Führungserfolg Die Praxis messbarer Erfolgssteigerung

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Führungserfolg Die Praxis messbarer Erfolgssteigerung
Dr. Wolfgang Schröder
Führungserfolg
Die Praxis messbarer Erfolgssteigerung
Mit entwickelten Führungskonzepten erreichen
was mit alten Konzepten nicht möglich ist:
- bessere Unternehmensergebnisse
- höhere Produktivität
- erfolgreiche Veränderungsprozesse
- höhere Mitarbeitermotivation und Bindung
30 Jahre Erfahrung trennt Spreu vom Weizen
und schafft Innovationen
Führungserfolg
2
Dr. Wolfgang Schröder
Personal-Systeme
58540 Meinerzhagen
Genkeler Straße 47
Tel.
02354 - 65 66
0175 166 167 6
Fax. 02354 - 66 83
e-mail Dr.W.Schroeder@t-online.de
http://www.dr-schroeder-personalsysteme.de
Vor 30 Jahren schrieben Prof. Dr. Rolf Bronner und ich das Buch „Weiterbildungserfolg –
Modelle und Beispiele systematischer Erfolgssteuerung“. Es war die Zeit, in der Führung
und Personalentwicklung völlig unterentwickelt waren. So war das Harzburger-Modell mit
seinen extensiven Stellenbeschreibungen gerade als Bürokratiemonster entlarvt worden
und Seminare waren die Schlüsselmaßnahmen der Personalentwicklung, die dann mit
Evaluationsmethoden aus der Schule auf Erfolg überprüft werden sollten. Schon damals
zeigte die Praxis, dass Seminare den Wissensstand verändern können, meistens aber
nicht die Anwendung am Arbeitsplatz, also keinen Return on Investment brachten.
Deshalb entwickelten wir neue Modelle zur Erfolgssteuerung und Ergebnismessung,
also Controllingkonzepte, mit Umsetzungsvorschlägen, die durch viele Praxisbeispiele
ergänzt wurden.
Das Buch wurde zum meistzitierten deutschen Standardwerk des Bildungscontrollings.
Wer solche Modelle entwickelt, der wendet sie auch an. Weil Erfolg am Arbeitsplatz
immer das letztendliche Ziel und Erfolgskontrolle immer ein Maßnahmenbestandteil war
wurden Praxislösungen eingeführt, deren Erfolg nachweisbar war. Stellte sich kein Erfolg
ein – das nennt man dann Erfahrungen sammeln – bedeutete das: Alte Wege in Frage
stellen – lernen – neue Wege suchen, also Innovationen schaffen.
In diesem Buch werden drei Fragen beantwortet:
1. Was macht Führung heute erfolgreich und warum funktionieren die meisten alten
Führungskonzepte nicht mehr?
2. Was steigert Führungserfolg von Führungskräften und mit welchen konkreten
Maßnahmen und Trainings wird der Erfolg erreicht, mit messbaren Ergebnissen?
(Kapitel 2)
3. Wie werden unternehmensweit wirksame Führungssysteme zum Zielmanagement,
Personal- und Bereichsmanagement und Talentmanagement inclusiv Training
gestaltet, damit sich Unternehmensergebnisse messbar verbessern? (Kapitel 3)
Im Buch werden die Begriffe Führungskraft und Mitarbeiter als Funktionsbezeichnung verwendet. Natürlich
umfassen beide Begriffe sowohl weibliche als auch männliche Personen.
© Dr. Wolfgang Schröder 2014 Dr.w.schroeder@t-­‐online.de
Führungserfolg
Inhaltsverzeichnis
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Seite
Prolog – Was verursacht Führungsprobleme?..................................................... 4
1. Führungserfolg an Veränderungsergebnissen messen...................................
1.1 Vom Bildungscontrolling zum Veränderungscontrolling.......................................
1.2 Die unterschätzte Bedeutung der Ziele................................................................
1.3 Der unterschätzte Einfluss der Rahmenbedingungen..........................................
1.4 Die Rolle des Personalwesens, des HR-Bereichs…………………………….……
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2. Wie Führungskräfte ihren Führungserfolg messbar steigern ………………...
2.1 Veraltete Führungstheorien behindern Führungserfolg……………………………
2.2 Führungskräfte im mittleren Management: Architekt und Bauleiter………………
2.3 Maßnahmen, Erfolgsfaktoren, messbare Ergebnisse..............................……….
2.4 Führungskräfte im oberen Management: Verantwortung, Beiträge, Nutzen …...
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3. Wie Führungssysteme Führungserfolg messbar steigern..............................
3.1 Systeme und ihre Konstruktionsmerkmale..........................................................
3.2 Die Sünden der Vergangenheit............................................................................
3.3 Zielmanagement..................................................................................................
3.4 Talentmanagement..............................................................................................
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4. Epilog: Der Umgang mit Komplexität................................................................. 36
Anhang:
Die Kritik an Konzepten von gestern im Detail......................................................
A. Führungsstile sind ein Relikt von früher.........................................................
B. Alte Leistungsbeurteilungen sind das effektivste Demotivationsinstrument..
C. Zielvereinbarungen im 4-Augen-Gespräch funktionieren nicht.....................
D. Einsteins Rätsel.............................................................................................
Literaturhinweise......................................................................................................
Kontakt, Informationen zum Autor, Berater, Trainer, Coach................................
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Alle Rechte an diesem ebook liegen bei
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August 2014
© Dr. Wolfgang Schröder 2014 Dr.w.schroeder@t-­‐online.de
Führungserfolg
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Prolog – Was verursacht Führungsprobleme?
Können unsere Führungskräfte führen?
Manager- und Vorgesetzten-Bashing ist „in“ und die Beschimpfung von Führungskräften wird mit immer mehr Studien begründet:
Über 30 Prozent der Arbeitszeit sollen ungenutzt verloren gehen, rechnen die CzipinProduktivitätsstudien seit Jahren vor. Umfragen von Gallup, Hay, DDI und anderen
zeigen, dass Manager es zuverlässig schaffen, Mitarbeiter zu demotivieren und enorme
Schwierigkeiten haben Veränderungsprozesse erfolgreich zu gestalten. Das mittlere
Management in Unternehmen sei ausgelaugt, vom Topmanagement allein gelassen
und würde durch Führungsverantwortung aufgerieben. Der Stressreport Deutschland
2012 von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin berichtet davon, dass
Führungskräfte in höherem Maße von einer Stresszunahme und von quantitativer und
qualitativer Überforderung betroffen sind als Mitarbeiter. Mitarbeiter berichten eher von
Unterforderung.
Natürlich sollen viele Studienergebnisse drastisch verdeutlichen, dass nun unbedingt
Beratungsleistungen bei den Produzenten der Studien gekauft werden sollten. Wird
dieses „Forschungsinteresse“ berücksichtigt indem man Ergebnisse um beispielsweise
50 Prozent weniger dramatisch einschätzt, dann scheint der Wirkungsgrad von Führung
trotzdem erschreckend niedrig zu sein. Führung müsste also effektiver, wirkungsvoller,
nachhaltiger und vielleicht auch einfacher werden. Führung müsste sich also verändern.
Wer in einer Welt, die sich immer schneller und grundlegender verändert, nicht in der
Lage ist, diese Veränderungsprozesse erfolgreich zu gestalten, der löst andere auch
nicht. Aber hängt Führung nur von individuellen Fähigkeiten der Führungskräfte ab?
Wie gut sind unsere unternehmensweiten Führungssysteme?
Berücksichtigt werden sollten auch die Rahmenbedingungen in denen Führungskräfte
führen. Ergebnisse einer BCG-Studie aus dem Jahr 2013 sind äußerst aufschlussreich:
Aus Sicht von über 2000 befragten Führungskräften rechtfertigt der betrieben Aufwand
nicht die Ergebnisse, die auf den vier für die Zukunft wichtigsten führungsrelevanten
Handlungsfeldern in Unternehmen erreicht werden: Talentmanagement, Leadership,
Zielorientierung / Entgelt sowie Training. Diese Handlungsfelder betreffen Systeme und
Rahmenbedingungen, die unternehmensweit Führung gestalten sollen. Wenn z.B. in
der selben Studie Kasper Rorsted, der CEO von Henkel feststellt, dass innerhalb von
fünf Jahren 95 Prozent der Henkel Mitarbeiter jedes Jahr ihre Ziele voll erreichen, die
Unternehmensziele im selben Zeitraum aber nicht einmal erreicht wurden, dann zeigen
sich hier Konzeptmängel bei den Führungssystemen. Scheinbar sind Mitarbeiterziele
nicht aus Unternehmenszielen abgeleitet worden. Für diese Führungssysteme ist der
Personalbereich verantwortlich, der heute als Human Ressources-Bereich, kurz HRBereich bezeichnet wird.
Verursachen also Führungskräfte und der HR-Bereich die Führungsprobleme?
Nur bei oberflächlicher Ursachenanalyse sind Führungskräfte und HR-Bereich die
„Schuldigen“ für diese fatalen Ergebnisse. Wer etwas tiefer gräbt, stößt auf die
wirklichen Verursacher. HR-Experten, Wissenschaftler, Berater und Trainer müssen
sich die Frage gefallen lassen: „Stellt ihr Experten für Führung und HR-Arbeit eigentlich
Theorien und Handwerkzeug zur Verfügung, mit denen Führungskräfte effektiver und
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motivierender führen können und der HR-Bereich die Rahmenbedingungen für Führung
in Unternehmen effektiver gestalten kann?“ Hier liegt der Hase im Pfeffer.
Hinter jeder guten Praxis steckt eine gute Theorie, die manchmal nur intuitiv verfolgt
wird, weil sie noch nicht „formuliert“ ist. Die Zahl der Theorien und Vorschläge mit
denen Führung verbessert werden soll, steigt kontinuierlich. Manchmal werden nur
Begriffe verändert. Was früher als „Kennziffern“ bezeichnet wurde nennt sich heute
„Key Performance Indicators“, aus dem „Betriebsvergleich“ ist „Benchmarking“
geworden und der „Personalreferent“ ist heute „Business Partner“. Wer erlebt hat, dass
in den letzten 30 Jahren in regelmäßigen Abständen eine neue HR-Sau durchs HR-Dorf
getrieben wurde, den lässt das kalt. Manche dieser Sauen zeigten allerdings einen
neuen, beachtenswerten Aspekt von Führung, von japanischen Effektivitätssteigerungsmethoden z.B. Kaizen über die Entdeckung der Unternehmenskultur und der
Werteorientierung bis zur Balanced Scorecard oder der emotionalen Intelligenz. In
vielen Fällen handelt es sich jedoch um Theorien, die Führungsprobleme beschreiben
und erklären. Theorien, die konkrete Handlungsvorschläge unterbreiten und über
Tipps und allgemeine Prinzipien hinausgehen sind in der Minderheit. Wenn Theorien
angewendet werden, dann sollten sie auch auf Wirksamkeit, Nutzen und mittelfristige
Auswirkungen hin beurteilt werden. Wird dieser Kontrollaspekt verknüpft mit der
Frage, wie diese Theorien in der Praxis ergebnisorientiert umgesetzt und gesteuert
werden können, dann befindet man sich auf dem Feld des Controllings. Wer die
Unternehmensleitung überzeugen will, knappe Mittel nicht nur in Produktentwicklung zu
stecken sondern auch in Personalentwicklung und Führung der sollte den Nutzen
nachweisen. Vorher sollte allerdings sichergestellt sein, dass Personalentwicklung und
Führung so gestaltet und gesteuert sind, dass überhaupt erwünschte Ergebnisse
erreicht werden. Hierzu kann auf 30 Jahre Bildungscontrolling zurückgegriffen werden,
das sich heute als Veränderungscontrolling versteht.
1. Führungserfolg an Veränderungsergebnissen messen
1983 haben Prof. Dr. Bronner und ich das Buch „Weiterbildungserfolg – Modelle und
Beispiele systematischer Erfolgssteuerung“ geschrieben, das zum meistzitierten
deutschen Grundlagenwerk des Bildungscontrollings wurde. Ich brachte zum Teil
ernüchternde Ergebnisse über Bildungserfolg aus vier Jahren Praxis mit. Um möglichst
sicher Bildungserfolg zu erreichen schlugen wir einen Prozess zur Erfolgssteuerung
vor, der bei der Bedarfsanalyse beginnt und dann über die Phasen Gestaltung, Training
bis zum Transfer ins Arbeitsfeld reichte. Für jede Phase wurden Maßnahmen entwickelt
und Praxisbeispiele aus vielen Unternehmen vorgestellt. Das war der eigentliche Kern
des Buches, denn der Prozess ist sofort eingängig.
1.1 Vom Bildungscontrolling zum Veränderungscontrolling
Aus diesem Phasenmodell wurde ein Modell zur Steuerung und Kontrolle, also zum
Controlling für Bildungs- und Personalentwicklungsmaßnahmen abgeleitet, das heute
mit wenigen aber wichtigen Ergänzungen zum Veränderungscontrolling genutzt wird
(Abb.1; ergänzt aus Schröder, Bildungs- und PE-Controlling, 1996).
Dieses Modell lieferte Prüfkriterien, die ich bei allen seitdem entwickelten und
eingeführten Führungs- und Personalentwicklungskonzepten angewendet habe:
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Abb. 1 Veränderungscontrolling
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Sind die Bedarfe konkret erfasst und daraus erfolgversprechende Maßnahmen
abgeleitet?
Werden Maßnahmen so durchgeführt, dass Lernerfolg entstehen kann?
Ist der Transfer aus dem Lern- ins Arbeitsfeld gesichert oder könnte das
Arbeitsfeld nicht zum Lernfeld werden?
Kann der Veränderungserfolg nachgewiesen werden und kann dieser Nachweis
nicht fester Bestandteil der Maßnahme sein?
Diese Prüfkriterien wurden immer berücksichtigt und deshalb wurden sehr erfolgreiche
Maßnahmen in vielen Unternehmen ein- und durchgeführt. Die Erfolgskontrolle führte
dabei zu einem Effekt, der sich als sehr wichtig erwiesen hat: Die Akzeptanz des HRBereichs wuchs bei Unternehmensleitung und Führungskräften.
Außerdem wurde deutlich, dass Führungskräfte messbar bessere Führungsergebnisse
erreichten, wenn sie bei Veränderungsprozessen in ihrem Verantwortungsbereich den
gleichen Prozess anwendeten. Da heute Führung zum großen Teil darin besteht
Veränderungen zu realisieren wird dieser Aspekt im Führungstraining immer wichtiger.
Die entscheidende Grundlage für Steuerung und Kontrolle ist die Bedarfsermittlung.
Ohne eine qualifizierte Bedarfsermittlung ist jede Veränderungsmaßnahme „ein Schuss
ins Blaue“. Ob dann die beste Veränderungsmaßnahme ausgewählt wird ist Zufall oder
ein seltenes Ergebnis von Intuition. Zwei Erkenntnisse machten das Modell allerdings
erst praxistauglich.
1.2 Die unterschätzte Bedeutung der Ziele
Der Bedarf muss als Ziel formuliert werden, als SMART-Ziel, also S-pecific, Measurable, A-ttainable, R-ealistic, T-imed. Die messbare Formulierung ist der Schlüssel
zum Erfolg. Messbar formuliert bedeutet, dass so eindeutig wie möglich bestimmt
werden kann, ob ein Ziel nicht erreicht, erreicht oder sogar übertroffen worden ist.
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Messen kann sich auf quantitativ exakt bestimmbare Größen beziehen wie Euro,
Kilogramm, Zeit, Verkaufsmenge, ... . Messbar bedeutet aber auch auf einer Skala
beurteilbar (ähnlich den Schulnoten) oder eine Ja-Nein-Entscheidung zur Zielerreichung
(Konzept liegt vor, liegt nicht vor). Wenn der Bedarf nicht als messbares Ziel formuliert
ist, kann der Erfolg nicht messbar überprüft werden.
Der wichtigere Nutzen der SMART-Formulierung wurde und wird aber nicht gesehen:
Die größere Wertschöpfung entsteht zu Beginn des Veränderungsprozesses! Die
SMART-Anforderung ist ein methodisches Hilfsmittel. Sie dient dazu, sich auf das
erwünschte Ergebnis zu konzentrieren, möglichst viele Informationen und Einschätzungen zu sammeln und abzustimmen, um so die richtigen Ziele zu finden.
Gerade bei qualitativen Zielen wie „Kundenorientierung verbessern“, „Messeerfolg
steigern“ oder „erfolgversprechende Produktinnovationen finden“ ist diese Methodik von
entscheidender Bedeutung. Erst durch die SMART-Formulierung wird deutlich, wer
diese allgemeinen Ziele wie interpretiert und welche konkreten Ergebnisse erreicht
werden sollen. Demgegenüber sind quantifizierbare Unternehmensziele wie Umsatz,
Ertrag oder Kosten einfach SMART zu formulieren. Diskussionswürdig ist oft der Faktor
Erreichbarkeit. Die „Musik“ spielt bei diesen Zielen jedoch eine Ebene tiefer: Auf
welchen Feldern sollen bis wann mit welchen Ressourcen welche Ergebnisse erreicht
werden, damit sich die Unternehmensziele in die richtige Richtung entwickeln? Wenn
Ziele klar beschrieben sind, lässt sich abschätzen, ob und welchen Beitrag sie leisten,
um ein übergeordnetes Ziel zu erreichen. Außerdem fördern konkrete Ziele kreative
Lösungen. Aus Zielen können immer mehrere Wege, also Aufgaben abgeleitet werden,
um die Ziele zu erreichen. Erst durch einen Vergleich zeigt sich der beste Weg. Der
beste Weg ist oft ein neuer Weg, der aber meistens nicht offensichtlich ist.
