des Einkommens "armer" Haushalt Durchschnittshaushalt "reicher" Haushalt 35'000 66'000 120'000 435 595 725 1.2% 0.9% 0.6% "armer" Haushalt 15'000 145 0.9% Die Berechnungen zeigen, dass bei den "ärmeren" Haushalten die Abgabenbelastung über 1% vom Einkommen in Anspruch nimmt, währenddem sie bei den "reicheren" Haushalten viel weniger ins Gewicht fällt. Aus der Sicht der Sozialverträglichkeit ist folgender Punkt zu beachten: Will man die "ärmeren" Haushalte zumindest nicht schlechter stellen als heute, so ist ihnen mindestens 145 Fr./Erwachsenem und 75 Fr./Kind zurückzuerstatten. Diese Rückerstattung ist nur mit dem Verwendungsmodell "Pauschale pro Kopf" realisierbar. Von einer Steuersenkung profitieren die ärmsten Haushalte nicht, da sie gar keine oder vernachlässigbar tiefe Steuern bezahlen. ECOPLAN K - 14 6.3 Kurzfassung Regionale Verteilungseffekte Wie werden die verschiedenen Teilräume und Regionen des Kantons Bern durch ein System MUEK tangiert? Ergeben sich durch MUEK massive Umverteilungen zwischen den Regionen? Die Analyse zeigt folgende Ergebnisse: ❏ Unternehmensseite: – Die Abgabenbelastung pro Beschäftigtem liegt in den Voralpenregionen Oberes Emmental, Gürbe-, Aare- und Kiesental sowie im Schwarzwasser aufgrund des relativ hohen Anteils an Landwirtschaft (gehört zu den "Gewinner"-Branchen) unter dem kantonalen Mittelwert. – Nur gerade das Oberland-Ost liegt deutlich (rund 22%) über dem kantonalen Mittelwert; dies in erster Linie aufgrund der stark vertretenen Tourismusbranche. – Die restlichen Regionen liegen in etwa im kantonalen Mittel. ❏ Haushaltsseite: – Die pro-Kopf-Abgabenbelastung liegt nur in der Region Bern unter dem kantonalen Mittel. – Die restlichen Regionen liegen bis zu rund 18% über dem kantonalen Mittelwert. Grosse Unterschiede in der regionalen Abgabenbelastung bestehen nicht. Allenfalls kann für das Oberland-Ost eine gewisse Benachteiligung festgestellt werden, da die Abgabenbelastung sowohl auf der Wirtschafts- als auch auf der Haushaltsseite über dem kantonalen Mittel liegt. Wird zusätzlich die einnahmenseitige Kompensation berücksichtigt, können folgende Schlussfolgerungen gezogen werden: – Es gibt regionale Umverteilungen im Rahmen eines Systems MUEK. Die Umverteilungen halten sich aber im Rahmen. Die maximalen "Gewinner-" oder "Verlierer"-Regionen werden nie mehr als rund 130 Fr. pro Kopf besser bzw. schlechter gestellt. – Die Umverteilung ist stark vom gewählten Verwendungsmodell abhängig. Während bei der Pauschale pro Kopf die "ärmeren" Regionen (Schwarzwasser, Oberes Emmental, Gürbe-, Aare-, Kiesental) profitieren, sind es im MUEK-System mit Steuerreduktion oder Lohnsummenbonus die urbanen "reicheren" Regionen (insbesondere Bern, aber auch Biel). – Sollen die regionalen Umverteilungswirkungen minimiert werden, so wäre eine Kombination zwischen Pauschale pro Kopf und dem Lohnsummenbonus bzw. der Steuerreduktion zu wählen. 6.4 Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen Die Abschätzung der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen einer allfälligen Realisierung des Konzeptes MUEK auf kantonaler Ebene erfolgte anhand von vier Fragestellungen: – Steigert das System MUEK die Effizienz und die Wohlfahrt? – Welche Wirkungen hat das System MUEK auf den Strukturwandel? ECOPLAN Kurzfassung K - 15 – Verbessert sich die Standortgunst des Wirtschaftsraumes Kanton Bern, wenn das System MUEK realisiert wird? – Schafft das System MUEK Anreize zu Innovationen oder baut es neue Hemmnisse auf? a) Auswirkungen auf Effizienz und Wohlfahrt Die Auswirkungen wurden mit einem gesamtschweizerischen Allgemeinen Gleichgewichtsmodell abgeschätzt. Obwohl im Modell bernspezifische Anpassungen vorgenommen wurden, können aus dieser Analyse nur Trendaussagen über die Wirkungsrichtung und über die Grössenordnung der Wohlfahrtseffekte abgeleitet werden. Diese Trendaussagen lauten wie folgt: – Wohlfahrtsgewinne lassen sich in erster Linie mit dem Verwendungsmodell "Steuerreduktion" erzielen. Diese werden noch verstärkt, wenn die Umweltabgaben zu einer Abnahme der Folgekosten der Umweltbelastung führen. Weil diese Kosten in aller Regel nicht von den Verursachern der Umweltbelastung (z.B. Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer) getragen werden, werden sie "externe Kosten" genannt. – Der "Lohnsummenbonus" schneidet schlechter ab, könnte aber bei Berücksichtigung der externen Kosten auch zu leichten Wohlfahrtsgewinnen führen. – Aus der Sicht der Wohlfahrt ist die Rückerstattung der Einnahmen aus den Umweltabgaben über eine Pauschale pro Kopf am schlechtesten zu bewerten. – Die Grössenordnungen der Wohlfahrtsgewinne - ohne Berücksichtigung der externen Kosten - bewegen sich zwischen - 40 bis + 30 Mio. Fr., sind also relativ bescheiden. Damit wird auch deutlich, dass andere auf internationaler und nationaler Ebene ablaufende Entwicklungen und Veränderungen (z.B. weitergehende Globalisierung und Liberalisierung der Märkte, Wechselkursschwankungen) die Wohlfahrt im Kanton Bern weit stärker beeinflussen werden als eine allfällige Realisierung des Konzeptes MUEK. Berücksichtigt man die zu erwartenden Reduktionen der externen Kosten aufgrund der verbesserten Umweltsituation und den technischen Fortschritt, so dürfte ein System MUEK zu Wohlfahrtsgewinnen führen. Am höchsten sind diese Gewinne, wenn die Einnahmen aus den Umweltabgaben über Steuersenkungen zurückerstattet werden, am geringsten, wenn die Pauschale pro Kopf realisiert wird. b) Auswirkungen auf den Strukturwandel Die Analyse der Auswirkungen auf den Strukturwandel konzentriert sich auf die Frage, ob mit einem System MUEK der Branchenstrukturwandel beschleunigt oder gehemmt wird. Eine Antwort auf diese Frage kann durch eine Gegenüberstellung von künftigen Wachstumsbranchen gemäss Perspektivarbeiten für die Bundesverwaltung und der Abgabenbelastung der Branchen gegeben werden (vgl. Grafik K-6). ECOPLAN K - 16 Kurzfassung Grafik K-6 macht deutlich, dass ein System MUEK den prognostizierten Strukturwandel unterstützt (Ausnahmen: Chemie, Landwirtschaft und Bekleidungsindustrie): Branchen mit hohen prognostizierten Wachstumsraten gehören zu den "Gewinnern" eines Systems MUEK. Grafik K-6: Wachstumsbranchen und Abgabenbelastung / "Gewinner"- und "Verlierer"-Branchen Wachstumsrate 1993 bis 2005 / Abgabebelastung in % BPW -1.0% -0.5% 0.0% 0.5% 1.0% 1.5% 2.0% 2.5% 3.0% "Gewinner" 3.5% 4.0% -500 0 Fr./Arbeitsplatz 500 "Verlierer" 1'000 1'500 Chemie Maschinen/Fahrzeuge Gesundheitswesen Elektrotechnik Graphisches Gewerbe Kunststoff Baugewerbe Übrige DL (ohne öff. Hand) Banken/Versicherung Verkehr und Nachrichten Bijouterie Holz/Möbel Elektrizität/Gas/Wasser Handel Metallindustrie Textil Papierindustrie Gastgewerbe Steine und Erden Nahrung/Getränke Landwirtschaft Bekleidung Wachstumsrate von 1993 bis 2005 Abgabebelastung in % BPW Fr./Arbeitsplatz Zusätzlich verstärkt sich die Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitskräften, da die Wachstumsbranchen einen überdurchschnittlichen Bedarf an solchen Arbeitskräften aufweisen. Mit dem Strukturwandel sind aber auch Anpassungskosten verbunden: Die Reallokation von Arbeitskräften und Kapital zwischen Unternehmen und Branchen wird nicht friktionslos verlaufen. Und: Es kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass die Einbussen in den schrumpfenden strukturschwachen Branchen durch die wachsenden strukturstarken Branchen wettgemacht werden. Insofern stellt MUEK nicht nur eine Chance für den Kanton Bern dar, sondern weist auch gewisse Risiken auf. ECOPLAN Kurzfassung K - 17 c) Auswirkungen auf die Standortattraktivität Welche Auswirkungen sind von einem System MUEK auf die Standortgunst des Wirtschaftsraumes Kanton Bern zu erwarten? Tabelle K-7 zeigt, wie die in einer Umfrage unter Unternehmen ermittelten Standortfaktoren durch das System MUEK beeinflusst werden. Dabei wird zwischen den Verwendungsmodellen "Steuersenkung" und "Lohnsummenbonus" unterschieden. Die "Pauschale pro Kopf" wird nicht berücksichtigt, da ihr Einfluss auf die Standortgunst sehr gering ist. Tabelle K-7: Beeinflussung der Standortfaktoren gemäss BAK-Studie durch das System MUEK Rang Durch MUEK positiv beeinflusst Einnahmenverwendung QUA BED HB Steuersen- Lohnsum- kung menbonus Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften 25. 1. 2. ++ Preis/Leistung von hochqualifizierten Arbeitskräften 24. 2. 3. + Preis/Leistung von Arbeitskräften mit guter Ausbildung 29. 5. 3. Steuerbelastung für hochqualifizierte Arbeitskräfte 37 16 5. +++ Steuerbelastung für Unternehmen 20. 4. 8. + Verfügbarkeit von Arbeitskräften mit guter Ausbildung 15. 6. 13. + Preis/Leistung von Arbeitskräften ohne spezielle Ausbild. 21. 25. 20. Verfügbarkeit von Arbeitsflächen 11. 23. 25. + + Lebensqualität in der Region 1. 9. 23. + + Qualität des öffentlichen Verkehrs 7. 30. 37. + + Vorausseh-/Berechenbarkeit des rechtlich-polit. Umfelds 22. 12. 11. +/- +/- Situation des privaten Verkehrs 26. 28. 20. +/- +/+/- ++ ++ ++ Durch MUEK positiv oder negativ beeinflusst 34. 18. 9. +/-(5) Kosten von Arbeitsflächen 32. 19. 12. - - Energiekosten 27. 24. 17. -- -- Aufwand für die Einhaltung von Umweltvorschriften Durch MUEK negativ beeinflusst Quelle: BAK QUA: Qualität der Standortfaktoren BED: Bedeutung der Standortfaktoren HB: Handlungsbedarf Die wichtigsten Schlussfolgerungen aus Tabelle K-7 lauten: ❏ MUEK verbessert Standortfaktoren, die einen hohen Handlungsbedarf aufweisen. ❏ Je nach Ausgestaltung der Verwendungsseite von MUEK werden unterschiedliche Standortfaktoren positiv beeinflusst: 5 Kurz- bis mittelfristig: negative Auswirkungen, langfristig: positive Auswirkungen. ECOPLAN K - 18 Kurzfassung – MUEK mit Steuerreduktion: Die Steuerbelastung für hochqualifizierte Arbeitnehmer wird sinken. Die Folge davon: Die Verfügbarkeit dieser Arbeitskräfte steigt. Dies ist eine der wichtigsten positiven Auswirkungen eines System MUEK mit Steuerreduktion. Dies vor allem darum, weil der künftige Branchenstrukturwandel zu einer vermehrten Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitskräften führen wird. Als zusätzlicher Nebeneffekt wird die schon heute tiefe Unternehmensbesteuerung weiter abnehmen. – MUEK mit Lohnsummenbonus: Bei diesem Verwendungsmodell wird in erster Linie das Preis/Leistungsverhältnis der Arbeit verbessert. ❏ Wir schätzen, dass die Verfügbarkeit von Arbeitsflächen, die Lebensqualität im Kanton und die Qualität des regionalen öffentlichen Verkehrs durch MUEK positiv beeinflusst werden. ❏ Eine Standortverschlechterung wird insbesondere bei den Kosten von Arbeitsflächen und den Energiekosten eintreten. Diese Standortfaktoren werden aber als weniger bedeutend eingestuft als jene, die durch MUEK verbessert werden. Es ist weiter denkbar, dass MUEK aufgrund der Wirkung der Umweltabgaben mittel- bis längerfristig zu einer schlankeren und damit billigeren Infrastruktur v.a. im Bereich von Entsorgungsaufgaben führt, was seinerseits den Wirtschaftsstandort Kanton Bern attraktiver macht. d) Auswirkungen auf das Innovationsverhalten Die Abschätzung der Auswirkungen eines Systems MUEK auf das Innovationsverhalten erfolgt anhand des Erklärungsmodells für die Innovationstätigkeit in der schweizerischen Wirtschaft der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF). Das Erklärungsmodell unterscheidet zwischen Innovationsdeterminanten und Innovationshemmnissen. Die Gegenüberstellung der positiven Wirkungen auf die Innovationsdeterminanten und der Wirkungen auf die Innovationshemmnisse hat folgendes Bild ergeben: ❏ Das System MUEK kann Innovationsimpulse auslösen, indem es einzelnen Innova- tionsdeterminanten positiv beeinflusst: Es sind dies eine günstigere Nachfrageperspektive sowie der Anreiz zur Nutzung von firmenexternem Wissen und zum Eingehen vermehrter Kooperation. U.E. darf der Einfluss des Systems MUEK aber nicht überschätzt werden. ❏ Positiv zu vermerken ist, dass vor allem Innovationen zugunsten einer umweltscho- nenderen Produktion und Verhaltensweisen ausgelöst werden. Das System MUEK leistet damit einen wichtigen Beitrag zu einem ökologischen Strukturwandel. ❏ MUEK baut wichtige Innovationshemmnisse ab. Dies betrifft insbesondere die sin- kende Steuerbelastung und damit verbunden die tendenziell vereinfachte Rekrutierung von qualifiziertem Personal. Mit zusätzlichen Innovationshemmnissen oder mit einer Verstärkung bisheriger Innovationshemmnisse ist allenfalls bei Betrieben, die durch die Abgaben stark betroffen sind, zu rechnen. Bei diesen Betrieben verknappen die Abgaben u.U. die nötigen finanziellen Mittel zur Finanzierung von Innovationsvorhaben. ECOPLAN Kurzfassung K - 19 e) Flankierende Unterstützungsmassnahmen Die obigen Ausführungen haben gezeigt, dass eine allfällige Umsetzung von MUEK neben Chancen auch Risiken in sich birgt. Unseres Erachtens können diese Risiken von MUEK nicht vernachlässigt werden. Bei einer Realisierung von MUEK sollte deshalb angestrebt werden, mit "flankierenden Unterstützungsmassnahmen" die Risiken zu mindern. Stichworte zu Möglichkeiten von Massnahmen bzw. Strategien, die unserer Ansicht nach die Risiken von MUEK vermindern und die Chancen erhöhen, sind: – schrittweise Umsetzung (vgl. unten Kapitel 7) – Einbettung in eine umfassende wirtschaftspolitische, marktwirtschaftlich ausgerichtete Strategie – soweit möglich dank MUEK auf künftige oder sogar bestehende Gebote und Verbote im Umweltschutz verzichten – Verkürzung der Wege zwischen Forschung, Entwicklung und Produktion/Prozess (z.B. durch Massnahmen im Bereich Technologietransfer) – Aufbau eines Umweltberatungs-Angebots für stark betroffene Unternehmen – Prüfung und allenfalls Förderung von Contracting-Lösungen – verstärkte Anstrengungen im Bereich Umwelt-Management-System und Umwelt-Auditing. 7 Aspekte einer Umsetzungsstrategie Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wäre es verfrüht, bereits eine Umsetzungsstrategie für MUEK aufzeigen zu wollen. Die notwendigen politischen Diskussionen, Beurteilungen und Weichenstellungen müssen erst noch erfolgen, bevor ein allfällige Umsetzung von MUEK eingeleitet werden kann. In jedem Fall werden folgende Aspekte zu beachten sein: ❏ Beurteilung aus einer politischen Gesamtsicht Eine allfällige Umsetzung MUEK erfordert einen intensiven und langen politischen Dialog. Die Durchführung des zweiten Workshops im Rahmen des Projekts stellt im besten Fall einen ersten Einstieg in diesen Prozess dar. ❏ Einbettung in die kantonale Politik MUEK wird in die übrigen Aktionsfelder und Strategien der kantonalen Politik einzubetten sein, damit negative Auswirkungen von MUEK auf die übrige kantonale Politik ausgeschlossen werden können. ❏ Prioritäre Haushaltsanierung MUEK wird in jedem Fall erst nach erfolgter Haushaltsanierung umgesetzt werden können. ❏ Schrittweise Einführung Falls MUEK im Kanton Bern dereinst realisiert werden soll, wäre eine schrittweise Einführung (z.B. zuerst die Abgaben der Gruppe 1 aus Kapitel 3 mit tiefen Abgabensätzen ECOPLAN K - 20 Kurzfassung realisieren, dann etappenweise die Abgabensätze erhöhen und zusätzlich Abgaben aus Gruppe 2 einzuführen) anzustreben, und dies vor allem aus zwei Gründen: – Zum einen ist ein solches Vorgehen "fehlerfreundlich". Unerwünschte Entwicklungen können frühzeitig erkannt werden, Korrekturen sind einfacher möglich. – Zum andern ermöglicht dieses Vorgehen den Unternehmen eine frühe Antizipation der in Aussicht gestellten Einführung weiterer Abgaben bzw. Erhöhung von Abgabensätzen, was tendenziell zu einer Abnahme der Anpassungskosten führt. 8 Schlussfolgerungen Welches sind die wichtigsten Erkenntnisse aus der vorliegenden Machbarkeitsstudie? Wie lauten die Antworten auf die beiden zentralen Fragestellungen aus Kapitel 1? (6) ❏ Ist ein System von marktwirtschaftlichen Umweltinstrumenten mit einnahmenseitiger Kompensation auf kantonaler Ebene überhaupt machbar? ❏ Kann mit einem solchen System ein Beitrag zur Verbesserung der Standortgunst des Wirtschaftsraumes Kanton Bern bzw. seiner Wirtschaftskraft erreicht werden, ohne dass schwerwiegende Umverteilungen resultieren? Die erste Frage wurde im Zwischenfazit (Kapitel 5) beantwortet: Die technisch-praktische, administrative und rechtliche Machbarkeit eines Systems MUEK auf kantonaler Ebene kann bejaht werden. Zudem würde MUEK aus umweltpolitischer Sicht einen Schritt in die richtige Richtung darstellen, da es die Marktkräfte vermehrt in den Dienst des Umweltschutzes stellt. Die Beantwortung der zweiten Frage ist schwieriger. Trotz der grundsätzlich positiven Ergebnisse der Auswirkungsanalyse ist zu beachten, dass die Einführung von MUEK nicht nur Chancen sondern auch Risiken in sich birgt. Die Risiken liegen vor allem im prognostizierten Strukturwandel, aber auch in der eher ungünstigen Ausgangslage des Kantons Bern. Bei der Einstufung der Risiken ist allerdings zu beachten, dass andere auf internationaler und nationaler Ebene ablaufende Entwicklungen und Veränderungen die bernische Wirtschaft weit stärker herausfordern werden, als es eine Umsetzung des Konzeptes MUEK tun würde. Angesichts dieser Tatsache und angesichts der Möglichkeit, MUEK im Rahmen einer umfassenden wirtschaftspolitischen Strategie zusammen mit flankierenden Umsetzungsmassnahmen zu realisieren, stellt MUEK u.E. trotz der Risiken ein zukunftsträchtiges Konzept dar. 6 Nicht zu beantworten war die Frage der politischen Realisierbarkeit des Konzeptes MUEK. ECOPLAN Inhaltsverzeichnis I Inhaltsverzeichnis Kurzfassung ...................................................................................K - 1 Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................. I Abkürzungsverzeichnis....................................................................................................... III 1 Einleitung..................................................................................... 1 1.1 Umfeld und Auftrag ................................................................................................... 1 1.2 Vorgehen.................................................................................................................... 2 1.3 Aufbau der Machbarkeitsstudie ................................................................................. 2 1.4 Projektorganisation und Dank .................................................................................... 3 2 Überblick: "state of the art" ....................................................... 4 2.1 Zur Terminologie ........................................................................................................ 4 2.2 Erfahrungen und Pläne ausserhalb des Kantons Bern ............................................... 5 2.3 2.2.1 Bestrebungen in Europa................................................................................. 5 2.2.2 Bestrebung in der Schweiz ............................................................................ 8 2.2.3 Bestrebungen im Kanton Bern ..................................................................... 11 Ziele und Grundsätze eines Umweltabgaben-Systems mit einnahmenseitiger Kompensation im Kanton Bern ................................................................................ 14 3 Detailevaluation der Umweltabgaben .................................... 16 3.1 Einleitung ................................................................................................................. 16 3.2 Zusammenfassung der Detailevaluation.................................................................. 17 3.3 3.2.1 Ausgestaltung und Einnahmenpotential ...................................................... 17 3.2.2 Praktikabilität und Vollzugsaufwand ............................................................. 20 3.2.3 Rechtliche Anforderungen............................................................................ 23 3.2.4 Auswirkungen auf Unternehmen und Haushalte (erste Hinweise) .............. 25 3.2.5 Umweltaspekte: Handlungsbedarf, Koordination, Wirkung ......................... 25 Schlussfolgerungen ................................................................................................. 26 ECOPLAN II Inhaltsverzeichnis 4 Detailevaluation der Verwendungsmodelle ........................... 28 4.1 Einleitung.................................................................................................................. 28 4.2 Zusammenfassung der Detailevaluation .................................................................. 29 4.3 Schlussfolgerungen.................................................................................................. 33 5 Zwischenfazit............................................................................. 39 6 Wirtschaftliche Auswirkungen................................................. 43 6.1 Einleitung und Methodik .......................................................................................... 43 6.2 Auswirkungen auf die Branchen .............................................................................. 44 6.2.1 Abgabebelastung in den Branchen (ohne Ermässigungsmodell) ................. 44 6.2.2 Ermässigungsmodell für stark betroffene Branchen .................................... 70 6.2.3 "Gewinner"- und "Verlierer"-Branchen (mit Ermässigungsmodell) ................. 72 6.3 Soziale Verteilungseffekte........................................................................................ 74 6.4 Regionale Verteilungseffekte ................................................................................... 76 6.5 Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen ..................................................................... 80 6.5.1 Steigert MUEK die Effizienz und Wohlfahrt? ................................................ 81 6.5.2 Beschleunigt MUEK den Branchenstrukturwandel?..................................... 88 6.5.3 Steigert MUEK die bernische Standortattraktivität? ..................................... 91 6.5.4 Fördert MUEK Innovationen? ....................................................................... 99 6.5.5 Chancen / Risiken von MUEK und flankierende Massnahmen .................. 104 7 Aspekte einer Einführungsstrategie ...................................... 109 8 Schlussfolgerungen................................................................. 110 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben ................................. A - 1 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle........... B - 1 Anhang C: Arbeitsbereiche/Arbeitsgruppen im Umfeld.......... C - 1 Quellenverzeichnis ....................................................................... Q - 1 ECOPLAN Inhaltsverzeichnis III Abkürzungsverzeichnis ADT Sachplan "Abbau, Deponie, Transporte" AGR Amt für Gemeinden und Raumplanung AP Arbeitsplatz ARA Abwasserreinigungsanlage ASP Anschlussprogramm zur Haushaltsanierung des Kantons Bern ATAL Amt für technische Anlagen und Lufthygiene des Kantons Zürich AWD Dekret über die Fondsbeiträge an die Abwasser- und Abfallentsorgung sowie die Wasserversorgung BG-Modell Berechenbares Gleichgewichtsmodell BKW Bodenkennwert BPW Bruttoproduktionswert BUWAL Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft BV Bundesverfassung CO2 Kohlendioxid CSB Chemischer Sauerstoffbedarf DGVE Dünge-Grossvieheinheit DL Dienstleistungsbranche, -unternehmen EU Europäische Union FES Schweizerischer Städteverbnand / Fachorganisation für Entsorgung und Strassenunterhalt Fr. / a Franken pro Jahr FSK Fachverband für Sand und Kies Fz. Fahrzeug GJ Gigajoule GSA Amt für Gewässerschutz und Abfallwirtschaft GSchG Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer HH Haushalte IKST Interkantonale Kommission für den Strassenverkehr KEBAG Kehrichtbeseitigungs-AG Emmenspitz Zuchwil KIGA Kantonales Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit KKW Kernkraftwerk KV Kantonsverfassung KVA Kehrichtverbrennungsanlage kWh Kilowattstunde LHG Gesetz zur Reinhaltung der Luft des Kantons Bern (Lufthygienegesetz) LRV Luftreinhalte-Verordnung LW Lastwagen MFZ Motorfahrzeug ECOPLAN IV Inhaltsverzeichnis MIV Motorisierter Individualverkehr MJ Megajoule MUEK Marktwirtschaftliche Umweltinstrumente mit einnahmenseitiger Kompensation MW Megawatt NOx Stickoxid ÖV Öffentlicher Verkehr PP Parkplatz PW Personenwagen RAVEL Rationelle Verwendung von Elektrizität, Impulsprogramm des Bundesamtes für Konjunkturfragen SGZZ St. Galler Zentrum für Zukunftsforschung SO2 Schwefeldioxid StG Kantonales Steuergesetz StHG Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 STZ Steuerzehntel SVGW Schweizerischer Verein des Gas- und Wasserfaches TJ Terajoule TOC Total organic carbon (totaler organischer Kohlenstoff) TVA Technische Verordnung über Abfälle URP Umweltrecht in der Praxis (Zeitschrift der Vereinigung für Umweltrecht) USG Bundesgesetz über den Umweltschutz VE90 Verbrauchserhebung 1990 VOC Volatile organic compounds (flüchtige Kohlenwasserstoffe) VOKOS Vollzugskonzept Siedlungsentwässerung VSA Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute VV Verwendungsvariante WEA Wasser- und Energiewirtschaftsamt des Kantons Bern WNG Wassernutzungsgesetz ECOPLAN 1 Einleitung 1 Einleitung 1.1 Umfeld und Auftrag 1 Im Kanton Bern hat der Regierungsrat im Februar 1992 den Bericht "Marktwirtschaftliche Instrumente in der kantonalen Umweltpolitik - Grundzüge und Möglichkeiten" verabschiedet. Parallel dazu wurde eine breite Evaluation aller Instrumente in der Luftreinhaltung durchgeführt.(1) In der Zwischenzeit konnten - beschleunigt durch die finanzpolitische Situation - verschiedene Abgaben bereits der parlamentarischen Beratung zugeführt werden (z.B. Wasserfonds, Abfallfonds, Abwasserfonds), andere sind vorerst gescheitert (z.B. Kiesabgabe, Energiegebühr). Die bisherigen Abgaben sind allesamt primär Finanzierungsabgaben: sie dienen der Mittelbeschaffung für staatliche Beiträge, die bisher aus Steuern finanziert wurden. Eigentliche Lenkungsabgaben wurden bisher nicht realisiert. Ebensowenig wurde auch versucht, Umweltabgaben über die Finanzierung von Umweltschutzmassnahmen als Finanzquelle für den Staat unter gleichzeitiger Reduktion herkömmlicher Steuern einzusetzen. Auf nationaler und internationaler Ebene hat sich die Diskussion um Umweltabgaben und Einnahmenverwendungsmodellen weiter entwickelt(2), auch wenn die politische Realisierung (Lenkungsabgaben in der USG-Revision, CO2-/Energieabgabe, Studien zu Abfall- und Abwasserabgaben) nicht überall gleich weit gediehen ist. Nach wie vor stehen aber neben nationalen und internationalen Instrumenten auch kantonale Instrumente zur Diskussion, da sie sich - wie das Beispiel des Kantons Bern zeigt - teilweise rascher realisieren lassen. Die Hauptfrage, die sich in dieser Ausgangslage stellt, lautet: Welche weiteren Potentiale bieten Umweltabgaben auf kantonaler Ebene, sei es zur Finanzierung und/oder Lenkung im Umweltschutz, sei es in einem grösseren System von marktwirtschaftlichen Umweltinstrumenten mit einnahmenseitiger Kompensation. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die Standortgunst des Wirtschaftsraumes Kanton Bern bzw. die Wirtschaftskraft des Kantons Bern durch eine Steuersenkung erhöht werden kann, die über Umweltabgaben kompensiert wird. In einer Vorstudie im Auftrag der Koordinationsstelle für Umweltschutz wurde untersucht, ob sich die vertiefte Abklärung der oben genannten Frage für den Kanton Bern lohnen könnte. Die Ergebnisse und Vorschläge der Vorstudie vom 13. April 1994 wurden am 26. August 1994 im Rahmen eines Workshops mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung diskutiert. Im Anschluss an die Auswertung des Workshops hat der Regierungsrat des Kantons Bern ECOPLAN beauftragt, die vorliegende Machbarkeitsstudie auszuarbeiten. 1 ECOPLAN (1991), Marktwirtschaftliche Instrumente zur Luftreinhaltung im Kanton Bern. 2 Vgl. z.B. OECD (1994), Managing the environment - The role of economic instruments, UBA (1994), Umweltabgaben in der Praxis oder ECOPLAN (1993), Umweltabgaben in Europa. ECOPLAN 2 1 Einleitung Der Name "Machbarkeitsstudie" macht deutlich, dass mit der vorliegenden Untersuchung Antworten auf die Fragen gegeben werden sollen, ob ein System von marktwirtschaftlichen Umweltinstrumenten und einnahmenseitigen Kompensationen ("System MUEK") auf kantonaler Ebene sinnvoll und vor allem ob ein solches System grundsätzlich machbar ist. Die politische Diskussion der Wünschbarkeit eines solchen Systems wird in einer nächsten Phase erfolgen müssen. 1.2 Vorgehen Die Ausarbeitung der Machbarkeitsstudie erfolgte in drei Teilschritten: ❏ Im ersten Teilschritt stand die Abklärung der technisch-praktischen, administrativen und rechtlichen Machbarkeit eines Umweltabgaben-Systems mit einnahmenseitiger Kompensation auf kantonaler Ebene im Vordergrund. Ergebnis des ersten Teilschritts war der Zwischenbericht vom 20. April 1995. Dieser Zwischenbericht wurde an einer Sitzung der Begleitgruppe ausführlich diskutiert. ❏ In einem zweiten Schritt standen einzelne Vertiefungen von Themen aus dem ersten Teilschritt sowie die Analyse der wirtschaftlichen und verteilungspolitischen Auswirkungen eines solchen Umweltabgaben-Systems im Vordergrund. Resultat des zweiten Teilschritts waren die beiden Arbeitspapiere "Vertiefende Abklärungen" und "Wirtschaftliche Auswirkungen" vom 13. September 1995. Der zweite Teilschritt wurde mit der Begleitgruppensitzung vom 20. September 1995 abgeschlossen. ❏ Basierend auf den von ECOPLAN erarbeiteten Unterlagen und den Anmerkungen der Begleitgruppenmitglieder wurde im letzten Teilschritt der nun vorliegende Schlussbericht ausgearbeitet. Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie sollen im Rahmen eines zweiten Workshops mit interessierten und betroffenen Kreisen diskutiert werden. 1.3 Aufbau der Machbarkeitsstudie Der Bericht ist in einen Hauptteil und in einen Anhang unterteilt. Die Kapitel des Hauptteils weisen folgende inhaltlichen Schwerpunkte auf: ❏ Kapitel 2 dient als Einstieg in die Thematik der vorliegenden Machbarkeitsstudie. Zum einen werden Begriffe geklärt und die angestrebten Ziele eines kantonalen Umweltabgaben-Systems mit einnahmenseitiger Kompensation diskutiert, zum andern wird ein Überblick über den Stand der Dinge auf kantonaler, nationaler und internationaler Ebene gegeben. ❏ In Kapitel 3 wird die ausführliche Detailevaluation der verschiedenen Umweltabgaben von Anhang A zusammengefasst. Besonderes Gewicht wird dabei dem Einnahmenpotential, der Praktikabilität, den Umweltwirkungen und rechtlichen Fragen beigemessen. ECOPLAN 1 Einleitung 3 ❏ Kapitel 4 enthält eine Zusammenfassung der Diskussion möglicher staatsquotenneu- traler Einnahmenverwendungsformen in Anhang B. Einerseits werden verschiedene Formen von Steuersenkungen geprüft, andererseits wird auf direkte Rückerstattungsmodelle eingegangen. ❏ In Kapitel 5 wird eine erste Zwischenbilanz der administrativ-technischen Machbarkeit des Systems MUEK gezogen. ❏ Die Auswirkungsanalyse von Kapitel 6 befasst sich schwerpunktmässig mit den Auswirkungen auf die bernische Wirtschaft. Regionale und soziale Verteilungseffekte fliessen ebenfalls in die Betrachtung ein. ❏ Die Skizzierung verschiedener Aspekte einer Einführungsstrategie in Kapitel 7 gibt erste Hinweise, wie ein System MUEK im Kanton Bern realisiert werden könnte. ❏ Im 8. Kapitel werden schliesslich die wichtigsten Schlussfolgerungen gezogen. Die Anhänge A und B enthalten Detaildiskussionen zu den beiden Themenkomplexen "Umweltabgaben" und "Verwendungsmodelle". Sie dürften in erster Linie für Leserinnen und Leser von Interesse sein, welche sich vertieft mit dem Thema der vorliegenden Machbarkeitsstudie befassen möchten. Wer sich nur für die wichtigsten Ergebnisse interessiert, kann sich auf die Kapitel 3 und 4 bzw. die Kurzfassung beschränken. Anhang C zeigt schliesslich die Querbezüge von Arbeitsbereichen/Arbeitsgruppen innerhalb der kantonalen Verwaltung zum Thema der Machbarkeitsstudie auf. Die Übersicht wurde von Dr. R. Meier von der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion (Projektleiter seitens des Kantons) zusammengestellt. 1.4 Projektorganisation und Dank Der vorliegende Bericht wurde von ECOPLAN erarbeitet. Der Bericht und die darin vertretenen Beurteilungen liegen in der Verantwortung der Autoren. Sie bilden eine Diskussions- und Entscheidungsgrundlage, nehmen aber in keiner Weise Entscheide der zuständigen Gremien vorweg. Die Autoren danken den Mitgliedern der Begleitgruppe und den Vertreterinnen und Vertretern der konsultierten Ämter für die Unterstützung bei der Ausarbeitung des Berichts und für die zahlreichen wertvollen Kommentare. Dieser Dank gilt insbesondere der Rechtsabteilung der Volkswirtschaftsdirektion und der Steuerverwaltung, welche sich mit den rechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Machbarkeit eines Systems MUEK auf kantonaler Ebene befassten, und Herrn Prof. Dr. Robert Leu vom volkswirtschaftlichen Institut der Universität Bern für die wissenschaftliche Begleitung der Ausarbeitung des Berichts. ECOPLAN 4 2 Überblick: "state of the art" 2 Überblick: "state of the art" 2.1 Zur Terminologie Die bisherige Umweltpolitik auf nationaler, kantonaler und kommunaler Ebene, stellt vornehmlich auf Ver- und Gebote ab. Diese umweltpolitische Strategie ist an ihre Grenzen gelangt: Ohne einen Paradigmawechsel könnten die heutigen und zukünftigen Umweltprobleme nur noch mit einer unverhältnismässig hohen Regulierungsdichte und einem enormen Aufwand seitens der Verwaltung bewältigt werden. Immer mehr hat sich deshalb die Überzeugung durchgesetzt, dass eine effiziente und effektive Umweltpolitik vermehrt auf die Marktkräfte setzen muss. Auf die Vorteile einer marktwirtschaftlichen Strategie wurde in einer Vielzahl von Publikationen hingewiesen.(1) Marktwirtschaftliche Instrumente Marktwirtschaftliche Instrumente in der Umweltpolitik sind alle Instrumente, die direkt über den Preis wirken. Am wichtigsten sind Abgaben und verursachergerechte Gebühren. Daneben sind da und dort Umweltlizenzen (Emissionszertifikate) eingesetzt worden. Auch ein umwelt- resp. verursachergerechtes Haftungsrecht, Pfandsysteme sowie Subventionen werden zu den marktwirtschaftlichen Instrumenten gezählt. Angesichts des ökologischen Handlungsbedarfs hat sich weiter die Erkenntnis durchgesetzt, dass nur ein umfassender Paradigmawechsel, der über die Umweltpolitik im engeren Sinne hinausgeht und insbesondere Bereiche der Finanzpolitik miteinbezieht, in der Lage ist, längerfristig eine Lösung der Umweltproblematik herbeizuführen. Der in diesem Zusammenhang benützte Begriff einer "ökologischen Steuerreform" lässt sich nicht mit einer allgemein anerkannten Definition umschreiben, zu verschieden wird er in der umweltpolitischen Diskussion verwendet. Die zentralen Elemente einer ökologischen Steuerreform sind die folgenden: ❏ In den meisten Vorschlägen zu einer ökologischen Steuerreform(2) bildet eine Ener- giesteuer das Herzstück des Umweltabgaben-Systems. Die Energiesteuer soll einerseits zu einem sparsameren Verbrauch nicht-erneuerbarer Ressourcen und andererseits zu einer Reduktion der Schadstoffemissionen führen. ❏ Neben der Energiesteuer wird meistens die Einführung weiterer Lenkungsabga- ben (z.B. Abgaben auf umweltbelastenden Stoffen) vorgeschlagen. 1 Vgl. z.B. ECOPLAN (1991), Marktwirtschaftliche Instrumente zur Luftreinhaltung im Kanton Bern, S. 8 ff.; von Stokar T., Mauch S. und Iten R. (1993), Marktwirtschaftliche Instrumente für einen ökologischen Strukturwandel, S. 10 ff.; Meier R. und Walter F. (1991), Umweltabgaben für die Schweiz, S. 81 ff. oder Regierungsrat des Kantons Bern (1992), Marktwirtschaftliche Instrumente der kantonalen Umweltpolitik - Grundzüge und Möglichkeiten, S. 3. 2 Vgl. z.B. DIW (1994), Ökosteuern - Sackgasse oder Königsweg?, Mauch S.P., Iten R., von Weizsäcker E. und Jesinghaus J. (1992), Ökologische Steuerreform; Meier R. und Walter F. (1991), Umweltabgaben für die Schweiz. ECOPLAN 2 Überblick: "state of the art" 5 ❏ Angesichts des hohen Abgabenaufkommens bildet die Frage der Mittelverwen- dung einen weiteren zentralen Pfeiler einer ökologischen Steuerreform: – In einer engen Auslegung des Begriffs steht eine Reduktion bestehender Steuern (Warenumsatzsteuer bzw. Mehrwertsteuer, direkte Steuern) oder gar deren Ersatz im Vordergrund. – In einer etwas weiteren Auslegung werden auch andere Verwendungsformen in Betracht gezogen (z.B. Rückerstattungsformen, Zweckbindung für Umweltschutzmassnahmen). In der Mittelverwendungsdiskussion wird häufig auch das "double dividend"-Argument angeführt, wonach durch eine ökologische Steuerreform "zwei Fliegen mit einer Klappe" geschlagen werden können: Auf der einen Seite nehmen die Umweltschäden und damit die anfallenden Kosten für deren Reparatur oder Beseitigung ab, auf der anderen Seite können mit den Einnahmen verzerrende Steuern und Abgaben (z.B. Sozialversicherungsabgaben auf der Lohnsumme) abgebaut werden. Gemäss Befürwortern der "double dividend"-Hypothese führen diese beiden je positiven Effekte zu einer Erhöhung der Wohlfahrt. Um Missverständnisse zu vermeiden, benützen wir in der vorliegenden Machbarkeitsstudie den Begriff "ökologische Steuerreform" nicht. Damit bringen wir zum Ausdruck, dass nicht eine Reform des kantonalen Steuerwesens geprüft werden soll. Vielmehr ist zu untersuchen, ob durch Steuersenkungen die Standortgunst des Wirtschaftsstandortes Kanton Bern bzw. die Wirtschaftskraft des Kantons Bern verbessert werden kann, wobei der Einnahmenausfall beim Staat durch zusätzliche Einnahmen aus marktwirtschaftlichen Instrumenten auf kantonaler Ebene kompensiert werden soll. Aus diesem Grund verwenden wir in Anlehnung an den englischen Begriff "economic instruments with revenue recycling" den Begriff "marktwirtschaftliche Umweltinstrumente mit einnahmenseitiger Kompensation (MUEK)". 2.2 Erfahrungen und Pläne ausserhalb des Kantons Bern 2.2.1 Bestrebungen in Europa Auf gesamteuropäischer Ebene sind bisher keine Umweltabgaben in Kraft. Marktwirtschaftlichen Instrumenten (inkl. Vereinbarungen) wird aber im 5. Aktionsprogramm der Europäischen Union (EU) mit dem Titel "Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung" hohe Priorität in der künftigen gemeinschaftsweiten Umweltpolitik eingeräumt. In folgende Bereichen sieht das Programm den Einsatz marktwirtschaftlicher Instrumente vor:(3) 3 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (1994), Zwischenbericht über die Umsetzung des Programms der Europäischen Gemeinschaft für Umweltpolitik und Massnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte Entwicklung und ECOPLAN (1993), Umweltabgaben in Europa, S. 53. ECOPLAN 6 2 Überblick: "state of the art" Tabelle 2-1: Vorgesehene ökonomische Instrumente der EU im 5. Aktionsprogramm Bereich Einzelheiten, mögliche Massnahmen Zeitrahmen Akteure(4) Energie, Klima z.B. CO2-/Energieabgabe fortlaufend EU (+MS) 2000 2000 im Gang im Gang MS (+EU) MS (+EU) EU EU (MS) bis 1995 1993 - 1998 LB MS (EU, LB) Verkehr(5) – Fahrzeugtechnik – Treibstoffe – Schwerverkehr – Stadtverkehr – Tourismusverkehr Steuerdifferenzierung z.B. nach Emissionen, Verbrauch, Entsorgung bleifreie und alternative Treibstoffe Harmonisierung der Mineralölsteuer Diskussion um Euro-Vignette und Strassenbenützungsgebühren(6) Parkgebühren z.B. CO2-/Energieabgabe sowie Strassengebühren und ÖV-Förderung Gewässer qualitative und quantitative Aspekte im fortlaufend Süss- und Meerwasser-Bereich Abfälle u.a. freiwillige Vereinbarungen fortlaufend MS (EU; LB) MS (EU) Aus der Übersicht wird deutlich, dass die EU in den meisten Bereichen das Subsidiaritätsprinzip zum Tragen kommen lassen will, d.h. den Mitgliedsstaaten die Abgaberegelungen überlassen will. Einzig bei der CO2-/Energieabgabe steht an sich eine gemeinschaftsweite Lösung im Vordergrund, deren Realisierung sich allerdings bis zum heutigen Zeitpunkt als äusserst schwierig erwiesen hat. Gegenwärtig stehen zumindest bis ins Jahr 2000 wieder nationale Alleingänge im Vordergrund, erst anschliessend soll eine EU-weite harmonisierte Steuer eingeführt werden. Im Weissbuch der Kommission über Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung wird ein Schritt weitergegangen. Um bestehende Arbeitsplätze zu sichern und die Entstehung neuer zu fördern, schlägt die EU-Kommission vor, die Lohnnebenkosten zu senken. Als steuerliche Ausgleichsmassnahme werden unter anderem Umwelt- 4 EU = Aktivität auf EU-Ebene MS = Aktivität auf Ebene der Mitgliedstaaten LB = Aktivität auf Ebene der lokalen Behörden in Klammern jeweils die mitbetroffenen Institutionen. 5 Auf Ende 1995 ist von der EU-Kommission ein Grünbuch über externe Effekte des Verkehrs und über deren Internalisierung in Aussicht gestellt. 6 Bis im Februar 1996 soll eine neue Fassung der vom Europäischen Gerichtshof für ungültig erklärten Richtlinie 93/89 EWG über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie über die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren für bestimmte Verkehrswege durch die Mitgliedstaaten ausgearbeitet werden. Dabei sollen auch ökologische Aspekte berücksichtigt werden. ECOPLAN 2 Überblick: "state of the art" 7 abgaben in Betracht gezogen.(7) Von der EU-Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen wird eine ökologische Steuerreform als ökonomische Notwendigkeit bezeichnet.(8) Einzelne EU-Staaten haben ihren Handlungsspielraum auf nationaler Ebene ausgenutzt und Abgabelösungen realisiert. Beispiele sind etwa(9) – die Abwasserabgabe in Deutschland – die nach dem Emissionsverhalten differenzierte Motorfahrzeugsteuer in Deutschland (für LW seit 1994, für PW ab dem 1.1.1997) – die niederländische CO2-Abgabe, deren Einnahmen zweckgebunden für Umweltschutzmassnahmen eingesetzt werden – die jährliche Erhöhung der Steuern auf Treibstoffen um real 5% in Grossbritannien – der Zuschlag auf verbleitem Benzin in praktisch allen europäischen Staaten – die französische Deponieabgabe – die Abgabe auf Altöl in Italien. Am weitesten fortgeschritten im Bereich des marktwirtschaftlichen Umweltschutzes sind die skandinavischen Ländern. ❏ Schweden hat in den letzten Jahren eine eigentliche ökologische Steuerreform ein- geleitet: Dank der Einführung und Erhöhung bestehender umweltrelevanter Abgaben konnten die direkten Einkommenssteuern gesenkt werden.(10) ❏ Dänemark hat im Sommer 1995 beschlossen, neue Energieabgaben einzuführen bzw. bestehende zu erhöhen. Die Einnahmen werden eingesetzt, um die Arbeitgeberbeiträge an die Lohnnebenkosten zu senken, um Energiesparmassnahmen zu fördern und um die Rahmenbedingungen für Klein- und Mittelunternehmen zu fördern.(11) Aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit hat Spanien einen ersten Schritt in Richtung ökologische Steuerreform unternommen: Um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, wurde Anfang 1995 eine aufkommensneutrale Umstrukturierung des Abgabensystems vorgenommen. Die Beiträge an die Sozialversicherung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer wurden um einen Prozentpunkt gesenkt, gleichzeitig wurden aber die Steuersätze auf Mineralöl und Treibstoffen erhöht.(12) Für verschiedene weitere Länder wurden die Möglichkeiten und die Auswirkungen einer ökologischen Steuerreform eingehend analysiert (z.B. Österreich(13) oder Deutsch7 Kommission der Europäischen Gemeinschaften (1993), Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung - Herausforderungen der Gegenwart und Wege ins 21. Jahrhundert, Weissbuch, S. 154 f. 8 Kommission der Europäischen Gemeinschaften (1994), Jahreswirtschaftsbericht, Anhang zur ökologischen Steuerreform. 9 Für einen umfassenden Überblick vgl. ECOPLAN (1993), Umweltabgaben in Europa, Anhang oder OECD (1994), Managing the environment - The role of economic instruments sowie verschiedene Ausgaben des Wuppertal Bulletin zur ökologischen Steuerreform. 10 Vgl. dazu z.B. Engström M. (1993), Energie- und Umweltabgaben in Schweden. 11 Vgl. europe environment (1995), Danish energy/environment aid, S. 4. 12 Vgl. Wuppertal Bulletin zur ökologischen Steuerreform, S. 17, Jahrgang 1, Nr. 2, Sommer 1995. 13 Vgl. Köppl A. et al. (1995), Makroökonomische und sektorale Auswirkungen einer umweltorientierten Energiebesteuerung in Österreich. ECOPLAN 8 2 Überblick: "state of the art" land(14)). Erste Schritte in Richtung ökologische Steuerreform wollen Österreich und die Niederlande tun: Der holländische Finanzminister will 1996 eine aufkommensneutrale ökologische Steuerreform einleiten, Österreich will im gleichen Jahr die Besteuerung der Energie ausweiten und erhöhen und gleichzeitig andere Steuern senken.(15) Aber nicht nur auf Seiten des Staates wird marktwirtschaftlichem Umweltschutz immer mehr Bedeutung beigemessen. Auch führende Unternehmer verlangen diesen Wechsel in der Umweltpolitik: Der Business Council for Sustainable Development fordert, marktwirtschaftliche Umweltinstrumente nicht mehr bloss von Fall zu Fall einzusetzen, sondern sie vielmehr als "broad means" in zu verändernden Anreizstrukturen zur vollen Wirkung kommen zu lassen.(16) Gleichzeitig mit der Einführung der marktwirtschaftlichen Instrumente in der Umweltpolitik soll die Besteuerung des Produktionsfaktors Arbeit gesenkt werden. Fazit: Insgesamt stellen die Absichten und Bestrebungen auf europäischer Ebene kein Hindernis dar für die Realisierung eines Umweltabgaben-Systems mit einnahmenseitiger Kompensation auf kantonaler Ebene: Im Gegenteil, auch in anderen europäischen Ländern sollen marktwirtschaftliche Elemente in der zukünftigen Umweltpolitik eine wichtigere Rolle spielen. In allen Ländern wird die Staatsquotenneutralität hervorgehoben: Die Einführung der marktwirtschaftlichen Umweltinstrumente soll nicht zu Mehreinnahmen für den Staat führen, vielmehr sind entsprechende Kompensationen vorzunehmen. Insgesamt verspricht man sich von diesem Vorgehen einen positiven (Netto)Wohlfahrtseffekt. Diese Meinung wird in zunehmendem Masse auch von Unternehmerinnen und Unternehmern geteilt. 2.2.2 Bestrebung in der Schweiz Neben den Bestrebungen im Ausland muss bei der Realisierung eines kantonalen Systems marktwirtschaftlicher Umweltinstrumente mit einnahmenseitiger Kompensation ("System MUEK") vor allem auf die Umweltpolitik im Inland Rücksicht genommen werden. Im Vordergrund stehen dabei die Absichten und Massnahmen auf Bundesebene, aber auch jene in den anderen Kantonen spielen eine gewisse Rolle. Ein Schritt in Richtung mehr Markt im Umweltschutzbereich wird mit der Revision des Umweltschutzgesetzes (USG) angestrebt. Ein grosser Teil der Einnahmen aus den vorgeschlagenen Umweltabgaben soll nicht in die allgemeine Bundeskasse fliessen sondern an die Bevölkerung zurückerstattet werden. Die Bestrebungen auf Bundesebene haben wir in Tabelle 2-2 zusammengefasst. 14 Vgl. DIW (1994), Ökosteuern - Sackgasse oder Königsweg? und Deutsche Bank Research (1995), Öko- logische Steuerreform - Patentrezept oder Mogelpackung?. 15 Vgl. Wuppertal Bulletin zur ökologischen Steuerreform, S. 18, Jahrgang 1, Nr. 2, Sommer 1995. 16 Vgl. de Andraca R. und McCready K.F. (1995), Internalizing Environmental Costs to Promote Eco-Ef- ficiency. ECOPLAN 2 Überblick: "state of the art" Tabelle 2-2: 9 Abgabenpläne auf Bundesebene Abgabe auf Höhe ökologische Wirkung Einnahm. pro Jahr Verwendung der Einnahmen Stand der Diskussion (Juni 1996) Schwerverkehr, Ziel: leistungsabhängige Ausgestaltung Pauschale: 650 Fr. bis 4'000 Fr. (je nach Gewicht); leistungsabhängig (Vor-schlag): 1.6 Rp. pro km und t Gesamtgew., neuer Vorschlag mit Anhebung Gewichtslimite ist in Diskussion dämpft Wachstum des Schwerverkehrs, leistet Beitrag zur Umsetzung der Alpen-Initiative je nach Höhe, heute ca. 130 Mio. Fr.; leistungsabhängig: ca. 750 Mio., neue Zahlen erst intern verfügbar Strassenkasse, Abgeltung externer Kosten; Variante: Finanzierung Bahninfrastruktur (Vorschlag AG Finanzierung des ÖV) Zustimmung in der Volksabstimmung vom 20.2.94; erster Gesetzesvorschlag in Vernehmlassung mehrheitlich abgelehnt, neue Botschaft folgt noch 1996 CO2-Abgabe Vorschlag: 12 Fr. pro Tonne CO2 (1996) 36 Fr. (2000) Schätzung: ca. 6 - 10% Emissionsrückgang Schätzung für das Jahr 2000: 1.4 Mrd. Fr. Vorschlag: Rückerstattung an Bevölkerung und Wirtschaft, Teilzweckbindung Vernehmlassung März 1994, Einführung verschoben, Ausarbeitung Gesetz zur CO2-Reduktion VOC (flüchtige organische Verbindungen) stufenweise 1, 2, evtl. 5 Fr./kg 75'000 t VOC (rund 30%) ca. 250 Mio. (2. Stufe) Rückerstattung pro Kopf an Bevölkerung Teil der USGRevision, von den Räten angenommen Schwefelgehalt Heizöl Extraleicht 20 Fr./t (ca. 5% des Marktpreises) 6'000 t SO2 (ca. 11%) weniger Emissionen 50 Mio. Fr. Rückerstattung pro Kopf an Bevölkerung Teil der USGRevision, von den Räten angenommen Dünger 1 Fr./kg Stickstoff und Phosphor Minderverbrauch ca. 15 - 20% ca. 80 Mio. Fr. Zweckbindung Teil der USGRevision, von den Räten abgelehnt Pflanzenbehandlungsmittel Menge pro Hektare und Umweltverträglichkeit Verlagerung zu ökolog. Produktion ca. 40 Mio. Fr. Zweckbindung Teil der USGRevision, von den Räten abgelehnt Deponieabgabe zur Altlastenfinanzierung ca. 5 - 10 Fr./t nur Finanzierungswirkung angestrebt 30 - 40 Mio. Fr. Zweckbindung für Kantonsbeiträge an Altlastensanierung Teil der USGRevision, "kann-Formulierung", von den Räten angenommen weniger Emissionen ECOPLAN 10 2 Überblick: "state of the art" Tabelle 2-2: Abgabenpläne auf Bundesebene (Fortsetzung) Abgabe auf Höhe ökologische Wirkung Einn. pro Jahr Verwendung der Einnahmen Stand der Diskussion (Nov. 1995) Vorgezogene Entsorgungsgebühren je nach Entsorgungskosten sichert SpezialEntsorgung od. Verwertung offen für jeweilige Entsorgung zweckgebunden Teil der USGRevision, "kann-Formulierung", von den Räten angenommen Abfall (nicht nur Deponien) offen Beiträge finanzieren und/oder Lenkung offen evtl. Finanzierung von Beiträgen verwaltungsinterne Abklärung Abwasser 1 - 6 Fr./kg Stickstoff, 3045 Fr./kg Phosphor, 2 Fr./kg TOC (organ. Fracht) optimiert ARABetrieb, Anreiz zu ARA-Investitionen, finanziert ökolog. Beiträge ca. 150 Mio. Fr. zweckgebunden für Beiträge (Förderung und Ausgleich) prov. Vorschlag BUWAL zur Diskussion Das Kernstück eines Umweltabgaben-Systems in der Schweiz wäre eine CO2-Abgabe. Im Juni 1995 hat der Bundesrat beschlossen, von einer isolierten Einführung der Abgabe vorläufig abzusehen. Vielmehr soll die CO2-Abgabe in den Gesamtzusammenhang von Zielen der Klima- und Energiepolitik integriert werden. Bis Mitte 1996 soll deshalb ein Entwurf für ein Gesetz zur Reduktion der CO2-Emissionen ausgearbeitet werden. In diesem CO2-Gesetz sind CO2-Reduktionsziele, die Fristen zur Erreichung dieser Ziele und die zu ergreifenden Massnahmen aufzuzeigen. Das Gleiche gilt für die Bestrebungen auf kantonaler und kommunaler Ebene. Auf diesen Ebenen wird die Diskussion über marktwirtschaftliche Instrumente im Umweltschutzbereich von folgenden Massnahmen dominiert: ❏ Parkplatzbewirtschaftungsmassnahmen: In einigen Massnahmenplänen zur Luft- reinhaltung wird die Einführung von höheren Parkgebühren auf zentralen öffentlichen Parkplätzen vorgeschlagen. Verschiedene Gemeinden haben entsprechende Reglemente ausgearbeitet. ❏ Kehrichtsackgebühr: In den deutschsprachigen Gemeinden setzt sich die Keh- richtsackgebühr mehr und mehr durch. ❏ Verursachergerechte Finanzierung der Entsorgung von Abfall und Abwasser: Neben dem Kanton Bern sind weitere Kantone bestrebt, die Entsorgung von Abfall und Abwasser durch verursachergerechte Abgaben zu finanzieren (z.B. St. Gallen, Schaffhausen, Solothurn). ❏ Emissionsguthabenpolitik in den beiden Basel: Als einzige Kantone der Schweiz versuchen Basel-Stadt und Basel-Landschaft über den Handel mit Emissionsgutschriften, die ausgestellt werden, wenn ein Emittent seine Emissionen über das gesetzlich verlangte Mass hinaus reduziert, eine kostengünstige Verbesserung der ECOPLAN 2 Überblick: "state of the art" 11 Luftqualität zu erreichen. Aus verschiedenen Gründen (z.B. "zu strenge" Emissionsgrenzwerte der Luftreinhalte-Verordnung) blieb diese marktwirtschaftliche Strategie bisher praktisch wirkungslos. ❏ Vereinbarungsstrategie: In verschiedenen Kantonen sind die Behörden bestrebt, mit Unternehmen Vereinbarungen über freiwillige Reduktionen von Emissionen abzuschliessen (z.B. Vereinbarungen zwischen dem Staat und Unternehmen über verkehrspolitische Massnahmen auf Unternehmensebene). 2.2.3 Bestrebungen im Kanton Bern Schliesslich muss das System MUEK möglichst gut in die aktuelle umweltpolitische Diskussion dieses Kantons eingepasst werden. Zum einen können eingeleitete Entwicklungen Basis für das System MUEK sein, indem z.B. eine bereits eingeführte Abgabe in den Dienst eines solchen Systems gestellt wird, zum andern zeigt die bisherige Diskussion auf, bei welchen Vorschlägen im politischen Prozess mit erheblichen Bedenken zu rechnen ist. Der Kanton Bern hat verschiedentlich untersucht, welche Möglichkeiten für den Einsatz marktwirtschaftlicher Instrumente auf kantonaler Ebene bestehen. Die Ergebnisse sind in den folgenden Berichten zusammengefasst: ❏ Marktwirtschaftliche Instrumente zur Luftreinhaltung im Kanton Bern:(17) Der Bericht enthält eine Evaluation von 29 möglichen Instrumenten im Bereich der Luftreinhaltung. Die Evaluation kommt zum Schluss, dass in erster Linie im Verkehrsbereich marktwirtschaftliche Instrumente (differenzierte Motorfahrzeugsteuern, Parkplatzabgaben, Road Pricing/Vignette und Parkplatzverbund) eingeführt werden sollten. Die Umsetzungsarbeiten sind im Bereich der Parkplatzabgaben - allerdings in erster Linie auf kommunaler Ebene - in den Zentrumsgemeinden der Agglomeration Bern am weitesten fortgeschritten, laufen aber auch in der Agglomeration Bern an.(18) ❏ Marktwirtschaftliche Instrumente der kantonalen Umweltpolitik:(19) Der Bericht des Regierungsrats gibt eine Übersicht über eingeführte und diskutierte marktwirtschaftliche Instrumente in den Bereichen Luftreinhaltung, Energie, Abfall, Wasser/Abwasser, Landwirtschaft und Raumordnung/Raumplanung. Die Übersicht zeigt, dass ausser der verbrauchsabhängigen Heizkostenabrechnung sowie den kostendeckenden kommunalen Gebühren für Abfall- und Abwasserentsorgung marktwirtschaftliche Massnahmen noch keine bedeutende Rolle spielen. Im Rahmen dieser Machbarkeitsstudie gehen wir nur auf die in diesen beiden Berichten diskutierten Abgabenlösungen ein. Hingegen spielen die anderen aufgeführten 17 ECOPLAN (1991), Marktwirtschaftliche Instrumente zur Luftreinhaltung im Kanton Bern. 18 Vgl. dazu ECOPLAN (1993), Parkplatzmassnahmen Zentrumsgemeinden - Rahmenkonzept und KIGA (1993), Parkplatzmassnahmen - Vorgehensvorschlag. 19 Regierungsrat des Kantons Bern (1992), Marktwirtschaftliche Instrumente der kantonalen Umweltpolitik. ECOPLAN 12 2 Überblick: "state of the art" marktwirtschaftlichen Massnahmen (wie z.B. grenzkostenorientierte Tarife für leitungsgebundene Energieträger, Tarifierung der Abwärme aus Kehrichtverbrennungsanlagen Parkplatzgutschriften und -verbunde oder die Überprüfung von bestehenden, umweltrelevanten Subventionen) für die weiteren Untersuchungen keine Rolle. Mehrheitlich bereits erfolgreich eingeführt ist die verursachergerechte Finanzierung von Beiträgen in verschiedenen Bereichen, welche im Rahmen der finanzpolitischen Debatte über den "Massnahmenplan Haushaltgleichgewicht 1993 - 1996" gefordert worden war. Im Massnahmenplan I wurden die folgenden Massnahmen vorgeschlagen: – die Einführung einer Abfallabgabe, – die Einführung einer Abwasserabgabe, – die Erhöhung des Gebrauchwasserzins, – die Einführung einer Elektrizitätsabgabe und – die Einführung höherer Gebühren für Unfallverursacherinnen und -verursacher zur Deckung der Kosten der Öl-, Chemie- und Gaswehr. In der finanzpolitischen Debatte um den zweiten Massnahmenplan Haushaltgleichgewicht und um das Anschlussprogramm zur Haushaltsanierung (ASP) wurden weitere umweltrelevante Steuern und Abgaben diskutiert bzw. beschlossen: – Erhöhung der Motorfahrzeugsteuern – Unterstellung des Kiesabbaus unter das Bergregal und damit Einführung einer Kiesabgabe – Erhöhung des Kostendeckungsgrades im öffentlichen und privaten Verkehr Die Ergebnisse der Diskussionen und Untersuchungen und der jeweilige Stand bei der Umsetzung sind in Tabelle 2-3 wiedergegeben. Anhang C enthält zudem eine Übersicht über kantonale Arbeitsbereiche/Arbeitsgruppen, welche Querbezüge zum vorliegenden Projekt MUEK aufweisen. Die kurze Übersicht über die Bestrebungen im Kanton Bern zeigt folgendes: ❏ Einmal hat der Kanton Bern verschiedene marktwirtschaftliche Lösungsansätze ein- geführt, auf welchen ein System MUEK aufbauen könnte. ❏ Andererseits ist die Einführung weiterer Abgabenlösungen, welche ebenfalls Teil eines solchen Systems sein könnten (z.B. eine Kiesabgabe), auf kantonaler Ebene gescheitert. Ein wichtiger Grund für dieses Scheitern war die nicht vorhandene Staatsquotenneutralität: Eine Erhöhung der Fiskalquote über die Einführung von umweltrelevanten Abgaben wurde von einer Mehrheit der Mitglieder des Grossen Rates nicht akzeptiert. Da im vorliegenden Projekt die Staatsquotenneutralität eine entscheidende Rolle spielt (vgl. dazu Abschnitt 3.5), werden auch bisher gescheiterte Abgabenlösungen erneut diskutiert. ECOPLAN von Gebrauchs- wasser brauchswasser- zinsen Strom endver- braucherInnen Elektrizitäts- abgabe ECOPLAN Kies Verkehr und -halterinnen fahrzeugsteuern Kiesgruben Eigentümer von Kies 6 (Kant. Nettozahlungen an ÖV reduzieren, Abgaben beim MIV erhöhen) Kiesabgabe Fr./m3 gewicht je nach Fr./Tonne FahrzeugFz. kosten wehr Betriebs- für Notfalleinsätze Motorfahrzeuge Chemie- und Gas- Kostendeckungsgrad im ÖV und im MIV erhöhen Fahrzeughalter- Bagatellfälle Innen exkl. Erhöhung Motor- sacherInnen und Gaswehr für Unfallverur- volle diverse Tarife Rp./kWh Strom endverbrauch 0.3 je nach Kategorie zu heutigen Zinsen 0-167 Prozent Zuschlag Fr./EinwohnerIn Fr./Tonne (KVA) Fr./Tonne (Deponien) und bezogene Menge menge pro Minute konzedierte Wasser- Oel-, Chemie- Höhere Gebühren Unfallverursacher- Einsatz der Oel-, Energie NutzerInnen Erhöhung Ge- Wasser Kanalisationsgebiet 25 EinwohnerInnen im z.T. Gemeinden Abwasserabgabe 25 schutt, Klärschlamm ARAs und Abwasser 15 Höhe Einheit Siedlungsabfall, Bau- sungsgrundlagen Objekte/Bemes- Deponie- und KVA-Betreiber Abfallabgabe Abfall Subjekte Abgabe Bereich Tabelle 2-3: Beschlüsse des Grossen Rates zu bernischen Abgaben 1992: Erhöhung angenommen Änderung WNG in Kraft Vom Grossen Rat abgelehnt In Kraft seit dem 1.1.1994 Einführung am 1.1.1995 Gesetz und Dekret in Kraft Einführung am 1.1.1995 Gesetz und Dekret in Kraft 18 offen 1993 abgelehnt Vom Grossen Rat im Sept. Nullwachstum Nettozahl. an ÖV Integration in ASP, Ziel: Reales Verbrauchsabhängigkeit abgelehnt höhung angenommen, Nov. 1995: lehnt, Juni 1995: Weitere Er- (Mehreinn.) 1993: Weitere Erhöhung abge- ca. 25 ca. 0.3 18 5-6 22 - 23 15 Mio. Fr./a Einnahm. Stand Her bst 1995 2 Überblick: "state of the art" 13 14 2 Überblick: "state of the art" 2.3 Ziele und Grundsätze eines Umweltabgaben-Systems mit einnahmenseitiger Kompensation im Kanton Bern Der Anstoss, für den Kanton Bern die Machbarkeit eines Systems MUEK zu prüfen, kommt grundsätzlich von drei Seiten: ❏ Einmal ist die Steuerbelastung für natürliche Personen im Kanton Bern höher als im schweizerischen Durchschnitt, von einem Vergleich mit den steuergünstigsten Kantonen der Schweiz ganz zu schweigen. Die hohe Steuerbelastung stellt einen negativen Standortfaktor für den Wirtschaftsraum Kanton Bern dar. Bei der Standortwahl beachten Unternehmen nicht nur die tiefen Steuern für juristische Personen im Kanton Bern, sie müssen auch berücksichtigen, dass es schwierig ist, Kaderleute für den Standort Bern zu gewinnen. Die hohe steuerliche Belastung des Einkommens natürlicher Personen steht aber nach Meinung verschiedener Experten auch im Widerspruch zu einer Wirtschaftspolitik, die den Einsatz des Produktionsfaktors Arbeit möglichst begünstigen will, damit die hohe Arbeitslosigkeit abgebaut werden kann. Entsprechend gehört eine Reduktion der Steuerbelastung für natürliche Personen denn auch zu den vom Regierungsrat vorgeschlagenen Strategien und Massnahmen zur Stärkung der bernischen Wirtschaftskraft.(20) ❏ Die angespannte Finanzlage im Kanton Bern schränkt den Handlungsspielraum für Steuersenkungsmassnahmen erheblich ein. Eine spürbare Reduktion der Steuerbelastung kann nur erreicht werden, wenn der Einnahmenausfall durch andere Massnahmen kompensiert werden kann. Aufgrund der angespannten Finanzlage wird von verschiedener Seite auch die Meinung vertreten, die Einführung oder Erhöhung von umweltrelevanten Abgaben solle der Erhöhung der Staatseinnahmen dienen. ❏ Schliesslich soll im Kanton Bern im Umweltschutzbereich in Zukunft vermehrt auf die Marktkräfte gesetzt werden(21), damit mit den knappen verfügbaren Mitteln möglichst viel zu einer Reduktion der Umweltbelastung beigetragen wird und damit für die Wirtschaftssubjekte ein Anreiz geschaffen wird, möglichst haushälterisch mit den verfügbaren Ressourcen umzugehen. Eine solche Reduktion wird auch in Zukunft nötig sein, denn zum einen sind auch im Kanton Bern die im Umweltbereich gesetzten Ziele noch nicht alle erreicht (z.B. in der Luftreinhaltepolitik), zum andern führt eine Verbesserung der Umweltqualität auch zu einer Erhöhung der Standortgunst eines Wirtschaftsraums. Mit dem vorliegenden Projekt soll geprüft werden, wie diese zentralen Ziele aus Wirtschafts-, Finanz- und Umweltpolitik unter einen Hut gebracht werden können. 20 Vgl. Regierungsrat des Kantons Bern (1993), Bernische Wirtschaftskraft, S. 18. 21 Vgl. Regierungsrat des Kantons Bern (1993), Bernische Wirtschaftskraft, S. 11 und 21. ECOPLAN 2 Überblick: "state of the art" 15 Basierend auf den oben dargelegten Zielvorstellungen können folgende Grundsätze für ein Umweltabgaben-System im Kanton Bern abgeleitet werden: ❏ Das System soll zu einer Abnahme der Steuerbelastung für natürliche und allen- falls juristische Personen und damit zu einer Verbesserung der Rahmenbedingungen des Wirtschaftsraumes Kanton Bern führen. Die Fiskal- und damit die Staatsquote soll durch die Realisierung des Systems nicht steigen. ❏ Das Konzept MUEK soll in erster Linie in jenen Umweltbereichen ansetzen, wo noch ein ökologischer Handlungsbedarf besteht und wo das Verursacherprinzip noch wenig verwirklicht ist. Ein Handlungsbedarf ist auch dann gegeben, wenn mit einer marktwirtschaftlichen Strategie anstelle von Verboten und Geboten die gleiche Umweltqualität zu geringeren Kosten erreicht werden kann. In den folgenden beiden Kapiteln wird aufzuzeigen sein, wie ein System MUEK, welches diese Grundsätze umsetzt, auf kantonaler Ebene ausgestaltet sein könnte. ECOPLAN 16 3 Detailevaluation der Umweltabgaben 3 Detailevaluation der Umweltabgaben 3.1 Einleitung In diesem Kapitel steht die Abgabenseite im Vordergrund. Es ist die Frage zu beantworten, ob sich auf kantonaler Ebene genügend ökologisch sinnvolle und vollziehbare Umweltabgaben finden lassen, deren Einnahmenpotential gross genug für spürbare einnahmenseitige Kompensationen (v.a. Steuersenkungen) ist. Ausführliche Antworten zu dieser Fragestellung enthält Anhang A. In diesem Kapitel werden die wichtigsten Ergebnisse von Anhang A zusammengefasst. Folgende Umweltabgaben wurden in die Überlegungen einbezogen: – Abfallabgabe – Abgabe auf Beschäftigten- und Besucherpark- – Abwasserabgabe plätzen – Wasserabgabe – Motorfahrzeugsteuern – Kiesabgabe – Vignetten / Road Pricing – Bodenversiegelungsabgabe – Emissionsabgabe bei Feuerungen – Abgabe auf öff. Parkplätzen – Elektrizitätsabgabe Bei jenen Abgaben und Steuern, die bereits eingeführt sind, steht weniger eine Neukonzeption im Vordergrund, als vielmehr die Integration der bestehenden Abgabe in ein Umweltabgaben-System mit einnahmenseitiger Kompensation.(1) Die Diskussion der einzelnen Abgaben erfolgt in Anhang A anhand des folgenden Rasters: a) Beschreibung und Ausgestaltungsmöglichkeiten: (Varianten A und B) b) Mögliche Einnahmen c) Bestehende Erfahrungen d) Praktikabilität und Vollzugsaufwand e) Rechtliche Anforderungen(2) f) Auswirkungen auf Unternehmen und Haushalte (erste Hinweise) g) Umweltaspekte: Handlungsbedarf, Koordination, Wirkung i) Schlussfolgerung und Empfehlung 1 Auf kantonaler Ebene realisiert sind: Abfallabgabe, Abwasserabgabe, Wasserabgabe und Motorfahrzeugsteuern. 2 Detailabklärungen von rechtlichen Fragestellungen wurden nicht von ECOPLAN, sondern von den Herren P. Flury und R. Schneider von der Rechtsabteilung der Volkswirtschaftsdirektion durchgeführt. ECOPLAN 3 Detailevaluation der Umweltabgaben 3.2 17 Zusammenfassung der Detailevaluation 3.2.1 Ausgestaltung und Einnahmenpotential Bei einzelnen Umweltabgaben ist die Ausgestaltung praktisch vorgegeben. Dies ist z.B. bei Abgaben der Fall, die bereits eingeführt sind und eine Integration in das Konzept MUEK eigentlich nur bedeuten kann, dass die Abgabenhöhe um einen "MUEK-Zuschlag" aufgestockt wird. Bei anderen Abgaben besteht noch ein sehr grosser Ausgestaltungsspielraum (z.B. bei der Bodenversiegelungsabgabe). Die bei solchen Abgaben vorgeschlagene Ausgestaltung ist als Arbeitshypothese zur Klärung der Machbarkeit zu verstehen. Vor einer allfälligen Einführung müssten zwingend weitergehende Abklärungen vorgenommen werden (z.B. Prüfung von sinnvollen Differenzierungen des Abgabesatzes bei der Bodenversiegelungsabgabe). Um die Diskussion zu erleichtern, haben wir bei allen Abgaben zwei Eckvarianten gewählt, die sich in der Abgabenhöhe und u.U. auch in der Ausgestaltung unterscheiden: – eine untere Variante A, die sich an frühere im Grossen Rat oder in der Verwaltung diskutierte Vorschläge oder an Abgaben in anderen Kantonen oder Staaten anlehnt. – eine obere Variante B, mit der bedeutend höhere Einnahmen und/oder Lenkungseffekte angestrebt werden, die aber dennoch aufgrund unserer Einschätzung langfristig nicht als zum vornherein unrealistisch eingestuft werden kann. Diese Varianten dienen in erster Linie dazu, Eckwerte für die Diskussion zu erhalten. Insbesondere bei der Diskussion der Verwendungsmodelle (Kapitel 4) und der wirtschaftlichen Auswirkungen (Kapitel 6) beziehen wir uns auf die gewählten Varianten. Selbstverständlich sind auch andere sinnvolle Varianten möglich. Tabelle 3-1: Ausgestaltung der verschiedenen Umweltabgaben Abgabe Abfallabgabe Abwasserabgabe Ausgestaltungsmerkmale Abgabesätze Variante A Variante B Abgabe pro Tonne Kehricht in Form eines Zuschlages auf der bestehenden Abgabe; Abgabesubjekte: Abfallentsorgungsunternehmen, Gemeinden Zuschlag bei KVA: 15 Fr./t 50 Fr./t Schmutzfrachtabhängige Abgabe in Form eines Zuschlages auf der bestehenden Abgabe; Abgabesubjekt: Betreiber von Abwasserreinigungsanlagen Zuschlag auf Phosphor: 0 Fr./kg 15 Fr./kg Zuschlag bei Deponien: 25 Fr./t 100 Fr./t Zuschlag auf Ammonium: 0 Fr./kg 2 Fr./kg Zuschlag auf Gesamtstickstoff: 1.5 Fr./kg 3.5 Fr./kg Zuschlag auf chem. Sauerstoffbed.: 1.3 Fr./kg 2.3 Fr./kg ECOPLAN 18 Abgabe 3 Detailevaluation der Umweltabgaben Ausgestaltungsmerkmale Abgabesätze Variante A Variante B Wasserabgabe Abgabe in Form eines Zuschlages auf dem Wasserzins; Abgabesubjekt: Konzessionsnehmer Zuschlag auf Trinkwasser: 4 Fr./l pro Min. 13 Fr./l pro Min. 3 2.5 Rp./m 6 Rp./m3 Zuschlag bei Industrie/Gewerbe: 4 Fr./l pro Min. 10 Fr./l pro Min. 3 2 Rp./m 5 Rp./m3 Zuschlag auf Kühlwasser: 0.75 Fr./l pro Min. 2 Fr./l pro Min. 15 Rp./m3 40 Rp./m3 Zuschlag bei Bewässerungen: 0 Fr./Hektare 80 Fr./Hektare Zuschlag für Schwimmbäder: 3 Fr./l pro Min. 6 Fr./l pro Min. Kiesabgabe Abgabe auf dem Kiesabbau; Abgabesubjekt: Konzessionsnehmer (Unterstellung des Kiesabbaus unter das Bergregal) 6 Fr./m3 15 Fr./m3 Versiegelungsabgabe Abgabe auf Neuversiegelungen des Bodens; Abgabesubjekt: Bauherr, Eigent. 