Eingefahrene Sichtweisen, die auch Betriebsblindheit genannt werden können, sind die
Ursachen.
Dabei wird auch die Bedeutung der Key Performance Indicators (KPIs) deutlich. KPIs
sind Messgrößen, die das Ergebnis von Aufgaben beschreiben. Wer zum Beispiel die
Aufgabe „Angebote bearbeiten“ vereinbart, bekommt nicht unbedingt die gewünschten
Ergebnisse. Wird das erwünschte Ergebnis aber mit Messgrößen, also SMART
beschrieben, kann ein Ziel für die Aufgabe vereinbart werden. Die KPIs sind aber nicht
nur wichtig, um die Qualität und die Erwartungen an die Aufgabenbearbeitung zu
konkretisieren. Ohne die KPIs kann der Kapazitätsbedarf für die Aufgabe höchstens
vermutet werden. In vielen Unternehmensbereichen existieren keine KPIs.
Nur wer Ziele messbar in Geldeinheiten (€) formuliert, kann einen ROI (Return on
Investment) berechnen, denn die Kosten einer Maßnahme sind in der Regel gut zu
quantifizieren. Wenn der Messaufwand größer ist als der Ertrag, wird keine vernünftige
Führungskraft messen. Aufgrund der SMART-Formulierung ist dann aber eine
akzeptierbare, begründete Einschätzung möglich. Bei qualitativen Zielen helfen
intelligente Messungen mit einem Vorher- Nachher-Vergleich, der allerdings in die
Maßnahme integriert sein sollten. Diese Messungen
dienen nicht einem
wissenschaftlichen Interesse sondern unterstützen Veränderungsprozesse nachhaltig
und sie erhöhen die Akzeptanz der Veränderung.
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1.3 Der unterschätzte Einfluss der Rahmenbedingungen
Nicht jeder personalrelevante Veränderungsbedarf kann mit individuellen Entwicklungsmaßnahmen aus der Welt geschafft werden. Einerseits kann Teamentwicklung
notwendig sein. Andererseits kann Organisationsentwicklung, also die Veränderung der
Rahmenbedingungen für individuelle Arbeit im Unternehmen wirkungsvoller und
schneller zu Veränderungserfolg führen oder sogar entscheidend begründen. Studien
der ISPI (International Society for Performance Improvment) belegen, dass bis zu 80%
der effektivitätshemmenden Faktoren in Unternehmen in den Rahmenbedingungen für
individuelle Arbeit liegen sollen, also in den Prozessen, Strukturen und Systemen. Das
bestätigten eigenen Untersuchungen (Schröder, 2003).
Deshalb hat sich das Maßnahmenspektrum für Veränderungen erweitert und wer bei
Veränderungsprozessen immer sofort in „Seminaren“ denkt, der entspricht dem Bild
von A. Maslow: „Für einen Hammer besteht die Welt nur aus Nägeln“. Gerade
Seminare erreichen schlechte Kontrollergebnisse. Während Lerninhalte fachlicher
Seminare zu neuen Methoden, Verfahren und technischen Erkenntnissen von Fachspezialisten noch direkt auf konkrete eigene Arbeitsinhalte übertragen werden können,
sorgt das Transferproblem bei überfachlichen und komplexen Themen in der Regel
dafür, dass vielleicht ein Lernerfolg im Seminar entsteht, es aber nicht zum
Umsetzungserfolg am Arbeitsplatz kommt. Das ist seit Jahren belegt. Auch hier
spielen Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz eine wesentliche Rolle. Es ist erstaunlich,
wie viele Unternehmen trotzdem noch immer auf eine angebotsorientierte Weiterbildung
setzen, also einem Bildungsprogramm, das aus Seminaren zum Auswählen besteht.
Seminare werden am Arbeitsplatz nur effektiv wenn sie in Entwicklungsprogramme
eingebunden sind, die beim Bedarf beginnen, den Transfer ins Arbeitsfeld sicherstellen
und die Führungskräfte mit einbeziehen. Diese Programme sollte das Personalwesen,
der HR-Bereich liefern. Damit steigert der HR-Bereich Wertschöpfung im Unternehmen.
1.4 Die Rolle des Personalwesens, des HR-Bereichs
Wer den Wertschöpfungsbeitrag des HR-Bereichs steigern will, der ist gut beraten, sich
mit der Entwicklung des Personalwesens zu beschäftigen. Die klassischen Aufgaben
der Personalverwaltung prägen immer noch das Bild dieser Funktion in vielen
Unternehmen, von der Gehalts- und Arbeitszeitabrechnung, bis zum Personalmarketing
oder der Azubi-Ausbildung. Dazu gehören auch die Klärung arbeitsrechtlicher Fragen
und die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat. Heute leistet der HR-Bereich aber auch
Beiträge, die sich viel stärker und direkter auf Unternehmensergebnisse auswirken.
Dieser Bereich ist verantwortlich für unternehmensweit wirksame Rahmenbedingungen
hinsichtlich Entgelt, Arbeitszeit, Personalentwicklung oder Führung. Mit Systemen und
Maßnahmen sollen personalpolitisch wichtige Aufgaben unternehmensweit einheitlich
und möglichst effektiv gestaltet werden. So sollen zum Beispiel Leistungsbeurteilungen
oder Mitarbeitergespräche die Führung verbessern. Ergebnisse dieser Maßnahmen
können dann zusammengefasst werden und bilden die Grundlage für Unterstützungsaktivitäten des HR-Bereichs. So entstehen vernetzte Führungsprozesse zwischen
Unternehmensleitung, Führungskräften und dem HR-Bereich. Über diese Systeme wird
Unternehmenskultur praktisch umgesetzt. Die schon zitierte BCG-Studie kommt aber
zum Ergebnis, dass diese Systeme nicht die erwünschten Ergebnisse bringen. Die
Ursachen dafür liegen in veralteten Konzepten, die aber immer noch verwendet werden
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oder – nicht mehr genutzt – verhindern, dass geeignete Systeme eingeführt werden.
Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Führung begann in der Mitte des letzten
Jahrhunderts und viele praxisrelevante Konzepte stammen aus den Jahren 1960 bis
1990. In den Konzepten spiegelt sich das Führungsverständnis dieser Zeit wieder, das
sich heute erheblich verändert hat. Außerdem wurde Neuland betreten und es fehlte an
Erfahrungen. Deshalb haben diese Konzepte inhaltliche Fehler und berücksichtigen
natürlich keine neuen methodischen, handwerklichen Entwicklungen. Diese Rahmenbedingungen sind aber äußerst verhaltenswirksam, denn meistens ergeben sich daraus
sanktionierte Pflichten. Deshalb wird sich individuelle Führung nur verbessern, wenn die
Rahmenbedingungen funktionieren.
In vielen Unternehmen fällt es HR-Bereichen nicht leicht diese wertschöpfende Rolle zu
übernehmen: In kleinen Unternehmen hat der HR-Bereich aus Kostengründen nicht die
notwendigen Fähigkeiten an Bord. In größeren Unternehmen bestehen oft massive und
zum Teil unberechtigte Vorurteile und Widerstände gegenüber dem HR-Bereich. Wenn
der HR-Bereich die Rahmenbedingungen für Führung gestaltet, gibt er Richtung,
Inhalte und Methoden für Führungshandeln vor. Das akzeptieren Führungskräfte nur
unter zwei Bedingungen:
- Die Unternehmensleitung steht hinter den Systemen und Maßnahmen des HRBereichs und sorgt für die Verbindlichkeit. Das wird sie nur tun, wenn sie vom
Nutzen überzeugt ist, wenn also der Erfolg nachgewiesen wird.
- Die Systeme und Maßnahmen müssen den Führungskräften einen spürbaren
Nutzen bringen. Das ist nur dann der Fall, wenn sie für ihre Herausforderungen
funktionierende Lösungen bekommen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden:
Die Schritte eines erfolgreichen Veränderungsprozesses von der Bedarfsanalyse bis
zur Transfersicherung sind nicht überraschend und dass Kontrollinformationen über
gelungene Ergebnisse Akzeptanz schaffen ist einleuchtend. Warum haben dann aber
gerade Führungskräfte im mittleren Management so große Probleme mit ihre Führungsaufgaben? Warum gelingt es ihnen nur mühsam, Veränderungsprozesse erfolgreich zu
realisieren? Warum fühlen sie sich überlastet? Hierfür sind dieselben Ursachen
verantwortlich wie bei den unternehmensweiten Führungssystemen. Wie lassen uns
durch veraltete Theorien leiten, die vielleicht im letzten Jahrhundert erfolgversprechend
waren, in der heutigen Zeit aber eher kontraproduktiv wirken. Deshalb „trainieren“ wir
Führungskräfte nicht in den Themen, die heute Führungserfolg begründen, z.B. welche
Maßnahmen bei Veränderungsprozessen notwendig sind und wie man sie zusammen
mit den Mitarbeitern umsetzt. Bestehen dann Trainingsmaßnahmen nur aus Seminaren,
die vielleicht Lernerfolg aber keinen Umsetzungserfolg schaffen, dann ist der Weg in die
Probleme vorgezeichnet.
Da ausreichend Erfahrungen mit neuen, entwickelten Konzepten vorliegen und deren
Erfolge gemessen wurden, sollen im 2. Kapitel Hintergründe, Konzepte und Ergebnisse
vorgestellt werden, die individuelle Führung verbessern und im 3. Kapitel werden
entwickelte Führungssysteme vorgestellt, die mehr Ergebnisse bringen als sie kosten.
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2. Wie Führungskräfte ihren Führungserfolg messbar steigern
Zwischen Führungskräften die Führungskräfte führen, also oberen Führungskräfte und
Unternehmensleitungen und Führungskräften, die Mitarbeiter direkt oder über Teamleiter führen (mittlere Führungskräfte) gibt es größere Unterschiede hinsichtlich der
Führungsinhalte. Mittlere Führungskräfte haben sich zum Engpass entwickelt: Im
mittleren Management entscheidet sich, ob Unternehmensstrategien umgesetzt und
Unternehmensziele erreicht werden und ob Zielerreichungsprozesse kostengünstig,
nachhaltig und für die Mitarbeiter motivierend realisiert werden, sodass sie auch an das
Unternehmen gebunden werden. Diese Führungskräfte berichten von Überforderung
während ihre Mitarbeiter scheinbar unterfordert sind, laut Stressreport Deutschland
2012 und anderen Studien. Wie können sie die Anforderungen besser in den Griff
bekommen? Das steht nach einer Kritik an alten Führungstheorien zuerst im Mittelpunkt um am Ende des Kapitels auf Konsequenzen und Vorschläge für obere
Führungskräfte einzugehen.
2.1 Veraltete Theorien behindern Führungserfolg und müssen ersetzt werden
Wenn Führungskräfte Führung lernen, dann bestehen die theoretischen Grundlagen
der Führungstrainings sicherlich zu 90 Prozent aus Führungsstilen und alten GridKonzepten, die zwischen aufgabenorientierter und mitarbeiterorientierter Führung
unterschieden. Das letzte Konzept dieses Ansatzes haben Hersey und Blanchard im
Jahre 1969 !!! geliefert. Danach soll „situativ“ geführt werden. Diese Theorien sind in
der heutigen Zeit nicht nur nutzlos sondern beschädigen Führung.
Eine ausführliche Begründung dieser These kann im Anhang im Beitrag
„A. Führungsstile sind ein Relikt von früher” nachgelesen werden.
Führungskräfte können heute nicht mehr zwischen einem kooperativem und einem
direktiven Führungsstil wählen. Einen direktiven, sprich autoritären Führungsstil
akzeptieren qualifizierte Mitarbeiter nicht mehr. Der Rat des situativen Führens, den
Führungsstil nach dem „Reifegrad“ der Personen oder dem Bedarf der Situationen zu
wechseln, ist nichts anderes als ein Freibrief für Willkür-Führung. Heute benötigen
Führungskräfte Vertrauen. Sie müssen authentisch, berechenbar und werteorientiert
erlebt werden. Respektvolles Verhalten, mit dem das Selbstwertgefühl des Mitarbeiters
und der Führungskraft aufrechterhalten wird, ist die Grundlage von Führung und eben
keine wählbare Verhaltensalternative. Äußerst bedauerlich ist, dass heute unter dem
Begriff des situativen Führens in Seminaren einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für
Führung gelernt werden kann. Führung funktioniert nur, wenn die Kommunikation
funktioniert und das ist eine Herausforderung. Gesprächstechniken wie beispielsweise
Feedback zu lernen, die Befindlichkeit von Mitarbeitern zu erkennen und achtsam zu
sein oder das Teamklima zu spüren betrifft den wichtigen zwischenmenschlichen
Aspekt von Führung. Wenn die Beziehungsebene nicht stimmt funktioniert es auch auf
der Sachebene nicht. Um den Unterschied zu den veralteten „Situativen“ Konzepten zu
verdeutlichen werden diese Führungsaspekte vermehrt unter dem Begriff der direkten
Führung behandelt. Direkt bezieht sich auf das konkrete Verhalten der Führungskraft
gegenüber Mitarbeitern und Team.
Da im Mittelpunkt dieser Trainings das Führungsverhalten der Führungskraft gegenüber
ihren Mitarbeitern steht und diese Trainings im Kern Gesprächsführungsschulungen
sind, bekommen Führungskräfte keine Unterstützung für die Probleme, die ihnen heute
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das Leben schwer machen, z.B. Veränderungsprozesse in ihrem Bereich erfolgreich zu
gestalten. Indirekte Führung beschreibt alle Aktivitäten der Führungskraft, mit denen
sie ihre Führungssituation gestaltet. Beides ist wichtig und deshalb braucht Führung
neue Denkmodelle.
Modell Zielorientiertes Führen
Wenn der Zweck und die Funktion von Führung im Unternehmen als Grundlage zur
Theoriebildung hinterfragt werden, dann ergibt sich ein Führungsmodell, das wesentlich
nützlicher ist, um Führungsrealität zu erklären und Handlungsvorschläge abzuleiten:
Führungskräfte sind dafür verantwortlich in ihrem Verantwortungsbereich
- Ziele (= erwünschte zukünftige Ergebnisse)
- zusammen mit Mitarbeitern und dem Team
- über geeignete Wege (= Aufgaben) zu erreichen (Abb. 2)
Abb. 2 Strukturmodell - Zielorientiertes Führen
Mit diesem Modell können alle Themen identifiziert werden, die individuellen Führungserfolg beeinflussen und daran können konkrete Handlungsvorschläge in Form von
Führungsaufgaben geknüpft werden. Mit was und wie gut ist eine Führungskraft zum
Beispiel in der Lage,
- die Ziele für den Verantwortungsbereich zu definieren und zu vereinbaren?
- die besten Wege = Aufgaben auszuwählen?
- Aufgaben und Mitarbeiter zu kombinieren und Personalkapazitäten zu planen?
- Bildungs- und Entwicklungsbedarf zu ermitteln und zu decken?
- für interessante und herausfordernde Arbeitsinhalte zu sorgen?
- Mitarbeiter in diese Führungsprozesse einzubeziehen?
Diese Führungsaufgaben des Personal- und Bereichsmanagement muss eine
Führungskraft im Griff haben will sie Effektivität und Motivation steigern. Natürlich
benötigen Führungskräfte auch Kommunikationskompetenzen, um sie zu realisieren.
Es kommt aber auf die Inhalte von Kommunikation an. Wenn die Führungsinhalte nichts
taugen, dann kann recht schnell der Eindruck entstehen, dass die Führungskraft nichts
taugt.
Zielorientiertes Führen und Führungsaufgaben
Interessant wird es, wenn aus diesem Modell alle notwendigen Führungsaufgaben
abgeleitet werden, damit aus Zielen die erwünschten Ergebnisse werden. (Abb. 3).
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Abb. 3 Führungsaufgaben im mittleren Management
Neben dem Soll – Ist – Vergleich und den Inhalten der Führungsaufgaben müssen die
Schnittstellen zu vor- und nachgelagerten Bereichen, also zu internen Lieferanten und
Kunden als auch zu externen Lieferanten und Kunden berücksichtigt werden. Bezüglich
der Mitarbeiter spielen zunehmend Mitarbeiterpräferenzen eine Rolle. Individuelle
berufliche Entwicklungsvorstellungen aber auch die Vereinbarkeit von „Familie und
Beruf“ oder „Work-Life-Balance“ sind Erwartungen, die Führungskräfte berücksichtigen
sollten, wenn sie Mitarbeiter motivieren und möglichst lange behalten wollen.
Unabhängig davon, ob eine Führungskraft das dafür notwendige Knowhow besitzt:
Diese Führungsaufgaben im Kopf qualifiziert zu bearbeiten ist unmöglich.
Falls Sie anderer Meinung sind, können Sie das testen. Im Anhang unter „D. Einsteins
Rätsel“ finden Sie eine Aufgabe, die Sie hoffentlich noch nicht kennen und im Kopf
lösen sollen. Nur wenn Ihnen das gelingt schaffen Sie es, diese komplexe Situation
ohne Hilfsmittel zu bewältigen.
Wie man diese Führungsaufgaben über Personal- und Bereichsmanagement in den
Griff bekommt und warum Veränderungsprozesse ohne methodische Unterstützung
schief gehen müssen, selbst wenn Projektmanagementverfahren genutzt werden, das
soll an einem Praxisbeispiel gezeigt werden.