25 Fr./m2 50 Fr./m2 Kantonale Parkplatzabgabe auf öffentlichen Parkplätzen Abgabe in Form eines kantonalen Anteils (z.B. 20%) an den kommunalen Einnahmen aus der Parkplatzbewirtschaftung, Abgabesubjekt: Gemeinden Parkplatzabgaben: 1 - 2 Fr./Std. 1.5 - 3 Fr./Std. Kantonale Parkplatzabgaben auf Parkplätzen von privaten Unternehmen Abgabe in Form einer Jahrespau- 120 Fr./Jahr schalen auf Beschäftigten- und Besucherparkplätzen; Abgabesubjekt: Unternehmen Motorfahrzeugsteuern Abgabe in Form einer Erhöhung der Jahressteuer pro Gewichtstonne und Reduktion des Degressionssatzes; Abgabesubjekt: Motorfahrzeughalter Vignette / Road Pricing Strassenbenützungsabgaben in Agglomerationen (denkbar auch auf bestimmten Abschnitten des Kantonsstrassennetzes) Abgabesubjekt: Motorfahrzeuglenker ECOPLAN Parkkartengebühr (Blaue Zone) 360 Fr./Jahr 480 Fr./Jahr 360 Fr./Jahr Erhöhung der Jahressteuer: linear um 10% linear um 10% Reduktion des Degressionssatzes: keine 4 %-Punkte Road pricing nur in der Region Bern Road Pricing in den Regionen Bern, Biel, Thun Richtwerte für die Abgabe: PW: 14 Rp./Fzkm LW: 1.1 Fr./Fzkm 3 Detailevaluation der Umweltabgaben Abgabe Ausgestaltungsmerkmale 19 Abgabesätze Variante A Variante B Emissionsabgabe bei Grossfeuerungen 10 Fr./kg NOx Abgabe auf den jährlichen Stickoxidemissionen (NOx) von grossen Feuerungen (Leistung > 1 Megawatt); Abgabesubjekt: Anlagenbetreiber 30 Fr./kg NOx Elektrizitätsabgabe Abgabe auf der Elektrizität; Abgabesubjekt: Elektrizitätsversorgungsunternehmen 1 Rp./kWh 0.3 Rp./kWh Die in Tabelle 3-1 aufgeführten Abgaben sollen zu staatlichen Einnahmen führen, die eine spürbare Senkung der Fiskalbelastung als Kompensation zulassen. Entsprechend muss an die Abgaben die Anforderung gestellt werden, dass sie auch längerfristig ein gewisses Einnahmenpotential aufweisen. In Tabelle 3-2 ist dieses Potential für die verschiedenen Abgaben wiedergegeben. Bei verschiedenen Abgaben war das Abgabenaufkommen schwierig abzuschätzen, da zum Teil Abgaben untersucht wurden, bei welchen noch sehr wenig Erfahrungen bestehen. Entsprechend sind die Angaben in Tabelle 3-2 ausdrücklich als Grössenordnungen und nicht als exakte Zahlen zu verstehen. Tabelle 3-2: Grobschätzung des Einnahmenpotentials der verschiedenen Abgaben, in Mio. Fr. pro Jahr Abgabe Variante A Variante B Abfallabgabe 12 44 Abwasserabgabe 17 38 Wasserabgabe 5.5 15 Kiesabgabe 27 57 Bodenversiegelungsabgabe 40 80 Abgabe auf öffentlichen Parkplätzen 20 40 Abgabe auf Beschäftigten- und Besucherparkplätzen von Firmen 30 87 Motorfahrzeugsteuern 25 35 Vignette / Road Pricing 20 30 Emissionsabgabe auf Grossfeuerungen 6 17 Elektrizitätsabgabe 19 63 Total 222 506 ECOPLAN 20 3 Detailevaluation der Umweltabgaben Die Schätzungen in Tabelle 3-2 zeigen, dass die in Anhang A analysierten Umweltabgaben grundsätzlich ein substantielles Einnahmenpotential aufweisen. Bei der Abschätzung der Einnahmen sind wir in Anhang A mehrheitlich von eher konservativen Annahmen ausgegangen, so dass die hier ausgewiesenen Werte tendenziell eine Untergrenze darstellen. Ohnehin ist zu beachten, dass eine andere Ausgestaltung der Abgaben auch zu anderen Einnahmen führen würde. Vergleicht man die Grössenordnung der Einnahmenpotentiale z.B. mit den staatlichen Steuereinnahmen im Jahr 1993 von mehr als 2.5 Mrd. Franken (vgl. dazu Tabelle 4-2), wird klar, dass mit den relativ moderaten Abgabesätzen von Variante A nur dann "genügend" hohe Einnahmen erzielt werden, wenn praktisch alle aufgeführten Abgaben in das Konzept MUEK integriert werden können. Oder anders herum gesagt: Wenn einzelne einträgliche Abgaben nicht in das Konzept MUEK integriert werden können, wird es mit Variante A schwierig, genügend Einnahmen zur "Finanzierung" von spürbaren einnahmenseitigen Kompensationen zu erzielen. 3.2.2 Praktikabilität und Vollzugsaufwand Wie unter 3-1 angetönt, stellen die Praktikabilität und der Vollzugsaufwand wichtige Kriterien bei der Beurteilung der Machbarkeit des Konzeptes MUEK dar. Die Abschätzung des Vollzugsaufwand musste sich bei Abgaben, bei welchen die Ausgestaltung noch nicht im Detail festgelegt werden konnte, auf qualitative Aussagen beschränken. In Tabelle 3-3 haben wir unsere Einschätzung aus Anhang A zusammengefasst. Tabelle 3-3: Einschätzung der Praktikabilität und des Vollzugsaufwandes der verschiedenen Abgaben Abgabe Wichtigste Punkte Beurteilung Vollzugsaufwand Abfallabgabe Vollzug grundsätzlich problemlos, da bereits heute Abgaben erhoben werden; noch vorhandene, aber lösbare Probleme: Vollzug bei Abfallexporten, illegale Entsorgung gering Abwasserabgabe Kein nennenswerter Mehraufwand gegenüber un- gering abhängig vom Projekt MUEK geplanter Erhebungsform Wasserabgabe Kein nennenswerter Mehraufwand, gegenüber heutiger Erhebungsform ECOPLAN sehr gering 3 Detailevaluation der Umweltabgaben 21 Abgabe Wichtigste Punkte Beurteilung Vollzugsaufwand Kiesabgabe Trotz Neueinführung geringer Vollzugsaufwand, notwendige Grundlagendaten werden bereits heute bei Erteilung der Abbaubewilligungen erhoben; noch vorhandene, aber lösbare Probleme: Entschädigung der Grundeigentümer, Integration Aushubkies gering bis mittel Versiegelungsabgabe Versiegelte Fläche muss im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens vom Bauherr ausgewiesen und von der zuständigen Behörde geprüft werden; Mehraufwand bei differenzierter Abgabe mittel bis hoch Kantonale Parkplatzabgabe auf öffentlichen Parkplätzen Hoher Aufwand bei den Gemeinden: Ausarbeitung mittel bis hoch Reglemente und Parkplatzkataster, Einführung der Bewirtschaftung; mittlerer Aufwand beim Kanton: Ausarbeitung rechtlicher Grundlagen, Prüfung Reglemente und Parkplatzkataster Kantonale Parkplatzabgaben auf Parkplätzen von privaten Unternehmen Hoher Aufwand bei den Unternehmen: Planung, Einführung und "Betrieb" des Bewirtschaftungsmodells; hoher Aufwand beim Kanton: Ausarbeitung der rechtlichen Grundlagen, Unterstützung der Unternehmen, Kontrolle hoch Motorfahrzeugsteuern Einmalige Anpassung der Veranlagung in der EDV; sehr gering Vignette / Road Pricing Je nach System: mittlere bis hohe Planungs-, Einführungs- und Betriebskosten; Kosten bei Fahrzeugbesitzern bei elektronischer Lösung hoch bis sehr hoch Emissionsabgabe bei Grossfeuerungen Grossfeuerungen werden bereits heute kontrolliert; Hochrechnung der Jahresfrachten mit mittlerem Aufwand möglich mittel Elektrizitätsabgabe Gewisser Zusatzaufwand bei den Elektrizitätsversorgungsunternehmen; Geringer Aufwand beim Kanton gering bis mittel Bei vielen Abgaben kann auf dem bestehenden Vollzug aufgebaut werden. Entsprechend ist nur mit einem geringen Mehraufwand zu rechnen. Nur wenige Abgaben verursachen u.E einen mittleren bis hohen Vollzugsaufwand. Bei der Beurteilung dieses Aufwands sind zusätzlich aber folgende Punkte zu beachten: ECOPLAN 22 3 Detailevaluation der Umweltabgaben ❏ Der ausgewiesene administrative Aufwand darf nicht vollständig dem System MUEK angelastet werden, da die betroffenen Abgaben auch aus anderen Gründen als wegen einer allfälligen Realisierung eines Systems MUEK eingeführt werden: – Die Abgaben auf öffentlichen Parkplätzen werden von zahlreichen Gemeinden unabhängig von einem allfälligen Konzept MUEK erhoben. Insbesondere in den grösseren Agglomerationen sind die Vorbereitungsarbeiten, welche einen grossen Teil des administrativen Aufwands ausmachen, bereits eingeleitet worden (v.a. Agglomeration Bern, aber auch Agglomeration Thun). – Ähnliches - wenn auch in geringerem Ausmass - gilt für die Abgabe auf Beschäftigten- und Besucherparkplätzen: Auch hier sind einzelne Unternehmen von sich aus tätig geworden, nicht zuletzt zwecks verursachergerechter Finanzierung des den Beschäftigten zur Verfügung gestellten Bodens. Die vorgeschlagenen Varianten lassen den Unternehmen den notwendigen Spielraum, damit dies auch nach einer allfälligen Realisierung des Konzeptes MUEK möglich bleibt. – Auch eine allfällige Einführung von Strassenbenützungsgebühren (Vignette / Road Pricing) wird nicht in erster Linie zur Ermöglichung des Konzeptes MUEK erfolgen. Im Vordergrund wird vielmehr die verursachergerechte Finanzierung von Strasseninfrastrukturanlagen stehen. ❏ Nicht aus volkswirtschaftlicher, aber aus Sicht des Kantons ist bedeutend, dass der anfallende Vollzugsaufwand nicht ausschliesslich vom Kanton geleistet werden muss: – Bei den Abgaben auf öffentlichen Parkplätzen müssen die Gemeinden den grössten Teil des Vollzugsaufwandes übernehmen. Ihnen verbleibt bei der vorgeschlagenen Ausgestaltung der Abgabe aber auch der grösste Teil der Einnahmen. Das gleiche gilt für die Unternehmen bei der Abgabe auf Beschäftigten- und Besucherparkplätzen. Zudem stellt das KIGA mit dem Handbuch "Parkraumoptimierung" den Unternehmen Unterlagen zur Verfügung, die mithelfen, den Aufwand für die Einführung einer Parkplatzbewirtschaftung zu reduzieren. – Auch bei einer allfälligen Realisierung eines Road Pricing ist davon auszugehen, dass der Kanton nur einen Teil der Vollzugskosten würde tragen müssen. Angesichts dieser "Arbeitsteilung" zwischen Kanton, Gemeinden und Privatunternehmen ist es für die Höhe des Vollzugsaufwandes von grosser Bedeutung, dass eine allfällige Umsetzung eines Systems MUEK von den drei "beteiligten Parteien" befürwortet wird. Ansonsten steigt der Kontrollaufwand für den Kanton stark an. Insgesamt kommen wir zum Schluss, dass der Vollzugsaufwand im Vergleich zu den potentiellen Einnahmen bei keiner Abgabe in einem derart ungünstigen Verhältnis steht, dass von einem "Killerkriterium" gesprochen werden müsste. Alle Abgaben können als grundsätzlich machbar bezeichnet werden. Der vergleichsweise hohe Aufwand bei den beiden Formen von kantonalen Parkplatzabgaben sowie bei der Einführung eines Road Pricings kann u.E. durch die hohen Einnahmen und die "Nebenwirkungen" (v.a. verursachergerechte Finanzierung von Verkehrsanlagen) gerechtfertigt werden. ECOPLAN 3 Detailevaluation der Umweltabgaben 23 3.2.3 Rechtliche Anforderungen Grundsätzlich ist es problematisch, allfällig hohe rechtliche Anforderungen als Hauptargument gegen die Machbarkeit einer bestimmten Abgabenlösung zu betrachten, da gesetzliche Normen veränderbar sind und eigentlich den jeweiligen politischen Willen einer Mehrheit der Gesellschaft widerspiegeln sollten. Dies trifft in hohem Masse zu, solange eine entsprechende gesetzliche Regelung grundsätzlich in der Kompetenz des Kantons liegt. Sehr viel kritischer sind hingegen Abgabenlösungen zu beurteilen, die eine Änderung gesetzlicher Grundlagen auf Bundesebene notwendig machen. Eine Zusammenfassung unserer Einschätzung und jener der Rechtsabteilung der Volkswirtschaftsdirektion der Machbarkeit der verschiedenen Abgaben aus rechtlicher Sicht enthält Tabelle 3-4. Die Tabelle beurteilt nur, ob aus rechtlicher Sicht die Einführung der verschiedenen Abgaben möglich ist. Die politische Machbarkeit haben wir auftragsgemäss nicht beurteilt. Tabelle 3-4: 3 Beurteilung der Abgaben aus rechtlicher Sicht Abgabe Wichtigste Punkte Beurteilung aus rechtlicher Sicht Abfallabgabe Revision des kantonalen Abfallgesetzes notwendig machbar Abwasserabgabe Revision des kantonalen Wassernutzunggesetzes notwendig resp. Einbau in das neu entworfene Gewässerschutzgesetz machbar Wasserabgabe Einbau im Rahmen der laufenden Entflechtung Abwasser/Wasser in das kantonale Wassernutzungsgesetz machbar Kiesabgabe Revision des kantonalen Bergwerksgesetzes und Ausarbeitung neuer gesetzlicher Grundlagen notwendig machbar Versiegelungsabgabe Vereinbarkeit mit der Kantonsverfassung gegeben, machbar Ausarbeitung neuer gesetzlicher Grundlagen notwendig, Kantonale Parkplatzabgabe auf öffentlichen Parkplätzen Ausarbeitung eines kantonalen Gesetzes notwendig; evtl. teilweise Konflikt mit Bundesverfassung, Bundesgerichtsurteil wird Klarheit schaffen (Klärung des Begriffs "gesteigerter Gemeingebrauch"); Eingriff in die Gemeindeautonomie machbar, aber evtl. mit Einschränkungen(3) Evtl. unter gewissen Restriktionen, je nach Festlegung des Begriffs "gesteigerter Gemeingebrauch" durch das Bundesgericht. ECOPLAN 24 3 Detailevaluation der Umweltabgaben Abgabe Wichtigste Punkte Beurteilung aus rechtlicher Sicht Kantonale Parkplatzabgaben auf Parkplätzen von privaten Unternehmen Ausarbeitung eines kantonalen Gesetzes notwendig; ob Überwälzungspflicht festgelegt werden kann, ist unsicher; Zielkonflikt mit Parkplatzersatzabgabe machbar, aber evtl. mit Einschränkungen(4) Motorfahrzeugsteuern Revision des kantonalen Gesetzes über den Stras- machbar senverkehr und die Besteuerung der Strassenfahrzeuge notwendig, Zweckbindung aufheben Vignette / Road Pricing "Noch-Kollision" mit Bundesrecht (BV Art. 37), Motionen zur Anpassung BV sind hängig; politischer Wille ausschlaggebend; Konflikt mit betroffenen Gemeinden noch kritisch (letztlich politische Frage) Emissionsabgabe bei Grossfeuerungen Zulässigkeit nicht völlig klar, Änderung des kantonalen Lufthygienegesetzes auf jeden Fall notwendig kritisch, aber wohl machbar Elektrizitätsabgabe kritisch Unklar, ob Kollision mit Bundesrecht (Mehrwertsteuer); Regierung/Verwaltung erachten die Abgabe als machbar, Bundesgerichtsentscheid muss letztlich Klarheit schaffen Die rechtlichen Anforderungen stellen eigentlich nur bei der Elektrizitätsabgabe - und auch hier nur bei einem entsprechenden Urteil des Bundesgerichts - ein "Killerargument" dar. Uneinigkeit herrscht in der Lehre auch bei der Frage, ob ausgehend vom nationalen Umweltschutzgesetz gesamtkantonale Emissionsabgaben zulässig sind, oder ob dies nur in besonders belasteten Gebieten ("Massnahmenplangebieten") der Fall ist. Die rechtlichen Möglichkeiten zur Einführung von flächendeckenden Strassenbenützungsgebühren (Vignette / Road Pricing) sind derzeit wegen Artikel 37 der Bundesverfassung nicht gegeben. Die Bundesversammlung kann für einzelne Verkehrsinfrastrukturanlagen (wie z.B. für den Tunnel am Grossen St. Bernhard) Ausnahmen gewähren, nicht aber für flächendeckende Projekte. Gegenwärtig wird auf Bundesebene diskutiert, ob und wie Art. 37 BV angepasst werden könnte. Aus der Sicht des Kantons Bern haben wir diese Abgabe aufgrund des sehr beschränkten kantonalen Handlungsspielraums als kritisch eingestuft. 4 Evtl. unter gewissen Restriktionen, je nach Festlegung des Begriffs "gesteigerter Gemeingebrauch" durch das Bundesgericht. ECOPLAN 3 Detailevaluation der Umweltabgaben 25 3.2.4 Auswirkungen auf Unternehmen und Haushalte (erste Hinweise) In Kapitel 6 stellen die Auswirkungen auf die Unternehmen und Haushalte die zentralen Untersuchungsgegenstände dar. Erste Überlegungen in Anhang A haben - kurz zusammengefasst - folgende Schwerpunkte aufgezeigt, die in Kapitel 6 vertieft werden: ❏ Bei einzelnen Abgabenlösungen sind Ermässigungsmodelle zu diskutieren, wenn die Abgaben für Unternehmen aus bestimmten Branchen nicht zu einer übermässigen Belastung führen sollen (z.B. für abwasserintensive Unternehmen bei Einführung einer erhöhten Abwasserabgabe). ❏ Die Randregionen-Problematik ist sowohl aus der Sicht der betroffenen Unterneh- men als auch der Haushalte zu untersuchen, da die Belastung durch einzelne Abgaben eine räumliche Komponente enthält. ❏ Generell zu betrachten ist die unterschiedliche Betroffenheit von Industrie- und Dienstleistungsbetrieben sowie von verschiedenen Branchen. 3.2.5 Umweltaspekte: Handlungsbedarf, Koordination, Wirkung Tabelle 3-5 zeigt, dass die Abgaben in Umweltbereichen mit unterschiedlichem ökologischen Handlungsbedarf ansetzen. Ebenso unterschiedlich fallen die zu erwartende Wirkung(5) und der Bedarf nach einem koordinierten Vorgehen mit Bestrebungen auf anderen Ebenen aus. Tabelle 3-5: Beurteilung des ökologischer Aspekte der verschiedenen Abgaben Abgabe Ökologischer Handlungsbedarf Ökologische Wirkung Koordinationsbedarf (Bund, Kantone) Abfallabgabe mittel mittel mittel Abwasserabgabe mittel mittel bis hoch mittel Wasserabgabe gering gering gering Kiesabgabe mittel mittel mittel Versiegelungsabgabe mittel gering bis mittel gering Abgabe auf öff. PP hoch mittel gering Abgabe auf priv. PP hoch mittel bis hoch Motorfahrzeugsteuern mittel bis hoch gering bis mittel(6) gering gering(7) Vignette / Road Pricing hoch hoch hoch Emissionsabgabe hoch mittel gering Elektrizitätsabgabe mittel gering gering bis mittel 5 Bei der Beurteilung der Wirkung gehen wir grundsätzlich von Variante B aus. 6 Bessere ökologische Wirkung, wenn Bemessungsgrundlage geändert wird. 7 Im Falle einer Anpassung der Bemessungsgrundlage: hoch. ECOPLAN 26 3 Detailevaluation der Umweltabgaben Wie zu erwarten war, stellt das Kriterium "Umweltaspekte" für keine Abgabe ein "Killerkriterium" dar. Bei der Einstufung der in Tabelle 3-5 summarisch zusammengefassten Umweltaspekte sind folgende Punkte zu beachten: ❏ Tabelle 3-5 zeigt, dass das System MUEK auch in Bereichen ansetzt, in welchen die bestehenden Umweltprobleme noch ungelöst sind und ein hoher Handlungsbedarf besteht. Dies trifft insbesondere auf die Luftreinhaltung zu. Die im System MUEK vorgesehenen Abgaben (Verkehrsabgaben, Feuerungen) würden massgeblich zu einer Erreichung der in den Massnahmenplänen zur Luftreinhaltung vorgesehenen Umweltzielen beitragen. ❏ Die Umweltbelastung verursacht Kosten, die gegenwärtig von der Allgemeinheit und nicht von den Verursachern getragen werden müssen. Diese "externen Kosten" fallen ins Gewicht: Allein für die Region Bern wurden z.B. die externen Kosten des PW-Verkehrs auf rund 150 Mio. Fr. geschätzt.(8) Das Konzept MUEK führt in den verschiedenen Umweltbereichen zu einer Abnahme der externen Kosten und trägt dazu bei, dass künftig vermehrt die Verursacher für die Kosten der Umweltbelastung aufkommen müssen. ❏ Das Konzept MUEK verhilft dem marktwirtschaftlichen Umweltschutz auf kantonaler Ebene zum Durchbruch. Es stellt damit eine Alternative zu einer auf Geboten und Verboten basierenden Umweltpolitik dar, deren Grenzen aus vollzugstechnischer Sicht und aus dem Gesichtspunkt der Wirksamkeit immer deutlicher geworden sind. Mittelbis längerfristig ist durchaus vorstellbar, dass die Wirkung der Umweltabgaben des Systems MUEK weitere Umweltvorschriften erübrigen oder bestehende Vorschriften abgebaut werden können (vgl. dazu auch Abschnitt 6.5.3). ❏ Bei der Einstufung der ökologischen Wirkung sind auch die längerfristigen Auswirkun- gen der Umweltabgaben zu berücksichtigen. Abgaben setzen einen dauerhaften Anreiz, schädliche Emissionen zu vermeiden. Dies kann Innovationen bei den Emissionsvermeidungstechnologien anregen, die weit über die heute absehbaren Möglichkeiten hinausführen. Die Einstufung der ökologischen Wirkung aus heutiger Sicht tendiert, die längerfristigen positiven Umweltwirkungen zu unterschätzen. Vor diesem Hintergrund und aufgrund der zahlreichen Ansatzpunkte des Konzeptes MUEK ist davon auszugehen, dass eine Realisierung von MUEK mittel- bis längerfristig zu einem verbesserten Kosten-Nutzen-Verhältnis in der bernischen Umweltpolitik führen wird. 3.3 Schlussfolgerungen Die wichtigste Schlussfolgerung aus der Detailevaluation in Anhang A lautet: Alle geprüften Abgaben sind grundsätzlich machbar. Zwischen den verschiedenen Abgaben bestehen aber erhebliche Unterschiede. Im Sinne einer groben Unterteilung der Machbarkeit haben wir drei Gruppen von Abgaben unterschieden: 8 Vgl. ECOPLAN (1992), Externe Kosten im Agglomerationsverkehr, S. 108. ECOPLAN 3 Detailevaluation der Umweltabgaben 27 ❏ Gruppe 1 umfasst die relativ leicht realisierbaren Abgaben, die in jedem Fall Kern ei- nes allfälligen Umweltabgaben-Systems mit einnahmenseitiger Kompensation sein sollten und aus der Sicht der Machbarkeit ohne Vorbehalt empfohlen werden können. Sie umfassen ein Einnahmenpotential in der Grössenordnung von 105.5 (Variante A) bzw. 252 Mio. Fr. (Variante B). Zu Gruppe 1 zählen wir – Abfallabgabe – Abwasserabgabe – Wasserabgabe – Kiesabgabe – Motorfahrzeugsteuern – Elektrizitätsabgabe (die rechtliche Machbarkeit vorausgesetzt) ❏ Zu Gruppe 2 gehören Abgaben, deren Einführung zwar lösbare, aber nicht unerhebli- che Probleme vollzugstechnischer oder rechtlicher Natur stellt. Die Grobschätzung des Potentials dieser Abgaben beträgt 96 bzw. 224 Mio. Fr. Zu Gruppe 2 gehören u.E. die – Bodenversiegelungsabgabe – kantonale Abgabe auf öffentlichen Parkplätzen – kantonale Abgabe auf Parkplätzen von privaten Unternehmen – Emissionsabgabe bei Grossfeuerungen ❏ Die Gruppe 3 umfasst schwierig zu realisierende Abgabetypen. Wir zählen dazu nur gerade die verschiedenen Formen von Strassenbenützungsabgaben (Vignette / Road Pricing). Die Gründe für unsere Einschätzung sind: Die noch offene rechtliche Machbarkeit, der geringen kantonale Handlungsspielraum, der hohe Koordinationsbedarf mit internationalen Lösungen bezüglich der Abgabenerhebungstechnologie, das "Konkurrenzverhältnis" zu den Parkplatzabgaben und der abzusehende Konflikt mit den betroffenen Gemeinden. Mit dieser Beurteilung sprechen wir uns keineswegs gegen das Instrument an sich aus. Im Gegenteil, aus ökonomischer Sicht sind Strassenbenützungsabgaben besser einzustufen als etwa Parkplatzabgaben. Wir sind aus den genannten Gründen bloss der Meinung, dass Vignetten- oder Road Pricing-Lösungen aufgrund der gegenwärtigen Ausgangslage nicht unbedingt im Rahmen des Konzeptes MUEK weiterverfolgt werden sollten. Sollten bis zum allfälligen Einführungszeit des Konzeptes MUEK die offenen Fragen im Zusammenhang mit Road Pricing geklärt sein, wäre das Instrument wieder in die Betrachtungen einzubeziehen. ECOPLAN 28 4 Detailevaluation der Verwendungsmodelle 4 Detailevaluation der Verwendungsmodelle 4.1 Einleitung In Kapitel 3 standen die möglichen Umweltabgaben im Vordergrund. In diesem Kapitel wird die Frage diskutiert, wie die Einnahmen aus den Umweltabgaben verwendet werden sollen und können. Für die Verwendung des Abgabenaufkommens sind zahlreiche verschiedene Formen denkbar. Das Spektrum reicht grundsätzlich von einer starren Zweckbindung bis zu verschiedenen Formen der Rückerstattung der Einnahmen an die Wirtschaftssubjekte und an die Bevölkerung. Im Rahmen dieser Machbarkeitsstudie werden nur staatsquotenneutrale Verwendungsformen vertieft untersucht. Es sind dies – Steuersenkungsmodelle sowie – direkte Rückerstattungsmodelle. Die ausführliche Diskussion der verschiedenen Möglichkeiten von Steuersenkungen(1) und Rückerstattungen ist in Anhang B wiedergegeben. In Anhang B werden folgende Vewendungsmodelle detailliert untersucht: Bevölkerung / Haushalte Wirtschaft / Unternehmen Steuersenkungen: Steuersenkungen: – Reduktion der Einkommenssteuer für natür- – Reduktion der Gewinnsteuer für juristische liche Personen (Abschnitt B1.1 in Anhang B) Personen (B1.2) – Reduktion der Kapitalsteuer für juristische Personen (B1.3) Direkte Rückerstattung: Direkte Rückerstattung: – Reduktion der Beiträge der Arbeitnehmer – Arbeitsplatzbonus: Auszahlung eines Pau- an die Sozialversicherungen (B2.1) schalbetrags pro Arbeitsplatz (B2.4) – Rückerstattung einer Pauschalen pro Kopf – Lohnsummenbonus: Rückerstattung ge- über die Krankenpflegeversicherung (B2.2) mäss AHV-Lohnsumme (B2.5) – Verrechnung einer Pauschalen pro Kopf mit der Steuerrechnung bzw. Auszahlung (B2.3) 1 Bei den Steuersenkungsmodellen werden in Anhang B unterschiedliche Varianten von Steuersenkungen untersucht: – Variante 1: Einführung eines zusätzlichen Abzuges (Pauschale oder Prozentabzug) auf der Steuerbemessungsgrundlage (z.B. steuerbares Einkommen) – – – – Variante 2: Änderung der Einheitsansätze gemäss Steuergesetz Variante 3: Änderung der Steueranlage Variante 4: Prozentabzug auf dem Steuerbetrag Variante 5: Aufhebung einer Steuer. ECOPLAN 4 Detailevaluation der Verwendungsmodelle 29 Die verschiedenen Verwendungsmodelle werden anhand folgender Kriterien analysiert: – Wirkung auf die Standortgunst des Kantons Bern – Sozialverträglichkeit und Verteilungsneutralität – Administrativer Aufwand für die Verwendung der Einnahmen – Rechtliche Verankerung – Flexibilität (Auffangen von Schwankungen bei den Einnahmen aus den Umweltabgaben) Die Ergebnisse der Detailevaluation werden im nächsten Abschnitt zusammengefasst. Leserinnen und Leser die an der Herleitung der Ergebnisse interessiert sind, finden diese in Anhang B. 4.2 Zusammenfassung der Detailevaluation Die Diskussion der verschiedenen Verwendungsmodelle in Anhang B hat ergeben – dass die Machbarkeit eines Umweltabgaben-Systems mit einnahmenseitiger Kompensation auf kantonaler Ebene durch die Verwendungsseite nicht in Frage gestellt wird. – dass sowohl auf der Haushaltsseite als auch auf der Wirtschaftsseite machbare Verwendungsmodelle gefunden werden konnten. – dass als Verwendungsmodelle Steuersenkungen und direkte Rückerstattungen möglich sind. Unter Berücksichtigung sämtlicher Beurteilungskriterien kommen wir zum Schluss, dass bei einer Realisierung des Systems MUEK auf kantonaler Ebene folgende Verwendungsmodelle für die einnahmenseitigen Kompensationen in Betracht gezogen werden sollten: Bevölkerung / Haushalte Wirtschaft / Unternehmen – Senkung der Steueranlage – Senkung der Steueranlage – Pauschale pro Kopf: Verrechnung mit der – Lohnsummenbonus Steuerrechnung bzw. direkte Auszahlung Die wichtigsten Merkmale sowie die Vor- und Nachteile der ausgewählten Verwendungsmodelle sollen im folgenden kurz zusammengefasst werden. a) Senkung der Steueranlage, Haushaltsseite Die Steueranlage ist das alljährlich durch den Grossen Rat festgelegte Vielfache(2) der einfachen Steuer. Gemäss Art. 3 Abs. 3 des kantonalen Gesetzes über die direkten Staatsund Gemeindesteuern (StG) ist die Steueranlage für alle direkten Steuern die gleiche. Auf 2 Gegenwärtig beträgt die Anlage für die Staatssteuern 2.3. ECOPLAN 30 4 Detailevaluation der Verwendungsmodelle der Haushaltsseite führt eine Senkung der Steueranlage zu Reduktionen folgender Steuerarten: – Einkommenssteuer – Vermögenssteuer – Vermögensgewinnsteuer (Steuer auf wirklich erzielten Grundstückgewinnen und auf Lotteriegewinnen). Soll die einnahmenseitige Kompensation der Umweltabgaben über eine Senkung der Steueranlage erfolgen, müsste in Artikel 3 StG oder allenfalls in einem Spezialgesetz ("MUEK-Gesetz") festgehalten werden, dass der Grosse Rat bei der Festlegung der Steueranlage die Einnahmen aus den marktwirtschaftlichen Umweltinstrumenten berücksichtigt. Die wichtigsten Merkmale dieses Verwendungsmodells lauten: ❏ Der grösste Vorteil ist die Einfachheit des Modells. Bei keinem anderen Modell erfolgt die einnahmenseitige Kompensation zu derart geringen administrativen Kosten. ❏ Das Modell hat eine positive Wirkung auf die Standortgunst, da wohlhabendere Personen und damit eher höher qualifizierte Arbeitskräfte überdurchschnittlich profitieren. Auf der Einkommensseite fällt sowohl ihre absolute Entlastung als auch ihre relative Entlastung im Vergleich zum Einkommen höher aus als bei ärmeren Personen. Zudem beeinflusst die Anlagesenkung auch die Vermögenssteuer und die Vermögensgewinnsteuer. Mit Ausnahme der Lotteriegewinne fallen diese beiden Steuern praktisch nur bei besser bemittelten Personen an. Insgesamt dürfte eine Anlagesenkung damit die Schwierigkeiten etwas abbauen, hochqualifizierte Arbeitskräfte in den Kanton Bern zu holen oder im Kanton Bern zu halten. ❏ Eine Anlagesenkung hätte unmittelbare Rückwirkungen auf den Steuerindex. Anhang B macht allerdings deutlich, dass die Anlagesenkung mehrere Steuerzehntel betragen müsste, damit der Kanton Bern im interkantonalen Steuervergleich einen "kommunizierbaren" Schritt nach vorn machen würde. ❏ Die Anlagesenkung bezieht auch die Quellenbesteuerten mit ein, was aus rechtlicher Sicht zwingend notwendig ist. Der Quellensteuertarif wird unter anderem von der kantonalen Steueranlage bestimmt. ❏ Die Anlagesenkung beeinflusst das Verwendungsmodell auf der Unternehmensseite, da die Steueranlage auch für die Ermittlung der Gewinn- und Kapitalsteuer für juristische Personen sowie für die Ermittlung der Vermögensgewinnsteuer ausschlaggebend ist. ❏ Weil die Steueranlage für verschiedene direkte Steuern die gleiche ist, kann keine gezielte Senkung einer bestimmten Steuer (z.B. Einkommenssteuer) vorgenommen werden. Zudem wird auch die Vermögensgewinnsteuer als nicht-periodische, sondern objekt- bzw. fallbezogene Steuer reduziert, was sachlich kaum begründet werden kann. Es ist allerdings zu beachten, dass die Einnahmen aus der Einkommenssteuer die Gesamteinnahmen aus direkten Steuern deutlich dominieren (vgl. Tabelle B-2 in Anhang B). ECOPLAN 4 Detailevaluation der Verwendungsmodelle 31 ❏ Der Nachteil einer Steueranlagesenkung besteht in der unvollständigen Sozialver- träglichkeit: Nur jene Personen kommen unmittelbar in den Genuss einer Steuersenkung, die bisher überhaupt Steuern bezahlten. Über 72'000 Steuerpflichtige taten dies 1993 nicht. Über eine allfällig verbesserte Standortgunst und damit verbunden über eine Stärkung der bernischen Wirtschaftskraft (vgl. dazu Kapitel 6) profitieren auch diese Personen bis zu einem gewissen Grad von einem Umweltabgaben-System mit Steuersenkungen als einnahmenseitiger Kompensation. ❏ Eine Feinabstimmung mit der Höhe der Einnahmen aus den Umweltabgaben ist nicht möglich: Ein Steuerzehntel beläuft sich auf über 100 Mio. Fr. b) Verrechnung eines Pauschalbetrages pro Kopf mit der Steuerrechnung bzw. Auszahlung Bei diesem Verwendungsmodell erfolgt die Rückerstattung der Einnahmen aus den Umweltabgaben in Form eines Pauschalbetrages pro Kopf. Für Kinder unterhalb einer bestimmten Altersschwelle wäre z.B. die halbe Pauschale zu verrechnen. Die Rückerstattung erfolgt durch die kantonale Steuerverwaltung. Das Modell erfasst alle Personen, die eine Steuererklärung im Kanton Bern ausfüllen müssen. (3) Für die Rückerstattung der Einnahmen aus den Umweltabgaben sind grundsätzlich zwei Varianten denkbar: 1) Der Pauschalbetrag wird von der Steuerrechnung abgezogen und z.B. mit der ersten Steuerrate verrechnet. 2) Wenn der Pauschalbetrag höher ist als die insgesamt geschuldeten Steuern, wird eine entsprechende Auszahlung vorgenommen (auf ein Bank- oder Postcheck-Konto oder durch eine Barauszahlung via PTT). Es wäre auch denkbar, nur diese Auszahlungsform anzuwenden: In diesem Fall müsste die Steuerverwaltung einmal im Jahr unabhängig von der Steuerrechnung eine Auszahlung des Pauschalbetrages vornehmen. Die wichtigsten Merkmale dieses Verwendungsmodells lauten kurz zusammengefasst: ❏ Das Modell ist sozialverträglich ausgestaltbar, da der Pauschalbetrag unabhängig vom Einkommen ist und entsprechend der durchschnittlichen Belastung eines Haushaltes mit den Umweltabgaben festgelegt werden kann. Zudem können auch Kinder einbezogen werden. ❏ Aus der Sicht der Standortgunst bringt das Verwendungsmodell eine bescheidene Verbesserung, da der Pauschalbetrag für hochqualifizierte Arbeitskräfte und damit tendenziell wohlhabendere Personen nur eine geringe Entlastung bedeutet. Diese Personen würden von einer Senkung der Steueranlage stärker profitieren. 3 Keine Steuererklärung ausfüllen müssen folgende, im Kanton Bern lebende Personen: – Quellenbesteuerte – auswärts (d.h. nicht im Kanton Bern) bevormundete Personen. ECOPLAN 32 4 Detailevaluation der Verwendungsmodelle ❏ Die pauschale Rückerstattung beeinflusst den Steuerindex. Bedingung dazu ist, dass die Rückerstattung in der kantonalen Steuergesetzgebung ausdrücklich erwähnt wird. ❏ Die Rückerstattung kann flexibel der Höhe der Einnahmen aus den Umweltabgaben angepasst werden. ❏ Das Modell muss auch die Quellenbesteuerten einbeziehen. Da die Quellenbesteuer- ten kommunal erfasst werden, muss die Auszahlung der Pauschale durch die Gemeinden erfolgen. Aufgrund der Unterlagen, die Quellenbesteuerte bzw. deren Arbeitgeber bei der Gemeinde einreichen müssen, besitzen die Gemeinden genügend Informationen, um die Höhe des Pauschalbetrages zu bestimmen. Die Summe der Pauschalen würde anschliessend dem Kanton in Rechnung gestellt. In jedem Fall verursacht die "Sonderbehandlung" der Quellenbesteuerten einen administrativen Mehraufwand. c) Senkung der Steueranlage, Unternehmensseite Eine Senkung der Steueranlage führt auf der Unternehmensseite zu einer Reduktion der – Gewinnsteuer: Steuer auf dem Reingewinn von juristischen Personen (z.B. Aktiengesellschaften, Genossenschaften) – Kapitalsteuer: Steuer auf dem Eigenkapital von juristischen Personen. Wie oben erwähnt, gilt für diese Steuern die gleiche Steueranlage wie für die Einkommens- und Vermögenssteuer der natürlichen Personen. Die wichtigsten Merkmale dieses Verwendungsmodells sind: ❏ Der administrative Aufwand ist vernachlässigbar gering. ❏ Dieses Verwendungsmodell begünstigt erfolgreiche Unternehmen, da es mit einer Reduktion der Gewinnsteuer verbunden ist. Unternehmen, die keinen Gewinn erzielen, profitieren nur von der Abnahme der Kapitalsteuer. ❏ Das Eigenkapitals eines Unternehmens ist eine eher unausgewogene Bemes- sungsgrundlage zur Bestimmung der Höhe der Rückerstattung. ❏ Die Steuersenkungen werden durch den Steuerindex erfasst. Die Verbesserung der heute bereits guten Position des Kantons Bern im interkantonalen Vergleich kann "nach aussen" kommuniziert werden. ❏ Das Verwendungsmodell schliesst nur juristische Personen mit ein. Personengesell- schaften und weitere Selbständigerwerbende werden nicht erfasst. ❏ Die Holding- und Domizilgesellschaften versteuern ihr Eigenkapital zu einem festen Satz (vgl. Art. 71 und 71a StG). Entsprechend profitieren Sie von einer Senkung der Steueranlage nicht. ❏ Eine flexible Anpassung der Rückerstattung an die Höhe der Einnahmen ist nicht möglich, da ein Steuerzehntel einen Betrag vom mehr als 100 Mio. Fr. ausmacht. ECOPLAN 4 Detailevaluation der Verwendungsmodelle 33 d) Lohnsummenbonus Ziel des Verwendungsmodell ist, den Unternehmen die Einnahmen aus den Umweltabgaben in Form eines Prozentsatzes auf der AHV-pflichtigen Lohnsumme zurückzuerstatten. Gegenüber den Steuersenkungsmodellen zeichnet sich dieses Rückerstattungsmodell dadurch aus, dass die Unternehmen unabhängig von ihrer Gesellschaftsform erfasst werden. Die Ergebnisse der Diskussion dieses Modells in Anhang B lauten kurz zusammengefasst: ❏ Unternehmen, mit einem relativ hohem Personalkostenanteil profitieren stärker als Unternehmen mit relativ hohen Kapitalkosten. Tendenziell bevorteilt der Lohnsummenbonus den Dienstleistungssektor gegenüber dem Industriesektor. ❏ Der Umfang der Rückerstattung kann flexibel an die Einnahmen aus den Umweltab- gaben angepasst werden. ❏ Da die Unternehmen unabhängig von ihrer Gesellschaftsform erfasst werden, er- geben sich keine Verzerrungen zwischen Personengesellschaften und Selbständigerwerbenden einerseits und juristischen Personen (Aktien- und Genossenschaften) andererseits. ❏ Der administrative Aufwand ist höher als im Fall einer Steueranlagesenkung. ❏ Der Steuerindex wird durch die Erstattung eines Lohnsummenbonus nicht beein- flusst. Die Berechnung der Steuerindices bei den juristischen Personen beruht auf bestimmten Annahmen bezüglich der Höhe des Eigenkapitals und der Rendite. Die Lohnsumme spielt für die Berechnung keine Rolle. Entsprechend kann auch diese Rückerstattungsform nicht in die Berechnung einfliessen. Es ist allerdings zu bedenken, dass der Kanton Bern bezüglich der Steuerbelastung von juristischen Personen im interkantonalen Vergleich gegenwärtig recht gut dasteht. Eine "Imagekorrektur" ist in diesem Bereich weniger dringend als bei der Besteuerung der natürlichen Personen. ❏ Der Einbezug der öffentlichen Verwaltung in die Rückerstattung schmälert die Mittel, die für die Rückerstattung an die Unternehmen zur Verfügung stehen. 4.3 Schlussfolgerungen Aus der Diskussion im vorangehenden Abschnitt können eigentlich zwei Schlussfolgerungen gezogen werden: ❏ Die spezifischen Vor- und Nachteile der oben beschriebenen Verwendungsmodelle deuten darauf hin, dass auf den ersten Blick eine Kombination der verschiedenen Modelle die erfolgversprechendste Variante wäre. Dazu ein Beispiel: Mit einer Senkung der Steueranlage allein verbessert sich zwar tendenziell die Standortgunst des Kantons Bern für besserverdienende Personen und damit auch für die Wirtschaft, für die weniger bemittelten Haushalte stellt sich aber nur eine geringe Verbesserung oder gar eine Verschlechterung ein. Mit der Rückerstattung einer Pauschalen pro Kopf könnte dieser Effekt korrigiert werden. ECOPLAN 34 4 Detailevaluation der Verwendungsmodelle ❏ Sobald aber verschiedene Verwendungsmodelle realisiert werden sollen, steigen die administrativen Kosten für die Umsetzung des Konzeptes MUEK. Der Entscheid, welches Verwendungsmodell bei einer Realisierung des Konzeptes MUEK zu wählen wäre, hängt damit entscheidend davon ab, welches Gewicht den einzelnen in Abschnitt 4.1 erwähnten Beurteilungskriterien beigemessen wird. Diese Gewichtung kann nicht aus wissenschaftlicher Sicht, sondern nur aus politischer Sicht vorgenommen werden. Es ist uns daher nicht möglich, das beste Verwendungsmodell zu benennen. Aus diesem Grund beschreiben wir im folgenden verschiedene Kombinationsmöglichkeiten. Ausgehend von den in Kapitel 3 abgeschätzten Einnahmen aus den Umweltabgaben haben wir die verschiedenen Verwendungsvarianten(4) durchgerechnet. Übersicht 4-1 zeigt die Berechnung anhand eines konkreten Beispiels, Tabelle 4-2 fasst die Ergebnisse für die analog durchgerechneten Verwendungsvarianten zusammen. Übersicht 4-1 ist wie folgt aufgebaut und geht von folgenden Annahmen aus: ❏ Ausgangspunkt sind die Einnahmen aus den Umweltabgaben gemäss Variante B, wie sie in Tabelle 3-2 wiedergegeben sind. Das Instrument "Road Pricing" ist nicht enthalten. Ansonsten sind alle Umweltabgaben der Gruppen 1 und 2 aus Abschnitt 3.3 einbezogen. Der Einnahmenausfall hervorgerufen durch das Rabattsystem (Begrenzung der Belastung für besonders stark betroffene Unternehmen) und durch die geschätzten Lenkungseffekte sind berücksichtigt. ❏ Die linke Hälfte der Tabelle bezieht sich auf die Haushaltsseite, die rechte auf die Un- ternehmensseite. ❏ Die Übersicht zeigt, woher die Einnahmen aus den Umweltabgaben stammen ("Einnahmen von den Haushalten, Einnahmen von den Unternehmen"). ❏ Für beide Seiten sind je beide noch zur Diskussion stehenden Verwendungsmodelle aufgeführt: Steueranlagesenkung mit Auswirkungen auf der Haushalts- und auf der Unternehmensseite, die Pauschale pro Kopf auf der Haushaltsseite und der Lohnsummenbonus auf der Unternehmensseite. ❏ In Übersicht 2-1 ist folgende Verwendungsvariante (im folgenden Verwendungsvari- ante 1 (VV1) genannt) wiedergegeben: – Die kantonale Steueranlage wird um 2 Steuerzehntel (STZ) von 2.3 auf 2.1 gesenkt. – Die pauschale Rückerstattung pro Kopf beträgt Fr. 145.- für Erwachsene und Fr. 75.- für Kinder. Mit diesen Pauschalbeträgen wird sichergestellt, dass die Zusatzbelastung der ärmsten Haushalte durch die Abgaben im Durchschnitt ausgeglichen wird (vgl. dazu Abschnitt 6.3). – Den Unternehmen wird ein Lohnsummenbonus von 0.4% erstattet. ❏ Der Vergleich von Einnahmen und Kompensation zeigt für die Haushaltsseite und die Unternehmensseite, inwieweit sich pro Seite die Einnahmen und die Rückerstattung die Waage halten. 4 Um begriffliche Missverständnisse zu vermeiden, verwenden wir für die Kombination von verschiedenen Verwendungsmodellen den Begriff "Verwendungsvarianten". ECOPLAN ECOPLAN 2'244 Steuereinnahmen total von natürlichen Personen Überschuss Gesamtsystem (neg. Vorz. = Nettomehrbelastung): -4 -157 Vergleich Abgabenbelastung und Kompensation 154 Überschuss (negatives Vorzeichen = Nettom ehrbelastung) 323 Total einnahmenseitige Kompensation, Haushaltsseite Vergleich Abgabenbelastung und Kompensation 30'223 0.4% 121 Überschuss (negatives Vorzeichen = Nettom ehrbelastung) AHV-pflichtige Lohnsumme im Kanton Bern Lohnsummenbonus in % Lohnsummenbonus total 138 786'364 179'685 145 75 127 Lohnsummenbonus 8 17 114 10 41 5 24 194 295 Total einnahmenseitige Kompensation, Unternehmensseite Bevölkerung, Erwachsene (1993) Bevölkerung, Kinder (1993) Pauschale pro erwachsene Person in Fr. Pauschale pro Kind in Fr. Pauschale total in Mio. Fr. Pauschale pro Kopf ein Steuerzehntel Steuerausfall bei einer Red. der Anlage um 2 Steuerzehntel 2'030 154 60 98 195 Massgebende Steuern (1993): Ertragssteuer der AG und GmbH Ertragssteuer der Genossenschaften Kapitalsteuer der AG und GmbH Kapitalsteuer der Genossenschaften Anteil an der Vermögensgewinns teuer Steuereinnahmen total von juristischen Personen Massgebende Steuern (1993): Einkommenssteuern der natürlichen Personen Vermögenssteuer na türlicher Personen Anteil an der Vermögensgewinns teuer ein Steuerzehntel Steuerausfall bei einer Red. der Anlage um 2 Steuerzehntel Senkung der Steueranlage Senkung der Steueranlage Einnahmen aus der Unternehmensseite Einnahmen aus der Haushaltsseite 169 Unternehmensseite 476 12 Haushaltsseite Ausgangslage: Einnahmen aus Umweltabgaben, Variante B Total Einnahmen (ohne road pricing) Einnahmenreduktion Rabattsystem Übersicht 4-1: Einnahmen aus Umweltabgaben und einnahmenseitige Kompensationen, Verwendungsvariante 1 (VV1) (Angaben in Mio. Fr.) 4 Detailevaluation der Verwendungsmodelle 35 36 4 Detailevaluation der Verwendungsmodelle Im konkreten Fall von Tabelle 4-1 übersteigt die Entlastung der Haushalte durch die Rückerstattung deren direkte Belastung durch die Abgaben um 154 Mio. Fr. Auf der Unternehmensseite ist das Gegenteil der Fall: Es resultiert eine Nettomehrbelastung von 157 Mio. Fr. Die letzte Zeile zeigt, ob mit den Einnahmen aus den Umweltabgaben die Rückerstattungen insgesamt "finanziert" werden können. Bei VV1 ist dies praktisch der Fall (die rechnerische Mehrbelastung beträgt 4 Mio. Fr.). Nicht berücksichtigt wird in dieser Berechnung, dass die Umweltabgaben zu einer Abnahme der Umweltbelastung führen werden. Dies wiederum resultiert in Kosteneinsparungen bei Privaten und bei der öffentlichen Hand (Abnahme der externen Kosten der Umweltbelastung). Die gleiche Berechnung wie in Tabelle 4-1 wurde auch für weitere mögliche Verwendungsvarianten durchgeführt. Tabelle 4-2 fasst die Ergebnisse für die Verwendungsvarianten VV1 bis VV4 zusammen. Tabelle 4-2: Ausgestaltung und Auswirkungen verschiedener Verwendungsvarianten (VV) Verwendungsvarianten: VV1 VV2 VV3 VV4 2 2 3 4 – Pauschale pro erwachsene Person in Fr. 145 0 145 0 – Pauschale pro Kind in Fr. 75 0 75 0 0.4% 0.8% 0 0 – Steuerreduktion in Mio. Fr. 195 195 293 390 – Pauschale total in Mio. Fr. 127 0 127 0 – Überschuss in Mio. Fr.(5) 154 26 251 221 – Steuerreduktion in Mio. Fr. 17 17 25 34 – Lohnsummenbonus in Mio. Fr. 121 242 0 0 – Überschuss in Mio. Fr.(6) -157 -36 -270 -261 -4 -10 -19 -40 Ausgestaltung der einzelnen Verwendungsmodelle – Senkung der Anlage in Steuerzehnteln – Lohnsummenbonus in % der AHV-Lohnsumme Auswirkungen auf der Haushaltsseite Auswirkungen auf der Unternehmensseite Überschuss Gesamtsystem(7) 5 Negatives Vorzeichen = Nettomehrbelastung der Haushaltsseite: Die direkte Belastung mit den Umweltabgaben übersteigt die einnahmenseitige Kompensation. 6 Negatives Vorzeichen = Nettomehrbelastung der Unternehmensseite: Die direkte Belastung mit den Umweltabgaben übersteigt die einnahmenseitige Kompensation. ECOPLAN 4 Detailevaluation der Verwendungsmodelle 37 Tabelle 4-2 widerspiegelt das grundsätzlich hohe Einnahmenpotential der in Kapitel 3 beschriebenen Umweltabgaben: Wenn bei den Umweltabgaben von Variante B (vgl. Kapitel 3) ausgegangen wird, lassen sich Einnahmen in der Grössenordnung von bis maximal vier Steuerzehnteln realisieren. Mit den weniger hohen Abgabesätzen gemäss Variante A werden Einnahmen erzielt, die annähernd ausreichen sollten, um eine Steuersenkungen um zwei Steuerzehnteln zu "finanzieren". Werden einzelne Abgaben weggelassen oder grössere Änderungen in der Abgabenhöhe vorgenommen, resultieren natürlich andere Einnahmen und damit auch andere Kompensationsmöglichkeiten. Wie oben bereits erwähnt, ist es nicht möglich, aus wissenschaftlicher Sicht die "richtige" Verwendungsvariante auszuwählen. Die in Tabelle 4-3 vorgenommene Grobevaluation der vier Verwendungsvarianten macht deutlich, wie unterschiedlich die Beurteilungskriterien – Wirkung auf die Standortgunst des Kantons Bern – Sozialverträglichkeit und Verteilungsneutralität – Administrativer Aufwand für die Verwendung der Einnahmen – Flexibilität (Auffangen von Schwankungen bei den Einnahmen aus den Abgaben) durch die verschiedenen Verwendungsvarianten erfüllt werden. Tabelle 4-3: Grobbeurteilung der Verwendungsvarianten VV1 bis VV4 Verwendungsvarianten: VV1 VV2 VV3 VV4 2 2 3 4 – Pauschale pro erwachsene Person in Fr. 145 0 145 0 – Pauschale pro Kind in Fr. 75 0 75 0 0.4% 0.8% 0 0 – Verbesserung Standortgunst + ++ + + – Sozialverträglichkeit + - + - – Verteilungsneutralität - + -- -- – Einfachheit (administrativer Aufwand) -- - + ++ – Flexibilität ++ + ++ -- Ausgestaltung der einzelnen Verwendungsmodelle – Senkung der Anlage in Steuerzehnteln – Lohnsummenbonus in % der AHV-Lohnsumme Beurteilungskriterien Legende: ++ = + = = -= 7 positive Wirkung/Beurteilung eher positive Wirkung/Beurteilung eher negative Wirkung/Beurteilung negative Wirkung/Beurteilung Negatives Vorzeichen = Die Einnahmen aus den Umweltabgaben übersteigen die gesamte einnahmenseitige Kompensation. ECOPLAN 38 4 Detailevaluation der Verwendungsmodelle Im folgenden soll aufgezeigt werden, wie z.B. für die Verwendungsvariante 3 argumentiert werden kann. ❏ Das System MUEK sollte insbesondere einfach zu vollziehen sein. Damit rücken Vari- anten mit Senkungen der Steueranlage in den Vordergrund. Diese Varianten haben zudem den Vorteil, dass sie den Steuerindex beeinflussen und die Bemühungen des Kantons Bern im interkantonalen Vergleich wahrgenommen werden. ❏ Die Bedeutung der Verteilungsneutralität zwischen Haushalts- und Unternehmensseite ist zu relativieren. Die Wirtschaft profitiert auch, wenn anstelle eines Lohnsummenbonus die steuerliche Belastung der hochqualifizierten Arbeitskräfte abnimmt. Aus der Sicht der Wirtschaft stellt beides eine Entlastung des Faktors Arbeit dar. Natürlich fällt sie beim Lohnsummenbonus unmittelbarer aus als bei der Steueranlagesenkung. Lohnrigiditäten (v.a. bei Staatsangestellten und in gewerkschaftlich stark organisierte Branchen) werden im zweiten Fall bewirken, dass die Unternehmen nur beschränkt von der steuerlichen Entlastung des Faktors Arbeit profitieren können. Zudem führt der Lohnsummenbonus tendenziell zu einer Umverteilung vom zweiten zum dritten Sektor. Auch wenn die Verteilungsneutralität zwischen Haushalts- und Unternehmensseite gegeben ist (z.B. bei VV2), ergeben sich also innerhalb der Unternehmensseite Umverteilungen. ❏ In Tabelle 4-2 wurde nur Variante B (hohe Sätze bei den Umweltabgaben) betrachtet. Bereits im ersten Zwischenbericht wurde verschiedentlich darauf hingewiesen, dass die Abgaben schrittweise erhöht werden sollten und die Abgabensätze von Variante B nicht als Anfangssätze zu betrachten sind. In einer Anfangsphase könnte deshalb nur das einfache Verwendungsmodell "Senkung der Anlage" realisiert, und erst wenn die Abgabenbelastung steigt, zusätzliche Rückerstattungskanäle eingeführt werden. ❏ Diese zusätzlichen Kanäle sollten sich auf die Haushaltsseite konzentrieren. Zum einen aus dem weiter oben genannten Grund und weil auf der Unternehmensseite ein Ermässigungsmodell (vgl. Abschnitt 6.2.2) vorgesehen ist, welches bewirkt, dass die Belastung eines Unternehmens eine bestimmte Höhe nicht übersteigt. Bei der Festlegung dieses Plafonds können wirtschaftspolitische und strukturpolitische Anliegen berücksichtigt werden. Zudem ist die pauschale Rückerstattung pro Kopf bedeutend einfacher zu vollziehen als die Realisierung des Lohnsummenbonus. Auch für andere Verwendungsvarianten liessen sich gute Argumente finden. Immerhin scheint uns klar, dass eine Senkung der Steueranlage in jedem Fall im Zentrum der Verwendungsseite stehen sollte. Dafür sprechen einerseits die sehr geringen Vollzugskosten, andererseits die Tatsache, dass diese Form von Steuersenkung sowohl auf der Seite "Bevölkerung / Haushalte" als auch auf der Seite "Wirtschaft / Unternehmen" wirkt. ECOPLAN 5 Zwischenfazit 5 39 Zwischenfazit Bevor im nächsten Kapitel vertieft auf die Auswirkungen eines allfälligen Umweltabgaben-Systems mit einnahmenseitiger Kompensation ("System MUEK") auf die Berner Wirtschaft und die Bevölkerung eingegangen wird, kann eine erste Zwischenbilanz gezogen werden ❏ Das System MUEK liegt im nationalen und internationalen Trend Auch ausserhalb des Kantons Bern findet der Grundgedanke des Systems MUEK zunehmend Beachtung. In verschiedenen Ländern Europas, aber auch in der EU setzt sich die Einsicht immer stärker durch, dass – in den verschiedenen Bereichen der Umweltpolitik aus Gründen der längerfristigen Wirksamkeit und eines effizienteren Einsatzes von knappen Mitteln vermehrt marktwirtschaftliche Instrumente eingesetzt werden sollten. – die Einnahmen aus den marktwirtschaftlichen Umweltinstrumenten nicht kompensationslos in die Staatskasse fliessen dürfen. – mit einer sinnvollen einnahmenseitigen Kompensation bestehende Verzerrungen durch andere Steuern und Abgaben abgebaut werden können, so dass eine "doppelte Dividende" resultiert: Einerseits ergeben sich positive Wohlfahrtseffekte aus der reduzierten Umweltbelastung, andererseits aus dem Abbau verzerrender Steuern. Einzelne Länder haben erste Schritte unternommen, die in die gleiche Richtung wie das Konzept MUEK zielen, andere werden im nächsten Jahr konkrete Umsetzungsschritte einleiten oder vertiefte Abklärungen vornehmen. Auf nationaler Ebene schliesslich, wird die Revision des Umweltschutzgesetzes die Bedeutung von marktwirtschaftlichen Elementen in der Umweltpolitik erhöhen. Bei einer allfälligen Weiterverfolgung des Konzeptes MUEK durch den Kanton Bern würde somit nicht völliges Neuland betreten, vielmehr würde der Kanton Bern in der Umwelt- und Wirtschaftspolitik einen Weg einschlagen, der auch inner- und ausserhalb der Schweiz an Bedeutung gewinnt. ❏ Genügend praktikable Abgaben mit hohem Einnahmenpotential Die Detailevaluation hat gezeigt, dass Abgaben auf Abfall, Abwasser, Wasser, Kies und Motorfahrzeugen sowie - mit einer rechtlichen Unsicherheit - auf Elektrizität machbar sind und mit geringem bis vertretbarem Vollzugsaufwand rund 100 bis - längerfristig - 250 Mio. Fr. einbringen könnten. Zusätzliche rund 100 bis - längerfristig - über 220 Mio. Fr. Einnahmen könnten durch die ebenfalls machbaren, aber mit grösserem Vollzugsaufwand verbundenen Abgaben auf öffentlichen sowie auf Unternehmensparkplätzen, auf der Bodenversiegelung sowie auf NOx-Emissionen von Grossfeuerungen realisiert werden. Bei diesen Zahlen handelt es sich um Grössenordnungen, da bei verschiedenen Abgaben die genaue Ausgestaltung noch konkretisiert werden muss. Dennoch kann aufgrund der bisherigen Abklärungen davon ausgegangen werden, dass das machbare Einnahmenpotential ausreicht, um spürbare einnahmenseitige Kompensationen vorzunehmen. Eines der am Workshop vom August 1994 formulierten Ziele, mit den Um- ECOPLAN 40 5 Zwischenfazit weltabgaben Einnahmen in der Höhe von mindestens zwei Steuerzehnteln zu erzielen, kann aufgrund des Einnahmenpotentials erreicht werden. ❏ Verschiedene Kompensationsmöglichkeiten mit unterschiedlicher Wirkung Die Abklärung der technisch-administrativen Machbarkeit des Konzeptes MUEK hat weiter gezeigt, dass auf kantonaler Ebene gangbare Wege gefunden werden können, um die Einnahmen aus den Umweltabgaben an die bernische Wirtschaft und an die Bevölkerung zurückzuerstatten. Als machbar haben sich erwiesen: Seite Bevölkerung / Haushalte Seite Wirtschaft / Unternehmen – Senkung der Steueranlage (reduziert u.a. – Senkung der Steueranlage (reduziert die die Einkommens- und Vermögenssteuer) – Pauschale pro Kopf: Verrechnung mit der Steuerrechnung bzw. direkte Auszahlung Gewinn- und Kapitalsteuer) – Lohnsummenbonus: Rückerstattung von X% der AHV-Lohnsumme Die untersuchten Verwendungsmodelle weisen sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die beiden wichtigsten Beurteilungskriterien "Verbesserung der Standortgunst" und "Sozialverträglichkeit" auf. So profitieren z.B. von einer Senkung der Steueranlage nur Personen und Unternehmen, die auch tatsächlich Steuern bezahlen. Bei den natürlichen Personen ist dies bei über 10% aller Steuerpflichtigen nicht der Fall. Falls beide Kriterien erfüllt werden sollen, drängt sich ein Mix aus den in Tabelle 5-1 zusammengefassten Varianten von einnahmenseitigen Kompensationen auf. Tabelle 5-1: Kombination von Verwendungsmodellen Variante Wichtigste Vorteile Wichtigste Probleme Senkung der Steueranlage: spürbare Wirkung bei hohen Einkommen, einfach zu vollziehen für sich allein nicht sozialverträglich Pauschale pro Kopf: als Sockelkompensation für alle natürlichen Personen (Erwachsene und Kinder), für sich allein sozialverträglich Auszahlungsadministration lässt sich lösen Senkung der Steueranlage: mit relativ geringen Einnahmenausfällen wird Bern zu einem der steuergünstigsten Kantone nur juristische Personen profitieren, Personengesellschaften und Selbständigerwerbende gehen leer aus Lohnsummenbonus: breite Bemessungsgrundlage inkl. Selbständigerwerbende / Personengesellschaften Erhebung verursacht einigen Aufwand (u.a. Abgrenzung bernischer Löhne) hohe Wirkung bei Unternehmungen mit hohen Löhnen Integration öffentliche Verwaltung schmälert Mittel für die Unternehmen Bevölkerung / Haushalte Verrechnung mit Steuerrechnung oder ggf. Direktauszahlung für sich allein kaum Wirkung auf Standortgunst Wirtschaft / Unternehmen ECOPLAN 5 Zwischenfazit 41 Auf der anderen Seite ist zu beachten, dass der Vollzugsaufwand steigt, wenn mehrere Verwendungsmodelle realisiert werden sollen. Der geringe Vollzugsaufwand einer Senkung der Steueranlage macht dieses Verwendungsmodell besonders attraktiv, umsomehr als es sowohl auf der Seite "Bevölkerung / Haushalte" als auch auf der Seite "Wirtschaft / Unternehmen" wirkt. Aus diesem Grund sollte u.E. eine Senkung der Steueranlage im Zentrum der Kompensationsseite stehen. Es muss politisch entschieden werden, ob und mit welchem Verwendungsmodell die Steueranlagensenkung kombiniert werden soll. Es ist abzusehen, dass sich das politische Seilziehen vor allem um diesen Mix drehen wird. Dabei wird zu bedenken sein, dass eine voll sozialverträgliche Ausgestaltung die Kompensationsmöglichkeiten für eine markante Standortgunstverbesserung schmälert (und umgekehrt). Ebenfalls zu beachten ist allerdings, dass aus vollzugstechnischer Sicht die Kombination Steueranlagensenkung und pauschale Rückerstattung pro Kopf besser abschneidet, als die Kombination Steueranlagensenkung und Lohnsummenbonus. ❏ Umweltpolitisch ein Schritt in die richtige Richtung Ein erster Vorteil des beschriebenen Konzeptes MUEK ist, dass für praktisch alle belasteten Umweltbereiche (v.a. Luft, Boden, Wasser) machbare marktwirtschaftliche Umweltinstrumente bzw. Umweltabgaben gefunden werden konnten. Eine Realisierung des Konzeptes würde dem marktwirtschaftlichen Umweltschutz auf kantonaler Ebene auf breiter Front zum Durchbruch verhelfen. Die Beurteilung der ökologischen Wirkung der Abgaben zeigt, dass die Lenkungswirkungen kurzfristig nicht überschätzt werden dürfen. Dies hängt damit zusammen, dass in vielen Umweltbereichen bedeutende Potentiale schon durch andere Massnahmen realisiert wurden und die Höhe der Abgabe mit Rücksicht auf den interkantonalen Wettbewerb und die Verteilungsproblematik realistischerweise nicht derart hoch angesetzt werden können, dass eine sehr hohe Lenkungswirkung resultiert. Mittel- bis längerfristig, und dies ist für Umweltabgaben eigentlich die richtige Optik, kann in allen Bereichen, insbesondere aber in den Bereichen Verkehr/Parkplatzpolitik, Abwasser, Versiegelung und Kiesabbau, mit einem spürbaren und erwünschten Beitrag zur Verbesserung der Umweltqualität gerechnet werden. Insgesamt kann vor der Beurteilung der wirtschaftlichen und verteilungspolitischen Auswirkungen des Konzeptes MUEK eine positive Zwischenbilanz gezogen werden. Ausgehend von der Detailevaluation der Abgaben- und der Verwendungsseite kann die technisch-administrative und die rechtliche Machbarkeit des Konzeptes auf kantonaler Ebene bejaht werden. Die Ausführungen im nächsten Kapitel müssen nun aufzeigen, ob die allfällige Realisierung eines Systems MUEK auch tatsächlich einen Beitrag an das wirtschaftspolitische Ziel leistet, die Standortgunst des Kantons Bern bzw. die bernische Wirtschaftskraft zu erhöhen. ECOPLAN 42 5 Zwischenfazit ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 6.1 Einleitung und Methodik 43 Wie wirkt sich ein Umweltabgaben-System mit einnahmenseitiger Kompensation "MUEK" auf die Wirtschaft und die Haushalte aus? Wir sind diese Frage auf vier verschiedenen Ebenen angegangen: – Auswirkungen auf die Branchen (Kapitel 6.2) – Soziale Verteilungseffekte (Kapitel 6.3) – Regionalwirtschaftliche Aspekte (Kapitel 6.4) – Gesamtwirtschaftliche Effekte (Kapitel 6.5) Die Schwierigkeiten bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Auswirkungen liegen in der sehr dünnen Datenbasis. Um einen ersten Überblick zu erhalten, ist es nötig, die Abgabebelastungen einzelner Branchen zu eruieren. Wir haben dies für jede einzelne Abgabe und für rund 30 Branchen versucht. Für die meisten Abgaben lagen uns keine gesamtschweizerischen Vergleichszahlen vor, so dass wir uns auf eigene Überlegungen und Annahmen stützen mussten. Die wichtigsten Annahmen und Resultate haben wir in Kapitel 6.2 zusammengestellt. Es ist dies die erste umfassende Branchenanalyse, die im Zusammenhang mit mehreren Abgaben und verschiedenen Verwendungsmodellen durchgeführt wurde. Nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Haushalte sind von den Umweltabgaben und der einnahmenseitigen Kompensation betroffen. Bei den Auswirkungen auf die Haushalte in Abschnitt 6.3 haben wir untersucht, wie stark "arme" und "reiche" Haushalte durch die Abgabe belastet werden und wie stark sie von der einnahmenseitigen Kompensation profitieren. Ob sich regionalwirtschaftliche Probleme bzw. Ungleichbehandlungen ergeben, haben wir in Abschnitt 6.4 aufgrund von Auswirkungsanalysen auf der Ebene von sogenannten MS-Regionen untersucht. Am Schluss versuchen wir die Effekt auf die Gesamtwirtschaft abzuschätzen. Dabei sind praktisch nur qualitative Aussagen möglich. ECOPLAN 44 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 6.2 Auswirkungen auf die Branchen Die Bedeutung der einzelnen Branchen Die Grafik 6-1 zeigt die Bedeutung der einzelnen Branchen im Kanton Bern und in der Schweiz. Dargestellt ist die prozentuale Verteilung der Voll- und Teilzeitbeschäftigten in den Branchen. Kurz zusammengefasst können wir folgendes festhalten: ❏ Der Kanton Bern weist einen überdurchschnittlichen Anteil in Branchen auf, in denen die Preise (und damit direkt oder indirekt auch die Löhne) administriert sind, also (noch) kein oder nur ein eingeschränkter Wettbewerb herrscht: – Die Branchen Landwirtschaft und Öffentliche Verwaltung (Bund, Kanton und Gemeinden) sind im Vergleich zur Schweiz stark übervertreten. – Im Dienstleistungsbereich sind vor allem die ebenfalls "administrierten" Branchen Eisenbahnen (vor allem SBB und BLS) und Telekommunikation (vor allem PTT) stärker vertreten. ❏ Im Industriebereich weisen vor allem die Maschinen- und Fahrzeugindustrie eine leichte "Übervertretung" auf. Diese Branchen sind sowohl import- wie auch exportsensibel. Dies bedeutet, dass die Möglichkeit von Produktepreiserhöhung (z.B. bei der Überwälzung von Umweltabgaben) schnell an Grenzen stösst: Einerseits ist bei Produktepreiserhöhung der Absatz im Binnenmarkt durch Importe stark konkurriert, anderseits reagieren die Exporte sehr preissensibel.(1) ❏ Eine leichte "Übervertretung" ist auch in der Nahrungsmittelindustrie zu verzeichnen. Für diese gilt, dass sie relativ importsensibel ist. ❏ Untervertreten ist der Kanton Bern vor allem in den Branchen Banken/Versicherungen und den übrigen Dienstleistungen (Beratung, Planung, Informatik, persönliche Dienstleistungen). 6.2.1 Abgabebelastung in den Branchen (ohne Ermässigungsmodell) Nachfolgend teilen wir die Abgabebelastung auf die verschiedenen Branchen und die Haushalte auf. Als Bezugsgrösse haben wir die Anzahl Beschäftigte gewählt - auch wenn es bei einigen Abgaben sinnvollere Bezugsgrössen geben würde. Diese einheitliche Darstellung erlaubt einen besseren Vergleich zwischen den einzelnen Abgaben. Bei der Betrachtung der Grafiken ist zu beachten, dass die Achsenskalierung unterschiedlich ist! Bei einigen Umweltabgaben haben wir konkrete "Firmenbeispiele"(2) dargestellt, die auf dem Zahlenmaterial einer früheren Studie(3) basieren. Diese Studie wurde im Vorfeld zur Einführung der Wasser-, Abwasser- und Abfallabgabe erarbeitet. Die "Firmenbeispiele" beschränken sich denn auch auf diese drei Abgaben und die Elektrizitätsabgabe. 1 Vgl. Graf (1994), Alleingang versus EU-Beitritt - Branchenszenarien für die Schweiz, S. 98. 2 Das Zahlenmaterial zu den 17 Firmenbeispielen findet sich in der Tabelle A-1 der Studie ECOPLAN (1992), Belastung von Haushalten und Wirtschaft durch verursacherfinanzierte Abgaben. 3 ECOPLAN (1992), Belastung von Haushalten und Wirtschaft durch verursacherfinanzierte Abgaben. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Grafik 6-1: 45 Arbeitsplätze im Kanton Bern im Vergleich mit der Schweiz Verteilung der Arbeitsplätze auf die einzelnen Branchen 0% 2% 4% 6% 8% 10% Landwirtschaft Elektrizität Gas/Wasser Nahrung/Getränke Textil Bekleidung Holz/Sägereien Karton-, Papierprod. Papierverarbeitung Druck/Grafik Chemie Kunststoff Steine und Erden Metallurgie Giesserein/Alu Maschinen Elektrotechnik Bijouterie Baugewerbe Grosshandel Detailhandel Gastgewerbe Eisenbahnen Transport Telekommunikation Banken/Versich. Übrige Dienstleistung Schulen/Kultur/Sport Gesundheitswesen Bund/Kanton/G'den Kanton Bern ECOPLAN CH 12% 14% 46 a) 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Wasserabgabe Berechnungsverfahren und wichtigste Annahmen Statistische Erhebungen zum Wasserverbrauch in den Wirtschaftsbranchen gibt es in der Schweiz nicht. Auch die offizielle SVGW-Statistik(4) bietet hier keine Hilfe. Die Aufteilung des Wasserverbrauchs haben wir unter den folgenden Annahmen vorgenommen: – Wasserverbrauch der Haushaltungen: 180 l/Tag und Einwohner(5), gesamter Wasserverbrauch: 468 l/Tag und Einwohner(6), der Wasserverbrauch von Industrie und Dienstleistungen beträgt demnach 288 l/Tag und Einwohner. – In den Branchen Nahrung, Textil, Karton- und Papierproduktion, Papierverarbeitung, Druck/Grafik haben wir bestehende Umfragen und eigene Erhebungen herbeigezogen, die wir im Zusammenhang mit anderen Studien gemacht haben.(7) – Für die verschiedenen Branchen haben wir aufgrund von Literaturwerten(8) folgende Annahmen getroffen: – Landwirtschaft: 50 l/DGVE(9) und 1.5 l/Liter Milch, wobei wir annehmen, dass die Hälfte des Wasserverbrauchs der Landwirtschaft aus eigenen Quellen stammt. – Gastgewerbe/Hotellerie: 300 l/Logiernacht und 400 l/Arbeitsplatz (AP) – Chemie: 1000 l/AP, Schulen/Kultur/Sport: 500 l/AP, Gesundheitswesen 600 l/AP – Für die restlichen Branchen haben wir je nach Wasserintensität zwischen 250 l/AP (z.B. für Kunststoff und Druck/Grafik) und 70 l/AP (z.B. Banken) gewählt. – Für die Unterscheidung zwischen Trinkwasser, Industrie-/Gewerbebedarf und Kühlwasser (insbesondere Mühleberg) dienten uns diverse Unterlagen vom WEA, die im Zusammenhang mit der Einführung der Wasserabgabe erarbeitet wurden. – Der heutige Wasserverbrauch wird vor allem aufgrund der steigenden Abwassergebühren um rund 10% sinken. Die Lenkungswirkung der Wasserabgabe ist beim Trinkwasser kaum vorhanden. Für Industrie- und Gewerbewasser und für den Kühlwasserbedarf kann aber sicher eine geringe Lenkungswirkung erzielt werden. Kommentar zu den Resultaten Am stärksten betroffen ist die Elektrizitätswirtschaft (vgl. Grafik 6-2). Dies aufgrund des Kühlwasserbedarfs des Kernkraftwerks Mühleberg. Weiter sind vor allem die Papierproduktion und -verarbeitung als ganze Branchen betroffen. Die Grafik 6-3 zeigt "Firmenbeispiele", die im Rahmen einer früheren Umfrage erhoben wurden. Sie zeigt, dass auch einzelne Betriebe in anderen Branchen stark betroffen sein können. Wo liegen die Unsicherheiten? Es ist unklar, wieviele stark betroffenen Betriebe es gibt. Mit einer Auswertung der Rückerstattungsanträge der heutigen Wasser- und Abwasserabgabe (Anfang 1996) können die betroffenen Betriebe erfasst und die Unsicherheiten ausgeräumt werden. 4 SVGW = Schweizerischer Verein des Gas- und Wasserfaches 5 Gemäss Spezialauswertung des SVGW in verschiedenen Orten der Schweiz. 6 Statistisches Jahrbuch der Schweiz (1993). 7 ECOPLAN (1992), Belastung von Haushalten und Wirtschaft durch verursacherfinanzierte Abgaben. ECOPLAN (1994), Abwasserfonds Kanton Solothurn. ECOPLAN (1994), Trinkwasser- und Abwasserabgabe im Kanton St. Gallen. 8 Vgl. insbesondere Mutschmann J., Stimmelmayr F. (1991), Taschenbuch der Wasserversorgung. 9 DGVE = Dünge-Grossvieheinheit. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Grafik 6-2: 47 Wasserabgabe - Branchenaufteilung Variante A Variante B Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner 0 100 200 300 Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner 400 500 0 500 1000 1500 Landwirtschaft Elektrizität Gas/Wasser Nahrung/Getränke Textil Bekleidung Holz/Sägereien Karton-, Papierprod. Papierverarbeitung Druck/Grafik Chemie Kunststoff Steine und Erden Metallurgie Giesserein/Alu Maschinen Elektrotechnik Bijouterie Baugewerbe Grosshandel Detailhandel Gastgewerbe Eisenbahnen Transport Telekommunikation Banken/Versich. Übrige Dienstleistung Schulen/Kultur/Sport Gesundheitswesen Bund/Kanton/G'den Haushaltungen Grafik 6-3: Wasserabgabe - Firmenbeispiele Variante A Variante B Fr./Arbeitsplatz Fr./Arbeitsplatz 0 100 200 300 400 500 600 700 Papier Papier Fettverarbeitung Extraktion Milchprodukte Nahrungsmittel Kieswerk Baugrundstoffe Nahrungsmittel Nahrungsmittel Verpackungen Textil Beschichtungen Gerberei Grafik Labor Druckerei Forschung ECOPLAN 0 500 1'000 1'500 2'000 48 b) 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Abwasserabgabe Berechnungsverfahren und wichtigste Annahmen Die Bestimmung des Abgabeaufkommens konnte aufgrund von Unterlagen des Amtes für Gewässerschutz und Abfallwirtschaft (GSA) relativ genau bestimmt werden.(10) In diesen Berechnungen ist die Abnahme der künftigen Schmutzstofffracht bereits berücksichtigt. Diese Abnahme ist vor allem aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen vorgezeichnet. Der Abwasserabgabe kommt allenfalls eine beschleunigende Wirkung zu. Zusätzlich zu den vorhersehbaren Schmutzstofffrachtreduktionen aufgrund von ARA-Ausbauten rechnen wir mit einer 10%igen Reduktion der Schmutzstofffracht aufgrund von Optimierungsmassnahmen in den Kläranlagen und Anstrengungen in den Betrieben. Es fehlen jegliche statistischen Angaben zu den Schmutzfrachten in den Industriebetrieben. Wir haben die Belastung der Branchen und der Haushalte aufgrund des Wasserkonsums hergeleitet. Wir sind dabei davon ausgegangen, dass im Haushalts- und Dienstleistungsbereich das konsumierte Wasser auch tatsächlich als Abwasser in die Kanalisation gelangt und die Abgabe über den Trinkwasserkonsum überwälzt wird. In den Industriebranchen sind wir davon ausgegangen, dass die Abgabe pro bezogene Wassermenge geringer ist. Wir gehen davon aus, dass die Reduktion etwa 50% beträgt. Die Gründe dafür sind: – ein Teil des Wassers wird als Kühlwasser gebraucht (nicht verschmutzt) – eigene Vorreinigung – relativ geringer Phosphor- und Stickstoffanteil im Rohabwasser.(11) Kommentar zu den Resultaten Wie schon bei der Wasserabgabe sind die Branchen Papierproduktion und -verarbeitung am meisten von der Abwasserabgabe betroffen (vgl. Grafik 6-4). Dies wird auch durch die "Firmenbeispiele" (Grafik 6-5) bestätigt. In Variante B hätte eine Papierfabrik eine Abwasserabgabe von über 2500 Fr. pro Arbeitsplatz (bzw. Beschäftigten) zu leisten. Wo liegen die Unsicherheiten? Im allgemeinen sind die Belastungen durch die Abwasserabgabe relativ gering. In einigen Betrieben wird die Abwasserabgabe in der vorgeschlagenen Höhe zu massiven Belastungen führen. Mit einer Auswertung der Rückerstattungsanträge der heutigen Wasserund Abwasserabgabe (Anfang 1996) können die betroffenen Betriebe erfasst und die Unsicherheiten ausgeräumt werden. 10 Unterlagen und Berechnungen von Bruno Bangerter, GSA. 11 Das Abgabeaufkommen aus den Abgabeparametern Stickstoff und Phosphor beträgt rund 1/3 des ge- samten Abgabeaufkommens. Hauptverusacher sind die Haushalte. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Grafik 6-4: 49 Abwasserabgabe - Branchenaufteilung Variante A Variante B Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner 0 100 200 300 400 Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner 500 600 0 500 1000 1500 Landwirtschaft Elektrizität Gas/Wasser Nahrung/Getränke Textil Bekleidung Holz/Sägereien Karton-, Papierprod. Papierverarbeitung Druck/Grafik Chemie Kunststoff Steine und Erden Metallurgie Giesserein/Alu Maschinen Elektrotechnik Bijouterie Baugewerbe Grosshandel Detailhandel Gastgewerbe Eisenbahnen Transport Telekommunikation Banken/Versich. Übrige Dienstleistung Schulen/Kultur/Sport Gesundheitswesen Bund/Kanton/G'den Haushaltungen Grafik 6-5: Abwasserabgabe - Firmenbeispiele Variante A Variante B Fr./Arbeitsplatz 0 200 400 600 800 Fr./Arbeitsplatz 1'000 1'200 1'400 Papier Papier Fettverarbeitung Extraktion Milchprodukte Nahrungsmittel Kieswerk Baugrundstoffe Nahrungsmittel Nahrungsmittel Verpackungen Textil Beschichtungen Gerberei Grafik Labor Druckerei ECOPLAN 0 500 1'000 1'500 2'000 2'500 3'000 50 6 Wirtschaftliche Auswirkungen c) Abfallabgabe Berechnungsverfahren und wichtigste Annahmen Auch im Abfallbereich gibt es fast keine branchenspezifischen Abfalldaten. Wie schon im Wasser- und Abwasserbereich haben wir mit verschiedenen Annahmen die Aufteilung der Abfallmengen auf die verschiedenen Branchen und die Haushalte vorgenommen. Die wichtigsten Annahmen, die wir in diesem Zusammenhang getroffen haben, sind in den nachfolgenden Punkten und in Tabelle 6-6 zusammengefasst: – Rund die Hälfte der 328'000 Tonnen Siedlungsabfälle stammt aus den Haushalten - also rund 164'000 Tonnen.(12) – 20% der KVA-Lieferungen des kommunalen Sammeldienstes und 20% der Siedlungsabfälle in Deponien stammen aus Industrie und Gewerbe – 60% der KVA-Direktanlieferungen stammen aus Industrie und Gewerbe. Tabelle 6-6: KVAs Abgabepflichtige Abfallmengen aus dem Kt. Bern für das Jahr 1994(13) Siedlungsabfälle Bauabfälle Deponien Siedlungsabfälle Bemerkungen zur Branchenaufteilung 173'498 Aufteilung gemäss deutscher Studie(14) 14'479 Bau- (66%) und Ausbaugewerbe (33%) 154'502 dito Siedlungsabfälle KVA Bauabfälle 46'175 Bau- (66%) und Ausbaugewerbe (33%) Sonderabfälle 38'473 Aufteilung gemäss Schwank, Koch, Mauch (1992) Klärschlamm 6'555 übrige Dienstleistungen Reststoffe 7'045 übrige Dienstleistungen Andere Total Tonnen 44'143 60% Abfälle Industrie/Gewerbe, 40% HH und DL 484'870 Dazu kommen noch rund 120'000 Tonnen aus ausserkantonalen Lieferungen. Diese unterstehen ebenfalls der Abfallabgabe. Als Lenkungswirkung der Abgabe unterstellen wir einen 5%igen (Variante A) bzw. 10%igen (Variante B) Rückgang der Abfallmengen. Die doch recht hohe Lenkungswirkung erklärt sich dadurch, dass der Anteil der ausserkantonalen Lieferungen relativ preissensibel auf die Berner Abgabe reagieren dürfte. Kommentar zu den Resultaten Wie schon bei der Wasser- und Abwasserabgabe trifft es die Karton- und Papierfabrikation mit Abstand am härtesten. Aber auch die Branchen Chemie, Steine und Erden, Metallurgie und die Nahrungsmittelindustrie müssen in der Variante B mit einer Belastung von rund 200 bis 400 Fr./Arbeitsplatz rechnen. Wo liegen die Unsicherheiten? Auch hier wird eine Auwertung der Rückerstattungsanträge aus der Abfallabgabe wichtige Hinweise und detailliertere Daten von stark betroffenen Betrieben liefern. 12 Vgl. z.B. KEZO-Untersuchung (1988). Aber auch die GSA-Statistik der Abfallmengen nach Gemeindegrös- senklasse gibt wichtige Hinweise. In kleineren Gemeinden - mit relativ wenig Siedlungsabfällen aus Gewerbe und Dienstleistungen - beträgt die Abfallmenge der Haushalte rund 160 kg pro Einwohner und Jahr. Wir gehen davon aus, dass die Haushalte im Durchschnitt rund 170 kg Abfall pro Einwohner und Jahr in die KVA bzw. auf Deponien liefern. 13 Hergeleitet aus TBF - Toscano-Bernardi-Frey AG (Entwurf 1. Juni 1995), Erhebung der Betriebsdaten 1994 von Kehrichtverbrennungsanlagen und Deponien. 14 Michaelis P. (1992), Zur sektoralen Belastungswirkung der geplanten Abfallabgabe. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Grafik 6-7: 51 Abfallabgabe - Branchenaufteilung Variante A Variante B Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner 0 100 200 300 400 500 600 Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner 700 800 900 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 Landwirtschaft Elektrizität Gas/Wasser Nahrung/Getränke Textil Bekleidung Holz/Sägereien Karton-, Papierprod. Papierverarbeitung Druck/Grafik Chemie Kunststoff Steine und Erden Metallurgie Giesserein/Alu Maschinen Elektrotechnik Bijouterie Baugewerbe Grosshandel Detailhandel Gastgewerbe Eisenbahnen Transport Telekommunikation Banken/Versich. Übrige Dienstleistung Schulen/Kultur/Sport Gesundheitswesen Bund/Kanton/G'den Haushaltungen Grafik 6-8: Abfallabgabe - Firmenbeispiele Variante A Variante B Fr./Arbeitsplatz 0 500 1'000 1'500 Fr./Arbeitsplatz 2'000 2'500 Papier Papier Fettverarbeitung Extraktion Milchprodukte Nahrungsmittel Kieswerk Baugrundstoffe Nahrungsmittel Nahrungsmittel Verpackungen Textil Beschichtungen Gerberei Grafik Labor Druckerei Forschung ECOPLAN 0 2'000 4'000 6'000 8'000 10'000 52 d) 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Elektrizitätsabgabe Berechnungsverfahren und wichtigste Annahmen Im Vergleich zu den branchenspezifischen Wasser-, Abwasser- und Abfalldaten ist die Datenlage im Elektrizitätsbereich geradezu luxuriös. In den Energieperspektiven(15) wurden die Elektrizitätsverbräuche in den einzelnen Branchen für die Schweiz hergeleitet wenn auch die Brancheneinteilung im Dienstleistungsbereich mit der offiziellen Statistik überhaupt nicht kompatibel ist. Die schweizerischen Werte der Energieperspektiven wurden aufgrund der Anzahl Arbeitsplätze und einigen zusätzlichen Angaben und Erhebungen von früheren Untersuchungen auf den Kanton Bern umgerechnet.(16) Für den Dienstleistungsbereich haben wir neben den Energieperspektiven zusätzliche Quellen herangezogen.(17) Kommentar zu den Resultaten Wieder trifft es in erster Linie die Karton- und Papierproduktion. Aber auch Giessereien, Textilindustrie, Eisenbahnen(18), Chemie, Kunstoffe, Steine und Erden weisen spürbare Belastungen auf.(19) Demgegenüber weist der Dienstleistungsbereich (ausser Eisenbahnen) eine relativ geringe Belastung auf. Die "Firmenbeispiele" bestätigen die Branchenresultate. Aber auch hier muss festgehalten werden, dass einzelne Firmen weit über oder unter dem Branchendurchschnitt liegen können. Wo liegen die Unsicherheiten? Die Unsicherheiten sind kleiner als bei der Wasser-, Abwasser- und Abfallabgabe. Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Betriebe in weniger stromintensiven Branchen trotzdem hohe Stromverbräuche und damit eine massive Abgabebelastung zu gewärtigen hätten. 15 Vgl. insbesondere IBFG (1994), Perspektiven des Energieverbrauchs in der Industrie, Arbeitsbericht zu Handen der Arbeistgruppe "Energieperspektiven". Aebischer B., Spreng D., Schwarz J. (1994), Perspektiven des Energieverbrauchs im primären und tertiären Sektor, Modellierung und Resultate Szenario I (beschlossene Politik) und Szenario II (beabsichtigte Politik). 16 ECOPLAN (1992), Belastung von Haushalten und Wirtschaft durch verursacherfinanzierte Abgaben. ECOPLAN (1995), Wirtschaftliche /Energieabgabe-Szenarien. Auswirkungen und Verteilungseffekte verschiedener CO2- VEWD/Meier R. (1992), Energieabgaben auf kantonaler Ebene. 17 V.a. diverse RAVEL-Berichte und -Materialien. 18 Inwieweit die Elektrizitätsabgabe auch für den "Eisenbahnstrom" angewendet würde, ist noch nicht ab- schliessend geklärt. 19 Die relative hohe Belastung pro Arbeitsplatz in der Branche Gas/Wasser ist im Wesentlichen auf den Stromverbrauch der Wasser-Förderpumpen und die geringe Personalintensität zurückzuführen. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Grafik 6-9: 53 Elektrizitätsabgabe Variante A Variante B Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner 0 100 200 300 400 500 600 Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner 700 800 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 Landwirtschaft Elektrizität Gas/Wasser Nahrung/Getränke Textil Bekleidung Holz/Sägereien Karton-, Papierprod. Papierverarbeitung Druck/Grafik Chemie Kunststoff Steine und Erden Metallurgie Giesserein/Alu Maschinen Elektrotechnik Bijouterie Baugewerbe Grosshandel Detailhandel Gastgewerbe Eisenbahnen Transport Telekommunikation Banken/Versich. Übrige Dienstleistung Schulen/Kultur/Sport Gesundheitswesen Bund/Kanton/G'den Haushaltungen Grafik 6-10: Elektrizitätsabgabe - Firmenbeispiele Variante A Variante B Fr./Arbeitsplatz 0 200 400 600 800 Fr./Arbeitsplatz 1'000 1'200 1'400 1'600 1'800 Papier Papier Fettverarbeitung Extraktion Milchprodukte Nahrungsmittel Kieswerk Baugrundstoffe Nahrungsmittel Nahrungsmittel Verpackungen Textil Beschichtungen Gerberei Grafik Labor Druckerei Forschung ECOPLAN 0 1'000 2'000 3'000 4'000 5'000 6'000 54 e) 6 Wirtschaftliche Auswirkungen NOx-Abgabe auf Grossfeuerungen Berechnungsverfahren und wichtigste Annahmen Die Grossfeuerungen über 1 MW sind vom KIGA erfasst. Allerdings wäre eine Auswertung aller im Kanton Bern vorhandenen (Feuerungs-)Zentralenstandorte nur mit grossem Aufwand machbar. Für eine erste Abschätzung der Branchenaufteilung haben wir uns auf bestehende Auswertungen und auf die Literatur gestützt: – Für die Grossfeuerungen im Dienstleistungs- und Wohnbereich haben wir auf eine Studie zurückgegriffen, die im Rahmen des Zweiten Energieberichts des Kantons Bern erarbeitet wurde.(20) Wir haben rund 220 Zentralenstandorte ausgewertet und dem Wohnbereich bzw. den Dienstleistungsbranchen zugeordnet. Für die Berechnung des Oel- bzw. Gasbedarfs dienten uns verschiedene Angaben, wie z.B. die beheizte Bruttogeschossfläche und die gemessenen Gasverbräuche. Die Umrechnung vom Energieverbrauch auf NOx haben wir vorsichtig mit einem Faktor von 60 kg/TJ vorgenommen. – Die grosse Unbekannte ist aber der Industriebereich. Unsere Schätzungen zu den NOx-Emissionen von Grossfeuerungen im Industriebereich sind mit einiger Vorsicht zu geniessen. Aus verschiedenen Massnahmenpläne zur Luftreinhaltung(21) und aus einigen Eckdaten aus gemessenen NOx-Emissionen von industriellen Grossfeuerungen (z.B. 70 t NOx in einer Papierfabrik) haben wir versucht, die Belastung der Branchen aus der NOx-Abgabe aufzuzeigen. Die Lenkungswirkung haben wir mit -10% (Variante A) bzw. -20% (Variante B) angenommen. Aber auch diese Annahme steht auf sehr wackligen Füssen, dies vor allem aus folgendem Grund: Viele Grossfeuerungen liegen in ihrem Leistungsbereich nur knapp über 1 MW. Wenn man weiss, dass in Vergangenheit die Feuerungen um mehr als den Faktor 2 überdimensioniert wurden, kann man sich vorstellen, dass bei einer Gesamtsanierung viele der heutigen "Grossfeuerungen" zu "Kleinfeuerungen" mutieren und damit von der NOx-Abgabe befreit würden. Kommentar zu den Resultaten Wir vermuten, dass nur gerade die "abgabengeplagte" Karton- und Papierproduktion und die Branche Steine und Erde relativ stark von einer Grossfeuerungs-NOx-Abgabe betroffen wäre. Wo liegen die Unsicherheiten? Sollte eine Grossfeuerungs-NOx-Abgabe ins Auge gefasst werden, so müssten auf jeden Fall weitere detaillierte Abklärungen vorgenommen werden. Wir denken hier in erster Linie an eine Auswertung der beim KIGA vorhandenen Grossfeuerungsstatistik. 20 Infraconsult, Müller A. (1989), Potentiale der Wärme-Kraft-Kopplung im Wohn- und Dienstleistungsbereich. 21 Insbesondere KIGA (1990), Massnahmenplan zur Luftreinhaltung in der Region Bern - Teilmassnahmen- plan Feuerungen und Teilmassnahmenplan Industrie und Gewerbe. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Grafik 6-11: 55 NOx-Abgabe auf Grossfeuerungen Variante A Variante B Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner 0 200 400 600 800 Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner 1000 1200 Landwirtschaft Elektrizität Gas/Wasser Nahrung/Getränke Textil Bekleidung Holz/Sägereien Karton-, Papierprod. Papierverarbeitung Druck/Grafik Chemie Kunststoff Steine und Erden Metallurgie Giesserein/Alu Maschinen Elektrotechnik Bijouterie Baugewerbe Grosshandel Detailhandel Gastgewerbe Eisenbahnen Transport Telekommunikation Banken/Versich. Übrige Dienstleistung Schulen/Kultur/Sport Gesundheitswesen Bund/Kanton/G'den Haushaltungen ECOPLAN 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 56 f) 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Abgabe auf Beschäftigten- und Besucher-Parkplätzen Berechnungsverfahren und wichtigste Annahmen Die Abgabe auf Beschäftigten-Parkplätzen ist nicht stark branchenabhängig. Wichtiger ist die Erschliessung des Betriebes mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Wir schätzen die Zahl der bewirtschaftbaren Beschäftigten-Parkplätze im Kanton Bern auf ca. 200'000. Die Aufteilung auf die Branchen haben wir aufgrund der Anzahl Arbeitsplätze vorgenommen.(22) Bei den bewirtschaftbaren Besucherparkplätzen - wir schätzen ihre Anzahl auf 60'000 haben wir für die Branchen mit regem Publikumsverkehr aufgrund von kantonalen Richtlinien zur Ermittlung des Parkplatz-Normbedarfs eigene Schätzungen vorgenommen. Wir rechnen damit, dass die Zahl der Parkplätze aufgrund der Lenkungswirkung um 2% (Variante A) bzw. 5% (Variante B) reduziert werden. Kommentar zu den Resultaten Die Belastung fällt in der Variante A in fast allen Branchen relativ moderat aus. In der Variante B ist vor allem im Gastgewerbe mit einer doch erheblichen Belastung (über 300 Fr. pro Arbeitsplatz) zu rechnen. Wo liegen die Unsicherheiten? Die vorliegenden Daten sind grobe Schätzungen. Es kann aber vermutet werden, dass nur wenige Betriebe mit grossem Publikumsverkehr grössere Abgabebelastungen zu verzeichnen hätten. Wir denken hier in erster Linie an Einkaufszentren. 22 Es ist anzunehmen, dass der PW-Pendlerverkehr im Industriebereich ausgeprägter ist als im Dienstlei- stungsbereich (dezentralere Industriestandorte, schlechter Erschliessung der Industriebetriebe durch öffentliche Verkehrsmittel). Diesen Effekt haben wir bei der Berechnung der Abgabebelastung nicht berücksichtigt. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Grafik 6-12: 57 Abgabe auf Beschäftigten- und Besucher-Parkplätzen Variante A Variante B Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner 0 20 40 60 80 100 120 Landwirtschaft Elektrizität Gas/Wasser Nahrung/Getränke Textil Bekleidung Holz/Sägereien Karton-, Papierprod. Papierverarbeitung Druck/Grafik Chemie Kunststoff Steine und Erden Metallurgie Giesserein/Alu Maschinen Elektrotechnik Bijouterie Baugewerbe Grosshandel Detailhandel Gastgewerbe Eisenbahnen Transport Telekommunikation Banken/Versich. Übrige Dienstleistung Schulen/Kultur/Sport Gesundheitswesen Bund/Kanton/G'den Haushaltungen ECOPLAN 0 100 200 300 400 58 g) 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Abgabe auf öffentlichen Parkplätzen Berechnungsverfahren und wichtigste Annahmen Für die Aufteilung der Abgabelast auf Branchen und Haushalte haben wir folgende Annahmen getroffen: – Die öffentlichen Parkplätze werden zum grössten Teil durch PWs belegt. Der gesamte PW-Verkehr (Fahrzeugkilometer) kann in etwa wie folgt eingeteilt werden:(23) – 80% Haushalte (Privatverkehr) – 20% Geschäftsverkehr Die mittlere Wegdistanz des Geschäftsverkehrs ist grösser als im Privatverkehr, d.h. es sind weniger Parkierungsvorgänge pro gefahrenem Kilometer zu verzeichnen. Dazu kommt, dass im Geschäftsverkehr häufiger nichtöffentliche Parkierungsmöglichkeiten bestehen. Unter diesen Aspekten schätzen wir den Anteil des Geschäftsverkehrs (also für Industrie, Gewerbe und Dienstleistungen) auf rund 10% der totalen Abgabebelastung auf den öffentlichen Parkplätzen. – Diese 10% haben wir aufgrund des geschätzten Benzinverbrauchs auf die verschiedenen Branchen verteilt.(24) Wir rechnen damit, dass die Zahl der Parkplätze bzw. die Zahl der Fahrten auf einen Parkplatz aufgrund der Lenkungswirkung um 2% (Variante A) bzw. 5% (Variante B) reduziert werden. Kommentar zu den Resultaten Die Abgabe schlägt pro Einwohner mit knapp 20 Fr. (Variante A) bzw. 35 Fr. (Variante B) zu Buche. Weniger betroffen sind die Wirtschaftsbranchen. Die Abgabebelastung liegt bei rund 5 Fr./Arbeitsplatz. Der Dienstleistungsbereich ist dabei leicht stärker betroffen als der Industriebereich. Wo liegen die Unsicherheiten? Die Herleitung der Abgabebelastung beruht auf groben Schätzungen. Trotzdem drängt sich eine Detaillierung hier nicht auf, da die Belastung pro Arbeitsplatz mit Sicherheit relativ gering ist. Im Hinblick auf eine zuverlässigere Schätzung des Einnahmenpotentials wären genauere Angaben zu der Zahl der bewirtschaftbaren öffentlichen Parkplätze hingegen sehr erwünscht. 23 Vgl. ECOPLAN (1995), Wirtschaftliche Auswirkungen und Verteilungseffekte verschiedener CO2- /Energieabgabe-Szenarien, S. B-42. 24 Vgl. eigene Auswertungen im Rahmen der ECOPLAN-Studie "Wirtschaftliche Auswirkungen und Vertei- lungseffekte verschiedener CO2-/Energieabgabe-Szenarien" (nicht veröffentlichte Datengrundlagen). ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Grafik 6-13: 59 Abgabe auf öffentlichen Parkplätzen Variante A Variante B Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner 0 5 10 15 20 Landwirtschaft Elektrizität Gas/Wasser Nahrung/Getränke Textil Bekleidung Holz/Sägereien Karton-, Papierprod. Papierverarbeitung Druck/Grafik Chemie Kunststoff Steine und Erden Metallurgie Giesserein/Alu Maschinen Elektrotechnik Bijouterie Baugewerbe Grosshandel Detailhandel Gastgewerbe Eisenbahnen Transport Telekommunikation Banken/Versich. Übrige Dienstleistung Schulen/Kultur/Sport Gesundheitswesen Bund/Kanton/G'den Haushaltungen ECOPLAN 0 10 20 30 40 60 h) 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Erhöhung der Motorfahrzeugsteuern Berechnungsverfahren und wichtigste Annahmen Eine 10%tige (Variante A) Erhöhung der Motorfahrzeugsteuer und ein weiterer Abbau noch bestehender Steuerprivilegien bringt zusätzliche Einnahmen in der Grössenordnung von ca. 25 Mio. Fr. pro Jahr. In Variante B wird zusätzlich der Degressionssatz um 4%Punkte erhöht, was insgesamt zu Einnahmen von rund 35 Mio. Fr. führt. Wie teilen sich die Einnahmen auf die Haushaltungen und den Wirtschaftsbereich auf? Wir gehen von folgenden Annahmen aus: – Den gesamten Fahrzeugbestand mit einem Gewicht von über 3500 kg haben wir dem Wirtschaftsbereich zugeordnet. Dies sind rund 11% der gesamten Einnahmen. Zusätzlich sind wir davon ausgegangen, dass rund 20% der PWs als Geschäftswagen (z.B. PWs aller Selbständigerwerbenden) angemeldet sind - dies entspricht 18% der gesamten Einnahmen. Der Wirtschaftsbereich steuert so etwa 29% zu den Einnahmen bei. – Den Rest, rund 71% der gesamten Einnahmen haben wir den Haushalten zugeschrieben. – Für die Branchenaufteilung haben wir folgendes Vorgehen gewählt:(25) – Die 11% aus dem Fahrzeugbestand über 3500 kg haben wir aufgrund des geschätzten Dieselverbrauchs auf die Branchen verteilt. – Die 20% aus dem Fahrzeugbestand unter 3500 kg haben wir aufgrund des geschätzten Benzinverbrauchs auf die Branchen verteilt. Kommentar zu den Resultaten Stark betroffen sind die Branche Transporte (rund 250 Fr./Arbeitsplatz in Variante B) und die Branchen, welche ihre Transporte mit eigenen Fahrzeugen durchführen; dies sind in erster Linie der Gross- und Detailhandel sowie das Baugewerbe. Die Belastung in letzteren Branchen liegt aber selbst in der Variante B kaum über 50 Fr./Arbeitsplatz. Wo liegen die Unsicherheiten? Was die Branchenzuteilung betrifft, sind die Unsicherheiten relativ gross. Allerdings drängt sich eine Detaillierung kaum auf. Diese könnte auch nur mit einem relativ grossen Aufwand erhoben werden (Primärerhebung) - was u.E. in keinem Verhältnis zum Nutzen von noch detaillierteren Resultaten steht. 25 Die Diesel- und Benzinverbräuche in den Branchen haben wir aufgrund von eigenen Auswertungen, die wir im Rahmen der ECOPLAN-Studie "Wirtschaftliche Auswirkungen und Verteilungseffekte verschiedener CO2-/Energieabgabe-Szenarien" (nicht veröffentlichte Datengrundlagen) durchgeführt haben, auf den Kanton Bern umgerechnet. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Grafik 6-14: 61 Erhöhung der Motorfahrzeugsteuern Variante A Variante B Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner 0 20 40 60 80 100 120 140 Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner 160 180 Landwirtschaft Elektrizität Gas/Wasser Nahrung/Getränke Textil Bekleidung Holz/Sägereien Karton-, Papierprod. Papierverarbeitung Druck/Grafik Chemie Kunststoff Steine und Erden Metallurgie Giesserein/Alu Maschinen Elektrotechnik Bijouterie Baugewerbe Grosshandel Detailhandel Gastgewerbe Eisenbahnen Transport Telekommunikation Banken/Versich. Übrige Dienstleistung Schulen/Kultur/Sport Gesundheitswesen Bund/Kanton/G'den Haushaltungen ECOPLAN 0 50 100 150 200 250 300 62 6 Wirtschaftliche Auswirkungen i) Kiesabgabe Berechnungsverfahren und wichtigste Annahmen Die Aufteilung des Kiesbedarfs im Kanton Bern haben wir aufgrund von Erhebungen vorgenommen, die im Rahmen einer Studie(26) für den Kanton Solothurn durchgeführt wurden. Wir haben dabei den nach 6 Sektoren aufgeteilten Kiesbedarf des Kantons Solothurn aufgrund der Bauinvestitionsstatistik auf den Kanton Bern umgerechnet. Die Tabelle 6-15 zeigt den so hergeleiteten Kiesbedarf im Kanton Bern. Tabelle -15: Kiesbedarf im Kanton Bern (für das Jahr 1990) Variante A Variante B Mio. m3 in% Mio. m3 in% Industrie- und Gewerbebauten 0.57 13% 0.48 13% Landwirtschaft 0.10 2% 0.09 2% Wohnungsbau 1.40 31% 1.19 31% Private 0.25 6% 0.22 6% Öffentlicher Tiefbau 1.69 38% 1.44 38% Öffentlicher Hochbau 0.49 11% 0.41 11% Total 4.50 100% 3.83 100% Für die Aufteilung auf die Branchen haben wir folgende Annahmen getroffen: – Der Kiesbedarf für den öffentlichen Tief- und Hochbau haben wir direkt dem Staat zugewiesen. – Den Kiesbedarf für "Private" sowie für Industrie- und Gewerbebauten haben wir anhand der durchschnittlichen jährlichen Bauinvestitionen pro Beschäftigten(27) auf die verschiedenen Branchen aufgeteilt. Kommentar zu den Resultaten Wie die Grafik zeigt, ist insbesondere der öffentliche Sektor (Bund, Kanton und Gemeinden) stark mit der Kiesabgabe belastet.(28) Wo liegen die Unsicherheiten? Unklar ist vor allem die Aufteilung des Kiesbedarfs auf Bund, Kanton und Gemeinden. Hier wären allenfalls detailliertere Untersuchungen nötig, damit der Kantonsanteil separat ausgewiesen werden könnte. Im weiteren müsste der Effekt auf die Kiesbranche noch detaillierter abgeklärt werden (Distanzschutz). 26 Binswanger Ch., Siegenthaler C. (1993), Lenkung des kantonalen Kies- (und Kiesersatz-) Abbaus durch planerische Massnahmen oder Abgaben aus der Sicht einer ökologisch-ökonomischen Gesamtbilanz. 27 Vgl. Sohre P. (1995), KOF/ETH Investitionstest: Hochrechnungen für die Schweizer Bau- und Ausrü- stungsinvestitionen auf Branchenebene. Wir haben das Mittel aus den jährlichen Werten für 1989 bis 1992 genommen. 28 Die Branchen Transport, Schulen/Kultur/Sport und Gesundheitswesen weisen keine Belastung mit der Kiesabgabe auf. Wir gehen davon aus, dass der überwiegende Anteil des Kiesbedarfs für diese Branchen durch den öffentlichen Tief- und Hochbau abgedeckt ist (z.B.: Strassenbau, Bau von Schulhäusern, Spitäler, usw.). ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Grafik 6-16: 63 Kiesabgabe Variante A Variante B Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 Landwirtschaft Elektrizität Gas/Wasser Nahrung/Getränke Textil Bekleidung Holz/Sägereien Karton-, Papierprod. Papierverarbeitung Druck/Grafik Chemie Kunststoff Steine und Erden Metallurgie Giesserein/Alu Maschinen Elektrotechnik Bijouterie Baugewerbe Grosshandel Detailhandel Gastgewerbe Eisenbahnen Transport Telekommunikation Banken/Versich. Übrige Dienstleistung Schulen/Kultur/Sport Gesundheitswesen Bund/Kanton/G'den Haushaltungen ECOPLAN 0 200 400 600 800 1000 64 6 Wirtschaftliche Auswirkungen j) Bodenversiegelungsabgabe Berechnungsverfahren und wichtigste Annahmen Die Neuversiegelungsfläche konnte nur sehr grob abgeschätzt werden. Aufgrund von jährlichen Veränderungen in den Siedlungsflächen und Erschliessungen haben wir versucht, die Neuversiegelungsfläche abzuschätzen. Wir sind dabei davon ausgegangen, dass die Neuversiegelungsfläche ab 1995 im Vergleich zu der Periode 1978 bis 1989 um 20% zurückgeht. Die konkreten Annahmen sind in der nachfolgenden Tabelle dargestellt: Tabelle 6-17: Neuversiegelungsfläche im Kanton Bern Jährliche Veränderungen Versiegelungsanteil 1978 bis 89 Siedlungsflächen 1460 Gebäude ausserhalb Siedlung 2500 ha Plätze / Sportanlagen 210 ha Überörtliche Erschliessung 160 Örtliche Erschliessung 800 50% Versiegelungsfläche 1978 bis 89 Versiegelungsfläche ab 1995 CH Kt. Bern Kt. Bern Mio. m2 Mio. m2 Mio. m2 7.30 1.04 0.82 0.25 0.04 0.03 30% 0.63 0.09 0.07 km 8 m 1.28 0.18 0.14 km 6 m 4.80 0.69 0.54 14.26 2.04 1.60 100 m2/ Geb. Total Die Neuversiegelungsflächen im Bereich der Siedlungsflächen haben wir aufgrund des prognostizierten Neubauflächenzuwachses zwischen 1996 und 2005(29) auf die Haushalte, Industrie und Dienstleistungen aufgeteilt. Wir haben dabei die Industrieflächen doppelt gewichtet, da der Versiegelungsanteil pro neu gebauter Bruttogeschossfläche grösser ist als im Wohn- und Dienstleistungsbereich. Es ergab sich folgende Aufteilung der 0.82 Mio. m2 Neuversiegelungsfläche im Siedlungsbereich: – Haushalte 76% – Industrie 18% – Dienstleistungen 7% Die Aufteilung auf die Branchen haben wir wie schon bei der Kiesabgabe aufgrund der mittleren jährlichen Bauinvestitionen vorgenommen. Kommentar zu den Resultaten Wie schon bei der Kiesabgabe ist bei der Bodenversiegelungsabgabe der öffentliche Sektor der Hauptbetroffene. Die Branchen Transport, Schulen/Kultur/Sport und Gesundheitswesen weisen keine Abgabebelastung auf, da sie in diesem Falle dem öffentlichen Sektor zugewiesen werden. Wo liegen die Unsicherheiten? Die Unsicherheiten bezüglich der Gesamteinnahmen sowie der Branchenaufteilung sind relativ gross. Eine detailliertere Analyse wäre vor Einführung einer solchen Abgabe noch zu leisten. 29 Gemäss Wüest & Partner (1994), Basisdaten und Perspektiven zur Entwicklung des Gebäudeparks 1990 - 2030. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Grafik 6-18: 65 Bodenversiegelungsabgabe Variante A Variante B Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner 0 100 200 300 400 500 Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner 600 700 Landwirtschaft Elektrizität Gas/Wasser Nahrung/Getränke Textil Bekleidung Holz/Sägereien Karton-, Papierprod. Papierverarbeitung Druck/Grafik Chemie Kunststoff Steine und Erden Metallurgie Giesserein/Alu Maschinen Elektrotechnik Bijouterie Baugewerbe Grosshandel Detailhandel Gastgewerbe Eisenbahnen Transport Telekommunikation Banken/Versich. Übrige Dienstleistung Schulen/Kultur/Sport Gesundheitswesen Bund/Kanton/G'den Haushaltungen ECOPLAN 0 500 1000 1500 66 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Die kumulierte Abgabenbelastung der Branchen Die Grafiken 6-19 und 6-21 zeigen die kumulierte Abgabenbelastung in den Branchen pro Arbeitsplatz bzw. in % des Umsatzes. Die Grafiken 6-20 und 6-22 zeigen die kumulierte Abgabebelastung der "Firmenbeispiele".(30) Die Ergebnisse auf einen Blick: ❏ Die Karton-, Papierproduktion ist von den Abgaben sehr stark betroffen (insbesondere von den Wasser-, Abwasser-, Abfall-, Strom- und NOx-Grossfeuerungsabgabe). ❏ Stark betroffen sind die Branchen Elektrizität (dies vor allem aufgrund der Kühlwas- serabgabe beim Kernkraftwerk Mühleberg), Papierverarbeitung sowie Steine und Erden. Ebenfalls stark betroffen ist der öffentliche Sektor (vor allem durch die Kies- und Bodenversiegelungsabgabe). ❏ Überdurchschnittlich betroffen sind die Branchen Gas/Wasser (dies vor allem auf- grund der Wasserpumpwerke), Nahrung/Getränke, Textil, Chemie, Giessereien und Eisenbahnen. ❏ Die Firmenbeispiele zeigen, dass innerhalb einer Branche grosse Unterschiede beste- hen. Das bedeutet, dass die Branchenresultate als Durchschnittswerte angesehen werden müssen. Die einzelnen Betriebe in den Branchen können von diesem Durchschnittswert mehr als 100% abweichen. ❏ Die durchschnittliche Belastung pro Arbeitsplatz im gesamten Wirtschaftsbereich (inkl. öffentlichen Sektor) beträgt 260 Fr. (Variante A) bzw. 660 Fr./Arbeitsplatz (Variante B). Die Belastungen in den einzelnen Wirtschaftssektoren zeigt folgendes Bild: Variante A Variante B – Landwirtschaft 50 Fr./AP 135 Fr./AP – Industrie/Gewerbe 250 Fr./AP 690 Fr./AP – Dienstleistungen 180 Fr./AP 470 Fr./AP 1'250 Fr./AP 2'700 Fr./AP – Öffentl. Sektor Der Industriesektor wird pro Arbeitsplatz erwartungsgemäss - nämlich mit etwa 40% bis 50% - mehr belastet als der Dienstleistungssektor. Der öffentliche Sektor ist vor allem durch die Kies- und Bodenversiegelungsabgabe betroffen. ❏ Die durchschnittliche Belastung in Prozent des Umsatzes im gesamten Wirt- schaftsbereich (inkl. öffentlichen Sektor) beträgt 0.15% (Variante A) bzw. 0.38% (Variante B). Die Belastungen in den einzelnen Wirtschafssektoren zeigt folgendes Bild: Variante A Variante B – Landwirtschaft 0.04 % 0.10 % – Industrie/Gewerbe 0.11 % 0.31 % – Dienstleistungen 0.11 % 0.30 % – Öffentl. Sektor 1.01 % 2.19 % Die Belastung in Prozent des Umsatzes zeigt, dass der Industrie- und Dienstleistungssektor in etwa gleich stark betroffen sind. 30 In den Firmenbeispielen sind nur die Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Stromabgabe enthalten. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Grafik 6-19: 67 Totale Abgabenbelastung pro Arbeitsplatz bzw. Einwohner Variante A Variante B Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner Fr./Arbeitsplatz bzw. Fr./Einwohner 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 0 2000 4000 6000 8000 10000 12000 Landwirtschaft Elektrizität Gas/Wasser Nahrung/Getränke Textil Bekleidung Holz/Sägereien Karton-, Papierprod. Papierverarbeitung Druck/Grafik Chemie Kunststoff Steine und Erden Metallurgie Giesserein/Alu Maschinen Elektrotechnik Bijouterie Baugewerbe Durchschnitt "Wirtschaftsbereich" Grosshandel Detailhandel Gastgewerbe Eisenbahnen Transport Telekommunikation Banken/Versich. Übrige Dienstleistung Schulen/Kultur/Sport Gesundheitswesen Bund/Kanton/G'den Haushaltungen Grafik 6-20: Wasser-, Abwasser-, Abfall-, Stromabgabe - Firmenbeispiele Variante A Variante B Wasser-, Abwasser-, Abfall-, Stromabgabe in Fr./AP Wasser-, Abwasser-, Abfall-, Stromabgabe in Fr./Arbeitsplatz 0 500 1'000 1'500 2'000 2'500 3'000 3'500 4'000 4'500 Papier Papier Fettverarbeitung Extraktion Milchprodukte Nahrungsmittel Kieswerk Baugrundstoffe Nahrungsmittel Nahrungsmittel Verpackungen Textil Beschichtungen Gerberei Grafik Labor Druckerei Forschung ECOPLAN 0 5'000 10'000 15'000 68 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Grafik 6-21: Totale Abgabenbelastung in % des Umsatzes Variante A Variante B in % des Bruttoproduktionswertes (Umsatz) 0.0% 0.2% 0.4% 0.6% 0.8% 1.0% in % des Bruttoproduktionswertes (Umsatz) 1.2% 0.0% 1.0% 2.0% 3.0% 4.0% Landwirtschaft Elektrizität Gas/Wasser Nahrung/Getränke Textil Bekleidung Holz/Sägereien Karton-, Papierprod. Papierverarbeitung Druck/Grafik Chemie Kunststoff Steine und Erden Metallurgie Giesserein/Alu Maschinen Elektrotechnik Bijouterie Baugewerbe Durchschnitt "Wirtschaftsbereich" Durchschnitt "Wirtschaft" Grosshandel Detailhandel Gastgewerbe Eisenbahnen Transport Telekommunikation Banken/Versich. Übrige Dienstleistung Schulen/Kultur/Sport Gesundheitswesen Bund/Kanton/G'den Grafik 6-22: Wasser-, Abwasser-, Abfall-, Stromabgabe - Firmenbeispiele Variante A Variante B Wasser-, Abwasser-, Abfall-, Stromabgabe in % des Umsatzes 0.00% 0.20% 0.40% 0.60% 0.80% Wasser-, Abwasser-, Abfall-, Stromabgabe in % des Umsatzes 1.00% Papier Papier Fettverarbeitung Extraktion Milchprodukte Nahrungsmittel Kieswerk Baugrundstoffe Nahrungsmittel Nahrungsmittel Verpackungen Textil Beschichtungen Gerberei Grafik Labor Druckerei Forschung ECOPLAN 0.00% 1.00% 2.00% 3.00% 4.00% 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 69 Beurteilung der Resultate Folgende Punkte erscheinen uns besonders wichtig: ❏ Die starke Belastung der Karton- und Papierproduktion zeigt, dass ein Ermässi- gungsmodell unbedingt nötig ist. Eine Belastung von über 10'000 Fr. pro Arbeitsplatz (in Variante B) wäre für jeden Industriebetrieb das "Aus". ❏ Die Überwälzung der Abgabe auf die Güterpreise dürfte insbesondere im Dienstlei- stungssektor kaum Probleme bereiten. Eine damit induzierte Preiserhöhung von 0.2% bis 0.3% (Variante B) fällt relativ moderat aus. ❏ Eine Überwälzung der Abgabe auf die Güterpreise stösst vor allem in den import- und exportsensiblen Industriebranchen schnell an Grenzen. In diesen Branchen wird sich der Kostendruck auf dem Faktoreinsatz (insbesondere Arbeit) stark erhöhen. Dies betrifft die Branchen: – Nahrung/Getränke – Textil – Teile der Chemieindustrie – Kunststoff – Steine und Erden – Metallurgie – Giessereien – Maschinen- und Fahrzeugindustrie – Elektrotechnik Zur Güte der Resultate Mit einer solch detaillierten Branchendarstellung von verschiedensten Umweltabgabebelastungen haben wir Neuland betreten. Wie die Erläuterungen zu den einzelnen Abgaben zeigen, mussten wir häufig Annahmen treffen. Wie realitätsnah dieses Branchenbild ist, hängt selbstverständlich von der Güte dieser Annahmen ab. Wenn auch bei einzelnen Abgaben relativ grosse Unsicherheiten - vor allem bei der Aufteilung auf die verschiedenen Branchen - bestehen(31), vermag die Gesamtschau u.E. ein sehr gutes und umfassendes Bild zu geben. Es ist allerdings erneut festzuhalten: Die wiedergegebenen Belastungen sind durchschnittliche Branchenbelastungen - einzelne Betriebe können stark über oder unter dem Branchendurchschnitt liegen. 31 Auf diese Unsicherheiten haben wir bei den jeweiligen Abgabe-Erläuterungen hingewiesen. ECOPLAN 70 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 6.2.2 Ermässigungsmodell für stark betroffene Branchen Wie das vorhergehende Kapitel gezeigt hat, ist ein Ermässigungsmodell nötig. Die verschiedenen Möglichkeiten für Ermässigungsmodelle wurden schon in anderem Zusammenhang detailliert beschrieben.(32) Wir erachten es als sinnvoll, das schon bestehende Ermässigungsmodell zu verwenden. Wir sind von folgenden Annahmen ausgegangen: ❏ Wenn die Belastung einen Schwellenwert von 1000 Fr. (Variante A) bzw. 2000 Fr. pro Arbeitsplatz (Variante B) übersteigt, ermässigt sich der darüber liegende Abgabenanteil um 90%. Bei der Festlegung dieses Schwellenwertes haben wir darauf geachtet, dass nur die sehr stark betroffenen Betriebe vom Ermässigungsmodell profitieren können. Damit kann der Vollzugsaufwand gering gehalten werden. Die Ermässigung für sehr stark betroffene Betriebe führt zu Mindereinnahmen. Wir schätzen diese Mindereinnahmen auf 3% der Einnahmen aus dem Wirtschaftsbereich. Der Schwellenwert kann auch niedriger angesetzt werden, wenn auch die weniger stark betroffenen Betriebe vom Ermässigungsmodell profitieren sollen. Allerdings steigt dann der Vollzugsaufwand und auch die rückverteilbaren Einnahmen aus den Abgaben gehen massiv zurück. ❏ Welche Abgaben sollen für die Berechnung des Schwellenwertes berücksichtigt wer- den? Die Kies- und Bodenversiegelungsabgaben können bei der Berechnung eines solchen Schwellenwertes nicht berücksichtigt werden. Diese fallen in der Regel in sehr unregelmässigen Abständen und einzelfallweise (z.B. beim Bau einer neuen Fabrikhalle), dann aber in beträchtlicher Höhe an. Würden diese Abgaben ins Ermässigungsmodell miteinbezogen, so würde dies die Grundidee der Kies- und Bodenversiegelungsabgabe unterlaufen. Wir schlagen vor, diejenigen Abgaben, welche insbesondere die industrielle Produktion ganz direkt betreffen, zur Berechnung des Schwellenwertes heranzuziehen. Dies sind: – Wasser – Abwasser – Abfall – Elektrizität – NOx bei Grossfeuerungen Die Grafik 6-23 zeigt die Belastung in den Branchen, wenn ein Ermässigungsmodell gemäss obigen Annahmen eingeführt würde. Es zeigt sich, dass ein solches Modell die "Spitzenbelastungen" brechen kann. 32 ECOPLAN (1992), Belastung von Haushalten und Wirtschaft durch verursacherfinanzierte Abgaben. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Grafik 6-23: 71 Totale Abgabebelastung in den Branchen mit Ermässigungsmodelle Variante A Variante B Fr./Arbeitsplatz Fr./Arbeitsplatz 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 0 500 1000 1500 2000 2500 Landwirtschaft Elektrizität Gas/Wasser Nahrung/Getränke Textil Bekleidung Holz/Sägereien Karton-, Papierprod. Papierverarbeitung Druck/Grafik Chemie Kunststoff Steine und Erden Metallurgie Giesserein/Alu Maschinen Elektrotechnik Bijouterie Baugewerbe Durchschnitt "Wirtschaftsbereich" Durchschnitt "Wirtschaft" Grosshandel Detailhandel Gastgewerbe Eisenbahnen Transport Telekommunikation Banken/Versich. Übrige Dienstleistung Schulen/Kultur/Sport Gesundheitswesen Bund/Kanton/G'den ECOPLAN 3000 72 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 6.2.3 "Gewinner"- und "Verlierer"-Branchen (mit Ermässigungsmodell) Für die Darstellung von "Gewinner"- und "Verlierer"-Branchen in der Grafik 6-24 haben wir folgende Annahmen getroffen: – Die Einnahmen aus dem Wirtschaftsbereich werden den Unternehmungen vollständig zurückerstattet. – Die Rückerstattung erfolgt nach Massgabe der Lohnsumme ("Lohnsummenbonus"). Grafik 6-24: "Gewinner-" und "Verlierer"-Branchen - Nettoabgabebelastung Variante A "Gewinner" -200 0 Variante B "Verlierer" Fr./Arbeitsplatz 200 400 600 800 1000 "Gewinner" -500 0 Fr./Arbeitsplatz 500 1000 "Verlierer" 1500 2000 Landwirtschaft Elektrizität Gas/Wasser Nahrung/Getränke Textil Bekleidung Holz/Sägereien Karton-, Papierprod. Papierverarbeitung Druck/Grafik Chemie Kunststoff Steine und Erden Metallurgie Giesserein/Alu Maschinen Elektrotechnik Bijouterie Baugewerbe Grosshandel Detailhandel Gastgewerbe Eisenbahnen Transport Telekommunikation Banken/Versich. Übrige Dienstleistung Schulen/Kultur/Sport Gesundheitswesen Bund/Kanton/G'den Unter der Prämisse, dass der Wirtschaft die von ihr bezahlten Abgaben nach Massgabe der Lohnsumme rückerstattet werden, lässt sich folgendes festhalten: – Zu den "Gewinnern" zählen die meisten Branchen des Dienstleistungssektors (ausser dem Gastgewerbe, den Eisenbahnen und dem Transportgewerbe). Im Industriesektor gibt es gleichviele "Gewinner" wie "Verlierer". – Das Ausmass der Nettobelastung pro Arbeitsplatz ist bei den "Verlierern" grösser als der positive Nettoeffekt bei den "Gewinnern". Dies rührt daher, dass in den ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 73 "Verliererbranchen" rund 20% aller Beschäftigten tätig sind, währenddem die "Gewinnerbranchen" 80% der Beschäftigten umfassen. – Die Wettbewerbsposition wird durch dieses Abgabe- und Rückerstattungssystem vor allem in denjenigen Branchen tangiert, die import- und exportsensibel reagieren - also in erster Linie in Branchen des Industriesektors. Die nachfolgende Zusammenstellung zeigt die heutige Einschätzung der Wettbewerbsposition gegenüber der EU und die Veränderungen von MUEK. Tabelle 6-25: Veränderung der Wettbewerbsposition import- und exportsensibler Branchen. Import- oder exportsensible Branchen Nahrung/Getränke Heutige Wettbewerbsposi- Veränderung der Wettbetion(33) werbsposition durch MUEK mittel Chemie stark Kunststoff 0 0 + + schwach Textil mittel Steine und Erden schwach Metallurgie schwach Giessereien/Alu schwach Maschinen mittel Elektrotechnik stark Legende: - Wettbewerbsposition wird durch MUEK negativ beeinflusst 0 Wettbewerbsposition wird durch MUEK weder positiv noch negativ beeinflusst + Wettbewerbsposition wird durch MUEK positiv beeinflusst Die Maschinen- und Elektrotechnikbranche (rund 51'000 Beschäftigte) kann mit einer Stärkung rechnen; hingegen verschlechtert sich die Wettbewerbsposition in den Branchen Nahrung/Getränke, Textil, Chemie, Steine und Erden sowie Giessereien (rund 20'000 Beschäftigte). Drei dieser fünf "Verlierer"-Branchen weisen schon heute eine schwache Wettbewerbsposition auf. Fazit: "Gewinner" eines solchen MUEK-Systems wäre der tertiäre Sektor. Rund 20% der Beschäftigten (bzw. deren Firmen) werden schlechter gestellt, während 80% davon profitieren. Kritisch wird es für die import- bzw. exportsensiblen Branchen Nahrung/Getränke, Steine und Erden und Giessereien (zusammen rund 15'000 Beschäftigte), die heute schon eine schwache Wettbewerbsposition aufweisen. 33 Gemäss Graf H.G. (1994): Alleingang versus EU-Beitritt, Branchenszenarien für die Schweiz. Die Ein- schätzung der Wettbewerbsposition ist immer gegenüber der EU gemeint. ECOPLAN 74 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 6.3 Soziale Verteilungseffekte Wie wirken sich diese Abgaben auf die Haushalte aus? Wie stark werden "ärmere" und "reichere" Haushalte belastet? Die Grafik 6-26 zeigt die Abgabenbelastung in den "ärmeren" und "reicheren" Haushalten.(34) Tabelle 6-26: Belastung von "armen" und "reichen" Haushalten "armer" Durchschnitts- "reicher" Bemerkungen und Annahmen zur unterschiedlichen Haushalt haushalt Haushalt Belastung in "armen" und "reichen" Haushalten (10% Ärmste) (10% Reichste) Var. A Var. B Var. A Var. B Var. A Var. B Fr./Kopf Fr./Kopf Fr./Kopf Fr./Kopf Fr./Kopf Fr./Kopf Wasser 1.9 5.2 2.1 5.7 2.3 6.3 "armer" Haushalt: -10% vom Durchschnittshaushalt Abwasser 8.8 19.7 9.8 21.9 10.8 24.1 "reicher" Haushalt: +10% vom Durchschnittshaushalt Abfall 2.9 10.2 3.2 11.3 3.5 12.5 Strom 5.1 17.1 5.8 19.2 6.9 23.1 gemäss Ausgaben für Strom aus der VE90 Feuerungen 0.5 1.2 0.7 1.9 0.9 2.4 gemäss Ausgaben für Oel/Gas aus der VE90 Besch.-PP Wird von den Firmen bezahlt und entweder über den Lohn oder direkt den Beschäftigten weiterverrechnet. Wir haben daher die Abgabebelastung bei den Firmen angesetzt. Öffentliche PP 8.5 16.4 18.4 35.7 22.0 42.7 Belastung gemäss den Fahrzeugkilometern. Diese haben wir indirekt aus den Ausgaben für Benzin aus der VE90 berechnet; wobei wir annehmen, dass die PWs der "reichen" Haushalte einen doppelt so hohen spezifischen Benzinverbrauch ausweisen. MFZ-Steuer 13.4 18.7 18.6 26 23.8 33.3 "armer" Haushalt: MFZ-Steuer-Erhöhung für einen Kleinwagen "reicher" Haushalt: MFZ-Steuer-Erhöhung für grossen PW Kies 6.2 13.9 8.3 18.7 11.0 24.5 gemäss der Nettowohnfläche aus der VE90. Versiegelung 12.3 24.6 16.4 32.9 21.6 43.2 gemäss der Nettowohnfläche aus der VE90. Total pro Kopf 59.5 127.1 83.3 173.3 102.8 212.1 Pro Erwachsener 68 145 95 198 117 242 Wir gehen davon aus, dass die Abgabenbelastung für Kinder rund Pro Kind 34 73 48 99 59 121 50% der Erwachsenen-Belastung beträgt. Die obige Tabelle zeigt, dass für die Haushalte die Abgabe auf öffentlichen Parkplätzen die bedeutendste Abgabe ist, gefolgt von der Versiegelungsabgabe.(35) Einen relativ geringen Anteil machen die Wasser- und Feuerungsabgabe aus. 34 Die Auswertung stützt sich auf die Verbrauchserhebung 1990 (VE90). Es wird also mit gesamtschweize- rischen Durchschnittswerten gerechnet. 35 Die Versiegelungs- und auch die Kiesabgabe betreffen die Haushalte entweder durch höhere Mieten oder durch höhere Baukosten bei Neuwohnungen und neuen Eigenheimen. Oben ist die Versiegelungsabgabe aus Vergleichsgründen über alle Haushalte verteilt worden. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 75 In welchem Verhältnis steht diese Abgabenbelastung zum Einkommen der Haushalte? Wir untersuchen dies an verschiedenen "Modellhaushalten" (vgl. Tabelle 6-27): Tabelle 6-27: "Modellhaushalte": Einkommen und Abgabebelastung (Variante B) Verheiratetes Ehepaar mit 2 Kindern "armer" Haushalt Durchschnittshaushalt "reicher" Haushalt 35'000(36) 66'000(37) 120'000 Abgabebelastung Fr./Jahr 435 595 725 Abgabebelastung in % des Einkommens 1.2% 0.9% 0.6% Einpersonen-haushalt "armer" Haushalt Einkommen Einkommen Fr./Jahr Fr./Jahr 15'000(38) Abgabebelastung Fr./Jahr 145 Abgabebelastung in % des Einkommens 0.9% Die obigen Modellhaushalte zeigen, dass bei den "ärmeren" Haushalten die Abgabenbelastung über 1% vom Einkommen in Anspruch nimmt, währenddem sie bei den "reicheren" Haushalten viel weniger ins Gewicht fällt. Will man die "ärmeren" Haushalte zumindest nicht schlechter stellen als heute, so ist ihnen mindestens 145 Fr./erwachsene Person und 75 Fr./Kind zurückzuerstatten. 36 Ein Vollzeiterwerbstätiger mit Minimallohn. 37 Entspricht ungefähr dem durchschnittlichen Erwerbseinkommen eines Vollzeitbeschäftigten im Kanton Bern. 38 Z.B. Rentner oder Rentnerin mit Ergänzungsleistung. ECOPLAN 76 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 6.4 Regionale Verteilungseffekte Wie werden die Teilräume und Regionen im Kanton Bern durch MUEK tangiert? Ergeben sich durch MUEK massive Umverteilungen zwischen den Regionen? Auf diese Fragen können wir trotz des relativ guten Datenmaterials auf der Belastungsseite nur grobe Antworten geben: – Einerseits fehlt die nötige Datenbasis für eine detaillierte Abschätzung des Einflusses der Verwendungsseite von MUEK, – andererseits sind die Abgaben von Region zu Region verschieden. Auch hier fehlen genaue Angaben. In einem ersten Schritt haben wir die Abgabebelastung auf der Haushalts- und Unternehmensseite abgeschätzt. Dabei haben wir folgende regionale Unterschiede berücksichtigt: – Die Abwasserabgabe wurde regional differenziert. Die regionale Differenzierung wurde nach Massgabe der unterschiedlichen Reinigungsleistung der ARAs vorgenommen. So wurde z.B. für die Region Bern angenommen, dass die Abgabebelastung 20% unter dem Mittelwert liegt. Für die Regionen Saanenland, Kandertal und Oberland-Ost sind wir von einer um 50% über dem Mittelwert liegenden Abwasser-Abgabebelastung ausgegangen. Für die restlichen Regionen wurden Werte dazwischen gewählt, wobei für urbanere Regionen (z.B. Biel und Thun) eine tiefere Abgabebelastung angenommen wurde als z.B. für die Voralpengebiete und den Jura. – Im Verkehrsbereich haben wir die Auswirkungen der Abgaben regional differenziert, namentlich: Abgabe auf Besucher- und Beschäftigtenparkplätzen, Abgabe auf öffentlichen Parkplätzen sowie die Erhöhung der Motorfahrzeugsteuer. Für die Region Bern wurde angenommen, dass der relativ hohe Anteil des öffentlichen Verkehrs und der geringere Anteil des Privatverkehrs dazu führen wird, dass die Belastung pro Beschäftigten bzw. pro Einwohner 20% unter dem Mittelwert liegt. Für die Regionen Saanenland, Kandertal und Oberland-Ost und den Jura sind wir von um 25% über dem Mittelwert liegenden Einnahmen ausgegangen. Für die restlichen Regionen wurden Werte dazwischen gewählt. – Berücksichtigt wurde im weiteren die unterschiedliche Branchenstruktur in den Regionen. Eine spezielle Auswertung hat uns erlaubt, die Anzahl der Beschäftigten in den jeweiligen Branchen differenziert nach 13 Regionen zu bestimmen. Damit wurde es möglich, die unterschiedliche Branchenstruktur in den Regionen abzubilden und die Abgabebelastung zu berechnen. Hat z.B. eine Region einen relativ hohen Anteil von Branchen, die relativ stark durch die Umweltabgaben belastet werden, so liegt die Abgabebelastung pro Beschäftigten in dieser Region über dem Mittelwert. Für die restlichen Abgaben (Abfall-, Wasser-, Kies-, Versiegelungs-, NOx- und Elektrizitätsabgabe) konnte mangels Datengrundlage keine regionale Differenzierung vorgenommen werden. Die meisten dieser Abgaben werden sich zwischen den Regionen nicht sehr stark unterscheiden. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 77 Die nachfolgende Tabelle 6-28 stellt die Abgabebelastung im Unternehmensbereich (in Fr./Beschäftigter) und im Haushaltsbereich (in Fr./Kopf) dar. Die Abweichungen vom Mittelwert geben erste Hinweise auf regionale Verteilungseffekte. Tabelle 6-28: Abgabebelastung pro Beschäftigtem und pro Kopf in den Regionen Regionen im Kanton Bern Beschäftigte Bevölkerung 1990(1) 1993(2) Abgabebelastung (Variante B) im Arbeitsbereich in Fr./Besch. Region Bern + Laupen im Haushaltbereich Abweichung in Fr./Kopf vom Mittelwert Abweichung vom Mittelwert 188'976 41.3% 324'698 33.6% 660 3.1% 160 -5.9% Erlach/östliches Seeland 18'913 4.1% 44'423 4.6% 630 -1.6% 180 5.9% Biel/Seeland/Büren 52'888 11.6% 109'888 11.4% 550 -14.1% 170 0.0% Jura 22'490 4.9% 52'528 5.4% 650 1.6% 190 11.8% Oberaargau 33'588 7.3% 76'436 7.9% 650 1.6% 190 11.8% Burgdorf 28'978 6.3% 70'505 7.3% 670 4.7% 190 11.8% Oberes Emmental 10'416 2.3% 26'312 2.7% 540 -15.6% 190 11.8% Gürbe-, Aare-, Kiesental 18'368 4.0% 56'638 5.9% 560 -12.5% 190 11.8% Schwarzwasser 6'067 1.3% 17'105 1.8% 510 -20.3% 190 11.8% Thun-Innertport 43'522 9.5% 111407 11.5% 650 1.6% 180 5.9% Saanenland/Simmental 7'328 1.6% 16'139 1.7% 640 0.0% 200 17.6% Kandertal 5'529 1.2% 14'951 1.5% 630 -1.6% 200 17.6% 20'022 4.4% 45'019 4.7% 780 21.9% 200 17.6% 457'085 100% 966'049 100% 640 Oberland-Ost Total 170 Die obige Zusammenstellung der regionalen Abgabebelastung lässt sich folgendermassen kurz kommentieren: Arbeitsbereich: – Die Abgabebelastung pro Beschäftigtem liegt in den Voralpenregionen Oberes Emmental, Gürbe-, Aare- und Kiesental sowie im Scharzwasser aufgrund des relativ hohen Anteils an Landwirtschaft (gehört zu den "Gewinner"-Branchen) unter dem kantonalen Mittelwert. – Nur gerade das Oberland-Ost liegt deutlich (rund 22%) über dem kantonalen Mittelwert; dies in erster Linie aufgrund der stark vertretenen Tourismusbranche. – Die restlichen Regionen liegen in etwa im kantonalen Mittel. Haushaltsbereich: – Die pro-Kopf-Abgabebelastung liegt nur in der Region Bern unter dem kantonalen Mittel. – Die restlichen Regionen liegen bis zu rund 18% über dem kantonalen Mittelwert. 1 Gemäss Volkszählung 1990 und einer Spezialauswertung der MS-Regionen. 2 Gemäss eigenen Berechnungen und Hochrechnungen. ECOPLAN 78 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Grosse Unterschiede in der regionalen Abgabebelastung bestehen nicht. Allenfalls ist für das Oberland-Ost eine gewisse Benachteiligung festzustellen, da die Abgabebelastung sowohl im Arbeitsbereich wie auch im Haushaltsbereich über dem kantonalen Mittel liegt. Damit die Verteilungseffekte zwischen den Regionen vollständig erfasst werden, muss die Verwendungsseite von MUEK, also die Rückerstattung an Haushalte bzw. Unternehmen, berücksichtigt werden. In der nachfolgenden Tabelle sind die regionalen Verteilungswirkungen dargestellt. Wir haben auf der Verwendungsseite zum einen mit einer Pauschale pro Kopf gerechnet, d.h. die gesamten Einnahmen werden pro Kopf der Bevölkerung zurückerstattet (vgl. dazu Kapitel 5). Zum andern haben wir versucht die Verteilungseffekte eines Lohnsummenbonus und einer Steuerreduktion darzustellen. Da weder die Lohnsumme noch die Steuereinnahmen in den Regionen greifbar war, haben wir das "Volkseinkommen" als Hilfsgrösse beigezogen. Die Einnahmen aus den Abgaben wurden für das Modell "Steuerreduktion" und "Lohnsummenbonus" anhand des geschätzten Volkseinkommens auf die unterschiedlichen Regionen rückverteilt. Tabelle 6-29: Regionale Verteilungseffekte Regionen im Kanton Bern Abgabe Rückerstattung Saldo Mio. Fr. Mio. Fr. Mio. Fr. 175 158 Erlach/östliches Seeland 20 Biel/Seeland/Büren Steuerreduktion/Lohnsummenbonus Saldo Saldo pro Kopf Rück-erstattung Fr./Kopf für 1990 Mio. Fr. Mio. Fr. Fr./Kopf -17 -53 46'500 201 26 81 22 2 41 30'200 18 -2 -43 48 53 5 49 37'900 56 8 68 Jura 25 26 1 17 28'300 20 -5 -92 Oberaargau 36 37 1 14 31'500 32 -4 -52 Burgdorf 33 34 2 24 30'600 29 -4 -53 Oberes Emmental 11 13 2 84 22'000 8 -3 -108 Gürbe-, Aare-, Kiesental 21 28 7 118 28'700 22 1 15 Schwarzwasser 6 8 2 117 22'000 5 -1 -76 Thun-Innertport 48 54 6 55 32'400 48 0 1 Saanenland/Simmental 8 8 0 -5 36'700 8 0 -2 Kandertal 6 7 1 53 24'900 5 -1 -100 25 22 -3 -60 31'100 19 -6 -132 36'400 470 Region Bern + Laupen Oberland-Ost Ausserkantonal Total (Var. B) pro-Kopf-Rückerstattung Saldo Volkseink. 9 470 470 Die obige Tabelle zeigt in der 2. Spalte die Abgabebelastung in den einzelnen Regionen in Mio. Fr. Für das Modell "Pauschale pro Kopf" und "Steuerreduktion / Lohnsummen-bonus" wurden jeweils die Rückerstattungen regionsweise berechnet. Die Differenz zwischen den Rückerstattungs-Einnahmen und den Abgabebelastung resultiert der Saldo - dargestellt in Mio. Fr. und in Fr./Kopf. Ein positiver Saldo, bedeutet dass die Region zu den "Gewinnern" gehört; "Verlierer" haben einen negativen Saldo. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 79 Schlussfolgerungen: Zusammenfassend lässt sich die Tabelle 6-29 wie folgt interpretieren: – Es gibt regionale Umverteilungen im Rahmen eines Systems MUEK. Die Umverteilungen halten sich aber im Rahmen. Die maximalen "Gewinner"- oder "Verlierer"-Regionen werden nie mehr als rund 130 Fr. pro Kopf besser bzw. schlechter gestellt. – Die Umverteilung ist stark vom gewählten Verwendungsmodell abhängig. Während im Modell "Pauschale pro Kopf" die "ärmeren" Regionen (Schwarzwasser, Oberes Emmental, Gürbe-, Aare-, Kiesental) profitieren, sind es im MUEK-System mit Steuerreduktion oder Lohnsummenbonus die urbanen "reicheren" Regionen (insbesondere Bern, aber auch Biel). – Sollen die regionalen Umverteilungswirkungen minimiert werden, so wäre eine Kombination zwischen pro-Kopf-Modell und dem Lohnsummenbonus bzw. der Steuerreduktion zu wählen. ECOPLAN 80 6.5 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen Wie wirkt sich das System MUEK auf die Gesamtwirtschaft aus? Eine "genaue", quantitativ abgestützte Antwort ist nicht möglich - ein pragmatisches und qualitatives Vorgehen ist gefragt. Wir versuchen im folgenden, die zentralen Fragestellungen herauszuschälen und möglichst transparent unsere Antwort darauf zu geben. Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen wollen wir aus 4 verschiedenen Blickwinkeln analysieren. Die nachfolgende Grafik zeigt unseren Ansatz: Grafik 6-30: MUEK: Wirkung auf Effizienz/Wohlfahrt, Branchenstrukturwandel, Standortgunst sowie Innovation Ohne MUEK Mit MUEK Effizienz/Wohlfahrt Branchenstrukturwandel Standortgunst Prozess Prozess Produkt Produkt Innovation Chancen und Risiken von MUEK ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 81 Die 4 zentralen Themen lassen sich wie folgt formulieren: ❏ Steigert MUEK die Effizienz und Wohlfahrt? (Kapitel 6.5.1) Wir stellen uns die Frage, welche wirtschaftlichen Effekte MUEK auf die wirtschaftliche Effizienz und die Wohlfahrt der gesamten bernischen Wirtschaft hat. Im Vordergrund steht eine komparativ statische Totalanalyse, d.h. die positiven oder negativen dynamischen Effekte (z.B. Wirkung auf technologischen Fortschritt) eines Systems MUEK werden hier vernachlässigt. ❏ Beschleunigt MUEK den Strukturwandel? (Kapitel 6.5.2) Ist MUEK strukturerhaltend oder fördert es den Strukturwandel. Mit welchen positiven oder negativen Effekte ist aus dynamischer Sicht zu rechnen? ❏ Steigert MUEK die bernische Standortattraktivität? (Kapitel 6.5.3) Ein zentraler Punkt, der gegen oder für ein System MUEK spricht, ist die Wirkung auf die Standortattraktivität. Welche Standortfaktoren werden durch MUEK beeinflusst und in welche Richtung? ❏ Fördert MUEK Innovationen? (Kapitel 6.5.4) Wird das Innovationsklima im Prozess- oder Produktebereich durch MUEK beeinflusst? Mit welchen Wirkungen auf die Innovationstätigkeit ist zu rechnen? Am Schluss versuchen wir, aus diesen 4 Ansätzen eine Gesamtschau zu geben. Diese soll es uns erlauben, die Chancen und Risiken (Kapitel 6.5.5) hinsichtlich der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen von MUEK darzulegen. 6.5.1 Steigert MUEK die Effizienz und Wohlfahrt? Eine zentrale Frage ist, ob MUEK die Effizienz und Wohlfahrt einer Volkswirtschaft positiv oder negativ beeinflusst? Wie Effizienz und Wohlfahrt "gemessen" werden, legen wir weiter unten (im Kommentar zu den Grafiken 6-31 und 6-32) detaillierter dar. Für die folgenden Ausführungen lassen sich die Begriffe "Effizienz" und "Wohlfahrt" wie folgt kurz erklären: Ein Effizienz- bzw. Wohlfahrtsgewinn bedeutet, dass die Volkswirtschaft als ganzes besser gestellt wird. Das System MUEK beeinflusst über drei Effekte die Effizienz der Berner Volkswirtschaft (siehe auch nachfolgende Grafik): 1. Erhebt man eine Abgabe auf irgendeinem Gut (sei dies Abfall oder Parkplätze), so ist dies im klassischen ökonomischen Sinne - unter Vernachlässigung der externen Effekte - mit Effizienzverlusten verbunden. Vereinfachend kann gesagt werden, dass die meisten Steuern und Abgaben die bernische Ökonomie "stören" und zu Effizienzverlusten führen. 2. Eine Abgabe führt dann zu Effizienzgewinnen, wenn die Abgabe verzerrte Marktpreise korrigiert - das heisst, wenn die Abgabe einen Beitrag zur Verminderung der externen Kosten der Umweltbelastung leistet. Die Umweltabgaben von MUEK werden zu einer Reduktion der externen Kosten führen, also ist zumindest neben den Effizienzverlusten der Abgabe (siehe Punkt 1) auch mit Effizienzgewinnen zu rechnen. ECOPLAN 82 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 3. Die Einnahmen aus den Abgaben werden bei MUEK an Haushalte und Unternehmen rückverteilt. Im Vordergrund stehen eine Steuerreduktion, die Pro-Kopf-Rückerstattung und der Lohnsummenbonus. Effizienzgewinne im klassischen ökonomischen Sinne sind dann zu erwarten, wenn bestehende Steuerbelastungen und damit Verzerrungen reduziert werden. Somit dürfte in erster Linie die Steuerreduktion zu Effizienzgewinnen führen. Der Lohnsummenbonus reduziert indirekt die Sozialabgaben (AHVBeiträge, usw.) und dürfte ebenfalls mit Effizienzgewinnen verbunden sein - allerdings deutlich schwächeren. Werden sowohl über die Reduktion der externen Kosten als auch über die Reduktion der Steuerbelastung volkswirtschaftliche Effizienzgewinne erzielt, spricht man von der sog. "doppelten Dividende" (double dividend, vgl. dazu auch Abschnitt 2.1) . Grafik 6-31: Effekte auf Effizienz bzw. Wohlfahrt Effizienzgewinne und -verluste: Erwartete Wirkungen von MUEK 1) 2) 3) Saldo Abgaben führen zu ökonomischen Verzerrungen -> Verluste Abgaben reduzieren externe Kosten -> Gewinne Reduktion von bestehenden Steuern -> Gewinne abhängig von Kompensationsmodell positiv oder negativ? Welchen Saldo diese drei Effekte haben, lässt sich nur im Rahmen einer Totalanalyse erfassen. Totalanalyse heisst, dass simultan alle Reaktionen auf ein System MUEK von Unternehmen und Haushalten erfasst und bewertet werden. Eine Totalanalyse ist ein sehr aufwendiges Untersuchung und benötigt viele Basisdaten, um gesicherte Aussagen zu machen. Die Durchführung einer Totalanalyse für den Kanton Bern hätte den Rahmen dieser Machbarkeitsstudie bei weitem gesprengt. Dazu müsste ein spezielles Wirtschaftsmodell für den Kanton Bern erstellt werden, welches die erwünschten Analysen zulässt. Wir haben daher versucht, über das gesamtschweizerische ECOPLAN-Modell, das Totalanalysen auf der nationalen Ebene erlaubt, Trendaussagen zu machen, die wir auf den Kanton Bern übertragen. Es muss schon hier vorweggenommen werden, dass für die MoECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 83 dellierung der Abgabenseite starke Vereinfachungen nötig waren und die Resultate nur als grobe Schätzungen zu verstehen sind. Für speziell Interessierte haben wir im nachfolgenden Exkurs die wichtigsten Modellannahmen zusammengestellt. Exkurs In diesem Exkurs wird das gesamtschweizerische ECOPLAN-Modell und die zugrunde gelegten Annahmen kurz erklärt.(3) Danach werden die Modellierung des Systems MUEK im Rahmen des ECOPLAN-Modells und die nötigen Anpassungen an den Kanton Bern dargelegt. Die Resultate und Ihre Interpretation werden wir am Schluss dieses Kapitels darlegen. Das ECOPLAN-Modell im Überblick Das ECOPLAN-Modell ist ein sogenanntes "Berechenbares Gleichgewichtsmodell" (BG-Modell) für die Schweiz. BG-Modelle dienen dazu, die wirtschaftlichen Auswirkungen von Massnahmen vorherzusagen, welche die Preis-, Nachfrage- und/oder Angebotsverhältnisse einer Volkswirtschaft verändern (z.B. Abgaben und Steuerreduktionen). Für die Abschätzung von wirtschaftlichen Auswirkungen eines so komplexen Systems wie MUEK, ist das BG-Modell ein wissenschaftlich fundiertes und praxisorientiertes Instrument. Das ECOPLAN-Modell für die Schweiz zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus: – 41 verschiedene Wirtschaftsbranchen werden mit all ihren Verflechtungen und Produktionseigenschaften abgebildet.(4) Es wird z.B. für jede dieser 41 Branchen bestimmt, wieviel Arbeit und Kapital in der Produktion eingesetzt werden. Dies erlaubt uns, den Lohnsummenbonus für jede einzelne Branche zu berechnen. Im weiteren werden die Vorleistungen, also die "Einkäufe" von Güter anderer Branchen, für jede einzelne Branche ausgewiesen. Wenn also in Branchen mit einer hoher Abgabenlast die Preise steigen, dann wird dies auch andere Branchen treffen. Da die Vorleistungen bekannt sind, ist es nicht möglich, diesen Effekt zu quantifizieren. – Für die 41 Wirtschaftsbranchen wird in einer sogenannten Produktionsfunktion festgehalten, wie diese auf Preisänderungen aller Art (z.B. von höheren Strompreisen) reagieren. Damit kann berechnet werden, ob z.B. bei höheren Strompreisen mehr Kapital eingesetzt oder ob weniger produziert wird. – Weiter wird im Modell auch berücksichtigt, dass z.B. eine Stromabgabe nicht einfach auf die Güterpreise überwälzt wird, da sonst die Güter preislich mit den importieren Güter oder im Export nicht mehr konkurrenzfähig sind. Diese "Überwälzungsmöglichkeit" ist natürlich in stark exportorientierten oder importsensiblen Branchen viel grösser als in standortgebundenen Branchen (wie z.B. das Gesundheitswesen). – Das Modell bildet aber nicht nur den Produktionsbereich sondern auch die Endnachfrager ab. Speziell interessant in diesem Zusammenhang sind die Haushalte. Die von den Haushalte zu bezahlenden Steuern sind im Rahmen einer explizit formulierten Steuerfunktion modelliert. Damit lässt sich der Effekt einer Steuerreduktion durch ein System MUEK berücksichtigen. 3 4 Einen genauen Beschrieb des ECOPLAN-Modelles enthalten: - ECOPLAN (1995), Wirtschaftliche Auswirkungen und Verteilungseffekte verschiedener CO2/Energieabgabe-Szenarien, - ECOPLAN (1994), Auswirkungen der demografischen Alterung auf Branchen und Gesamtwirtschaft. Diese Verflechtungen werden in einer sogenannten Input/Output-Tabelle festgehalten. ECOPLAN 84 6 Wirtschaftliche Auswirkungen – Das Modell ist statischer Natur, d.h. es ist nicht möglich, Anpassungsprozesse zu analysieren. Das statische Modell erlaubt aber die Darstellung einer Volkswirtschaft mit und ohne MUEK (ähnlich wie dies die Grafik 6-30 zeigt). MUEK im ECOPLAN-Modell und Anpassungen an Kanton Bern Die verschiedenen Abgaben von MUEK können nur mit sehr hohem Aufwand einzeln in das Modell integriert werden. Auch die Erstellung eines speziellen Datengerüstes für den Kanton Bern wäre unverhältnismässig und für die uns interessierende Fragestellung auch gar nicht nötig. Wir müssen uns mit "Vereinfachungen" behelfen. Nachfolgend haben wir die wichtigsten "vereinfachenden" Annahmen und die Implikationen für die Interpretation der Resultate dargelegt: ❏ Modellierung der Abgaben: Die verschiedenen Abgaben von MUEK sind nicht einzeln sondern als ganzes modelliert. Wir haben für jede Branche die individuelle "Abgabenlast" berechnet (vgl. Kapitel 6.2). Die "MUEK-Abgabe" wird dann in Prozent des Umsatzes festgelegt. Vorteil dieser Lösung ist, dass die gesamte Belastung mit allen Abgaben modelliert wird. Nachteil ist, dass die Unternehmen im Modell nicht auf Preisänderungen durch die verschiedenen Abgaben gezielt reagieren. Es wird unterstellt, dass die Unternehmen kaum Reaktionsmöglichkeiten haben, um die Abgabenlast durch gezielte Massnahmen in der Produktion (z.B. Stromsparmassnahmen, usw.) zu reduzieren. Sie müssen also die Abgabenlast voll auf ihre Güterpreise überwälzen. Welchen Einfluss hat diese Annahme auf die nachfolgenden Resultate? Mit der obigen "Abgabenmodellierung" werden die wirtschaftlichen Auswirkungen negativer ausfallen, als sie tatsächlich sein dürften. ❏ Modellierung der einnahmenseitigen Verwendung: Im Rahmen des ECOPLAN-Modells konnten wir die drei Verwendungsmodelle "Pauschale pro Kopf", "Lohnsummenbonus" und "Steuerreduktion" genauer untersuchen. Damit die Wirkung der verschiedenen Verwendungsmodelle klar hervorgeht, haben wir die drei Verwendungsmodelle getrennt untersucht: – "Pauschale pro Kopf": Die gesamten Einnahmen werden pro Kopf gleichmässig auf die Berner Bevölkerung rückerstattet (Kinder erhalten die Hälfte der Erwachsenen). Diese Verwendung ist ökonomisch gesprochen "neutral", d.h. es ist nicht mit Effizienzgewinnen zu rechnen. – "Lohnsummenbonus": Die Einnahmen werden nach Massgabe der Lohnsumme an die Unternehmen zurückerstattet. Dieses Verwendungsmodell verspricht Effizienzgewinne, da damit (indirekt) die Sozialbeiträge der Unternehmen reduziert werden. – "Steuerreduktion": Werden die Einnahmen voll über eine Steuerreduktion kompensiert, so wird die Steueranlage in der Variante B um 4/10 reduziert. Wir bleiben auf der sicheren Seite und rechnen lediglich mit einer Reduktion um 3/10. Wichtig ist, welchen Einfluss die Senkung der Steueranlage auf den sogenannten Grenzsteuersatz hat. Im Kanton Bern führt eine Steueranlagesenkung um 3/10 zu einer Reduktion des Grenzsteuersatzes um 5%.(5) Auch hier ist mit Effizienzgewinnen zu rechnen. – Anpassungen an Kanton Bern: Die Branchenstruktur der Schweiz und des Kantons Bern sind nicht identisch (siehe Grafik 6-1). Trotzdem drängt sich eine aufwendige Anpassung der Branchenstruktur nicht auf, da die Abgabenlast in Prozent des Umsatzes (also relativ) festgelegt wird. Eine Anpassung drängt sich aber im Bereich der Ex- und Importe auf. Hier ist die Struktur völlig verschieden, da z.B. für den Kanton Bern Lieferungen in andere Kantone als "Exporte" zu verstehen sind. Wir gehen davon aus, dass die wirt- 5 Je nach Einkommen führt die Steueranlagesenkung zu unterschiedlichen Grenzsteuerreduktionen. Die 5% entsprechen einer durchschnittlichen Reduktion über alle Einkommensklassen. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 85 schaftliche Verflechtung zwischen den Kantonen bis zu 5 mal grösser ist als zwischen der gesamten Schweiz und dem Ausland. Wir haben daher die Export- und Importverflechtungen stark erhöht, insbesondere in den nicht standortgebundenen Industriebranchen. Die Resultate sind aufgrund der obigen Modellierung nicht "bernspezifisch". Sie erlauben aber Trendaussagen, die auch für den Kanton Bern Gültigkeit haben. Grössere Unsicherheiten bestehen bei den Verflechtungen mit den anderen Kantonen. Aufgrund von fehlenden statistischen Daten kann auch nicht abgeschätzt werden, ob die Resultate eher negativer oder positiver ausfallen, als in Wirklichkeit zu erwarten wäre. Die Resultate und ihre Interpretation Die obigen Ausführungen haben gezeigt, dass bei der Modellierung verschiedene "Vereinfachungen" und "Kompromisse" gemacht wurden. Trotzdem ist es möglich Trendaussagen zu machen und wichtige Erkenntnisse in zweierlei Hinsicht zu gewinnen: – Wirkungsrichtung: Es ist trotz der Modell-Beschränkung möglich die Wirkungsrichtung des Systems MUEK darzulegen. Insbesondere interessiert in diesem Zusammenhang die Verwendungsseite - Welches Verwendungsmodell ist aus wirtschaftlicher Sicht am besten? – Grössenordnung: Neben der Wirkungsrichtung lässt sich auch die Grössenordnung bestimmen - Bewegen sich die Effizienzgewinne/-verluste im Promille- oder Prozentbereich des Bruttosozialprodukts? Für die Interpretation der Resultate ist es wichtig, sich die folgenden Punkte vor Augen zu halten: – Die Resultate zeigen die Situation, die sich bei einem System MUEK längerfristig einstellen wird. Über die Anpassungsprozesse, insbesondere die "Kurzfristeffekte" erlaubt das Modell keine Aussagen. Aufgrund der vernachlässigten Anpassungskosten ist anzunehmen, dass sich die kurzfristige Situation nicht so günstig darstellt wie die langfristige. – Eine Quantifizierung der Effizienzgewinne aufgrund der Verminderung der externen Kosten (Punkt 2 in der Grafik 6-31) ist nicht möglich. Die Resultate berücksichtigen somit nur die Effizienzverluste der Abgabe und allfällige Effizienzgewinne auf der Verwendungsseite. Die Wirkungsrichtung des Effizienzgewinns aufgrund der Reduktion der externen Kosten wird in den folgenden Grafik symbolisch mit einem Pfeil dargestellt. Über die Grössenordnung dieses Effizienzgewinnes liegen keine Angaben vor. – Das Modell ist statischer Natur und rechnet mit den heute verfügbaren Produktionstechnologien. Der technische Fortschritt wird daher vernachlässigt. Es ist anzunehmen, dass wenn der technische Fortschritt berücksichtigt würde, höhere Effizienzgewinne ausgewiesen würden. Ist das System MUEK effizienzsteigernd? Steigert es die Wohlfahrt des Kantons Bern? Häufig wird das Bruttosozialprodukt als Effizienz- und Wohlfahrtsmass herangezogen. Die Grafik 6-30 zeigt die Wirkung des Systems MUEK auf das Bruttosozialprodukt bei den drei untersuchten Verwendungsmodellen. Die Grafik zeigt den Unterschied zwischen einer Situation ohne und mit MUEK. ECOPLAN 86 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Grafik 6-30: Die verschiedenen Verwendungsmodelle und ihre Wirkung auf das Bruttosozialprodukt (BSP) Pro-Kopf Steuerreduktion Lohnsummenbonus 0.05% Abweichungen in % des totalen BSP 0.00% -0.05% -0.10% -0.15% -0.20% -0.25% Reduktion der externen Kosten (kann nicht quantifiziert werden) -0.30% -0.35% Die Resultate lassen sich wie folgt kommentieren: – Die drei Verwendungsmodelle unterscheiden sich in ihrer Wirkungsrichtung. Beim MUEK-System mit "Lohnsummenbonus" und "Steuerreduktion" sind die Effizienzgewinne bzw. -verluste vernachlässigbar klein. Berücksichtigt man die Reduktion der externen Kosten aus der verringerten Umweltbelastung, so dürften aber diese beiden Ansätze zu Effizienzgewinnen führen. Das Pro-Kopf-Verwendungsmodell kommt im direkten Vergleich am schlechtesten weg. Dies ist nicht erstaunlich, da von der Pro-Kopf-Rückerstattung keine Effizienzgewinne zu erwarten sind, d.h. die Effizienzverluste der Abgabe werden nicht wett gemacht. Ob sich bei der Berücksichtigung der externen Kosten ein Effizienzgewinn ergeben wird, lässt sich nicht abschätzen. – Die BSP-Reduktion beträgt im Pro-Kopf-Verwendungsmodell rund 0.3%, ist also angesichts der jährlichen Wachstumsraten von über 1% relativ gering. Das Bruttosozialprodukt ist in unserem Modell-Ansatz aber nur bedingt als Effizienz- und Wohlfahrtsmass geeignet. Ein korrekter Ansatz zur Messung der Wohlfahrt ist die sogenannte "äquivalente Variation". Mit diesem Mass misst man die Einkommensunterschiede zwischen einer Situation mit und ohne MUEK.(6) Die "äquivalente Variation" in der Grafik 6 Eine präzisere Beschreibung könnte wie folgt lauten: Die äquivalente Variation geht von der Nutzenfunktion der Haushalte aus und fragt, wieviel Einkommen gemessen zu Preisen in der Situation ohne MUEK den Haushalten gegeben werden müsste, damit sie das Nutzenniveau im System mit MUEK erreichen könnten. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 87 6-31 zeigt uns also, wieviel besser oder schlechter die Berner Bevölkerung mit MUEK gestellt würde. Grafik 6-31: Die verschiedenen Verwendungsmodelle und ihre Wirkung auf die Wohlfahrt (äquivalente Variationen) Pro-Kopf Steuerreduktion Lohnsummenbonus 40 30 Mio. Franken 20 10 0 -10 -20 -30 Reduktion der externen Kosten (kann nicht quantifiziert werden) -40 Die Grafik 6-31 kann wie folgt kommentiert werden: – Wohlfahrtsgewinne lassen sich im MUEK-Verwendungsmodell "Steuerreduktion" erzielen. Diese werden noch verstärkt durch die Abnahme der externen Kosten aus der reduzierten Umweltbelastung. Der "Lohnsummenbonus" schneidet schlechter ab, könnte aber bei Berücksichtigung der externen Kosten zu leichten Wohlfahrtsgewinnen führen. Die Pauschale pro Kopf führt kaum zu Wohlfahrtsgewinnen. – Die Grössenordnungen der Wohlfahrtsgewinne ohne Berücksichtigung der externen Kosten bewegen sich zwischen - 40 bis + 30 Mio. Fr., sind also relativ bescheiden. Schlussfolgerungen – Die ausgewiesenen Wohlfahrtsverluste werden aufgrund der "rigiden" Modellierung überschätzt. Die Berechnungen basieren auf einem gesamtschweizerischen Modell, d.h. die für den Kanton Bern sind nur Trendaussagen möglich. – Ein System MUEK führt längerfristig weder zu grossen Wohlfahrtsverlusten noch zu enormen Wohlfahrtsgewinnen. Berücksichtigt man die zu erwartenden Reduktionen Da wir in unserem Modell die Freizeit als Konsumgut modellieren, ergeben sich Unterschiede zwischen den beiden Wohlfahrtsmassen "BSP" und "äquivalente Variation". ECOPLAN 88 6 Wirtschaftliche Auswirkungen der externen Kosten und den technischen Fortschritt, so dürften in den meisten Fällen Wohlfahrtsgewinne zu erzielen sein. Auf nationaler und internationaler Ebene ablaufende Entwicklungen und Veränderungen (z.B. die Globalisierung und Liberalisierung der Märkte) haben in jedem Fall einen grösseren Einfluss auf die Wohlfahrt im Kanton Bern als eine allfällige Einführung von MUEK. – Aus wohlfahrtsoptimierender Sicht schneidet auf der Verwendungsseite die "Steuerreduktion" besser ab als der "Lohnsummenbonus". Die "Pauschale pro Kopf" kommt am schlechtesten weg.(7) 6.5.2 Beschleunigt MUEK den Branchenstrukturwandel? Der Begriff Strukturwandel wird für verschiedene Strukuturbegriffe verwendet. Strukturwandel bezieht sich immer auf die Veränderungen von Proportionen zwischen Teilbereichen der Wirtschaft. Er bezieht sich in einer gesamtwirtschaftlichen Sicht auf Bereiche wie: demografische Struktur, Produktionsstruktur, Beschäftigungsstruktur, Nachfragestruktur, Betriebs- und Unternehmensgrössenstruktur, regionale Wirtschaftsstruktur, Branchenstruktur und Einkommensstruktur.(8) Im Rahmen unserer Analyse beschränken wir uns auf die Branchenstruktur und versuchen, aus dieser Analyse Rückschlüsse auf andere Strukturanpassungen abzuleiten. Die Beeinflussung der regionalen Wirtschaftsstruktur haben wir im Rahmen des Kapitels 6.4 bereits behandelt. Beschleunigt MUEK den Branchenstrukturwandel? Diese Frage wollen wir durch eine Gegenüberstellung der Wachstumsbranchen und den branchenspezifischen Abgabebelastungen durch MUEK untersuchen. Die branchenspezifischen Abgabebelastungen haben wir im Kapitel 6.2 detailliert hergeleitet. Welches sind nun die Wachstumsbranchen im Kanton Bern? Eine "bernspezifische" Antwort können wir nicht geben. Branchenszenarien zur künftigen Entwicklung liegen nur auf gesamtschweizerischer Ebene vor. Wir gehen im folgenden von den SGZZ-Szenarien aus, die im Rahmen der Perspektivarbeiten für die Bundesverwaltung erarbeitet wurden.(9) Wir unterstellen, dass die ausgewiesenen Wachstumspotentiale der einzelnen Branchen auch für den Kanton Bern Gültigkeit haben.(10) 7 Bei der Modellierung der verschiedenen Varianten wurde die "Verteilungsgerechtigkeit" bzw. die Sozialverträglichkeit nicht beurteilt. 8 Vgl. Dyllick T. et al (1995), Ökologischer Wandel in Schweizer Branchen. 9 SGZZ - St. Galler Zentrum für Zukunftsforschung (1994), Ökonomische Rahmendaten für die Bundesverwaltung (10. Revision vom 15.11.94). Wir gehen vom sogenannten Grundszenario aus. Dieses ist durch eine "opportunistische Grundhaltung", eine bilaterale Annäherung an die EU, eine schwache Umweltpolitik und einem Bevölkerungsszenario "Trend" definiert. Für die detaillierte Beschreibung dieses Grundszenarios verweisen wir auf die obige Quelle (Teil X, Seite 11 ff). 10 Für die Branche "Chemie" dürfte allerdings die gesamtschweizerische Einschätzung des Wachstums- potentials nicht direkt auf die Situation im Kanton Bern umlegbar sein (z.B. wegen kleinerer Unternehmensgrösse). Inwieweit das Wachstumspotential der Chemiebranche im Kanton Bern vom gesamt- ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 89 Die nachfolgende Grafik 6-34 zeigt auf der linken Seite die durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten der Wertschöpfung von 1993 bis 2005 im Grundszenario des SGZZ und stellt diese den Abgabebelastungen gemäss MUEK (Variante B inkl. Ermässigungsmodell) gegenüber.(11) Auffallend ist, dass für die überdurchschnittlich belasteten Branchen Textil, Papier, Gastgewerbe sowie Steine und Erden ein geringes Wachstumspotential prognostiziert wird. Grafik 6-34: Wachstumsbranchen "Verlierer"-Branchen und Abgabebelastung Wachstumsrate 1993 bis 2005 / Abgabebelastung in % BPW -1.0% -0.5% 0.0% 0.5% 1.0% 1.5% 2.0% 2.5% 3.0% / "Gewinner"- "Gewinner" 3.5% 4.0% -500 0 Fr./Arbeitsplatz 500 und "Verlierer" 1'000 1'500 Chemie Maschinen/Fahrzeuge Gesundheitswesen Elektrotechnik Graphisches Gewerbe Kunststoff Baugewerbe Übrige DL (ohne öff. Hand) Banken/Versicherung Verkehr und Nachrichten Bijouterie Holz/Möbel Elektrizität/Gas/Wasser Handel Metallindustrie Textil Papierindustrie Gastgewerbe Steine und Erden Nahrung/Getränke Landwirtschaft Bekleidung Wachstumsrate von 1993 bis 2005 Abgabebelastung in % BPW Fr./Arbeitsplatz Auf der rechten Seite der Grafik werden die "Gewinner"- und "Verlierer"-Branchen (unter Berücksichtigung des Ermässigungsmodells und einer einnahmeseitigen Kompensation über die Lohnsumme) dargestellt, wie wir sie im Kapitel 6.2.4 hergeleitet haben. Die Grafik zeigt, dass mit Ausnahme der Chemiebranche ("Verliererbranche" mit hohem Wachstumspotential) und der Landwirtschaft sowie der Bekleidungsindustrie ("Gewinner- schweizerischen Mittel abweicht, müsste detailliert analysiert werden und kann im Rahmen dieser Studie nicht abgeschätzt werden. Wir übernehmen daher im Rahmen der folgenden Ausführungen auch für die Chemiebranche die Wachstumspotentiale, welche vom SGZZ für die Gesamtschweiz hergeleitet wurden. 11 Achtung! Die Prozentzahlen sind nicht direkt vergleichbar: Die Wachstumsrate wird in Prozent der Wert- schöpfung gemessen, die Abgabebelastung in Prozent des Umsatzes. ECOPLAN 90 6 Wirtschaftliche Auswirkungen branche" ohne Wachstumspotential) die "Gewinnerbranchen" zu denjenigen Branchen mit den besten bzw. die "Verliererbranchen" zu denjenigen Branchen mit den schlechtesten Wachstumsaussichten gehören. Aus der Grafik wie den obenstehenden Erläuterungen kann gefolgert werden, dass MUEK tendenziell den prognostizierten Branchenstrukturwandel unterstützt. MUEK stärkt die Branchen mit überdurchschnittlichem Wachstumspotential. Ausnahmen sind die Branchen Chemie, Landwirtschaft und Bekleidung. Auswirkungen auf die Beschäftigungsstruktur Der Branchenstrukturwandel zieht auch einen Wandel der Beschäftigungsstruktur nach sich. Von besonderem Interesse ist eine allfällige Verlagerung der Arbeitsnachfrage von nieder- zu hochqualifizierter Arbeit. Allgemein wird damit gerechnet, dass die Nachfrage nach hochqualifzierter Arbeit innerhalb aller Branchen zunehmen wird. Dieser Trend würde dann noch verstärkt, wenn die Wachstumsbranchen überdurchschnittlich viel hochqualifizierte Arbeit nachfragen würden. Die Grafik 6-35 zeigt den Anteil der hochqualifizierten Arbeitskräften in den verschiedenen Branchen.(12) Es ist offensichtlich, dass die meisten Wachstumsbranchen überdurchschnittlich hochqualifizierte Arbeit nachfragen. MUEK verstärkt diesen Effekt noch: Hohe Abgabebelastungen haben insbesondere diejenigen Branchen zu tragen, deren Anteil hochqualifizierter Arbeit relativ klein ist. Dies betrifft insbesondere die Branchen Textil, Papier, Gastgewerbe sowie Steine und Erden. Schlussfolgerungen: ❏ MUEK unterstützt den prognostizierten Branchenstrukturwandel. Ausnahmen sind: – Wachstumsbranche Chemie, die bei einem System MUEK eher auf der "Verliererseite" steht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Chemiebranche mit 0.6% (knapp 3'000 Beschäftigte) im Kanton Bern untervertreten ist und eine Übernahme des Wachstumspotentials der gesamtschweizerischen Chemiebranche für den Kanton Bern zumindest mit Vorsicht zu geniessen ist. – Landwirtschaft und Bekleidungsindustrie: Diese Branchen zählen zu den "Gewinnern" eines Systems MUEK, gehören aber zu den wachstumsschwachen Branchen. In diesen Branchen dürfte daher MUEK strukturerhaltend wirken. ❏ MUEK verstärkt die Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitskräften. Nicht nur innerhalb der Branchen wird sich die Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitskräften erhöhen. Die meisten Wachstumsbranchen weisen schon heute eine überdurchschnittliche Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitskräften aus, das bedeutet, dass sich aufgrund des Branchenstrukturwandels diese Nachfrage noch erhöhen wird. Da MUEK den Branchenstrukturwandel unterstützt, verstärkt MUEK die Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitskräften. 12 Quelle: Gaillard S., Salzgeber R., Schütz J. (1991), Europäische Integration: Arbeitsmarktliberalisierung und Strukturwandel in der Schweiz. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Grafik 6-35: 91 Wachstumsbranchen und Abgabebelastung / Anteil hochqualifizierte Arbeitskräfte Wachstumsrate 1993 bis 2005 / Abgabebelastung in % BPW -1.0% -0.5% 0.0% 0.5% 1.0% 1.5% 2.0% 2.5% 3.0% Anteil hochqual. Arbeitskräfte 3.5% 4.0% 0% 20% 40% 60% 80% Chemie Maschinen/Fahrzeuge Gesundheitswesen Elektrotechnik Graphisches Gewerbe Durchschnitt Kunststoff Baugewerbe Übrige DL (ohne öff. Hand) Banken/Versicherung Verkehr und Nachrichten Bijouterie Holz/Möbel Elektrizität/Gas/Wasser Handel Metallindustrie Textil Papierindustrie Gastgewerbe Steine und Erden Nahrung/Getränke Landwirtschaft Bekleidung Wachstumsrate von 1993 bis 2005 Abgabebelastung in % BPW Anteil hochqual. Arbeitskräfte 6.5.3 Steigert MUEK die bernische Standortattraktivität? Die Standortdynamik von Unternehmen ist in den letzten Jahren beachtlich gewachsen. Eine aktuelle Untersuchung in Deutschland hat gezeigt, dass mehr als ein Drittel aller Betriebe mit mehr als zehn Beschäftigten in den letzten fünf Jahren standortrelevante Entscheidungen getroffen hat.(13) Betroffen davon waren etwa ein Drittel der Beschäftigten in Deutschland. Wie teilen sich die standortrelevanten Entscheide auf? Auch hier liefert die Deutsche Studie wichtige Hinweise: – Zwei Drittel aller Standortentscheidungen sind auf den engeren regionalen Umkreis bezogen. Es handelt sich somit um "Bleibeentscheidungen", Standorterweiterungen oder -schrumpfungen und Verlagerungen innerhalb des Ortes/Region. Daraus leiten die UntersucherInnen die Notwendigkeit und Bedeutung von Aktivitäten im Rahmen der Bestandespflege und Verbesserung der bestehenden Standortvorteile ab. 13 Grabow B., Henckel D., Hollbach-Grömig B. (1995), Weiche Standortfaktoren. ECOPLAN 92 6 Wirtschaftliche Auswirkungen – Der restliche Drittel aller Standortentscheidungen betreffen Stillegungen bzw. Verlagerungen aus der Region hinaus. Hier wird insbesondere die wachsende Bedeutung ausländischer Standorte (insbesondere Ostländer) erwähnt. Es ist anzunehmen, dass die Standortdynamik künftig noch wachsen wird. Eine aktive Pflege und Verbesserung von Standortvorteilen bzw. Beseitigung von Standortnachteilen wird somit immer bedeutender - und aufgrund der steigenden Dynamik ist ein schnelles Handeln angesagt. Eine aktuelle Studie der BAK(14) (Konjunkturforschung Basel AG) hat für 38 verschiedene Standortfaktoren deren Qualität und Bedeutung im Rahmen einer gesamtschweizerischen Unternehmensbefragung erfragt. Daraus wurde für die einzelnen Faktoren der Handlungsbedarf abgeleitet und eine Reihenfolge erstellt. In der Tabelle 6-36 haben wir die 15 "BAK-Faktoren" dargestellt, die durch ein System MUEK positiv oder negativ beeinflusst werden. Im folgenden wollen wir die einzelnen Faktoren diskutieren und die Beeinflussung durch MUEK darstellen. Eine wertvolle Präzisierung der recht "globalen" Standortfaktoren gibt uns eine aktuelle Umfrage bei rund 200 Berner Unternehmen zu ausgewählten Standortfaktoren.(15) a) Durch MUEK positiv beeinflusste Standortfaktoren Der Standortfaktor mit dem höchsten Handlungsbedarf ist gemäss aktueller Einschätzungen der Unternehmen die Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften. Die Ausführungen im vorhergehenden Kapitel (Branchenstrukturwandel) haben gezeigt, dass sich dieser heute schon bedeutende Handlungsbedarf aufgrund des Branchenstrukturwandels in Zukunft noch verschärfen wird. Wo aber liegen die Gründe für die mangelnde Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften? Die Umfrage bei den Berner Unternehmen zeigt, dass der gesamtschweizerische Mangel an qualifzierten Arbeitskräften nach ihrer Meinung in erster Linie auf die mangelnde Nachfrage nach solchen Berufen, dann aber auch wegen Mängel in der Aus- und Weiterbildung selbst (hier wird vor allem der mangelnde Praxisbezug der allgemein bildenden Schulen und Universitäten genannt) und eine zu geringe Zahl von Arbeitsbewilligungen für ausländische Arbeitskräfte zurückzuführen ist. Wie ist die Einschätzung der Berner Unternehmen für den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften am eigenen Standort? Hier kristallisiert sich ein klareres Bild heraus: Über 82% aller befragten 200 Berner Unternehmen meinen, dass die Steuerbelastung für natürliche Personen sehr wichtig (48%) oder eher wichtig (34%) für den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften an ihrem Standort sei. Als weitere wichtige Gründe werden die generell geringe Mobilität der Arbeitskräfte und das Lohngefälle zur öffentlichen Verwaltung erwähnt. 14 BAK (1995), Standortattraktivität von Regionen in der Schweiz, Grundlagenbericht. 15 Umfrage bei bernischen Unternehmen im Rahmen des Projekts "Vertiefungsarbeiten Standortgunst Kan- ton Bern", durchgeführt von ECOPLAN im Auftrag des kantonalen Amtes für wirtschaftliche Entwicklung. ECOPLAN 2. 5. 16. 4. 6. 25. 23. 9. 30. 24. 29. 37. 20. 15. 21. 11. 1. 7. Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften Preis/Leistung von hochqualifizierten Arbeitskräften Preis/Leistung von Arbeitskräften mit guter Ausbildung Steuerbelastung für hochqualifizierte Arbeitnehmer Steuerbelastung für Unternehmen Verfügbarkeit von Arbeitskräften mit guter Ausbildung Preis/Leistung von Arbeitskräften ohne spezielle Ausbildung Verfügbark eit von Arbeitsflächen Lebensqualität in der Region Qualität des regionalen öffentlichen Verkehrs ECOPLAN 28. 26. - politischen Umfeldes Vorausseh-/Berechenbarkeit des rechtlich Situation des privaten Verkehrs in der Region 17. 12. 20. 11. 9. 37. 23. 25. 20. 13. 8. 5. 3. 3. HB 2. HB : Handlungsbedarf 24. 27. Energiekosten Quelle: BAK QUA: Qualität der Standortfaktoren; BED: Bedeutung der Standortfaktoren; 19. 32. Kosten von Arbeitsflächen Durch MUEK negativ beeinflusst 12. 34. 22. Aufwand für die Einhaltung von Umweltvorschriften Durch MUEK positiv oder negativ beeinflusst: 18. Rang BED 1. Durch MUEK positiv beeinflusst QUA 25. - durch System MUEK Tabelle 6 -36: Beeinflussung der Standortfaktoren (gemäss BAKStudie) -- +/+/+/- + + + +++ + + ++ + -- +/+/+/- ++ + + + ++ ++ Einnahmenverwendung Steuersenkung Lohnsummenbonus 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 93 94 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Gemäss der Einschätzung der Berner Unternehmen gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften und der Steuerbelastung natürlicher Personen. So wird u.a. von den Unternehmern festgestellt, dass es fast unmöglich sei, Kader aus anderen Kantonen (vor allem aus dem Kanton Zürich) zu rekrutieren. In diesem Zusammenhang wird der als hoch eingeschätzte Handlungsbedarf bei der Steuerbelastung von hochqualifizierten Arbeitnehmern verständlich. Soll mit MUEK die Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften verbessert werden, so wird dies in erster Linie durch eine Steuerreduktion (Reduktion des Steueranlagesatzes) erreicht. Allerdings liegt auch bei einer Reduktion um drei Steuerzehntel das Steuerniveau noch 40% über dem Zürcher Niveau (Staats- und Gemeindesteuern berechnet für eine Familie mit zwei Kindern und einem Bruttoeinkommen von 100'000 Fr.). MUEK mit einer Steuerreduktion wäre somit ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Allerdings würde dieser Schritt den Kanton Bern im interkantonalen Vergleich von den letzten Plätzen lediglich ins hintere Mittelfeld (etwa in die nähe der Kantone St. Gallen und Luzern, vgl. Anhang B Grafik B-5) bringen. Ausschlaggebend für den individuellen Entscheid, die Arbeitsstelle von einem steuergünstigen Kanton in den Kanton Bern zu verlagern, ist aber nicht die relative Position des Kantons Bern im Vergleich zu anderen Kantonen, sondern der absolute Unterschied im Steuerniveau. Somit dürfte eine Reduktion um drei Steuerzehntel zumindest einen Teilbeitrag zur Entschärfung des akuten und in Zukunft zunehmenden Problems des Mangels an qualifizierten Arbeitskräften sein. Die obigen Ausführungen zur Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften dürfte in abgeschwächter Form auch für die Verfügbarkeit von Arbeitskräften mit guter Ausbildung sein. Wir nehmen auch hier an, dass MUEK mit einer Steuerreduktion die Situation auf diesem Arbeitsmarkt entschärft, wenn auch nicht im selben Ausmass wie bei den hochqualifizierten Arbeitskräften.(16) Der Steuerbelastung von Unternehmen wird ebenfalls hohe Priorität beigemessen. Die Berner Umfrage zeigt aber, dass die oben erwähnten Steuerbelastungen von natürlichen Personen aller erste Priorität geniessen. Die Gewinn- und Kapitalbesteuerung wird als geringeres Problem empfunden. Dies ist nicht weiter erstaunlich, steht doch der Kanton Bern im Vergleich mit anderen Kantonen und dem Ausland bezüglich der Unternehmensbesteuerung an vorderster Stelle. Trotz dieser komfortablen Ausgangslage sind über 2/3 der Unternehmen der Meinung, dass die Gewinn- und Kapitalsteuern für juristische Personen eher ungünstig sind. Bei einem System MUEK mit Senkung der Steueranlage profitieren auch die Unternehmen durch eine geringere Kapital- und Gewinnsteuer. Bei einer Reduktion von 3 Steuerzehnteln würde z.B. die Gewinnsteuer um rund 12% zurückgehen (nur Anteil Staatssteuer). MUEK verbessert somit die Steuerbelastung für Unternehmen. Wir schätzen allerdings den positiven Effekt nicht so hoch ein wie bei der Steuerreduktion bei hochqualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Dies vorab aufgrund der heute schon sehr guten Ausgangslage - sprich geringen Gewinn- und Kapitalsteuerbelastung von juristischen Personen - im Kanton Bern. 16 Wir schätzen, dass bei gut qualifizierten Arbeitskräften neben der Steuerbelastung andere Gründe (wie z.B. geringere Mobilität) für den Mangel an solchen Arbeitskräften wichtiger sind als auf dem Arbeitsmarkt für Hochqualifizierte. Dementsprechend dürfte die Steuerreduktion auf dem Markt für gut Ausgebildete nicht dieselbe Wirkung erzielen wie auf dem Markt für Hochqualifizierte. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 95 Der Standortfaktor Preis/Leistungsverhältnis von hochqualifizierten Arbeitskräften und Arbeitskräften mit guter Ausbildung wird gemäss BAK für den Kanton Bern ebenfalls kritisch beurteilt. In abgeschwächter Form trifft dies auch für das Preis/Leistungsverhältnis von Arbeitskräften ohne spezielle Ausbildung zu. Wir gehen von der Annahme aus, dass diese Einschätzungen vor allem auf folgende Tatsachen zurückzuführen sind: – Das im Vergleich zum Ausland als hoch empfundene Lohnkostenniveau führt bei den Unternehmen zur Einschätzung, dass allgemein das Preis/Leistungsverhältnis im gesamten Arbeitsmarkt (also für hoch- und niederqualifizierte Arbeitskräfte) einen Standortnachteil darstellt. Es kann angenommen werden, dass das Preis/Leistungsverhältnis der Arbeit als Standortnachteil im Wettbewerb mit dem Ausland und weniger im interkantonalen Wettbewerb eine Rolle spielt. – Die Tatsache, dass das Preis/Leistungsverhältnis von hochqualifizierten Arbeitskräften kritischer eingestuft wird als dasjenige von wenig spezialisierten Arbeitskräften, führen wir auf die relative Knappheit von hochqualifizierte Arbeitskräften zurück. Gemäss den Einschätzungen der Berner Unternehmen ist der Markt für hochqualifizierte Arbeitskräfte im Kanton Bern besonders knapp. Das bedeutet, dass das als kritisch eingestufte Preis/Leistungsverhältnis bei Hochqualifizierten nicht nur als Standortnachteil im Wettbewerb mit dem Ausland sonder auch im interkantonalen Wettbewerb eingeschätzt wird. Ein System MUEK mit einem Lohnsummenbonus auf der Verwendungsseite greift direkt bei den Lohnkosten an. Das Preis/Leistungsverhältnis wird somit direkt beeinflusst und verbessert. Würden die gesamten MUEK-Einnahmen (in Variante B) über einen Lohnsummenbonus zurückerstattet, so ergäbe dies eine Lohnkosten-Reduktion von 1.5%. Dies betrifft die Lohnkosten von nieder- wie hochqualifizierten Arbeitskräften im selben Ausmass. Die Wirkung des Lohnsummenbonus dürfte in erster Linie die Wettbewerbsposition mit dem Ausland - wenn auch in bescheidenem Ausmass - verbessern. Aber auch eine Steuerreduktion verbessert das Preis/Leistungsverhältnis von hochqualifizierten Arbeitskräften: Bei der Rekrutierung von hochqualifizierten Arbeitskräften aus anderen Kantonen sind nicht mehr im selben Ausmass "überhöhte" Löhne zur Kompensation des hohen Einkommenssteuerniveaus zu bezahlen. Die letzten drei, als weniger prioritär eingestufte, Standortfaktoren werden von MUEK leicht positiv beeinflusst - unabhängig vom gewählten Verwendungsmodell (Steueranlagesenkung oder Lohnsummenbonus). Die Verfügbarkeit von Arbeitsflächen dürfte vor allem aus folgendem Grund positiv beeinflusst werden: Die Bodenversiegelungs- und Kiesabgabe dürfte die Tendenz zur verdichteten Bauweise, d.h. besserer Bodennutzung, verstärken. Die ausgeschiedenen Flächen werden somit besser ausgenutzt und die Verfügbarkeit wird steigen. Einschränkungen ergeben sich allenfalls durch die gestiegenen Baukosten (aufgrund derselben Bodenversiegelungs- und Kiesabgabe). Dieser Punkt wird weiter unten noch kurz kommentiert. Die verschiedenen Umweltabgaben werden auch zu einer Steigerung der Lebensqualität führen. Insbesondere die Bereiche Luft- und Wasserqualität, Umweltimage und die ECOPLAN 96 6 Wirtschaftliche Auswirkungen umweltmässige Verbesserung von Erholungsgebiete dürften hier positiv verbucht werden. Es sei an dieser Stelle auf den Anhang B, der die ökologischen Wirkungen der einzelnen Abgaben kurz darlegt, und auf das nachfolgende Kapitel 6.5.4 verwiesen. Die Abgaben auf Besucher-, Beschäftigten und auf öffentlichen Parkplätzen dürfte die Qualität des regionalen öffentlichen Verkehrs (ÖV) erhöhen. Die Verteuerung der PWBenützung führt zu einer gesteigerten Nachfrage nach Transportleistungen des ÖV, was seinerseits Grund für Attraktivitätssteigerungen (z.B. Verdichtungen im Fahrplan) sein kann. Als positiven Nebeneffekt darf auch mit einem tendenziell sinkenden Defizit des regionalen öffentlichen Verkehrs gerechnet werden, was die Akzeptanz für Angebotserweiterungen erhöht. b) Durch MUEK positiv oder negativ beeinflusste Standortfaktoren Die Aufwand für die Einhaltung von Umweltvorschriften ist durch ein System MUEK zumindest kurzfristig nicht tangiert, da MUEK an den bestehenden Umweltvorschriften, die zum grössten Teil auf Bundesgesetz basieren, nichts ändert. Das bedeutet, der Aufwand für die Einhaltung von Umweltvorschriften bleibt derselbe. Wir haben diesen Punkt aber trotzdem aufgenommen, dies aus folgenden Gründen: ❏ Die Einführung eines System MUEK wird in einigen Betrieben dazu führen, dass Um- weltschutzmassnahmen ergriffen werden, die über die Normen von Umweltvorschriften hinausgehen. Solche Massnahmen werden dann getroffen, wenn die dadurch erzielte Abgabeersparnis grösser ist als die Investition in die Umweltschutzmassnahme. Gehen wir davon aus, dass ohne MUEK die Unternehmen nur gerade die Umweltvorschriften einhalten werden, so resultieren erhöhte Aufwendungen für Umweltschutzmassnahmen mit MUEK. Interpretiert man diesen Standortfaktor allgemein als Aufwand für Umweltmassnahmen, so beeinflusst MUEK diesen Standortfaktor tendenziell negativ. ❏ Längerfristig wird dieser Standortfaktor durch ein System MUEK hingegen positiv beeinflusst: – MUEK löst Umweltschutzmassnahmen aus, welche über die geltenden Umweltvorschriften hinausgehen. Damit können sich künftige Verschärfungen von Umweltvorschriften (v.a. im Gewässerschutz- und Luftreinhaltebereich) zumindest teilweise erübrigen. Die Konsequenz davon: Geringere Aufwendungen für die Einhaltung von Umweltvorschriften. Dieser Effekt verstärkt sich noch deutlich, wenn andere Kantone ebenfalls vermehrt auf Umweltabgaben oder sogar auf ein ähnliches System wie MUEK setzen würden. In diesem Fall wäre bei einem koordinierten Vorgehen zumindest in Teilbereichen eine Lockerung der heutigen Umweltvorschriften zu prüfen. Die Schwierigkeit besteht hier vor allem darin, dass die Umweltschutzgesetzgebung und die Umweltvorschriften auf Bundesebene verankert bzw. festgelegt wurden und den Kantonen nur ein beschränkter Handlungsspielraum zusteht. – Aufgrund der anhaltenden Anreizwirkung der Umweltabgaben werden mittel- bis längerfristig möglicherweise Umweltschutzmassnahmen ausgelöst, die zu deutlich höheren Effizienzgewinnen führen, als heute absehbar ist. Konkret kann dies be- ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 97 deuten, dass der Rückgang der Emissionen die Verteuerung der Emissionen durch die Umweltabgaben weitgehend kompensiert. – Mit MUEK nimmt der Ressourcenverschleiss ab, bzw. es wird z.B. weniger Abfall und Abwasser produziert. Dies wiederum wird dazu führen, dass bei den Kapazitäten von teuren "End-of-pipe"-Entsorgungsanlagen (z.B. Kehrichtverbrennungs-anlagen oder Abwasserreinigungsanlagen) gespart wird. Wenn z.B. auf eine einzige Kehrichtverbrennungsanlage verzichtet werden könnte, so müssten für die Abfallentsorgung rund 200 Mio. Fr. weniger bezahlt werden. MUEK kann somit mittel- bis längerfristig dazu beitragen, dass z.B. Entsorgungsaufgaben mit einer schlankeren und damit billigeren Infrastruktur ausgeführt werden können. Unklar ist die Wirkung von MUEK auf den Standortfaktor Vorausseh- und Berechenbarkeit des rechtlich-politischen Umfeldes. Die Wirkung von MUEK auf diesen Standortfaktor ist in erster Linie von der Einführungs- und "Verkaufsstrategie" abhängig. Gelingt es, die Ziele und Massnahmen von MUEK vor allem den Unternehmen darzulegen und die verschiedenen Zwischenschritte bis zum Endzustand rechtlich schon in einem frühen Stadium zu verankern, so dürften zumindest keine negativen Einflüsse auf diesen Standortfaktor erwartet werden. c) Durch MUEK negativ beeinflusste Standortfaktoren Die Kosten von Arbeitsflächen werden durch die Kies- und insbesondere durch die Bodenversiegelungsabgabe negativ beeinflusst. Für ein neues mittelgrosses Industriegebäude (100*30 m), das auf der "grünen Wiese" gebaut werden soll, müsste allein für die Bodenversiegelungsabgabe 150'000 berechnet werden (Variante B rechnet mit 50 Fr./m2 versiegelte Fläche). Dieser Standortfaktor wird durch MUEK gerade für expandierende Unternehmen oder "Neuansiedler" verschlechtert. Neben den Kosten von Arbeitsflächen werden mit MUEK auch die Energiekosten (aufgrund der Elektrizitäts- und NOx-Abgabe) steigen. Schlussfolgerungen: ❏ MUEK verbessert Standortfaktoren, die einen hohen Handlungsbedarf aufweisen. ❏ Je nach Ausgestaltung der Verwendungsseite von MUEK werden unterschiedliche Standortfaktoren positiv beeinflusst: – MUEK mit Steuerreduktion: Die Steuerbelastung für hochqualifizierte Arbeitnehmer wird sinken. Die Folge davon: Die Verfügbarkeit dieser Arbeitskräfte steigt. Dies ist eine der wichtigsten positiven Auswirkungen eines System MUEK mit Steuerreduktion. Dies vor allem darum, weil der künftige Branchenstrukturwandel zu einer vermehrten Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitskräften führen wird. Als zusätzlicher Nebeneffekt wird die schon heute tiefe Unternehmensbesteuerung weiter abnehmen. – MUEK mit Lohnsummenbonus: Bei diesem Verwendungsmodell wird in erster Linie das Preis/Leistungsverhältnis der Arbeit verbessert. ECOPLAN 98 6 Wirtschaftliche Auswirkungen ❏ Wir schätzen, dass die Verfügbarkeit von Arbeitsflächen, die Lebensqualität im Kanton und die Qualität des regionalen öffentlichen Verkehrs durch MUEK positiv beeinflusst werden. ❏ Es ist weiter denkbar, dass MUEK mittel- bis längerfristig zu einer schlankeren und damit billigeren Infrastruktur v.a. im Bereich von Entsorgungsaufgaben führt, was seinerseits den Wirtschaftsstandort Kanton Bern attraktiver macht. ❏ Eine Standortverschlechterung wird insbesondere bei den Kosten von Arbeitsflächen und den Energiekosten eintreten. Die Änderungen in der Standortgunst wird die Situation der meisten Dienstleistungsbetriebe verbessern, diejenige der ressourcenintensiven Industriebetriebe allerdings verschlechtern. Ob der Gesamteffekt positiv oder negativ ist, lässt sich kaum abschätzen. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 99 6.5.4 Fördert MUEK Innovationen? In diesem Kapitel wollen wir qualitativ den Einfluss von MUEK auf die Innovationsfähigkeit der Berner Wirtschaft untersuchen. Wir stützen uns dabei auf das u.E. beste und aktuellste Erklärungsmodell für die Innovationstätigkeit in der schweizerischen Wirtschaft.(17) Die Beeinflussung der Innovationsfähigkeit der Berner Wirtschaft durch MUEK kann dabei nur subjektiv und qualitativ abgeschätzt werden. Im wesentlichen werden wir uns auf Tendenzaussagen beschränken. Aussagen zum Innovationsverhalten sind sehr wichtig, da sie für die Dynamik einer Volkswirtschaft von hervorragender Bedeutung sind. Das Erkärungsmodell für die Innovationsfähigkeit und das Innovationsverhalten der KOF (Konjunkturforschungsstelle der ETH) unterscheidet folgende Innovationsdeterminanten:(18) 1 Nachfrage – Mittelfristige Nachfrageperspektiven 2 Marktbedingungen – Intensität der Preiskonkurrenz auf dem Absatzmarkt – Intensität der nichtpreislichen Konkurrenz auf dem Absatzmarkt 3 Imitationsschutz – Patente, Gebrauchsmuster – Geheimhaltung, Komplexität des Produktes, Zeitvorsprung bei der Einführung einer Neuerung – überragende Verkaufs- und Serviceanstrengungen, Bindung innovationsrelevanten Personals an die Firma 4 Ausschöpfung technologischer Chancen – weltweit verfügbares technologisches Potential – Spezifischer Beitrag des firmenexternen Wissens zur firmeneigenen Innovationstätigkeit – Spezifischer Beitrag von Firmenkooperationen im Technologiebereich zur firmeneigenen Innovationstätigkeit Im folgenden werden die einzelnen Innovationsdeterminanten kurz beschrieben(19) und der Einfluss von MUEK diskutiert (die Tabelle 6-39 gibt einen zusammenfassenden Überblick zur nachfolgenden Diskussion): 17 Arvanitis S. et al (1992), Innovationsfähigkeit und Innvovationsverhalten der Schweizer Wirtschaft. Mit demselben Modellansatz wurde auch die Innovationsfähigkeit der Zürcher Wirtschaft genauer untersucht: Hollenstein H., Lenz S. (1995), Die Innovationsfähigkeit der Zürcher Wirtschaft. Der Modellansatz ist in erster Linie auf die Innovationstätigkeit im Industriebereich ausgerichtet. Mangels besserer Erklärungsmodelle für das Innovationsverhalten im Dienstleistungsbereich werden wir diesen Modellansatz für die weitere Diskussion sowohl für Industrie- wie auch Dienstleistungsbereich benutzen. 18 Vgl. Hollenstein H., Lenz S. (1995), Die Innovationsfähigkeit der Zürcher Wirtschaft, S. 39. 19 Die Beschreibung der Innovationsdeterminanten konnten wir übernehmen aus: Hollenstein H., Lenz S. (1995), Die Innovationsfähigkeit der Zürcher Wirtschaft, S. 38 ff ECOPLAN 100 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 1 Nachfrage Günstige mittelfristige Nachfrageperspektiven bilden einen wesentlichen Anreiz für die Durchführung von Innovationsprojekten, weil sich unter diesen Umständen gute Gewinnchancen bieten. Günstige Nachfrageperspektiven sind gemäss den Resultaten der KOF-Studie eine starke Triebfeder für Produkt- und Prozessinnovationen in der schweizerischen Wirtschaft (exkl. Wirtschaftsraum Zürich).(20) Die Frage ist also, ob MUEK die mittelfristigen Nachfrageperspektiven der Berner Unternehmen positiv beeinflusst? Wenn für MUEK das Verwendungsmodell "Steuer-reduktion" gewählt wird, so kann angenommen werden, dass zumindest für den Berner Binnenwirtschaftsbereich die Nachfrageperspektiven positiv beeinflusst werden. Denn: Eine geringere Steuerbelastung bedeutet mehr verfügbares Einkommen und steigende Konsumausgaben. Davon profitieren und zu Innovationen angereizt würde damit in erster Linie der binnenwirtschaftlich ausgerichetete Dienstleistungsbereich. Für den grössten Teil des Industriebereichs dürften durch MUEK die Nachfrageperspektiven kaum positiv beeinflusst werden, da nur ein beschränkter Teil der industriellen Produktionsgüter direkt im Kanton Bern abgesetzt wird. 2 Marktbedingungen Bei den Konkurrenzverhältnissen auf dem Absatzmarkt ist zwischen preislicher und nicht preislicher Konkurrenz zu unterscheiden. Die Wirkungsrichtung der Preiskonkurrenz auf die Innovationstätigkeit ist nicht eindeutig: Einerseits bremst eine hohe Konkurrenzsituation wegen zu grosser Risiken die Innovationstätigkeit, anderereits versuchen Unternehmen, dem Preisdruck durch Neuerungen auszuweichen. Gemäss den KOF-Resultaten dominiert die zweite Möglichkeit, d.h. Preiskonkurrenz führt zu vermehrter Innovationstätigkeit. Allerdings ist diese Innovationsdeterminante für die Schweizer Wirtschaft (exkl. Wirtschaftsraum Zürich) nicht so stark ausgeprägt wie die oben erwähnte Nachfrageperspektive. Die Umweltabgaben in einem System MUEK erhöhen den Preisdruck bei den Berner Unternehmen; insbesondere die Preiskonkurrenz zwischen Berner und ausserkantonalen Firmen wird verschärft. Davon betroffen ist in erster Linie der Industriebereich. Insgesamt dürfte aber der Anreiz zu Innovationsaktivitäten nicht sehr ausgeprägt sein, dies zeigt auch die KOF-Untersuchung. Der nichtpreisliche Konkurrenzdruck zielt in erster Linie auf den Innovationswettbewerb in den Absatzmärkten ab. Der nichtpreisliche Konkurrenzdruck definiert sich aus den Grössen Sortimentsvielfalt, Produktequalität, technische Vorsprünge, Flexibilität, Design und Serviceleistungen. Die Bedeutung der nichtpreislichen Konkurrenz für die Innovationsintensität ist gemäss KOF-Untersuchung im Schweizer Wirtschaftsraum (exkl. Zürich) nicht sehr ausgeprägt. Der Einfluss von MUEK kann hier vernachlässigt werden. 20 Im Wirtschaftsraum Zürich ist die dominierende Kraft für Innvoationen eher bei der Intensität der Preis- konkurrenz zu suchen. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 101 3 Imitationsschutz Je besser der Imitationsschutz, d.h. je besser das innovationsrelevante Wissen vor der Konkurrenz geschützt werden kann, desto grösser der Anreiz zu Innovationstätigkeiten. MUEK ändert nichts am Imitationsschutz. Allenfalls wird die Bindung von innovationsrelevantem Personal an die Firma aufgrund der verbesserten steuerlichen Situation erleichtert. Gerade dieser Punkt wird aber von der KOF-Untersuchung als weniger wichtig für Innovationstätigkeiten eingestuft. 4 Ausschöpfung technologischer Chancen Je grösser das weltweit verfügbare technologische Potential ist, mit umso stärkeren Innovationsimpulsen ist zu rechnen. Mit MUEK wird das weltweit verfügbare technologische Potential nicht vergrössert, d.h. MUEK hat hier keine positiven Impulse auf das Innovationsverhalten. Zwei wichtige Faktoren zur Nutzung des weltweit verfügbaren technologischen Potentials sind der Beizug von firmenexternem Wissen und von Kooperationen (z.B. Technologie-Kooperationen). Mit MUEK wird insbesondere die Suche nach alternativen Produktionsmethoden intensiviert. Dabei dürfte auch der Rückgriff auf firmenexternes Wissen und die Möglichkeit von Technologie-Kooperationen vermehrt verwirklicht werden. MUEK dürfte somit bei diesen beiden Innovationsdeterminanten positive Wirkung zeigen. Die nachfolgende zusammenfassende Tabelle 6-39 zeigt, dass durch MUEK einen schwach positiven Einfluss auf das Innovationsverhalten erwartet werden kann. ECOPLAN 102 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Tabelle 6-39: Innovationsdeterminanten und Ihre Bedeutung für die Innovationstätigkeit / Einfluss von MUEK Innovationsdeterminanten Wichtigkeit der Innova- Einfluss von MUEK Einfluss von MUEK tionsdeterminanten unter Berück- im Wirtschaftsraum sichtigung der Schweiz (exkl. Wichtigkeit der Zürich)(21) Innovationsdeterminanten 1 Nachfrage ++ (+) (+) – Preiskonkurrenz auf dem Absatzmarkt 0 (+) 0 – nichtpreislichen Konkurrenz 0 0 0 – Patente ++ 0 0 – Geheimhaltung, Komplexität, Zeitvorsprung ++ 0 0 0 (+) 0 – Verfügbares technologisches Potential ++ 0 0 – firmenexternes Wissen (+) (+) (+) – Firmenkooperationen Legende: ++ sehr wichtig bzw. grosser Einfluss + wichtig bzw. bedeutender Einfluss (+) weniger wichtig bzw. schwacher Einfluss 0 kaum wichtig bzw. kein Einfluss ++ (+) (+) – Mittelfristige Nachfrageperspektiven 2 3 Marktbedingungen Imitationsschutz – Verkaufs- und Serviceanstrengungen, Bindung innovationsrelevanten Personals an die Firma 4 Ausschöpfung technolog. Chancen In den obigen Ausführungen haben wir uns mit den innovationsauslösenden Determinanten auseinandergesetzt. Selbstverständlich gibt es auch Innovationshemmnisse, die die Innovationstätigkeit wesentlich beeinflussen. Hier steht die Frage im Vordergrund, ob MUEK diese Innovationshemmnisse noch verstärkt oder evtl. vermindert. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Innovationshemmnisse gemäss einer Einschätzung von Schweizer Unternehmer im Jahre 1993.(22) 21 Vgl. Hollenstein H., Lenz S. (1995), Die Innovationsfähigkeit der Zürcher Wirtschaft, S. 46. 22 Die Prozente geben den Anteil von Firmen mit einer Hemmnis-Intensität von 4 oder 5 auf einer 5-stufigen Skala an. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 103 Tabelle 6-40: Innovationshemmnisse und der Einfluss von MUEK Einschätzung der wichtigsten Innovationshemmnisse (gesamte Schweiz für das Jahr 1993)(23) 0% 5% Einfluss von MUEK 10% 15% 20% 25% 30% 35% Mangel an Eigenmittel +/- Beschaffung Fremdkapital 0 Steuerbelastung + Mangel an F&EPersonal + Mangel an qualif. Personal + Zugang zu Technologieinfos 0 Zugang zu Marketinginfos 0 Umweltgesetzgebung +/- Raumplanung 0 Ausländerpolitik 0 Legende: + Innovationshemmnis wird vermindert +/- Innovationshemmis wird verstärkt oder vermindert 0 kein Einfluss Einen Abbau von Innovationshemmnissen ist in den Bereichen "Personal" und "Steuerbelastung" zu erwarten. Wie in Kapitel 6.5.3 gezeigt, dürfte bei einer Steuerreduktion die Rekrutierung von qualifiziertem Personal (dazu zählen auch die Arbeitskräfte in Forschung und Entwicklung - F&E-Personal) vereinfacht werden, d.h. dieses Innovationshemmnis wird abgebaut. 23 Vgl. Hollenstein H., Lenz S. (1995), Die Innovationsfähigkeit der Zürcher Wirtschaft, S. 57 und 68. ECOPLAN 104 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Die konkrete Wirkungsrichtung bezüglich der Umweltgesetzgebung ist nicht bekannt. Geht man davon aus, dass andere Kantone oder der Bund vermehrt auf Umweltabgaben setzen, so können evtl. bestehende Vorschriften gelockert oder auf künftige Regelungen verzichtet werden. In diesem Falle würde MUEK dazu beitragen, dass das Innovationshemmnis Umweltgesetzgebung abgebaut würde. Ziehen die anderen Kantone oder der Bund auch mittelfristig keine auf Abgaben gestützte Umweltpolitik in Betracht, so könnten sich negative Auswirkungen einstellen (auf Umweltvorschriften wird in diesem Falle auch längerfristig nicht verzichtet und zusätzlich fallen durch die Umweltabgaben ausgelöste Investitionen an, die u.U. Mittel für nötige Innovationen binden). Für Betriebe mit relativ hoher Abgabebelastung besteht die Gefahr, dass durch MUEK nötige Eigenmittel zur Finanzierung von Innovationsvorhaben entzogen werden. Dieses Innovationshemmnis würde somit durch MUEK verstärkt. Bei Betrieben mit geringer Abgabebelastung werden sogar zusätzliche finanzielle Mittel freigesetzt, so dass der Mangel an Eigenmittel abgebaut wird. Die restlichen Innovationshemmnisse werden durch MUEK nur marginal berührt. Schlussfolgerungen – MUEK löst Innovationsimpulse aus. Eine günstigere Nachfrageperspektive sowie Anreize zur Nutzung von firmenexternem Wissen und zu vermehrten Kooperationen sind verantwortlich dafür. Der Beitrag von MUEK darf aber nicht überschätzt werden. Positiv zu vermerken ist, dass umweltschonende Produktion und ökologische Verhaltensweisen gefördert werden. MUEK leistet somit einen Beitrag zu einem ökologischen Strukturwandel. – MUEK baut wichtige Innovationshemmnisse ab. Dies betrifft insbesondere die sinkende Steuerbelastung und die vereinfachte Rekrutierung von qualifiziertem Personal. Mit zusätzlichen Innovationshemmnissen oder mit einer Verstärkung bisheriger Innovationshemmnisse ist allenfalls bei Betrieben zu rechnen, die durch die Abgaben stark betroffen sind. Bei diesen Betrieben verknappen die Umweltabgaben u.U. die nötigen finanziellen Mittel zur Finanzierung von Innovationsvorhaben. 6.5.5 Chancen / Risiken von MUEK und flankierende Massnahmen Wo liegen Chancen und Risiken von MUEK? Die Chancen von MUEK lassen sich wie folgt zusammenfassen: ❏ Effizienz/Wohlfahrt MUEK ist eine effiziente und wohlfahrtssteigernde Massnahme, insbesondere dann, wenn die Einnahmen aus den Umweltabgaben über eine Senkung der kantonalen Steueranlage zur Reduktion der Steuerbelastung eingesetzt werden. ❏ Branchenstrukturwandel MUEK unterstützt den prognostizierten Branchenstrukturwandel. Dies verspricht höheres Wachstum der gesamtwirtschaftlichen Produktion und der Arbeitsproduktivität. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 105 ❏ Standortgunst MUEK verbessert die Standortattraktivität insbesondere in den Bereichen Steuerbelastung und Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitnehmern. Insgesamt bezieht sich der positive Einfluss auf Standortfaktoren mit einem grossen Handlungsbedarf. ❏ Innovation MUEK löst - wenn auch schwache - Innovationsimpulse aus und baut verschiedene Innovationshemmnisse ab. Die durch MUEK ausgelösten Innovationen werden den ökologischen Strukturwandel beschleunigen. Diese Chancen werden unseres Erachtens dann am besten wahrgenommen, wenn MUEK in erster Linie die Steuerbelastung senkt. Dies spricht klar für das Verwendungsmodell "Steuerreduktion". Allerdings darf auch unter der Annahmen, dass die Chancen genutzt und die nachfolgenden Risiken vermieden werden, nicht mit grossen gesamtwirtschaftlichen Gewinnen gerechnet werden. MUEK ist kein "Wirtschaftsförderungsprogramm". Unter Einbezug der durch MUEK vermiedenen Umweltkosten (sogenannte externe Kosten) kann aber ein gesamtwirtschaftlich positives Resultat erwartet werden. In jedem Fall werden andere laufende Entwicklungen und Veränderungen auf internationaler und nationaler Ebene (z.B. Umsetzung GATT, Wechselkursschwankungen, weitere Globalisierung der Märkte usw.) grössere Auswirkungen auf die Berner Wirtschaft haben als eine allfällige Umsetzung des Konzeptes MUEK. MUEK bietet nicht nur Chancen sondern weist auch Risiken auf: ❏ Effizienz/Wohlfahrt Werden die Einnahmen aus den Umweltabgaben nicht zielgerichtet für Steuerreduktionen eingesetzt oder als Lohnsummenbonus den Unternehmen rückerstattet, sondern zum Ausgleich in sozialer oder regionaler Hinsicht verwendet, leidet die wirtschaftliche Effizienz von MUEK. Wohlfahrtsverluste sind nicht auszuschliessen. ❏ Branchenstrukturwandel Der durch MUEK beschleunigte Strukturwandel hat positive Auswirkungen. Andererseits entstehen aber auch soziale und wirtschaftliche Anpassungskosten: Die Reallokation von Arbeitskräften und Kapital zwischen Unternehmen und Branchen wird nicht friktionslos verlaufen. Hohe Anpassungskosten schmälern die unter den Chancen erwähnten positiven wirtschaftlichen Auswirkungen bei einem "zu schnellen" Strukturwandel empfindlich. ❏ Standortgunst Eine Standortverschlechterung wird insbesondere bei den Kosten von Arbeitsflächen und den Energiekosten eintreten. Die Standortgunst wird allgemein für alle ressourcenintensive Unternehmen geschmälert. ❏ Innovation Es besteht das Risiko, dass bei Betrieben, die durch die Abgaben stark betroffen sind, MUEK die nötigen finanziellen Mittel zur Finanzierung von Innovationsvorhaben entzieht. ECOPLAN 106 6 Wirtschaftliche Auswirkungen Werden die Chancen, die MUEK bietet, nicht genutzt, so muss aus gesamtwirtschaftlicher, dynamischer Sicht mit Nachteilen gerechnet werden. Aus unserer Sicht nimmt die Verbesserung der Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften eine zentrale Rolle ein. Unsicher ist hier vor allem, ob die Steuerreduktionen ausreichend sind, um die Rekrutierung von hochqualifizierten Arbeitskräften zu erleichtern. Hier muss man sich vor Augen halten, dass der Kanton Zürich auch nach der Senkung der bernischen Steueranlage um 3 bis 4 Steuerzehntel noch immer deutlich günstiger ist. Wenn die erleichterte Rekrutierung von qualifizierten Arbeitskräten nicht gelingt, dann birgt MUEK ein doppeltes Risiko: – Einerseits werden die Umweltabgaben von MUEK insbesondere die strukturschwachen Branchen belasten, andererseits können die strukturstarken Branchen ihr Wachstumspotential aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften nicht ausschöpfen. Die Einbussen in den schrumpfenden strukturschwachen Branchen werden somit nicht durch wachsende strukturstarke Branchen wett gemacht. – Der durch MUEK beschleunigte Strukturwandel verstärkt die Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitskräften. Der Mangel an qualifiziertem Personal - ein wichtiges Innovationshemmnis - wird sich durch MUEK noch verschärfen, wenn nur die Nachfrage steigt, aber wegen der immer noch hohen Steuerbelastung nicht mehr hochqualifizierte Arbeitskräfte in den Kanton Bern gezogen werden können. Die Innovationstätigkeit wird abnehmen. Darunter leidet die Dynamik der Volkswirtschaft, was sich längerfristig negativ auswirken wird. Unseres Erachtens können diese Risiken von MUEK nicht vernachlässigt werden. Bei einer Realisierung von MUEK sollte deshalb angestrebt werden, mit "flankierenden Unterstützungsmassnahmen" die Risiken zu mindern. Ein mögliches Massnahmenpaket wäre in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft auszuarbeiten, bevor das Konzept MUEK umgesetzt wird. Dabei sollen einerseits die negativen Auswirkungen abgefedert (Risiko vermindern), andererseits die positiven Aspekte verstärkt werden (Chancen vergrössern). Wir wollen nachfolgend einige Stichworte zu Möglichkeiten von Massnahmen bzw. Strategien geben, die unserer Ansicht nach die Risiken von MUEK vermindern und die Chancen erhöhen: ❏ Die Umsetzung von MUEK muss schrittweise erfolgen (vgl. Kapitel 7), damit eine An- passung der Unternehmen möglich wird. ❏ MUEK muss durch weitere Massnahmen zur Stärkung der Wirtschaftskraft aktiv un- terstützt werden.(24) MUEK sollte also Teil einer umfassenden wirtschaftspolitischen, marktwirtschaftlich ausgerichteten Strategie sein. 24 Vgl. dazu - Regierungsrat des Kantons Bern (1993), Bernische Wirtschaftskraft - Strategien und Massnahmen zur Stärkung der bernischen Wirtschaftskraft, Bericht des Regierungsrates des Kantons Bern vom 10. Februar 1993. - ECOPLAN (1992), Wirtschaftskraft des Kantons Bern - Bestandesaufnahme, Bestimmungsfaktoren, Massnahmen. ECOPLAN 6 Wirtschaftliche Auswirkungen 107 ❏ Die künftige Strategie muss daher lauten: Umweltabgaben anstelle von Geboten und Verboten. Ein Abbau von heute schon bestehenden Geboten und Verboten muss geprüft werden; zusätzliche Gebote und Verbote sind nur noch einzusetzen, wenn andere Massnahmen nicht greifen. Dies gilt insbesondere dann, wenn auch der Bund und andere Kantone noch stärker auf marktwirtschaftliche Instrumente im Umweltschutz setzen. ❏ Damit die Chancen eines beschleunigten Strukturwandels genutzt werden, ist es zen- tral, die aktuellen Forschungsergebnis möglichst schnell in Produkte oder verbesserte Produktionsprozesse umzusetzen. Die Wege zwischen Forschung, Entwicklung und Produktion/Prozess müssen verkürzt werden. Ansatzpunkte dazu sind: – Schaffung einer Anlaufstelle für Informationen zu neuesten Forschungs- und Entwicklungstrends und -resultaten (Stichwort Technologietransfer) – Förderung/Ausdehnung der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft, Forschungskooperationen – aktive Innovationsberatung. ❏ In die gleiche Richtung zielt eine weitere flankierende Massnahme. Insbesondere für die stark betroffenen Branchen und Unternehmen könnte mit einem integralen Umweltberatungs-Angebot angestrebt werden, die negativen Auswirkungen von MUEK zu lindern. Teile eines solchen Angebots könnten sein – Weiterbildung: Aufbau eines Angebotes von Kursen, in welchen Massnahmen zur Ausschöpfung von Effizienzpotentialen in verschiedenen Produktionsprozessen und Umweltbereichen aufgezeigt werden. – Hilfsmittel-Angebot: Ein solches Hilfsmittel stellt z.B. das Handbuch "Parkraumoptimierung" des KIGA dar. Das Handbuch enthält einen umfassenden Vorgehensvorschlag für die Einführung von Parkplatzabgaben auf Beschäftigtenund Kundenparkplätzen sowie eine grosse Anzahl von hilfreichen Informationen. Es wäre zu prüfen, ob ähnliche Hilfsmittel auch für andere in MUEK vorgesehene Massnahmen ausgearbeitet werden sollten. ❏ Contracting: Im Energiebereich gewinnen Contracting-Lösungen zunehmend an Be- deutung. Für Unternehmen kann es aus verschiedenen Gründen interessant sein, eine Investition in Energieprojekte an einen Contractor auszulagern, statt sie selber vorzunehmen:(25) – Das Unternehmen konzentriert sich aus strategischen Gründen auf sein Kerngeschäft. Aktivitäten ausserhalb dieses Kerngeschäfts sollen ausgelagert werden. – Das Know-how für die Abwicklung und das Management von Energieinvestitionen ist nicht vorhanden und soll nicht aufgebaut werden. – Die Investitionssumme für Projekte zur Erhöhung der Energieeffizienz kann nicht aufgebracht werden. Bei einer allfälligen Einführung von MUEK wäre zu prüfen, ob und mit welchen Massnahmen Contracting-Lösungen auch auf andere Bereiche (z.B. Abwasser) ausgedehnt werden könnten. So könnte z.B. eine kantonale Stelle als Vermittlungsstelle für Contracting-Nehmer (z.B. ein Industrieunternehmen) und Contractor (z.B. ein Ingenieurunternehmen) dienen. 25 Vgl. Basler Handelskammer und VBU (1995), Mehr Markt mit Energie, S. 18. ECOPLAN 108 6 Wirtschaftliche Auswirkungen ❏ Umwelt-Management-System und Umwelt-Auditing: Auf internationaler aber auch nationaler Ebene sind Bestrebungen im Gang, bei Unternehmen gewisser Branchen periodisch Umwelt-Audits durchzuführen.(26) Externe Prüfer analysieren, wie wirksam das Umwelt-Management-System (UMS) eines Unternehmens ist und wie umweltgerecht sich das Unternehmen verhält. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass die Implementierung eines UMS für Unternehmen verschiedene Vorteile hat:(27) – Nutzung unternehmerischer Eigeninteressen dank Freiwilligkeit – Wettbewerbsvorteile durch verbessertes Unternehmensimage – Kostensparpotentiale durch kontinuierliche Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes (z.B. durch Abfallvermeidung) – Mitarbeitermotivation – Besseres Verhältnis zu externen Anspruchgruppen. Die abzusehende Ausdehnung dieses marktorientierten Instruments des Umweltschutzes auch im Kanton Bern würde es den von den MUEK-Umweltabgaben besonders betroffenen Unternehmen leichter fallen, wirkungsvolle Massnahmen zur Reduktion der Belastung durch die Abgaben zu ergreifen. 26 Auf EU-Ebene trat am 13. Juli 1994 die Verordnung "über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unter- nehmen an einem gemeinschaftlichen Umwelt-Management- und Öko-Audit-System" in Kraft (EMASVerordnung). Die EU-Staaten wurden verpflichtet, bis zum April 1995 die notwendigen Rahmenbedingungen für die Umsetzung von EMAS zu schaffen. In einzelnen Ländern sind bereits erste Unternehmen registriert worden, welche die Anforderungen gemäss EMAS erfüllen. Da die Schweiz weder im EWR noch in der EU ist und in diesem Bereich bisher auch kein bilaterales Abkommen geschlossen werden konnte, können Schweizer Unternehmen an EMAS nicht teilnehmen. Die inländischen Unternehmen werden sich aber der laufenden Entwicklung nicht entziehen können, sondern über die ISO-Norm 14 001 bzw. die Norm BS 7750 mit EMAS vergleichbare Anforderungen umsetzen. 27 Vgl. Dubach B. (1995), Umweltmanagementsysteme - ein neues marktorientiertes Instrument des Um- weltschutzes, s. 22 f. und Gudet Ch. (1995), Umwelt-Auditing, S. 32. ECOPLAN 7 Mögliche Aspekte einer Einführungsstrategie 7 109 Aspekte einer Einführungsstrategie Es würde zu weit führen, an dieser Stelle bereits aufzeigen zu wollen, wie im Kanton Bern ein System MUEK realisiert werden könnte. Zuviele politische Diskussionen, Beurteilungen und Weichenstellungen müssen erst noch erfolgen, bevor eine allfällige Umsetzung von MUEK eingeleitet werden kann. An dieser Stelle können deshalb nur ein paar wenige Aspekte beschrieben werden, die es im Hinblick auf eine mögliche Umsetzung in jedem Fall zu beachten gilt: ❏ Beurteilung aus einer politischen Gesamtsicht Die Umsetzung eines Projekts mit der Tragweite von MUEK erfordert einen intensiven und langen politischen Dialog. Die Durchführung des zweiten Workshops im Rahmen des Projekts stellt einen ersten Einstieg in diesen Dialog dar. Für den politischen Meinungsfindungsprozess werden zusätzliche Plattformen für Diskussionen und Beurteilungen zu schaffen sein, wenn das Konzept MUEK weiterverfolgt werden soll. ❏ Einbettung in die kantonale Politik MUEK wird in die übrigen Aktionsfelder der kantonalen Politik einzubetten sein. Über eine enge Koordination wird sicherzustellen sein, dass von MUEK keine negativen Wirkungen auf andere politische Strategien und Massnahmen ausgehen. ❏ Prioritäre Haushaltsanierung Der zuletzt erwähnte Punkt gilt insbesondere für die prioritäre Haushaltsanierung. MUEK wird in jedem Fall erst nach erfolgter Haushaltsanierung umgesetzt werden können. ❏ Schrittweise Einführung Falls MUEK im Kanton Bern dereinst realisiert werden soll, wäre eine schrittweise Einführung anzustreben. Denkbar wäre z.B., zuerst die Abgaben der Gruppe 1 aus Abschnitt 3.3 mit tiefen Abgabensätzen zu realisieren, dann etappenweise die Abgabensätze zu erhöhen und zusätzliche Abgaben aus Gruppe 2 einzuführen. In diesem Fall würde auch die Rückerstattung schrittweise ausgebaut. Das schrittweise Vorgehen ist vor allem aus zwei Gründen anzustreben: – Zum einen ist ein solches Vorgehen "fehlerfreundlich": Anpassungen, die sich aufgrund von neuen Erkenntnissen aus der Umsetzungsphase aufdrängen. fallen bei einer schrittweisen Einführung generell leichter. Sollte sich z.B. erweisen, dass die Einnahmen aus den Umweltabgaben weniger hoch als geschätzt ausfallen, kann auf einen zusätzlichen Ausbauschritt auf der Verwendungsseite verzichtet werden. – Zum andern ermöglicht dieses Vorgehen den Unternehmen eine frühe Antizipation der in Aussicht gestellten Einführung weiterer Abgaben bzw. Erhöhung von Abgabensätzen, was tendenziell zu einer Abnahme der Anpassungskosten führt. ECOPLAN 110 8 8 Schlussfolgerungen Schlussfolgerungen Welches sind die wichtigsten Erkenntnisse aus der vorliegenden Machbarkeitsstudie? Für die Beantwortung dieser Frage nehmen wir Bezug auf die zwei Hauptfragestellungen, welche im Vordergrund dieser Untersuchung standen:(1) ❏ Ist ein System von marktwirtschaftlichen Umweltinstrumenten mit einnahmenseitiger Kompensation auf kantonaler Ebene überhaupt machbar? ❏ Kann mit einem solchen System ein Beitrag zur Verbesserung der Standortgunst des Wirtschaftsraumes Kanton Bern bzw. seiner Wirtschaftskraft erreicht werden, ohne dass schwerwiegende Umverteilungen resultieren? Die Beantwortung der ersten Frage fällt uns vergleichsweise leicht, sie konnte bereits im Zwischenfazit (Kapitel 5) beantwortet werden: Die technisch-praktische, administrative und rechtliche Machbarkeit eines Systems MUEK auf kantonaler Ebene kann bejaht werden. Zudem würde MUEK aus umweltpolitischer Sicht einen Schritt in die richtige Richtung darstellen, indem es dem marktwirtschaftlichen Umweltschutz auf breiter Front zum Durchbruch verhelfen würde. Die Ausführungen in Kapitel 6, insbesondere die Auflistung der Chancen und Risiken einer allfälligen Einführung des Systems MUEK in Abschnitt 6.5.5, haben deutlich gemacht, dass die zweite Frage nicht mit einem klaren "Ja" oder "Nein" beantwortet werden kann. Die Auswirkungsanalyse ist zu grundsätzlich positiven Ergebnissen gekommen: – Effizienz- bzw. Wohlfahrtsgewinne, wenn die Einnahmen aus den Umweltabgaben für Steuerreduktionen verwendet werden – positive Wirkungen auf wichtige Standortfaktoren, negative auf weniger bedeutende – Schaffung von gewissen Anreizen für Innovationen. Trotz dieser positiven Einschätzung ist zu beachten, dass die Einführung von MUEK auch Risiken in sich birgt. Folgende Gründe sind dafür verantwortlich: ❏ Kantonale Ebene: Nicht zufällig steht bei allen Vorschlägen zu einer ökologischen Steuerreform (vgl. Abschnitt 2.1) eine Energieabgabe als wichtigstes Globalsteuerungsinstrument im Vordergrund. Die Energieabgabe ist vergleichsweise einfach zu vollziehen, weist ein sehr breites Steuersubstrat auf und wirkt auf verschiedene zentrale Umweltbelastungen. Bei keiner anderen Abgabe ist derart unbestritten, dass eine Preissteuerung der richtige, effiziente Ansatz ist. Genau diese Abgabe fehlt, wenn über ein System MUEK auf kantonaler Ebene diskutiert wird. Aus dieser Optik eignet sich die nationale Ebene für das System MUEK besser. Am erfolgversprechendsten überhaupt wäre ein koordiniertes Vorgehen auf Bundes- und auf kantonaler Ebene. ❏ Spezifische Ausgangslage des Kantons Bern: Die Ausgangslage für den Kanton Bern zur Realisierung von MUEK könnte besser sein. Mit spürbaren Umweltabgaben (Abgabesätze gemäss Variante B) kann maximal eine Steuerreduktion "finanziert" werden, die den Kanton Bern bezüglich Steuerbelastung von natürlichen Personen ins Mit1 Nicht zu beantworten war die Frage der politischen Realisierbarkeit des Konzeptes MUEK. ECOPLAN 8 Schlussfolgerungen 111 telfeld der schweizerischen Kantone aufrücken lässt. Oder anders gesagt: Das Einnahmenpotential der Umweltabgaben reicht nicht aus, um aus dem Kanton Bern einen der steuergünstigsten Kantone der Schweiz zu machen. Auf der anderen Seite wird der Kanton Bern die höchste Umweltabgabenbelastung aufweisen. ❏ Strukturwandel: Das Risiko der im letzten Punkt erwähnten Situation ist klar: MUEK bringt eine weitere Belastung der strukturschwachen Unternehmen, weshalb Produktionsauslagerungen nicht ausgeschlossen werden können. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ist dies nicht negativ zu beurteilen, wenn im Gegenzug strukturstarke Unternehmen in den Kanton Bern ziehen oder wenn sich den ansässigen strukturstarken Unternehmen neue Entwicklungschancen offenbaren. Da der Kanton Bern auch mit MUEK kein besonders steuergünstiger Kanton sein würde, kann aufgrund einer Einführung von MUEK kaum eine substantielle Zuwanderung von strukturstarken Unternehmen erwartet werden. Ob die zweifellos verbesserten Entwicklungsmöglichkeiten der ansässigen strukturstarken Unternehmen ausreichen, um die zusätzliche Belastung der strukturschwachen Unternehmen wettzumachen, kann nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden, obwohl einiges darauf hin deutet. ❏ Einbettung in eine umfassende wirtschaftspolitische Strategie mit flankierenden Umsetzungsmassnahmen: MUEK kann erfolgreich sein, wenn die Umsetzung als Einstieg in einen langfristigen Prozess und Wandel verstanden wird. Die Idee hinter MUEK ist grundsätzlicher Natur, indem ein neues Verhältnis zwischen Umwelt-, Finanz- und Wirtschaftspolitik definiert wird. Damit ist MUEK auch kein "kleines" Projekt. Vielmehr müsste es ein zentraler Teil einer umfassenden marktwirtschaftlichen Erneuerungsstrategie sein, wie sie im regierungsrätlichen Bericht "Bernische Wirtschaftskraft" skizziert ist. Teil dieser umfassenden Strategie müssten auch flankierende Umsetzungsmassnahmen sein, welche zu einer Reduktion der Anpassungskosten bei den von den Umweltabgaben am meisten betroffenen Unternehmen führen. ❏ Verwaltungsinterne Anstrengungen: Die oben beschriebene Umsetzung dieses umfassenden Projekts kann nur gelingen, wenn innerhalb der Verwaltung viel Energie und die notwendigen Ressourcen freigesetzt werden können. Die gegenwärtige starke Belastung zahlreicher Verwaltungsstellen im Zusammenhang mit der Sanierung des Staatshaushaltes stellt vor diesem Hintergrund keine sehr günstige Ausgangslage dar. ❏ Breite Abstützung: Beim Vollzug verschiedener Umweltabgaben ist der Kanton auf eine funktionierende Zusammenarbeit mit den Gemeinden und mit Privaten angewiesen. Ansonsten steigt der Vollzugsaufwand für den Kanton stark an (Behandlung von Einsprachen, Kontrollen etc.). Es ist daher unerlässlich, dass MUEK breit abgestützt und von einer klaren Mehrheit der Betroffenen bejaht wird. Bei der Einstufung der Risiken ist allerdings zu beachten, dass andere auf internationaler und nationaler Ebene ablaufende Entwicklungen und Veränderungen (z.B. weitergehende Globalisierung und Liberalisierung der Märkte) die bernische Wirtschaft weit stärker herausfordern werden, als es eine Umsetzung des Konzeptes MUEK tun würde. Angesichts dieser Tatsache stellt MUEK u.E. trotz der Risiken ein zukunftsträchtiges Konzept dar. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A-1 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben Inhaltsverzeichnis: Vorbemerkung ........................................................................................................ 