2.2 Führungskräfte im mittleren Management: Architekt und Bauleiter
Das verkürzte, anonymisierte Beispiel wurde in einem mittelständischen Unternehmen
realisiert. Für die Einkaufsabteilung wurden aus Unternehmenszielen folgende Ziele
abgeleitet:
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Einkaufspreise um x% senken
Bestände von x auf y Mio. € senken
Anzahl der aktiven Lieferanten um x% senken
Einführung Materialgruppenmanagement: Eingeführt bedeutet, Mitarbeiter A ist
verantwortlich für Materialgruppen 1, Mitarbeiter B für Materialgruppen 2, …
Um diese Veränderungsprozesse erfolgreich zu realisieren wurde der Einkaufsleiter im
Rahmen eines Entwicklungsprogramms unterstützt. Im 1. Schritt erfassten er und die
Mitarbeiter die Hauptaufgaben, die jeder bearbeitet und schätzten den Zeitanteil ein,
der für jede Hauptaufgabe eingesetzt wurde. Eine Vollzeitkraft (FTE = Full time
employee) verteilte 100% Kapazität, eine Teilzeitkraft z.B. 50%. Aus der Aufgabenanalyse wurden die Hauptaufgaben der Abteilung zusammengefasst. Mit einer
Aufgabenverteilungsmatrix wurden die eingeschätzten individuellen Zeitanteile pro
Aufgabe zugeordnet. Die Spalte FK zeigt die Selbsteinschätzung der Führungskraft
(Abb. 4).
Abb. 4 Ziele und Aufgabenverteilungsmatrix
Diese methodengestützte Ist-Analyse war für den Einkaufsleiter neu. So hatte er seinen
Verantwortungsbereich noch nie analysiert und die Ergebnisse machten ihn sehr
nachdenklich. Das trifft auf Führungskräfte in allen Funktionen zu, die diese Analyse
erstmals machen, bis auf Bereiche der direkten Produktion, in Callcentern oder in
Unternehmensbereichen, in denen standardisierte Prozesse abgearbeitet werden.
Nachdenklich macht immer, dass
- Mitarbeiter, die identische Aufgaben bearbeiteten, ihre Aufgabeninhalte völlig
unterschiedlich beschreiben
- der Gesamt-Zeitbedarf für Aufgaben nicht der Aufgabenbedeutung entspricht
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Führungserfolg
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keine validen Daten über den wirklichen Zeitaufwand vorliegen und nur vermutet
werden kann, ob der Zeitaufwand für die Arbeitsmenge notwendig ist
manche Mitarbeiter Monopolisten sind, also möglichst nicht krank werden oder
kündigen sollten
Aufgaben durchgeführt werden, die eigentlich in andere Abteilungen gehörten.
Äußerst interessant ist, dass sich Ziele für den Einkaufsbereich bei Hauptaufgaben
wiederfinden, die der Abteilungsleiter zum größeren Teil selbst bearbeitet. Das kann
sehr einfach erklärt werden. Führungskräfte auf dieser Führungsebene waren in der
Regel vorher die besten Fachkräfte, denn an ihnen geht ein Stellenbesetzungsprozess
selten vorbei. Als Führungskraft übernimmt sie die schwierigsten Aufgaben selbst, nicht
nur, weil diese Aufgaben ihr am meisten „Spaß“ machen. Diese Aufgaben zu delegieren
macht Arbeit, benötigt vorher Entwicklungsmaßnahmen für den Mitarbeiter und wird oft
mit der Frage gekontert: „Was soll ich denn noch alles machen?“ Dieses Ergebnis zeigt
sich in fast allen Verantwortungsbereichen von Führungskräften im mittleren
Management. Das ist eine begründete Erklärung dafür, dass Studien von einer
qualitativen und quantitativen Überlastung der Führungskräfte berichten. Außerdem
machen wir sehr gute Fachspezialisten zu mittelmäßigen Führungskräften, es sei denn,
wie unterstützen sie auf wirksame Weise.
Das Kernproblem der Veränderungsprozesse zeigt Abb. 5
Abb. 5 Geplante Veränderungsprozesse
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Führungserfolg
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Abbildung 5 zeigt den ersten Plan der Führungskraft: Der Kapazitätseinsatz soll so
verändert werden, dass sich die Soll-Kapazitäten in den Spalten A und B ergeben.
Dafür gibt es den in der Spalte C aufgelisteten Veränderungs- und Handlungsbedarf. In
Spalte D sind die wichtigsten Techniken, Methoden und Maßnahmen aufgelistet, die
nun eingesetzt werden sollten.
Bemerkenswert ist, dass der Einkaufsleiter sofort selbst erkannt hat, dass er mehr Zeit
für Führung benötigen wird. Der von ihm geplante Zeitanteil für Führung steigt von 5%
auf 10%. Die geplante Zeit für Weiterbildung aller Mitarbeiter steigt ebenfalls von 10%
auf 25%. Der Hinweis, dass zum Beispiel die Reduzierung des Kapazitätseinsatzes bei
der Aufgabe „Kaufteile disponieren, Bestellungen abwickeln“ von 1,12 auf 0,2 FTE doch
recht unrealistisch erscheine, wurde mit dem Hinweis auf ein IT-Programm gekontert,
das „immer noch unbenutzt im Schrank liege“. Als zwei Jahre später die Ergebnisse der
Veränderungsprozesse überprüft wurden, hat sich das Einsparpotenzial durch den ITEinsatz nahezu bestätigt.
Bei dem Handlungsbedarf, der aus nur vier Zielen entsteht, wird sofort deutlich:
Diese Veränderungsprozesse kann eine Führungskraft nur über diese Methodik
erfolgreich bewältigen, denn erst durch die Analyse wird deutlich was verändert
werden muss und das ist meistens mehr als zuerst angenommen wird.
Es zeigt sich, dass Erkenntnisse aus dem Veränderungscontrolling Erfolgsfaktoren für
Veränderungen sind:
- Ohne SMART-Ziele, die aus den Unternehmenszielen abgeleitet wurden, werden
die „kritischen“ Handlungsfelder nicht mit „Handlungsdruck“ belegt
- Veränderungen betreffen meistens Personen und Rahmenbedingungen
Außerdem wird deutlich, warum Veränderungsprozesse ohne methodische Unterstützung schief gehen müssen:
- Die Komplexität ist zu groß und im Kopf keinesfalls beherrschbar
- Die Veränderungsursachen und die Pläne müssen für Mitarbeitern „visualisiert“
werden, sonst können sie nicht in Entscheidungsprozesse einbezogen und
davon überzeugt werden
Führungskräfte im mittleren Management müssen zum Architekten und Bauleiter ihres
Verantwortungsbereichs werden, also Personal- und Bereichsmanagement betreiben.
Diese Gestaltungsarbeit ist die Voraussetzung dafür, dass der Bereich seinen Beitrag
zur Unternehmenszielerreichung so gut wie möglich liefern kann. Wenn sich Mitarbeiter
dort wohl fühlen und ihre Fähigkeiten und Interessen einbringen sollen, dann müssen
sie in die Gestaltungsprozesse einbezogen werden. Das funktioniert nur, wenn ein Plan
vorliegt, genauso, wie es beim Bau eines Hauses üblich ist. Wer die Zeit sparen will,
einen Plan zu erarbeiten, benötigt viel Zeit für trouble shooting.
2.3 Maßnahmen, Erfolgsfaktoren, messbare Ergebnisse
Ein innovatives Führungswerkzeug
Die Hauptaufgaben zu erfassen und mit einer Aufgabenverteilungsmatrix sinnvoll zu
verteilen liefert nur die Basis für Führungs- und Veränderungsprozesse. Sollen die in
Abb. 3 dargestellten Führungsaufgaben kompetent umgesetzt werden ist erheblich
mehr Führungsknowhow für weitere Führungsaufgaben notwendig. Diese
Führungsaufgaben sind vernetzt und bauen aufeinander auf. Die Zusammenhänge
können durch einen einfachen aber logischen Prozess gezeigt werden, dem
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Führungserfolg
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Prozessmodell für zielorientierte Führung (Abb. 6). In der Praxis läuft dieser Prozess
nicht linear in eine Richtung ab sondern es kommt zu Rückwärtsschleifen und
Veränderungen sind normal. Wenn z.B. der Entwicklungsbedarf ermittelt wird (Schritt
6) zeigt sich oft, dass die Aufgabenverteilung (Schritt 4) nicht möglich ist, weil die
notwendigen Kompetenzen bei Mitarbeitern nicht (schnell genug) aufgebaut werden
können. Sollten Mitarbeiter den Bereich verlassen ergeben sich Chancen, die
Aufgaben neu zu ordnen. Werden kein Mitarbeiter dafür eingestellt, müssen Prioritäten
neu gesetzt werden. Ändern sich Ziele oder Arbeitsmethoden gravierend, muss der
Plan überarbeitet werden.
Abb. 6 Prozessmodell für zielorientierte Führung
Für jeden Prozessschritt gibt es bewährtes Knowhow, das aber, wie langjährige
Erfahrungen zeigen, mit klassischen Trainingsmethoden nicht zu vermitteln ist. Wenn es
erfolgreich am Arbeitsplatz angewendet werden soll dann muss die Methodik Folgendes
ermöglichen:
- Alle Führungsaufgaben werden im Zusammenhang gelernt
- Veränderungen und die Simulationen von Alternativen sind einfach möglich
- Gelerntes wird direkt auf die eigene, spezifische Führungssituation angewendet
- Planungen und Ergebnisse liegen schriftlich vor, damit Mitarbeiter und eigener
Vorgesetzter in Analyse- und Gestaltungsprozesse eingebunden werden können
- Das Werkzeug muss über Jahre nutzbar sein
Das ist nun mit der Manager Performance Map (MPM) einem Trainings-, Simulationsund Umsetzungswerkzeug möglich. Es ist mehrfach bei Wettbewerben zum
Innovationspreis IT und zum Industriepreis ausgezeichnet worden. Im Seminar oder
individuellem Coaching bearbeitet die Führungskraft jede Führungsaufgabe am eigenen
Laptop mit der eigenen MPM und wendet Praxiswissen direkt auf die eigene
Führungssituation an - Learning by doing. So entstehen ihre ganz individuellen
Analysen und Ergebnisse. Beispielsweise erfasst und strukturiert sie in einem
Prozessschritt die Fachaufgaben des eigenen Bereichs, lernt dabei Knowhow zur
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Führungserfolg
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Aufgabenanalyse und dokumentiert die Ergebnisse in der MPM. In einem anderen
Schritt ermittelt sie die notwendigen Fähigkeiten, um die Aufgaben erfolgreich zu
bewältigen, erstellt also eine Kompetenzanalyse, die Grundlage für Anforderungsprofile.
Weil im Hintergrund MS Excel arbeitet, werden Informationen nur einmal eingegeben
und automatisch dahin übertragen, wo sie gebraucht werden. Deshalb werden bei der
Kompetenzanalyse die dokumentierten Aufgaben aus dem anderen Prozessschritt
automatisch eingespielt. Überprüft sie z.B. ob die alte Arbeitsverteilung im Team
verbessert werden kann oder ob damit neue Ziele überhaupt erreichbar sind, dann zeigt
die MPM dafür alle Informationen, macht Abhängigkeiten transparent und ermöglicht
die Simulation von Lösungsalternativen.
Die MPM bildet Denkprozesse ab, um die Komplexität zu bewältigen. Darin steckt
langjährige Erfahrungen, die kaum theoretisch erlernt werden können. Deshalb treffen
Führungskräfte fundiertere Entscheidungen, setzen Strategien stringenter um und
knappe Personalkapazitäten effektiver ein. Sie lenken Veränderungsprozesse
erfolgreicher und reduzieren den sonst üblichen Zeitaufwand für trouble shooting. Alles
ist dokumentiert und kann einfach über Jahre fortgeschrieben werden. Mit
Ergebnisblättern werden Mitarbeiter in Führungsprozesse einbezogen. Nur so werden
aus Betroffenen motivierte Beteiligte. Das ist die entscheidende Grundlage für
kooperative Führung und mit Vorgesetzten können konkrete Unterstützungsleistungen
vereinbart werden.
Das Werkzeug ist ein innovativer Ansatz um heute mit Veränderungsprozessen fertig
zu werden. Im letzten Jahrhunderts waren Führungssituationen meist über längere Zeit
stabil und Mitarbeiter wurden an bewährte Prozesse „angepasst“. Deshalb benötigten
Führungskräfte dieses Knowhow nicht und es wurde deshalb auch nicht trainiert. Wie
Führungskräfte heute ihre Führungssituation einschätzen, welche Fehleinschätzungen
ihnen dabei unterlaufen und welche Trainingswirkungen mit dem Werkzeug MPM
erreicht werden zeigen Seminarergebnisse (Abb. 7). Natürlich ist diese Abfrage Teil
der MPM denn das ermöglicht individuelle Feedbackprozesse zur Steuerung des Lernerfolgs. Die Ergebnisse wurden anonymisiert erhoben.
Abb. 7 Seminarergebnisse mit der Manager Performance Map
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Bei allen Fragen schätzen die Teilnehmer am Seminarende ihre Führungssituation als
signifikant besser ein wenn sie ihre Pläne umsetzen. Bei Frage 3 (Kompetenzen der
Mitarbeiter), Frage 6 (Nutzung der Mitarbeiterfähigkeiten) und Frage 7 (Arbeitsverteilung) werden die durchschnittlichen Einschätzungen am Ende des 1. Tages
schlechter, denn nun haben die Teilnehmer Analyseergebnisse vorliegen, die sie so
zum ersten Mal erarbeitet haben. Sie haben wichtige Erfolgskriterien für ihre Führung
falsch eingeschätzt! Auch diese Einschätzungen werden am Seminarende signifikant
besser.
Die Probleme mit den Stellenbeschreibungen werden gelöst
Stellenbeschreibungen sind seit 30 Jahren ein Reizthema. Einerseits sind sie wichtig.
Um eine Stelle richtig besetzen zu können ist ein Anforderungsprofil notwendig, das aus
den Aufgaben und den erwünschten Ergebnissen der Stelle abgeleitet wird. Sie werden
auch benötigt, um Stellenbewertungsverfahren für Entgeltsysteme anzuwenden und um
qualifizierte Bildungsbedarfsanalysen zu erstellen. Soll ein Bereich neu organisiert
werden ist es notwendig zu wissen, wer was tut, bzw. tun sollte.
Andererseits waren sie in der Vergangenheit Bürokratiemonster, die meistens veraltet
waren, weil sie nicht gepflegt wurden. Sie wurden immer dann wichtig, wenn Stellen
tariflich oder übertariflich in eine neue Entgeltgruppe eingestuft werden sollten. Wer
diese Prozesse erlebt hat, kann ein Lied über die Praxisrelevanz der Ergebnisse
singen. Um dem Mitarbeiter zu mehr Gehalt zu verhelfen, wurde versucht, die
Arbeitsinhalte soweit „aufzublasen“ bis die Kriterien der nächsthöheren Gehaltsgruppe
erfüllt wurden. Das waren recht unerquickliche Gesprächsrunden.
Auch als Führungsinstrument waren sie unbeliebt. Da klassische Auffassungen des
Harzburger-Modells immer noch wirkten, musste Aufgaben, Verantwortlichkeiten usw.
möglichst detailliert beschrieben werden. Sollte ein Mitarbeiter neue Aufgaben
bearbeiten, die nicht in seiner Stellenbeschreibung enthalten waren, kam es oft zu
ebenfalls unerquicklichen Führungsgesprächen.
Diese alten Stellenbeschreibungen haben zwei konzeptionelle Fehler:
Wenn sie die Realität beschreiben sollen, können sie nicht isoliert, also unabhängig von
anderen Stellenbeschreibungen eines Bereiches definiert werden sondern sie müssen
aus den Hauptaufgaben des Bereichs abgeleitet werden. Genau das passiert in der
Aufgabenverteilungsmatrix.
Es reicht außerdem aus, die Hauptaufgaben ergänzt um Detailaufgaben und stellenspezifische Besonderheiten zu beschreiben. Sinnvoll und ausreichend ist es, den Kern
einer Stelle zu beschreiben, also das was eine Stelle zu vielleicht 70% oder 80%
definiert. Der Rest muss flexibel sein. Wer glaubt, dass Arbeit in einem Unternehmen
überall „programmierbar“ ist, der hat seine Rechnung ohne Veränderungsprozesse und
ohne die Überraschungen gemacht, die täglich passieren, meistens wenn man nicht
vorbereit ist.
Hauptaufgaben, Detailaufgaben und stellenspezifische Besonderheiten werden in der
MPM erfasst und auf einem Blatt Aufgabenbeschreibung zusammengefasst. Wenn sich
Inhalte verändern, aktualisieren sich die Aufgabenbeschreibungen, automatisch. Die
MPM ist Teil eines innovativen Trainingsprogrammes.
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Ein innovatives Führungskräftetraining
Wenn ein Führungstraining alle Erwartungen erfüllen soll, die in Kapitel 1 zum
Veränderungscontrolling definiert wurden, dann muss der Veränderungsprozess, der
durch das Training erreicht werden soll, stringent gesteuert werden und der Erfolg
muss sich nachweisbar in Umsetzungsergebnissen am Arbeitsplatz zeigen (Kontrolle).
Das folgende Entwicklungsprogramm (Abb. 8) erfüllt beide Anforderungen.
Abb. 8 Prozess eines innovativen Führungskräftetrainings
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Die Erfahrungen, die mit diesem Entwicklungsprogramm gemacht wurden, sind äußerst
positiv:
- Der Vorgesetzte einer teilnehmenden Führungskraft kann überprüfen, zu
welchen Maßnahmen seine Ziele und die Erwartungen an die Führungskraft
führen (Schritt 1 im Vergleich zu Schritt 6) und ob sie auch umgesetzt werden
(Schritt 8). Da SMART-Ziele die Grundlage für Veränderungsprozesse sind kann
bei einer Beschreibung der Ziele in Euro der ROI ermittelt werden. So werden
obere Führungskräfte in die Entwicklungsmaßnahme einbezogen und sichern die
Verbindlichkeit.
-
Die Führungskraft lernt die Methoden des Personal- und Bereichsmanagement
und wendet sie direkt auf die eigenen Herausforderungen an. Den Nutzen erlebt
sie im Umsetzungsprozess. Die Sicherheit wächst, den eigenen Verantwortungsbereich im Griff zu haben. Sie delegiert mehr weil sie sich der Ergebnisse
sicherer ist und kann Überlastung abbauen. Auf dieser einmal erarbeiteten
Grundlage kann sie kommende Veränderungsprozesse besser steuern. Da sie
sich intensiv mit Bildungsbedarfsanalysen und Potenzialeinschätzungen befasst,
sind die Input-Informationen für die Trainingsabteilung und Talentmanagement
belastbar.
-
Die Mitarbeiter sind in alle Analyse- und Veränderungsprozesse involviert (nach
Schritt 2 und im Schritt 7), können ihre Ideen und Interessen einbringen und
deshalb steigt die Motivation. Sie erleben, dass sie das wichtigste an ihrer Arbeit
mitgestalten können, nämlich die Arbeitsinhalte, auch wenn die Führungskraft
die Rahmenbedingungen dafür festlegt. Sie erkennen die Zusammenhänge und
unterstützen Veränderungsprozesse.
Der konkrete Nutzen auf der ökonomischen Ebene, also Unternehmensergebnisse zu
verbessern, sollte Ausgangspunkt für das Entwicklungsprogramm sein. So ist bei dem
weiter oben beschriebenen Beispiel der Einkaufsabteilung u.a. das Ziel, Einkaufskosten zu senken, so gut erreicht worden, dass die Kosten für das Entwicklungsprogramm um ein Vielfaches übertroffen wurden.
Anwender, die nach längerer Zeit zum Nutzen dieses Konzeptes befragt wurden,
berichten, dass sie mit der MPM ihre Führungsergebnisse auf drei Feldern gesteigert
haben: Zielerreichung (bis 30%), Produktivität (bis 40%) und Mitarbeitermotivation
(bis gefühlte 30%). Das ist nur möglich weil klare Ziele erarbeitet werden und
Führungskräfteentwicklung mit Team- und Organisationsentwicklung verknüpft wird. Ob
Führungsergebnisse nämlich auf allen Feldern und in dem erreichbaren Ausmaß
verbessert werden hängt neben der Ausgangssituation von drei Faktoren ab:
Anwendung des erlernten Knowhow, wie Mitarbeiter und Team einbezogen werden und
wie der Vorgesetzte Veränderungsprozesse unterstützt.
2.4 Führungskräfte im oberen Management: Verantwortung, Beiträge, Nutzen
Den Führungskräften im oberen Management oder in Unternehmensleitungen geht es
heute ähnlich wie Führungskräften im mittleren Management. Die Herausforderungen
wachsen und es reichen Schlagworte um sie zu beschreiben: Internationalisierung,
Zielerreichung in turbulenten Umwelten, Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungszwänge, Innovationsdruck, Erwartungen der Gesellschaft an Unternehmen. Um damit
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fertig zu werden sind Veränderungsprozesse notwendig, deren Intensität und
Schnelligkeit man sich im letzten Jahrhundert nicht im Entferntesten vorstellen konnten.
Diese Veränderungsprozesse sind nur mit fähigen, motivierten Mitarbeitern und
Führungskräften zu bewältigen, die aufgrund der demographischen Entwicklung auch
noch seltener werden sollen. Auch auf obere Führungskräfte treffen die Studienergebnisse zu, dass Führungskräfte stärker von einer Stresszunahme und von
quantitativer und qualitativer Überforderung betroffen sind als Mitarbeiter. Ein Weg aus
dieser Situation besteht darin mehr zu delegieren. Wenn Führungskräfte im mittlere
Management ihr Personal- und Bereichsmanagement mit den beschriebenen
Konzepten in den Griff bekommen, dann können obere Führungskräfte
Mitarbeiterführung sicher delegieren. Damit entlasten sie sich erheblich. Nicht
delegieren können sie die Verantwortung, die Rahmenbedingungen im Unternehmen
für Führung zu gestalten und die Verbindlichkeit sicher zu stellen. Diese
unternehmensweit wirkenden Rahmenbedingungen für Führung können das Modell
Zielorientierter Führung plausibel erweitern (Abb.9) :
Abb. 9 Unternehmensweite Führungssysteme
Damit Führungskräfte an den richtigen Zielen arbeiten, müssen diese Ziele stringent
aus Unternehmensstrategien und -zielen abgeleitet werden. Die Strategien betreffen
auch Entscheidungen der Unternehmensleitung zur Aufbauorganisation des Unternehmens und zu den Prozessen, damit Ziele überhaupt sinnvoll verteilt und erreicht
werden können. In einem Leitbild können der Zweck des Unternehmens und die
grundsätzlich einzuhaltenden Werte beschrieben sein. Um diese „Vorgaben“ in jeden
Unternehmensbereich und jede Abteilung „herunterzubrechen“ benötigen Unternehmen
ein Zielmanagementsystem.
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Ohne Wissen und Können werden Ziele nicht erreicht. Die unternehmensspezifischen
Fähigkeiten und dazu gehört auch der Zugang zu Märkten, beschreiben die Geschäftsgrundlage des Unternehmens, hoffentlich Wettbewerbsvorteile und bestimmen die
Aufgabeninhalte.
Die Kultur eines Unternehmens beschreibt das Werte- und Normengefüge, das von den
Unternehmensmitgliedern geteilt wird. Kultur zu gestalten bedeutet unternehmensweite
Regeln aufstellen und überprüfen, ob sie eingehalten werden. In Führungsgrundsätzen
wird beschrieben, wie geführt und zusammengearbeitet werden soll. Damit Führungsgrundsätze nicht Theorie bleiben, werden sie über Systeme umgesetzt. Erfahrungen
zeigen, dass fünf Systeme notwendig sind:
- Zielmanagement
- Bereichs- und Personalmanagement
- Talentmanagement mit den wichtigen Teilbereichen Recruitment und Training
- Entgeltsystem
- Arbeitszeitsystem
Studien zeigen, dass diese Systeme in vielen Unternehmen nicht erfolgreich sind, also
der dafür betriebene Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen steht und Ergebnisse
oft sogar kontraproduktiv wirken. Auch bei den Systemen lassen wir uns durch veraltete
Konzepte leiten. Einige waren noch nicht einmal im letzten Jahrhundert erfolgreich.
Erst seit den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts werden diese Themen erforscht –
ein kurzer Zeitraum, wenn man zur Kenntnis nimmt, dass die doppelte Buchhaltung als
Grundlage des Rechnungswesens im 15.Jahrhundert erfunden wurde. Es wurden viele
konzeptionelle und handwerkliche Fehler gemacht. Das nennt man dann – positiv
formuliert – Erfahrungen sammeln. Aus Erfahrungen sollte gelernt werden. Entwickelte
Systeme können ihren Nutzen nachweisen.
3. Wie Führungssysteme Führungserfolg messbar steigern
Zwei Systeme sollen im Mittelpunkt stehen: Zielmanagement mit der Verknüpfung zum
variablen Entgelt und Talentmanagement. Die konkrete Gestaltung der Systeme hängt
einerseits von der Unternehmensgröße ab. Je größer Unternehmen sind, desto
komplexer sind die Systeme. Andererseits müssen die Systeme in die bestehende
Unternehmenskultur passen. Standardvorschläge führen nicht zum Erfolg. Erfahrungen
zeigen aber dass einige Grundprinzipien eingehalten werden müssen, damit Systeme
funktionieren.
3.1 Systeme, und ihre Konstruktionsmerkmale
In allen Unternehmen sind drei Prinzipien die Erfolgsgrundlage für Führungssysteme.
Die Rollen von Unternehmensleitung, Führungskräften und HR-Bereich
Rechnungswesen oder Controlling können Rahmenbedingungen aufgrund externer
Zwänge vorgeben, denn Bilanzen und Erfolgsrechnungen müssen erstellt werden.
Damit HR-Rahmenbedingungen nicht zu „Kür-Veranstaltungen“ werden, hängt die
Verbindlichkeit allein von der Unternehmensleitung ab. Verbindlichkeit durch die
Leitung wird gewonnen und gesteigert, wenn der Nutzen der HR-Rahmenbedingungen
nachgewiesen wird.
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Führungserfolg
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Der Nutzen der Systeme hängt entscheidend davon ab, ob Führungskräfte qualitativ
hochwertige Informationen in die Systeme einbringen können und wollen und ob sie
Ergebnisse kompetent umsetzen. Das erfordert Führungskompetenz und sie müssen
einen direkten Nutzen für ihre Führungsarbeit erhalten.
Der HR-Bereich ist der Lieferant solcher Systeme und der Process-Owner. Diese
Systeme sind keine Selbstläufer. Sie müssen gesteuert werden und Führungskräfte
benötigen Umsetzungsunterstützung. Im HR-Bereich werden außerdem alle Aufgaben
erfüllt damit die Prozesse funktionieren und erwünschte Systemergebnisse einen hohen
Qualitätsstandard erreichen.
Systemmerkmale
Jedes System besteht aus drei Elementen
- Gesamtkonzept und Regeln
- Maßnahmen und Prozessen
- Instrumente und Methoden
Alle Elemente müssen einfach und anwendungsfreundlich sein, wie schon Albert
Einstein forderte: „Man muss die Dinge so einfach wie möglich machen, aber nicht
einfacher als sie sind.“ Das ist aber äußerst schwierig.
Insbesondere müssen Regeln für jeden Teilprozess aufgestellt und eingehalten werden,
sonst entwickeln Führungskräfte und Mitarbeiter kein Vertrauen in die notwendigen
Maßnahmen und Prozesse.
Führungssysteme und Unternehmensführung
Die Systeme müssen als Teile eines vernetzten Gesamtprozesses verstanden werden,
der sich am Unternehmensführungsprozess orientiert. (Abb. 10) Hier wird davon
ausgegangen, dass das Geschäftsjahr im Januar beginnt.
Abb. 10 Unternehmensführungsprozess
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Ausgangspunkt ist die operative und strategische Geschäftsplanung, die in manchen
Unternehmen sehr intensiv, in anderen recht zügig durchgeführt wird. Dann kommt der
HR-Bereich ins Spiel: Er stellt sicher, dass die Geschäftsplanung über Zielmanagement
umgesetzt wird. Zielmanagement endet mit Zielvereinbarungen. Daran schließt sich das
Personal- und Bereichsmanagement an, um aus Zielen Ergebnisse zu machen.
Talentmanagement beginnt mit einem Mitarbeitergespräch das auch Jahresgespräch
genannt wird. Aus diesem Gespräch und aus weiteren Analysen werden wichtige
personalrelevante Informationen erfasst und es werden Entscheidungsgrundlagen
erarbeitet, die dann auch in die Geschäftsplanung einfließen. Recruitment, das beim
Personalmarketing beginnt und Training können wegen der inhaltlichen Nähe der zu
bearbeitenden Themen und der zu verwendenden Methoden dem Talentmanagement
zugerechnet werden.
Das System Personal- und Bereichsmanagement ist schon beschrieben worden, denn
es liefert Konzepte, Maßnahmen und Instrumente, damit Führungskräfte ihrer
Führungsverantwortung gerecht werden können. Dieses System unterscheidet sich von
Zielmanagement und Talentmanagement. Bereichs- und Personalmanagement muss
von den Führungskräfte selbständig und allein angewendet werden. Der HR-Bereich
unterstützt. Beim Ziel- und Talentmanagement realisiert der HR-Bereich wesentliche
Elemente selbst und ist in wichtige Maßnahmen eingebunden, d.h. er ist direkt beteiligt,
wenn es z.B. darum geht, aus Unternehmenszielen die Ziele für Bereiche abzuleiten.
Personal- und Bereichsmanagement ist ein entscheidender Teil des Gesamtprozesses.
Einerseits wird sichergestellt, dass Zielmanagement wirklich zu Umsetzungserfolg führt.
Anderseits werden hier wichtige Informationen erarbeitet, die großen Einfluss auf den
Nutzen von Talentmanagement haben.
3.2 Die Sünden der Vergangenheit
Das alles leisten alte Ansätze mit ihren Instrumenten nicht.
Bedarfsermittlung: Das Problem für den HR-Bereich
Der Schlüssel für die Wertschöpfung des HR-Bereichs besteht darin, für die richtigen
Bedarfe funktionierende Lösungsvorschläge zu realisieren oder bereitzustellen. Wie
aber kommt der richtige Bedarf in den HR-Bereich? Viele Handlungsbedarfe entstehen
aus Problemen: Die Fähigkeiten reichen nicht aus um die Anforderungen zu erfüllen,
Führungskräfte demotivieren durch ihr Führungsverhalten Mitarbeiter und Teams, die
Zusammenarbeit zwischen Bereichen funktioniert nicht, Unternehmen werden
reorganisiert, internationalisiert, fusioniert. Über Probleme spricht man nicht gerne und
Instrumente wie Mitarbeiterbefragungen liefern nur eine grobe Übersicht zum Zustand
von Unternehmen. Wenn
Führungssysteme einen hohen Wertschöpfungsbeitrag
liefern sollen, dann müssen sie auch Handlungsbedarfe möglichst konkret erfassen.
Wie noch gezeigt wird werden im Zielmanagement Handlungsbedarfe erfasst, die
helfen den Geschäftsplan zu realisieren. Personal- und Bereichsmanagement liefert
Handlungsbedarfe aus der konkreten Arbeit von Führungskräften und Mitarbeitern.
Talentmanagement ist im Kern Bedarfsermittlung.
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Leistungsbeurteilungen demotivieren, Zielvereinbarungen funktionieren nicht
Die im Prozess enthaltenen Instrumente Zielvereinbarung und Mitarbeitergespräch
haben nichts mehr gemein mit ihren klassischen Vorgängern. Schon im letzten
Jahrhundert spielten Mitarbeitergespräche mit Leistungsbeurteilungen eine wichtige
Rolle, die dann in vielen Unternehmen durch Zielvereinbarungen ersetzt oder ergänzt
wurden.
Mitarbeitergespräche mit Leistungsbeurteilungen, an die variable Entgeltbestandteile
geknüpft werden, gehören zu den effektivsten Demotivationsinstrumenten, die im
Personalmanagement entwickelt wurden. Sie werden immer noch eingesetzt wie ein
Blick in Tarifverträge von „Entgelt-Rahmen-Abkommen“ (ERA) aus der Metallbranche
zeigt. Sie enthalten so viele gravierende konzeptionelle Fehler, dass viele Führungskräfte sie vermeiden wollen, Mitarbeiter davon enttäuscht sind und der HR-Bereich sich
systematisch ein schlechtes Image schafft.
Diese Thesen werden im Anhang unter „B. Alte Leistungsbeurteilungen sind das
effektivste Demotivationsinstrument” detailliert begründet.
Der Kern von Zielmanagement waren und sind 4-Augen-Gespräche, in denen der
Vorgesetzte mit dem Mitarbeiter Ziele erarbeiten und vereinbaren soll. Auch dieses
Instrument ist völlig ungeeignet um aus Unternehmenszielen die Ziele von
Führungskräften oder sogar von Mitarbeitern abzuleiten, denn das wirkliche Problem
besteht nicht in der Vereinbarung von Zielen. Es besteht darin, die richtigen Ziele zu
finden und SMART zu formulieren.
Im Anhang unter „C. Zielvereinbarungen in 4-Augen-Gesprächen funktionieren
nicht” wird diese Einschätzung detailliert begründet.
Auch für Zielmanagement kann festgehalten werden, dass alte Instrumente immer noch
im Einsatz sind. Darauf weisen Studien hin wie die von Graumann, Semrau und
Skrabek (2013) und in mehreren sicherlich nicht repräsentativen Seminarabfragen bei
Teilnehmern aus über 50 Unternehmen bestätigten 95% der Teilnehmer, dass mit
Zielen geführt wird und dass 4-Augen-Gespräch dafür die methodische Grundlage ist.
Wie noch dargestellt wird werden auch bei der Nachfolgeplanung im Talentmanagement alte Konzepte genutzt, die in der heutigen Zeit zu inakzeptablen Ergebnissen führen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Instrumente des Personalmanagement ein schlechtes Image haben, nicht genutzt werden und viele
Führungskräfte aber auch HR-Bereiche sich gegen die Instrumente wehren. Dieser
Widerstand kann nur abgebaut werden, wenn neue Konzepte nachweisbar einen
Mehrwert im Unternehmen bringen, nicht nur messbar an der Steigerung von
Unternehmensergebnissen sondern auch bei der Motivationshöhe und Zufriedenheit
der Mitarbeiter.
3.3 Zielmanagement
Ein einfacher Prozess ist die Grundlage des Zielmanagement (Abb. 11).
Im Mittelpunkt steht die Zielklausur. In einer Vorbereitungsphase werden die Ziele aus
der Geschäfts- oder Budgetplanung und Erwartungen der Unternehmensleitung erfasst
und die Klausur wird vorbereitet. Die Ergebnisse der Zielklausur werden in einer
Nachbereitungsphase überprüft, als verbindlich erklärt und in intelligenten Unterlagen
dokumentiert, mit denen die erarbeiteten Ziele vereinbart werden.
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Abb. 11 Prozess Zielmanagement
Zielklausuren sind der Schlüssel
Nach heutigem Wissensstand ist es nur mit Zielklausuren möglich Ziele für Bereiche,
Führungskräfte oder auch Mitarbeiter so zu erarbeiten, dass darüber in der Summe die
Unternehmensziele erreicht werden. Das geschieht in einem Prozess, der sowohl
schnell, qualifiziert und kostengünstig ist, als auch einfach gesteuert werden kann.