2 A1 Abfallabgabe ................................................................................................ 4 A2 Abwasserabgabe ......................................................................................... 9 A3 Wasserabgabe ........................................................................................... 15 A4 Kiesabgabe................................................................................................. 20 A5 Bodenversiegelungsabgabe ....................................................................... 28 A6 Kantonale Abgabe auf öffentlichen Parkplätzen ......................................... 36 A7 Kantonale Abgabe auf Beschäftigten- und Besucherparkplätzen ............... 44 A8 Motorfahrzeugsteuern ............................................................................... 50 A9 Vignetten/Road-Pricing............................................................................... 56 A10 Emissionsabgabe bei Feuerungen ............................................................. 62 A11 Elektrizitätsabgabe ..................................................................................... 68 ECOPLAN A-2 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben Vorbemerkung Die Beurteilung der verschiedenen Umweltabgaben erfolgt nach einem vorgegebenen Kriterienraster. Wir gehen auf folgende Punkte ein: a) Beschreibung und Ausgestaltungsmöglichkeiten Unter diesem Punkt werden das Abgabeobjekt und -subjekt und die Abgabensätze diskutiert. Bei der Diskussion war zu berücksichtigen, dass einzelne Abgaben bereits in anderem Zusammenhang detailliert analysiert wurden (z.B. Abwasser- und Abfallabgabe), bei anderen aber erst noch Grundlagenmaterial zusammengetragen werden musste (z.B. Kiesabgabe). Entsprechend war es nicht möglich, bei allen Abgaben den gleichen Konkretisierungsgrad bezüglich der Ausgestaltung zu erreichen. Um die Diskussion zu erleichtern, haben wir bei allen Abgaben zwei Eckvarianten gewählt, die sich in der Abgabenhöhe und u.U. auch in der Ausgestaltung unterscheiden: – eine untere Variante A, die sich an frühere im Grossen Rat oder der Verwaltung diskutierte Vorschläge oder an Abgaben in anderen Kantonen oder Staaten anlehnt – eine obere Variante B, mit der bedeutend höhere Einnahmen und/oder Lenkungseffekte angestrebt werden, die aber dennoch aufgrund unserer Einschätzung langfristig nicht als zum vornherein unrealistisch eingestuft werden kann. Diese Varianten dienen wie gesagt dazu, Eckwerte für die Diskussion zu erhalten, insbesondere auch, um die Notwendigkeit von flankierenden Massnahmen zugunsten stark betroffener Unternehmungen und Haushalte zu diskutieren. Selbstverständlich sind auch weitere Varianten möglich. Zudem ist davon auszugehen, dass alle Abgaben mit schrittweise ansteigenden Abgabesätzen eingeführt würden, um die Anpassungsprobleme zu mildern. b) Mögliche Einnahmen Unter diesem Punkt wurde versucht, das Einnahmenpotential für die Varianten A und B abzuschätzen. Die ausgewiesenen Potentiale sind aus verschiedenen Gründen ausdrücklich als Grössenordnungen und nicht als genaue Grössen zu verstehen: – Bei verschiedenen Abgaben war es nur sehr beschränkt möglich, einigermassen zuverlässig die kurz- bis mittelfristige Reaktion der Nachfrage auf die durch die Abgaben hervorgerufenen Preiserhöhungen abzuschätzen. Diese Schwierigkeit bestand in besonderem Masse bei Abgaben, bei welchen auch ausserhalb des Kantons Bern noch wenig Erfahrungen bestehen und bei welchen die genaue Ausgestaltung noch nicht festgelegt werden konnte. – Noch schwieriger gestaltete sich die Abschätzung der längerfristigen, dynamischen Effekte der Abgaben: Die Abgaben setzen Anreize zur Entwicklung neuer Technologien und Verfahren sowie zu grundlegenden Verhaltensänderungen (z.B. bei der Mobilität). Die resultierenden Auswirkungen auf das Einnahmenpotential liessen sich nicht beziffern. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A-3 c) Bestehende Erfahrungen Die kurze Darstellung bestehender Erfahrungen im In- und Ausland sollte Anhaltspunkte für die Ausgestaltung der Vorschläge für den Kanton Bern liefern. d) Praktikabilität und Vollzugsaufwand Die in der ökonomische Theorie hervorgehobene Kosteneffizienz von Umweltabgaben wird spürbar reduziert, wenn die Umsetzung der vorgeschlagenen Abgabenlösung einen erheblichen Vollzugsaufwand verursachen. Bei der Diskussion des Vollzugsaufwandes waren sowohl die betroffenen Abgabesubjekte als auch die involvierten Verwaltungsstellen zu berücksichtigen. Die Abschätzung des Vollzugsaufwand musste sich bei Abgaben, bei welchen die Ausgestaltung noch nicht im Detail festgelegt werden konnte, auf qualitative Aussagen beschränken. e) Rechtliche Anforderungen Im Vordergrund der Abklärungen aus rechtliche Sicht stand der kantonale Handlungsspielraum. Sehr kritisch beurteilt wurden Abgabelösungen, die eine Anpassung des Bundesrecht bedingen würden. Hingegen wurde ein Anpassungsbedarf in der kantonalen Gesetzgebung nicht als Hindernis betrachtet. Die Abklärung der rechtlichen Fragestellungen erfolgte einerseits durch ECOPLAN (grobe Beurteilung) und andererseits durch P. Flury und R. Schneider von der Rechtsabteilung der Volkswirtschaftsdirektion. In diesem Anhang werden sowohl die Ausführungen von ECOPLAN und als auch diejenigen von den Vertretern der Rechtsabteilung ausgewiesen. f) Auswirkungen auf Unternehmen und Haushalte (erste Hinweise) Die Auswirkungen auf Unternehmen und Haushalte werden die zwei Schwerpunkte in den weiteren Projektarbeiten darstellen. Im Rahmen der Detailevaluation ging es denn in erster Linie auch darum, erste Hinweise für den Abklärungsbedarf bereitzustellen. g) Umweltaspekte: Handlungsbedarf, Koordination, Wirkung Unter diesem Punkt war zu diskutieren, ob und in welchem Ausmass im betroffenen Umweltbereich überhaupt ein umweltpolitischer Handlungsbedarf besteht und inwiefern die vorgeschlagene Abgabenlösung diesem Handlungsbedarf gerecht wird. Weiter wurde aufgezeigt, ob sich aufgrund von Bestrebungen in anderen Kantonen und/oder auf nationaler bzw. internationaler Ebene ein Koordinationsbedarf ergibt. i) Schlussfolgerung und Empfehlung Ergebnis der Diskussion ist unsere Einschätzung, ob eine bestimmte Abgabe in einem Umweltabgaben-System mit einnahmenseitiger Kompensation berücksichtigt werden könnte oder nicht. ECOPLAN A-4 A1 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben Abfallabgabe a) Beschreibung und Ausgestaltungsmöglichkeiten Die kantonale Abfallabgabe, die 1993 vom Grossen Rat beschlossen und seit 1995 in Kraft ist, könnte erhöht werden, wobei die zusätzlichen Erträge nicht mehr zweckgebunden in den Abfallfonds fliessen würden, sondern im Rahmen des Konzepts MUEK einnahmenseitig kompensiert würden. Die Abgabe beträgt heute 15 Fr./Tonne Abfall für Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) und 25 Fr./Tonne für die Ablagerung in Deponien. Abgabeobjekte und -subjekte sowie die Bemessungsgrundlage wurden für die Revision des Abfallgesetzes einlässlich geprüft(1), und es besteht keine Veranlassung, diese Regelungen zu ändern: Abgabeobjekt ist das Gewicht des angelieferten Kehrichts (wobei die Deponie von Rückständen aus KVAs abgabenfrei ist), Abgabesubjekt sind die Abfallentsorgungsunternehmungen (resp. im Falle von Exporten in andere Kantone: die Gemeinden). Zur Diskussion steht hingegen eine Erhöhung, wobei auch eine stärkere Differenzierung zwischen Deponien und KVAs denkbar wäre, vor allem um Anreize zu einer raschen Umstellung auf die Verbrennungsentsorgung auszulösen und eine (wenn auch bescheidene) Tarifharmonisierung zwischen KVA- und Deponietarifen zu erreichen. Die Ausschöpfung des heutigen gesetzlichen Abgabemaximums von 30/45 Franken würde bereits eine deutliche Erhöhung bedeuten. Wir werden im folgenden die zwei in Tabelle A-1 wiedergegebenen Varianten diskutieren. Tabelle A-1: Varianten A und B der Abfallabgabe heute Variante A Variante B Zuschlag total Zuschlag total KVA: Fr./t 15 15 30 50 65 Deponien: Fr./t 25 25 50 100 125 13 Mio. 13 Mio. 26 Mio. ca. 50 Mio. ca. 63 Mio. 13 Mio. 12 Mio. 25 Mio. ca. 44 Mio. ca. 57 Mio. Einn. Lenkungseff.) (ohne Einn. (mit Lenkungseff.) b) Mögliche Einnahmen Die Einnahmen sind aus der obenstehenden Tabelle ersichtlich. Mit den heutigen Sätzen betragen die Einnahmen rund 13 Mio. Franken pro Jahr. Die Varianten A resp. B ergäben Zusatzerträge von 12 resp. 44 Mio. Fr. (zusätzliche Einnahmen, welche nicht in den Abfallfonds fliessen würden, sondern für die einnahmenseitige Kompensation zur Verfügung stünden). Die maximale Höhe des Fonds ist im heutigen Dekret auf 20 Mio. fixiert ist. Diese rechtlichen Grundlagen müssten aber bei einem System MUEK ohnehin angepasst werden. Es ist zu beachten, dass die Abfallmengen schwierig zu prognostizieren sind und insbesondere der Mix von KVA- und Deponie-Entsorgung auch davon abhängt, wie konsequent der Verzicht auf die Siedlungsabfalldeponierung (gemäss TVA und Regierungs1 Vgl. ECOPLAN (1992), Abfallfonds im Kanton Bern sowie Vortrag zur Revision des Abfallgesetzes von 1992/93. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A-5 ratsbeschluss ab 2000) vollzogen wird. Eine hohe Abgabe auf Deponien bringt somit voraussichtlich nach dem Jahr 2000 einnahmenseitig nicht mehr viel. Bei einer weiteren Vertiefung wären anhand aktualisierter Mengenprognosen entsprechende Hochrechnungen anzustellen. c) Bestehende Erfahrungen ❏ Beim Vollzug der Abfallabgabe im Kanton Bern haben sich in den ersten Monaten keine Probleme ergeben. ❏ Im Kanton Solothurn wurde eine Abfallabgabe nach dem bernischen Muster entwik- kelt, die im Sommer vom Kantonsrat behandelt werden soll. ❏ Im Rahmen der Revision des Umweltschutzgesetzes, die derzeit im Parlament beraten wird, steht eine Deponieabgabe zur Finanzierung der Altlastensanierung zur Diskussion (mögliche Grössenordnung 10 Fr./t resp. maximal 20% der durchschnittlichen Deponiepreise, Einnahmen maximal 30-40 Mio. Fr./a). Das BUWAL hat in einer Studie(2) Abfallabgaben mit Lenkungs- und/oder Finanzierungszwecken untersuchen lassen. Weitere Beschlüsse sind aber bisher nicht gefasst worden und auch nicht in die USG-Revision eingeflossen. ❏ International bestehen verschiedene Abfallabgaben, so in Österreich, Belgien, Däne- mark, Frankreich und Pläne in Schweden, Finnland und den Niederlanden. (3) Bezüglich der Lenkungswirkung gibt es einige Hinweise auf einen spürbaren Effekt in Dänemark. Die übrigen Abgaben sind aber zu gering resp. zu wenig evaluiert worden, um einen klaren Effekt feststellen zu können. d) Praktikabilität und Vollzugsaufwand Durch die Erhebung bei den relativ wenigen Abfallentsorgungsunternehmen, die ohnehin die angelieferten Abfallmengen erheben, ist der Vollzugsaufwand sehr gering. Die Abgabe wird von den Entsorgern auf die Anliefertarife überwälzt und fliesst letztlich via Kehrichtrechnungen der Gemeinden in die Abfallgebühren (Sackgebühren/Gewichtsgebühren, Grundgebühren) ein. Eine Erhöhung ist vom Vollzug her grundsätzlich ebenfalls problemlos vollziehbar. Problematisch sind allerdings zwei Aspekte: ❏ Importe/Exporte:(4) Bei Exporten von Abfällen in andere Kantone sind die Gemeinden Abgabesubjekt, da der Kanton kein Recht zur Erhebung einer Abgabe bei ausserkantonalen Anlagen hat. Diese Erhebung kann relativ aufwendig werden, da z.B. bei der KEBAG sehr viele Gemeinden betroffen sind. Sie sollte sich aber trotz anfänglicher Schwierigkeiten letztlich mit einem Abkommen lösen lassen: Die ausserkantonale Anlage (hier z.B. KEBAG) verpflichtet sich, die Abgabe für den Kanton Bern zu erheben. Der Kanton Bern entschädigt den Anlagenbetreiber für seinen Aufwendungen. 2 ECOPLAN/ökoscience/Uni Bern (1994), Abfallabgabe Schweiz. 3 Vgl. ECOPLAN (1993), Umweltabgaben in Europa. 4 Vgl. hierzu auch: ECOPLAN (1994), Vollzug Abfallfonds im Kanton Bern: Importe/Exporte, Arbeitspapier. ECOPLAN A-6 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben Weitere Probleme könnten sich stellen, wenn Nachbarkantone beginnen, ebenfalls Abfallabgaben zu erheben. Entsprechende Lösungsvorschläge wurden aber mit den zuständigen Stellen bereits vorbereitet. ❏ Illegale Entsorgung: Die Erhöhung von Abfallentsorgungstarifen erhöht den Anreiz zur illegalen Entsorgung, z.B. via Cheminée oder Toilette, in Wäldern, auf Autobahnraststätten etc. Allerdings machen die hier diskutierten Abfallabgaben einen sehr kleinen Teil der Entsorgungskosten aus (z.B. Variante A zusätzlich rund 10 Rappen pro 35Liter-Sack), so dass das Problem der Schwarzentsorgung und der entsprechenden flankierenden Massnahmen nicht der Abgabe "angelastet" werden darf und ohnehin anzugehen ist. e) Rechtliche Anforderungen Die rechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung einer zweckgebundenen Abfall(fonds)abgabe wurden mit der Revision des Abfallgesetzes geschaffen. Die Höchstsätze sind auf Gesetzesstufe festgelegt, während die tatsächlichen (derzeit tieferen) Sätze im Dekret festgehalten sind und vom Regierungsrat gemäss Finanzierungsbedarf angehoben werden können, solange die Höhe des Fonds 20 Mio. Franken nicht übersteigt. Eine Erhöhung der Abgabe mit Einbezug ins System MUEK würde eine Anpassung bezüglich Abgabenhöhe und Mittelverwendung im Abfallgesetz bedingen. Die Abgabe ist mit dem Bundesrecht und dem internationalen Recht vereinbar. Mit dem ausschliesslichen Recht des Bundes, eine Mehrwert- resp. Umsatzsteuer oder gleichgeartete Steuern zu erheben, kollidiert die Abgabe nicht, da sie aufgrund ihrer Bemessungsgrundlage (Gewicht, nicht Umsatz) und auch ihres Ziels nicht als "gleichgeartet wie die Mehrwert- resp. Umsatzsteuer " bezeichnet werden kann. (5) Ausführungen der Rechtsabteilung der Volkswirtschaftsdirektion: Auf Grund von Art. 2 USG (Verursacherprinzip) sind die Aufwendungen des Gemeinwesens für die Abfallbeseitigung grundsätzlich (mittels Kausalabgaben oder mittels kostenabhängiger fiskalischer Abgaben) zu überwälzen. Welches System der Kanton wählt (Gebühren, ev. auch Beiträge), ist ihm freigestellt. Die Abgaben müssen sich auf ein Gesetz im formellen Sinn stützen (Art. 48 USG reicht hiefür nicht aus). Um die Gefahr von Umgehungen (Abfalltourismus, wildes Deponieren) zu reduzieren, sollten einheitliche Abgabesysteme für möglichst grosse zusammenhängende Gebiete eingeführt werden. Nach bernischem Abfallgesetz ist die Beseitigung von Siedlungsabfällen Aufgabe der Gemeinden (oder Gemeindeverbände), welche dafür Gebühren erheben. Diese sollen auch "die Reduktion der Abfallmengen und die umweltschonende Verwertung der Abfälle unterstützen" (Art. 38 Abs. 3), also eine gewissen Lenkungsfunktion erfüllen. Ev. könnten die Gemeinden verpflichtet werden, auf ihren Gebühren einen gewissen Zuschlag zu erheben, welcher dem Kanton abzuliefern wäre. Die Machbarkeitsstudie schlägt stattdessen eine Erhöhung der (kantonalen) Abfallfondsabgabe, verbunden mit einer Lockerung bzw. Aufhebung der Zweckbindung (für den Zuschlag) vor. Die Abgabe wird von den Betreibern der Kehrichtentsorgungsanlagen erhoben, denen es 5 Siehe zum Begriff "gleichgeartet" auch Leimbacher J. (1992), Gutachten Energieabgabe. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A-7 überlassen bliebe, den Lenkungszuschlag auf die Anlieferer (und von diesen auf die Verursacher) zu überwälzen. Eine entsprechende Aenderung des Abfallgesetzes wäre m.E. möglich. Angesichts des Lenkungszwecks des Zuschlags kann man sich allerdings fragen, ob es noch sachgerecht wäre, ihn über die Anlagenbetreiber zu erheben. f) Auswirkungen auf Unternehmungen und Haushalte (erste Hinweise) Vorab ist zu betonen, dass die Abgabe auch in Variante B nur einen relativ kleinen Teil der Entsorgungskosten ausmacht. Diese betragen heute rund 150 bis 400 Fr. für die Deponierung/Verbrennung und rund 100 - 300 Fr. für Transport sowie Beiträge an Separatsammlungen. Die Gesamtkosten liegen somit bei 250 bis 700 Fr. womit die gesamte Abgabe ("Fonds plus MUEK") in Variante A 4% bis 20% und in Variante B 9% bis 50% ausmacht. Gesamtwirtschaftlich und für die weitaus meisten Betriebe ist eine Abgabe in der diskutierten Variante A praktisch bedeutungslos, während die Auswirkungen bei Betrieben, deren Abfall-Entsorgungskosten überdurchschnittlich hoch sind, insbesondere in Variante B problematisch werden können. (6) Dies sind vor allem folgende Branchen: – Papierindustrie – Giessereien – verschiedene Spezial-/Einzelfälle Auch im Baugewerbe könnte die heutige Abfallabgabe eine Belastung in der Höhe von rund 0.2% des Jahresumsatzes erreichen. Entscheidend ist, dass die bereits heute eingeführten Ermässigungsmodelle, welche bei einer Abgabebelastung von 600 Fr. pro Beschäftigten pro Jahr einsetzen (90% der diese Grenze übersteigenden Abgabe wird zurückerstattet) auch im Rahmen eines Konzeptes MUEK angewandt werden. Bei den Haushalten führen zusätzliche Erhöhungen in der Grössenordnung von 10 Rp. (A) resp. gegen 30 Rp. (B) auch in unteren Einkommensschichten nur zu geringen Problemen. g) Umweltaspekte: Handlungsbedarf, Koordination, Wirkung Generell sind verursachergerechte Abfallabgaben ein Paradebeispiel für die Wirksamkeit finanzieller Anreize: Die unsortierten Abfallmengen haben sich mit der Einführung von Sackgebühren i.d.R. um 15 - 30% reduziert, während allerdings die separat gesammelten Abfallmengen etwa in der gleichen Grössenordnung angestiegen sind. Die Sackgebühren haben eine zentrale Rolle beim Trendbruch in der stark ansteigenden Entwicklung der Abfallmengen gespielt. Grundsätzlich ist eine Verstärkung dieser Wirkung nach wie vor erwünscht.(7) Insbesondere ist zu erwarten, dass eine Erhöhung der Gebühren die Abfallverminderung stärker fördert, nicht "nur" die Wiederverwertung. Eine Erhöhung würde es auch erlauben, für 6 Vgl. ECOPLAN (1992), Belastung von Haushalten und Wirtschaft durch verursacherfinanzierte Abgaben. 7 Die heutigen Ueberkapazitäten in einigen Verbrennungsanlagen sind erstens regional beschränkt und zweitens stark mit der noch bis ca. 2000 weitergeführten Deponierung von Siedlungsabfällen gekoppelt. ECOPLAN A-8 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben einige Separatsammlungen (z.B. Grünabfuhr) Gebühren zu verlangen, ohne den Anreiz zu solchen Separatsammlungen zu stark zu schmälern. Allerdings ist die Wirkung der diskutierten Varianten auf die Preise sehr gering, so dass auch kein ausgeprägter Lenkungseffekt erwartet werden kann. Ein weiterer möglicher Beitrag besteht in der Verminderung der Tarifdifferenzen zwischen (derzeit noch billigeren) Deponien und den (häufig teureren) KVA. Eine stärkere Differenzierung würde den Übergang zur Verbrennungsentsorgung tendenziell erleichtern. Ein Koordinationsbedarf besteht primär mit den anderen Kantonen: Wie unter "Praktikabilität" erwähnt, bedürfen die Regelungen betreffend Importe/Exporte einer Absprache. Im Fall des Kantons Solothurn hat sich aber bereits gezeigt, dass diese Koordination spielen kann (der Solothurner Kantonsrat wird im Sommer über die Einführung einer Abgabe nach bernischem Vorbild entscheiden). Beim Bund sind bezüglich einer bundesweiten Abfallabgabe keine weiteren Schritte eingeleitet worden, so dass hier derzeit kein Abstimmungsbedarf besteht. Sollte der Bund eine Abgabe erheben, ist ohnehin zu erwarten, dass die Kantone zumindest einen Teil der Einnahmen erhalten: Eine Bundesabgabe könnte deshalb z.B. durch eine Senkung der kantonalen Abgabe kompensiert werden, ohne dass sich unüberwindbare Schwierigkeiten stellen würden. h) Schlussfolgerung und Empfehlung Eine Erhöhung der Abfallabgabe ist praktikabel und verspricht einen bedeutenden Ertrag. Eine Einbindung ins System MUEK würde bedeuten, dass nur noch ein Teil der Erträge (z.B. im Umfang der heutigen Einnahmen) in den Abfallfonds fliessen, der zusätzliche Ertrag aber für das System MUEK zur Verfügung stehen würde. Dabei empfehlen wir, die Bemessungsgrundlagen unverändert zu belassen und die Abgabesätze deutlich zu erhöhen, wobei die Differenzierung zulasten der Deponien eher noch verstärkt werden sollte. Konkret könnte dies bedeuten, bei Variante A einzusteigen und nach und nach zu Variante B überzugehen. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A2 A-9 Abwasserabgabe a) Beschreibung und Ausgestaltungsmöglichkeiten Die kantonale Abwasserabgabe, die 1993 vom Grossen Rat beschlossen und seit 1995 in Kraft ist, könnte verursachergerechter ausgestaltet und erhöht werden, wobei die zusätzlichen Erträge nicht mehr zweckgebunden in den Abwasserfonds fliessen würden, sondern im Rahmen des Konzepts MUEK einnahmenseitig kompensiert würden. Die heutige Abwasserabgabe wurde im Rahmen des Massnahmenplanes Haushaltgleichgewicht 1993 - 1996 evaluiert.(8) Als Abgabeobjekt der heutigen Abwasserabgabe dient die Anzahl an der Abwasserkläranlage (ARA) angeschlossenen EinwohnerInnen, Abgabesubjekt sind die ARA-Betreiber (resp. im Falle von Exporten in andere Kantone: die Gemeinden). Bei der Einführung der Abwasserabgabe wurde klar festgehalten, dass es sich "bei der gewählten Lösung des Abgabeobjekts um eine provisorische und nicht vollständig befriedigende Abgabelösung handelt." Im Rahmen der laufenden Gesetzesrevision im Gewässerschutzbereich soll denn auch eine verursachergerechtere Ausgestaltung der Abwasserabgabe Eingang finden. Die Abwasserabgabe soll gemäss der in die Gewässer eingeleiteten Schmutzfracht erhoben werden. Die Tabelle zeigt eine mögliche schmutzfrachtabhängige Abgabevariante, welche die heutige Lösung ab ca. 1998 ersetzen könnte. Zur Diskussion steht eine Erhöhung der geplanten schmutzfrachtabhängigen Abwasserabgabe. Im Vergleich zu den Vorschlägen in anderen Kantonen ist vor allem die Abgabe auf dem chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) und die Stickstoffabgabe relativ tief. In Variante A wurden vor allem diese Parameter erhöht und auf das Niveau in anderen Kantonen (z.B. St. Gallen) angehoben. Bei der Ausgestaltung der Variante B ist zu berücksichtigen, dass bei einer zu hoch angesetzten Abwasserabgabe eine "Übersteuerung" möglich ist, d.h. es werden Investitionen (Vermeidungsmassnahmen) ausgelöst, die sich aus Kosten-Nutzen-Überlegungen nicht rechtfertigen lassen. Die Obergrenze einzelner Parameter sollen im einzelnen kurz diskutiert werden:(9) – Beim Phosphor dürften die 30 Fr./kg schon relativ hoch sein. Bei einer Obergrenze von 45 Fr./kg werden noch keine unnötigen Investitionen ausgelöst, allerdings könnte unter Umständen ein unnötig hoher Fällmitteleinsatz die Folge sein. – Die Nitrifikation, ein Verfahren zur Umwandlung von Ammonium in Nitrat, soll im Kanton Bern gezielt eingesetzt werden. Wir schätzen die obere Grenze bei rund 6 Fr./kg. Damit sollten noch keine unnötigen Nitrifikationsvorhaben ausgelöst werden. – Die Denitrifikation, ein Verfahren zur Elimination von Gesamtstickstoff, soll im Kanton Bern allenfalls bei sehr günstigem Kosten-Nutzen-Verhältnis; aber nicht flächendeckend eingeführt werden. Vielmehr steht eine Optimierung hinsichtlich der Ge- 8 Vgl. ECOPLAN (1992), Abwasserfonds im Kanton Bern sowie Vortrag zur Revision des Gesetzes über die Nutzung des Wassers (WNG) von 1992/93. 9 Bei der Schätzung der Obergrenze wurde davon ausgegangen, dass weiterhin Beiträge aus dem Fonds gesprochen werden. Einerseits muss die Obergrenze der Abgabesätze aufgrund der Beiträge tiefer angesetzt werden, andererseits kann mit gezielten Beiträgen auch eine Übersteuerung vermieden werden. ECOPLAN A - 10 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben samtstickstoffeinleitung im Vordergrund. Bei einer Obergrenze von 4 Fr./kg dürfte noch keine flächendeckende Denitrifikation ausgelöst werden. – Beim CSB können kaum Fehlinvestitionen ausgelöst werden. Allerdings ist CSB ein relativ undifferenzierter Summenparameter mit gewässerschädigenden und relativ harmlosen Stoffen. Eine zu hohe CSB-Abgabe wäre somit vor allem dann problematisch, wenn bei einzelnen ARAs der Anteil der relativ harmlosen Schmutzstoffe sehr hoch wäre. Wir haben die Obergrenze - in Anlehnung an andere Kantone wie z.B. Solothurn oder St. Gallen - bei 3 Fr./kg angesetzt. – Mit einer Abgabe auf der Abwassermenge soll ein Anreiz für die Elimination von sogenanntem Fremdwasser (sauberes Wasser, das in die ARA eingeleitet wird). Eine Erhöhung erachten wir als wenig sinnvoll. Die in der nachfolgenden Tabelle A-2 diskutierten Varianten müssten vor einer Erhöhung der Abwasserabgabe im Rahmen des Konzeptes MUEK noch im Detail diskutiert werden. Insbesondere könnten die Resultate aus dem Vollzugskonzept Siedlungsentwässerung (VOKOS) die Gewichte zwischen den einzelnen Parametern noch leicht verschieben. Die Einnahmen werden sich aber in der angegebenen Grössenordnung bewegen. Tabelle A-2: Varianten A und B der Abwasserabgabe Abgabevarianten Abgabeobjekt bis ca. ab ca. 1998 1998 Zuschlag total Zuschlag total Phosphor Fr./kg 30 0 30 15 45 Ammonium Fr./kg 4 0 4 2 6 Gesamtstickstoff Fr./kg 0.5 1.5 2 3.5 4 CSB Fr./kg 0.7 1.3 2 2.3 3 Abwassermenge Fr./m3 0.05 0 0.05 0 0.05 27 17 44 38 65 18 12 30 27 45 Fr./Einw. Variante A Variante B 25 Einnahmen in Mio. Fr. - durchschn. bis 2005 - ab 2005 (längerfristig) 22 b) Mögliche Einnahmen Die Einnahmen sind aus der obenstehenden Tabelle ersichtlich. Mit dem heutigen Abgabesatz von 25 Fr./Einw. betragen die Einnahmen rund 22 Mio. Franken pro Jahr. Die ab ca. 1998 wirksame schmutzfrachtabhängige Abwasserabgabe wird in den ersten Jahren rund 27 Mio. Fr. einbringen. Die Varianten A und B ergäben in den nächsten 10 Jahren durchschnittliche Zusatzerträge von 17 resp. 38 Mio. Fr. (zusätzliche Einnahmen, welche nicht in den Abwasserfonds fliessen würden, sondern für die einnahmenseitige Kompensation zur Verfügung stünden). Aufgrund der Lenkungswirkung werden sich aber die Einnahmen längerfristig auf einem tieferen Niveau einpendeln, nämlich bei 12 resp. 27 Mio. Fr. pro Jahr. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 11 Die relativ genauen Angaben über die Höhe der Einnahmen konnten aufgrund von Resultaten aus dem Vollzugskonzept Siedlungsentwässerung (VOKOS) und den vom GSA gemachten Hochrechnungen der künftigen Schmutzstofffrachten(10) gemacht werden Die gesamten Einnahmen übersteigen die maximale Höhe des Fonds (gemäss Dekret 30 Mio. Fr.). Diese rechtlichen Grundlagen müssten aber bei einem System MUEK ohnehin angepasst werden. c) Bestehende Erfahrungen ❏ Beim Vollzug der Abwasserabgabe im Kanton Bern haben sich in den ersten Monaten keine Probleme ergeben. Allerdings liegen im Kanton Bern noch keine Erfahrungen mit dem Vollzug der schmutzfrachtabhängigen Abwasserabgabe vor. ❏ Im Auftrag der Kantone BE, SG, SO und ZH wurden die Grundlagen zur Erfassung von Schmutzfrachten für eine verursachergerechte Abwasserabgabe erarbeitet.(11) In einem Leitfaden wird ein einfach vollziehbares und genügend genaues Vorgehen zur Bestimmung der Schmutzfrachten vorgeschlagen. Aus (mess)technischer Sicht gibt es keine Vorbehalte. ❏ Im Kanton Appenzell A.Rh. wurde auf 1.1.1995 eine schmutzfrachtabhängige Abwas- serabgabe eingeführt. Nennenswerte Vollzugsprobleme haben sich keine ergeben. ❏ In drei Kantonen (SG, SH, SO) liegt ein ausformulierter Gesetzesentwurf für eine schmutzfrachtabhängige Abwasserabgabe auf dem Tisch, diverse Kantone überlegen sich die Einführung einer Abwasserabgabe im Rahmen der Revision ihrer Einführungsgesetze. ❏ Zur Zeit prüft das BUWAL im Auftrag des Bundesrates (drittes Sparmassnahmenpaket des Bundes) ein Abwasserabgabemodell.(12) Dieses soll aber insbesondere «differenzierte vorgezogene Lösungen der Kantone nicht präjudizieren». Die Bundesabwasserabgabe wird sehr wahrscheinlich auf einem (Stickstoff) oder mehreren der oben aufgeführten Parametern erhoben. Ob und wenn ja wann konkret eine Abwasserabgabe auf Bundesebene in Kraft treten könnte, ist noch völlig offen. ❏ International bestehen verschiedene Abwasserabgaben, so in Deutschland, Frank- reich, Belgien, Spanien und den Niederlanden. (13) d) Praktikabilität und Vollzugsaufwand Die Abgabe wird bei den ARA-Betreibern erhoben und von diesen via Kostenverteiler der Abwasserrechnung der Gemeinden und von da via Abwassergebühren den Abwasserverursachern (Haushalte, Industrie, Gewerbe) weiterverrechnet. Die schmutzfrachtabhängige Abwasserabgabe soll unabhängig vom System MUEK eingeführt werden. Eine Erhöhung der Abgabesätze sollte mit keinem nennenswerten Mehraufwand verbunden sein. 10 Berechnungen von B. Bangerter, GSA. 11 Künzler&Partner AG/ECOPLAN (1995), Grundlagen zur Erfassung von Schmutzfrachten aus Kläranlagen hinsichtlich der Abwasserabgabe nach dem Frachtmodell. 12 Ein erster Vorschlag für eine Abwasserabgabe auf Bundesebene findet sich in: ECOPLAN (1993), Abwasserabgabe für die Schweiz. 13 Vgl. ECOPLAN (1993), Umweltabgaben in Europa. ECOPLAN A - 12 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben e) Rechtliche Anforderungen Die rechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung einer zweckgebundenen Abwasser(fonds)abgabe wurden mit der Revision des Wassernutzungsgesetzes (WNG) geschaffen. Im Rahmen der Revision der Gesetze im Gewässerschutzbereich sollen auch die rechtlichen Grundlagen für eine schmutzfrachtabhängige (und weiter zweckgebundene) Abwasser(fonds)abgabe geschaffen werden. Unter der Annahme, dass die rechtlichen Grundlagen für eine schmutzfrachtabhängige Abwasserabgabe mit der kommenden Revision geschaffen werden, würde eine Erhöhung der Abgabe mit Einbezug ins System MUEK somit eine Anpassung bezüglich Abgabenhöhe und Mittelverwendung im künftigen Gewässerschutzgesetz bedingen. Die Abgabe ist mit dem Bundesrecht und dem internationalen Recht vereinbar. Mit dem ausschliesslichen Recht des Bundes, eine Mehrwert- resp. Umsatzsteuer oder gleichgeartete Steuern zu erheben, kollidiert die Abgabe nicht, da sie aufgrund ihrer Bemessungsgrundlage (Schmutzfracht, nicht Umsatz) und auch ihres Ziels nicht als "gleichgeartet wie die Mehrwert- resp. Umsatzsteuer " bezeichnet werden kann. (14) Ausführungen der Rechtsabteilung der Volkswirtschaftsdirektion: Die Abwasserreinigung ist Sache der Gemeinden (oder Gemeindeverbände), welche hiefür neben Anschluss- auch jährliche Benützungsgebühren (u.a. nach Massgabe des Frischwasserverbrauchs) erheben. Ev. könnten die Gemeinden verpflichtet werden, einen Lenkungszuschlag zu erheben, welcher dem Kanton abzuliefern wäre. Die Machbarkeitsstudie schlägt stattdessen eine Erhöhung der (kantonalen) Abwasserfondsabgabe vor, welche von den Betreibern von Abwasserreinigungsanlagen erhoben würde. Bis zum Inkrafttreten einer in Diskussion stehenden Bundesregelung wäre m.E. eine Aenderung des Wassernutzungsgesetzes möglich, vgl. aber Bemerkungen zur Abfallabgabe. f) Auswirkungen auf Unternehmungen und Haushalte (erste Hinweise) Die Abgabe führt zu einer Erhöhung der Abwassergebühren. Die Abwassergebühren werden in der Regel auf dem Trinkwasserkonsum erhoben. Die heutigen Gebühren schwanken grösstenteils zwischen 1 bis 2 Fr./m3 Trinkwasser. Diese Gebührenhöhe ist aber in keiner Weise langfristig kostendeckend. Im Durchschnitt beträgt eine kostendeckende Abwassergebühr im Kanton Bern rund 3.2 Fr./m3 (ohne heutige Abwasserabgabe). Die Abwassergebühren werden somit auch ohne Abgabe in den nächsten Jahren um mehr als das Doppelte ansteigen. Tabelle A-3 zeigt, dass die durchschnittliche maximale Abgabebelastung (für Fonds und MUEK) deutlich unter 1 Fr./m3 (Variante B) liegt. Der "MUEK-Zuschlag" beträgt für Variante B durchschnittlich 39 Rp./m3. 14 Siehe zum Begriff "gleichgeartet" auch Leimbacher J. (1992), Gutachten Energieabgabe. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 13 Tabelle A-3: Abgabebelastung bei den Varianten A und B (in Rp./m3) Durchschn. Erhöhung der Abwassergebühren in bis ca. ab ca. 1998 1998 Zuschlag total Zuschlag total 25 27 17 44 39 66 19 14 33 29 48 Rp./m3 - durchschn. bis 2005 - ab 2005 (längerfristig) Variante A Variante B Bei ARAs mit relativ schlechtem Reinigungsgrad kann die Abgabebelastung mehr als doppelt so hoch sein. In Variante B kann somit für einzelne ARAs die totale Abgabe bis knapp 2 Fr./m3 betragen. Dies betrifft vor allem kleinere ARAs, welche oft in den Randregionen zu finden sind. In den finanzschwachen Randregionen wurden aufgrund der akuten Finanzknappheit immer mehr Kreditbegehren für Gewässerschutzinvestitionen von der Gemeindeversammlung abgelehnt. Eine zusätzliche Abgabebelastung könnte diese Situation noch verschärfen. Diese Randregionen-Problematik müsste vor einer Erhöhung der Abwasserabgabe im Rahmen eines Systems MUEK noch vertieft abgeklärt werden, allenfalls wären Modelle zur Entschärfung dieser Situation zu suchen (evtl. spezielle "Härtefall"-Beiträge aus dem Abwasserfonds).(15) Allenfalls müssten von den zusätzlichen Einnahmen einige Millionen als spezifische Beiträge für die Randregionen reserviert werden. Bei den Haushalten führt die Erhöhung der Abwassergebühren längerfristig zu einer Belastung von durchschnittlich 22 Fr./Jahr und Person (Variante A "Fonds + MUEK") resp. gegen 32 Fr./Jahr und Person (Variante B "Fonds + MUEK"). In Randregionen kann die Abgabebelastung bis 100 Fr./Jahr und Person betragen. Die Abwassergebühren für abwasserintensive Industrien und Gewerbebetriebe mit stark verschmutztem Abwasser werden in der Regeln nach Massgabe ihrer eingeleiteten Schmutzfrachten festgelegt. Für die weitaus meisten Betriebe ist eine Abgabe in den diskutierten Varianten A oder B praktisch bedeutungslos. Einige Branchen werden aber von der Abwasserabgabe stark betroffen. Dies sind vor allem folgende Branchen: – Karton- und Papierindustrie – Lebensmittelindustrie – Textilindustrie – Grossmetzgereien – verschiedene Spezial-/Einzelfälle (Teile der chem. Industrie, Gerbereien, usw.) Entscheidend ist, dass die bereits heute eingeführten Ermässigungsmodelle, welche bei einer Abgabebelastung von 600 Fr. pro Beschäftigten pro Jahr einsetzen (90% der diese Grenze übersteigenden Abgabe wird zurückerstattet) auf ihre Tauglichkeit bei deutlichen Abgabeerhöhungen geprüft werden. 15 Vgl. Böhringer AG/ECOPLAN/Bonnard&Gardel AG (1995): Mehr Effizienz in der Siedlungsentwässerung dank organisatorischen Reformen?, Hauptbericht, Anhang B. ECOPLAN A - 14 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben g) Umweltaspekte: Handlungsbedarf, Koordination, Wirkung Die Umstellung von der "Einwohner-Abgabe" auf eine schmutzfrachtabhängige Abwasserabgabe (ca. 1998) wird bezüglich positiven Umweltwirkungen am meisten bringen. Im Vordergrund steht die Anreizwirkung für einen optimierten Betrieb der ARAs. Wie gross der Effekt sein wird, lässt sich heute noch nicht abschätzen. Die Ammoniumabgabe wird - zusammen mit den Fondsbeiträgen - die Verwirklichung der Nitrifikation erleichtern. Eine Erhöhung dieser schmutzfrachtabhängigen Abgabe im Rahmen des Systems MUEK wird sicher diese Effekte noch verstärken. Allerdings dürfen die zusätzlichen positiven Umweltwirkungen nicht überschätzt werden: – Auf der ARA selbst werden wohl nur noch kleine "Optimierungsgewinne" realisiert werden können. – Wird die Abgabe möglichst verursachergerecht auf die Angeschlossenen weiterverrechnet, so ist insbesondere bei den abwasserintensiven Betrieben längerfristig mit einer Abnahme der Schmutzfrachten zu rechnen. Im Vordergrund stehen hier nicht nachträgliche Installationen von neuen Vorklärstufen im Industriebetrieb (die werden auch bei dieser Abgabehöhe kaum rentieren), sondern die Schmutzfrachtreduktion im Rahmen von Neuinstallationen, Gesamtsanierungen, Umstellungen von industriellen Prozessen. Kurzfristig wird somit die ohnehin geplante Umstellung auf eine schmutzfrachtabhängige Abwasserabgabe viel bringen. Die positiven Umweltwirkungen der Abgabeerhöhungen im Rahmen des Systems MUEK dürften sich erst längerfristig zeigen. Ein Koordinationsbedarf besteht mit den anderen Kantonen und mit dem Bund. Bei der Festlegung der Abgabehöhen und allfälliger Ermässigungsmodelle für abwasserintensive Industrien im Rahmen einer allfälligen Realisierung des Konzeptes MUEK sind die Entwicklungen in den anderen Kantonen miteinzubeziehen. Im Mai 1995 werden die Kantone über die "Abwasserabgabepläne" des Bundes orientiert. Es ist anzunehmen, dass der Bund zumindest auf Stickstoff eine Abgabe erheben möchte. Dies würde bedeuten, dass evtl. die kantonale Stickstoffabgabe reduziert werden müsste. Wenn gänzlich auf die kantonale Stickstoffabgabe verzichtet werden müsste, so wäre mit Mindereinnahmen von 10 Mio. Fr. pro Jahr (Variante B) zu rechnen. Welche konkreten Anpassungen an den oben ausgeführten Abgabevarianten nötig sein werden, lässt sich aber noch nicht abschliessend beurteilen. h) Schlussfolgerung und Empfehlung Eine Erhöhung der Abwasserabgabe ist aus Vollzugsoptik problemlos durchführbar, und es können beachtliche Einnahmen erzielt werden. Eine Einbindung ins System MUEK würde bedeuten, dass nur noch ein Teil der Erträge (z.B. im Umfang der heutigen Einnahmen) in den Abwasserfonds fliessen, der zusätzliche Ertrag aber für das System MUEK zur Verfügung stehen würde. Eine Erhöhung der Abwasserabgabe macht nur dann Sinn, wenn die Abgabe schmutzfrachtabhängig ist. Dieser Systemwechsel ist auf etwa 1998 geplant. Wir könnten uns vorstellen, dass in einem ersten Schritt dieser Systemwechsel vollzogen und dann eine stufenweise Erhöhung über die Variante A bis zur Variante B vorgenommen wird. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A3 A - 15 Wasserabgabe a) Beschreibung und Ausgestaltungsmöglichkeiten 1992 hat der Grosse Rat im Rahmen des Massnahmenplanes Haushaltgleichgewicht 1993-1996 eine Erhöhung der Wasserzinsen (ungefähr eine Verdoppelung) beschlossen. Die Erhöhung der Wasserzinsen beschränkte sich auf die Grundwasserentnahme. Die Einnahmen aus den Wasserzinsen fliessen der Staatskasse bzw. dem Wasserfonds (heute rund 6 Mio. Fr.)(16) zu, aus dem finanzielle Beiträge für Investitionen im Wasserversorgungsbereich ausbezahlt werden. Die gesamten Einnahmen 1994 betrugen rund 12.5 Mio. Fr. Soll im Rahmen des Konzepts MUEK eine Wasserabgabe ins Auge gefasst werden, so steht aus vollzugstechnischer Sicht eine Erhöhung der Wasserzinsen im Vordergrund. Bei der Variante A wurde noch einmal eine Erhöhung (nur Grundwasserentnahme), wie sie schon für den Wasserfonds auf 1.1.1994 rechtskräftig wurde, vorgesehen. Eine Verdopplung(17) des Wasserrechtszinses wird in Variante B vorgestellt, wobei zugleich die Zinsen für die Verbrauchskategorien Trinkwasser und Industrie/Gewerbe angeglichen werden.(18) Tabelle A-4: Varianten A und B der Wasserabgabe Abgabevarianten Abgabeobjekt A Trinkwasser heute pro konz. l/Min. pro m3 B Industrie/Gewerbe pro konz. l/Min. C Kühlwasser Variante B Zuschlag total Zuschlag total 7 Fr. 4 Fr. 11 Fr. 13 20 4 Rp. 2.5 Rp. 6.5 Rp. 6 10 10 Fr. 4 Fr. 14 Fr. 10 20 pro m3 5 Rp. 2 Rp. 7 Rp. 5 10 pro konz. MJ/h 2 Fr. 0.75 Fr. 2.75 Fr. 2 Fr. 4 Fr. 40 Rp. 15 Rp. 55 Rp. 40 Rp. 80 Rp. pro GJ D Wärmepumpen Variante A pro konz. l/Min. 1 Fr. 0 1 Fr. 0 1 Fr. m3 0.5 Rp. 0 0.5 Rp. 0 0.5 Rp. pro Hektare 80 Fr. 0 80 Fr. 80 Fr. 160 Fr. F Schwimmbäder,.... pro konz. l/Min. 6 Fr. 3 Fr. 9 Fr. 6 Fr. 12 Fr. Einn., Mio. Fr. (ohne Lenkungseff.) 12.6 6.0 18.6 16.4 29.0 Einn., Mio. Fr. (mit Lenkungseff.) 12.6 5.5 18.1 14.8 27.4 pro E Bewässerung 16 Die Höhe des Wasserfonds darf höchstens 20 Mio. Fr. betragen. Vgl. dazu Dekret über die Fondsbeiträge an die Abwasser- und Abfallentsorgung sowie die Wasserversorgung (AWD). 17 Von einer Verdoppelung ausgenommen werden die Kategorien Wärmepumpen und Fischzucht (ist Teil der Kategorie F). 18 Aus ökonomischer Sicht kann ein unterschiedlicher Ansatz nicht gerechtfertigt werden. ECOPLAN A - 16 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben b) Mögliche Einnahmen Die Einnahmen sind aus der obenstehenden Tabelle ersichtlich.(19) Mit den heutigen Abgabesätze betragen die Einnahmen rund 12.6 Mio. Franken pro Jahr. Die Varianten A und B ergeben Zusatzerträge von 6 resp. rund 16 Mio. Fr. (zusätzliche Einnahmen, welche nicht in den Wasserfonds bzw. in die Staatskasse fliessen würden, sondern für die einnahmenseitige Kompensation zur Verfügung stünden). Die Erhöhung der Wasserzinsen für Kühlwasser hätte zur Folge, dass die vom KKW Mühleberg zu leistenden Abgaben von heute 3.2 Mio. Fr. auf max. 6.4 Mio. Fr. steigen würden. Die Abschätzung der Lenkungswirkung gestaltet sich schwierig. Die Erhöhung der Wasserzinse alleine wird kaum zu merklichen Lenkungseffekten führen, hingegen dürfte die Erhöhung der Abwassergebühr evtl. zu einem Rückgang des Trinkwasserkonsums führen. Unabhängig vom System MUEK werden sich die Kosten für das Trinkwasser (Wasser- und Abwassergebühren) mehr als verdoppeln (siehe auch Ausführungen zum Thema "Abwasserabgaben"). Wir schätzen, dass die indirekte Lenkungswirkung zu einer Reduktion der Einnahmen um rund 10% führt. c) Bestehende Erfahrungen ❏ Beim Vollzug des Wasserfonds haben sich im Kanton Bern keine grösseren Probleme ergeben.(20) In Härtefällen (v.a. bei den Papierfabriken) werden Reduktionen gewährt. ❏ In der Stadt Zürich konnte seit der Einführung (1975) eines "progressiven Wassertarifs" (mittels einer Zuschlagstaxe auf Überwasserkonsum) eine klare Trendstabilisierung im Wasserverbrauch festgestellt werden. Für wasserintensive Betriebe konnte sogar ein Rückgang von über 10% festgestellt werden.(21) Zu welchem Anteil diese Trendstabilisierung auf die Einführung dieses "progressiven Wassertarifs" zurückzuführen ist, ist hingegen unklar. Es gilt aber als sicher, dass der progressive Wassertarif eine grosse Sparwelle ausgelöst hat.(22) Der Wassertarif der Wasserversorgung Zürich beträgt 1.45 Fr./m3. Die Zuschlagstaxe bei Überwasserkonsum beträgt ebenfalls 1.45 Fr./m 3. ❏ In den USA werden Wasserrechte teilweise auf dem freien Markt gehandelt. Im Ge- biet um San Francisco werden für die landwirtschaftliche Nutzung Preise von 0.8 $/m3 erzielt.(23) ❏ Verschiedene Beispiele aus dem Ausland zeigen, dass ein erhebliches Einsparpotential besteht:(24) In Waterloo (Ontario, Canada), San Jose (California), Mexiko City und Bo- 19 Es handelt sich hier um Schätzungen, die wir aufgrund des Vortrages zur Änderung des AWD vom Mai 1992 gemacht haben. Die aktuellen Zahlen sind momentan unter Verschluss. 20 Im Rahmen der Erhöhung der Wasserzinsen wurde von verschiedener Seite der Preisüberwacher eingeschaltet. Bei einer nächsten Erhöhung soll im Vorfeld der Preisüberwacher informiert und die Erhöhung begründet werden. 21 vgl. OECD (1987), Pricing of Water Services. 22 vgl. Schalekamp M. (1989), Bau und Betrieb der Wasserversorgung Zürich finanziell gesichert bis zum Jahr 2005. 23 vgl. Wiesch G. (1991), Ein marktwirtschaftlicher Ansatz zur Allokation von Wasserressourcen in den USA, in: Zeitschrift für angewandte Umweltforschung, Jg. 4 (1991), H. 4, S. 358-372. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 17 ston konnten durch Wasserpreiserhöhungen und Aktionsprogrammen zur Begrenzung der Wassermengen in Toilettenspülungen, Duschbrausen, usw. Einsparungen im ProKopf-Verbrauch von 10 bis über 15% erzielt werden. ❏ Im internationalen Vergleich hat die Schweiz relativ günstige Wasserpreise. Die Folge davon: Die Schweiz weist im EU-Vergleich die mit Abstand höchsten Pro-Kopf-Verbräuche auf (ca. 30% bis über 100% mehr als andere EU-Länder). d) Praktikabilität und Vollzugsaufwand Eine Erhöhung der Wasserzinsen ist mit keinem nennenswerten Mehraufwand verbunden (Anpassungen im bestehenden Vollzug). e) Rechtliche Anforderungen Die rechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung eines Wasserzinses sind vorhanden (Wassernutzungsgesetz). Eine Erhöhung der Wasserzinsen mit Einbezug ins System MUEK bedingt somit eine Anpassung bezüglich Höhe des Wasserzinses und der Mittelverwendung. Die Erhöhung des Wasserzinses ist mit dem Bundesrecht und dem internationalen Recht vereinbar. Mit dem ausschliesslichen Recht des Bundes, eine Mehrwert- resp. Umsatzsteuer oder gleichgeartete Steuern zu erheben, kollidiert der Wassernzins nicht, da er aufgrund seiner Bemessungsgrundlage (Wassermenge bzw. konzidierte Wasserentnahme, nicht Umsatz) und auch ihres Ziels nicht als "gleichgeartet wie die Mehrwert- resp. Umsatzsteuer " bezeichnet werden kann. (25) Ausführungen der Rechtsabteilung der Volkswirtschaftsdirektion: Für die Ausübung des Gebrauchswasserrechts an öffentlichen Gewässern ist ein jährlicher Wasserzins zu entrichten. Aus den Konzessionsabgaben für die Trinkwasserversorgung wird der Wasserfonds gespiesen. Die Wasserversorgung ist Aufgabe der Gemeinden (oder Gemeindeverbände). Hiefür werden neben einmaligen Anschlussauch jährliche Benützungsgebühren erhoben. Eine Erhöhung der Konzessionsabgaben (Wasserzins) mit Lockerung der Zweckbindung wäre m.E. möglich. (Hier entfällt der Weg über einen Zuschlag auf den Gemeindegebühren). f) Auswirkungen auf Unternehmungen und Haushalte (erste Hinweise) Die reinen Betriebskosten der Wasserversorgung betragen im schweizerischen Mittel 74 Rp./m3.(26) Die heutigen Wassergebühren (inkl. Amortisation und Zins) betragen 0.5 bis 2.0 Fr./m3, dazu kommt in den meisten Fällen eine fixe Grundgebühr. Die Abgabe führt zu einer Erhöhung dieser Wassergebühren. Tabelle A-5(27) zeigt, dass die maximale Belastung (für Fonds und MUEK) bei knapp 13 Rp./m3 (Variante B) liegt. Der "MUEK-Zuschlag" beträgt für Variante B 8 Rp./m3. 24 Vgl. Postel S. (1993), Water Tight, in: World Watch, Jan/Feb 1993, S. 19-25. 25 Siehe zum Begriff "gleichgeartet" auch Leimbacher J. (1992), Gutachten Energieabgabe. 26 SVGW (1991), Statistische Erhebungen der Wasserversorgungen in der Schweiz, S. 15. ECOPLAN A - 18 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben Tabelle A-5: Abgabebelastung bei den Varianten A und B (in Rp./m3) Durchschn. Erhöhung der heute Wassergebühren in Rp./m3 - Trinkwasser 5 Variante A Variante B Zuschlag total Zuschlag total 3 8 8 13 Bei den Haushalten führt die Erhöhung der Wassergebühren zu einer Belastung von 5 Fr./Jahr und Person (Variante A "Fonds + MUEK") resp. gegen 9 Fr./Jahr und Person (Variante B "Fonds + MUEK"). Für die weitaus meisten Betriebe ist eine Erhöhung der Wasserzinsen in den diskutierten Varianten A oder B praktisch bedeutungslos. Nur gerade in speziell "wasserintensiven" Betrieben (z.B. Papierfabriken) führt die Erhöhung der Wasserzinsen zu einer spürbaren Mehrbelastung. In jedem Falle ist die Problematik der Kumulation mit der Abwasserabgabe zu beachten. g) Umweltaspekte: Handlungsbedarf, Koordination, Wirkung Gefahr droht unserem Grundwasseraufkommen primär durch die zunehmend schwieriger werdende Neubildung (Bodenversiegelung), durch die Belastung mit verschiedenen Schadstoffen aber auch durch den sehr hohen Wasserverbrauch. Beim letzteren kann die Erhöhung des Wasserzinses zumindest ein klares Zeichen setzen. Eine Reduktion des Wasserverbrauchs ist auch im Hinblick auf den Vergleich mit den EU-Ländern angezeigt ganz abgesehen davon, dass eine glaubwürdige Umweltpolitik im internationalen Kontext die Wasserressourcen-Bewirtschaftung (auch wenn diese in der Schweiz zumindest quantitätsmässig nicht problematisch ist) miteinbeziehen muss. Ein geringerer Wasserverbrauch kann unter Umständen auch die Kosten für die Wasserbereitstellung positiv beeinflussen: – Je weniger Wasser verbraucht wird, desto kleiner die Pumpenergie. – "Jeder zusätzliche Liter pro Kopf und Tag, den wir der Dimensionierung zugrunde legen, erhöht den Wasserpreis um 0.1 bis 0.3 Rappen pro m 3."(28) Zum letzten Punkt muss allerdings angemerkt werden, dass in erster Linie die Verbrauchsspitzen gesenkt werden müssen, um Investitionskosten einzusparen. Die primäre "preisliche" Massnahme, welche die Verbrauchsspitzen beeinflussen kann ist eine entsprechende Ausgestaltung des Wassertarifs (vgl. "progressiver Wassertarif" in der Wasserversorgung Zürich). Die Erhöhung der Wasserzinsen wird zumindest dazu führen, dass die Handlungsmöglichkeiten für eine "verbrauchsspitzensenkende" Ausgestaltung des Wassertarifs erweitert werden. Kurzfristig wird die Erhöhung der Wasserzinsen zu keinen wesentlichen Verbrauchsreduktionen führen. Insbesondere wird die Erhöhung der Abwassergebühren, die zumin- 27 Es handelt sich hier um grobe Schätzungen. 28 Vgl. Berdat F. (1993), Die Wasserversorgung der Zukunft - gemeinsam oder allein?, in: gwa 12/93. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 19 dest im Haushalt- und Kleingewerbebereich über den Trinkwasserkonsum verrechnet werden, eine höhere Wirkung erzielen, als die Erhöhung der Wasserzinsen. Längerfristig kann aber mit einem - wenn auch eher bescheidenen - Effekt gerechnet werden. Nicht zu unterschätzen ist der positive psychologische Effekt, der auch dazu führen kann, dass die Sensibilisierung für andere Umweltbereiche erleichtert wird. h) Schlussfolgerung und Empfehlung Eine Erhöhung der Wasserabgabe ist aus Vollzugsoptik problemlos umsetzbar. Bei einer Einbindung ins System MUEK würde nur noch ein Teil der Erträge (z.B. im Umfang der heutigen Einnahmen) in die Staatskasse bzw. in den Wasserfonds fliessen, der zusätzliche Ertrag würde für das System MUEK zur Verfügung stehen. Somit eignet sich die Wasserabgabe sehr gut für eine Integration in das System MUEK. Bei den zuständigen Stellen des Kantons wird allerdings der ökologische Handlungsbedarf als nicht sehr hoch eingestuft: "Aus der Sicht der sparsamen Ressourcenbewirtschaftung besteht kein zwingender Anlass zum Sparen"(29). 29 Vgl. Berdat F. (1993), Die Wasserversorgung der Zukunft - gemeinsam oder allein?, in: gwa 12/93. ECOPLAN A - 20 A4 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben Kiesabgabe a) Beschreibung und Ausgestaltungsmöglichkeiten (30) Der Kanton Bern ist in der Kiesversorgung weitgehend autark. Er weist einen Produktionsüberschuss von 0.35 Mio. m3 pro Jahr aus. Rund 0.5 Mio. m3 werden pro Jahr in die benachbarten Kantone exportiert (insbesondere aus dem Oberaargau in Richtung Kanton Solothurn). Die geologischen Reserven werden auf 600 Mio. m3 geschätzt. Planungsrechtlich gesichert ist der zukünftige Abbau von ca. 30 Mio. m3, was ungefähr bis Ende 90er Jahre ausreicht. Im Rahmen der laufenden Sachplanung "Abbau, Deponie, Transporte" (ADT, ausgelöst durch die Motion Widmer) soll ausgehend von ökologischen Kriterien die richtplanerische Sicherung der Kiesreserven für die nächsten rund 40 Jahre erfolgen. Um die denkbaren Formen einer Kiesabgabe herleiten und die möglichen Auswirkungen einer solchen Abgabe abschätzen zu können, ist vorgängig eine Grobanalyse des Kiesmarktes notwendig.(31) Kiesmarkt: Das Angebot Bei der Produktion von Kies- und Kiesersatzprodukten können drei Hauptfunktionen unterschieden werden: ❏ Grubenbetrieb: – Die Kiesgrubenbetreiber haben den Kiesmarkt in Regionalkartelle aufgeteilt. Innerhalb einer Versorgerregion sind die Kiespreise weitgehend abgesprochen. Die rund 200 Kiesabbaustellen im Kanton Bern sind im wesentlichen in drei Besitzergruppen sowie einzelnen Familienunternehmen aufgeteilt.(32) Zwischen den einzelnen Besitzergruppen herrscht zwar ein (Verdrängungs-)Wettbewerb. Dieser hat aber kaum zur Folge, dass die offiziellen Preisabsprachen innerhalb einer Versorgerregion aufgebrochen werden. Allerdings entsprechen die offiziellen Preislisten häufig nicht den tatsächlich verlangten Preisen. In welchem Ausmass via Rabatte (insbesondere an Grossabnehmer) dennoch die interregionale Konkurrenz spielt, müsste vertieft untersucht werden. – 1990 wurden im Kanton Bern 4.83 Mio. m3 Baurohstoffe produziert (Kies 3.89 Mio. m3, 0.48 Mio. m3 Felsabbau, 0.46 Mio. m3 Recycling). Der damit erzielte Umsatz 30 Die folgenden Ausführungen basieren auf Gesprächen mit M. Hostettler (Projektingenieur Sachplan ADT), R. Walti (GSA) und J. Wetzel (AGR) sowie Herrn Dr. Teutsch (Schweiz. Fachverband für Sand und Kies). Wichtigste Literaturquellen sind: Binswanger H.C. und Siegenthaler C. (1993), Lenkung des kantonalen Kies- (und Kiesersatz-)Abbaus durch planerische Massnahmen oder Abgaben aus der Sicht einer ökologisch-ökonomischen Gesamtbilanz sowie Colombi Schmutz Dorthe AG (1991), Abbau- und Deponieplanung Kanton Bern: Situationsanalyse und weiteres Vorgehen - Zusammenfassung. 31 Allerdings kann die im Rahmen dieses Projekts vorgeschlagene Kiesabgabe nur auf einer rudimentären Analyse des bernischen Kiesmarkts beruhen. Es ist daher klar, dass im Anschluss an die Machbarkeitsstudie ein Vertiefungsbedarf bezüglich der konkreten Ausgestaltung einer Kiesabgabe besteht. 32 Eine sehr grobe Schätzung der Anteile einzelner Gruppen ergibt folgendes Bild: Vigier SA (ca. 50%), Jura Zementfabriken (ca. 20%), Holderbank (ca. 10%), Familien- und Einzelunternehmen, welche sich insbesondere in der Kies AG Aaretal organisiert haben (ca. 20%). ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 21 kann auf rund 200 Mio. Fr. geschätzt werden (ohne Erträge für Transporte und die Verarbeitung zu höherwertigen Fertigprodukten), was einem Durchschnittspreis von gut 40 Fr. pro m3 entspricht. – Der Betrieb von Kiesgruben ist sehr kapitalintensiv und zeichnet sich durch einen hohen Anteil der fixen Kosten aus (im Durchschnitt schätzungsweise rund 40% aller Kosten). Kieswerke mit einem hohen Materialdurchsatz können erheblich kostengünstiger produzieren, da sie eine hohe Auslastung der Aufbereitungsanlagen aufweisen. Ebenso sinken die Kosten pro m3 erheblich mit der Mächtigkeit des Vorkommens. Dieses wird wesentlich durch die mögliche Abbautiefe bestimmt. Die durchschnittlichen Selbstkosten pro m3 Wandkies können auf ca. 20 Fr. geschätzt werden.(33) – Im Kanton Bern waren in der Branche "Abbau von Kies, Sand und sonstigen Erden" im Jahr 1990 rund 550 Personen beschäftigt. Der Hauptteil davon fällt auf Kiesgruben. In der Gewinnung von Felsmaterial waren knapp 100 Personen beschäftigt. ❏ Grundbesitzer: Die Grundbesitzer verlangen für die Ausbeutung der Kiesgruben einen Pachtzins sowie eine Entschädigung für den Ertragsausfall (Landwirtschaft) oder entsprechenden Realersatz. Der Pachtzins bemisst sich meist pro m3 Kies und schwankt je nach Kiesgrube erheblich.(34) Im Durchschnitt schätzen wir den Pachtpreis auf 5 bis 6 Fr. pro m3 Kies (Bandbreite zwischen 2 bis 10 Fr. pro m3). Wichtigste Typen von Grundbesitzern sind Burgergemeinden und Landwirte. ❏ Kiestransport: Der Transportkostenanteil am Endabnehmerpreis ist bei Kiesprodukten überdurchschnittlich hoch. Dies ist denn auch der Hauptgrund für die Bildung regionaler Kartelle. Bei einer Transportdistanz von 10 km kann beispielsweise der Transportkostenanteil bei Wandkies auf 30 - 50% des Endabnehmerpreises geschätzt werden, bei aufbereitetem Betonkies beträgt dieser Anteil ca. 20 - 40%. Kiesmarkt: Die Nachfrage ❏ Experten schätzen den zukünftigen Bedarf an Kies, Kiesersatzmaterial und Recycling- Produkte auf gegen 5 m3 pro Kopf und Jahr. Es wird daher im Kanton Bern weiterhin mit einer jährlich nachgefragten Menge von gegen 5 Mio. m3 pro Jahr gerechnet. Davon deckt der Kiesabbau rund 80%, sofern Recycling- und Kiesersatzprodukte nicht mehr Marktanteile gewinnen. ❏ Im schweizerischen Durchschnitt fallen nach Angaben des schweizerischen Fachver- bands für Sand und Kies (FSK) rund 40% des Kiesverbrauchs auf die öffentliche Hand, davon ein Grossteil im Tiefbau. Der Wohnungsbau beansprucht 35%, Industrie- und Gewerbebauten 25%. Im Kanton Bern ist gemäss Auskunft von Experten der Anteil der öffentlichen Hand eher höher und dürfte sogar leicht über 50% betragen. ❏ Auch auf der Nachfragerseite ist somit einiges an Marktmacht in wenigen Händen konzentriert. Dies gilt insbesondere für die öffentliche Hand, welche durch ihr Nach- 33 Binswanger H.C. und Siegenthaler C. (1993), Lenkung des kantonalen Kies- (und Kiesersatz-)Abbaus durch planerische Massnahmen oder Abgaben aus der Sicht einer ökologisch-ökonomischen Gesamtbilanz, S. 52, schätzen durchschnittliche Selbstkosten von 17.35 Fr. pro m3 Wandkies. 34 Der Wettbewerb zwischen den erwähnten Besitzergruppen äussert sich teilweise in überhöhten Pachtpreisen für den Landbesitzer von Kiesgruben. ECOPLAN A - 22 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben frageverhalten grossen Einfluss auf den Kiesmarkt ausüben könnte. Die Nachfrage nach Recycling- und Kiesersatzprodukten kann beispielsweise wesentlich durch die öffentliche Hand (inbesondere den Tiefbau) beeinflusst werden. Ausgestaltung der Kiesabgabe Die Kiesabgabe kann entweder auf dem Einsatz von Kies und Kiesersatzmaterial (also beim Endabnehmer) oder auf dem Abbau erhoben werden. Beide Formen haben unterschiedliche Vor- und Nachteile. Eine Abgabe auf dem Einsatz von Kies und Kiesersatzmaterial hat den Vorteil, dass damit unabhängig von der Produktionsstätte der gesamte Verbrauch im Kanton Bern erfasst würde. Entsprechend würde kein Ausweicheffekt auf Kiesimporte eintreten. Hingegen dürfte der Vollzug sehr aufwendig sein, weil sämtliche Endabnehmer ihren Kiesverbrauch deklarieren müssten. Aus diesem Grund wird an dieser Stelle eine Kiesabgabe auf dem Abbau vorgeschlagen. Dies ist insbesondere rechtlich (wie später noch zu diskutieren sein wird) grundsätzlich möglich, indem der Kies dem Bergregal unterstellt wird. Dadurch würde dem Kanton das Hoheitsrecht zur Ausbeutung der Kiesvorkommen übertragen. Wer Kies fördern will, muss dafür beim Kanton neu eine Konzession einholen, welche an eine (wenn möglich qualitätsdifferenzierte) Abgabe pro geförderte Menge in m3 gebunden wird. Grundsätzlich hätte dies auch zur Folge, dass die Entschädigungen an die Grundbesitzer wegfallen würden. Jedoch kann natürlich der Kanton von sich aus eine solche (Norm-)Entschädigung vorsehen. Wir beschränken uns im folgenden auf die durchschnittlichen Abgabenhöhen. Es werden zwei Abgabensätze zur Diskussion gestellt: ❏ Variante A: 6 Fr. pro m3 ❏ Variante B: 15 Fr. pro m3 Wenn Variante B angestrebt würde, wäre die Abgabe gestaffelt einzuführen, müsste also ausgehend von Variante A schrittweise erhöht werden. Differenzierungsmöglichkeiten: ❏ Die Abgabensätze sollten nach dem Marktwert des geförderten Kieses bzw. der Kie- sersatzmaterialien differenziert werden. Auch aus ökologischen Gründen ist insbesondere eine Differenzierung zwischen Kies und Fels gerechtfertigt. ❏ Sofern mit der vorgeschlagenen Abgabe auch das Ziel eines möglichst geringen Flä- chenverbrauchs verfolgt werden soll, müsste die Abgabe nicht nur aufgrund der geförderten Menge berechnet werden. Zusätzlich wäre eine Flächenkomponente einzuführen. Damit würde ein Anreiz zu Gunsten des Abbaus der mächtigen Kiesvorkommen gesetzt. Im untenstehenden Beispiel würde sich bei Kiesgruben mit einer Abbautiefe von 20 m gegenüber der nur auf die Menge bezogenen Abgabe nichts verändern. Kiesgruben mit geringeren Abbautiefen würden dagegen zusätzlich belastet, solche mit grösseren Abbautiefen entlastet. – Variante A: 60 Fr. pro m2 Abbaufläche + 3 Fr. pro m 3 – Variante B: 150 Fr. pro m2 Abbaufläche + 7.5 Fr. pro m 3 ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 23 b) Mögliche Einnahmen Bei einer geschätzten durchschnittlichen Fördermenge von 4 Mio. m3 Kies und 0.5 Mio. m3 Kiesersatzmaterialien pro Jahr ergeben sich zusätzliche Einnahmen von 27 Mio. Fr. (Variante A) bis 67.5 Mio. Fr. (Variante B) pro Jahr. Diese Schätzung ist als Obergrenze zu verstehen und würde dann zutreffen, wenn keine abgabenbedingte Abnahme der geförderten Kiesmenge auftritt. Das Marktpotential von Recycling-Produkten liegt zwischen 15 und 20%. Heute beträgt der Marktanteil von Recycling-Produkten rund 10%. Im Hochbau besteht ein Substitutionspotential im Sinne eines vermehrten Einsatzes von anderen Baugrundstoffen wie Holz, Ziegel, Stahl oder Glas. Insgesamt schätzen wir, dass der Verbrauch von Kies- und Kiesersatzprodukten bei Variante B um rund 15% abnehmen würde. Die längerfristig zu erwartenden Einnahmen aus der Kiesabgabe betragen somit zwischen 27 Mio. Fr. (Variante A) bis 57 Mio. Fr. (Variante B) pro Jahr. c) Bestehende Erfahrungen ❏ Am 16. September 1993 wurde vom bernischen Grossen Rat ein erster Vorschlag für die Einführung einer Kiesabgabe knapp abgelehnt. Dieser sah ebenfalls vor, den Kiesabbau dem Bergregal zu unterstellen und für den Kiesabbau eine Konzessionspflicht einzuführen. Die Kieskonzession wäre an eine Abgabe von 6 Fr. pro m3 gebunden worden. ❏ In anderen Kantonen bestehen gemäss Auskunft diverser Experten keine Kiesabga- ben, entsprechende Diskussionen sind aber im Gang. ❏ Auch im angrenzenden Ausland sind keine Kiesabgaben bekannt. Es ist aber darauf hinzuweisen werden, dass die Kosten der Kiesgewinnung aus verschiedenen Gründen(35) im angrenzenden Ausland (Elsass, Süddeutschland) unter denjenigen in der Schweiz liegen. ❏ In Dänemark wird auf dem Abbau und Export von Sand und Kies eine Abgabe von ca. 1.2 Fr. pro Tonne verlangt.(36) Aufgrund dieser niedrigen Abgabenhöhe dürfte sich kaum ein Lenkungseffekt in Richtung einer Mehrverwendung von Recycling-Produkten oder anderen Baurohstoffen ergeben d) Praktikabilität und Vollzugsaufwand ❏ Da die Anzahl Marktteilnehmer beschränkt ist (rund 200 Kiesgruben im Kanton Bern) und das Abgabesubjekt klar definiert ist (abgebaute Menge in m3), ist die Einführung einer Abgabe auf dem Abbau von Kies und Kiesersatzmaterialien mit keinen grundlegenden Vollzugsproblemen verbunden. Vielmehr ist damit zu rechnen, dass die Abgabe nur einen sehr geringen Vollzugsaufwand auslösen würde. ❏ Jede Abbaustelle benötigt eine mengenmässige Abbaubewilligung. Die Abbaukon- zession würde einerseits die bewilligten Abbaumengen enthalten, andererseits liesse sich die daraus ergebende Kiesabgabe berechnen. 35 Der wichtigste Grund liegt darin, dass im Ausland tiefere Kiesgruben zulässig sind, was zu einer produktiveren Ausschöpfung der Kiesvorkommen führt. 36 Vgl. ECOPLAN (1993), Umweltabgaben in Europa, S. A8-1. ECOPLAN A - 24 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben ❏ Das Hauptproblem stellt die Entschädigung der Grundeigentümer dar: Das Interes- se der Grundeigentümer, dass auf ihrem Boden Kies abgebaut wird, liegt in den Pachtzinsen. Dieser Anspruch erlischt, wenn der Kiesabbau dem Bergregal unterstellt wird, wobei der Anspruch auf Entschädigungen für Ertragsausfall und/oder Realersatz natürlich weiterhin bestehen bleibt. Die Frage ist, wie für den Grundbesitzer ein genügender Anreiz geschafft werden kann, damit er seinen Boden für den Kiesabbau zur Verfügung stellt (soweit dieser Boden zu den planungsrechtlich definierten Abbauzonen gehört). Rechtlich denkbar wäre das Mittel der Enteignung mit den damit verbundenen Entschädigungen. Aus Akzeptanzgründen schlagen wir dieses Vorgehen aber nicht vor. Sinnvoller scheint es, wenn der Kanton einen entsprechenden monetären Anreiz vorsieht im Sinne einer vorgegebenen Entschädigung. Eine solche Entschädigung könnte sich auf die abgebaute Menge (z.B. 1 bis 2 Fr. pro m3) oder einmalig auf die zur Verfügung gestellte Fläche beziehen. Je nach vorgesehener Entschädigung würde sich die für die Einnahmenverwendung zur Verfügung stehende Summe um ca. 3 - 6 Mio. Fr. vermindern. ❏ Jährlich werden rund 250'000 m3 Kies direkt beim Aushub an Baustellen gewonnen, was rund 5% der Gesamtproduktion entspricht. Soweit dieses Kies nicht direkt an der Baustelle wiederverwendet wird, wäre es auch der Kiesabgabe zu unterstellen. Vollzugstechnisch wäre dieser Aushubkies mit Selbstdeklarationen zu erfassen, welche beispielsweise dem Baugesuch beizulegen wären. ❏ Die Einführung einer Abgabe auf dem Abbau von Kies und Kiesersatzmaterialien ist mit der im Kanton Bern zur Zeit laufenden Erarbeitung des Sachplanung "Abbau, Deponie, Transporte" zu koordinieren. e) Rechtliche Anforderungen In einem Gutachten (Gutachten Leimbacher) zuhanden der damaligen Direktion für Verkehr, Energie und Wasser des Kantons Bern wird nachgewiesen, dass der Kanton grundsätzlich das Recht hat, den Abbau von Kies und Kiesersatzmaterialien dem Bergregal zu unterstellen.(37) Die wesentlichen Erkenntnisse des Gutachtens Leimbacher lassen sich wie folgt zusammenfassen: ❏ Der Begriff des Bergregals wird in Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BV zur bundesrechtlichen Norm, wobei dieses bundesrechtliche Bergregal den Rahmen für die kantonalen Bergregale bildet. ❏ Innerhalb des vom bundesrechtlichen Bergregal vorgegebenen Rahmens dürfen die Kantone frei bestimmen, welche Bodenbestandteile sie ihrem kantonalen Regal unterstellen wollen. Kies wird vom bundesrechtlichen Bergregal erfasst. Die Kantone dürfen daher Kies ihrem Regal unterstellen. ❏ Da das bundesrechtliche Bergregal grundsätzlich jeden Bodenbestandteil umfasst, dürfen Kantone jeden Bodenbestandteil ihrem Bergregal unterstellen. ❏ Die praktische "Ausdehnung" des kantonalen Bergregales auf Kies ist mit der Eigen- tumsgarantie bzw. dem Bundeszivilrecht vereinbar. 37 Vgl. Leimbacher J. (1991), Kiesabbau und Bergregal - Rechtsgutachten. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 25 ❏ Es empfiehlt sich, eine explizite gesetzliche Grundlage für die kantonale Ausdehnung des Bergregals auf Kies zu schaffen. Die gesetzliche Grundlage wäre durch eine Revision des kantonalen Bergwerksgesetzes zu schaffen. Eine rechtliche Spezialfrage stellt die Behandlung von Aushubkies dar. Ob dieses auch dem Bergregal unterstellt werden kann, muss bezweifelt werden. Für die Erhebung einer Abgabe auf Aushubkies müsste deshalb wahrscheinlich eine spezielle Rechtsgrundlage geschaffen werden. Offen ist, ob dies überhaupt möglich wäre (Kollision mit der Eigentumsfreiheit). Ausführungen der Rechtsabteilung der Volkswirtschaftsdirektion: Art. 31 Abs. 2 BV enthält einen generellen Vorbehalt der kantonalen Regalrechte. Diese unterstehen nicht der Handels- und Gewerbefreiheit und dürfen auch zu rein fiskalischen Zwecken genutzt werden. Bundesrechtlich darf Kies dem Regal unterstellt werden. Art. 52 Abs. 1 der neuen Kantonsverfassung zählt nur die "historischen" Regalrechte des Kantons auf, darunter das Bergregal, welches die Ausbeutung mineralischer Stoffe zum Gegenstand hat. Die Gesetzgebung hat den Gegenstand und den Umfang der Regalrechte näher zu umschreiben. Gemäss heutiger Gesetzgebung sind die Ausbeutung von Erzen, Kohle, Erdöl und Erdgas konzessionspflichtig, andere mineralische Rohstoffe unterstehen nicht dem Regal. Keinen Entscheid fällte der Verfassungsgeber in der Frage, ob auch die Kiesausbeutung dem Bergregal zu unterstellen sei, was gemäss geltendem Recht nicht der Fall ist. Zum Teil wurde die Auffassung vertreten, der Kiesabbau unterstehe auch ohne ausdrückliche Erwähnung dem Bergregal, zum Teil wurde das Bedürfnis nach einem kantonalen Kiesregal verneint. Die verfassungsrechtliche Lage ist deshalb etwas unklar. Zumindest aber müsste für die Einführung einer Kiesabgabe eine formelle gesetzliche Grundlage (im Bergwerkgesetz) geschaffen werden. f) Auswirkungen auf Unternehmen und Haushalte (erste Hinweise) Folgende Aspekte müssten vor einer Einführung einer Kiesabgabe noch vertieft untersucht werden: ❏ In welchem Umfang erfahren die im Kanton Bern ansässigen Kiesabbauunternehmen im Vergleich zu den Unternehmen angrenzender Kantone einen Wettbewerbsnachteil? Erste Hinweise: – Die in Variante A vorgeschlagene Abgabenhöhe führt (wenn überhaupt) zu einer sehr beschränkten Erhöhung der Endabnehmerpreise für Kiesprodukte, da - im Durchschnitt - die verlangte Abgabe den heutigen Pachtzinsen für Grundeigentümer entspricht. Es ist daher nicht mit einem interkantonalen Wettbewerbsnachteil zu rechnen. – Variante B hat dagegen eine Erhöhung der Kiespreise kantonaler Kiesproduzenten von ca. 30% zur Folge. Dies würde den bestehenden Distanzschutz vermindern (herrührend vom hohen Transportkostenanteil am Endabnehmerpreis). Betroffen wären vorwiegend Kiesproduzenten an den Kantonsgrenzen. Zu erwähnen ist insbesondere die Kantonsgrenze zu Freiburg nördlich von Bern sowie der Oberaargau. ECOPLAN A - 26 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben ❏ Welche Substitutionseffekte könnten konkret in welchem Ausmass eintreten? Erste Hinweise: – Besonders in Variante B ist mit einem Mehrverbrauch von recycliertem Bauschutt zu rechnen. Allerdings ist das Potential beschränkt und wird (z.B. im Rahmen der bernischen Sachplanung "Abbau, Deponie, Transporte") auf ca. 20% des Gesamtverbrauchs geschätzt. – Eine Verteuerung des Kieses kann aber auch zu einer Verlagerung der Nachfrage auf nicht kiesintensive Bauformen bzw. Baugrundstoffe (Holz, Ziegel, Stahl, Glas) führen. ❏ Wie werden die Baukosten beeinflusst? Ist eine Rückkoppelung auf die Haushalte im Sinne langfristig höherer Mietpreise zu erwarten? Erste Hinweise: – Variante A führt kaum zu einer spürbaren Veränderung der Baukosten – Für Variante B wäre dagegen vertieft abzuklären, in welchem Ausmass die Baukosten beeinflusst werden. Folgendes grobes Beispiel soll eine erste Grössenordnung aufzeigen. - Anteil Kieskosten an den durchschnittlichen Materialkosten: 10 - 20% - Anteil der Materialkosten an Gesamtbaukosten: 30% Wenn unter diesen Annahmen der Kiespreis um 30% steigen würde (was etwa der Variante B entspricht), steigen die gesamten Baukosten um knapp 1% bis 2%. ❏ Ergeben sich Auswirkungen auf die zum Abbau verfügbaren Reserven? Erste Hinwei- se: Die Einnahmen der Grundeigentümer aus dem Kiesabbau würden mit der vorgeschlagenen Lösung stark reduziert. Sie sind aber immer noch erheblich, sofern die vorgeschlagene Normentschädigung eingeführt würde. Es erscheint deshalb plausibel, dass die Grundeigentümer immer noch einen genügenden Anreiz haben, ihr Land für den Kiesabbau zur Verfügung zu stellen. g) Umweltaspekte: Handlungsbedarf, Koordination, Wirkung Der Abbau von Kies ist sehr flächenintensiv, kann die hydrologischen Verhältnisse beeinträchtigen (Gefährdung des Grundwassers) und verändert das Bodengefüge (meist) hochwertiger Böden. Der Abbau von Kies und insbesondere von Kiesersatzmaterialien (Steinbrüche) kann auch zu einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes führen. Entsprechend sind planungsrechtliche Vorgaben für einen möglichst umweltgerechten Kiesabbau notwendig. Die Kiesabgabe gemäss Variante A würde diesbezüglich kaum eine Veränderung bewirken, da die Preise nicht wesentlich verändert werden. Variante B hingegen fördert die Reziklierung von Bauschutt und reduziert den kantonalen Kiesabbau und hat entsprechend positive ökologische Auswirkungen. Ebenfalls mit dem Kiesabbau verbunden sind erhebliche punktuelle Belastungen durch die Schwerverkehrstransporte (Lärm, Luftverschmutzung). Die Minimierung der Transporte - wie in der kantonalen Sachplanung "Abbau, Deponie, Transporte" vorgesehen - ist deshalb ein wichtiges Anliegen. Die Kiesabgabe sollte deshalb nicht dazu führen, dass aufgrund vermehrter Kiesimporte zusätzliches Transportaufkommen geschaffen wird, was bei Variante B der Fall sein könnte. Entsprechend besteht bei einer allfälligen Einführung einer Kiesabgabe ein Koordinationsbedarf mit den angrenzenden Kantonen. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 27 Kies ist eine nicht erneuerbare Ressource, deren Knappheit in Zukunft zunehmen wird. Wohl besitzt der Kanton Bern geologische Reserven von rund 600 Mio. m3. Ein grosser Teil dieser Reserven ist aber aufgrund anderweitiger Bodennutzungen kaum mehr abbaubar. Die in der kantonalen Sachplanung "Abbau, Deponie, Transporte" vorgesehene planungsrechtliche Sicherung der Kiesreserven ist deshalb ein wichtiges Anliegen. Ebenso zentral ist der sparsame Umgang mit dieser knappen Ressource. Dazu würde insbesondere eine Kiesabgabe gemäss Variante B beitragen. In jedem Fall müsste die Einführung einer Kiesabgabe mit der kantonalen Sachplanung "Abbau, Deponie, Transporte" koordiniert werden. h) Schlussfolgerung und Empfehlung Grundsätzlich ist die Einführung einer Abgabe auf dem Abbau von Kies und Kiesersatzmaterialien praktikabel. Notwendig ist die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage. Im kantonalen Bergwerksgesetz ist der Kiesabbau explizit dem Bergregal zu unterstellen. Wir empfehlen daher die Kiesabgabe als Element von MUEK aufzunehmen. Dabei schlagen wir zwei verschiedene denkbare Abgabenvarianten vor: ❏ In Variante A beträgt die durchschnittliche Abgabe 6 Fr. pro m3. Eine solche Abgabe führt kaum zu einer Veränderung der heutigen Endabnehmerpreise für Kies, da sie den bisherigen, nun wegfallenden Pachtzinsen an Grundeigentümer entspricht. ❏ In Variante B beträgt die durchschnittliche Abgabe 15 Fr. pro m3, was eine Verteue- rung von Kies um durchschnittlich ca. 30% zur Folge hätte. Entsprechende Auswirkungen auf die interkantonalen Wettbewerbsverhältnisse müssten noch vertieft abgeklärt werden, bevor eine Realisierung dieser Variante einer Kiesabgabe in die Wege geleitet wird. Dies gilt ebenfalls für die Frage, in welchem Ausmass durch eine Abgabe gemäss Variante B zusätzliche Transportströme ausgelöst würden. Denkbar wäre, mit einer Abgabenhöhe gemäss Variante A zu beginnen und anschliessend sukzessive die Abgabe in Richtung Variante B zu erhöhen. Das Ausmass dieser Erhöhungen würde wesentlich durch deren Wirtschafts- und Sozialverträglichkeit bestimmt. Die vorgeschlagene Abgabe verspricht einen Ertrag von mindestens 25 Mio. Fr. pro Jahr (unter Berücksichtigung einer Normentschädigung an die Grundeigentümer). Mit der Einführung des Bergregals auf dem Kiesabbau und einer entsprechenden Kiesabgabe fällt das bisher bei den Grundeigentümern liegende Recht auf einen Pachtzins an den Kanton. Um dennoch genügend Anreize zu schaffen, damit die Grundeigentümer ihr Land für den Kiesabbau zur Verfügung stellen, könnte eine Normentschädigung der Grundeigentümer vorgesehen werden. Wie hoch diese sein sollte und wie sie rechtlich zu verankern wäre, müsste vertieft abgeklärt werden. ECOPLAN A - 28 A5 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben Bodenversiegelungsabgabe a) Beschreibung und Ausgestaltungsmöglichkeiten Ausgangslage Jährlich wird in der Schweiz Kulturland in der Grösse des Brienzersees überbaut oder versiegelt. Im Kanton Bern allein geht alle acht Jahre landwirtschaftliches Kulturland im Umfang der Fläche des Thunersees verloren.(38) Das sind über 15'000 m2 pro Tag. Davon fallen rund 12'000 m2 auf den Siedlungsbau. Unversiegelter, landwirtschaftlich nutzbarer Boden wird zunehmend zu einer knappen Ressource. Die Versiegelung bisher unbebauter Flächen verursacht direkte Kosten in den Bereichen Abwasser, Kanalisation, Hochwasserschutz und Trinkwassergewinnung. Indirekt entstehen Kosten durch die Landschaftszerstörung sowie durch den Verlust von natürlichen Ausgleichsflächen und Biotopen. Es ist deshalb weitgehend unbestritten, dass ein starkes öffentliches Interesse an der Erhaltung bestehenden Naturlandes besteht. Dieses Interesse wurde bisher weitgehend durch das ordnungspolitische Instrumentarium der Raumplanung wahrgenommen. Bei der Bodennutzung besteht eine starke Nutzungskonkurrenz. Auch für die Wirtschaft und zum Wohnen sollte genügend Boden zur Verfügung stehen. Die Vermutung liegt nahe, dass eine effiziente Lösung dieser Nutzungskonkurrenz nicht alleine mit Geboten und Verboten im Sinne der heutigen Raumplanung möglich ist. Vielmehr sollte zusätzlich eine Steuerung über den Markt angestrebt werden. Ein möglicher Ansatz hierzu ist die Versiegelungsabgabe. (39) Ausgestaltung Es sind verschiedene Formen einer Bodenversiegelungsabgabe denkbar. Wir schlagen vor, eine kantonale Bodenversiegelungsabgabe auf die Neuversiegelungen zu beschränken und darauf eine einmalige Abgabe zu erheben. Die Abgabe wird sowohl bei privater wie bei öffentlicher Flächennutzung erhoben. Bezüglich der Abgabenhöhe werden zwei Varianten unterschieden: ❏ Variante A: 25 Fr. pro m2 Neuversiegelung ❏ Variante B: 50 Fr. pro m2 Neuversiegelung Folgende Überlegungen sprechen für die obige Ausgestaltung einer kantonalen Versiegelungsabgabe: ❏ Abgabe nur auf Neuversiegelungen? Als Alternative zu obigem Vorschlag könnte auch eine Abgabe auf sämtlichen (auch den bisherigen) versiegelten Flächen vorgese- 38 Raumplanungsamt des Kantons Bern (1990), Der (un)heimliche Umbruch - Entwicklung von Kulturland und Siedlung im Kanton Bern zwischen 1963 und 1988. 39 An dieser Stelle kann aber keine umfassende Diskussion der verschiedenen denkbaren marktwirtschaftlichen Instrumente zur Steuerung der Bodennutzung geführt werden. Vgl. hierzu EJPD (1991), Bausteine zur Bodenrechtspolitik. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 29 hen werden. Eine solche Lösung hätte grosse Vollzugsprobleme zur Folge. Zudem wäre eine anreizgerechte Ausgestaltung relativ schwer zu finden. (40) ❏ Einmalige oder jährliche Abgabe? Anstatt einer einmaligen Abgabe auf Neuversie- gelungen könnte die Abgabe auch als jährlich wiederkehrend Abgabe erhoben werden. Eine solche Ausgestaltung würde aber wesentlich mehr Vollzugsaufwand verursachen und dürfte einen geringeren Lenkungseffekt entfalten. ❏ Abstufung nach Versiegelungsgrad? Grundsätzlich wäre es sinnvoll, die Abgabe auf Neuversiegelungen nach dem Grad der Versiegelung abzustufen. Dazu wären nach ökologischen Kriterien zwei bis drei Versiegelungsstufen zu bilden.(41) Eine solche Differenzierung sollte vorgenommen werden, wenn sie keinen bedeutenden zusätzlichen Vollzugsaufwand verursacht. b) Mögliche Einnahmen Wenn der Landverbrauch des Siedlungs- und Strassenbaus auf demselben Niveau verharrt wie in den letzten Jahrzehnten und und wenn vorsichtig angenommen wird, dass 50% der überbauten Fläche auch versiegelt wird, führen die vorgeschlagenen Abgaben zu jährlichen Einnahmen zwischen 70 Mio. Fr. (Variante A) und 140 Mio. Fr. (Variante B). Obige Schätzung betrachten wir als Obergrenze der möglichen längerfristigen Einnahmen und zwar aus folgenden Gründen: ❏ Die Abgabe setzt einen Anreiz, weniger versiegelungsintensiv zu bauen (beispiels- weise wird durch die Abgabe das verdichtete Bauen gefördert) ❏ Längerfristig ist tendenziell mit einer Abnahme des Verbrauchs an Kulturland zu rech- nen. Neu- bzw. Umbauten auf schon versiegeltem Gebiet werden an Gewicht gewinnen. Solche Bauten sind aber nicht der Versiegelungsabgabe unterstellt, da es sich nicht um Neuversiegelungen handelt. Vorsichtig geschätzt rechnen wir aus obigen Gründen mit Einnahmen in der Grössenordnung zwischen 40 Mio. Fr. (Variante A) und 80 Mio. Fr. (Variante B) pro Jahr. c) Bestehende Erfahrungen ❏ Weder auf kantonaler noch auf nationaler Ebene bestehen Erfahrungen mit einer Ab- gabe auf Neuversiegelungen. ❏ Im neuen Gewässerschutzgesetz wird vorgeschrieben, dass nicht verschmutztes Wasser nach Anordnung der kantonalen Behörde versickern zu lassen ist, sofern dies 40 Die Abgabe müsste unverhältnismässig hoch sein, wenn durch die Abgabe Entsiegelungsmassnahmen ausgelöst werden sollen. Zu überprüfen wären andere mögliche Massnahmen zur Förderung von Entsiegelungen (Aktionsprogramme, evtl. Subventionen). 41 Diese könnten auf den sogenannten Bodenkennwerten (BKW) basieren. Beispielsweise beträgt der BKW von Asphalt- und Betonbelägen 0.0, derjenige von befahrbaren Schotterbelägen auf Kieskoffer, von Rasengittersteinen und grossfugig verlegten Pflästerungen für Parkplätze beträgt dagegen 0.4. Natürlich anstehender Boden hat einen BKW von 1.0. Vgl. Gartenbauamt der Stadt Zürich (1992), Durchgrünte Arbeitswelt, S. 17. Die Versiegelungsabgabe könnte also abgestuft werden, indem die vorgeschlagene Abgabenhöhe mit dem Wert (1-BKW) multipliziert würde. ECOPLAN A - 30 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben die örtlichen Verhältnisse erlauben.(42) Davon ausgehend sehen die neuen VSA/FES Richtlinien zur Finanzierung der Abwasserentsorgung einen Zuschlag auf den Abwassergebühren nach zonengewichteten Grundstücksflächen vor. Wer nachweisen kann, dass auf seinem Grundstück das Wasser direkt versickert, wird von diesem Zuschlag befreit.(43) Längerfristig könnte dadurch ein bescheidener Lenkungseffekt in Richtung Entsiegelung ausgelöst werden. Bis heute bestehen aber keine Erfahrungen mit diesem Modell. ❏ In Deutschland sieht das Bundesnaturschutzgesetz von 1976 eine Naturschutzabgabe vor, wobei deren Einführung den Bundesländern überlassen wurde.(44) Einige Bundesländer haben eine solche Abgabe eingeführt. Baden-Württemberg erhebt beispielsweise zwischen 2 und 10 DM pro m2. Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine Versiegelungsabgabe, sondern um eine Abgabe, welche die Verursacher von genehmigungspflichtigen Landschaftseingriffen bezahlen müssen, wenn sie keine Ausgleichsmassnahmen leisten (können). ❏ Ebenfalls in Deutschland wurde verschiedentlich die Einführung einer Versiegelungs- abgabe vorgeschlagen. Dabei handelt es sich meistens um eine Abgabe auf Neuversiegelungen. Die vorgeschlagenen Abgabenhöhen variieren zwischen 50 und 200 DM pro m2.(45) Diese Vorschläge wurden bisher nicht in die Praxis umgesetzt. d) Praktikabilität und Vollzugsaufwand Der Vollzug der vorgeschlagenen Abgabe auf Neuversiegelungen liesse sich relativ einfach in das bestehende Baubewilligungsverfahren integrieren. Die entsprechenden Unterlagen müssten zusätzlich Angaben über die neuversiegelte Fläche enthalten. Ausgehend von den im Baubewilligungsverfahren gemachten Angaben würde die Abgabe auf dem neuversiegelten Boden berechnet und beim Bauherr in Rechnung gestellt. Der grösste administrative Mehraufwand würde damit bei den Bauherren entstehen. Es ist allerdings zu beachten, dass es für den zuständigen Architekten wenig Zusatzaufwand bedeutet, ausgehend von den bestehenden Plänen die neu versiegelte Bodenfläche zu berechnen. Da Baubewilligungen vorwiegend von Gemeinden erteilt werden, müsste die Abgabe von den Gemeinden erhoben werden und anschliessend an den Kanton überwiesen werden. Dies würde sinnvollerweise zusammen mit der Abrechnung der übrigen Beiträgen (z.B. Erschliessungsabgaben) erfolgen, die bauende Grundeigentümer an die Gemeinde zu entrichten haben. In diesem Fall würde der administrative Zusatzaufwand für die Gemeinden sehr bescheiden bleiben. Die aus der Versiegelungsabgabe eingegangen Erträge wären anschliessend an den Kanton zu überweisen. Auch dieser Arbeitsschritt führt nur zu einem geringfügigen Mehraufwand. 42 Vgl. Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz GSchG) vom 24.1.1991, Art. 7.2. 43 Vgl. VSA/FES (1994), Finanzierung der Abwasserentsorgung, Richtlinie über die Finanzierung auf Gemeinde- und Verbandsebene - Anhang A. 44 Vgl. Benkert W., Bunde J. und Hansjürgens B. (1990), Umweltpolitik mit Öko-Steuern?, S. 194 ff. 45 Vgl. von Weizsäcker E.U. (1989), Erdpolitik, S. 164, Umwelt- und Prognose-Institut Heidelberg UPI (1988), Ökosteuern als marktwirtschaftliches Instrument im Umweltschutz, S. 55, Jüttner H. (1992), Umweltpolitik mit Umweltabgaben - ein Gesamtkonzept, S. 200. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 31 Bei einer differenzierten Abgabe müsste zwischen verschiedenen Versiegelungsgraden unterschieden werden. Wir schätzen, dass auch eine solche Differenzierung wäre ohne erheblichen Aufwand machbar wäre. Notwendig wäre eine zusätzliche, praxisorientierte Richtlinie, welche für die unterschiedlichen Bodenoberflächen und Belagsarten einen Bodenkennwert festlegt. Ausgehend von diesen Bodenkennwerten liesse sich die Abgabe anschliessend berechnen (vgl. dazu die Ausführungen unter Punkt a). e) Rechtliche Anforderungen Ausführungen der Rechtsabteilung der Volkswirtschaftsdirektion: a) Grundsätzliches Die Bodenversiegelungsabgabe soll als (marktwirtschaftliches) Umweltinstrument konzipiert werden und bezweckt nicht primär die Einnahmenbeschaffung (es soll eine einnahmenseitige Kompensation erfolgen), sondern die Verhaltenslenkung. Sie ist deshalb als Lenkungsabgabe zu qualifizieren. Als Lenkungsabgaben kommen sowohl Kausalabgaben als auch Steuern in Frage. Steuern sind grundsätzlich nicht von einer bestimmten staatlichen Gegenleistung oder von einem dem Steuerpflichtigen zukommenden besonderen Vorteil abhängig und in diesem Sinn voraussetzungslos geschuldet. Eine Steuerpflicht auslösen können auch "staatsunabhängige" Ereignisse. Der Ertrag aus den Steuern dient in der Regel zur Dekkung des allgemeinen Finanzbedarfs des Gemeinwesens. Der Gesetzgeber kann aber vorschreiben, dass der Ertrag einer Steuer für einen ganz bestimmten Zweck zu verwenden ist (Zwecksteuer). Im Gegensatz zur voraussetzungslos geschuldeten Steuer stellen Kausalabgaben das Entgelt für besondere, dem Individuum zurechenbare Leistungen oder Vorteile dar, welche das Gemeinwesen erbringt. Die Kausalabgaben werden unterteilt in Gebühren (Entgelt für eine bestimmte Tätigkeit des Gemeinwesens, die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung oder die Ausübung einer an sich dem Gemeinwesen vorbehaltenen Tätigkeit), Vorzugslasten (Abgeltung für einen wirtschaftlichen Sondervorteil), Ersatzabgaben (für die Befreiung von bestimmten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen) und Mehrwertabgaben (Abschöpfung von Wertsteigerungen von Grundstücken zufolge raumplanerischer Massnahmen). Gemengsteuern entstehen aus einer Verbindung von Kausalabgaben (meist Gebühren oder Vorzugslasten) mit einer Steuer, indem die Kausalabgabe bedeutend höher angesetzt wird, als es die Grundsätze für deren Bemessung (Kostendeckungs- und Aequivalenzprinzip) zuliessen. Da die Bodenversiegelungsabgabe nicht an eine dem Abgabepflichtigen zurechenbare Leistung des Gemeinwesens anknüpft, aber auch nicht (nur) der Deckung des staatlichen Finanzbedarfs dient, handelt es sich um eine Lenkungssteuer. (Einzelne Autoren, so z.B. Locher, vertreten allerdings die Auffassung, Lenkungsabgaben liessen sich keiner der beiden herkömmlichen Kategorien zuordnen, sondern stellten eine eigenständige Abgabekategorie dar.) Lenkungsabgaben sind in der Regel als Objektabgaben ausgestaltet, welche keine Rücksicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nehmen. Auch das geltende Steuerrecht und Abgabenormen in andern Erlassen können teilweise zur bewussten Verhaltensänderung modifiziert werden. (Die Möglichkeiten, di- ECOPLAN A - 32 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben rekte Steuern als umweltpolitisches Lenkungsinstrument einzusetzen, werden allerdings durch das Bundesgesetz über die Steuerharmonisierung eingeschränkt.) b) Vereinbarkeit mit dem Bundesrecht, Zuständigkeit Nach der Kompetenzverteilungsregel von Art. 3 BV stehen dem Bund (abgesehen von gewissen stillschweigenden Bundeskompetenzen) ausschliesslich diejenigen Kompetenzen zu, die ihm die BV überträgt. Die Kantone sind somit zur Wahrnehmung einer Aufgabe zuständig, wenn diese nicht auf dem Weg der Einzelermächtigung dem Bund übertragen wurde. Die Finanzquellen des Bunds und damit seine Steuererhebungskompetenz werden in der BV ausdrücklich geregelt und zugleich begrenzt. Allerdings kann sich eine Bundeskompetenz auch kraft Sachzusammenhangs ergeben, wenn dies für die Wahrnehmung der Sachkompetenz des Bundes erforderlich (nach andern Auffassungen: unerlässlich) ist. Ausschlaggebend ist dann der Abgabezweck (Einnahmenbeschaffung oder Verhaltenslenkung). Da der Umweltschutz gemäss Artikel 24septies BV Aufgabe des Bunds ist, wird ihm in der Doktrin auch die Kompetenz zugestanden, Lenkungsabgaben einzuführen, sofern diese ein taugliches und wirksames Mittel zur Verhaltenslenkung darstellen. Das Umweltschutzgesetz sieht in der geltenden Fassung (noch) keine Lenkungsabgaben vor. (Der Verzicht wurde seinerzeit mit der beschränkten Bundeskompetenz zur Einführung solcher Abgaben, den Schwierigkeiten bei der rechtlichen und praktischen Ausgestaltung sowie der ungewissen Wirkungsweise begründet.) Der Revisionsentwurf vom Juni 1993 sieht nun zwar gewisse Lenkungsabgaben vor, jedoch nicht für Bodenversiegelungen, deren nachteilige Auswirkungen vom Bundesrecht überhaupt erst ansatzweise (im Gewässerschutzgesetz und im Raumplanungsgesetz) erfasst werden. Solange der Bund von einer ihm an sich zustehenden Kompetenz (noch) keinen Gebrauch gemacht hat, ermächtigt die (negative) Kompetenzausscheidung der BV die Kantone jedenfalls immer dann zur Erhebung von Lenkungsabgaben, wenn sie einerseits auf dem entsprechenden Gebiet zuständig sind, Verhaltensvorschriften zu erlassen und sich andererseits nicht einer Abgabeform bedienen, die kraft Bundesverfassung (Art. 41bis und 41ter) dem Bund vorbehalten ist oder die Anwendung von Bundesrecht vereitelt. Aus bundesrechtlicher Sicht kann deshalb die Kompetenz der Kantone zur Einführung einer Bodenversiegelungsabgabe bejaht werden, solange sie nicht ein geradezu prohibitives Ausmass annimmt. (Beispiel einer kantonalen Lenkungssteuer ist die Spikes-Steuer des Kantons VD [BGE 99 Ia 236], lenkende Kausalabgaben sind die Kanalisations- und Kehrichtgebühren). Nicht belastet werden darf nach Artikel 10 des Garantiegesetzes der Bund, soweit seine Liegenschaften unmittelbar öffentlichen Zwecken dienen. c) Vereinbarkeit mit der Kantonsverfassung Die Aufzählung in Artikel 103 KV ist nur für die direkten Steuern (Abs. 1) abschliessend. Direkte Steuern sind jene, welche die Berechnungsgrundlage (Einkommen, Vermögen) unmittelbar belasten, indem diese auch Steuerobjekt ist. (E. Höhn, Steuerrecht, S. 26 und Handbuch des bernischen Verfassungsrechts, S. 523, N. 7a). Die Besteuerung erfolgt hier in der Regel nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Indirekte Steuern hingegen knüpfen an einen bestimmten (i.d.R. nicht-periodischen) Vorgang rechtlicher oder tatsächlicher Natur, ein bestimmtes Verhalten oder einen be- ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 33 stimmten Zustand an. Wirtschaftlich werden indirekte Steuern oft überwälzt (z.B. Beherbergungsabgabe). Weil mit der Bodenversiegelungsabgabe nicht das Grundeigentum als Vermögen, sondern eine bestimmte Nutzungsart bzw. Zustandsänderung steuerlich belastet wird, handelt es sich nicht um eine direkte Steuer. Für indirekte Steuern (Verkehrssteuern, Besitzessteuern, Aufwandsteuern) und andere Abgaben genügt ein Gesetz (Art. 69 Abs. 4 Bst. b KV). Der Verfassungsgeber äusserte keinen Willen, im Bereich der indirekten Steuern einen verfassungsrechtlichen numerus clausus zu statuieren. Die Handlungsfreiheit des kantonalen Gesetzgebers bleibt damit erhalten (Handbuch des bernischen Verfassungsrechts, S. 522 N. 5a und S. 523 N. 7c). Absatz 2 zählt zwar drei wichtige indirekte Steuern (Erbschaftssteuer, Schenkungssteuer, Motorfahrzeugsteuer) auf, lässt aber weitere "Aufwand- und Verkehrssteuern" ausdrücklich zu. Diesen Begriff hat der Verfassungsgeber nicht näher definiert. Er wollte mit dieser Formulierung einen Auffangtatbestand für alle übrigen indirekten Steuern schaffen. Die Einführung einer Bodenversiegelungsabgabe erfordert somit m.E. keine Verfassungsänderung. d) Gesetzliche Grundlage Im Abgaberecht hat der Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung die Bedeutung eines verfassungsmässigen Rechts. Unter Vorbehalt reiner Kanzleigebühren erfordert es die Umschreibung des Kreises der Abgabepflichtigen, des Abgabegegenstandes, der Bemessungsgrundlage und des Abgabemasses in einem Gesetz im formellen Sinn, d.h. in einem dem Referendum unterstehenden Erlass. Die Delegationsmöglichkeiten sind demnach stark eingeschränkt. Die Anforderungen an die Regelung im formellen Gesetz sind bei denjenigen Steuern am stengsten, bei denen hinsichtlich der Auswahl von Tatbeständen und der Festlegung des Steuermasses Zweckgesichtspunkte fehlen, welche der Eingriffsintensität Grenzen setzen. Weniger strenge Anforderungen an die gesetzliche Grundlage verlangt das Bundesgericht bei Abgaben, deren Ueberprüfung dem Bürger anhand anderer verfassungsrechtlicher Prinzipien offensteht, oder deren Festsetzung von technischen Einzelheiten abhängt, die sich rasch ändern können. Hinsichtlich Lenkungsabgaben werden solche Lockerungen in der Doktrin als zulässig erachtet (z.B. Regelung der Abgabebemessung durch eine gesetzesergänzende Verordnung). Die Grundzüge der Regelung müssen aber trotzdem in einem formellen Gesetz (Baugesetz ?) festgelegt werden. e) Ergänzende Bemerkungen Mit der Eigentumsgarantie wäre die Abgabe nur dann unvereinbar, wenn sie konfiskatorischen Charakter hätte, bzw. die Nutzung des Grundeigentums praktisch verunmöglichen oder aushöhlen würde. Heikel ist unter dem Aspekt des Gleichbehandlungsgebots die Frage, ob die Lenkungsabgabe nur für Neuversiegelungen erhoben werden soll. Die bereits versiegelte Bodenfläche dürfte erheblich grösser sein als die in absehbarer Zeit noch hinzukommende Neuversiegelung, so dass insgesamt nur ein kleiner Teil der Verursacher von der Abgabe getroffen würde. Andererseits stellt sich die Frage, ob eine rückwirkende Erhebung der Abgabe rechtlich überhaupt zulässig wäre. Die Zulässigkeit könnte m.E. damit begründet werden, dass die Versiegelung keinen in der Vergangenheit eingetretenen und abgeschlossenen Sachverhalt darstellt, sondern mit ihren nachteilige Auswirkungen bis in die Gegenwart hinein fortdauert, so ECOPLAN A - 34 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben dass es sich nicht um eine echte, sondern eine unechte Rückwirkung handeln würde. (So wird im Umweltschutzrecht generell die Sanierungspflicht für Altanlagen begründet.) Der Lenkungseffekt bestünde hier darin, dass (im Rahmen des technisch Möglichen) auf eine Entsiegelung hingewirkt würde, indem diese mit dem Verzicht bzw. der Rückerstattung der Abgabe belohnt würde. f) Auswirkungen auf Unternehmen und Haushalte (erste Hinweise) Folgende Fragen müssten vor einer allfälligen Einführung einer Versiegelungsabgabe vertieft untersucht werden: ❏ In welchem Umfang ergibt sich durch die Abgabe auf Neuversiegelungen ein Stand- ortnachteil des Kantons Bern für Unternehmen (Neuansiedlungen, Erweiterungsbauten etc)? Erste Hinweise: Folgende qualitativen Argumente sprechen dafür, dass sich kein spürbarer Standortnachteil ergibt: – Die vorgeschlagenen Abgaben sind im Verhältnis zu den gesamten Boden- und Gebäudekosten eines Neubaus relativ gering. – Die Mehrkosten eines Verzichts auf stark versiegelte Flächen fallen häufig kaum ins Gewicht (z.B. durchlässige Flächen für Parkplätze und Verkehrsflächen) und erhöhen zudem die visuelle Attraktivität des Gebäudes. Verluste an Standortgunst könnten insbesondere auftreten, wenn der Vollzug zu Verzögerungen des Bewilligungsverfahren führen würde. Wie unter Punkt d) erläutert, spricht aber vieles dafür, dass die Dauer der Bewilligungsverfahren durch die Abgabe auf Neuversiegelungen nicht beeinflusst wird. ❏ Führt die Abgabe auf Neuversiegelungen zu einer Erhöhung der Baupreise, welche sich schlussendlich in einer Erhöhung der Mietpreise niederschlagen würde? Erste Hinweise: – Für den Wohnungsbau gilt ähnliches wie bei den Unternehmen: Grundsätzlich ist nicht damit zu rechnen, dass sich die durchschnittlichen Baukosten spürbar erhöhen. – Allerdings ist sicherlich eine Differenzierung nach Art des Wohnungsbaus vorzunehmen. Für ein grosses Einfamilienhaus, bei welchem 300 m2 neu versiegelt werden, entsteht bei Variante B eine Mehrbelastung von 15'000 Fr. bzw. ca. 2% der gesamten Baukosten. Bei einer verdichteten Bauweisen, bei Reihen- und Mehrfamilienhäusern wäre die Mehrbelastung deutlich geringer. Entsprechend ist nicht mit spürbaren Auswirkungen auf die Mietpreise zu rechnen. ❏ Denkbar ist, dass vor der Einführung der Abgabe auf Neuversiegelungen ein gewisser Bauboom ausgelöst wird, weil dann die Abgabe noch nicht bezahlt werden muss. Durch eine gestaffelte Einführung der Abgabe könnte dies weitgehend verhindert werden. Da die Abgabe im Vergleich zu den gesamten Baukosten sehr gering ist, beschränkt sich dieser Effekt allerdings in jedem Fall auf Einzelfälle. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 35 g) Umweltaspekte: Handlungsbedarf, Koordination, Wirkung Die Versiegelung des Bodens mit Asphalt und Beton führt ❏ zum Verlust lebender Bodendecke ❏ zur Beeinträchtigung der Grundwasserneubildung ❏ zur Zerstörung der Lebensräume von Pflanzen und Tieren ❏ zu einer verminderten Aufnahmefähigkeit des Bodens von Regenwasser und damit verbunden zu temporären Überbelastungen von Abwasserreinigungsanlagen und erhöhter Überschwemmungsgefahr. Durch die Abgabe auf Neuversiegelungen wird ein wirkungsvoller Anreiz gesetzt, obige Umweltbelastungen zu reduzieren. Die Überbauung zentraler, teilweise bereits versiegelter Flächen würde attraktiviert. Beispielsweise würde die Umnutzung bzw. Renovierung alter Industrie- und Gewerbeflächen und von Abrissgrundstücken gefördert. Ebenfalls unterstützt würde das im Kanton Bern verfolgte Ziel, Entwicklungsschwerpunkte zu bilden. Die einheitliche Abgabenhöhe wirkt zudem der Zersiedelung entgegen, da die prozentuale Mehrbelastung in peripheren, naturnahen Gebieten (mit niedrigeren Bodenpreisen) höher wäre als in Agglomerationen. Tendenziell werden auch verdichtete Bauweisen und generell flächensparendes Bauen unterstützt. Aus ökologischer Sicht etwas unfriedigend gegenüber einer Ideallösung ist die Tatsache, dass durch die vorgeschlagene Abgabe Neuversiegelungen und Entsiegelungsmassnahmen nicht gleich behandelt werden. Wie schon angetönt wäre deshalb zu überprüfen, wie Entsiegelungsmassnahmen speziell gefördert werden können. h) Schlussfolgerung und Empfehlung Die vorgeschlagene Bodenversiegelungsabgabe sollte Element eines allfälligen Systems MUEK sein. Aus ökologischer Sicht wäre eine nach Versiegelungsgrad differenzierte Abgabe anzustreben. Weiterführende Abklärungen sollten sich einerseits mit dieser Fragestellung befassen, andererseits die Möglichkeit einer Ausdehnung der Abgabe auf bereits versiegelte Flächen detaillierte prüfen. Als Arbeitshypothese schlagen wir vor, dass die Einstiegsabgabenhöhe der Variante A (25 Fr. pro m2 neu versiegelte Fläche) entspricht. Sofern sich keine gravierenden wirtschaftlichen Standortnachteile ergeben, wäre anschliessend die Abgabenhöhe z.B. innerhalb von fünf Jahren auf Variante B (50 Fr. pro m 2 neu versiegelte Fläche) zu erhöhen. ECOPLAN A - 36 A6 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben Kantonale Abgabe auf öffentlichen Parkplätzen a) Beschreibung und Ausgestaltungsmöglichkeiten Der Kanton erhebt auf näher zu bestimmenden Parkplätzen auf öffentlichem Grund eine Abgabe resp. einen Abgabezuschlag, wenn die Parkplätze bereits mit einer kommunalen Parkplatzabgabe belegt sind. Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms 25 "Stadt und Verkehr" wurde ein Vorschlag entwickelt, wie ein Parkplatzabgabensystem für öffentliche Parkplätze aussehen könnte. Kurz zusammengefasst sollten die Parkplatzabgaben folgende Bestandteile umfassen:(46) ❏ Die Kosten für Bereitstellung und Unterhalt des Parkraums: Umsetzung in Form eines zeitlich (Tag/Nacht) und räumlich (hochzentral, zentral und peripher gelegene Parkplätze) differenzierten Zeittarifs (Fr./Std.) ❏ Knappheitspreise bei Nachfrageüberhang: Umsetzung in Form eines räumlich dif- ferenzierten Zeittarifs. ❏ Lufthygienisch begründete Lenkungskomponente: Umsetzung in Form einer Grundabgabe, die unabhängig von der Parkdauer erhoben wird. Sie sollte sich nach der durchschnittlichen Fahrtlänge richten, die mit einem Parkvorgang auf einem bestimmten Parkplatztyp verbunden ist und damit die während der Fahrt verursachten Umweltbelastung in Betracht ziehen. Bisher war es im Kanton Bern den Gemeinden überlassen, ob und wie sie die öffentlichen Parkplätze auf ihrem Gemeindegebiet bewirtschaften wollen. Es stellt sich deshalb die Frage, wie eine kantonale Parkplatzabgabe implementiert werden könnte. U.E. bestehen grundsätzlich drei Versionen: 1. Der Kanton zieht einen Anteil an den kommunalen Einnahmen aus der Parkplatzbewirtschaftung (z.B. 10% der Einnahmen) ein, überlässt aber die Einführung und Erhebung der Parkplatzgebühren den Gemeinden. Die Einnahmen des Kantons hängen bei dieser Version vom Verhalten der Gemeinden ab. Angesichts dieser Ausgangslage wäre es sinnvoll, wenn den Gemeinden über ein kantonales Gesetz der Auftrag erteilt würde, ein kommunales Parkplatzreglement auszuarbeiten und auf öffentlichen Parkplätzen, soweit sie dafür geeignet sind, Parkplatzabgaben zu erheben oder das Parkkartenmodell (Blaue Zone mit Parkkarten für Berechtigte) einzuführen. In einem Parkplatzkataster(47) müssten die Gemeinden aufzeigen, welche Parkplätze bewirtschaftet werden sollen. Das Reglement und der Parkplatzkataster wären vom Kanton zu genehmigen.(48) 46 Vgl. ECOPLAN (1992), Internalisierung externer Kosten im Agglomerationsverkehr, S. 98 ff. 47 Einen solchen Kataster hat z.B. die Gemeinde Muri ausgearbeitet. Er zeigt die Zahl der effektiven und geplanten Parkplätze und unterscheidet zwischen privaten und öffentlichen Parkplätzen sowie Parkplätzen der öffentlichen Verwaltung. 48 Basierend auf Artikel 27 der kantonalen Strassenpolizeiverordnung vom 11.1.1978 genehmigt der Kanton schon heute die kommunalen Parkplatzreglemente. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 37 2. Der Kanton legt selbst fest, welche Parkplätze mit welchen kantonalen Gebühren(zuschlägen) belegt werden. Hierzu wären die Gebiete (und - soweit nicht klar markiert - sogar die einzelnen Parkplätze) abzugrenzen. Weiter wären die Abgabesätze (tagsüber, nachts, evtl. abgestuft nach Zentralität) festzulegen. Soweit die Gemeinden nicht ihrerseits Gebühren erheben, wären kantonale Parkuhren resp. Ticketautomaten aufzustellen und zu kontrollieren. Diese Version fällt aus Praktikabilitätsgründen praktisch weg (vgl. Buchstabe d). 3. Der Kanton erhebt eine Jahrespauschale bei den Gemeinden, die sich nach der Zahl der öffentlichen Parkplätzen bemisst (allenfalls abgestuft nach Zentralität). Es bleibt den Gemeinden überlassen, wie sie diese Jahrespauschale auf Parkgebühren umlegt. Der Kanton müsste aber von den Gemeinden verlangen, dass sie einen Parkplatzkataster ausarbeiten und dem Kanton zur Genehmigung unterbreiten. Aufgrund dieses Katasters müsste der Kanton festlegen, wieviele Parkplätze gebührenpflichtig sein sollen. b) Mögliche Einnahmen Die Höhe der möglichen Einnahmen hängen von verschiedenen Faktoren ab: ❏ Anzahl der bewirtschafteten Parkplätze: Diese Zahl ist für den Kanton Bern nicht bekannt. Die Ausarbeitung der kommunalen Parkplatzkataster und die Ausscheidung der zu bewirtschaftenden öffentlichen Parkplätze würden genaue Aussagen ermöglichen. ❏ "Betriebszeiten" des Gebührenregimes (z.B. nur tagsüber Abgabepflicht) ❏ Durchschnittlicher Belegungsgrad der Parkplätze: Der Belegungsgrad wird durch die Lage des Parkplatzes, die Höhe der Abgabe und durch die vorhandenen Ausweichmöglichkeiten beeinflusst. ❏ Höhe der Parkplatzabgaben: Die gegenwärtig im Kanton Bern erhobenen Parkplatz- gebühren decken nur den Aufwand ab, welcher mit der Kontrolle der Parkplätze verbunden ist. Würden alle oben erwähnten Kostenbestandteile berücksichtigt, müsste z.B. in der Stadt Bern die Höhe der Parkplatzabgaben rund verdreifacht werden. Bezüglich der Ausprägung aller vier Einflussfaktoren bestehen erhebliche Unsicherheiten, bzw. sind zahlreiche verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten denkbar. Es ist deshalb nicht möglich, eine zuverlässige Schätzung der möglichen Einnahmen abzugeben. Anhand einer sehr groben Modellrechnung kann höchstens aufgezeigt werden, in welcher Grössenordnung sich das Einnahmenpotential bewegen könnte. Im Sinne einer Illustration unterstellen wir z.B. die folgenden, konservativen Annahmen: – Zahl der öffentlichen Parkplätze im Kanton Bern auf welchen eine Abgabe erhoben wird: 35'000(49) 49 Zum Vergleich: Die Stadt Bern verfügte 1992 über fast 26'000 öffentliche oberirdische Parkplätze und über 3'755 Parkplätze in Einstellhallen (gemäss Angaben der Stadtpolizei). Fast 14'000 öffentliche Parkplätze waren zwar markiert, aber nicht bewirtschaftet. Mit Parkuhren und Ticketautomaten bewirtschaftet waren knapp 1'700, fast 3'600 gehört zu Blauen Zonen. ECOPLAN A - 38 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben – Betriebszeiten: Nur an Werktagen (inkl. Samstage), 12 Stunden pro Tag (z.B. 07.00 bis 19.00 Uhr) – Durchschnittlicher Belegungsgrad der gebührenpflichtigen Parkplätze: 50% – Abgabenhöhe pro Stunde: 1 - 2 Fr. (entspricht in etwa der Grössenordnung der heute eingeführten Abgaben, für die Berechnung sind wir von einem mittleren Wert von 1.30 Fr. ausgegangen) – Im Kanton Bern pro Jahr verkaufte Parkkarten (für Blaue Zonen): 50'000 (50) – Preis der Jahres-Parkkarten: Fr. 360.- (entspricht der Grössenordnung der heute eingeführten Parkkartengebühren) Unter diesen Annahmen ergeben sich Einnahmen von rund 100 Mio. Fr. Geht man nun beispielsweise davon aus, dass der Kanton einen 20%igen Zuschlag resp. Anteil dieser Abgaben erhielte, so ergäben sich kantonale Einnahmen von ca. 20 Mio. Fr. (Variante A). Je nach konkreter Ausgestaltung der kantonalen Parkplatzpolitik ändern die genannten Einflussfaktoren und damit die resultierenden Einnahmen erheblich. Wenn in obiger Modellrechnung weniger konservative, aber noch immer realistische Annahmen(51) unterstellt werden, kann als Schätzung durchaus eine Verdoppelung des oben genannten Einnahmenpotentials resultieren (Variante B). Vertiefungsarbeiten im Hinblick auf eine allfällige Umsetzung des Systems MUEK sollten sich insbesondere auf die Aufarbeitung von Grundlagendaten konzentrieren. Genauere Schätzungen der Zahl der bewirtschaftbaren öffentlichen Parkplätze sind notwendig, damit der Beitrag der Parkplatzabgaben innerhalb eines Systems MUEK genauer abgeschätzt werden kann als dies in der vorliegenden Machbarkeitsstudie möglich war. c) Bestehende Erfahrungen Parkplatzabgaben sind in zahlreichen in- und ausländischen Agglomerationen eingeführt worden.(52) Aus den vielfältigen Erfahrungen sind etwa folgende Punkte hervorzuheben: – Einzelne Städte haben sehr viel höhere Parkplatzabgaben eingeführt, als in obiger Modellrechnung unterstellt wurden. So müssen z.B. in der Stadt Nürnberg pro Stunde DM 5.- bezahlt werden. – Ab einer gewissen Höhe gehen von Parkplatzabgaben spürbare Wirkungen auf die Verkehrsmenge aus. – In der Stadt Zürich haben die Stimmberechtigten im September 1994 eine deutliche Erhöhung der Parkgebühren angenommen. Dies kann als Indiz dafür aufgefasst werden, dass zumindest in Städten die Akzeptanz von Parkplatzabgaben, deren Höhe über eine reine Kontrollgebühr hinausgeht, gestiegen ist. 50 Zum Vergleich: In der Stadt Bern dürften nach Einführung der Blauen Zone in den dafür vorgesehenen Quartieren pro Jahr rund 25'000 Parkkarten verkauft werden. 51 Annahmen: 40'000 öff. Parkplätze, Bewirtschaftung während 12 Std. an 365 Tagen, Belegungsgrad 0.5, Parkplatzabgabe 2 Fr., 50'000 verkaufte Parkkarten zum Preis von 480 Fr./Jahr. 52 Vgl. dazu z.B. World Road Association (1995), Urban Mobility - An International Perspective, Parking Policies oder ECOPLAN (1994), Parkplatzpolitik. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 39 – Die Zentrumsgemeinden der Region Bern haben gezeigt, wie ein räumlich und zeitlich koordiniertes Vorgehen zur Einführung parkplatzpolitischer Massnahmen in einer Agglomeration aussehen könnte. (53) d) Praktikabilität und Vollzugsaufwand Die bisherigen Erfahrungen, vorab in den Zentrumsgemeinden der Agglomeration Bern, haben gezeigt, dass Parkplatzabgaben als Teil eines Gesamtkonzeptes (u.a. mit Anwohnerprivilegierung durch Parkkarten sowie einer Reduktion der Anzahl Parkplätze) ein praktikables Massnahmenpaket darstellen. Der Aufwand für Erstellen und Warten der Parkuhren resp. Ticketautomaten ist nicht zu unterschätzen, kann aber durch die Gebühren mehr als gedeckt werden. Von Bedeutung ist eine sorgfältige Planung der Tarifstruktur (zeitliche und örtliche Abstufung). Bei der Beurteilung des Vollzugsaufwandes, welcher durch diese Abgabe verursacht wird, ist zu beachten, dass zahlreiche Gemeinden unabhängig von einer allfälligen Realisierung eines Systems MUEK Parkplatzabgaben eingeführt haben oder einführen werden. Der dabei anfallende Vollzugsaufwand kann natürlich nicht dem System MUEK angelastet werden. Grosse Unterschiede bezüglich der Praktikabilität und des Vollzugsaufwandes ergeben sich zwischen den verschiedenen Versionen zur Erhebung der kantonalen Parkplatzabgabe: ❏ Bei Version 1 ist der Aufwand für den Kanton relativ gering: Der Kanton muss die kommunalen Reglemente und Kataster prüfen und genehmigen. Der Betrag zu Gunsten des Kantons wäre anschliessend sehr einfach zu ermitteln, da die Gemeinderechnungen über die Einnahmen Aufschluss geben. ❏ Version 2 schneidet bei diesem Kriterium aus der Sicht des Kantons sehr ungünstig ab, da nicht auf die Vorleistungen der Gemeinden abgestellt werden kann. Diese Version ist auch kaum praktikabel, weil zwei verschiedene Formen, d.h. kantonale und kommunale Parkplatzabgaben erhoben werden. ❏ Bei Version 3 fällt "nur" die periodische Prüfung der kommunalen Parkplatzkataster an. Dafür muss der Kanton selber ein sinnvolles Gebührensystem aufbauen. Aus der Sicht des Vollzugsaufwandes lassen sich nur Version 1 und 3 vertreten. Version 3 hat den Vorteil, dass sie alle Gemeinden unabhängig von ihrer Gebührenpolitik gleich behandelt und zudem für die Gemeinden einen Anreiz setzt, zur Finanzierung der Abgabe ihrerseits Parkgebühren zu erheben. Die Version 3 verursacht aber auch einen höheren Vollzugsaufwand bei dem Kanton (Festlegung und periodische Überprüfung der Anzahl abgabepflichtiger Parkplätze jeder Gemeinde) als Version 1. Aus diesem Grund schlagen wir eine Kombination der Versionen 1 und 3 vor: Grundsätzlich gilt Version 1. Wenn aber eine Gemeinde nach Ablauf einer gewissen Frist die Unterlagen beim Kanton noch nicht eingereicht bzw. noch keine Parkplatzbewirtschaftung eingeführt hat, erhebt der Kanton eine Jahrespauschale, welche aufgrund von Kennziffern aus vergleichbaren Gemeinden (z.B. Anzahl bewirtschaftbarer Parkplätze pro Einwohner) festgelegt wird. 53 Vgl. dazu ECOPLAN (1993), Parkplatzmassnahmen Zentrumsgemeinden Rahmenkonzept. ECOPLAN A - 40 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben e) Rechtliche Anforderungen Die Erhebung von Parkgebühren wird in Lehre und Praxis kontrovers beurteilt(54). Haupthindernis ist Art. 37 Abs. 2 der Bundesverfassung, der die Erhebung von Strassenbenützungsgebühren verbietet und vom Bundesgericht grundsätzlich auch für Parkplätze angewendet wurde. Ausnahmen werden allerdings ermöglicht, wenn – die Parkfläche als solche klar von der Fahrbahn getrennt ist, – in der Nähe noch gebührenfreie Parkplätze bestehen, – wenn ausschliesslich Kontrollgebühren (in der Höhe der Kosten für Parkuhren und Kontrolle) erhoben werden, und/oder (je nach Autor resp. Entscheid) – wenn es sich um längerfristiges Parkieren (d.h. gesteigerten Gemeingebrauch) handelt. Das Bundesgericht wird wohl aufgrund der vom Stadtzürcher Volk im September 1994 angenommenen Gebührenordnung einen neuen Leitentscheid fällen und evtl. seine (z.T. als konfus bezeichnete Praxis) grundlegend überdenken. Als unbestritten kann jedenfalls gelten, – dass die Gemeinden Kontrollgebühren in der Höhe der Kontrollkosten erheben können – dass zudem für Dauerparkieren über zwei Stunden (gesteigerter Gemeingebrauch) gestützt auf ein Gemeindereglement auch Benutzungsgebühren erhoben werden können, welche die Landkosten und auch eine Lenkungskomponente enthalten. Die bislang im Kanton Bern erhobenen (niedrigen) Parkgebühren sind somit allesamt als mit der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtssprechung konform zu bezeichnen. Für eine konkrete Ausgestaltung eines kantonalen Parkplatzgesetzes wäre aber mit Vorteil der Bundesgerichtsentscheid zur Zürcher Gebührenordnung abzuwarten. Bislang haben ausschliesslich die Gemeinden Parkplatzabgaben erhoben. Eine kantonale Abgabe würde also einen Eingriff in die Gemeindeautonomie darstellen. Dazu ist der Kanton aufgrund seiner Steuerhoheit befugt. In jedem Fall wäre im kantonalen Recht eine Regelung auf gesetzlicher Ebene notwendig. Eine Anpassung von Art. 101-106 der Kantonsverfassung ist u.E. nicht notwendig, da die "übrigen Abgaben" und die "Aufwandsund Verkehrssteuern", die der Kanton erheben kann, in der Verfassung nicht abschliessend aufgezählt sind. Aufgrund der "Eingriffsintensität" schätzen wir die Versionen 1 und 3 noch als die konfliktärmeren ein. Bei Version 1 bleibt die Parkplatzpolitik an sich Sache der Gemeinden, bei Version 3 ist es der Gemeinde überlassen, ob sie die Mittel für die Entrichtung der Jahrespauschale überhaupt mittels Parkplatzgebühren erheben will. Aus der Sicht der Gemeinden besteht der Nachteil von Version 3 allerdings darin, dass die Höhe der Jahrespauschale nicht automatisch sinkt, wenn z.B. aufgrund des Lenkungseffekts die Einnahmen aus den Parkplatzabgaben zurückgehen. 54 Vgl. u.a. Haas A. (1994), Staats- und verwaltungsrechtliche Probleme bei der Regelung des Parkierens von Motorfahrzeugen auf öffentlichem und privatem Grund, insbesondere im Kanton Bern, Jaag T. (1994), Gebührenpflichtiges Parkieren auf öffentlichem Grund, Aarplan/Michael M. (1990), Parkierungsabgaben. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 41 Ausführungen der Rechtsabteilung der Volkswirtschaftsdirektion: Planung, Bau, Unterhalt und Betrieb der Strassen gehören zum originären Wirkungskreis der Kantone (Strassenbauhoheit). Dem Bund steht einerseits gestützt auf Art. 37 Abs. 1 BV die Oberaufsicht ("Verhinderung von Handlungen wider die eidgenössischen Interessen", z.B. mangelhafter Unterhalt) und andererseits gestützt auf Art. 37bis Abs. 1 BV die Strassenverkehrshoheit (Normierung des Strassenverkehrs) zu. (Er kann auch bestimmte, für den allgemeinen Durchgangsverkehr notwendige Strassen in vollem oder beschränktem Umfang offen erklären.) Art. 37 Abs. 2 BV garantiert die gebührenfreie Benutzung jener Strassen, welche im Rahmen ihrer Zweckbestimmung der Oeffentlichkeit zugänglich (gewidmet) sind (Verbot von Strassenbenutzungsgebühren und jeder andern fiskalischen Behinderung des freien Verkehrs auf den im Gemeingebrauch stehenden öffentlichen Strassen.) Dieses Verbot richtet sich sowohl an den Bund wie auch an die Kantone. Ausnahmen von der Gebührenfreiheit kann nur die Bundesversammlung bewilligen. (Die Gebührenfreiheit erstreckt sich aber nicht auf Fahrzeugsteuern, da diese nicht als Entgelt für die Strassenbenutzung verstanden werden.) Auch für den ruhenden Verkehr dürfen insoweit keine Gebühren erhoben werden, als er zum Gemeingebrauch gehört ("kurzfristiges Abstellen von Fahrzeugen"). Keine Gebührenfreiheit besteht für jenen ruhenden Verkehr, der zum gesteigerten Gemeingebrauch ("Abstellen von Fahrzeugen über längere Zeit, beispielsweise während eines halben oder ganzen Tags") gehört. Im Bereich des gesteigerten Gemeingebrauchs dürfen Parkgebühren nicht nur Kontrollgebühren sein, sondern auch Lenkungscharakter haben (ZBl 93/1992 S. 162, 1988/89 S. 217; geringfügige Parkgebühren für kurzfristiges Parkieren werden als reine Kontrollgebühren [zur Deckung des Kontrollaufwands] und nicht als Benutzungsgebühren gewertet.) Neuere Auffassungen erachten in Stadtzentren bereits das Parkieren von mehr als einer Viertelstunde als gesteigerten Gemeingebrauch (vgl. ZBl 1992/93 S. 153). Zulässig ist, gewisse Teile der bestehenden Verkehrsfläche, die bisher dem rollenden Verkehr und dem gebührenfreien Parkieren offenstand, auszuscheiden und in gebührenpflichtige Parkplätze umzuwandeln (Aenderung der Zweckbestimmung). Eine solche Umwidmung darf aber nicht die gesamte Strassenfläche einer Ortschaft oder eines Quartiers umfassen. Das Bundesgericht verlangte in seiner bisherigen Praxis für die Erhebung von Parkgebühren zusätzlich, dass in der Nähe (bzw. in angemessener Entfernung) gebührenfreie Parkplätze bestehen. Diese Praxis wurde jedoch kritisiert und wird möglicherweise in künftigen Entscheiden aufgegeben. Schwierig ist die Abgrenzung, bei welchen Strassen der ruhende Verkehr im Rahmen der Zweckbestimmung zum Gemeingebrauch gehört und bei welchen nicht. Bei verkehrsüberlasteten Strassen mit einem verhältnismässig hohen Anteil an ruhendem Verkehr wird die Auffassung vertreten, dass dieser zum gesteigerten Gemeingebrauch zähle. Aus der Kantonsverfassung ergeben sich keine Probleme, da indirekte Steuern und andere Abgaben in Art. 103 KV nicht abschliessend aufgezählt sind. Die Gemeindeautonomie gilt nach wie vor nicht umfassend, sondern nur in dem vom kantonalen Recht abgesteckten Rahmen (Art. 109 KV). ECOPLAN A - 42 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben f) Auswirkungen auf Unternehmen und Haushalte (erste Hinweise) Ausführliche Untersuchungen(55) zeigen, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen primär davon abhängen, ob zusammen mit und dank den Parkgebühren bzw. der Aufhebung von Parkplätzen auch eine Attraktivierung der Orts-Zentren realisiert wird. Die wirtschaftlichen Auswirkungen hängen aber auch davon ab, in welchem Ausmass für die Autofahrerinnen und -fahrer alternative Transportmöglichkeiten bereitgestellt werden, um die kurzfristig wenig veränderbaren Mobilitätsbedürfnisse zu befriedigen. Weiter hat sich gezeigt, dass Unternehmen aus verschiedenen Branchen sehr unterschiedlich auf das Vorhandensein von Parkplätzen bzw. auf die Höhe von Parkplatzabgaben angewiesen sind. Parkplatzabgaben auf öffentlichen Parkplätzen haben daher gewisse Auswirkungen auf den Branchenmix und auf des Angebot der Geschäft innerhalb der von der restriktiveren Parkplatzpolitik betroffenen Zone. Auf der Seite der Haushalte werden natürlich in erster Linie jene Haushalte betroffen, die aufgrund ihrer Wohnlage auf die Benützung des Autos angewiesen sind. g) Umweltaspekte: Handlungsbedarf, Koordination, Wirkung Der motorisierte Individualverkehr (MIV) stellt - neben dem Schwerverkehr - das Hauptproblem bei der Bekämpfung der Luftbelastung insbesondere in Ballungsräumen dar. In praktisch allen Massnahmenplänen zur Luftreinhaltung sind Parkplatzmassnahmen das zentrale Instrument zur Senkung der Emissionen des MIV. Mit Parkplatzmassnahmen können aber auch die Stausituation entschärft und die Lärmemissionen eingedämmt werden. Im Gegensatz zu vielen anderen Massnahmen zur Reduktion der Umweltbelastung durch den MIV ist der Kanton bzw. sind die Gemeinden die "richtigen" Akteure. Mit Parkplatzabgaben sollen nicht in erster Linie grenzüberschreitende, sondern lokale Umweltbelastungen reduziert werden. Da jede Autofahrt auf einem Parkplatz beginnt und endet, sind Massnahmen bei den Zielparkplätzen geeignet, um den Gebrauch des Autos zu verteuern. Aufgrund der kurzfristig relativ geringen Preiselastizität der Nachfrage bedarf es allerdings einer deutlichen Erhöhung der Parkplatzabgaben, wenn rasch eine spürbare Abnahme des Verkehrs erzielt werden soll. Mittel- bis längerfristig kann aber auch von geringfügigeren Parkplatzabgaben eine Änderung des Mobilitätsverhaltens erwartet werden. Kurz- bis mittelfristig gibt es insbesondere für Agglomerationen kein wirksameres Instrument, um die negativen Auswirkungen des MIV effizient zu reduzieren. h) Schlussfolgerungen Eine Abgabe in Form einer Jahrespauschale pro Parkplatz oder in Form eines prozentualen Anteils an den kommunalen Einnahmen aus Parkplatzabgaben wäre rechtlich und 55 Vgl. insbesondere ECOPLAN (1993), Strukturelle Auswirkungen der Parkplatzmassnahmen, und Isenmann Th. (1993), Marktwirtschaftliche Massnahmen im Agglomerationsverkehr: Auswirkungen auf Wirtschaft und Siedlungsstruktur. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 43 vollzugstechnisch zwar nicht einfach zu realisieren aber insgesamt machbar. Aus ökologischer Sicht würde bei einem wichtigen Verursacher von Umweltbelastungen angesetzt. Eine derart ausgestaltet kantonale Parkplatzabgabe weist durchaus ein gewisses Einnahmenpotential aus. Aus dieser Sicht sind kantonale Parkplatzabgaben als sinnvoller Bestandteil eines Systems MUEK zu betrachten. Eine entscheidende Frage ist, ob der Kanton in eine bisher den Gemeinden vorbehaltene Domäne eingreifen und ihr "Gebührensubstrat" antasten soll. Dies ist eine politische Frage. Immerhin kann argumentiert werden, dass auch die Gemeinden von der einnahmenseitigen Kompensation profitieren, da deren Ziel ist, die Standortgunst des gesamten Kantons zu verbessern. Bezüglich der Erhebungsform der kantonalen Parkplatzabgabe schlagen wir eine Kombination einer Jahrespauschale und eines prozentualen Anteils vor. Die Jahrespauschale wäre bei Gemeinden anzuwenden, welche die eingeräumte Frist zur Einführung einer Parkplatzbewirtschaftung nicht einhalten. ECOPLAN A - 44 A7 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben Kantonale Abgabe auf Beschäftigten- und Besucherparkplätzen a) Beschreibung und Ausgestaltungsmöglichkeiten Der Kanton erhebt auf den Beschäftigten- und Besucherparkplätzen von privaten Firmen und von Institutionen der öffentlichen Hand eine jährliche Abgabe. Evtl. verlangt er zusätzlich eine verursachergerechte Überwälzung auf Parkgebühren. Bei der konkreten Ausgestaltung könnten folgende Punkte berücksichtigt werden: ❏ Bei den Besucherparkplätzen könnte eine Freigrenze (z.B. 20 Parkplätze) eingeführt werden. Für die Einführung einer Freigrenze sprechen vor allem vollzugstechnische Gründe: Parkplatzabgaben müssen nur auf grösseren Kundenparkplätzen eingeführt werden. ❏ Die Höhe der Abgabe könnte nach der Qualität des ÖV-Erschliessungsgrades diffe- renziert werden. Bei der Ermittlung der Qualität der ÖV-Erschliessung wäre auf die Kriterien der Parkplatzverordnung abzustellen. ❏ Weiter könnten gewisse Ausnahmen von der Abgabenerhebungspflicht vorgesehen werden (z.B. für Personen, die aus gesundheitlichen Gründen auf die Benützung des Autos angewiesen sind, oder für Solarmobile). Es ist zu beachten, dass aus ökonomischer Sicht im Gegensatz zu Parkplätzen auf öffentlichem Grund die Land- und die Unterhaltskosten schon heute von den Firmen bezahlt werden, und die Abgabe somit nur eine ökologisch/verkehrspolitisch zu begründende Lenkungskomponente umfassen sollte. Die Abgabenhöhe sollte somit nicht mit den Vorschlägen für die öffentlichen Parkplätzen verglichen werden. Aus verkehrspolitischer Sicht wäre es hingegen sinnvoll, wenn zwischen den Abgaben auf öffentlichen und privaten Parkplätzen, die von den gleichen Verkehrssegmenten (z.B. Pendlerinnen und Pendler) benutzt werden, keine allzu grossen Differenzen bestehen. Ansonsten sind unerwünschte Verzerrungen zu erwarten (z.B. Verlagerung der Parkplatznachfrage von den privaten auf die öffentlichen Parkplätze). b) Mögliche Einnahmen Wie bei den öffentlichen Parkplätzen fehlen auch bei den privaten Parkplätzen von Unternehmen die notwendigen Grundlagendaten, um eine zuverlässige Schätzung des Einnahmenpotentials abzugeben. Die Zahl der Beschäftigtenparkplätze kann nur sehr grob angenähert werden: Gemäss Mikrozensus verfügten 1989 in Stadt und Region Bern knapp 60% aller Vollzeiterwerbstätigen über einen reservierten Parkplatz am Arbeitsort.(56) Dieser Anteil dürfte im ländlichen Raum eher höher ausfallen. Wenn wir im Sinne einer konservativen Annahme von diesen 60% und von rund 300'000 Vollzeitbeschäftigten(57) ausgehen, dürften im Kanton 56 Vgl. Stadtplanungsamt (1990), "Verkehrsverhalten" in Stadt und Region Bern - Mikrozensus 1989, S. 28. Zum Vergleich: In der Stadt Bern gab es 1992 total mehr als 70'000 private Abstellplätze. 57 Vgl. BfS (1994), Statistisches Jahrbuch der Schweiz, S. 103. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 45 Bern mindestens gegen 200'000 private Parkplätze für Beschäftigte bereitstehen. Damit ist auch das Einnahmenpotential abschätzbar: Wenn z.B. eine sehr bescheidene Abgabe von Fr. 10.- pro Monat erhoben würde, ergäben sich Einnahmen von rund 24 Mio. Fr. pro Jahr (Variante A). Bei dieser Abgabehöhe (50 Rp. / Tag) besteht für die Unternehmen durchaus noch ein Spielraum für eine Erhöhung der Abgabe zwecks verursachergerechter Finanzierung des den Beschäftigten zur Verfügung gestellten Bodens. Würde eine Abgabe von z.B. Fr. 360 pro Jahr erhoben - in Massnahmenplänen zur Luftreinhaltung (vgl. unten unter c) waren noch deutlich höhere Abgaben vorgesehen -, würden die Einnahmen auf 72 Mio. Fr. steigen (Variante B). Auch bei dieser Variante besteht noch ein Spielraum für eine "unternehmensinterne" Abgabe, gibt es doch Unternehmen, die für ihre Parkplätze deutlich mehr als 30 Fr./Monat verlangen (vgl. c). Die Abschätzung des Einnahmenpotentials einer Abgabe auf Besucherparkplätzen gestaltet sich schwierig, da überhaupt keine Grundlagendaten verfügbar sind. Vorsichtig schätzen wir die Zahl der bewirtschaftbaren Kundenparkplätze auf 50'000. Unterstellen wir die gleichen Abgabenhöhen wie oben, ergeben sich Einnahmen von 6 bzw. 15 Mio. Fr. Im Hinblick auf weitere Vorarbeiten für eine allfällige Realisierung des Konzeptes MUEK wären - wie bei den öffentlichen Parkplätzen - bessere Grundlagendaten bereitzustellen (v.a. Anzahl bewirtschaftbarer Parkplätze), um den möglichen Beitrag einer Abgabe auf Beschäftigten- und Besucherparkplätzen an das System MUEK genauer einstufen zu können. c) Bestehende Erfahrungen ❏ In den Entwürfen zu den Umweltschutzgesetzen der Kantone BL und BS waren Ab- gaben von 1'200 Fr. pro Jahr für Beschäftigtenparkplätze und für Kundenparkplätze (bei letzteren nur ab 20 PP) vorgesehen. Die Abgaben scheiterten in den kantonalen Parlamenten. ❏ Im Luftprogramm für den Kanton Zürich ist die Einführung einer Abgabe auf den priva- ten Beschäftigtenparkplätzen von z.B. Fr. 600.- pro Jahr mit Überwälzungspflicht vorgesehen.(58) ❏ Im Kanton Bern wurden entsprechende Parkplatzabgaben im Bericht "Marktwirtschaftliche Instrumente zur Luftreinhaltung" diskutiert, aber bislang in keinem offiziellen Massnahmenprogramm verankert. ❏ Energie 2000 und das KIGA lancieren derzeit eine grosse Kampagne zur Förderung der freiwilligen Parkplatzbewirtschaftung durch Firmen im Kanton Bern. Dazu wurde ein Handbuch entwickelt und ein Dienstleistungsangebot für interessierte Unternehmen bereitgestellt. Auf der durch diese Kampagne in Gang gesetzten Diskussion um die Bewirtschaftung von Beschäftigten- und Besucherparkplätzen könnte aufgebaut werden. 58 Vgl. Baudirektion des Kantons Zürich 1990), Luft-Programm für den Kanton Zürich, Massnahme Nr. P8. Im Rahmen der Überarbeitung des Luft-Programms wird derzeit auch Massnahme P8 überprüft (Auskunft ATAL). ECOPLAN A - 46 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben ❏ Verschiedene Unternehmen haben aus Eigeninteresse eine Parkplatzbewirtschaftung eingeführt (z.B. Maag Zahnräder AG, Emch+Berger AG, Zürcher Kantonalbank, Studer AG).(59) Die Höhe der Gebühren variiert von Fr. 20.- bis Fr. 160.- pro Monat. Die Swissair sieht gebührenfreie Parkplätze für Personen vor, die aus gesundheitlichen Gründen auf das Auto angewiesen sind. Personen mit unregelmässiger Arbeitszeit und Schichtarbeiter bezahlen eine reduzierte Gebühr. d) Praktikabilität und Vollzugsaufwand Eine Vollerhebung der zu bewirtschaftenden Parkplätze durch den Kanton ist nicht empfehlenswert, zu gross wäre der Aufwand, die Parkplätze bei sämtlichen Betriebsstätten zu inventarisieren. Ein gangbarer Weg liegt u.E. nur in der Selbstdeklaration durch die Unternehmen. Die Unternehmen müssten - wie bei den VOC-Emissionserklärungen - periodisch (z.B. zusammen mit der Steuererklärung) angeben, wieviele Parkplätze sie der Beleg- und Kundschaft zur Verfügung stellen. Der Kanton müsste in diesem Fall stichprobenweise die Angaben der Unternehmen überprüfen. Es ist abzusehen, dass bei der Bestimmung der Zahl der Parkplätze Abgrenzungsprobleme auftreten (z.B. bei einer gemischten Nutzung einer Parkgarage durch Anwohner, Einkaufende und Angestellte mehrerer Firmen). Ebenfalls zu klären wäre, wie mit Parkplätzen von Vereinen (z.B. Tennisclubs usw.) und von öffentlichen Institutionen (Bahnen, Kanton, Gemeinden, Bund, etc.) verfahren würde. Auch Parkplätze für den Schwerverkehr, Vorplätze mit gemischter Nutzung usw. würden eine genauere Abgrenzung erfordern. Vor diesem Hintergrund wäre unabdingbar, dass der Kanton - wie bei der Steuererklärung - eine Wegleitung ausarbeiten müsste, in welcher das Vorgehen in einfacher Weise beschrieben wird. Insgesamt ist die Massnahme nur in der Einführungsphase als aufwendig zu bezeichnen. Dieser Aufwand fällt in erster Linie bei den Unternehmen an, welche eine Erhebung der vorhandenen, unternehmenseigenen Parkplätze durchführen müssten. Beim Kanton würden die folgenden Arbeiten anfallen: – Ausarbeitung der Wegleitung – Einlesen der eingegangenen Parkplatzerklärungen in die EDV (zum Zeitpunkt einer allfälligen Realisierung des Konzeptes MUEK dürfte ein automatisches Einlesen problemlos möglich sein) – Durchführen von Kontrollen – Entwickeln der (einfachen) Software für die Ermittlung der geschuldeten Abgaben – Rechnungstellung und Inkasso. Der grösste Aufwand dürfte die Behandlung von allfälligen Einsprachen gegen die in Rechnung gestellten Parkplatzabgaben verursachen. 59 Für einen Überblick über realisierte Lösungen vgl. Planungsbüro Jud AG (1992), Mobilitätsbeeinflussung in öffentlichen und privaten Betrieben, S. 2. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 47 U.E. rechtfertig des hohe Einnahmenpotential den anfallenden Vollzugsaufwand. Wir schätzen, dass der jährliche Aufwand beim Kanton bei Variante B eher weniger als 1% der Einnahmen ausmachen würde. e) Rechtliche Anforderungen Aufgrund seiner Steuerhoheit und der umweltpolitischen Motivation der Abgabenerhebung könnte der Kanton entsprechende Abgaben einführen, wenn sie auf Gesetzesstufe verankert werden. Artikel 37 Absatz 2 der Bundesverfassung verhindert eine Erhebung von Parkplatzabgaben auf privaten Parkplätzen von Unternehmen nicht.(60) Ob auch eine Überwälzungspflicht (analog zur verbrauchsabhängigen Heizkostenabrechnung) vor dem Bundesgericht standhalten würde, ist offen. (61) Eine Anpassung von Art. 101-106 der Kantonsverfassung ist u.E. nicht notwendig, da die "übrigen Abgaben" und die "Aufwands- und Verkehrssteuern", die der Kanton erheben kann, in der Verfassung nicht abschliessend aufgezählt sind. Ein Zielkonflikt ergibt sich zu der Parkplatzersatzabgabe, die gemäss Art. 18 Bst. c) des Baugesetzes entrichtet werden muss, wenn ein Bauherr bei einem Neu- oder Umbau nicht in ausreichendem Masse Parkplätze bereitstellen kann. Entsprechend wäre noch abzuklären, ob die Ersatzabgabe abzuschaffen wäre. (62) Ausführungen der Rechtsabteilung der Volkswirtschaftsdirektion: Bei dieser Abgabe würde es sich um eine Art Besitzes- oder Objektsteuer mit einer gewissen Aehnlichkeit zur (kommunalen) Liegenschaftssteuer (allerdings mit anderer Bemessungsgrundlage) handeln. Sie dürfte als indirekte Steuer wohl nicht unter die abschliessende Aufzählung von Art. 103 Abs. 1 KV fallen. Die Erhebung der Abgabe nur auf bestimmten Kategorien von Parkplätzen (Beschäftigten- und Besucherparkplätze privater Firmen, nicht aber z.B. Parkplätze in Wohngebieten) müsste allerdings mit triftigen sachlichen Unterscheidungsgründen gerechtfertigt werden können (z.B. Ziel-/Quellenparkplätze). f) Auswirkungen auf Unternehmen und Haushalte (erste Hinweise) Die Abgabe trifft in erster Linie Unternehmen mit vielen Beschäftigten- resp. Besucherparkplätzen. Die Massnahme verursacht damit vor allem bei Einkaufszentren und Industriebetriebe eine Verschlechterung der Standortgunst. 60 Vgl. Haas A. (1994), Staats- und verwaltungsrechtliche Probleme bei der Regelung des Parkierens von Motorfahrzeugen auf öffentlichem und privatem Grund, insbesondere im Kanton Bern, S. 125 und 121. 61 In diesem Sinn äussert sich André Schrade in seinem Rechtsgutachten, zitiert nach Aarplan/Michael M. (1990), Parkierungsabgaben, S. 22. Vgl. auch Haas A. (1994), Staats- und verwaltungsrechtliche Probleme bei der Regelung des Parkierens von Motorfahrzeugen auf öffentlichem und privatem Grund, insbesondere im Kanton Bern, S. 124, Fussnote 739. 62 Vgl. zu dieser Problematik Haas A. (1994), Staats- und verwaltungsrechtliche Probleme bei der Regelung des Parkierens von Motorfahrzeugen auf öffentlichem und privatem Grund, insbesondere im Kanton Bern, S. 126 f. ECOPLAN A - 48 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben Eher weniger betroffen sind Dienstleistungsunternehmen, welche insbesondere aus zwei Gründen ein vergleichsweise geringes Angebot an Parkplätzen aufweisen: ❏ Die Standorte von Dienstleistungsunternehmen konzentrieren sich auf zentrale Lagen, die sehr gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen sind. Aus diesem Grund und wegen des fehlenden Platzes bzw. der hohen Erstellungskosten verzichten solche Unternehmen häufig auf die Bereitstellung einer grossen Zahl von Beschäftigtenparkplätzen. ❏ Schicht- bzw. Nachtarbeit ist nur bei Industriebetrieben zulässig. Bei Dienstleistungs- unternehmen gibt es entsprechend weniger Beschäftigte, die aufgrund ihrer Arbeitszeit für den Arbeitsweg nicht auf die öffentlichen Verkehrsmittel zurückgreifen können. Zu den "Gewinnern" würde tendenziell der Detailhandel in den Stadt- und Dorfzentren gehören. Dieser wird vor allem durch die Bewirtschaftung der öffentlichen Parkplätze betroffen. Durch die Einführung einer Parkplatzbewirtschaftung bei Einkaufszentren würde dieser Nachteil ausgeglichen. Auf der Seite der Haushalte stellen sich die gleichen Fragen wie bei den Parkplatzmassnahmen auf öffentlichen Parkplätzen. g) Umweltaspekte: Handlungsbedarf, Koordination, Wirkung Bezüglich des grundsätzlichen Handlungsbedarfs verweisen wir auf die Ausführungen unter g) im vorangehenden Abschnitt. Aus zwei Gründen stufen wir aber den Handlungsbedarf bei privaten Parkplätzen als besonders hoch ein: – Die Zahl der privaten Parkplätze ist weitaus höher als die Zahl der öffentlichen. Entsprechend sind von Massnahmen bei den privaten Parkplätzen auch grössere Auswirkungen zu erwarten. – Bisher bezogen sich alle staatlichen Massnahmen bei bestehenden Parkplätzen aus rechtlichen Gründen ausschliesslich auf den öffentlichen Parkraum. Grundsätzlich ist diese Massnahme als sehr wirksam zu bezeichnen, weil sie als Ergänzung zur Bewirtschaftung der öffentlichen Parkplätze die wichtigen Bereiche der Firmenparkplätze sowie Teile des Freizeit- und Einkaufsverkehrs erfassen würde und in diesen Bereichen mögliche Wettbewerbsverzerrungen kompensieren könnte, die durch die Belastung der öffentlichen Parkplätze entstehen. Im Hinblick auf die Wirksamkeit ist anzustreben, dass die Abgaben auf die Benutzer überwälzt werden, da sonst die Lenkungswirkung nur noch auf der Ebene der Firmen (Parkplatzabbau!), nicht aber auf der Ebene der Besucher resp. Beschäftigten bestehen würde. Jahrespauschalen können hingegen nur als sehr grobes Steuerungsinstrument wirken und sind - selbst bei einer freiwilligen oder obligatorischen Ueberwälzung in Form von Tages-Abgaben - im Vergleich etwa zu denkbaren fahrleistungsabhängigen gesamtschweizerischen Massnahmen sicher nur zweite Wahl. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 49 i) Schlussfolgerung und Empfehlung Diese Massnahme weist ein bedeutendes Einnahmepotential, aber auch einige noch zu lösende Fragestellungen, insbesondere – in der fehlenden Verfügbarkeit von genaueren Grundlagendaten (Zahl der bewirtschaftbaren Parkplätze) – im Vollzug (Abgrenzungsfragen, bislang fehlende Erfahrungen in der Schweiz) – bei den Auswirkungen auf die Umwelt (tendenziell sicher positive, aber auch recht grobe Steuerung, selbst bei Einführung einer Überwälzungspflicht, da der Ansatzpunkt der Abgabe relativ weit weg von den durch den Verkehr verursachten Emissionen ist). Aufgrund des Einnahmenpotentials und der richtigen Wirkungsrichtung empfehlen wir trotz der genannten Schwierigkeiten, Abgaben auf privaten Beschäftigten- und Besucherparkplätzen in ein allfälliges Umweltabgaben-System mit einnahmenseitiger Kompensation zu integrieren. ECOPLAN A - 50 A8 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben Motorfahrzeugsteuern a) Beschreibung und Ausgestaltungsmöglichkeiten Die Motorfahrzeugsteuern werden erhöht. Diese Erhöhung kann linear (d.h. prozentual in allen Kategorien gleich) oder differenziert erfolgen. Denkbar ist auch, eine Erhöhung mit einer Anpassung der Bemessungsgrundlage(63) (insbesondere nach ökologischen Gesichtspunkten) zu kombinieren: – Reduktion des Degressionssatzes beim Gewichtstarif, damit die relative Bevorzugung der schwereren Fahrzeuge aufgehoben wird. – Abstufung nach typenspezifischen Emissionen – Abstufung nach typenspezifischem Treibstoffverbrauch – Abstufung nach der Fahrleistung Gemäss der Empfehlung der IKST(64) ist (nebst dem Fahrzeuggewicht als Kriterium) einzig eine sehr einfache Abstufung nach dem Emissionsverhalten denkbar, wobei eine fahrleistungsabhängige Bundeslösung (am ehesten via Treibstoffabgaben) vorzuziehen sei. Der Grosse Rat des Kantons Bern eine verbrauchsabhängige Ausgestaltung der Motorfahrzeugsteuer im Herbst 1995 abgelehnt. Gleichzeitig sollen aber mit anderen Kantonen Verhandlungen zur Koordination einer Neugestaltung der Motorfahrzeugsteuer aufgenommen und eine Expertenkommission eingesetzt werden. Vor diesem Hintergrund verzichten wir darauf, konkrete Vorschläge für eine Neugestaltung bzw. für eine Änderung der Bemessungsgrundlage(65) zu skizzieren. Aus der Sicht der Zielsetzung des Konzeptes MUEK wäre es aber sehr erwünscht, wenn bei der Besteuerung ökologische Gesichtspunkte mitberücksichtigt werden könnten, und sei es "nur" durch einen Zuschlag für Fahrzeuge mit einem besonders hohen Treibstoffverbrauch oder besonders schlechten Emissionswerten. Unter dieser Voraussetzung könnten z.B. folgende beiden Varianten unterschieden werden: ❏ Variante A: Die Motorfahrzeugsteuer wird für sämtliche Fahrzeugklassen linear um 10% erhöht. Konkret bedeutet dies, dass der Normalsteuersatz für die ersten 1'000 kg um 10% erhöht wird, der Degressionssatz zur Berechnung der weiteren Kilogramm aber nicht verändert wird. Zusätzlich werden gewisse, auch nach dem 1. Januar 1996 noch bestehende Steuerprivilegien (teilweise) abgebaut (z.B. bei landwirtschaftlichen Fahrzeugen). 63 Gegenwärtig erfolgt die Berechnung der Motorfahrzeugsteuer nach dem Gesamtgewicht: Die Jahressteuer beträgt Fr. 324.- (ab 1.1.1996: 360 Fr.) für die ersten 1'000 kg, für je weitere 1'000 kg ermässigt sich die Steuer um 14% des vorangehenden Steuersatzes. 64 IKST (Interkantonale Kommission für den Strassenverkehr) (1991), Empfehlungen Motorfahrzeugsteuern/Strassenverkehrssteuern - Bemessungskriterien. 65 Damit wird natürlich nicht gesagt, dass eine nach anderen Kriterien bemessene Motorfahrzeugsteuer keinen Platz in einem Umweltabgaben-System mit einnahmenseitiger Kompensation hätte. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 51 ❏ Variante B: Bei Variante B wird die Jahressteuer ebenfalls um 10% erhöht, zusätzlich erfolgt eine Anpassung des Degressionssatzes z.B. um 4 Prozentpunkte. Bei diesem Vorgehen werden schwerer Fahrzeuge überdurchschnittlich betroffen. b) Mögliche Einnahmen Die Einnahmen aus Motorfahrzeugsteuern betrugen 1993 218 Mio. CHF, im Budget 1994 sind 226.9 Mio. enthalten. Wenn die vom Regierungsrat im Massnahmenplan Haushaltgleichgewicht III aufgeführten Vorschläge (vgl. unten Ziffer c) realisiert werden, steigen die jährlichen Einnahmen auf über 250 Mio. Fr. Bei Variante A kann deshalb grob mit Mehreinnahmen in der Grössenordnung von 25 Mio. Fr. gerechnet werden. Die Mehreinnahmen von Variante B sind sehr viel schwieriger abzuschätzen. Beim Strassenverkehrsamt sind die Grundlagendaten (Verteilung der erfassten Fahrzeuge auf die verschiedenen Gewichtsklassen) nicht in geeigneter Form vorhanden, als dass berechnet werden könnte, welche Mehreinnahmen bei Variationen des Degressionssatzes anfallen. Als Faustregel gilt: Wird der Degressionssatz um einen Prozentpunkt reduziert, steigen die jährlichen Einnahmen um 2 - 2.5 Mio. Fr.(66) Bei Variante B kann entsprechend mit Mehreinnahmen in der Grössenordnung von 35 Mio. Fr. gerechnet werden. Da beim Schwerverkehr mit einer vermehrten Immatrikulation der Fahrzeuge in steuergünstigeren Kantonen gerechnet werden muss, stellen die oben stehenden Schätzungen Obergrenzen dar. Sie dürften nur erreicht werden, wenn wie erwähnt Steuerprivilegien abgebaut werden und wenn aus der Berücksichtigung ökologischer Gesichtspunkte Zusatzeinnahmen resultieren. c) Bestehende Erfahrungen ❏ Die Motorfahrzeugsteuern wurden vom Grossen Rat letztmals im Herbst 1992 (per 1.1.93) um 20% erhöht, eine zweite Erhöhung wurde im Sommer 1993 abgelehnt. Eine Initiative der Autopartei zur Beschränkung der Steuern resp. Unterstellung unter ein Referendum wurde vom Berner Volk abgelehnt. Im Juni 1995 hat der Grosse Rat eine Erhöhung der Motorfahrzeugsteuern gutgeheissen. Die wichtigsten Punkte des Vorlage, welche rund 25 Mio. Fr. Mehreinnahmen zur Folge haben soll, sind die folgenden: – Erhöhung des Normalsteuersatzes von 324 Fr. auf 360 Fr. – Teilweiser Abbau von Steuerpriviliegien für die Gemeinden (bisher bezahlten die Gemeinden keine Steuern für ihre Fahrzeuge, neu müssen sie dafür die Hälfte der normalen Steuer entrichten) – Verteuerung der Händlerschilder. ❏ Auf interkantonaler oder Bundesebene sind derzeit ausser den Diskussionen um eine Treibstoffzollerhöhung sowie die CO2-Abgabe (Vernehmlassung im Herbst 1994 abgeschlossen) keine Aktivitäten im Gang. 66 Direktauskunft Herrn Caccivo, SVSA. ECOPLAN A - 52 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben ❏ Mit einer Differenzierung der Motorfahrzeugsteuern nach Emissionsverhalten beste- hen Erfahrungen in St. Gallen und Basel: Der Vollzug hat sich zumindest in St. Gallen als zu aufwendig erwiesen (Einsprachen), so dass die Differenzierung wieder aufgegeben wurde. Im Kanton St. Gallen soll aber abgeklärt werden, ob der Treibstoffverbrauch eines Fahrzeuges bei der Festlegung der Motorfahrzeugsteuer berücksichtigt werden könnte. ❏ Der Kanton Luzern belohnt ab 1996 PW mit geringem Treibstoffverbrauch und LW, die weniger Partikel als erlaubt emittieren bzw. deren Lärmemissionen deutlich unterdurchschnittlich sind. Beispiel PW: Bei PW, die im Stadtzyklus weniger als 6.6 Liter Treibstoff verbrauchen, wird die Motorfahrzeugsteuer um 50% reduziert. 1997 werden nur noch PW in den Genuss des Bonus kommen, die weniger als 6.4 Liter konsumieren. Auf der anderen Seite steigen die Steuern für ältere PW (1. Inverkehrssetzung vor dem 1.10.1986), die neu eingelöst werden: Sie müssen einen 30%igen Zuschlag entrichten. Die Klassierung der Fahrzeuge wurde in Zusammenarbeit mit dem TCS vorgenommen. Die Anpassung der Software wird als aufwendig bezeichnet. Es ist aber nicht von "Millionenbeträgen" auszugehen. (67) ❏ Am 1. Januar 1997 wird Deutschland als erstes europäisches Land für PW eine nach dem Emissionsverhalten differenzierte Motorfahrzeugsteuer einführen. Die differenzierte Steuer für die Lastwagen wurde bereits 1994 realisiert. Sie wird bezüglich Anreizwirkung als grosser Erfolg gewertet (vermehrter Einsatz sauberer LW). d) Praktikabilität und Vollzugsaufwand Eine Erhöhung der Motorfahrzeugsteuer ist praktisch ohne Verwaltungsaufwand realisierbar (einmalige Anpassung in der EDV-Veranlagung). Hingegen würden Änderungen in der Bemessungsgrundlage einen bedeutenden (einmaligen und wiederkehrenden) Mehraufwand verursachen. Wie hoch dieser Aufwand ist, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abgeschätzt werden. e) Rechtliche Anforderungen Gemäss Gesetz über den Strassenverkehr und die Besteuerung der Strassenfahrzeuge kann der Grosse Rat die Höhe der Steuern per Dekret frei bestimmen. Die Abgabe unterliegt aber nach Art. 9 einer vollumfänglichen Zweckbindung für Strassenbau, -unterhalt und -betrieb sowie Beiträge an Gemeindestrassen. Aufgrund dieser Zweckbindung sind die gesetzlichen Grundlagen derzeit nicht gegeben, um die Motorfahrzeugsteuern in ein Umweltabgaben-System mit einnahmenseitiger Kompensation zu integrieren. Allenfalls möglich wäre eine sehr extensive Auslegung des Begriffs "Betrieb von Strassen" im Sinne eines Einbezugs von externen Kosten. Die sinnvollere Lösung wäre aber eine entsprechende Anpassung des Gesetzes über den Strassenverkehr und die Besteuerung der Strassenfahrzeuge. In jedem Falle erfordert eine Erhöhung der Motorfahrzeugsteuer eine Änderung des Dekretes über die Besteuerung der Strassenfahrzeuge. 67 Direktauskunft Herrn Huber, Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern, 23. November 1995. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 53 Ausführungen der Rechtsabteilung der Volkswirtschaftsdirektion: Einer lenkungswirksamen Ausgestaltung steht rechtlich nichts entgegen. Gelockert werden müsste die heutige Zweckbindung im Gesetz über den Strassenverkehr und die Besteuerung der Strassenfahrzeuge. f) Auswirkungen auf Unternehmen und Haushalte (erste Hinweise) Von einer Erhöhung bei den Personenwagen sind keine relevanten wirtschaftlichen Auswirkungen zu erwarten. Der Kanton Bern liegt allerdings bereits heute für viele PWTypen im oberen Bereich der Schweizer Kantone oder - im Falle von leichteren PW - sogar an der Spitze der "Besteuerungs-Rangliste". Bei Variante A würde diese "Spitzenposition" weiter ausgebaut. Bei Variante B würde sich in erster Linie die relativ günstige Ausgangslage bei den schwereren PW verschlechtern (vgl. Tabelle A-6). Bei den Fahrzeugen des Schwerverkehrs wird je nach Umfang der Erhöhung die Standortgunst für das Transportgewerbe beinträchtigt resp. eine Immatrikulation in Nachbarkantonen (mit entsprechendem Steuerausfall) zunehmen. Wie der Vergleich mit den anderen Kantonen ergeben hat (vgl. Tabelle , erhebt der Kanton Bern bei den leichten LWs vergleichsweise hohe Steuern, gehört aber bei den schwereren Fahrzeugen aufgrund des degressiven Tarifs zu den mittleren bis unteren Kantonen der Rangliste. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass Variante A aus wirtschaftlicher Sicht problematischer ist, als Variante B, welche gezielt die Steuerbelastung bei den schweren LW erhöht. Erste Berechnungen haben gezeigt, dass bei einer Reduktion des Degressionssatzes um 4 Prozentpunkte die Besteuerung von Lastwagen mit einem Gesamtgewicht von 9.5 bis 16 t im Kanton Bern noch deutlich höher würde als sie es im Vergleich zu den anderen Kantonen der Schweiz schon heute ist. Die Besteuerung der Lastwagen in den Gewichtsklassen über 22 t wäre in einzelnen Kantonen hingegen immer noch höher. g) Umweltaspekte: Handlungsbedarf, Koordination, Wirkung Aus umweltpolitischer Sicht ist im motorisierten Strassenverkehr ein klarer Handlungsbedarf gegeben. Da die Motorfahrzeugsteuern in der heutigen Ausgestaltung fahrleistungsunabhängig sind, nehmen sie diesen Handlungsbedarf in keiner Weise wahr. Bei den PW ist aufgrund des degressiven Steuertarifs sogar eher das Gegenteil der Fall. Variante A würde an dieser Situation praktisch nichts ändern. Die hohen Steuern bei einzelnen Fahrzeugtypen dürften nur in Ausnahmefällen dazu führen, dass jemand überhaupt auf sein Auto verzichtet. Auch im Falle des Schwerverkehrs sind nur geringe Auswirkungen auf die Umwelt zu erwarten, die Erhöhung der Motorfahrzeugsteuern zu einer vernachlässigbaren Verteuerung von Strassentransporten führen würde. Bei Variante B wird ein gewisser Anreiz zum Kauf leichterer und damit i.d.R. verbrauchsärmerer Fahrzeuge geschaffen. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass leichtere Fahrzeuge nicht zwingend auch weniger Schadstoffe emittieren. ECOPLAN ECOPLAN BE JU SG FR BL GR VD AR AI NE SZ GL ZH SO ZG LU UR AG NW OW GE TG BS SH VS 352 333 294 290 287 281 270 260 230 222 221 220 216 207 204 199 190 180 180 175 164 144 136 132 125 BE JU VD GR BL SG AR AI GL FR ZH NE SO SZ NW BS ZG UR AG OW TG GE LU SH VS 519 492 490 483 443 436 415 410 407 406 395 372 351 348 332 331 330 304 300 296 288 284 278 264 220 PW PW Renault R4 Ford Sierra 1080 kg 1675 kg 845 1993 4.3 10.15 VD GR BE JU AR GL BL ZH SG FR AI NE SO SZ NW BS ZG UR AG OW TG GE LU SH VS 570 564 547 518 493 475 469 460 460 450 440 432 411 408 387 382 376 352 348 340 336 332 317 312 250 PW Volvo 740 1840 kg 2315 11.79 VD GR GL AR ZH NE BE FR JU SZ SO BL NW AI SG BS ZG UR GE AG OW TG SH LU VS 790 766 678 653 639 639 627 609 594 588 576 547 539 530 529 510 503 484 480 468 461 456 444 430 325 GR VD GL NE ZH AR SO GE SZ FR NW BS LU AG ZG UR TG SH OW BE JU VS BL AI SG 1'250 1'230 1'096 1'049 995 968 927 922 903 879 844 816 788 756 756 748 744 708 703 627 594 550 547 530 529 AI BE BL JU SG VD GR AR GL ZH FR NE SO SZ NW BS ZG UR AG OW TG GE LU SH VS 950 945 912 897 809 570 564 493 475 460 450 432 411 408 387 382 376 352 348 340 336 332 317 312 250 PW Lieferwagen PW BMW 735 Chevrolet C VW LT 35 3.5 t 2070 kg 2128 kg 5730 2382 3428 29.18 12.13 17.46 Quelle: Internationaler Nutzfahrzeugkatalog 1994; Automobilrevue, eigene Berechnungen Fahrzeugart Fahrzeugtyp Gesamtgewicht Hubraum ccm Steuer-PS Rang: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 BE SG BL NE SO FR ZH VD JU AR AI GL ZG TI SZ AG GR LU BS UR OW NW SH TG GE VS 1'760 1'581 1'463 1'440 1'419 1'410 1'320 1'300 1'262 1'260 1'230 1'220 1'200 1'164 1'144 1'104 1'103 1'056 1'054 1'047 1'032 960 900 792 765 600 2-Achser Volvo 9.5 t 5 480 152 BE NE BL SG ZH SO FR VD GL AR AI SZ ZG AG JU GR BS LU TI OW NW SH UR GE TG VS 2'107 1'880 1'848 1'765 1'680 1'595 1'590 1'560 1'560 1'560 1'530 1'480 1'450 1'440 1'387 1'365 1'362 1'344 1'339 1'172 1'152 1'140 1'132 969 792 600 2-Achser IVECO 16 t 9500 318 BL VD ZH NE GL SZ AG AR AI LU ZG BS GR TI NW UR FR OW BE SO SH SG JU GE VS TG 3'850 3'250 3'210 3'060 2'835 2'740 2'700 2'685 2'655 2'568 2'550 2'517 2'496 2'410 2'400 2'354 2'310 2'282 2'261 2'255 2'184 2'158 1'620 1'400 1'260 1'163 3-Achser Volvo 25 t 12 000 330 BL ZH VD NE GL SZ AG AR AI LU BS ZG UR GR OW NW SH FR SO TI BE SG TG JU VS GE 4'312 3'735 3'640 3'600 3'260 3'160 3'120 3'060 3'030 2'988 2'902 2'790 2'780 2'733 2'700 2'688 2'544 2'490 2'475 2'410 2'280 2'188 2'006 1'634 1'520 1'400 NE 1'164 BE 968 FR 937 SG 882 BL 768 SO 737 ZG 725 TI 720 BS 702 NW 665 GR 652 JU 642 GE 574 GL 520 UR 492 OW 490 ZH 483 LU 480 AR 450 SH 438 VD 420 AG 390 TG 350 SZ 240 4-Achser Anhänger Mercedes Nutzlast 9 t 28 t 12 t 14620 330 A - 54 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben Tabelle A-6: Interkantonaler Vergleich der Motorfahrzeugsteuern, 1994 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 55 Die positiven Auswirkungen auf die Umwelt würden natürlich verstärkt, wenn ökologische Gesichtspunkte bei der Besteuerung berücksichtigt werden könnten. Wir haben es schon mehrfach angetönt: Ein Koordinationsbedarf mit anderen Kantonen besteht vor allem bei einer allfälligen Neugestaltung der Bemessungsgrundlage der Motorfahrzeugsteuer. i) Schlussfolgerung und Empfehlung Aufgrund des Einnahmenpotentials, des kantonalen Handlungsspielraumes und der ökologisch "richtigen" Wirkungsrichtung wäre die Motorfahrzeugsteuer ein geeigneter Bestandteil eines Systems MUEK. Gewichtige Argumente die gegen eine Integration der Motorfahrzeugsteuer sprechen, sind u.E. nicht auszumachen. Aus umwelt- und wirtschaftspolitischer Sicht wäre Variante B gegenüber einer linearen Erhöhung der Steuer vorzuziehen. Unter Berücksichtigung der Bestrebungen in den übrigen Kantonen sollte aus der Sicht des Konzeptes MUEK bei beiden Varianten die Integration ökologischer Gesichtspunkte angestrebt werden. ECOPLAN A - 56 A9 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben Vignetten/Road-Pricing a) Beschreibung und Ausgestaltungsmöglichkeiten Die Grundidee von Road-Pricing/Vignetten ist die Verteuerung des motorisierten Verkehrs in bestimmten Gebieten und evtl. zu bestimmten Zeiten. Dabei können je nach Konzeption sowohl umwelt- und verkehrspolitische wie auch finanzpolitische Ziele angestrebt werden. Folgende Möglichkeiten für Vignetten/Road-Pricing können erwogen werden: ❏ Betroffenes Gebiet: – Gesamter Kanton – Agglomeration(en) – Besondere Teilstrecken, z.B. Tunnel, Passstrassen ❏ Angewandte Technik: – Vignetten – Elektronisches Road-Pricing, z.B. mit elektronischer Abbuchung ab einer speziellen Tax-Karte – Zahlstellen wie z.B. an italienischen Autobahnen ❏ Differenzierungen – nach Tageszeit und Saison (insbesondere zur Reduktion von Staus) – nach Fahrzeugtyp ❏ Kompetenz- und Einnahmenverteilung – kommunal, evtl. mit kantonalem Rahmengesetz – kantonal, evtl. mit Beteiligung der Gemeinden an den Einnahmen Verschiedene Ausgestaltungsformen für Agglomerationen wurden in anderen Studien bereits ausführlich evaluiert.(68) Dabei haben sich grundsätzlich sowohl Vignetten- wie auch elektronische Systeme als machbar erwiesen, wobei verschiedenste Bedenken u.a. rechtlicher, vollzugstechnischer und wirtschaftspolitischer Natur bestehen. Aufgrund der gesamtkantonalen Optik dieser Machbarkeitsstudie steht ein Road-Pricingbzw. Vignetten-System in Agglomerationen mit kantonaler Federführung und kantonaler Beteiligung an den Einnahmen im Vordergrund. Die Erhebungstechnik, der genaue Einnahmenverteilschlüssel und die zeitliche Differenzierungen können in einem zweiten Schritt näher definiert werden. Auf Road Pricing auf Teilstrecken des kantonalen Strassennetzes gehen wir nur am Rande ein. Ein Road-Pricing für das gesamte Kantonsgebiet ist u.E. aus folgenden Gründen nicht weiterzuverfolgen: – Derartige "globalsteuernde" Instrumente müssten auf Bundesebene oder europaweit eingeführt werden, während eine Feinsteuerung für Agglomerationen aufgrund ihrer 68 Für einen guten Überblick Lewis N.C. (1993), Road Pricing. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 57 Zusatzbelastungen (v.a. Stau, Lärm, Luftverschmutzung) eine kantonale Initiative durchaus sinnvoll erscheinen lässt – Die Kontrollen resp. die Errichtung entsprechender elektronischer Vorrichtungen wären für ein Gebiet wie der Kanton Bern mit sehr vielen Einfallsachsen sehr aufwendig. b) Mögliche Einnahmen Im Sinne einer pragmatischen Lösung unterstellen wir bei Variante A, dass nur in der Region Bern eine Form von Road Pricing eingeführt würde. Das Einnahmenpotential eines elektronischen Systems und einer Vignettenlösung wurde für die Agglomeration Bern detailliert ermittelt:(69) ❏ Im Falle des elektronischen Road Pricings wurden die Einnahmen auf rund 130 Mio. Fr. pro Jahr geschätzt. Die Abgabenhöhe orientierte sich an den durch den Verkehr verursachten externen Kosten. ❏ Bei der Vignetten-Lösung belief sich die Einnahmenschätzung auf 70-110 Mio. Fr. Die Kosten würden für diese Lösung geringer ausfallen als beim elektronischen Road Pricing. Allein in der Agglomeration Bern könnte also ein Einnahmenüberschuss von rund 100 Mio. Fr. erzielt werden. Bei Variante B gehen wir davon aus, dass auch die Agglomerationen Biel und Thun in das System einbezogen würden. Für die beiden Agglomerationen sind keine Grundlagendaten verfügbar, die eine zuverlässige Abschätzung des Einnahmenpotentials zuliessen. Im Sinne einer sehr groben Vereinfachung unterstellen wir, dass die Bevölkerungszahl und die Zahl der Arbeitsplätze zur Annäherung des Verkehrsvolumens und damit des Einnahmenpotentials herbeigezogen werden können. Unter dieser Annahme würden bei Variante B gegenüber Variante A Mehreinnahmen in der Grössenordnung von rund 50% resultieren. Entscheidend ist die Frage, wem diese Mittel zugeleitet werden. Wie bei den Parkplatzabgaben käme wohl in erster Linie eine Lösung in Frage, bei welcher die Gesamteinnahmen nach einem bestimmten Verteilschlüssel auf den Kanton und die Gemeinden verteilt werden. Aus Sicht der Agglomerationen wäre es wohl nur denkbar, dem Kanton Mittel aus dem Road-Pricing zu überlassen, wenn entsprechende Gegenleistungen seitens des Kantons erfolgen würden (z.B. im Bereich des öffentlichen Verkehrs oder Mitarbeit bei der Projektierung und Einführung eines Road Pricing-Systems). Im Sinne einer Arbeitshypothese unterstellen wir wie bei den Parkplatzabgaben, dass beispielsweise 20% der Einnahmen an den Kanton fliessen würden. Unter diesen Annahmen ergäbe sich ein Beitrag an das System MUEK in der Grössenordnung von 20 (Variante A) bzw. 30 Mio. Fr. (Variante B). Die Einnahmen aus einem Road Pricing auf bestimmten Strassenabschnitten (z.B. Passstrassen) sind weit geringer einzustufen als bei einem System für die drei grössten ber- 69 Vgl. Abay G. und Zehnder C. (1992), Road Pricing für die Agglomeration Bern, S. 52 und ECOPLAN (1991), Marktwirtschaftliche Instrumente zur Lufreinhaltung, S. 93. ECOPLAN A - 58 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben nischen Agglomerationen. Die Einnahmen würden in diesem Fall aber zu 100% dem Kanton zufliessen. c) Bestehende Erfahrungen Im Ausland bestehen Erfahrungen mit Road-Pricing als Finanzierungsinstrument in Singapur, Oslo, Bergen und Trondheim. Versuche sind in London und Cambridge sowie auf deutschen Autobahnversuchsstrecken angelaufen. Erfahrungen mit Autobahngebühren bestehen in verschiedenen europäischen Ländern, u.a. auch beim (privaten) Tunnel durch den Grossen St. Bernhard. Konkrete Pläne bestehen zudem in Stockholm. In der Schweiz werden für die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe und die Umsetzung der Alpeninitiative auch elektronische Systeme diskutiert. In der Stadt Bern besteht die Absicht, für die Finanzierung eines allfälligen Schanzentunnels auch ein Road-Pricing zu prüfen. Die Möglichkeiten für die Stadt Bern wurden in verschiedenen Studien recht detailliert erörtert.(70) Die Erfahrungen und Vorabklärungen können vereinfacht wie folgt zusammengefasst werden: ❏ Die technische Machbarkeit ist heute kein Problem mehr. ❏ Die politische Akzeptanz ist schwierig zu erreichen, es sei denn, die Mittel werden für die Strassenfinanzierung zweckgebunden (mit entsprechend kontraproduktivem Umwelt-Effekt). ❏ Das Kosten-Nutzen-Verhältnis einer Einführung wird insbesondere aufgrund reduzierter Staueffekte und Umweltbelastungen als günstig eingeschätzt. ❏ Die rechtliche Situation wird z.T. kontrovers beurteilt, jedoch ist unbestritten, dass eine Einführung mit einem verfassungmässig vorgesehenen Ausnahmebeschluss der Bundesversammlung möglich wäre. d) Praktikabilität und Vollzugsaufwand Aufgrund der beschränkten Erfahrungen ist mit einem relativ hohen Aufwand für die Einführung zu rechnen, die Praktikabilität ist aber aufgrund der erstellten Studien als gegeben zu betrachten. Die Kosten hängen stark von der verwendeten Technologie ab. In Oslo betrugen die Investitionskosten z.B. 50 Mio. CHF, die Betriebskosten jährlich ca. 10 - 15 Mio. CHF (während die Einnahmen rund 130 Mio. CHF betragen). Im oben erwähnten Vorschlag für ein elektronisches Road Pricing für die Agglomeration Bern wurden die Kosten für das System wie folgt angegeben: ca. 10 - 15 Mio. Fr. Investitionskosten, ca. 4 Mio. Fr. jährliche Betriebskosten. (71) Ein Vignettensystem hätte einen um Faktoren geringeren Aufwand zur Folge. 70 ECOPLAN (1991), Marktwirtschaftliche Instrumente zur Lufreinhaltung und ECOPLAN (1992), Strategien zur Internalisierung externer Kosten im Agglomerationsverkehr. Abay G. und Zehnder C. (1992), Road Pricing für die Agglomeration Bern. Bähler C. (1991), Road Pricing Bern. 71 Abay G. und Zehnder C. (1992), Road Pricing für die Agglomeration Bern, S. 51. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 59 Vollzugstechnisch relativ einfach zu lösen wäre eine Besteuerung von Passstrassen (nur eine Strasse, geringere Raumprobleme für die Einrichtung der Zahlstelle als in Agglomerationen). Der vergleichsweise hohe Vollzugsaufwand darf natürlich nicht nur dem Konzept MUEK angelastet werden. Mit einem Road Pricing werden in der vorgeschlagenen Form nicht nur Einnahmen für das System MUEK erzielt, vielmehr ginge es auch darum, die Mittel für die Finanzierung von Verkehrsinfrastrukturanlagen (z.B. Schanzentunnel) hereinzuholen. e) Rechtliche Anforderungen Die Bundesverfassung untersagt in Art. 37 Abs. 2 die Erhebung von Strassenbenützungsgebühren, ermöglicht aber der Bundesversammlung, Ausnahmen festzusetzen, wie dies für den Tunnel am Grossen St. Bernhard geschehen ist. Für eine Reihe von privaten Bergstrassen werden zudem ebenfalls schon heute Gebühren erhoben. Ganz allgemein ist davon auszugehen, dass europaweit einer fahrleistungsabhängigen elektronische Gebührenerhebung die Zukunft gehört und schon in einigen Jahren konkrete Anwendungen möglich sind. Die Bundesversammlung wird sich in naher Zukunft mit dem Thema Road Pricing befassen müssen: Der Bundesrat hat angekündigt, er werde dem Parlament eine Botschaft zur Änderung von Artikel 37 Abs. 2 der Bundesverfassung vorlegen.(72) Mit der Vorlage soll nicht nur die Gebührenerhebung zur Finanzierung von Verkehrsanlagen in Städten, sondern auch die Idee eines allgemeinen Road Pricings diskutiert werden. (73) Ausführungen der Rechtsabteilung der Volkswirtschaftsdirektion: Da es sich m.E. letztlich doch um eine Benutzungsgebühr handeln würde (auf die Bezeichnung der Abgabe und die formale Ausgestaltung kommt es nicht an, massgebend ist ihr materieller Charakter), wäre nach den Ausführungen unter Ziff. e) ein Beschluss der Bundesversammlung erforderlich. f) Auswirkungen auf Unternehmungen und Haushalte (erste Hinweise) Bei den Auswirkungen auf Unternehmen und Haushalten stehen grundsätzlich die gleichen Aspekte im Vordergrund wie bei der Einführung von Parkplatzabgaben. Entsprechend kamen die bereits erwähnten Studien zum Schluss, dass ein Road-Pricing die Unternehmen des zweiten Sektors bis zu einem gewissen Grad negativ betreffen würde, während für Dienstleistungsunternehmungen eher neutrale bis positive Auswirkungen zu erwarten sind. 72 Der Bundesrat wurde mit Motionen beauftragt, "...rechtlichen Voraussetzungen zur Ermöglichung eines Road Pricings vorzubereiten" (Motion Vollmer), bzw. "...dem Parlament einen Bundesbeschluss vorzulegen, der die Erhebung einer Benützungsgebühr für die Strassenverbindung vorsieht, die das Genferbecken oberhalb der Mont-Blanc-Brücke queren soll (Motion Coutau). 73 Vgl. Basler Zeitung, Ausgabe vom 21. November 1995, S. 1 und 11. ECOPLAN A - 60 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben Auf der Haushaltsseite ist immerhin zu erwähnen, dass Arbeits- und Einkaufsorte in Agglomerationen in aller Regel sehr gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sind. Ein Umsteigen vom Auto auf die öffentlichen Verkehrsmittel ist daher leichter möglich als im ländlichen Raum. g) Umweltaspekte: Handlungsbedarf, Koordination, Wirkung Wie bei der Diskussion der Parkplatzabgaben ausgeführt, ist vor allem in Agglomerationen ein grosser umweltpolitischer Handlungsbedarf gegeben (Lärm- und Luftbelastung, Verkehrsstaus). Ein Koordinationsbedarf ergibt sich vor allem mit einer allfälligen Einführung von Parkplatzabgaben, da mit einem Road Pricing grundsätzlich die gleichen verkehrspolitischen Zielsetzungen verfolgt werden können wie mit der Einführung bzw. Erhöhung von Parkplatzabgaben. Wenn z.B. bereits bei den Parkplatzabgaben eine lufthygienisch begründete Lenkungskomponente erhoben wird, dann müsste dies bei der Festlegung der Abgabesätze eines allfälligen Road Pricing-Systems berücksichtigt werden. Es bleibt festzuhalten, dass ein Road Pricing-System grundsätzlich besser geeignet ist, Lenkungswirkungen im Verkehr zu erreichen, da die Abgabenerhebung "näher" beim eigentlichen Ziel der Besteuerung, nämlich den Emissionen ansetzt. Die umweltpolitischen Wirkungen hängen direkt von der Höhe der Abgaben ab, die durch ein Road Pricing erhoben werden. In den erwähnten Untersuchungen für die Agglomeration Bern wurde geschätzt, dass z.B. die NOx-Emissionen in der Region Bern (alle Emittenten) um rund 8 - 12% gesenkt werden könnten, wenn sich die Abgabenhöhe nach den geschätzten externen Kosten des Verkehrs bemessen würde.(74) Wenn für Spitzenzeiten höhere Abgaben verlangt werden, sind beträchtliche Verminderungen von Staus (Umlagerungen auf verkehrsärmerere Zeiten) zu erwarten. h) Schlussfolgerung und Empfehlung Aus Gründen der Akzeptanz scheint uns einzig eine Variante erfolgversprechend, in der die Gemeinden (resp. Agglomerationen) einen beträchtlichen Nutzen aus den Einnahmen ziehen. Es wäre aber denkbar, dass der Kanton über einen Prozentsatz an den Einnahmen partizipiert. Aufgrund der rechtlichen und politischen Problematik einer Einführung von Road PricingSystemen kommen wir aber trotz der grundsätzlichen Machbarkeit zum Schluss, diese Massnahme vorläufig nicht in das Konzept MUEK zu integrieren. Mit ein Grund für diese Empfehlung ist das "konkurrierende Verhältnis" zwischen Parkplatzabgaben und Road Pricing. Sollten die rechtlichen und politischen Voraussetzungen für die Einführung eines Road Pricing-Systems gegeben sein, müsste ohnehin abgeklärt werden, inwieweit die Parkplatzbewirtschaftung neu auszugestalten wäre, wenn in einer bernischen Agglomeration ein Road Pricing realisiert würde. Dabei wäre auch die Rolle der beiden Instrumente im Konzept MUEK neu zu definieren. 74 Im Falle einer Vignettenlösung wurden folgende Preise unterstellt: 1 - 2 Fr. pro Tag für Nicht-KatalysatorFahrzeuge, 10 bis 50 Rp. für Kat-Fahrzeuge und 15 bis 40 Fr. für Lastwagen. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 61 Mit dieser Beurteilung sprechen wir uns keineswegs gegen das Instrument an sich aus. Im Gegenteil, aus ökonomischer Sicht sind Strassenbenützungsabgaben besser einzustufen als etwa Parkplatzabgaben. Wir sind aus den genannten Gründen bloss der Meinung, dass Vignetten- oder Road Pricing-Lösungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht im Rahmen des Konzeptes MUEK weiterverfolgt werden sollten. Sollten bis zum allfälligen Einführungszeit des Konzeptes MUEK die offenen Fragen im Zusammenhang mit Road Pricing geklärt sein, wäre das Instrument wieder in die Betrachtungen einzubeziehen. ECOPLAN A - 62 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A10 Emissionsabgabe bei Feuerungen(75) a) Beschreibung und Ausgestaltungsmöglichkeiten Mit einer Emissionsabgabe werden die Stickoxid-Emissionen (NOx) belastet, die bei Verbrennungsvorgängen in Feuerungen erzeugt werden. Die von den Betreibern der Feuerungen zu entrichtenden Abgaben sind mittels Jahresfrachten (Emissionsmengen in Kilogramm oder Tonnen pro Jahr) zu bestimmen. Aufgrund des Vollzugsaufwandes (vgl. unten Ziffer d) muss sich die Abgabe auf Grossfeuerungen mit einer Leistung von mehr als 1 Megawatt beschränken. Bei der Festlegung des Abgabensatzes kann grundsätzlich von zwei Ansätzen ausgegangen werden: ❏ Die Abgabe richtet sich primär nach einem Ziel, das durch sie erreicht werden soll. In diesem Fall soll die Abgabe zu einem Umsteigeeffekt auf emissionsärmere Technologien führen. Damit rücken die Kosten von brennstoff- und oder emissionsärmeren Feuerungen sowie von Alternativsystemen (Wärmepumpen, Sonnenkollektoren) in den Vordergrund. Die Abgabe muss mindestens so hoch sein wie die Kosten dieser Technologie, damit sie Anreize für Substitutionen auslöst. Ergebnisse verschiedener Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass bei diesem Ansatz eine Abgabenhöhe von Fr. 10 - 20 / kg NO x einzusetzen wäre.(76) ❏ Beim zweiten Ansatz richtet sich die Abgabenhöhe nach den sogenannten externen Kosten, welche die NOx-Emissionen verursachen (z.B. Gesundheitsschäden beim Menschen, Waldschäden etc.). Für die Schweiz liegen Berechnungen der externen Kosten pro NOx-Emissionstonne vor. (77) Aufgrund dieser Berechnungen wäre von einem Abgabensatz von Fr. 13 - 30 / kg NOx auszugehen. Unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse schlagen wir vor, in der vorliegenden Untersuchung von folgenden beiden Abgabenvarianten auszugehen: ❏ Variante A: Abgabe von 10 Fr. / kg NO x im Sinne einer unteren Schranke ❏ Variante B: Abgabe von 30 Fr. / kg NO x im Sinne einer oberen, längerfristigen Variante. 75 Möglichkeiten und Grenzen einer Emissionsabgabe auf Feuerungen wurden im Auftrag der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern bereits umfassend diskutiert (vgl. ECOPLAN (1991), Marktwirtschaftliche Umweltinstrumente zur Luftreinhaltung im Kanton Bern, S. 32 ff.). Der vorliegende Anhang baut auf diesem Bericht auf. 76 Vgl. ECOPLAN (1991), Marktwirtschaftliche Umweltinstrumente zur Luftreinhaltung im Kanton Bern, S. 37 f. 77 Vgl. Arbeitsgemeinschaft INFRAS/PROGNOS (1994), Externe Kosten und kalkulatorische Energiepreiszuschläge für den Strom- und Wärmebereich. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 63 b) Mögliche Einnahmen Insbesondere längerfristig sind die möglichen Einnahmen sehr schwierig abzuschätzen, da mit der Abgabe - vor allem im Fall von Variante B - ein spürbarer Lenkungseffekt erreicht werden dürfte. Kurz- bis mittelfristig ist dieser Lenkungseffekt als eher gering einzustufen, da im Rahmen des Vollzugs der Luftreinhalte-Verordnung (LRV) bei den Grossfeuerungen bereits grosse Sanierungen vorgenommen werden. Nach Abschluss dieser Sanierungen entsprechen die Feuerungen weitgehend dem Stand der Technik, weshalb kurz- bis mittelfristig keine erheblichen Emissionsreduktionen erwartet werden dürfen. Die gesamte Jahresfracht der rund 400 Grossfeuerungen des Kantons Bern ist nicht bekannt.(78) Für eine grobe Abschätzung des Einnahmenpotentials konnten wir auf die durchschnittlichen Jahresemissionen von 25 Grossfeuerungen in der Region Bern zurückgreifen. Anhand des geschätzten Brennstoffverbrauchs und unterstellten spezifischen NOx-Emissionen von 60kg/TJ wurde eine Hochrechnung auf rund 400 Grossfeuerungen im gesamten Kanton Bern vorgenommen. Bei Variante A haben wir einen mittelbis längerfristigen Lenkungseffekt von 10% angenommen, bei Variante B einen solchen von 20%. Unter diesen Annahmen resultieren folgende Grössenordnungen von Einnahmen aus der Feuerungsabgabe: – Variante A: ca. 6 Mio. Fr. – Variante B: ca. 17 Mio. Fr. c) Bestehende Erfahrungen ❏ In Frankreich ist seit 1985 eine Abgabe in Kraft, und zwar für Anlagen mit über 50 MW Leistung oder mit Jahresemissionen von über 2'500 Tonnen Schwefeldioxid (SO2) oder NOx. Betroffen sind rund 400 Anlagen. Sie beträgt rund 35 Fr./Tonne SO2, was gemäss OECD um rund einen Faktor 100 zu tief ist, um genügend Anreize für EG-konforme Technologien auszulösen.(79) Das System hat primär Finanzierungsfunktion. ❏ In Schweden wird bei rund 150 - 200 Grossfeuerungen, die über 10 Megawatt Lei- stung und über 50 Gigawattstunden Jahresenergieproduktion aufweisen (sehr grosse Anlagen), eine NOx-Abgabe erhoben.(80) Der Abgabensatz beträgt 40 Schwedische Kronen pro kg NOx, was ungefähr 6.5 Fr./kg NOx entspricht. Dieser Satz wurde aufgrund einer Reduktionskosten-Uebersicht festgelegt. ie Abgabe wird den Grossfeuerungen im Verhältnis zu ihrer End-Energieproduktion zurückerstattet: Somit werden Feuerungen bevorteilt, die einen hohen Wirkungsgrad und geringe Emissionen aufweisen. Von der Abgabe wurde eine Emissionsreduktion von 20-25% erwartet. Bereits im Jahr 1992 wurde eine Reduktion von 30-40% erreicht! Die Emissionen werden kontinuierlich mit Messgeräten gemessen. Sofern die Anlagebetreiber nicht rechtzeitig 78 Nur für die drei Massnahmenplangebiete, die Regionen Bern, Biel und Thun, sind entsprechende Daten verfügbar. 79 Vgl. OECD (1989), Instruments économiques pour la protéction de l'environnement, S. 41 f. 80 Vgl. OECD (1994), Managing the Environment, S. 59. ECOPLAN A - 64 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben Messgeräte installieren, werden sie mit einer für sie unvorteilhaften Pauschalabgabe pro Energieinput-Einheit belastet. d) Praktikabilität und Vollzugsaufwand Wir haben es bereits unter Punkt a) erwähnt: Die Emissionsabgabe wird nur auf den Grossfeuerungen erhoben. Ein Einbezug kleinerer und mittlerer Anlagen wäre aus ökologischer Sicht zwar wünschenswert, hätte aber enorme Vollzugskosten zur Folge. Dies vor allem aus folgenden Gründen: ❏ Neben den rund 400 Grossfeuerungen werden im Kanton Bern über 90'000 kleine und mittlere Anlagen mit einer Wärmeleistung von weniger als 1 Megawatt (MW) Leistung (Hausfeuerungen) betrieben. ❏ Aufgrund der Konzeption der schweizerischen Luftreinhaltepolitik ("Emissionsstandard- philosophie") werden bei den Feuerungen nicht Jahresfrachten sondern "nur" die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte. Bei kleinen und mittleren Anlagen werden die unverbrannten Ölanteile, die Russzahl und die Abgasverluste gemessen, da in der LRV für diese Anlagen kein NOx-Grenzwert festgelegt ist. ❏ Die Messung oder Hochrechnung von Jahresfrachten ist zwar technisch möglich, aber aufwendig. Werden nur die Grossfeuerungen der Abgabenpflicht unterworfen, relativiert sich der Vollzugsaufwand erheblich. Bereits heute werden alle Grossfeuerungen periodisch (z.T. durch Privatfirmen) kontrolliert. Bei der Kontrolle wird ein Stundenmittel der NOx-Konzentration gemessen (mg NOx / m3). Um die Jahresfracht zu ermitteln, müssten die Betriebsstunden festgehalten werden. Dies könnte z.B. durch den Einbau eines Betriebsstundenzählers erfolgen. Bei der zuständigen Stelle im KIGA geht man davon aus, dass diese Hochrechnung insgesamt ohne grossen Vollzugsaufwand möglich ist. (81) e) Rechtliche Anforderungen Gestützt auf das eidgenössischen Umweltschutzgesetz (USG) und auf die LRV hat der Grosse Rat 1989 das Gesetz zur Reinhaltung der Luft (Lufthygienegesetz LHG) beschlossen. In Artikel 14 hält das Gesetz fest, dass der Kanton mit Dekret finanzielle Anreize und marktwirtschaftliche Steuerungsinstrumente zur Verbesserung der Reinhaltung der Luft schaffen kann. In der juristischen Literatur wird aber verschiedentlich die Meinung vertreten, für eine Abgabe genüge das Dekret dem Erfordernis einer formell-gesetzlichen Grundlage nicht, da es nicht dem fakultativen Referendum unterliegt. Es ist davon auszugehen, dass eine Emissionsabgabe durch eine Ergänzung des Lufthygienegesetzes geregelt werden müsste. Nach Auffassung des Bundesgerichtes verlangt der Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung eine Begrenzung der Kompetenzdelegation an die Exekutive: Die wichtigsten Grundsätze der Abgaben müssen in einem formellen Gesetz geregelt werden. "In der Regel hat das formelle Gesetz im Abgaberecht den Kreis der Abgabepflichtigen 81 Direktauskunft von Herrn Rüfenacht, KIGA. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 65 (Abgabesubjekt), den Gegenstand der Abgabe (Abgabeobjekt) und deren Bemessung in ihren Grundzügen festzulegen, gegebenenfalls auch Ausnahmen, Befreiungen, Erleichterungen."(82) Allerdings besteht in der juristischen Literatur Uneinigkeit darüber, "wie bestimmt die gesetzliche Regelung sein muss (...)".(83) Gerade bei Lenkungsabgaben wird der Spielraum zugunsten einer Delegation (ans Parlament oder an die Exekutive) aufgrund der notwendigen Flexibilität und der teilweise schwer abschätzbaren Wirkung als recht gross beurteilt. Beispielsweise kann die Höhe der Abgaben - bei einem gesetzlich definierten Maximum - variabel festgelegt werden. Vollzugsdetails können auf der Verordnungsebene geregelt werden. Für die vorliegende Machbarkeitsstudie ist die konkrete Ausgestaltung der gesetzlichen Grundlagen nur von zweitrangiger Bedeutung (Dekret oder Gesetz). Entscheidend ist die Tatsache, dass der Kanton eine Emissionsabgabe für Feuerungen grundsätzlich einführen kann. Ausführungen der Rechtsabteilung der Volkswirtschaftsdirektion: Der Erlass verschärfter Emissionsbegrenzungen (namentlich im Rahmen von Massnahmenplänen) fällt in die Kompetenz der Kantone, weil der Bund hier von seiner Regelungskompetenz keinen Gebrauch gemacht hat. Folglich sind die Kantone auch zur Einführung zusätzlicher rechtlicher Instrumente berechtigt. Als flankierende Massnahmen können hier Abgaben in Betracht kommen, zumal solche an sich im Kompetenzbereich der Kantone liegen (vgl. auch URP 1993 S. 57). Im Rahmen der vorsorglichen Emissionsbegrenzung wird die Zulässigkeit kantonaler Emissionsabgaben in der Literatur (URP 1990, S. 328) nicht ganz so eindeutig bejaht wie in der Machbarkeitsstudie. Zwar untersagt Art. 65 USG den Kantonen nur den Erlass neuer Immissionsgrenzwerte, Alarm- und Planungswerte, Bestimmungen über Typenprüfungen und umweltgefährdende Stoffe. Art. 12 USG zählt die möglichen Formen von (vorsorglichen) Emissionsbegrenzungen jedoch abschliessend auf, womit die Einführung weiterer Arten im Prinzip ausgeschlossen ist. Immerhin wird in der Literatur auch die Auffassung vertreten, eine kantonale Emissionsabgabe verstosse dann nicht gegen Bundesrecht, wenn sie überwiegend fiskalischen Charakter habe, also nicht hauptsächlich als Lenkungsinstrument, sondern zur Deckung der Kosten von Umweltschutzmassnahmen diene (ASA 1991 S. 242). Nicht unproblematisch wäre unter dem Aspekt der Rechtsgleichheit die Abgrenzung zwischen abgabepflichtigen Grossanlagen und den befreiten Klein- und Mittelanlagen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung müssen der Kreis der Abgabepflichtigen, der Abgabegegenstand, die Bemessungsgrundlage und das Abgabemass in einem Gesetz im formellen Sinn, d.h. in einem dem Referendum unterstehenden Erlass umschrieben werden. Die Ermächtigung in Art. 14 des kantonalen Lufthygienegesetzes, marktwirtschaftliche Steuerungsinstrumente mittels Dekret einzuführen, reicht deshalb nicht aus, so dass eine Aenderung des Gesetzes erforderlich wäre. 82 EDI (1990), Änderung des Umweltschutzgesetzes, S. 107. Gleichzeitig sind die entsprechenden Bundesgerichtsurteile aufgeführt. Der Entwurf für eine neue Berner Kantonsverfassung enthält explizit den Grundsatz, dass die genannten Punkte auf Gesetzesstufe zu regeln sind. 83 EDI (1990), Änderung des Umweltschutzgesetzes, S. 107. ECOPLAN A - 66 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben f) Auswirkungen auf Unternehmen und Haushalte (erste Hinweise) Dass eine genauere Prüfung der Auswirkungen auf Industrie und Gewerbe erforderlich, kann am Beispiel der rund 25 Grossfeuerungen in der Region Bern verdeutlicht werden. Die Anlagen stossen im Durchschnitt 2 - 5 Tonnen NOx pro Jahr aus. Bei Variante A müssten sie eine jährliche Abgabe von 20 - 50'000 Fr. entrichten. Bei Variante B steigt die Abgabe auf 60 - 150'000 Fr. / Jahr. Da es sich um Grossbetriebe handelt, wäre eine derartige Belastung wahrscheinlich verkraftbar - sie kommt aber zu den übrigen Belastungen durch Umweltauflagen hinzu, so dass die Wettbewerbsfähigkeit zumindest einer vertieften kritischen Würdigung bedarf. Für Grossemittenten wie z.B. die Papierfabrik Deisswil müsste u.E. ein Ermässigungsmodell eingeführt werden, wenn die Abgabe nicht zu einer untragbaren finanziellen Belastung führen soll. Ein solches Ermässigungsmodell wird in Kapitel 6 beschrieben. Aus ökonomischer Sicht und aus dem Blickwinkel der Gerechtigkeit stellt sich ein weiteres Problem: Die Grenze "Grossfeuerungen ab 1 MW Leistung" ist relativ zufällig gewählt. Es gibt zahlreiche Anlagen in dieser Grössenordnung, teils oberhalb und teils unterhalb dieses Wertes. Mit unerwünschten Verzerrungen muss damit bei der vorgeschlagenen Ausprägung der NOx-Emissionsabgabe gerechnet werden. Vor einer allfälligen Einführung wäre die Frage der sinnvollen Abgrenzung zwischen "Gross-" und "Kleinfeuerung" detailliert anzugehen. g) Umweltaspekte: Handlungsbedarf, Koordination, Wirkung Der Handlungsbedarf bei den NOx-Emissionen ist grundsätzlich hoch. Die NOx-Grenzwerte der LRV werden im Kanton Bern immer wieder überschritten, NOx trägt als Vorläufersubstanz zudem auch zu den Überschreitungen des Ozon-Grenzwertes bei. Aus ökologischer Sicht weist die NOx-Emissionsabgabe einen grossen Vorteil auf: Sie setzt unmittelbar bei den Emissionen an, also bei jenem "Tatbestand", der auch besteuert werden soll. Es gilt allerdings zu beachten, dass der weitaus grösste Teil der NOx-Emissionen aus dem Verkehr stammen: In der Region Bern z.B. verursachen die Grossfeuerungen weniger als 10% der gesamten NOx-Emissionen. Im gesamtschweizerischen Mittel verursachen die Feuerungen ca. 12% der NOx-Emissionen. Selbst wenn also die Abgabe sehr wirksam wäre und längerfristig z.B. eine ähnlich hohe Emissionsreduktion wie in Schweden erreichen würde - aufgrund der unterschiedlichen Ausgangslage ist dieser Fall allerdings als sehr optimistisch zu bezeichnen -, würden die NOx-Emissionen im Kanton Bern "nur" um rund 2-3% zurückgehen. Die Abgabe würde tendenziell auch die Anwendung alternativer Heizsysteme fördern, z.B. Sonnenkollektoren für die Warmwasseraufbereitung. Diese erneuerbaren Energien sind allerdings (auch mit den Subventionen für Solaranlagen) in den nächsten Jahren nur in Ausnahmefällen rentabel. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 67 i) Schlussfolgerung und Empfehlung Die Abgabe setzt unmittelbar bei den Emissionen eines problematischen Luftschadstoffs an. Sie unterstützt die kantonalen Bemühungen im Rahmen des Vollzug der Luftreinhalteverordnung. Beschränkt sich die Abgabe auf Grossfeuerungen, ist sie vollziehbar und beinhaltet auch ein gewisses Einnahmenpotential. Insofern passt sie sehr gut in das Konzept MUEK. Vor einer allfälligen Einführung wäre noch vertieft abzuklären, ob bei der Abgrenzung der Abgabenpflicht nicht ein anderer Wert als die vorgeschlagenen 1 MW Leistung herbeigezogen werden sollte. ECOPLAN A - 68 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A11 Elektrizitätsabgabe a) Beschreibung und Ausgestaltungsmöglichkeiten Vorbemerkung: Eine Elektrizitätsabgabe ("zweckgebundene Elektrizitätsgebühr") wurde 1993 vom Grossen Rat verworfen. Die damaligen Entscheidungsgrundlagen(84) sind aber nach wie vor aktuell, so dass sich die folgenden Ausführungen primär auf eine kurze Zusammenfassung dieser Erkenntnisse beschränkt. Aufgrund des Vollzugsaufwandes muss sich die Abgabe auf leitungsgebundene Energieträger beschränken. Von diesen fällt Gas aufgrund der intensiven Konkurrenz zum Erdöl ausser Betracht, während Fernwärme aufgrund der ökologischen Förderungswürdigkeit ebenfalls nicht mit einer Abgabe belastet werden sollte. Wie im Bericht der Direktion (85) dargelegt, kommt deshalb nur eine Elektrizitätsabgabe in Frage. Differenzierungsmöglichkeiten bestehen bezüglich der Höhe und des Einbezugs der Hochspannungsbezüger. Als mögliche (Eck-) Varianten unterscheiden wir: A Abgabe von 0.3 Rp./kWh wie im Vorschlag an den Grossen Rat als untere Variante B Abgabe von 1 Rp./kWh als obere, langfristig nicht a priori unrealistische Variante b) Mögliche Einnahmen Die vorgeschlagene Abgabe von 0.3 Rp/kWh hätte Einnahmen von rund 19 Mio. Franken (Variante A) gebracht. Bei einer generellen Ausnahme für Hochspannungsbezüger würden die Einnahmen um 30% geringer ausfallen. Variante B brächte rund 63 Mio. Fr., wobei eine (allerdings als gering eingeschätzte) Lenkungwirkung berücksichtigt ist (ohne Hochspannungsbezüger ca. 40 Mio. Fr. c) Bestehende Erfahrungen ❏ In der EU wird seit mehreren Jahren ein Vorschlag für eine Energie-/CO2-Abgabe dis- kutiert, die auch die Elektrizität umfassen soll. Gegenwärtig steht ein Modell im Vordergrund, bei dem die Mitgliedstaaten in einem gewissen Rahmen ihre eigenen Abgabemodelle wählen können. Der ursprüngliche Vorschlag sah z.B. für Elektrizität aus Wasserkraft ca. 0.15 Rp./kWh, ansteigend bis auf 0.5 Rp./kWh vor. ❏ Drei skandinavische Länder erheben Stromabgaben: In Dänemark wird seit 1992 auf Elektrizität eine Abgabe von ca. 2.4 Rp./kWh erhoben, wobei für Unternehmungen der halbe Satz gilt. Die Abgabe in Norwegen beträgt ca. 1 Rp./kWh, in Schweden 1.9 Rp./kWh. (86) ❏ In den meisten Ländern wird zudem die Mehrwertsteuer auch auf Elektrizität erhoben, so auch in der Schweiz seit deren Einführung Anfang 1995 (6.5%). Der Vernehmlas84 VEWD /Meier R. (1992), Energieabgaben auf kantonaler Ebene. Vortrag des Regierungsrates betreffend Aenderung des Energiegesetzes, 2.12.92 Leimbacher J. (1992), Gutachten Energieabgabe. Kilchenmann F. (1992), Gutachtliche Stellungnahme zur bernischen Energieabgabe. 85 VEWD /Meier R. (1992), Energieabgaben auf kantonaler Ebene. 86 Vgl. ECOPLAN (1993), Umweltabgaben in Europa. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 69 sungsvorschlag für eine CO2-Abgabe schlägt hingegen keine Belastung der Elektrizität vor. Hingegen ist eine Erhöhung der Wasserzinsen (durch die Erhöhung der bundesrechtlichen Maximalwerte) im Moment in Diskussion in den eidgenössischen Räten. ❏ Auf kantonaler und kommunaler Ebene werden zweckgebundene Elektrizitätsabgaben in Basel-Stadt (2.5% der Preise) und Zürich (10% des Gewinns) erhoben. In Bern ist der Vorschlag für einen Stromrappen in der Volksabstimmung abgelehnt worden. ❏ Im Kanton Bern wurde die bereits erwähnte zweckgebundene Elektrizitätsgebühr vom Grossen Rat verworfen. Bezüglich der Lenkungswirkung gibt es einige Hinweise auf einen spürbaren Effekt in Dänemark. Die übrigen Abgaben sind zu gering resp. zu jung, um einen klaren Effekt feststellen zu können. In allen skandinavischen Ländern wurden spezielle Ermässigungen für energieintensive Betriebe eingeführt. Aufgrund dieser Regelungen sind keine negativen wirtschaftlichen Auswirkungen bekannt. d) Praktikabilität und Vollzugsaufwand Im bernischen Vorschlag war vorgesehen, dass die Elektrizitätsversorgungsunternehmen die Abgabe durch einen Zuschlag auf den Rechnungen erheben (und dafür allenfalls auch entschädigt würden). Ausnahmen resp. tiefere Sätze hätten vom Regierungsrat namentlich für den öffentlichen Verkehr, für Eigenerzeuger sowie für energieintensive Betriebe festgelegt werden können. Verschiedene Ansatzpunkte für eine teilweise Ermässigung für energieintensive Betriebe wurden vorgeschlagen. (87) Insgesamt kann die Elektrizitätsabgabe als praktikabel und im Vollzug vergleichsweise sehr einfach bezeichnet werden. e) Rechtliche Anforderungen Es ist umstritten, ob auf kantonaler Ebene(88) eine Elektrizitätsabgabe eingeführt werden kann.(89) Die Hauptfrage ist dabei, ob die Abgabe mit dem ausschliesslichen Recht des Bundes, eine Mehrwertsteuer oder gleichgeartete Steuern zu erheben, kollidiert, oder ob sie als zweckgebundene Gebühr ausgestaltet in kantonaler Hohheit eingeführt werden kann. Die Meinungen der Gutachter und eine nicht abschliessende Beurteilung des Bundesamtes für Justiz lassen den Schluss zu, dass hier nur das Bundesgericht abschliessende Klarheit schaffen könnte. Unbestritten ist, dass die Abgabe einer formell-gesetzlichen Grundlage bedarf (Änderung Energiegesetz). 87 VEWD /Meier R. (1992), Energieabgaben auf kantonaler Ebene, S. 38. Weiter Vorschläge finden sich z.B. im Bundesratsvorschlag für eine CO2-Abgabe. 88 Für städtische Werke wie Basel und Zürich wird die Rechtslage mehrheitlich anders eingeschätzt, da deren Preiszuschläge nicht als öffentliche Abgabe aufgefasst werden. 89 Vortrag des Regierungsrates betreffend Aenderung des Energiegesetzes, 2.12.92 Leimbacher J. (1992), Gutachten Energieabgabe. Kilchenmann F. (1992), Gutachtliche Stellungnahme zur bernischen Energieabgabe. ECOPLAN A - 70 Anhang A: Detailevaluation der Abgaben Ausführungen der Rechtsabteilung der Volkswirtschaftsdirektion: Art. 41ter Abs. 2 BV untersagt den Kantonen die Erhebung gleichartiger Steuern auf Umsätzen, die der Bund der Warenumsatz-, bzw. nun der Mehrwertsteuer oder einer besonderen Verbrauchssteuer unterwirft (oder als befreit erklärt). Energielieferungen (namentlich auch Elektrizität) unterstehen der Mehrwertsteuer. Die Elektrizitätsabgabe müsste deshalb so ausgestaltet werden, dass sie nicht den Charakter einer Verbrauchs-, bzw. gleichartigen Steuer hätte. Ob und wie dies möglich wäre, ist nach wie vor umstritten (vgl. auch URP 1993 S. 58), so dass auf eine Klärung durch das Bundesgericht gewartet werden muss. f) Auswirkungen auf Unternehmungen und Haushalte (erste Hinweise) Gemäss erwähnter Studie und dort erwähnter Literatur ist eine Abgabe in der diskutierten Variante A gesamtwirtschaftlich und für die weitaus meisten Betriebe praktisch bedeutungslos. Problematisch sind die Auswirkungen bei Betrieben, deren Stromkostenanteil rund 10% übersteigt, besonders wenn sie in starker interkantonaler Konkurrenz stehen. Bei Variante B sind bereits ab einem Stromkostenanteil von 3 - 4 % Probleme nicht auszuschliessen. Es ist zu beachten, dass die Stromtarife für die Industrie im Kanton Bern bereits heute im interkantonalen Vergleich recht hoch sind, wobei aber Spezialtarife mit Grosskunden zu berücksichtigen sind. Zumindest eine negative Signalwirkung ist auch für Betriebe mit einem Stromkostenanteil von ca. 5% bis 10% nicht auszuschliessen. Dies sind zwar zahlenmässig sehr wenige Betriebe, aber deren wirtschaftliche Bedeutung darf nicht unterschätzt werden (rund 2'000 Beschäftigte total, Stromkostenanteil zwischen 5% und 10%).(90) Diese Auswirkungen könnten mit verschiedenen Ermässigungsmodellen oder mit einer generellen Befreiung der Hochspannungsbezüger praktisch vollständig eliminiert werden (was natürlich auch zu Einnahme-Ausfällen führen würde). Bei den Haushalten könnte insbesondere die Variante B bei unteren Einkommensklassen sowie Haushalten mit Elektroheizungen zu Problemen führen, die näher zu diskutieren wären. Neben diesen direkten Auswirkungen sind auch indirekte Wirkungen zu beachten, namentlich die Förderung der rationellen Energieanwendung (die tendenziell mehr einheimische Arbeitsplätze schafft als die Stromproduktion), Anstösse zu Innovationen sowie die Effekte der Mittelverwendung. g) Umweltaspekte: Handlungsbedarf, Koordination, Wirkung Die Wirkung einer Abgabe in der skizzierten Höhe ist sehr gering (Nachfragerückgang von unter 1% in Variante A, von 2 - 3% bei Variante B), aber aufgrund der Zielsetzungen von Energie2000 sowie der bernischen Energiepolitik von der Richtung her erwünscht. Allerdings ist zu beachten, dass die Abgabe einseitig auf Strom ausgerichtet ist, während bei den übrigen Energieträgern teilweise ein grösserer Handlungsbedarf geortet werden kann (insbesondere CO2-Effekt bei den fossilen Energieträgern). Die energiepolitische 90 Laut Umfrage Elektrowatt von 1989: Cementwerke Vigier, Carbagas, Gurit-Worbla, damalige Metallwerke Selve, Metallwerk Boillat, Papierfabrik Utzensdorf, Verzinkerei Worb, Wollspinnerei Interlaken, Ziegelei Gasser. ECOPLAN Anhang A: Detailevaluation der Abgaben A - 71 Steuerung über marktwirtschaftliche Instrumente wird mittlerweile mehrheitlich als Notwendigkeit anerkannt, jedoch liegt ein sinnvoller Schwerpunkt entsprechender Massnahmen eher auf nationaler oder internationaler Ebene (Energie-/CO2-Abgabe). Sollte der Bund entgegen den jetzigen Entwürfen eine Abgabe auf Elektrizität einführen, wäre dies für eine kantonale Abgabe problematisch, würde sie aber nicht grundsätzlich ausschliessen. Ihr Beitrag zur ökologischen Zielerreichung wird in jedem Fall bescheiden bleiben. h) Schlussfolgerung und Empfehlung Eine Elektrizitätsabgabe ist praktikabel und verspricht einen bedeutenden Ertrag. Die wirtschaftlichen Auswirkungen bei stromintensiven Betrieben müssen durch ein Ermässigungsmodell gemildert werden (vgl. dazu Kapitel 6). Der kritische Punkt ist eindeutig die Verfassungskonformität, die vom Regierungsrat und von einem Gutachten für vertretbar betrachtet wird, aber wohl nur durch das Bundesgericht abschliessend entschieden werden kann. Ansonsten kann die Integration der Abgabe in ein System MUEK empfohlen werden. ECOPLAN Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B-1 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle Inhaltsverzeichnis: Vorbemerkung ........................................................................................................ 2 B1 Steuersenkungsmodelle .............................................................................. 4 B1.1 Reduktion der Einkommenssteuer für natürliche Personen....................... 10 B1.2 Reduktion der Gewinnsteuer für juristische Personen............................... 17 B1.3 Reduktion der Kapitalsteuer für juristische Personen................................. 20 B2 Rückerstattungsmodelle ............................................................................ 22 B2.1 Reduktion der Arbeitnehmerbeiträge an die Sozialversicherungen............ 23 B2.2 Rückerstattung über die Krankenpflegeversicherung................................. 24 B2.3 Verrechnung mit der Steuerrechnung bzw. Auszahlung ............................ 26 B2.4 Arbeitsplatzbonus ...................................................................................... 29 B2.5 Lohnsummenbonus ................................................................................... 30 Schlussfolgerungen .............................................................................................. 34 ECOPLAN B-2 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle Vorbemerkung Für die Verwendung des Abgabenaufkommens sind zahlreiche verschiedene Formen denkbar. Das Spektrum reicht grundsätzlich von einer starren Zweckbindung bis zu verschiedenen Formen der Rückerstattung der Einnahmen an die Wirtschaftssubjekte und an die Bevölkerung. Die Diskussionen am ersten Workshop (26. August 1994) haben klar gemacht, dass in der vorliegenden Machbarkeitsstudie nur staatsquotenneutrale Verwendungsformen vertieft zu untersuchen sind. Es sind dies – Steuersenkungsmodelle (in erster Priorität) sowie – direkte Rückerstattungsmodelle (B2). Wie diese beiden Verwendungsformen im einzelnen zu beurteilen sind, hängt davon ab, welches Gewicht den untenstehenden Kriterien beigemessen wird: ❏ Wirkung auf die Standortgunst Das Umweltabgaben-System mit einnahmenseitiger Kompensation (System MUEK) soll einerseits zu einer effizienteren Gestaltung der Umweltpolitik durch den vermehrten Einsatz von marktwirtschaftlichen Instrumenten führen, andererseits aber auch durch die Mittelverwendung die Standortgunst des betroffenen Wirtschaftsraumes positiv beeinflussen. ❏ Sozialverträglichkeit und Verteilungsneutralität Das System MUEK verfolgt für sich allein keine Umverteilungsziele. Mit anderen Worten: Das System sollte nicht zu bedeutenden Umverteilungen führen. Im Vordergrund stehen dabei Umverteilungen zwischen verschiedenen Einkommensgruppen (Sozialverträglichkeit): Falls das vorgeschlagene Umweltabgaben-System weniger begüterte Haushalte gemessen in Prozenten des Einkommens stärker trifft als wohlhabendere (regressive Wirkung), sollte dieser Effekt im Sinne der Sozialverträglichkeit durch die Verwendung des Abgabenaufkommens korrigiert werden. Die Ausführungen in Kapitel 6 zeigen, dass von einer gewissen regressiven Wirkung ausgegangen werden muss. Weiter ist zu beachten, dass ein Teil der Umweltabgaben direkt durch die Wirtschaft bezahlt wird. Es ist davon auszugehen, dass die Unternehmen nur einen Teil dieser Zusatzbelastung auf die Konsumenten und Konsumentinnen überwälzen können. Aus der Sicht der Verteilungsneutralität sollte das Mittelverwendungsmodell sicherstellen, dass die einnahmenseitige Kompensation nicht zu grossen Lastenverschiebungen zwischen der Wirtschaft und den privaten Haushalten führt. ❏ Administrativer Aufwand Die Verfahren für die Verwendung des Abgabenaufkommens sollten bei der Verwaltung einen möglichst kleinen administrativen Aufwand verursachen. Dabei sind sowohl der periodisch anfallende “Betriebsaufwand” als auch der bei der Einführung des Systems einmalig anfallende Aufwand zu berücksichtigen. ECOPLAN Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B-3 ❏ Rechtliche Verankerung des Verwendungsmodells Es ist zu prüfen, welche rechtlichen Anpassungen für die Umsetzung der Mittelverwendungsmodelle nötig sind. Dabei ist insbesondere auf die Frage einzugehen, wie die einnahmenseitige Kompensation mit den Einnahmen aus den Umweltabgaben rechtlich resp. im politischen Prozess verknüpft werden kann. ❏ Flexibilität Die Verwendungsmodelle der Abgaben sollten so ausgestaltet sein, dass mögliche Schwankungen beim Abgabenaufkommen - u.a. aufgrund der Lenkungswirkung der Abgaben - flexibel aufgefangen werden können. Neben diesen Kriterien wird häufig ein weiteres herbeigezogen, nämlich die Erhaltung der Anreizwirkung. Bei sämtlichen hier diskutierten Mittelverwendungsvarianten bleibt die Anreizwirkung der Abgaben voll erhalten: Da alle Lösungen (abgesehen von der Gesamtsumme der Steuersenkungen bzw. Rückerstattungen) völlig unabhängig von der Abgabeseite ausgestaltet sind, beinflusst die Mittelverwendung den Anreizeffekt nicht. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass Rückerstattungen keineswegs - wie häufig geäussert - die Lenkungswirkung zunichte machen, "weil das Geld dann ja weiterhin für Strom, Autofahren usw. ausgegeben wird". Entscheidend für das Ausgabeverhalten und die Anreizwirkung sind die relativen Preise, also das Verhältnis der Preise verschiedener Güter. Die Veränderung der relativen Preise führt zu einem Substitutionseffekt: Die durch die Umweltabgaben verteuerten Güter werden in geringerem Ausmasse konsumiert resp. an ihrer Stelle werden "umweltfreundlichere" Güter nachgefragt ("Verzichts- resp. Umsteige-Effekt"). Die Rückerstattung (in welcher Form auch immer) gleicht die Belastung durch die Umweltabgaben aus, so dass im Durchschnitt die Einkommen konstant gehalten werden. Nach einer gewissen Anpassungszeit (Reaktion auf die Verteuerung) wird aber nur ein kleiner Teil der Rückerstattung für zusätzlichen Konsum der besteuerten Güter verwendet. Dieser Einkommenseffekt ist im Vergleich zum Substitutionseffekt vernachlässigbar. ECOPLAN B-4 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B1 Steuersenkungsmodelle ”Die Einnahmen aus den Umweltabgaben sollen zur Kompensation von Einnahmenausfällen herbeigezogen werden, die aus Steuersenkungen resultieren”, so lautet vereinfacht der Grundsatz eines Umweltabgaben-Systems mit einnahmenseitiger Kompensation auf der Steuerseite. Bei der Umsetzung dieses Grundsatzes stellen sich insbesondere zwei Fragen: Bei welchen Steuern sollen Senkungen geprüft werden? Wie soll die Steuersenkung konkret vorgenommen werden? Die erste Frage wird weitgehend durch die Fragestellung der vorliegenden Untersuchung beantwortet: Da die Möglichkeiten eines Umweltabgaben-Systems auf kantonaler Ebene analysiert werden sollen, betrachten wir nur direkte Staatssteuern für natürliche und für juristische Personen, die im kantonalen Steuergesetz (StG) vorgesehen sind.(1) Nicht betrachtet werden damit Gemeinde- und Bundessteuern sowie kantonale Erbschafts- und Schenkungssteuer. In Grafik B-1 haben wir die direkten Staatssteuern wiedergegeben, welche in dieser Untersuchung weiter betrachtet werden. Grafik B-1: Direkte Staatssteuern im Kanton Bern Natürliche Personen Einkommenssteuer Vermögenssteuer Quellensteuer Vermögensgewinnsteuer Gewinn- oder Ertragssteuer Juristische Personen Legende: Gegenstand der Untersuchung Nicht Gegenstand der Untersuchung Spezialfälle bei Holding- und Domizilgesellschaften 1 Vgl. Art. 2 des kantonalen Gesetzes über die direkten Staats- und Gemeindesteuern. ECOPLAN Kapitalsteuer Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B-5 Kommentar: ❏ Auf einen Einbezug der Vermögensgewinnsteuer - sie wird auf Grundstück- und auf Lotteriegewinnen erhoben - wird verzichtet, weil zwischen den beiden Ansatzpunkten der Steuer und dem angestrebten Ziel, mit der Einführung eines Umweltabgaben-Systems mit einnahmenseitiger Kompensation die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Kanton Bern zu erhöhen, ein zu geringer Zusammenhang besteht. Zudem stellt der diese Steuer auslösende Tatbestand in der Regel einen ausserordentlichen Geschäftsfall dar, was die Koppelung an die mehr oder weniger regelmässig anfallenden Einnahmen aus den Umweltabgaben erschwert. ❏ Ebenfalls nicht in die Untersuchung einbezogen wird eine spezifische Reduktion der Vermögenssteuer zur Kompensation der Einnahmen aus den Umweltabgaben.(2) Mit dem Konzept MUEK soll eine Verbesserung der Wirtschaftsstandortes Kanton Bern erreicht werden. Mit einer Senkung der Vermögenssteuer geht aber "nur" eine Attraktivierung des Wohnstandortes für vermögende Personen einher. Eine gewisse Verbesserung der Standortgunst ergäbe sich für kleinere Aktiengesellschaften, da die Belastung durch die Doppelbesteuerung reduziert würde. (3) Eine Senkung der Vermögenssteuer wäre dann zu prüfen, wenn der Kanton Bern hoch attraktiver Wohnstandort für vermögende Personen sein möchte. Es ist allerdings offensichtlich, dass diese Form der Mittelrückerstattung nicht sozialverträglich wäre, da nur Personen mit einem Vermögen von mehr als Fr. 75’000 überhaupt von der Steuersenkung profitieren würden. Nicht profitieren würden die über 70% der Steuerpflichtigen des Kantons Bern, welche ein geringeres Vermögen versteuern. Tabelle B-2: Erträge aus den verschiedenen Steuerarten im Kanton Bern, 1993 (4) Steuerart Mio. Fr. Einkommenssteuern natürlicher Personen Anteil in % 2'030 Einkommenssteuern übriger juristischer Personen 80.6% 1 0.0% 154 6.1% 2 0.1% 114 4.5% 10 0.4% 2 0.1% Kapitalsteuern der AG und der GmbH 41 1.6% Kapitalsteuern der Genossenschaften 5 0.2% 84 3.3% 76 2'519 3.0% 100.0% Vermögenssteuern natürlicher Personen Vermögenssteuern übriger juristischer Personen Ertragssteuern der AG und GmbH Ertragssteuern der Genossenschaften Kapitalsteuern der Holdinggesellschaften Vermögensgewinnsteuern Erbschafts- und Schenkungssteuern Total 2 Einbezogen wird sie natürlich über eine allfällige Senkung der Steueranlage, da diese alle direkten Steuern erfasst. 3 Bei kleinen AGs versteuert der Inhaber einerseits die Aktien über die Vermögenssteuer, andererseits aber auch das Aktienkapital über die Kapitalsteuer. Allerdings schneidet der Kanton Bern bei der Vermögensbesteuerung im Vergleich zum schweizerischen Durchschnitt nicht besonders schlecht ab, vielmehr nimmt die bernische Steuerbelastung der Reinvermögen einen Mittelfeldplatz ein (vgl. Eidgenössische Steuerverwaltung (1994), Steuerbelastung in der Schweiz 1993). 