An jährlichen Zielklausuren nehmen die Führungskraft und zugeordnete Mitarbeiter
oder Führungskräfte teil. In kleineren Unternehmen und Unternehmensbereichen reicht
oft eine Klausur aus, um zielorientierte Führung in den Griff zu bekommen. Die Klausur
wird durch einen erfahrenen Moderator und Trainer geleitet, der vorzugsweise aus dem
HR-Bereich kommt. In Zielklausuren wird zielorientierte Führung gelernt oder aufgefrischt und sofort in Bezug auf die aktuellen Ziele umgesetzt. Das Transferproblem
entsteht also nicht.
Zielklausuren bestehen aus sechs Schritten (Abb. 12)
Abb. 12 Inhalte von Zielklausuren
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Führungserfolg
-
27
Rückblick zur Zielerreichung des vergangenen Jahres.
Die übergeordneten Ziele für das kommende Jahr werden durch die
Führungskraft vorgestellt. Es geht um Big Points, nicht um Peanuts.
Es werden Zielfelder abgeleitet, die noch nicht SMART-formuliert sind, und durch
weitere Zielfelder ergänzt. Dazu gehören auch Entwicklungszielfelder für den
Bereich, damit die funktionalen Ziele erreicht werden können.
Individuelle Entwicklungsziele werden unter vier Augen in einem Mitarbeitergespräch zum richtigen Zeitpunkt geklärt.
Die Zielfelder werden auf Zielverantwortliche aufgeteilt. Pro Ziel gibt es nur einen
Ergebnisverantwortlichen – eine der wichtigsten Regeln für zielorientierte
Führung.
Alle Zielfelder werden SMART formuliert. Der Zielverantwortliche ist dafür
verantwortlich, dass alternativer Ansätze zur Zielerreichung entwickelt werden.
Die Klausur endet mit der Planung der nächsten Schritte.
Meistens wird in Zielklausuren deutlich, dass sich bei der Zielerreichung ein Engpass
bei personalrelevanten Themen ergeben wird. Für diesen konkreten Handlungsbedarf
aus dem Geschäftsplan können Zielvereinbarungen mit dem HR-Bereich über
notwendige Unterstützungsmaßnahmen getroffen werden. So wird der HR-Bereich zum
„Business Partner“ bei der Umsetzung des Geschäftsplans.
Nach über 300 durchgeführten Klausuren gelten folgende Erkenntnisse als gesichert:
- Es gibt keinen einfacheren, effektiveren und zeitlich kürzeren Weg, individuelle
Ziele oder Teamziele aus Unternehmens-, Bereichsziele abzuleiten, mit weiteren
Zielen zu ergänzen und auf Verantwortliche aufzuteilen.
- Der Sinn von Zielinhalten wird geklärt und Veränderungswiderstände werden
abgebaut (Betroffene werden zu Beteiligten).
- Das Wissen aller Teilnehmer wird bei der Zielfindung und -konkretisierung
genutzt.
- Arbeitsumfang, Arbeitsspitzen werden offensichtlich und im Team ausgeglichen.
- Es gibt keinen besseren Weg, Ziele als Ergebnisse und SMART zu formulieren.
Das betrifft insbesondere schlecht messbare, qualitative Ziele. Erfahrungen
zeigen, dass 80% der Zielvereinbarungen ohne geeignete Unterstützung in
Wirklichkeit Aufgaben beschreiben und keine Ergebnisse. Das ist mit Zielklausuren ausgeschlossen.
- Es entsteht Transparenz über die „Big Points“, die von anderen Bereichen /
Teams / Kollegen bearbeitet werden. Zusammenarbeit und Zuarbeiten werden
sofort deutlich.
- Es wird erkennbar, welche Bedeutung Ziele haben und wie komplex die Zielerreichung ist. Das fördert die Bereitschaft schriftliche Maßnahmenpläne zu
erarbeiten.
- Es entsteht eine Dynamik im Team, die manche Klausur bis spät in die Nacht
trägt, weil an Themen gearbeitet wird, die jeden betreffen. Zielklausuren sind
Maßnahmen zur Teamentwicklung.
Nach der Klausur gilt es die Ergebnisse so zu dokumentieren, dass die Inhalte noch
einmal überprüft und dann die Ziele in einem kurzen Gespräch vereinbart werden
können. In diesem Gespräch können variable Entgeltbestandteile mit Zielen verknüpft
werden, wenn das Entgeltsystem des Unternehmens es so vorsieht. Damit die
Nachbereitungsphase möglichst kurz ist und wenig Arbeitszeit im HR-Bereich benötigt,
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werden intelligenten Unterlagen eingesetzt. In manchem Unternehmen existieren
bereits IT-gestützte Systeme, in denen HR-Aufgaben unternehmensweit erfasst,
dokumentiert und bearbeitet werden können. In der Regel sind sie mit Betriebsdatensystemen z.B. mit SAP oder Oracle verknüpft oder es wird spezielle Software im
HR-Bereich eingesetzt. Ist das der Fall können Zielvereinbarungsgespräche schnell und
effektiv vorbereitet werden. Solche Systeme werden aber oft nicht eingesetzt, denn sie
sind teuer und ob eine Standardlösung die spezifischen Unternehmens-anforderungen
erfüllt ist sorgfältig zu prüfen. Existieren solche IT-Systeme nicht, dann kann mit recht
einfach zu erstellenden, verlinkten Exceltabellen dasselbe Ergebnis erreicht werden.
Die Ziele werden in einer Zielliste für die Führungskraft erfasst, damit sie inhaltlich und
im Vergleich zu allen Zielen noch einmal überprüft werden können. Die Ziele übertragen
sich automatisch in Zielvereinbarungsformulare, können mit Maßnahmen- oder
Projektplänen ergänzt und ohne großen Aufwand weiterverarbeitet werden. Die
Zielklausur sichert Ergebnisse, die Unterlagen sorgen für Einfachheit und Schnelligkeit.
Der gesamte Prozess muss und kann in Unternehmen oder Konzernbereichen mit
einer oder zwei Führungsebenen unter der Leitung in vier Wochen abgeschlossen sein.
Jede Woche, die der Prozess länger dauert, fehlt zur Zielumsetzung. Mit Zielklausuren
kann der HR-Bereich als Process-Owner diesen Prozess einfach steuern, denn
Termine können langfristig vereinbart werden.
Der Nutzen von Zielmanagement
Wie erfolgreich dieses entwickelte Konzept zur zielorientierten Führung ist, kann durch
„Erfolgskontrollen“ hinsichtlich der Zielklausuren, der Auswirkungen von Zielklausuren
auf die Mitarbeiterführung und auf Unternehmensergebnisse belegt werden. Ein
Beispiel: Nachdem die rund 100 Führungskräfte eines Unternehmens an Zielklausuren
teilgenommen hatten, wurden sie schriftlich durch eine unabhängige Institution nach
ihrer Beurteilung gefragt. Abb. 13 zeigt wesentliche Ergebnisse.
Abb. 13 Befragung nach Zielklausuren
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Führungserfolg
29
Über 80 Prozent der Führungskräfte waren z.B. der Meinung dass die Zielklausur sehr
gut oder gut geholfen hat, die eigenen Ziele aus übergeordneten Zielen abzuleiten,
Zielkonflikte und Abhängigkeiten hat deutlich werden lassen und nützlich war, Ziele zu
konkretisieren und messbar zu formulieren.
In einer Mitarbeiterbefragung, die nach dem zweiten Durchlauf der Klausuren im Folgejahr durchgeführt wurde, haben über 90 Prozent der Teilnehmer geantwortet, dass ihre
Vorstellungen bei der Zielvereinbarung angemessen berücksichtigt worden sind.
Ein anderes Ergebnis zeigte weitere Wirkungen dieses Führungsinstruments (Abb. 14)
Abb. 14 Ergebnis einer Mitarbeiterbefragung
Befragte, die nicht an einer Klausur teilgenommen hatten, weil der Vorgesetzte sie nicht
durchgeführt hat, beurteilten die „derzeitige Qualität von Führung und Zusammenarbeit“
signifikant schlechter als Teilnehmer, die an einer Klausur teilgenommen hatten. Die
Zielklausuren verbessern also nachhaltig die Einschätzung der Führungsqualität. Einen
Grund dafür haben Graumann, Semrau und Skrabek in ihrer empirischen Untersuchung
mit dem Titel „Motivieren SMART-formulierte Zielvereinbarungen wirklich?“ ermittelt.
Danach hat die vom Mitarbeiter vermutete Relevanz der Ziele für das Unternehmen die
größte Auswirkung auf die Leistungsbereitschaft.
Die ökonomischen Auswirkungen zeigten sich in diesem Unternehmen an einer
durchschnittlichen Steigerung des Ertrags (EBIT) von drei Prozent pro Jahr über fünf
Jahre. Auch hier wurden die Ursachen untersucht im Vergleich zu Unternehmen, die ihr
EBIT nicht so kontinuierlich und stark konnten. Ein wesentlicher Unterschied war die
Führungsmethodik der Zielklausuren.
Der direkte Einfluss auf Unternehmensergebnisse wurde auch in einer Vielzahl von
Anwendungen mit erheblichen Ergebnissteigerungen nachgewiesen, die ohne diese
Methodik nicht möglich gewesen wären.
Beispiele:
- 20% Umsatzwachstum in einem Jahr
- Abbau von prognostizierten Jahresfehlbeträgen z.B. von ./. 4,5 Mio € auf 0
- messbare Verbesserung der internen und externen Kundenorientierung
- Restrukturierungen mit messbarer Kosteneinsparung und Effizienzsteigerung ohne
Motivationsabbau
Zielmanagement amortisiert sich innerhalb des 1. Jahres.
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Wurden in Zielklausuren SMART-Ziele erarbeitet, die Führungskräfte nur auf der Basis
wesentlicher Veränderungsprozesse erreichen konnten, dann führte das immer zu den
selben Reaktionen: “Wie soll ich das auch noch erreichen? Dazu habe ich zu wenige
Mitarbeiter – die falschen Mitarbeiter! Dazu fehlen mir die (finanziellen) Mittel!” Die
Ergebnisse des Zielmanagement werden dann sicher und mit weniger Aufwand
umgesetzt, wenn die Führungskräfte ihr Personal- und Bereichsmanagement im Griff
haben. Das hat sich auch beim schon mehrfach zitierten Beispiel des Einkaufsleiters
gezeigt. Wer zielorientiert führt sollte auch sicherstellen, dass Führungskräfte die Ziele
umsetzen können. Der Weg dazu ist der Inhalt vom 2. Kapitel. Personal- und Bereichsmanagement liefert aber auch wichtige Inputinformationen zum Talentmanagement.
3.4 Talentmanagement
Ein einfacher Prozess ist die Grundlage des Talentmanagement (Abb. 15)
Abb. 15 Prozess Talentmanagement
Talentmanagement beginnt mit Mitarbeitergesprächen oder Jahresgesprächen, die in
der Jahresmitte stattfinden. Danach werden alle Informationen erfasst, die zur
operativen und strategischen Personalplanung benötigt werden. In einer Personalklausur oder Talentmanagementklausur treffen obere Führungskräfte bzw. die
Unternehmensleitung Entscheidungen zu den Planungen. Diese Klausur wird durch den
HR-Bereich moderiert. Im Anschluss werden die Entscheidungen geplant umgesetzt.
Ziele des Talentmanagement
Im Mittelpunkt stehen nicht nur die Interessen der Mitarbeiter. Auch das Unternehmen
will mit Talentmanagement wichtige Ziele erreichen und erfolgreicher werden.
Talentmanagement soll aus Unternehmenssicht folgende Ergebnisse bringen:
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Alle Stellen im Unternehmen sind kontinuierlich und qualitativ gut besetzt.
Bei Nachfolgeentscheidungen werden zuerst Mitarbeiter oder Führungskräfte
des Unternehmens berücksichtigt. Deshalb soll Talentmanagement ein wichtiges
Argument für Personalmarketing liefern und Mitarbeiterbindung verstärken.
Über effektive Entwicklungsmaßnahmen und -wege werden Mitarbeiter und
Führungskräfte befähigt, ihr aktuelles Arbeitsgebiet noch besser in den Griff zu
bekommen und neue Herausforderungen anzunehmen und zu bestehen.
Erfahrungen zum Talentmanagement
Talentmanagement ist eines der anspruchsvollsten HR-Themen. Die schon mehrfach
zitierte BCG-Studie belegt, dass Talentmanagement im Vergleich zum eingesetzten
Aufwand den geringsten Nutzen aller Führungssysteme bringt. Das ist nicht überraschend, denn erst langjährigen Erfahrungen schärften den Blick für Erfolgsfaktoren,
die eher indirekt wirken und die Konzeptqualität betreffen. Vier wichtige Bedingungen
beeinflussen den Erfolg von Talentmanagement:
1. Talentmanagement betrifft alle Mitarbeiter im Unternehmen
Viele klassische Konzepte für Talentmanagement konzentrieren sich auf die „HighPotentials“ und den „Goldfischteich“, in dem der Führungskräftenachwuchs und
vielleicht noch Nachfolger für wichtige Expertenfunktionen schwimmen. Das hat
katastrophale Folgen, denn die Belegschaft wird damit in drei Gruppen geteilt:
- Gruppe 1, die kleinste Gruppe, ist im Teich und – vorerst – zufrieden;
- Gruppe 2 will rein, kommt aber nicht rein und hadert;
- Gruppe 3 ist die größte Gruppe; sie setzt sich aus den einfachen, insbesondere
älteren Mitarbeitern zusammen, und die verstehen die „versteckte Botschaft“
sehr gut: Sie sind eben Mitarbeiter zweiter Klasse – notwendig, aber für die
Zukunft unwichtig.
Das Selbstwertgefühl der Mitarbeiter der dritten Gruppe wird nachhaltig beschädigt.
Deshalb muss Talentmanagement für alle Mitarbeitergruppen konzipiert sein. Neben
qualifizierten Nominierungsverfahren gibt es Wege zur Selbstnominierung, auch über
Orientierungsseminare oder Development Center, und es muss dafür geworben
werden, im Talentmanagement erfasst zu sein.
2. Talentmanagement dient nicht nur Karrieren
In Zeiten flacher Hierarchien sind die vertikalen Entwicklungen, auch Karrieren genannt,
beschränkt. Außerdem verfügen viele Unternehmen auf Grund der Größe nicht über
Parallelhierarchien, zum Beispiel für Führungskräfte, Spezialisten, Projektleiter usw.
Wenn sich Talentmanagement nur auf Karriere bezieht, setzt sich das Unternehmen
selbst unter Druck, denn Karriereerwartungen sind immer größer als Karrierechancen.
In jedem Unternehmensbereich gibt es immer neue, herausfordernde Aufgaben, die
Mitarbeit an (bereichsübergreifenden) Projekten oder der (horizontale) Wechsel in
andere Stellen oder Bereiche. Das sind Entwicklungsmöglichkeiten für alle Mitarbeiter.
Talentmanagement besteht deshalb nicht nur aus Nachfolgeplanung, sondern löst ein
Passungsproblem: Wie passen Erwartungen des Unternehmens und Erwartungen des
Mitarbeiters am besten zusammen? Talentmanagement ist ein Führungsprinzip, das
jeder Mitarbeiter bei seiner Arbeit konkret erleben sollte. Wird es auf der Mitarbeiterebene nachvollziehbar umgesetzt wächst Mitarbeiterbindung, insbesondere von neuen
Mitarbeitern.
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3. Beim Talentmanagement gibt es Verlierer
Das betrifft nicht nur diejenigen die ihre Entwicklungsvorstellungen nicht realisieren
können. Karrieren und horizontale Entwicklungen sind gut für betroffene Mitarbeiter und
gut für das Unternehmen, denn nun können offene Positionen schneller mit Personen
besetzt werden, denen man etwas zutraut und die im Unternehmen schon zu Hause
sind. Die abgebende Führungskraft ist der „Verlierer“! Sie verliert den vielleicht besten
Mitarbeiter und muss nun dieses „Loch“ stopfen. Der Gau entsteht, wenn die so frei
gewordene Stelle nicht wieder besetzt werden darf. Die abgebenden Führungskräfte
tragen die „Kosten“ und dagegen wehren sich erfahrungsgemäß die meisten mit allen
Mitteln. Wenn im Talentmanagement dieses Problem nicht gelöst wird, dann sind die
Widerstände und Reibungsverluste hoch. Die Zusammenarbeit mit dem HR-Bereich ist
beschädigt und wird durch taktische Spielchen dominiert. Deshalb sind im
Talentmanagement wie in allen anderen entwickelten Führungssystemen die Regeln
von großer Bedeutung. Führungskräfte, die karrierefähige Mitarbeiter entwickeln,
benötigen Anerkennung und Unterstützung. Unterstützung bedeutet etwa, dass diese
Führungskräfte die frei werdende Stelle in jedem Fall wieder besetzen dürfen und
zusätzliche Mittel zur Weiterbildung und Teamentwicklung erhalten. Wenn der Erfolg
von Führungskräfte außerdem nur daran gemessen wird, wie gut Fachziele erreicht
werden, dann bleiben Führungsziele zweitrangig und werden nur dann realisiert, wenn
Zeit übrig ist oder keine Nachteile entstehen. Wer mehr Akzeptanz und Unterstützung
für Talentmanagement erwartet, sollte auch beurteilen, wie Führungsziele erreicht
werden und das möglicherweise beim variablen Entgelt berücksichtigen. Es gilt die
Führungssysteme zu vernetzen.
4. Mitarbeiterpotenzial und Personalbedarf richtig bewerten
Wie gut das Potenzial eines Mitarbeiters eingeschätzt wird, hängt nicht von der
Differenziertheit eines Kompetenzmodells ab und ob es IT-unterstützt ausgewertet wird.
Viel entscheidender ist es, Führungskräfte durch Einschätzungsprozesse zu leiten, die
sich an Anforderungen von konkreten Zielpositionen orientieren. Potenzialeinschätzung
ist eine nicht delegierbare Führungsaufgabe, denn wer für Zielerreichung verantwortlich
ist, muss auch die Ressourcenauswahl verantworten.
Eine ebenso große Herausforderung besteht darin, den zukünftigen quantitativen und
qualitativen Personalbedarf aus Geschäftsplänen und Strategien zu ermitteln und dann
personalrelevante Entscheidungen zu treffen, die in der Regel Kosten produzieren.
Auch das ist Aufgabe der Führungskräfte, die vom HR-Bereich unterstützt werden.
Diese Erfahrungen haben dazu geführt, die Elemente des Systems weiterzuentwickeln.
Das Mitarbeitergespräch / Jahresgespräch
Talentmanagement beginnt mit Mitarbeitergesprächen, die in der Jahresmitte stattfinden, wie Abb. 10 zeigt. Während Zielvereinbarungsgespräche schnell durchgeführt
werden müssen, um zügig mit Zielerreichungsprozessen zu beginnen, können sich
diese Gespräche über einen längeren Zeitraum verteilen. Als Ergebnisse liegen vor:
- wenn Ziele vereinbart wurden, eine Beurteilung der bisher erreichten Ergebnisse
(Meilenstein) und eventuell vereinbarte weitere Unterstützungsmaßnahmen
- kurzfristige, individuelle Weiterbildungsziele, also erwünschte Bildungsergebnisse
- Ideen der Mitarbeiter um Arbeitsinhalten, -prozessen und -bedingungen zu
verbessern
- Wünsche der Mitarbeiter, auch zur beruflichen Entwicklung
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Damit bekommt das Mitarbeitergespräch einen anderen Charakter. Es entwickelt sich
von einem Beurteilungsgespräch zu einem Gespräch über die Kooperationsgrundlagen
zwischen Führungskraft und Mitarbeiter, in dem Erfolge, Erwartungen der Führungskraft
und des Mitarbeiters und notwendige Veränderungsprozesse im Mittelpunkt stehen.
Wenn der Mitarbeiter Wünsche und Ideen zur eigenen beruflichen Entwicklung einbringt
ist das der einfachste Weg der Selbstnominierung für neue Funktionen oder Aufgaben.
Diese Ergebnisse liefern Mitarbeitergespräche natürlich nur dann, wenn dazu die
richtigen Fragen gestellt werden. Mitarbeitergespräche benötigen also eine durchdachte
Struktur und Inhalte, die dabei helfen, diese Themen qualifiziert zu bearbeiten.
Setzt die Führungskraft bei ihrem Personal- und Bereichsmanagement die Manager
Performance Map (MPM) ein, dann kann sie die Gespräche erheblich besser
vorbereiten und Ergebnisse gezielter umsetzen: Sie kann Entwicklungsbedarfe
begründeter ermitteln und Entwicklungsergebnisse kompetenter definieren. In ihrem
Verantwortungsbereich kann sie individuelle Entwicklungsinteressen über andere
Aufgaben oder Projekte realisieren. Außerdem wird in der MPM die Führungskraft
gezielt aufgefordert und unterstützt die Entwicklungspotenziale und Entwicklungserwartungen der Mitarbeiter zu berücksichtigen, wenn sie Maßnahmen zur Zielerreichung und Aufgabenverteilung in ihrem Team plant. Wenn sie sich frühzeitig auf
potenzielle Entwicklungsinteressen ihrer Mitarbeiter einstellt sinken die Widerstände
gegen Karrieren oder bereichsübergreifende Entwicklungen der Mitarbeiter.
Die Grundlage von Mitarbeitergesprächen ist immer eine Unterlage, mit der sich
Führungskraft und Mitarbeiter auf das Gespräch vorbereiten, die das Gespräch
strukturiert und die Ergebnisse dokumentiert. Auch dieses Instrument ist mittlerweile
eine intelligente Unterlage. Ein ganz simples Problem hat die Umsetzung der
Gesprächsergebnisse bisher stark behindert: Wenn fünfzig, hundert oder entsprechend
der Unternehmensgröße noch mehr Gesprächsprotokolle als Papierunterlage im
Personalwesen landen, dann sind diese Unterlagen nur mit viel Aufwand weiter zu
verarbeiten. Heute hilft moderne Informationstechnik, damit die Ergebnisse im HRBereich schnell und einfach zusammengefasst, analysiert und zu Entscheidungsvorlagen verarbeitet werden können.
Informationssammlung und Planung
Im Schritt „Informationssammlung und Planung“ erstellt der HR-Bereich neben den
Zusammenfassungen aller individuellen Weiterbildungsziele, aller Mitarbeiterideen zur
Verbesserung von Arbeitsinhalten, -prozessen und -bedingungen und aller Mitarbeiterwünsche zur beruflichen Entwicklung die Entscheidungsgrundlagen zu strategischen
Themen des Personalmanagements:
- Ist-Analysen zu Stellen und Funktionen im Unternehmen
- Soll-Analysen zum kurz- und mittelfristigen Bedarf für Stellen und Funktionen
- Vorschläge für Pools mit Personen mit Entwicklungsinteressen, wie sie z.B. im
Mitarbeitergespräch formuliert wurden
- Vorschläge für Pools von potenziellen Nachfolgern für Schlüsselpositionen
Dazu sind weiter Informationen aus dem Unternehmen über Führungskräfte nötig.
Die Pools haben die stellenbezogene Nachfolgeplanung ersetzt. Sie dienen dazu bei
einer freiwerdenden Stelle der für die Stellenbesetzung verantwortlichen Führungskraft
eine möglichst große Zahl von Kandidaten vorzuschlagen.
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Die Personalklausur
So wie die Zielklausur der Schlüssel im Zielmanagement ist, so ist die Personalklausur
die entscheidende Maßnahme im Talentmanagement. Inhalte einer Personalklausur
zeigt Abb. 16.
Abb. 16 Inhalte einer Personalklausur
In einer Personalklausur der oberen Führungskräfte, die der HR-Bereich als ProcessOwner steuert, werden alle vorbereiteten Analysen vorgestellt, beurteilt und es werden
Entscheidungen getroffen.
Über das Mehr-Augen-Prinzip und strukturierende Unterlagen wird das Potenzial von
Personen hinsichtlich der Nachfolge für Schlüsselpositionen ermittelt. Grundlage ist ein
Kompetenzmodell, das möglichst mit der Unternehmensleitung und Führungskräften
erarbeitet wurde. Die hinsichtlich ihres Potenzials als beförderungsfähig eingeschätzten
Personen werden in Pools zusammengefasste, aus denen bei aktuellem Bedarf
Nachfolger ausgewählt werden. Daraus ergeben sich verbindliche Aufträge für den HRBereich. Auch im Talentmanagement wird er so wieder zum Business Partner.
Die Personalklausur ist der Schlüssel für erfolgreiches Talentmanagement:
- Alle Erfahrungen zeigen, dass bei einer qualifizierten Prozesslenkung durch den
HR-Bereich Potenzialeinschätzungen – eine der wichtigsten Führungsverantwortungen – am Besten gelingen. Sie können durch weitere Maßnahmen
ergänzt werden.
- Obere Führungskräfte können zukünftigen Personalbedarf prognostizieren, weil
sie wahrscheinliche Unternehmensentwicklungen besser einschätzen können.
- Die Unternehmensleitung bzw. obere Führungskräfte treffen die Entscheidungen.
Daraus ergibt sich die Verbindlichkeit für Talentmanagement.
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So entstehen Wertschöpfungsketten, die z.B. mit Personalmarketing und
Recruiting beginnen, zu Stellenneubesetzungen führen, an die sich effektiven
Entwicklungs-maßnahmen anschließen. Mitarbeiterbindung entsteht, wenn die
Versprechen bei der Einstellung des Mitarbeiters auch umgesetzt werden
Die quantitative und qualitative Personalplanung wird kontinuierliches Element
der Unternehmens- oder Budgetplanung
Wie die Zielklausur vereinfacht die Personalklausur die Prozesssteuerung.
Klausurtermine werden langfristig geplant und steuern Vor- und Nacharbeit.
Die Entscheidungen der Personalklausur werden dann im HR-Bereich in Maßnahmen
umgesetzt. Entwicklungsmaßnahmen sollten die in Kapitel 1 definierten Anforderungen
erfüllen. Das erfordert einen kompetenten HR-Bereich oder externe Unterstützung.
Dieser praktikable Weg hat sich in Unternehmen jeder Größe bewährt. Der dafür
notwendige Aufwand hängt von der Unternehmensgröße ab. In mittelständischen
Unternehmen ist er geringer als die Zahl der Aktivitäten es vermuten lässt.
Messbare Ergebnisse
Wie bei den Ergebnissen zum System Zielmanagement ist es auch beim Talentmanagement in Deutschland eher weniger beliebt, öffentlich und konkret über
Ergebnisse zu berichten. In einem Unternehmen im Pharmabereich wurde ein
Talentmanagementsystem eingeführt. Im Folgejahr wurden sieben Führungspositionen
über das System erstmals mit Kandidaten aus dem Unternehmen neu besetzt. Die
Gesamtkosten einer Stellenbesetzung sollen bei einem bis zwei Jahresgehältern liegen,
die direkten Kosten betragen ungefähr ein Drittel eines Jahresgehaltes. Bei einem
durchschnittlichen Jahresgehalt von 75.000 € hat das System bei sieben Stellenbesetzungen 7 x 25.000 €, also eine direkte Kostenersparnis von 175.000 € erbracht.
Ohne Berücksichtigung der weiteren Leistungen, die durch das System erreicht wurden,
wie z. B. eine fundierte Entwicklungsbedarfsanalyse, hat sich die Investition schon im
zweiten Jahr mehr als amortisiert.
Folgende KPIs werden zur Ergebnisbeurteilung herangezogen:
- Zahl der Stellenbesetzungen aus dem System
- Reduktion der Zahl und der Dauer unbesetzter Stellen
- Ergebnisse der Entwicklungsmaßnahmen
- Zahl der Maßnahmen für Mitarbeiter, die sich im Job entwickeln wollen
- Feedback der Führungskräfte in der Personalklausur, insbesondere der Leitung
- Zahl der „Aufträge“ für den HR-Bereich
- Nutzen des Systems für Personalmarketing
- Auswirkungen des Systems auf die Mitarbeiterbindung
- Einschätzung des HR-Bereichs, Talentmanagement im Griff zu haben
Das System Talentmanagement ist wichtig um den personalrelevanten operativen und
strategischen Handlungsbedarf zu erfassen, Entscheidungen über Maßnahmen zu
treffen und diese dann auch erfolgreich zu realisieren. Dabei unterstützt der HR-Bereich
mit Recruiting und Training und Development. Beides soll hier nicht weiter vertieft
werden. In Kapitel 1 sind allerdings die Grundlagen für erfolgreiche Veränderungsprozesse beschrieben worden und gerade Training und Development bestehen immer
aus Veränderungsprozessen.
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Führungserfolg
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4. Epilog: Der Umgang mit Komplexität
Diese Systeme erscheinen auf den ersten Blick als komplizierte Herausforderung. Mit
nur drei Systemen wird Führung auf den wesentlichen Führungsfeldern nachweisbar
verbessert, und diese Systeme schaffen den Rahmen, zukünftige Führungsprobleme
schneller, einfacher und besser zu lösen. Das funktioniert nicht mit einzelnen Projekten,
wie auch im Controlling die “financial ressources” nicht mit fünf Checklisten gesteuert
werden können. Es wurde begründet nachgewiesen, dass sich diese Systeme mit ihren
Konzepten und Regeln, Maßnahmen und Prozessen sowie Instrumenten und Methoden
entwickeln mussten, weil alte Konzepte die Herausforderungen von heute nicht erfüllen
können. Das liegt auch an der wachsenden Komplexität, mit der wir heute fertig werden
müssen. Hier schließt sich der Kreis zum Veränderungscontrolling.
Herausforderung Komplexität
Die Begriffe Komplexität und Kompliziertheit werden oft synonym gebraucht obwohl sie
unterschiedliche Entscheidungssituationen beschreiben. Kompliziert ist etwas, das aus
vielen Elementen besteht, die alle bekannt sind. Es gibt Bedingungen, Verknüpfungen
und Beziehungen, die klar definierbar sind und sich normalerweise nicht verändern.
Beispiel: Der Airbus A 380 ist kompliziert, aber Experten könnten ihn in seine rund
3,5 Millionen Einzelteile zerlegen und sie wieder zusammenbauen, so dass er wieder
fliegen kann.
Komplexe Sachverhalte hingegen sind nicht einfacher oder schwieriger, sondern
anders. Sie bestehen aus vielen Elementen, die möglicherweise nicht alle bekannt, die
untereinander vernetzt sind und sich irgendwie beeinflussen. Sie können ihre Eigenschaften verändern, Eigendynamik entwickeln und dann Zusammenhänge und letztlich
Ergebnisse verändern. Mit dem Flugzeug Gewinne zu erwirtschaften ist eine komplexe
Herausforderung. Relevante Einflussgrößen für den Gewinn sind auch Veränderungen
auf Beschaffungs- und Absatzmärkten, politische Entscheidungen und der Wettbewerb.
Diese sind kaum beeinflussbar und schwer planbar. Treten hier Veränderungen auf,
müssen neue Entscheidungen getroffen werden, die direkte Auswirkungen auf andere
Elemente haben - komplexe Entscheidungen eben.
Typische Probleme und Fehler in komplexen Situationen
In komplizierten Situationen passieren vier typische Fehler, die erst in den letzten
Jahren erkannt wurden:
Unterschätzen von Komplexität und Neuartigkeit
- Spontane Übernahme von Lösungen aus der Vergangenheit, die nicht mehr
passen
- Handeln ohne ausreichende Situationsanalyse
- Selektive Informationssammlung, ausgelöst durch Informationsüberflutung
- Fehlendes Wissen über relevante Elemente und die Beziehungen untereinander
Fehlendes ergebnisorientiertes Denken
- Unklare oder keine Ziele
- Unvollkommene Alternativensuche
- Keine Ergebniskontrolle, kein Lernen aus Erfahrungen
- Nichtberücksichtigung von Fern- und Nebenwirkungen
- Prognosefehler bezüglich Zeit und Kosten
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Führungserfolg
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Aktionismus
- Flucht in Projekte: erst einmal etwas isoliert tun, einfach einmal anfangen
- Tendenz zur Überdosierung von Maßnahmen unter Zeitdruck
Einsame“ Entscheidungen
- Betroffene werden nicht frühzeitig beteiligt, was zu Veränderungswiderständen
führt
- Gefahr des „Groupthinking“: Tendenz in einer Gruppe, sich selbst zu bestätigen;
gruppeninterne Kritik wird durch Konformitätsdruck unterbunden, Kritik durch
Außenstehende überrascht
Ein entscheidender Unterschied zwischen komplizierten und komplexen Problemen
liegt in der Zielerarbeitung und im ergebnisorientierten Denken. Die Frage, wie man den
A 380 mit 560 Tonnen Startgewicht zum Fliegen bringt, erfordert komplizierte fachliche
Leistungen. Fragen jedoch, ob man dieses große Flugzeug überhaupt braucht, welche
Konsequenzen daraus z.B. für Flughäfen entstehen oder ob die Entwicklungskosten
wieder erwirtschaftet werden können, führen zu komplexen Entscheidungen. Hierbei
spielen Einschätzungen und Bewertungen, also Werte, eine besondere Rolle.
Der Umgang mit komplexen Situationen
Es gibt vier Bedingungen, die im Umgang mit komplexen Problemen berücksichtigt
werden müssen und die erfolgsrelevant sind:
1. Intensive Zielerarbeitung und Ergebnisorientierung
Wenn für komplexe Herausforderungen Lösungen gefunden werden sollen, ist nach
einer Situationsanalyse die Definition der Ziele der entscheidende Schritt. Hierbei
werden Einschätzungen und Bewertungen deutlich, die Handlungsfelder können daraus
abgeleitet werden und erst dann werden alternative Lösungswege abgeleitet. Für viele
Führungskräfte heißt das umzudenken, denn aktionsorientiertes Denken in Aufgaben ist
weit verbreitet. Die Konsequenz für Führung: Ergebnisorientiertes Denken in Zielen
muss unterstützt und entwickelt werden. Das war auch schon eine Erkenntnis zur
Erfolgssteuerung von Veränderungsprozessen.
2. Mehr Zeit in Analyse, Zielfindung und Planung investieren
Das ist einfacher gesagt als getan, denn je komplexer eine Führungssituation und je
größer Dynamik und Veränderungsdruck sind, desto weniger Zeit bleibt für diesen
„produktiven Umweg“. Das Tagesgeschäft hat in der Regel Vorrang. Nur wenn Zeit
übrig ist, wird sie für Planung, Abstimmung und Lernen genutzt. Die Konsequenz für
Führung: Die Planungs- und Lerneffizienz muss verbessert werden. Führungskräfte
sollten ihre knappe Zeit durch sichere Delegation von Ergebnisverantwortung anders
nutzen.
3. Informationsflut bewältigen und neues Wissen erlernen
Komplexe Zusammenhänge können nur begriffen und erlernt werden, wenn man sich
im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild davon machen kann, sie also visualisiert. Nicht
nur, um Mitarbeiter und die eigene Führungskraft in Entscheidungsprozesse
einzubeziehen. Die Konsequenz für Führung: Es müssen IT-gestützte Methoden
eingesetzt werden, die Dokumentation, Verarbeitung und insbesondere Visualisierung
optimieren.