4 Quelle: Die Staatsrechnung des Kantons Bern für das Jahr 1993, S. 315. ECOPLAN B-6 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle Welche Bedeutung die verschiedenen Steuern für den Staatshaushalt haben, zeigt Tabelle B-2. Sie vermittelt auch einen ersten Eindruck, in welchem Verhältnis das in Kapitel 3 ausgewiesene Einnahmenpotential aus den Umweltabgaben zum Aufkommen der verschiedenen Steuerarten steht. Die Frage, wie die Steuersenkungen konkret vorgenommen werden sollen, ist nicht einfach zu beantworten, da grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten bestehen. In Grafik B3 haben wir die verschiedenen Möglichkeiten am Beispiel der Einkommenssteuer für natürliche Personen dargestellt. Grafik B-3: Varianten von Steuersenkungen (dargestellt am Beispiel der Einkommenssteuer für natürliche Personen) Berechnung der Steuer: Ansatzpunkte für Varianten von Steuersenkungen: Bruttoeinkommen Sachliche und pers. Abzüge Variante 1: Einführung eines zusätzlichen Abzuges (Pauschale oder Prozentabzug) Steuerbares Einkommen Variante 2: Änderung der Einheitsansätze Einheitsansätze Einfache Steuer Steueranlage Gde. Variante 3: Änderung der Steueranlage Steueranlage Staat Variante 4: Prozentabzug auf dem Steuerbetrag Gemeindesteuer Staatssteuer ECOPLAN Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B-7 Kommentar zu Grafik B-3: ❏ Variante 1: Einführung eines zusätzlichen Abzuges Zwei Untervarianten sind denkbar: a) Die einfachste Lösung über Steuerabzüge die Einnahmen aus Umweltabgaben zurückzuerstatten, besteht in der Einführung eines pauschalen Abzuges, welcher bei der Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage geltend gemacht werden kann. Wir nennen diese Variante im folgenden ”Umwelt-Pauschale” (Variante 1a). b) Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass die Steuerbemessungsgrundlage (z.B. der Reingewinn bei der Gewinnsteuer) um einen bestimmten Prozentsatz ("Umwelt-Prozentabzug") reduziert wird (Variante 1b). Aus bundesrechtlicher Sicht sind die beiden Varianten 1a und 1b sehr kritisch zu beurteilen. Das Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) zählt in Art. 9 abschliessend auf, welche allgemeinen Abzüge von den Steuerpflichtigen geltend gemacht werden können. Aus verständlichen Gründen ist dabei keine ”Umwelt-Pauschale” vorgesehen. Eine Lösung, bei welcher das Steuersubjekt auf der Steuererklärung einen Abzug vornimmt, ist damit ohne Änderung des StHG nicht möglich. Immerhin bestimmen die Kantone gemäss Art. 1 StHG die Steuertarife, die Steuersätze und die Steuerfreibeträge. Es könnte argumentiert werden, der Kanton führe eine Art Steuerfreibetrag ein, wenn die Pauschale oder der Prozentabzug im Sinne eines Steuerrabattes von Amtes wegen in Abzug gebracht würde.(5) Gemäss Steuerverwaltung lässt sich aber auch mit dieser Argumentation die abschliessende Aufzählung der Abzüge im StHG nicht umgehen. Die Realisierung von Variante 1 setzt damit grundsätzlich eine Anpassung des StHG voraus und wird deshalb nur noch am Rande weiterverfolgt. ❏ Variante 2: Änderung der Einheitsansätze Der Vorteil dieses Vorgehens zur Steuersenkung liegen auf der Hand. Einerseits können gezielt einzelne Steuern reduziert werden, andererseits kann über die Neudefinition der Einheitsansätze eine gezielte Entlastung bestimmter Gesellschaftsgruppen angestrebt werden. Es wäre also z.B. denkbar, höhere Einkommen steuerlich stärker zu entlasten, damit der Wohnstandort Kanton Bern für hochqualifizierte Arbeitskräfte attraktiver wird. Dieser Vorteil wird aber u.E. durch verschiedene Nachteile wettgemacht: – Die Einheitsansätze sind entscheidend für die verteilungspolitischen Wirkungen der Einkommensbesteuerung, da sie je nach Höhe des zu versteuernden Einkommens variieren (Progression). Entsprechend ist ihre Festlegung von hoher verteilungspolitischer Brisanz. Das aktuelle Gefüge kann als Ergebnis eines politischen Ausmarchungsprozesses zwischen Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlicher Einkommensgruppen verstanden werden. – Der zweite Nachteil einer Änderung der Einheitsansätze liegt darin, dass damit unmittelbar auch die Gemeindesteuern betroffen werden, da für die Gemeinde- 5 Der Steuerrabatt für die beiden Steuerjahre 1989 und 1990 wurden ebenfalls mit einem speziellen Steuerrabattgesetz eingeführt. Der Steuerrabatt wurde auf der Einkommenssteuer von natürlichen Personen in der Form eines Abzuges von der Bemessungsgrundlage gewährt. ECOPLAN B-8 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle steuern ausschliesslich die im StG festgelegten Einheitsansätze gelten. Das vorgeschlagene Umweltabgaben-System führt aber nur beim Kanton zu Mehreinnahmen, mit welchen Steuersenkungen ”finanziert” werden können. Den Gemeinden würde - unter sonst gleichbleibenden Bedingungen - nur eine Erhöhung des Steuerfusses übrigbleiben, um die sinkenden Einnahmen bei der betroffenen Steuer auszugleichen. – Die Einheitsansätze sind im Steuergesetz festgelegt. Eine Anpassung der Rückerstattung an Schwankungen bei den Einnahmen aus den Umweltabgaben wäre nur mit einer aufwendigen Steuergesetzrevision möglich. Variante 2 wird aus diesen Gründen, und weil andere Varianten erfolgversprechender sind, nicht weiterverfolgt. ❏ Variante 3: Änderung der Steueranlage In der Steuergesetzgebung des Kantons sind für alle in Grafik B-1 wiedergegebenen Steuerarten die Einheitsansätze(6) festgelegt. Die Steueranlage ist das alljährlich durch den Grossen Rat festgelegte Vielfache des Einheitsansatzes. Gemäss Art. 3 Abs. 3 StG ist die Steueranlage für alle direkten Steuern die gleiche.(7) Eine Senkung der Steueranlage beeinflusst damit die Höhe sämtlicher in Grafik B-1 wiedergegebenen Steuerarten. Eine gezielte Senkung einer bestimmten Steuer - z.B. der aus der Sicht der Standortgunst des Kantons Bern besonders problematischen weil überdurchschnittlich hohen Einkommenssteuer für natürliche Personen - ist mit Variante 3 nicht möglich. Der Vorteil einer Senkung der Steueranlage besteht, dass an der gesamten Struktur der bernischen Steuergesetzgebung, die sich im Laufe der Zeit entwickelt hat und offensichtlich Ergebnis eines mehrheitsfähigen politischen Konsenses darstellt, nichts verändert würde. ❏ Variante 4: Prozentabzug auf dem Steuerbetrag Soll eine bestimmte Steuer gesenkt werden, wäre Variante 4 zu wählen. Der geschuldete Steuerbetrag (nur Staatssteuer) wird von Amtes wegen um einen bestimmten Prozentsatz(8) reduziert. Variante 4 kann eigentlich als "gezielte Anlagensenkung" bezeichnet werden, denn mit der Ausnahme, dass sich Variante 4 auf eine einzelne Steuerart beziehen lässt, besteht zwischen ihr und Variante 3 kein grundsätzlicher Unterschied. Zur Illustration: Eine Senkung der Steueranlage um einen Steuerzehntel von z.B. 2.3 auf 2.2 hat für eine bestimmte Steuer (z.B. Einkommenssteuer) betragsmässig die gleiche Wirkung, wie ein Abzug von 4.35% auf dem geschuldeten Betrag eben dieser Steuer. 6 Die Einheitsansätze werden in Form von Prozent- oder eines Promillesätzen des zu versteuernden Einkommens, Vermögens, Gewinns oder Kapitals festgelegt. Ihre Ausgestaltung entscheidet über die Progression der verschiedenen Steuern. Die Multiplikation des zu versteuernden Betrages mit dem Einheitsansatz ergibt die einfache Steuer. 7 Art. 3 des kantonalen Steuergesetzes. 8 Wir betrachten hier nur einen Prozentabzug. Auf die Rückerstattung eines pauschalen Geldbetrages gehen wir in Abschnitt B2.3 ein. ECOPLAN Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B-9 ❏ Variante 5: Aufhebung einer Steuer (in Grafik B-3 nicht enthalten) Schliesslich kann auch diskutiert werden, ob die Mittel aus den Umweltabgaben nicht zur Kompensierung von Einnahmenausfällen herbeigezogen werden sollen, die resultieren, wenn bestimmte Steuern aufgehoben oder bestimmte Steuersubjekte von der Steuerpflicht befreit werden. Tabelle B-2 und die Ausführungen in Kapitel 3 zeigen, dass das Einnahmenpotential aus den Umweltabgaben durchaus ausreichen würde, um z.B. den Wegfall einer weniger ergiebigen Steuer (z.B. Kapitalsteuern der Holdinggesellschaften) zu ”finanzieren”. Die Vorteile dieser Variante sind offensichtlich: – Das Aufheben einer Steuer kann publikumswirksam kommuniziert werden (z.B. ”Im Kanton Bern bezahlen die Unternehmen keine Gewinnsteuer”). – Beim Kriterium ”administrativer Aufwand” schneidet diese Variante hervorragend ab: Es entstehen nicht nur keine zusätzlichen Kosten, vielmehr könnten jene Stellen beim Kanton abgebaut werden, die sich zuvor mit der Gewinnsteuer befasst hatten. Hinzu kommt der geringere administrative Aufwand bei den Unternehmen. – Gegen die Realisierung von Variante 4 spricht - neben der fehlenden Sozialverträglichkeit - das oben erwähnte Steuerharmonisierungsgesetz. In Art. 2 verlangt das StHG von den Kantonen zwingend, dass sie die in Grafik B-1 wiedergegebenen direkten Steuern erheben. Fazit: Aufgrund der bisherigen Ausführungen werden wir im folgenden nur noch auf drei Varianten von Steuersenkungen eingehen: – Trotz der erwähnten rechtlichen Problematik betrachten wir kurz die Gewährung eines Steuerrabattes in Form einer ”Umwelt-Pauschale” oder eines "Umwelt-Prozentabzuges" auf der Steuerbemessungsgrundlage, welche von Amtes wegen ausschliesslich auf den Staatssteuern in Abzug gebracht werden (Varianten 1a und 1b). – Im Vordergrund stehen aber die Varianten 3 "Senkung der Steueranlage" und 4 "Prozentabzug auf dem Steuerbetrag". ECOPLAN B - 10 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B1.1 Reduktion der Einkommenssteuer für natürliche Personen Die Einkommenssteuer für natürliche Personen wird meistens an erster Stelle genannt, wenn Aussagen darüber gemacht werden, wie der Kanton Bern seine Standortgunst mit fiskalpolitischen Massnahmen verbessern könnte. Dies erstaunt auch nicht, wenn man die steuerliche Belastung der Einkommen im Kanton Bern mit derjenigen in anderen Kantonen vergleicht (vgl. Grafik B-4): (9) ❏ Eine vergleichsweise hohe steuerliche Belastung weisen im Kanton Bern die tiefen und mittleren Einkommen auf. Bei der mittleren Klasse war der Kanton Bern 1993 der überhaupt teuerste Kanton der Schweiz. ❏ Bei den hohen Einkommen (über Fr. 90’000) fällt die prozentuale Abweichung zum schweizerischen Mittel weniger stark ins Gewicht. Bei einem jährlichen Bruttoarbeitseinkommen von Fr. 300’000 müssen Ledige im Kanton Bern noch rund 5%, Verheiratete noch ca. 10% höhere Steuern bezahlen als im schweizerischen Durchschnitt. Grafik B-4: Vergleich der steuerlichen Belastung des Bruttoarbeitseinkommens in ausgewählten Kantonen, 1993(10) 140 Gruppenindizes (Schweiz = 100) 120 Bern 100 Zürich 80 Waadt Basel-Stadt 60 St. Gallen Zug 40 Solothurn 20 0 7.5 - 30 35 - 80 90 - 1'000 Gesamtindex Arbeitseinkommensklassen in 1'000 Fr. 9 Bei der Auswahl der Kantone haben wir die wichtigsten ”Konkurrenzkantone” aus anderen schweizerischen Wirtschaftsräumen sowie den jeweils steuergünstigsten Kanton der Schweiz und des Wirtschaftsraumes Mittelland berücksichtigt. 10 Quelle: Eidgenössische Steuerverwaltung (1994), Steuerbelastung in der Schweiz 1993, S. 60. Die Grafik zeigt die Belastung durch Kantons-, Gemeinde- und Kirchensteuern unter Einbezug aller Steuersubjekte (Ledige und Verheiratete). ECOPLAN Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B - 11 a) Wirkung auf die Standortgunst Die Höhe der Einkommenssteuern für natürliche Personen stellt einen wichtigen Standortfaktor bei Wohnentscheiden von Arbeitskräften dar. Dies gilt besonders für höher qualifizierte Arbeitskräfte, die aufgrund ihrer Fähigkeiten und der Nachfrage der Unternehmen zwischen verschiedenen Arbeitsstellen auswählen können. Die bei Umfragen bei Unternehmen häufig erwähnten Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von qualifiziertem Personal(11) werden durch die hohe Besteuerung des Einkommens von natürlichen Personen verschärft. Eine Senkung der Einkommenssteuern würde gemäss dieser Argumentation damit zu einer Steigerung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Kanton Bern beitragen.(12) Den Möglichkeiten, mit einer Kompensation bei der Einkommenssteuer für natürliche Personen die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes zu erhöhen, sind allerdings Grenzen gesetzt. Wie Tabelle B-2 gezeigt hat, leistet die Einkommenssteuer einen sehr hohen Beitrag an die Steuereinnahmen des Kantons Bern. Entsprechend hoch fallen denn auch die Mindereinnnahmen für den Kanton aus, wenn bei der Einkommenssteuer einnahmenseitige Kompensationen vorgenommen werden sollen. Wird z.B. gemäss Variante 3 die kantonale Steueranlage um einen Steuerzehntel reduziert, resultieren für den Kanton bei der Einkommenssteuer für natürliche Personen Mindereinnahmen von rund 85 Mio. Fr., die mit Mehreinnahmen aus den Umweltabgaben gedeckt werden müssen. Andererseits verbessert sich die Standortgunst des Kantons Bern aus fiskalpolitischer Sicht gegenüber anderen Kantonen erst, wenn die kantonale Steueranlage um mehr als einen Steuerzehntel gesenkt wird. In Grafik B-5 haben wir aufgezeigt, wie sich die steuerliche Belastung bei einem Bruttoarbeitseinkommen von Fr. 100’000 im Vergleich zu den übrigen Kantonen ändert, wenn im Kanton Bern die Staatssteuern dank den Einnahmen aus den Umweltabgaben um einen, zwei und um fünf Steuerzehntel (STZ) gesenkt werden könnten. Die Grafik zeigt, dass mit Steuerreduktionen um einen oder zwei Anlagenpunkte die Position des Kantons Bern bei der Einkommenssteuer für natürliche Personen nur sehr beschränkt verbessert werden kann. Erst wenn höhere Steuersenkungen (z.B. um fünf STZ) erreicht werden können, ergeben sich gegenüber den übrigen Kantonen der Schweiz spürbare Verbesserungen. Allerdings muss nun mit den Umweltabgaben ein höherer Steuereinnahmenausfall kompensiert werden (bei 5 STZ rund 450 Mio. Fr. allein bei der Einkommenssteuer). 11 Vgl. z.B. Kantonal-Bernischer Handels- und Industrieverein Sektion Bern (1988), Wirtschaftsstandort Bern. 12 Der Zusammenhang zwischen Verfügbarkeit und Steuerbelastung von hochqualifizierten Arbeitskräften wird offensichtlich auch von den Unternehmen im Kanton Bern und im übrigen westlichen Mittelland als eng eingestuft: In einer grossangelegten Umfrage haben die antwortenden Unternehmen die Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften als überhaupt wichtigsten Standortfaktor bezeichnet. Die steuerliche Belastung dieser Arbeitskräfte wurde unmittelbar an zweiter Stelle genannt (vgl. BAK (1995), Die Standortattraktivität des westlichen Mittellandes und seiner Kantone, S. 43). ECOPLAN B - 12 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle Grafik B-5: Auswirkungen verschiedener Steueranlagenreduktionen auf die Steuerbelastung natürlicher Personen, Vergleich zwischen den Kantonshauptorten(13) Steuerbelastung durch Kantons-, Gemeinde- und Kirchensteuer in Fr. 14'000 12'000 10'000 8'000 6'000 4'000 2'000 GE JU SO BS NE FR BE VD Bern, -1 Stz. Bern, -2 Stz. TI LU SG BL GL SH AI Bern, -5 Stz. VS OW TG AR GR AG SZ UR ZH NW ZG - Kantone b) Verteilungsneutralität und Sozialverträglichkeit Bei einer Senkung der Einkommenssteuern für natürliche Personen allein ist zu beachten, dass nicht alle natürlichen Personen auch direkte Einkommenssteuern bezahlen: 1993 entrichteten 72’519 Steuerpflichtige keine Einkommenssteuern. Dies entspricht einem Anteil von fast 13% der insgesamt 569’861 steuerpflichtigen natürlichen Personen im Kanton Bern.(14) Bei einer reinen Steuersenkungsstrategie würden diese Personen nicht erfasst, von den Preissteigerungen aus den Umweltabgaben wären sie aber sehr wohl betroffen. Die Sozialverträglichkeit wird weiter durch die Art und Weise der Steuersenkung beeinflusst: ❏ Bei Variante 1a entlastet die ”Umwelt-Pauschale” die unteren Einkommensschichten verhältnismässig stark. In Grafik B-6 haben wir dargestellt, welche Steuerreduktionen bei einer ”Umwelt-Pauschale” von z.B. Fr. 5’000.- in verschiedenen Einkommensklas- 13 Die Angaben beziehen sich auf einen verheirateten Steuerpflichtigen mit zwei Kindern und Wohnsitz im Kantonshauptort und einem Bruttoarbeitseinkommen von Fr. 100'000. Bezugsjahr: 1993. Quelle: Eidgenössische Steuerverwaltung (1994), Steuerbelastung in der Schweiz, Kantonshauptorte und Kantonsziffern, S. 21. 14 Quelle: Steuerverwaltung des Kantons Bern (1994), Statistik Staatssteuer 1993. ECOPLAN Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B - 13 sen resultieren würden. Die Grafik zeigt, dass die niedrigen Einkommen von dem pauschalen Abzug stärker profitieren als die höheren Einkommen. Grobe Überschlagsrechnungen basierend auf der Verteilung der Steuerpflichtigen auf die verschiedenen Einkommensklassen haben gezeigt, dass die Gewährung eines Steuerrabattes in Form einer Umwelt-Pauschale von Fr. 5’000.- zu einem jährlichen Einnahmenausfall von über 200 Mio. Fr. führen würde. Dieser müsste mit den Einnahmen aus den Umweltabgaben gedeckt werden. Die Mittelverwendung in Form einer Umwelt-Pauschale bei den Einkommenssteuern von natürlichen Personen wirkt der regressiven Wirkung der Umweltabgaben entgegen. Die Entlastungswirkung der Umwelt-Pauschalen wird bei sehr tiefen steuerbaren Einkommen allerdings durch die Höhe der ursprünglichen Steuerbelastung begrenzt: Die Reduktion der Steuerbelastung kann bei diesem Verwendungsmodell maximal 100% der bisherigen Steuern ausmachen. Betragsmässig können diese 100% aber so gering sein, dass ihr Wegfall die zusätzliche Belastung durch die Umweltabgaben nicht wettmachen kann. Grafik B-6: Steuerreduktion in % des steuerbaren Einkommens und in Fr. nach Einkommensklassen bei einer Umwelt-Pauschalen von Fr. 5’000 (15) Steuerreduktion in % des Einkommens Fr. Steuerreduktion in Fr. 7% 800 6% 700 600 5% 500 4% 400 3% 300 2% 200 200'000 180'000 160'000 140'000 120'000 100'000 90'000 80'000 70'000 60'000 50'000 40'000 35'000 30'000 25'000 20'000 15'000 10'000 8'000 0 6'000 0% 4'000 100 2'000 1% Steuerbares Einkommen ❏ Bei der Variante "Umwelt-Prozentabzug" (1b) ergeben sich die in Grafik B-7 wieder- gegebenen Verteilungswirkungen. Diese Variante bevorzugt wohlhabendere Steuerpflichtige. Bei ihnen fällt die Reduktion der Steuerbelastung im Vergleich zum steuerbaren Einkommen höher aus als bei weniger gut verdienenden Steuerpflichtigen. Ein 15 Die Grafik bezieht sich nur auf die Staatssteuern und auf den Steuertarif I (ledige Steuerpflichtige). ECOPLAN B - 14 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle Umwelt-Prozentabzug von z.B. 10% würde zu einem Steuereinnahmenausfall von über 220 Mio. Fr. führen (Grobschätzung!). Grafik B-7: Steuerreduktion in % des steuerbaren Einkommens und in Fr. nach Einkommensklassen bei einem Umwelt-Prozentabzug von 10%(16) Steuerreduktion in % des Einkommens Steuerreduktion in Fr. Fr. 1.6% 3'000 1.4% 2'500 1.2% 2'000 1.0% 1'500 0.8% 0.6% 1'000 0.4% 500 0.2% 0.0% 200'000 180'000 160'000 140'000 120'000 100'000 90'000 80'000 70'000 60'000 50'000 40'000 35'000 30'000 25'000 20'000 15'000 10'000 8'000 6'000 4'000 2'000 0 Steuerbares Einkommen ❏ Bei den Varianten 3 und 4 (Senkung Steueranlage bzw. Prozentabzug auf Steuer- betrag) wird der regressive Charakter der Umweltabgaben durch die einnahmenseitige Kompensation nicht ausgeglichen. Die zu bezahlenden Steuern sinken für alle Steuerpflichtigen um den gleichen Prozentsatz. Von dieser proportionalen Reduktion profitieren die wohlhabenderen Steuerpflichtigen wegen der Progression stärker: Ihre Steuerbelastung sinkt im Vergleich zum steuerbaren Einkommen stärker als bei Steuerpflichtigen mit einem tiefen Einkommen. Ein wichtiger Vorteil der Variante 3 liegt darin, dass die Steueranlage die Höhe der Quellensteuer mitbestimmt. Bei diesem Vorgehen würden also die Quellenbesteuerten ohne zusätzlichen administrativen Aufwand in das System MUEK einbezogen. Bei allen drei Steuersenkungsmodellen ist zu beachten, dass nur Personen von der Steuersenkung profitieren, die auch tatsächlich in einem gewissen Ausmass Steuern bezahlen. Soll das Konzept MUEK mit Steuersenkungen für natürliche Personen zwingend sozialverträglich umgesetzt werden, müssen flankierende Massnahmen ergriffen werden. Die Variante 1a "Umwelt-Pauschale" bevorzugt die ärmeren Haushalte, während bei den übrigen Varianten (1b, 3 und 4) wohlhabendere Haushalte stärker profitieren. 16 Die Grafik bezieht sich nur auf die Staatssteuern und auf den Steuertarif I (ledige Steuerpflichtige). ECOPLAN Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B - 15 c) Administrativer Aufwand Der grösste administrative Aufwand fällt bei allen Verwendungsmodellen bei der Vorbereitung und bei der eigentlichen Einführung eines Systems MUEK an. Bevor das System eingeführt werden kann, muss ein Verfahren ausgearbeitet werden, das zeigt, wie ausgehend von den Einnahmen aus den Umweltabgaben der entsprechende Abzug bzw. Steueranlagensenkung zu berechnen ist. Mit der ”Statistik Staatssteuer” verfügt die kantonale Steuerverwaltung allerdings bereits über die wichtigsten Grundlagen für diese Umrechnung (Angaben über die Verteilung der Steuerpflichtigen auf die verschiedenen Einkommensklassen, Steuereinnahmen pro Einkommensklasse). Die Umrechnung könnte periodisch zu Beginn einer Veranlagungsperiode erfolgen. Massgebend für das Ausmass der Steuersenkung wären in diesem Fall die Einnahmen aus den Umweltabgaben aus der vorhergehenden Veranlagungsperiode. Der administrative Aufwand für die eigentliche ”Betriebsphase” hält sich für alle Varianten in engen Grenzen: – Bei den Varianten 1a und 1b fällt der zusätzliche administrative Aufwand gering aus: Das steuerbare Einkommen wird von der Veranlagungsbehörde einfach um die Umwelt-Pauschale bzw. um den Umwelt-Prozentabzug reduziert. – Bei den Varianten 3 und 4 muss bei der Multiplikation der einfachen Steuer mit der Anlage der neue Satz verwendet werden bzw. muss der Steuerbetrag um einen Prozentsatz reduziert werden. Zwar sind es nicht administrative Kosten im eigentlichen Sinn, dennoch ist auch der Aufwand für die Ausarbeitung der gesetzlichen Grundlagen für die verschiedenen Varianten zu beachten, bestehen hier doch enorme Unterschiede: Bis auf die Variante 3 "Senkung der Steueranlage" bedürfen alle Varianten einer Revision des kantonalen Steuergesetzes oder sogar des eidgenössischen Steuerharmonisierungsgesetzes (Varianten 1a und 1b). d) Rechtliche Verankerung des Verwendungsmodells Neben den Details eines konkreten Einnahmenverwendungsmodells muss die rechtliche Verankerung vor allem ein Problem bei der Einführung eines Umweltabgaben-Systems mit einnahmenseitiger Kompensation lösen: Es muss sichergestellt werden, dass die Einnahmen aus den Umweltabgaben auch tatsächlich zu Steuersenkungen benützt werden. Bei den Variante 1a und 1b wäre im StG festzuhalten, dass in Abhängigkeit des Ausmasses der Einnahmen aus den Umweltabgaben in der folgenden Veranlagungsperiode bei der Staatssteuer ein pauschaler oder prozentualer Abzug vorgenommen werden muss. Die Höhe des Abzuges wäre durch den Regierungsrat festzulegen.(17) Diese enge Verknüpfung schätzen wir als grossen Vorteil der Variante 3 ein. Nochmals ist aber daran zu erinnern, dass die Varianten 1a und 1b mit grosser Wahrscheinlichkeit einer Revision des eidgenössischen Steuerharmonisierungsgesetzes bedürfen. 17 Analog ist im StG z.B. der Abzug der Gewinnungskosten geregelt (vgl. Art. 35 StG). ECOPLAN B - 16 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle Bei den Varianten 3 und 4 müsste im Steuergesetz festgehalten werden, dass der Grosse Rat beim Festlegen der kantonalen Steueranlage die Einnahmen aus den Umweltabgaben berücksichtigt. Der Regierungsrat müsste dem Grossen Rat periodisch einen entsprechenden Antrag unterbreiten. Bei Variante 3 kann die Verknüpfung zwar grundsätzlich festgehalten werden, letztlich ist es aber am Grossen Rat, einen Entscheid zu fällen. Wie eng die Verknüpfung von Einnahmen und Rückerstattung ist, hängt also vom Willen der Mehrheit des Grossen Rates ab. e) Flexibilität Die Varianten 1a, 1b und 4 können Schwankungen im Abgabenaufkommen flexibel auffangen, da sowohl der Abzug auf der Steuerbemessungsgrundlage sowie der Prozentabzug auf dem Steuerbetrag periodisch und in Abhängigkeit vom Umfang der Einnahmen aus den Umweltabgaben festgelegt werden können. Eine derartige "Feinabstimmung" ist Variante 3 "Senkung der Steueranlage" nicht möglich, da sich ein Steuerzehntel - bezogen auf sämtliche direkten Steuern - auf mehr als 100 Mio. Fr. an Staatseinnahmen beläuft. Bei der folgenden Analyse von Steuersenkungen zu Gunsten von juristischen Personen verzichten wir auf eine Diskussion der Kriterien "administrativer Aufwand (c), Rechtliche Verankerung (d) und Flexibilität (e), da sich grundsätzlich die gleichen Probleme stellen und damit die gleichen Beurteilungen resultieren wie bei der Diskussion einer Senkung der Einkommensteuer. ECOPLAN Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B - 17 B1.2 Reduktion der Gewinnsteuer für juristische Personen Gemäss Art. 64 StG ist der Gegenstand der Gewinnsteuer der Reingewinn. Bei der Ermittlung der Gewinnsteuer kommt ein sogenannter Dreistufentarif zur Anwendung, welcher leicht progressiv ausgestaltet ist. Anders als bei der Einkommenssteuer für natürliche Personen schneidet der Kanton Bern bei der steuerlichen Belastung des Gewinns von juristischen Personen im interkantonalen Vergleich gut ab (vgl. Grafik B-8). Grafik B-8: Vergleich der steuerlichen Belastung des Reingewinns von juristischen Personen in ausgewählten Kantonen, 1993 (18) 130 120 Index (Schweiz = 100) 110 Bern Zürich Waadt Basel-Stadt St. Gallen Zug Freiburg 100 90 80 70 60 50 40 2 4 6 8 12 16 20 25 Rendite in % Kommentar: ❏ Die steuerliche Belastung der Gewinne von juristischen Personen liegt im Kanton Bern bei allen Renditestufen um rund 10% unter den gesamtschweizerischen Durchschnitt. ❏ Auch im Vergleich zu den Kantonen aus den Wirtschaftsräumen Agglomeration Zürich, Regio Basilensis und Bassin Lémanique schneidet der Kanton Bern gut ab. Insbesondere Unternehmen mit einer hohen Rendite zahlen im Kanton Bern durchschnittlich deutlich weniger Gewinnsteuern als in den Kanton Zürich, Basel-Stadt und Waadt. Die Ausgangslage ist damit grundsätzlich eine andere als bei der Einkommenssteuer für natürliche Personen: Mit der Verwendung der Einnahmen aus den Umweltabgaben zur Senkung der Gewinnsteuern soll nicht ein Rückstand des Kantons Bern gegenüber den meisten anderen Kantonen ausgeglichen werden, vielmehr steht der Ausbau einer bereits starken Position im Vordergrund. 18 Quelle: Eidgenössische Steuerverwaltung (1994), Steuerbelastung in der Schweiz 1993, S. 74. Die Angaben beziehen sich auf eine Aktiengesellschaft mit 2 Mio. Fr. Kapital und Reserven. Es handelt sich um einen kantonalen Durchschnitt der Kantons-, Gemeinden- und Kirchensteuer. ECOPLAN B - 18 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle a) Wirkung auf die Standortgunst Die Steuerbelastung für Unternehmen ist für die Einstufung der Standortattraktivität eines Wirtschaftsraumes sehr wichtig: In einer gesamtschweizerischen Umfrage wurde nur der Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte, den Lohnkosten dieser Arbeitskräfte und der Dauer von Bewilligungsverfahren eine noch höhere Bedeutung beigemessen. (19) Mit einer Senkung der Gewinnsteuer könnte die Standortgunst des Kantons Bern vor allem für ertragsstarke, wenig umweltbelastende Unternehmen verbessert werden. Der relativ bescheidene Umfang der Einnahmen aus der Gewinnsteuer von rund 114 Mio. Fr. ermöglicht es, mit den Einnahmen aus den Umweltabgaben eine substantielle Reduktion der Gewinnsteuer zu finanzieren. Der Kanton Bern könnte zum überhaupt steuergünstigsten Standort der Schweiz werden. Eine solche Steuersenkung lässt sich leichter ”vermarkten", als wenn der Kanton Bern seine Position im Vergleich zu den übrigen Kantonen leicht verbessert, aber maximal ins vordere Mittelfeld vorstossen kann, wie dies z.B. bei der Einkommensteuer für natürliche Personen der Fall ist (vgl. dazu Grafik B-5). b) Verteilungsneutralität und Sozialverträglichkeit Aus verteilungspolitischer Sicht sind beim Verwendungsmodell ”Gewinnsteuersenkung” folgende Punkte zu beachten: ❏ Von der Steuersenkung profitieren nur Unternehmen, die auch tatsächlich einen Ge- winn ausweisen. Gemäss der Staatssteuer-Statistik des Kantons Bern gehören aber über 50% aller juristischen Personen der Taxationsstufe 1 an und bezahlen keine Gewinnsteuer. Diese Unternehmen werden zwar die Umweltabgaben als zusätzliche Kostenbestandteile zu spüren bekommen, profitieren aber nicht von der steuerlichen Entlastung des Unternehmensgewinn. Dieser Umstand kann natürlich auch positiv gedeutet werden: Die Gewinnsteuersenkung stärkt die erfolgreichen Unternehmen, und damit tendenziell jene Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen und die bernische Wirtschaft konkurrenzfähig halten. ❏ Wie bei einer Senkung der Einkommenssteuer ergeben sich auch bei einer Senkung der Gewinnsteuer unterschiedliche Wirkungen, je nachdem ob die Steuersenkung nach Variante 1 ”Anlagensenkung” oder nach Variante 3 ”Steuerrabatt” vollzogen wird: – Bei Variante 1a "Umwelt-Pauschale" würden ertragsschwächere Unternehmen überproportional von der Steuersenkung profitieren. Dafür gibt es aus verteilungspolitischer Sicht keine Begründung. Zudem wäre keine Berücksichtigung der Betriebsgrösse möglich, was zu Verzerrungen führt. Variante 3 sollte bei der Gewinnsteuer - wenn überhaupt - nur in der Form des "Umwelt-Prozentabzuges" (Variante 1b) weiterverfolgt werden. – Bei den Varianten 3 und 4 nimmt die Steuerbelastung für alle Unternehmen um den gleichen Prozentsatz ab. 19 Vgl. BAK (1995), Die Standortattraktivität des westlichen Mittellandes und seiner Kantone, S. 42. ECOPLAN Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B - 19 ❏ Die Gewinnsteuer bezieht sich auf juristische Personen. Personengesellschaften und Einzelunternehmen, aber auch Holdinggesellschaften werden nicht erfasst. Eine Gewinnsteuerreduktion allein würde zu unerwünschten Verzerrungen zwischen Unternehmen mit verschiedener Gesellschaftsform führen. Diese Verzerrungen sind auch aus rechtlicher Sicht höchst problematisch: Grundsätzlich sollen der Wirtschaft gewährte Steuersenkungen nicht je nach Gesellschaftsform unterschiedlich ausfallen. (20) Fazit: Eine Kompensation der Einnahmen aus den Umweltabgaben in erster Linie über eine Senkung der Gewinnsteuer würde zu unerwünschten Verzerrungen führen und ist aus rechtlicher Sicht höchst problematisch zu beurteilen. Daher sollte das Verwendungsmodell "Gewinnsteuersenkung" - wenn überhaupt - nur in Kombination mit anderen Steuersenkungen realisiert werden. Aus dieser Sicht rückt Variante 3 "Senkung der Steueranlage" in den Vordergrund, da mit dieser Variante alle direkten Steuern gesenkt werden. 20 Gezielte Steuersenkungen, die bestehende Unterschiede bzw. Verzerrungen zwischen Unternehmen mit unterschiedlicher Gesellschaftsform ausgleichen sollen, sind natürlich zulässig. Eine gezielte Senkung der Gewinnsteuer entspräche aber nicht diesem Fall. ECOPLAN B - 20 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B1.3 Reduktion der Kapitalsteuer für juristische Personen Gegenstand der Kapitalsteuer ist das Eigenkapital von juristischen Personen.(21) Dazu gehören das einbezahlte Grund- bzw. Stammkapital, die offenen und die aus versteuerten Gewinnen gebildeten stillen Reserven (vgl. Art. 68 StG). Auch die Kapitalsteuer wird mit einem Dreistufentarif ermittelt. Der tiefste Einheitsansatz von 0.60 Promille gilt für die ersten Fr. 210’000 Fr. Eigenkapital, der höchste Ansatz von 1 Promille gilt für das Eigenkapital, welches die Grenze von Fr. 510’000 überschreitet. Bei Holding- und Domizilgesellschaften gilt eine besondere Regelung (vgl. Art. 71 und 71a StG): Anstelle der ordentlichen Gewinn- und Kapitalsteuer entrichten diese Gesellschaftstypen eine Steuer zum festen Satz von 25 Rappen auf 1’000 Fr. des Eigenkapitals. Grafik B-9 zeigt, wie der Kanton Bern bei der Kapitalsteuer von Aktiengesellschaften im interkantonalen Vergleich abschneidet. Es fällt auf, dass der Kanton Bern für Unternehmen mit einem Eigenkapital von weniger als 1 Mio. Franken recht günstig abschneidet, dass die Steuerlast für grössere Unternehmen aber um rund 10 Prozentpunkte über dem schweizerischen Durchschnitt liegt. Bei der Besteuerung von Holding- und Domizilgesellschaften nimmt der Kanton im interkantonalen Vergleich eine Mittelstellung ein. (22) Grafik B-9: Vergleich der steuerlichen Belastung des Eigenkapitals von Aktiengesellschaften in ausgewählten Kantonen, 1993 (23) 130 Index (Schweiz = 100) 120 110 100 Bern Zürich Waadt Basel-Stadt St. Gallen Zug Freiburg 90 80 70 60 50 100'000 50'000 10'000 5'000 1'000 500 100 40 Kapital und Reserven in 1'000 Fr. 21 Auch Holding- und Domizilgesellschaften bezahlen eine Kapitalsteuer. 22 Vgl. Eidgenössische Steuerverwaltung (1994), Steuerbelastung in der Schweiz 1993, S. 70 und 71. 23 Quelle: Eidgenössische Steuerverwaltung (1994), Steuerbelastung in der Schweiz 1993, S. 75. ECOPLAN Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B - 21 a) Wirkung auf die Standortgunst Eine Senkung der Kapitalsteuern erhöht die Standortgunst des Kantons Bern, da beim wichtigen Standortfaktor ”Unternehmensbesteuerung” eine Verbesserung erzielt wird. Bei einer gesamtschweizerischen Umfrage unter Unternehmen wurde dem Standortfaktor "Steuerbelastung von Unternehmen" ein sehr hoher Stellenwert beigemessen. Die befragten Unternehmerinnen und Unternehmer stuften diesen Standortfaktor z.B. als wichtiger ein, als die Steuerbelastung für hochqualifizierte Arbeitnehmer. Ansonsten gelten grundsätzlich die gleichen Überlegungen wie beim Verwendungsmodell ”Gewinnsteuersenkung” (vgl. Ziffer a) von Abschnitt 4.2.3). Auch hier muss der Image-Effekt betont werden: Das Abgabenaufkommen würde längstens ausreichen, um eine massive Reduktion der Kapitalsteuer zu finanzieren. Gegenüber der Gewinnsteuerreduktion ergibt sich allerdings ein gewichtiger Unterschied: Von der steuerlichen Entlastung profitieren nicht nur die erfolgreichen Unternehmen, sondern alle juristischen Personen. Die spezielle Regelung der Besteuerung der Holding- und Domizilgesellschaften im StG sowie die vergleichsweise geringen Steuereinnahmen (vgl. Tabelle B-2) würden auch eine Strategie ermöglichen, die auf eine deutliche Abnahme der steuerlichen Belastung von Holding- und Domizilgesellschaften abzielt. b) Verteilungsneutralität und Sozialverträglichkeit Aus verteilungspolitischer Sicht schneidet die Variante 1a "Umwelt-Pauschale" eher ungünstig ab: Bei dieser Variante wird die Limite des steuerfreien Eigenkapitals von gegenwärtig Fr. 75’000 (Art. 70 Abs. 2 StG) erhöht. Aus diesem Grund profitieren juristische Personen mit einem geringen Eigenkapital vergleichsweise stärker von der Steuersenkung. Diese Umverteilung lässt sich nicht begründen. Wenn die einnnahmenseitige Kompensation über eine Kapitalsteuersenkung erfolgen soll, dann wäre eine Steuersenkung gemäss den Varianten 3, 4 oder 1b vorzuziehen. Aufgrund der sehr geringen "Progression" der Kapitalsteuer ergeben sich zwischen diesen Varianten praktisch keine unterschiedlichen "Verteilungswirkungen". Aus verteilungspolitischer Sicht bleibt zu beachten, dass von einer Reduktion der Kapitalsteuer nur juristische Personen (Kapitalgesellschaften und Genossenschaften) profitieren. Personengesellschaften (z.B. Kollektivgesellschaften) und Einzelunternehmen werden von der Steuersenkung nicht betroffen. Zudem stellt die Kapitalsteuer eine eher unausgewogene Bemessungsgrundlage dar: Es ist nicht einzusehen, warum kapitalintensive Unternehmen von den Kompensationen im Rahmen des Systems MUEK stärker profitieren sollen, als weniger kapitalintensive Unternehmen. Fazit: Wie das Verwendungsmodell "Reduktion der Gewinnsteuer" sollte auch eine Kapitalsteuersenkung nur in Kombination mit anderen Steuersenkungen realisiert werden. Als Hauptinstrument würde es zu viele unerwünschte Effekte aufweisen. ECOPLAN B - 22 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B2 Rückerstattungsmodelle Die zweite staatsquotenneutrale Verwendungsform sind direkte Rückerstattungsmodelle, bei welchen die Einnahmen aus den Umweltabgaben über bestimmte Kanäle an die Haushalte und an die Wirtschaft zurückerstattet werden. Der Anteil von Haushalten und Unternehmen an den zurückzuerstattenden Gesamteinnahmen richtet sich nach der jeweiligen Abgabenlast (vgl. dazu Kapitel 4 und 6). In der Literatur werden verschiedene Kanäle für die direkte Rückerstattung der Einnahmen aus Umweltabgaben aufgeführt. Am häufigsten genannt werden die folgenden Kanäle: Rückerstattung an Bevölkerung/Haushalte Rückerstattung an die Wirtschaft – Reduktion der Beiträge der Arbeitnehmer an – Arbeitsplatzbonus: Auszahlung eines Paudie Sozialversicherungen (AHV, IV, EO, ALV) schalbetrags pro Arbeitsplatz – Rückerstattung über die Krankenpflegeversi- – Lohnsummenbonus: cherung – Verrechnung mit der Steuerrechnung bzw. direkte Auszahlung Rückerstattung gemäss AHV-Lohnsumme resp. Reduktion der Beiträge der Arbeitgeber an die Sozialversicherungen (AHV, IV, EO, ALV) Der Rückerstattungskanal soll einerseits alle betroffenen Personen erfassen und andererseits von einer kantonalen Optik ausgehen. Diese Anforderungen haben Rückwirkungen auf die Anwendbarkeit der oben genannten Rückerstattungskanäle. Drei der oben erwähnten Rückerstattungskanäle müssen nicht vertieft betrachtet werden, weil eine Realisierung auf kantonaler Ebene praktisch ausgeschlossen ist (B2.1 bis B2.3). ECOPLAN Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B - 23 B2.1 Reduktion der Arbeitnehmerbeiträge an die Sozialversicherungen Bei diesem Rückerstattungskanal werden nicht alle von den Umweltabgaben betroffenen Personen erreicht. Nur gerade die erwerbstätige Bevölkerung käme in den Genuss der einnahmenseitigen Kompensation. Zudem müssten administrative Probleme gelöst werden, da die AHV nicht über den Kanton, sondern vom Bund via Ausgleichskassen administriert wird. ECOPLAN B - 24 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B2.2 Rückerstattung über die Krankenpflegeversicherung Im Vernehmlassungsbericht zu einer CO2-Abgabe auf Bundesebene steht dieser administrative Weg zur Rückerstattung der anteilsmässigen Einnahmen an die Bevölkerung im Vordergrund. Es wird vorgeschlagen, 3/4 der Gesamteinnahmen über einen fixen Prämienabzug bei der Krankenpflegeversicherung zurückzuerstatten. Diese Lösung stellt keine Subventionierung der Krankenkassen oder der Krankenkassenprämien dar. Die Krankenkassenprämien dienen lediglich als einfacher administrativer Weg für die Rückerstattung. Der Vergütungsbetrag kann jährlich aufgrund des Volumens der Einnahmen aus den Umweltabgaben und der Zahl der Versicherten festgelegt werden und richtet sich also nicht nach der Entwicklung der Krankenpflegekosten. Mit diesem Rückerstattungskanal werden über 99% der inländischen Bevölkerung erfasst.(24) Folgende Punkte sprechen für eine grundsätzliche Anwendbarkeit dieses Rückerstattungskanals auf kantonaler Ebene: (25) ❏ Bernerinnen und Berner sind in aller Regel bei einer "bernischen" Kasse versichert. Entweder handelt es sich um eine Berner Sektion einer gesamtschweizerisch auftretenden Kasse oder aber um eine kleine, nur im Kanton Bern tätige Kasse. Nur in wenigen Einzelfällen ist eine Bernerin oder ein Berner bei einer kleinen Kasse versichert, die über keine Niederlassung im Kanton Bern verfügt. ❏ Nach dem 1. Januar 1996 muss jede Person (inkl. Kinder, Ausländerinnen und Auslän- der) mit Wohnsitz in der CH eine Krankenversicherung abgeschlossen haben. Der Rückerstattungskanal erfasst damit die Grundgesamtheit der bernischen Bevölkerung optimal. ❏ Rund zwei Drittel aller Versicherten sind bei ihrer Kasse EDV-mässig erfasst. Für die kleineren Krankenkassen übernimmt das Rechenzentrum Solothurn die EDV-mässige Erfassung der Versicherten. Wiederum ist nur mit einigen wenigen Einzelfällen von Versicherten zu rechnen, die nicht EDV-mässig erfasst sind. Dabei handelt es sich ausschliesslich um Versicherte von kleinen Krankenkassen. Die entsprechenden kleinen Kassen wären allerdings problemlos in der Lage, anhand der Postleitzahl den (bernischen) Wohnsitz der Versicherten festzustellen. ❏ Auch im technisch-administrativen Bereich dürften wenig Probleme auftreten. Die Rückerstattung sollte mit einem beschränkten administrativen Aufwand möglich sein. Es ist allerdings zu beachten, dass bisher noch keine systematische, detaillierte Analyse dieses Rückerstattungskanals erfolgt ist, weder durch die rund 150 Krankenkassen selber noch durch Dritte. ❏ Zudem ist zu bedenken, dass keine Kontrolle des Wohnsitzes der versicherten Person vorgenommen wird. Es wäre denkbar, dass Personen missbräuchlich einen bernischen Wohnsitz angeben, um die Rückerstattung zu "erschleichen". 24 EDI (1994), CO2-Abgabe auf fossilen Energieträgern, S. 28 f. 25 Die folgenden Ausführungen beruhen auf einem Experten-Gespräch mit Herrn Christen vom Konkordat der schweizerischen Krankenkassen. Das Gespräch fand am 19. Juli 1995 statt. Herr Christen ist Autor der Stellungnahme des Konkordates der schweizerischen Krankenkassen zur CO2-Abgaben-Vorlage des Bundesrates. ECOPLAN Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B - 25 Trotz den bisher erwähnten Punkten kommen wir aus den untenstehenden Gründen zum Schluss, dass dieser Rückerstattungskanal nicht in erster Priorität weiterverfolgt werden sollte: ❏ In ihrer Stellungnahme zum Vernehmlassungsbericht zu einer CO2-Abgabe auf Bun- desebene haben sich die rund 150 Krankenkassen eher negativ zu dieser zusätzlichen Funktion der Kassen geäussert: – Aus der Sicht der Krankenkassen stellt die Funktion als Rückerstattungskanal eine "artfremde" Aufgabe dar. Die Kassen betonen, dass sie sich in erster Linie als Krankenversicherer und nicht als "Einnahmenrückerstattungsstelle" verstehen. – Die Übernahme artfremder Aufgaben käme für die Kassen nur in Frage, wenn sie wie im Fall der Rückerstattung der Einnahmen aus einer CO2-Abgabe auf Bundesebene vorgesehen - für ihre Aufwendungen entschädigt würden. Vor dem Hintergrund der Finanzknappheit der öffentlichen Hand und der Schwierigkeit, den Zusatzaufwand für die neue Funktion genau zu erfassen, zweifeln die Kassen, ob sie in vollem Umfang für ihren zusätzlichen Aufwand entschädigt werden würden. – Weiter werden die Krankenkassen im Rahmen der Umsetzung des neuen Krankenversicherungsgesetzes neue Aufgaben übernehmen müssen. Schon aus diesem Grund wehren sie sich gegen zusätzliche, artfremde Aufgaben. Dieses Argument wird bereits in der Stellungnahme zur CO2-Abgabe geltend gemacht. Artfremde Anliegen eines einzelnen Kantons würden vor diesem Hintergrund auf eine noch stärkere Ablehnung stossen, da die Gefahr bestünde, ein Präjudiz für weitere kantonale Anliegen zu schaffen. – Schliesslich machen die Krankenkassen noch ein Image-Problem geltend: Wenn die Einnahmen aus den Umweltabgaben im Laufe der Zeit zurückgehen, fällt auch die Rückerstattung geringer aus. Wenn die Rückerstattung mit den Prämien verrechnet würde, ergäben sich in diesem Fall höhere Prämienrechnungen. Die Kassen zweifeln, ob den Versicherten deutlich gemacht werden kann, dass die höheren Rechnungen nicht auf eine Kostensteigerung im Gesundheitswesen zurückzuführen wären, sondern auf eine Abnahme der Einnahmen aus den Umweltabgaben. (26) ❏ Der vielleicht wichtigste Punkt der gegen diesen Rückerstattungskanal spricht, ist mit einer allfälligen Annäherung der Schweiz an Europa verbunden. Wenn die Schweiz dem EWR oder der EU beitreten sollte, gelten die vier Freiheiten (freier Personenverkehr, freier Warenverkehr, freier Dienstleistungsverkehr und freier Kapitalverkehr). Zum freien Dienstleistungsverkehr zählen auch die Versicherungen. In diesem Fall könnte man sich bei irgendeiner Versicherung in Europa gegen Krankheit versichern. Entsprechend schwieriger würde es, alle Personen mit bernischem Wohnsitz zu erreichen. Zum Schluss, den Rückerstattungskanal "Krankenkassen" nicht weiterzuverfolgen, kommen wir auch, weil es besser geeignete Kanäle gibt. 26 Dieses Kommunikationsproblem kann allerdings einfach gelöst werden: Die Rückerstattung wird nicht mit den Prämien verrechnet, sondern als selbständige Auszahlung vorgenommen. In diesem Fall ergeben sich allerdings zusätzliche Inkassokosten. ECOPLAN B - 26 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B2.3 Verrechnung mit der Steuerrechnung bzw. Auszahlung Die Steuererklärung muss grundsätzlich von jeder natürlichen Person(27) ausgefüllt werden – die im Kanton Bern ihren Wohnsitz hat oder sich, ohne in der Schweiz einen Wohnsitz zu haben, im Kanton Bern aufhält und hier eine Erwerbstätigkeit ausübt, – die trotz ausserkantonalem Wohnsitz im Kanton Bern als Eigentümerin oder Nutzniesserin Grundstücke besitzt oder die als Inhaberin oder Teilhaberin (Einzelfirma, Personengesellschaft) im Kanton Bern einen Geschäftsbetrieb oder eine Filiale eines solchen unterhält (teilweise Steuerpflicht). Keine Steuererklärung ausfüllen müssen folgende, im Kanton Bern lebende Personen: – Quellenbesteuerte – auswärts (d.h. nicht im Kanton Bern) bevormundete Personen Die EDV-mässige Erfassung der Steuerpflichtigen ist weit fortgeschritten: Von den fast 570'000 steuerpflichtigen natürlichen Personen des Kantons Bern (Stand 1994), sind mehr als 99% erfasst. Da auf der Steuererklärung auch die Zahl der im gleichen Haushalt lebenden Kinder aufgeführt werden muss, wird das Ziel, möglichst alle im Kanton Bern lebenden natürlichen Personen zu erfassen, vergleichsweise gut erreicht. Bei diesem direkten Rückerstattungsmodell erfolgt die Rückerstattung der Einnahmen aus den Umweltabgaben in Form eines Pauschalbetrages pro Kopf. Für Kinder unterhalb einer bestimmten Altersschwelle wäre z.B. die halbe Pauschale zu verrechnen. Grundsätzlich sind zwei Varianten denkbar: – Einmal im Jahr nimmt die Steuerverwaltung unabhängig von der Steuerrechnung eine Auszahlung des Pauschalbetrages vor. – Der Pauschalbetrag wird von der Steuerrechnung abgezogen und z.B. mit der ersten Steuerrate und mit der Schlussabrechnung verrechnet. Wenn der Pauschalbetrag höher ist als die insgesamt geschuldeten Steuern, wird eine entsprechende Auszahlung vorgenommen. Das System MUEK muss aus verfassungsrechtlichen Gründen auch die Quellenbesteuerten einbeziehen. Da die Quellenbesteuerten kommunal erfasst werden, verfügt der Kanton verfügt über kein entsprechendes Register und damit auch nicht über die Adressen der rund 30'000 Quellenbesteuerten. Ein Einbezug könnte wie folgt erfolgen: – Eine Möglichkeit besteht darin, dass Qellenbesteuerte das Recht haben, einen Antrag auf Auszahlung der Pauschale zu stellen. – Die Gemeinden übernehmen im Auftrag des Kantons die Auszahlung der Pauschale. Aufgrund der Unterlagen, die Quellenbesteuerte bzw. deren Arbeitgeber bei der Gemeinde einreichen müssen, besitzen die Gemeinden genügend Informationen, um die Höhe des Pauschalbetrages zu bestimmen. Die Summe der Pauschalen würde anschliessend dem Kanton in Rechnung gestellt. 27 Vgl. Kantonale Steuerverwaltung, Allgemeine Wegleitung zum Ausfüllen der Steuererklärung für natürliche Personen. ECOPLAN Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B - 27 a) Wirkung auf die Standortgunst Da bei diesem Rückerstattungsmodell sämtliche natürlichen Personen mit Wohnsitz im Kanton Bern (inkl. Kinder) berücksichtigt werden, fällt die Entlastung pro Person geringer aus als bei einem Steuersenkungsmodell, welches nur die steuerpflichtigen natürlichen Personen erfasst. Mit diesem Rückerstattungsmodell kann die Wohnortgunst des Kantons Bern für hochqualifizierte und damit tendenziell besser verdienende Arbeitskräfte weniger gezielt verbessert werden als bei einer Senkung der Einkommenssteuer. Aus der Sicht der Wirkung auf die Standortgunst schneidet dieses Modell daher weniger gut ab als ein Steuersenkungsmodell, welches zu einer geringeren Fiskalbelastung der natürlichen Personen führt. Nach Angaben der eidgenössischen Steuerverwaltung kann die pauschale Rückerstattung im Steuerindex erfasst werden, wenn die Pauschale in der kantonal-bernischen Steuergesetzgebung aufgeführt ist. Die Reduktion der Fiskalbelastung durch die pauschale Rückerstattung könnte damit "nach aussen" kommuniziert werden. b) Verteilungsneutralität und Sozialverträglichkeit Beim Kriterium "Sozialverträglichkeit" schneidet das Modell Pauschale pro Kopf gut ab: Im Verhältnis zum Einkommen macht die pauschale Rückerstattung pro Kopf bei niedrigen Einkommen einen höheren Prozentanteil aus. Das Modell ist geeignet, die regressive Wirkungen der Umweltabgaben auszugleichen. Aus sozialpolitischer Sicht ist auch die Familienfreundlichkeit des Modells positiv hervorzuheben. Die Verteilungsneutralität kann natürlich mit einer Kombination mit einem Rückerstattungsmodell zu Gunsten der Unternehmen erreicht werden. c) Administrativer Aufwand Um den administrativen Aufwand für die Auszahlung der Pauschalen pro Kopf in engen Grenzen zu halten, drängt sich folgendes Vorgehen auf:(28) Die Pauschale pro Kopf wird im Sinne einer Gutschrift mit der ersten Steuerrate verrechnet. Wenn die Pauschale den Betrag der ersten Steuerrate übersteigt, erfolgt eine Auszahlung. Der Vorteil dieses Vorgehens liegt darin, dass zusammen mit der ersten Steuerrate verschiedene Auszahlungen vorgenommen werden. Insbesondere erfolgt zu diesem Zeitpunkt die Rückerstattung der Verrechnungssteuer. Dabei werden auch Auszahlungen an jene Personen vorgenommen, die keine Steuern bezahlen. Entsprechend kleiner wird die 28 Die folgenden Ausführungen basieren auf einem Gespräch 13. September 1995 mit Herrn Rufener von der Staatskasse Thun. ECOPLAN B - 28 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle Zahl von Auszahlungen, die eigens für die Rückerstattung der Pauschale pro Kopf aus dem System MUEK erfolgen. Eine Grobschätzung des administrativen Aufwands hat folgendes ergeben: – Die Anpassung der Software dürfte einen Aufwand von Fr. 40 - 50'000.- verursachen. – Die Auszahlung der Pauschalen - nur vorgesehen, wenn der Betrag der ersten Steuerrate kleiner als die Pauschale ist - erfolgt zu sehr geringen Kosten direkt auf ein Postcheck- oder Bankkonto, wenn die Steuerverwaltung über die entsprechenden Angaben verfügt. – Ist dies nicht der Fall, erfolgt eine Barauszahlung. Bei einem Betrag von z.B. Fr. 100.kostet die Barauszahlung Fr. 4.-. Wenn im Sinne einer oberen Grenze unterstellt wird, dass sämtliche 70'000 Auszahlungen - so viele Personen bezahlen keine Steuern, weshalb eine Verrechnung mit dem Betrag der ersten Steuerrechnung nicht möglich ist - in bar erfolgen müssten, ergäbe sich ein Aufwand von Fr. 280'000.Insgesamt ist davon auszugehen, dass der administrative Aufwand für die Rückerstattung einer Pauschalen pro Kopf pro Jahr deutlich unter 0.5 Mio. Fr. zu liegen käme. Hinzu käme der administrative Aufwand für die Rückerstattung der Pauschalen an die Quellenbesteuerten. Wenn die Auszahlung über die Gemeinden erfolgt, ist auch dieser Aufwand als eher gering einzustufen, da die Gemeinden von den Quellenbesteuerten ohnehin bestimmte Angaben erfassen müssen. d) Rechtliche Verankerung des Verwendungsmodells Die Rückerstattung wäre in einem MUEK-Gesetz zu verankern. In den verschiedenen Gesetzen, in denen die Abgaben geregelt sind, wäre jeweils bezüglich der Einnahmenverwendung ein Verweis auf dieses MUEK-Gesetz aufzunehmen. e) Flexibilität Schwankungen bei den Einnahmen aus den Umweltabgaben lassen sich mit diesem Rückerstattungsmodell problemlos auffangen: Die Gesamtsumme der an die Haushalte (und Unternehmen) zurückzuerstattenden Mittel kann jährlich aufgrund der im Vorjahr oder der im mittel- bis längerfristigen Durchschnitt anfallenden Einnahmen festgelegt werden. ECOPLAN Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B - 29 B2.4 Arbeitsplatzbonus Die Anzahl Arbeitsplätze einer Unternehmung im Kanton Bern wird von den Behörden bisher (ausser zu statistischen Zwecken) nicht erfasst. Sie kann aber der AHV-Abrechnung entnommen werden. Allerdings stellt sich hier das Problem, dass die AHV-Abrechnung nicht nach Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten unterscheidet. Es würde somit zu grossen Ungerechtigkeiten führen, wenn ein Betrieb mit vielen Aushilfen und Teilzeitkräften gleich behandelt würde wie ein Betrieb, der die gleiche Anzahl Vollzeitangestellte aufweist. Die AHV-Abrechnung weist zwar die Beschäftigungsdauer (ein Monat, ganzes Jahr etc.) aus, wird aber nicht danach ausgewertet. Hier wäre also ein bedeutender Zusatzaufwand nötig, wenn nach der Beschäftigungsdauer unterschieden werden soll - oder es wäre eine entsprechende, potentiell grosse Ungerechtigkeit in Kauf zu nehmen. Somit ergeben sich entweder grosse administrative Aufwendungen oder deutliche Ungerechtigkeiten, so dass wir diese Lösung nicht empfehlen und nicht weiterverfolgen. ECOPLAN B - 30 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B2.5 Lohnsummenbonus In diesem Modell bemisst sich die Kompensation nach der Lohnsumme der Unternehmungen, wobei wir vorschlagen, auf die AHV-Lohnsumme zurückzugreifen. Gegenüber den Steuersenkungsmodellen zeichnet sich dieses Rückerstattungsmodell dadurch aus, dass die Unternehmen unabhängig von ihrer Gesellschaftsform erfasst werden. ❏ Bei den juristischen Personen ergeben sich keine besonderen Probleme stellen, da die AHV-Lohnsumme ohnehin jährlich erfasst und der AHV gemeldet werden muss. Der einzige Zusatzaufwand: Es muss zwischen Arbeitskräften unterschieden werden, die im oder ausserhalb des Kantons Bern tätig sind. ❏ Bei Selbständigerwerbenden ist die Situation grundsätzlich vergleichbar: In der Steuererklärung muss das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit angegeben werden. Diese Zahl wird von der Steuerverwaltung EDV-mässig erfasst. Sie wird zudem korrigiert, sofern sie auch Teile von Einkünften aus Nichterwerbstätigkeit enthält. In diesem Einkommen sind deklarierte Eigensaläre und - anders als bei juristischen Personen - auch der Reingewinn enthalten. Dieser Unterschied spricht u.E. aber nicht gegen die Logik des Verwendungsmodells "Lohnsummenbonus". Der Unterschied besteht auch bei der AHV-Abrechnung. Zudem kann der Mix zwischen Eigenlohn und Gewinn von Selbständigerwerbenden weitgehend nach eigenem Ermessen festgelegt werden. Vom ausgewiesenen Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit müsste die Steuerverwaltung noch den Zins auf dem investierten Eigenkapital abziehen.(29) Die Basis für die Berechnung, das investierte Eigenkapital, ist in der Steuererklärung aufgeführt. Das Verwendungsmodell "Lohnsummenbonus" verursacht bei den Selbständigerwerbenden gewisse Schwierigkeiten in zeitlicher Hinsicht. Unter Berücksichtigung den Einsprachemöglichkeiten und den entsprechenden Fristen ist davon auszugehen, dass die Höhe des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit erst etwa 2-3 Jahre nach Ablauf des entsprechenden Geschäftsjahres definitiv vorliegt. (30) Der Lohnsummenbonus würde sich also auf ein Geschäftsjahr beziehen, welches einige Jahre zurückliegt. Der Grosse Rat wird in der Steuergesetzrevision "Steuergesetz 2000" entscheiden, ob zur Gegenwartsbesteuerung übergegangen werden soll. Falls dieser Wechsel vollzogen wird, sinkt der beschriebene "time lag" um 1-2 Jahre. Ein gewisser "time lag" wird aber nicht zu verhindern sein. Es ist allerdings zu beachten, dass ein solcher bereits heute bei der AHV-Zahlung besteht, und diese Zahlungen fallen weit stärker ins Gewicht als der allfällige Lohnsummenbonus für Selbständigerwerbenden. Das gleiche Problem besteht übrigens auch bei der Rückerstattung der Verrechnungssteuer. Eine ausgefeilte Lösung konnte in diesem Fall gefunden werden. 29 Diese Rechnung wird heute bereits von der AHV durchgeführt, um das massgebende Erwerbseinkommen zu ermitteln. Angenommener Zinssatz 1995: 7%. 30 Beispiel: Die Steuererklärung für die Jahre 1993/94 musste auf den 15. März 1995 eingereicht werden. Die Bearbeitungszeit bei der Steuerverwaltung dauert ca. ein Jahr. Entsprechend liegt die definitive Veranlagung im Februar/März 1996 vor. ECOPLAN Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B - 31 Das Modell "Lohnsummenbonus" ist zudem das einzige Rückerstattungsmodell auf der Wirtschaftsseite, bei welchem auch die öffentliche Verwaltung und die öffentlichen Unternehmen, welche keine Steuern bezahlen, in die Rückerstattung integriert würden. Die Kompensation würde jährlich basierend auf den Einnahmen der Umweltabgaben als Prozentsatz der AHV-Lohnsumme festgelegt. Die AHV-Lohnsumme beträgt im Kanton Bern ca. 30 Milliarden Franken pro Jahr(31), so dass eine Kompensation von z.B. 300 Mio. Fr. rund 1% der AHV-Lohnsumme ausmachen würden. a) Wirkung auf die Standortgunst Vom Lohnsummenbonus profitieren sämtliche Unternehmungen unabhängig von ihrer Gesellschaftsform. Anders als bei einer Steuersenkung ist die Kompensation nicht vom Gewinn, vom Kapital oder von der Rendite abhängig, so dass z.B. auch Unternehmungen in der Verlustzone. Der Lohnsummenbonus bevorteilt Unternehmungen mit einem hohen Personalkostenanteil und benachteiligt tendenziell kapitalintensive Unternehmungen. Der Dienstleistungssektor dürfte also überdurchschnittlich profitieren, während die Industrie eher weniger entlastet wird. Trotzdem kann der Lohnsummenbonus (auch angesichts der ohnehin hohen Besteuerung des Produktionsfaktors Arbeit) als sehr ausgewogenes Kompensationssystem gelten, besonders im Vergleich zu Unternehmenssteuersenkungen. Die besonders starke Wirkung auf Firmen mit überdurchschnittlichen Lohnkosten ist aus Sicht der Standortgunst durchaus erwünscht, da die Wertschöpfung dieser Branchen im allgemeinen höher ist. Die Standortgunst für hoch qualifizierte Arbeitnehmer resp. deren Arbeitgeber wird damit besonders erhöht, ohne dass diese Kompensationsweise unausgewogen wäre. (32) Die Tatsache, dass auch die öffentliche Verwaltung und die öffentlichen Betriebe integriert sind, ist aus der Sicht der Standortgunst hingegen negativ zu beurteilen, da nun ein bedeutender Teil der Einnahmen aus den Umweltabgaben nicht mehr für eine Entlastung der Unternehmen vorhanden sind. Bei einer Konkretisierung des Konzeptes wäre deshalb zu prüfen, ob die öffentliche Verwaltung nicht vom Rückerstattungsmodell ausgenommen werden könnte. Ein gewisser Nachteil aus der Sicht des Kriteriums "Verbesserung der Standortgunst" stellt die Tatsache dar, dass der Lohnsummenbonus im Steuerindex nicht berücksichtigt werden kann. In den Veröffentlichungen der eidgenössischen Steuerverwaltung(33) würde sich die Position des Kantons Bern im interkantonalen Vergleich nicht verbessern. 31 Schätzung basierend auf eigenen Berechnungen. 32 Theoretisch denkbar wäre eine Bemessung nach einer plafonierten Lohnsumme, z.B. der ALV- oder UVGLohnsumme, die bei ca. 97'000 Fr. ihr Maximum erreicht. Damit wären besonders hohe Löhne nicht mehr zusätzlich kompensationsberechtigt und vergleichsweise benachteiligt. 33 Im Vordergrund steht die Publikation "Steuerbelastung in der Schweiz", Reihe 18 "Öffentliche Finanzen". ECOPLAN B - 32 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle Die Entlastung der bernischen Unternehmen müsste über andere Wege Publik gemacht werden. Dennoch kann die Wirkung auf die Standortgunst als insgesamt gut bis sehr gut beurteilt werden. b) Verteilungsneutralität und Sozialverträglichkeit Die Verteilungsneutralität kann durch eine Kombination mit Kompensationsvarianten auf der Haushaltsseite erreicht werden. Die relative Benachteiligung kapitalintensiver Unternehmungen könnte evtl. zu Problemen führen, besonders wenn gleichzeitig hohe Abgabebelastungen anfallen. Dies wäre allenfalls vertieft zu untersuchen. c) Administrativer Aufwand Der administrative Aufwand bei der Verwaltung hängt von der konkreten Ausgestaltung der Abläufe ab. Am einfachsten dürfte es sein, wenn die juristischen Personen der Steuerverwaltung zusammen mit der Steuererklärung eine Kopie der AHV-Lohnmeldung zustellen und gleichzeitig die Berechnungsbasis für den Lohnsummenbonus ausweisen.(34) Die Steuerverwaltung ist schon heute gezwungen, sämtliche Angaben der Steuererklärung EDV-mässig zu erfassen. Mit dem Lohnsummenbonus käme eine zusätzlich Zahl hinzu. Wie oben erwähnt, ist bei den Selbständigerwerbenden die relevante Berechnungsbasis (d.h. das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit) ohnehin EDV-mässig erfasst und steht somit für die Ermittlung des Lohnsummenbonus nach Einreichung der Steuererklärung grundsätzlich zur Verfügung. In beiden Fällen ist eine entsprechende, einmalige Anpassung der Software notwendig. Obwohl die Anpassung technisch kaum grössere Probleme stellen wird, dürfte der administrative Aufwand deutlich höher sein, als beim Verwendungsmodell "Pauschale pro Kopf", wo er auf 40 - 50'000 Fr. geschätzt wurde (vgl. Ziffer c) in Abschnitt B2.3). Für die Auszahlung des Lohnsummenbonus stehen die gleichen zwei Möglichkeiten wie bei dem Verwendungsmodell "Pauschale pro Kopf" offen: – Verrechnung mit der Steuerrechnung – Auszahlung mit einem Check (unabhängig von der Steuerrechnung). Firmen mit Niederlassungen in mehreren Kantonen gliedern ihre AHV-Abrechnung in vielen Fällen nicht nach Kantonen resp. Arbeitsorten. Seitens der Ausgleichskassen besteht keine Möglichkeit, eine Aufgliederung nach Kantonen zu verlangen oder zu erstellen. Es hängt von den EDV-Systemen dieser Unternehmungen ab, mit welchem Zusatzaufwand ein Separatausdruck der bernischen AHV-Pflichtigen möglich ist. In jedem Fall 34 Die AHV-Lohnmeldung muss bereits im Januar des Jahres erfolgen, also vor dem Termin der Einreichung der Steuererklärung. ECOPLAN Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle B - 33 ist hier bei den betroffenen Unternehmungen mit einem Zusatzaufwand zu rechnen. Aufgrund erster Gespräche mit Personalverantwortlichen von Unternehmen, die auch ausserhalb des Kantons Bern Betriebsstätten aufweisen, scheint sich dieser Aufwand aber in Grenzen zu halten. Abgrenzungsprobleme können sich allenfalls bei Vertretern und ähnlichen Berufen ergeben, die keinen festen Arbeitsort haben. Zusammenfassend: Der Lohnsummenbonus ist vollziehbar, erfordert aber auf Kantonsund Unternehmensseite insbesondere in der Einführungsphase einen Mehraufwand, d) Rechtliche Verankerung des Verwendungsmodells Wiederum wäre die Kompensation u.E. am ehesten in einem separaten Gesetz zu verankern. In den verschiedenen Gesetzen, in denen die Abgaben geregelt sind, wäre jeweils bezüglich der Einnahmenverwendung ein Verweis auf dieses "MUEK-Gesetz" aufzunehmen. Denkbar wäre auch eine Integration ins Steuergesetz, wobei sowohl die juristischen Personen wie die Selbständigerwerbenden berücksichtigt werden müssten. e) Flexibilität Auch bei dieser Kompensationsart lassen sich Schwankungen bei den Einnahmen problemlos auffangen, indem der Kompensationssatz jeweils in Abhängigkeit von den Einnahmen festgelegt wird. ECOPLAN B - 34 Anhang B: Detailevaluation der Verwendungsmodelle Schlussfolgerungen Die Diskussion der verschiedenen Verwendungsmodelle hat folgendes gezeigt: – Die Machbarkeit eines Umweltabgaben-Systems mit einnahmenseitiger Kompensation auf kantonaler Ebene wird durch die Verwendungsseite nicht in Frage gestellt. Sowohl auf der Haushaltsseite als auch auf der Wirtschaftsseite konnten machbare Verwendungsmodelle gefunden werden. – Als Verwendungsmodelle sind Steuersenkungen und direkte Rückerstattungen möglich. – Die verschiedenen Verwendungsmodelle haben unterschiedliche Auswirkungen auf die beiden Beurteilungskriterien "Verbesserung der Standortgunst" und "Sozialverträglichkeit". Je nachdem welchem der beiden Kriterien der grössere Stellenwert beigemessen wird, stehen unterschiedliche Verwendungsmodelle im Vordergrund. Unter Berücksichtigung sämtlicher Beurteilungskriterien kommen wir zum Schluss, dass für das System MUEK auf kantonaler Ebene folgende Verwendungsmodelle in Betracht gezogen werden sollten: Bevölkerung / Haushalte Wirtschaft / Unternehmen – Senkung der Steueranlage – Senkung der Steueranlage – Pauschale pro Kopf: Verrechnung mit der – Lohnsummenbonus Steuerrechnung bzw. direkte Auszahlung Die Begründung für diesen Vorschlag lautet: ❏ Die Senkung der Steueranlage hat sich als das mit Abstand am einfachsten zu voll- ziehende Steuersenkungsmodell erwiesen. Mit diesem Modell wird an der Struktur und an der Bedeutung der verschiedenen Steuerarten für den Staatshaushalt nichts geändert. Dies wäre aber der Fall, wenn gezielt bei einer bestimmten Steuer ein Rabatt auf dem Steuerbetrag (Variante 4) gewährt würde. Gegen die Varianten 1a und 1b ("Einführung eines zusätzlichen Abzuges") sprechen die schwerwiegenden rechtlichen Einwände (Stichwort Steuerharmonisierungsgesetz). ❏ Mit der Pauschalen pro Kopf kann, falls dies gewünscht wird, eine vollständig sozial- verträgliche Lösung erreicht werden. Kein anderes Modell kann dieses Kriterium zu ähnlich tiefen Vollzugskosten erfüllen. ❏ Der Lohnsummenbonus ist neben der Senkung der Steueranlage das einzige Ver- wendungsmodell, welches auf kantonaler Ebene zur gezielten einnahmenseitigen Kompensation der Unternehmen eingesetzt werden kann. Es erfüllt diese Aufgabe besser als die Senkung der Steueranlage, da auch Personengesellschaften und Selbständigerwerbende erfasst werden. Aufgrund dieser Schlussfolgerungen wird in Kapitel 4 der vorliegenden Machbarkeitsstudie nur noch von diesen Verwendungsmodellen ausgegangen. Insbesondere werden Kombinationen der Modelle diskutiert. ECOPLAN Anhang C: Arbeitsbereiche/Arbeitsgruppen im Umfeld von MUEK C-1 Anhang C: Arbeitsbereiche/Arbeitsgruppen im Umfeld von MUEK Inhaltsverzeichnis: Abfallabgabe ........................................................................................................... 2 Abwasserabgabe .................................................................................................... 2 Wasserabgabe........................................................................................................ 2 Elektrizitätsabgabe.................................................................................................. 2 Bodenversiegelungsabgabe.................................................................................... 2 Parkplatzpolitik........................................................................................................ 3 Übergeordnete Gremien......................................................................................... 4 BVE, Dr. R. Meier C-2 Anhang C: Arbeitsbereiche/Arbeitsgruppen im Umfeld von MUEK BVE, Dr. R. Meier Anhang C: Arbeitsbereiche/Arbeitsgruppen im Umfeld von MUEK BVE, Dr. R. Meier C-3 C-4 Anhang C: Arbeitsbereiche/Arbeitsgruppen im Umfeld von MUEK BVE, Dr. R. Meier Anhang C: Arbeitsbereiche/Arbeitsgruppen im Umfeld von MUEK BVE, Dr. R. Meier C-5 Quellenverzeichnis Q-1 Quellenverzeichnis Aebischer B., Spreng D., Schwarz J. (1994) Perspektiven des Energieverbrauchs im primären und tertiären Sektor, Modellierung und Resultate Szenario I (beschlossene Politik) und Szenario II (beabsichtigte Politik), Studie im Rahmen der Energieperspektiven des Bundesamtes für Energiewirtschaft (BEW), Zürich. Arbeitsgemeinschaft INFRAS/PROGNOS (1994) Externe Kosten und kalkulatorische Energiepreiszuschläge für den Strom- und Wärmebereich, im Auftrag des Bundesamtes für Konjunkturfragen, des Bundesamtes für Energiewirtschaft und des Amtes für Bundesbauten, Bern. Arvanitis S. et al (1992) Innovationsfähigkeit und Innvovationsverhalten der Schweizer Wirtschaft, Studie im Rahmen der Strukturberichterstattung des Bundesamtes für Konjunkturfragen (BFK), Zürich. BAK - Konjunkturforschung Basel AG (1995) Die Standortattraktivität des westlichen Mittellandes und seiner Kantone, Ergänzung zum Bericht ”Standortattraktivität von Regionen in der Schweiz”, Basel. Basler Handelskammer und Verband Basellandschaftlicher Unternehmen VBU (1995) Mehr Markt mit Energie, Marktwirtschaftlich sinnvolle Alternativen zum planwirtschaftlichen Konzept der Integrierten Ressourcenplanung (IRP), Schriftenreihe der Basler Handelskammer Nr. 30, in Zusammenarbeit mit Ellipson AG Basel, Basel. Baudirektion des Kantons Zürich (1990) Luft-Programm für den Kanton Zürich, Massnahmenplan Lufthygiene, Zürich. Benkert W., Bunde J. und Hansjürgens B. (1990) Umweltpolitik mit Öko-Steuern? Marburg. Berdat F. 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