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Führungserfolg
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4. Betroffene werden zu Beteiligten
Sollen Betroffene zu Beteiligten werden, müssen Analysen, Ziele und Pläne zuerst
visualisiert werden damit man eine Gesprächs- und Entscheidungsgrundlage hat. Das
kostet am Anfang eines Prozesses Zeit, bringt aber im Gesamtprozess eine Zeitersparnis, weil wesentliche Veränderungswiderstände nicht auftreten. Bei komplexen
Entscheidungen spielen Einschätzungen und Bewertungen, also Werte, eine besondere
Rolle. Deshalb ist es sehr sinnvoll, diese zuerst zu klären, damit sie bei Entscheidungen
berücksichtigt werden. Das verändert nicht die Tatsache, dass in Unternehmen
letztendlich die dafür verantwortliche Führungskraft die Entscheidungen trifft, denn das
ist ihre Funktion, die sie nicht auf Betroffene abwälzen darf. Die Konsequenz für
Führung: Wer sich am Anfang von Führungsprozessen mehr Zeit nimmt, ist am Ende
schneller fertig und erreicht bessere Ergebnisse.
Führungserfolg - Modell
Komplexe Situationen müssen immer durch Modelle visualisiert werden, um die
Komplexität vielleicht in den Griff zu bekommen, zumindest aber um die wirksamsten
Elemente und Verknüpfungen erkennen zu können.
Erfolgreiche Führung entsteht, wenn drei wesentliche Elemente eine hohe
Konzeptqualität besitzen und kompetent umgesetzt werden (Abb. 17):
Abb.17 Grundlagen erfolgreicher Führung
Fazit:
Staffort Beer, einer der Väter der Kybernetik und Komplexitätsforschung sagte einmal:
„Für jedes komplexe Problem gibt es eine einfache Lösung, und die ist mit Sicherheit
falsch.“
Es gibt aber einfache Wege, um komplexe Lösungen für komplexe Probleme zu finden.
Zur Steigerung des Führungserfolges existieren einfache Wege, die hier beschrieben
wurden. Sie verbessern in jedem Unternehmen messbare die Unternehmensergebnisse über erfolgreichere Veränderungsprozesse und führen nachweisbar zu
höherer Mitarbeitermotivation und Mitarbeiterbindung.
Danke für Ihr Interesse.
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Anhang: Die Kritik an Konzepten von gestern im Detail
A. Führungsstile sind ein Relikt von früher
Heute führen viele Führungskräfte ohne reflektierte Führungstheorien, aus dem Bauch
heraus, weil sie Führung nie gelernt haben. Wenn sie Führung lernen ist die Grundlage
sicherlich in 90 Prozent aller Führungstrainings das Grid-Modell und Führungsstile, die
sich aus dem Grid-Modell (Abb. A1) entwickelt haben.
Abb. A1 Grid-Modell
Untersuchungen mit Industriearbeitern !!! in den 40iger Jahren des letzten Jahrhunderts
!!! ergaben, dass sowohl aufgaben- als auch mitarbeiterorientiertes Führungsverhalten
zu guten Arbeitsergebnissen führte. Im Mittelpunkt standen also das Führungsverhalten
der Führungskraft und die Auswirkungen bei den Mitarbeitern. Daraus haben sich
Führungsstile entwickelt:
Direktiver Führungsstil
Die Führungskraft soll auswählen, ob sie allein entscheidet, Mitarbeiter vorgegebene
Arbeitsschritte abarbeiten lässt und wenig Rücksicht auf zwischenmenschliche
Beziehungen legt.
Partizipativer, kooperativer Führungsstil
Die Führungskraft soll auswählen, ob sie Mitarbeiter in Planungs- und
Entscheidungsprozesse einbezieht, die Beziehungsebene pflegt und ein freundliches
Klima schafft.
Situatives Führen
Hersey und Blanchard forderten 1969 !!! Führungsstile sollen situations- und
mitarbeiterbezogen eingesetzt werden. Um die Motivation zu steigern, sollen Führungskräfte also die Beteiligung an Entscheidungen und die Ausprägung des Arbeitsklimas
auch nach dem Reifegrad der Mitarbeiter variieren.
Diese alten Führungsmodelle sind heute nicht nur nutzlos, sondern sogar schädlich.
Diese These soll in vier Schritten begründet werden:
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Führungserfolg
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1. Führungsstile konservieren ein altes, realitätsfremdes Rollenbild von Führungskräften
2. Welchen Nutzen bringt die Unterscheidung von Leadership und Management?
3. Führungsstile bieten keine Lösungen für Probleme, die Führungskräfte heute haben
4. Wie ist individuelle Führung mit unternehmensweiten Führungssystemen verknüpft?
Führungsstile konservieren ein altes, realitätsfremdes Rollenbild
„Mitarbeiter sollen nicht denken, sondern arbeiten“, hieß es früher oft in Unternehmen.
Heute führen Mitarbeiter Aufgaben nicht mehr nur nach Anweisung aus. Arbeitsinhalte
und -methoden haben sich verändert. Im Vergleich zum letzten Jahrhundert werden
heute einfache Tätigkeiten durch IT-Technik und Automatisierung erfüllt. Das ist
kostengünstiger und schafft keine Motivationsprobleme, weil es eben keine Mitarbeiter
mehr braucht, die diese Tätigkeiten bearbeiten. Übrig geblieben sind nicht
programmierbare Aufgaben, die ein Mitarbeiter nur erfolgreich bearbeiten kann, wenn
er selbst plant und entscheidet oder sein Verhalten im Kontakt zu Kunden, Lieferanten
oder in innerbetrieblichen Vernetzungen selbständig und adäquat gestaltet.
Hinzu gekommen sind neue anspruchsvolle Aufgaben, die sich durch das Internet und
die Internationalisierung ergeben. Außerdem professionalisiert Informationstechnik
Arbeitsinhalte in einem früher nicht vorstellbaren Ausmaß. Die Sekretärin hat Stenoblock und Kurzschrift durch Office-Programme ersetzt, erstellt Analysen und ist zur
Assistentin geworden. Der Vertriebsmitarbeiter nutzt Customer Relationship
Management (CRM), um im Wettbewerb durch bessere Kundenorientierung zu
punkten. Produktionsmitarbeiter programmieren CNC-gesteuerte Maschinen und
müssen nicht nur Stückzahl sondern auch Qualität abliefern.
Die Folge: Arbeitsinhalte und -methoden lassen einen direktiven Führungsstil nicht
mehr zu. Außerdem ist hinlänglich bewiesen, dass Veränderungsprozesse schneller
und besser realisiert werden, wenn aus Betroffenen Beteiligte werden.
Damit ist Beteiligung an Entscheidungen über Arbeitsinhalte als Unterschied
zwischen direktivem und partizipativem Führungsstil gegenstandslos geworden.
Außerdem soll die Führungskraft nach diesen Theorien das Arbeitsklima mehr oder
weniger beziehungsorientiert gestalten, je nach Reifegrad der Mitarbeiter. So werden
alte Rollenvorstellungen von Führung zementiert. Hier die Führungskraft mit einem
Freibrief für Verhalten, dort die Mitarbeiter, die entweder mit Zuckerbrot oder Peitsche,
Beachtung oder Instrumentalisierung gelenkt werden müssen.
Das funktioniert heute nicht mehr. Wenn Führungskräfte ihre Machtposition ausnutzen,
eigenen Frust an Mitarbeitern abreagieren, ihr eigenes Selbstwertgefühl hämisch auf
Kosten von Mitarbeitern steigern oder nach Gutsherrenart regieren, handelt es sich
nicht um direktive Führung, sondern um mittelalterliche Führung – ein klares
Fehlverhalten beziehungsweise eine Charakterschwäche, die wie Mobbing geahndet
werden sollte.
Führungskräfte, die den direktiven Führungsstil derart auslegen, sind auf mittleren und
unteren Führungsebenen schon lange nicht mehr in der Mehrheit. Denn hier kann man
sich heute ein Verhalten, das die Beziehungsebene schädigt, kaum erlauben. Weil die
Aufgaben höhere Anforderungen an Mitarbeiter stellen, hat sich ihr durchschnittliches
Qualifikationsniveau erhöht. Sie sind besser ausgebildet, selbstbewusster,
anspruchsvoller und sollen aufgrund der demografischen Entwicklung bald immer
weniger werden. Diese Mitarbeiter lassen sich nicht jedes Führungsverhalten gefallen,
denn stimmt es auf der Beziehungsebene nicht, wird es auch auf der Sachebene
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Führungserfolg
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problematisch – und Mitarbeiter verlassen das Unternehmen. Noch gravierender sind
innere Kündigungen, eine freizeitorientierte Schonhaltung oder ein Krankmachen „nach
Bedarf“.
Auch bei der Gestaltung des Arbeitsklimas haben Führungskräfte keine Wahl
zwischen direktiven und partizipativen Führungsstilen. Damit ist das Modell
erkenntnisleer.
Der Rat des situativen Führens, den Führungsstil nach Personen oder Situationen zu
wechseln, setzt allem die Krone auf. Das ist nichts anderes als ein Freibrief für WillkürFührung. Damit kann jedes Führungsverhalten gerechtfertigt werden, selbst
unethisches Verhalten, denn die „Situation“ kann immer als Ausrede herhalten. Heute
benötigen Führungskräfte Vertrauen. Sie müssen authentisch, berechenbar und werteorientiert erlebt werden. Respektvolles Verhalten, mit dem das Selbstwertgefühl des
Mitarbeiters und der Führungskraft aufrechterhalten wird, ist die Grundlage
kooperativer Führung und eben keine wählbare Verhaltensalternative.
Diese Führungsstiltheorien liefern also keine praktikablen Handlungsvorschläge für
Führung. Das Gridmodell wirkt sich aber heute noch in anderer Weise aus.
Welchen Nutzen bringt die Unterscheidung von Leadership und Management?
Das Grid-Modell hat zur aktuellen Unterscheidung von Leadership und Management
geführt. Ein Leader ist eine Führungskraft, die neue Felder „erobert“, oder wie Henry
Kissinger einmal gesagt haben soll, „die andere Menschen dorthin führt, wo sie noch
nie vorher gewesen sind.“ Ein Manager ist eine Führungskraft, die Projekte, Prozesse,
Systeme „am Laufen hält“, optimiert und sichert. Die unterschiedlichen Fähigkeiten, die
eine Führungskraft als Manager oder Leader benötigt, sind einfach abzuleiten. Wer
Führungskräfte fragt, ob sie sich mehr als Manager oder Leader verstehen, erhält als
Antwort ein klares „das kommt auf die Situation an.“ Die Steigerung der „intrinsischen“
Motivation über Leadership und über die soft facts wurde zum Credo und hat manchem
„Guru“ mit oft abenteuerlichen Theorien die Tür zu Führungstrainings geöffnet. Aber
auch neuere Ansätze wie die transformationale Führung stellen Charisma, Inspiration
und Enthusiasmus der Führungskraft in den Mittelpunkt. Einiges davon hat sicher die
Selbsterkenntnis von Führungskräften gefördert und wer mag nicht Führungskräfte, die
für ihre Visionen brennen?
Aber hat es den Führungserfolg gesteigert?
Es wurde die Tatsache übersehen, dass Leadership und Management zwei Seiten
einer Medaille sind und sich ergänzen. So ist Anerkennung einer der wirksamsten
intrinsischen Motivatoren. Management jedoch schafft durch Strukturierung von
Arbeitsinhalten und durch Zielvereinbarungen erst die Voraussetzungen, um ehrliche
und begründete Anerkennung geben zu können. Der Managementanteil der Führung
wurde und wird immer noch systematisch abgewertet.
Gute Führungskräfte sind beides, Leader und Manager, denn ein Leader ohne
Managementfähigkeiten ist ein (vielleicht charismatischer) Prophet und umgekehrt
haben wir es mit perfektionierenden Verwaltern der Vergangenheit zu tun. Auch die
Unterscheidung von Leadership und Management liefert keine Handlungsvorschläge
sondern beschreibt und erklärt Zusammenhänge.
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Führungserfolg
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Führungsstile bieten keine Lösungen für Probleme, die Führungskräfte heute haben
Die Beziehung Führungskraft – Mitarbeiter zu gestalten ist eine Herausforderung.
Führungskräfte kämpfen heute aber mit weiteren Herausforderungen. Kostensenkungsund Effizienzsteigerungszwänge erfordern komplexe Veränderungsprozesse.
Wenn Führungskräfte ihren Verantwortungsbereich so gestalten sollen, dass er auf
möglichst effiziente Weise seinen Beitrag zur Unternehmenszielerreichung bringt und
dabei Mitarbeiterinteressen berücksichtigt, dann sind dafür Managementfähigkeiten
nötig. Das gilt auch dafür Mitarbeitererwartungen zu erfüllen, z.B. die Arbeitssituation so
zu gestalten, dass „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ kein Lippenbekenntnis bleibt
und dass Arbeitsinhalte und -bedingungen nicht zu Erkrankungen führen, die heute
unter dem Begriff Burn-Out zusammengefasst werden. Dafür liefern Führungsstile keine
Lösungen.
Wie ist individuelle Führung mit unternehmensweiten Führungssystemen verknüpft?
Die Begrenztheit der Wirkung von Führungsstilen zeigt Fredrick Herzbergs ZweiFaktoren- Theorie zur Motivation aus dem Jahr 1959. Bis heute gibt es kein Konzept,
das wesentliche andere Faktoren ermittelt hat und Motivationsursachen so gut
beschreibt. Die Faktoren sind:
- Leistungserlebnis beziehungsweise Erfolg
- Anerkennung
- Arbeitsinhalte
- Verantwortung
- Persönliches Wachstum
- Beförderung
-
Unternehmenspolitik beziehungsweise interne Organisation
Beziehungen zu Vorgesetzten
Arbeitsbedingungen
Entlohnung
Beziehungen zu Kollegen
Persönliche Lebensumstände
Status
Sicherheit
Über die feinsinnige Unterscheidung, dass nur die ersten sechs Faktoren
(„Motivatoren“) Motivation steigern sollen, die anderen „Hygiene-Faktoren“ diese aber
nur beschädigen, wenn sie nicht gut gelebt werden, kann hinweggesehen werden.
Entscheidend ist, dass Motivation das Ergebnis mehrerer Einflussgrößen ist, die bei
Mitarbeitern individuell unterschiedlich wirken. Mehrere Faktoren benötigen unternehmensweite Führungssysteme, z.B. Entgelt, Beförderung. Die kommen in Theorien
der Führungsstile aber nicht vor.
Wenn also Führung Unternehmensergebnisse verbessern und die Mitarbeitermotivation
steigern soll, dann sind alte Führungsmodelle nicht geeignet, um die wesentlichen
Einflussfaktoren und Zusammenhänge zu zeigen. Die alten Grid-Modelle haben die
Weiterentwicklung von Führung behindert.
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Führungserfolg
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B. Alte Leistungsbeurteilungen sind das effektivste
Demotivationsinstrument
Wenn sie garantiert und sicher Mitarbeiter demotivieren und Führungskräfte frustrieren
wollen, dann nutzen sie überholte Leistungsbeurteilungs- und Mitarbeitergespräche. Die
ERA-Leistungsbeurteilung, die seit einigen Jahre in der Industrie eingesetzt wird, ist ein
exzellentes Beispiel dafür, dass aus 30 Jahren Erfahrung nichts gelernt wurde.
Die ERA-Leistungsbeurteilung gibt Beurteilungsmerkmale vor, z.B.
1. Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten
2. Arbeitseinsatz
3. Beweglichkeit
4. Zusammenarbeit/ Führungsverhalten
Jedes Merkmal ist durch Kriterien genauer beschrieben, z.B. das erste Merkmal durch
Sorgfalt, Genauigkeit und Zuverlässigkeit. Jedes Kriterium muss auf einer Skala mit fünf
Stufen von a) Genügt den Leistungsanforderungen nicht immer (= 0 Punkte) bis e)
übertrifft die Leistungsanforderungen in besonderem Umfang (= 8 Punkte) eingeschätzt
werden. Die Summe der Punkte wird mit einem Punktwert in Euro multipliziert und fertig
ist die Leistungszulage. Das sieht auf den ersten Blick genial einfach aus. Die
eklatanten Schwächen zeigen sich bei der Anwendung:
1. Für einen normalen Mitarbeiter ist es unerträglich, unterhalb des Durchschnitts
eingestuft zu werden. Deshalb haben spätestens nach einem Jahr alle Mitarbeiter
mindestens eine durchschnittliche Einstufung und erwarten immer bessere
Einstufungen. Das wird durch das Instrument selbst provoziert, denn es hat ein
Gedächtnis – den Punktvergleich zum Vorjahr.
2. Wenn der Vorgesetzte das nicht berücksichtigt, hat er Konfliktgespräche zu führen.
Da die Kriterien nicht messbar formuliert sind, bringt eine einzige Frage die
Führungskraft mit dem Rücken an die Wand: „Warum bekomme ich nicht mehr
Punkte“? Für jedes Beispiel, das die Führungskraft als Begründung nennt, liefert der
Mitarbeiter Gegenbeispiele oder Erklärungen. Ist der Betrag pro Punkt im Verhältnis
zum Gesamtentgelt gering, stellen sich vernünftige Führungskräfte sofort die Frage, ob
es sich wirklich lohnt, dafür ein gutes Arbeitsklima zu zerstören oder sich Konflikten
auszusetzen.
3. Durch die Leistungsbeurteilung entstehen Personalkosten. Wächst das Budget
wenig, können wenige neue Punkte verteilt werden. Letztendlich bestimmt also die
Budgethöhe die Zahl der Punkte und nicht die Leistungsverbesserungen. Das bringt
Führungskräfte ebenfalls unter Druck, denn Mitarbeiter erwarten Punktesteigerung. In
der Regel wird der Druck auf Kosten des Personalwesens abgebaut: „Ich würde dir,
Mitarbeiter, gerne mehr Punkte geben, aber das Personalwesen gibt mir nicht genug
Punkte.“ Damit ist der schwarze Peter im Personalwesen gelandet, das einen garantiert
wirkungsvollen Schritt gemacht hat, das eigene unternehmensinterne Image zu
verschlechtern.
4. Unter dieser Punktediskussion leidet das Mitarbeitergespräch. Im Mittelpunkt stehen
abstrakte Punkte und nicht Ziele, Aufgaben oder Feedback.
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Führungserfolg
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5. Da der Anteil des Leistungsentgelts nicht sinkt, steigen die Personalkosten
kontinuierlich an und positive Auswirkungen auf Motivation und Ergebnisse sind nicht
zu verzeichnen. Das Gegenteil ist der Fall. In vielen Unternehmen wird dann ein
durchschnittliches Leistungsentgelt bezahlt. Eine neue „Leiche“ der Personalführung
liegt im Keller und behindert funktionierende Instrumente.
Leistungsbeurteilungen funktionieren nur, wenn sie an Ziele geknüpft werden, die jedes
Jahr inhaltlich neu gefüllt werden, also keine Gedächtnisfunktion besitzen und aus
Unternehmens- oder Bereichszielen abgeleitet werden.
C. Zielvereinbarungen als Vier-Augen-Gespräch funktioniert nicht
Sollen aus Unternehmenszielen oder Bereichszielen die Ziele für Führungskräfte oder
sogar Mitarbeiter in Form einer Kaskade von Zwei-Personen-Gesprächen, also den
Zielvereinbarungsgesprächen, abgeleitet werden, dann entstehen immer die gleichen
Probleme. Das offensichtlichste Problem ergibt sich, wenn irgendwo in der Kaskade die
Gespräche nicht oder nicht richtig geführt werden. Die entscheidenden Probleme liegen
jedoch woanders.
Die „Vereinbarung“ wichtiger Ziele in den Gesprächen ist eine Farce
Weil zielorientierte Führung bei den Unternehmenszielen ansetzt, können einige Ziele
nicht frei vereinbart werden. Nehmen wir an, die Unternehmensleitung hat im
Geschäftsplan eine Kostensenkung von fünf Prozent festgeschrieben. Um dieses Ziel
zu erreichen, vereinbart sie diese Kostensenkung mit Führungskräften der nächsten
Ebene. Diese können nun alles vereinbaren, aber keine Ziele, die die Kosten insgesamt
um weniger als fünf Prozent senken oder sogar steigern. Zielvereinbarungen zwischen
oberen Führungskräften sind für die nächste Ebene immer Zielsetzungen.
Außerdem können die Gespräche nur nacheinander stattfinden. Deshalb wird sich jede
Führungskraft im Vorfeld der Gespräche überlegen müssen, welcher Mitarbeiter welche
Ziele bekommen soll, denn sie selbst hat auch Ziele vereinbart, aus denen die
Mitarbeiterziele abgeleitet werden. Geht die Führungskraft davon aus, dass der
Mitarbeiter Ziele vorschlägt, dann sind diese Ziele eben nicht aus den
Unternehmenszielen abgeleitet. Führungskräfte können also nicht ergebnisoffen in die
Gespräche gehen. Damit wird in der Praxis aus Vereinbarung eher eine diskutierte
Zustimmung.
Die Gespräche sind immer zu kurz und gleichzeitig zu lang
Erfahrungen mit Zielvereinbarungsgesprächen haben gezeigt: Ein qualitativ gutes
Gespräch, in dem funktionale Ziele und vielleicht auch individuelle Entwicklungsziele
begründet erarbeitet, formuliert und „vereinbart“ werden sollen – vielleicht noch mit
Entgeltanbindung –, sprengt jeden realistischen Zeitrahmen. Zudem erfordern die
Gespräche eine gute Vor- und Nachbereitung. Je größer die Führungsspanne, desto
intensiver versuchen Führungskräfte diese Gespräche stringent abzuarbeiten. Das geht
zu Lasten von „Vereinbarungen“, Gesprächsklima und Zielinhalten.
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Führungserfolg
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Die Gespräche behindern eine produktive Teamkultur
Es ist nicht nachvollziehbar, warum Teams effektiv und sinnvoll zusammenarbeiten
sollen und Wert auf ein gutes Teamklima gelegt wird, dann aber in Einzelgesprächen
geplant wird, welche zukünftigen Ergebnisse erreicht werden sollen und wer was im
Team davon erarbeitet. Außerdem wird die Führungskraft wegen des Einzelgesprächsprozesses gezwungen, Ziele selbst zu erarbeiten und zu verteilen statt das
Knowhow des Teams zu nutzen und Betroffene zu Beteiligte zu machen – eine wichtige
Voraussetzung zur Lösung komplexer Herausforderungen. Zusätzlich erfordert die
Information im Team über die letztendliche Verteilung von Zielen nach Einzelgesprächen weiteren Zeitaufwand und produziert meistens auch Diskussionen.
Die Wertschöpfung zielorientierter Führung besteht darin, den Geschäftsplan zu
realisieren, Strategien umzusetzen, gewollte Veränderungsprozesse zu initiieren und
erfolgreich abzuschließen. Die Auswirkungen sind in der Regel bereichsübergreifend
und begründen die Ziele der Mitarbeiter. Das muss erklärt und dafür muss geworben
werden, um die Akzeptanz zu erhöhen. Die Begründungen in jedem Gespräch zu
wiederholen, ist für die Führungskraft anstrengend, unproduktiv und kommt deshalb oft
zu kurz. Veränderungsbereitschaft wird so nicht gefördert.
Die Gespräche lösen das Kernproblem zielorientierter Führung nicht
Das Kernproblem liegt nicht in der Vereinbarung von Zielen, sondern im Finden der
richtigen Ziele. Unternehmensziele bestehen oft aus hochaggregierten Kennziffern wie
Umsatz, EBIT oder Marktanteil, die auf der Basis von Prognosen, also unter
Unsicherheit, entstanden sind. Wenn sich dann bei der Umsetzungsplanung ergibt, auf
welchen Feldern gearbeitet werden muss, um diese Ziele zu erreichen und wenn die
Abhängigkeiten aber auch sich widersprechende Ziele deutlich werden, dann muss
zuerst Klarheit über diese Ziele geschaffen werden, bevor etwas vereinbart wird.
Dabei hilft die SMART-Formulierung von Zielen: Specific – genau beschrieben,
Measurable – messbar, Attainable – erreichbar, Relevant – wichtig, Timed – zeitlich
bestimmt.
Die SMART-Anforderung ist ein methodisches Hilfsmittel. Es dient dazu, sich auf das
erwünschte Ergebnis zu konzentrieren, möglichst viele Informationen und
Einschätzungen zu sammeln und abzustimmen, um so die richtigen Ziele zu finden und
möglichst präzise zu beschreiben.
Der Engpass bei zielorientierter Führung ist also nicht die Vereinbarung von Zielen. Er
besteht darin, die richtigen Ziele zu finden, dabei das Knowhow aller Beteiligten
einzubeziehen, für Akzeptanz zu sorgen und sicherzustellen, dass Pläne umgesetzt
werden.
Methoden der zielorientierten Führung können nicht theoretisch gelernt werden
Schon Ende der 1980er Jahre wurde uns bei MBB, einem Teil der heutigen EADS, klar,
dass Zielgespräche unter vier Augen ungeeignet waren für ein Unternehmen, das
komplizierte Produkte herstellt, mit hoch qualifizierten Mitarbeitern, in komplexen
Arbeitsstrukturen für herausfordernde, internationale Märkte. Bei Auswertungen von
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Führungserfolg
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vereinbarten Zielen aus Zielvereinbarungsgesprächen zeigte sich, dass der
überwiegende Teil der Ziele keinen Bezug zu den Unternehmenszielen hatte, keine
Ergebnisse, sondern Aufgaben beschrieben und nicht SMART-formuliert war. Daran
variable Entgeltbestandteile zu knüpfen, war mehr als diskussionswürdig. Dazu kamen
zwei Erfahrungen:
- Die SMART-Formulierung kann am Besten an den eigenen Ziele gelernt werden
- Wird das Knowhow, zum Beispiel zur SMART-Formulierung durch Seminare,
das heißt Theorie, Vorträge, Fallstudien, Übungen etc. vermittelt, wird es kaum
angewendet, weil nach dem Training oft die Zeit dafür fehlt und Theorie nicht
eins zu eins umgesetzt werden kann. Es muss gelernt und sofort, simultan
angewendet werden. Der Nutzen der Inhalte muss sich direkt unter Beweis
stellen.
Das ist in 4-Augen-Gesprächen nicht möglich aber in Zielklausuren, in denen an den
eigenen Zielen gelernt und sofort umgesetzt wird.
D. Einsteins Rätsel
Es gibt 5 Häuser in verschiedenen Farben.
In jedem Haus wohnt ein Zwerg unterschiedlicher Nationalität.
Die 5 Zwerge trinken ein bestimmtes Getränk, rauchen Zigaretten einer bestimmten
Marke und haben ein bestimmtes Haustier.
Keiner der Zwerge besitzt das gleiche Haustier, raucht die gleiche Marke Zigaretten und
trinkt das gleiche Getränk.
Die Frage ist: Wem gehört der Fisch?
Schlüsselinformationen:
Der Brite wohnt im roten Haus.
Der Schwede besitzt einen Hund als Haustier.
Der Däne trinkt Tee.
Das grüne Haus steht links vom weißen Haus.
Der Zwerg vom grünen Haus trinkt Kaffee.
Die Person, die Pall Mall raucht, besitzt einen Vogel.
Der Zwerg vom gelben Haus raucht Dunhill.
Der, der im mittleren Haus wohnt, trinkt Milch.
Der Norweger wohnt im ersten Haus.
Die Person, die Blends raucht, wohnt neben der, die eine Katze besitzt.
Die Person, die ein Pferd besitzt, wohnt neben der, die Dunhill raucht.
Der Zwerg, der Bluemaster raucht, trinkt Bier.
Der Deutsche raucht Prince.
Der Norweger wohnt neben dem blauen Haus.
Der, der Blends raucht, hat einen Nachbarn, der Wasser trinkt.
Einstein behauptete, 98% der Weltbevölkerung könnten es nicht im Kopf lösen.
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Führungserfolg
Literaturhinweise
Bronner, Rolf; Schröder, Wolfgang: Weiterbildungserfolg. Modelle und Beispiele
systematischer Erfolgssteuerung. München, Wien 1983
Studie der Boston Consulting Group (BCG): Creating People Advantage 2013: Lifting
HR Practices to the Next Level, 2013
Schröder, Wolfgang: (Bildungs- und PE-Controlling, 1996).
Bildungs- und Personalentwicklungscontrolling. Grundlagen und Beispiele zur
Lenkung von Entwicklungs- und Veränderungsprozessen.
In: Personalführung, Jg. 1996, Heft 4, S. 300 - 305
Schröder, Wolfgang: (2003)
Performance - Von der Arbeitswelt zur Ergebniswelt. Wien 2003
Matthias Graumann, Thorsten Semrau und Carena Skrabek: Motivieren SMART
formulierte Ziele wirklich?
In: zfo, 82. Jg., 2/2013, S. 117-124.
Kontakt Informationen zum Autor, Berater, Trainer, Coach
Dr. Wolfgang Schröder
PERSONAL - SYSTEME
58540 Meinerzhagen
Genkeler Straße 47
Tel.
02354 - 65 66
0175 166 167 6
Fax.
02354 - 66 83
e-mail Dr.W.Schroeder@t-online.de
www.dr-schroeder-personalsysteme.de
Dr. rer.pol. Wolfgang Schröder, Diplom-Kaufmann,
ist Leadership- und Managementexperte, Unternehmensberater sowie Trainer und
Managementcoach in Personal- und Führungsfragen und Autor zahlreicher Bücher und
Fachartikel. Zusammen mit Prof. Dr. Rolf Bronner hat er 1983 den meistzitierten
Klassiker zum Bildungscontrolling im deutschsprachigen Raum geschrieben. Deshalb
ist überprüfbare Wirksamkeit und Nachhaltigkeit bis heute sein Erfolgsmaßstab für
mitarbeitende Beratung und Training.
Während der über 30-jährigen beruflichen Tätigkeit in Führungspositionen großer
Konzerne (Fichtel & Sachs, MBB, DASA/EADS) und als Selbstständiger hat er mehr als
4000 Trainings- und Workshoptage durchgeführt und dafür innovative Problemlösungen
entwickelt.
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Führungserfolg
Referenzen
Zum Teil langjährige Zusammenarbeit mit
- mehreren Unternehmensbereichen der EADS N.V.
- Siemens AG
- Robert Bosch GmbH
- Otto GmbH & Co KG
- Kaufring AG
- Albert Berner Deutschland GmbH
- TÜV Rheinland
- dem BKK System und der BKK-Akademie
- AHG AG – Allgemeine Hospitalgesellschaft
und vielen namenhaften mittelständischen Unternehmen und Konzernen
Außerdem
- Zusammenarbeit mit öffentlichen Auftraggebern wie dem Bundesministerium für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)
- mehrere Lehraufträge, seit 2001 Dozent im EMBA-Programm der Johannes
Gutenberg-Universität Mainz
- Mitglied in den Kompetenzboards Veränderungskompetenz, Führungskompetenz
und Komplexitätsmanagement von brainguide
Arbeitsschwerpunkte zur Zeit:
- Durchführung von Entwicklungsprogrammen für Führungskräfte im
mittleren Management mit der Manager Performance Map, Führungskräftecoaching
- mehrstufige Entwicklungsprogramme für Führungskräfte, Nachwuchsführungskräfte
- Entwicklung und Einführung von Systemen zum
* Zielmanagement
* Personal- und Bereichsmanagement
* Talentmanagement incl. Mitarbeitergesprächen
- Ergebnisorientierte Projekte, z.B.
* EBIT-Steigerungsprojekte zusammen mit Führungskräften
* Moderation von Strategie- und Zielklausuren, Umsetzungsunterstützung
* Coaching und Beratung von Führungskräften, Experten im HR-Bereich
Nach 2011 wurde die Manager Performance Map auch beim Innovationspreis 2012
wieder mit dem Prädikat "Best of 2012" in der Kategorie E-Learning ausgezeichnet.
Nach 2012 wurde die Manager Performance Map auch beim Industriepreis 2013 wieder
mit dem Prädikat "Best of 2013" in der Kategorie Dienstleistungen ausgezeichnet
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Führungserfolg
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Weitere realisierte Projekte:
Systeme, Instrumente und Maßnahmen für Führung und HR-Management
Entwicklung und Einführung bzw. Durchführung von
- SPSS-fundierten Mitarbeiterbefragungen einschließlich der Folgemaßnahmen
- Rekrutierungs- und Einarbeitungsprozessen und –instrumenten
- Orientierungsworkshops, Developmentcenter, Auswahlassessments
- Leitbildern und Führungsgrundsätzen
- Strukturkonzepten zu Parallelhierarchien, Fach-, Expertenlaufbahnen
- Begleitung von Teams bei den ersten Schritten der Teamentwicklung
Führungsworkshops und Führungstrainings
- Führungs- und Managementtrainings, seit 2009 mit der Manager Performance Map
- Golf meets Business: Was man mit Golf über Führung lernen kann. Das etwas
andere Führungsseminar
Veränderungsprozesse im HR-Bereich
- Neustrukturierungen des HR-Bereichs über Personalreferenten-, Businesspartnersysteme, Zentralisierung - Dezentralisierung der HR-Arbeit
- Aufbau und Entwicklung von Bildungs-, Personalentwicklungsabteilungen
- Bildungs-, und Personalentwicklungscontrolling
- Externe Unterstützung von mittelständischen Betrieben, für die der Aufbau eines
kompletten Personalwesens ökonomisch nicht sinnvoll ist
Wesentliche Veröffentlichungen:
- Weiterbildungserfolg. Modelle und Beispiele systematischer Erfolgssteuerung.
München, Wien 1983 (zusammen mit Prof. Dr. Rolf Bronner)
- Leistungsorientierung und Entscheidungsverhalten. Eine Experimental
Untersuchung zur Wirkung individueller Werte in Problemlöseprozessen. Frankfurt/M.
Bern New York 1985
- Ohne Mitarbeiterorientierung keine Kundenorientierung. In: Absolute Customer
Care. Hrsg.von André Papmehl. Wien 1998
- Zielorientierte Zusammenarbeit von Zuwendungsgebern und
Zuwendungsnehmern. Heft 25 der Materialien zur Qualitätssicherung in der Kinderund Jugendhilfe des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(BMFSFJ), 1999
- Der Einfluss von Zielen und Werten auf Führungs- und Problemlöseverhalten:
Ein Erfahrungsbericht zur Gestaltung von Entscheidungsprozessen. In: Empirische
Organisations- und Entscheidungsforschung. Hrsg von W. Matiaske, T. Mellewigt
und F.A. Stein Heidelberg 2000
- Performance. Von der Arbeitswelt zur Ergebniswelt. Signum Wirtschaftsverlag
2003
- Erfolgreiche Unternehmen gestalten Veränderungsprozesse, weniger
erfolgreiche reiben sich in Ihnen auf. In: Perspektiven systemischer Entwicklung
und Beratung von Organisationen. Hrsg. Von Nino Tomaschek. Heidelberg, 2007, S.
287 – 300
- Ergebnisorientierte Kreativität. Managemententscheidungen messbar
verbessern. In: Die Kreative Organisation. Hrsg von A. Papmehl, P. Gastberger, Z.
Budai. Gabler Verlag 2009, S. 51 – 64
© Dr. Wolfgang Schröder 2014 Dr.w.schroeder@t-­‐online.de