Kunsttherapie für Menschen mit geistiger Behinderung

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Kunsttherapie für Menschen mit geistiger Behinderung
Kunsttherapie
für Menschen mit geistiger Behinderung
Florian S. Steinke
Dipl. Kunsttherapeut
NLP Master Practitioner
Tel.: 030 49766289
mobil: 01520 1719959
florian.steinke@web.de
Wrangelstr. 77, 10997 Berlin
Inhalt
Von der Wirkung des künstlerischen Arbeitens ..................................... 4
Was ist Kunsttherapie? .......................................................................... 6
Kunsttherapie für und mit Menschen mit geistiger Behinderung ..... 8
Maltherapie ............................................................................................ 32
Plastiziertherapie .................................................................................. 40
Plastisches Arbeiten mit Papier, Pappe, Gips und Stoff .................. 44
Kunsttherapeutische Biografiearbeit ................................................. 46
Kunsttherapeutische Trauerarbeit ...................................................... 54
Offenes Atelier / Kunstgruppe ............................................................. 62
Kreativwerkstatt .................................................................................... 64
Basteln/Gestaltung der Jahresfeste ................................................... 66
Entspannung/Vorlesen ........................................................................ 68
Kultur / Bildung .................................................................................... 70
Mitarbeiterweiterbildung ..................................................................... 72
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Von der Wirkung des künstlerischen Arbeitens
Jedes Kind ist ein Künstler.
Das Problem besteht darin, wie es ein Künstler bleiben kann, wenn es aufwächst.
Pablo Picasso
Jeder, der schon einmal künstlerisch gearbeitet hat, weiß, das sich damit ein Raum jenseitig von allem Alltäglichen erschließt, indem gerade dessen Belange ihr Gewicht verlieren. Man gerät mehr und mehr in eine eigenartig wohltuende Stimmung des Vergessens
von Zeit und Alltagsproblematik.
Jeder kennt Situationen, in denen zu wenig Zeit für Muße bleibt, dafür aber anderes sich
immer als das Wichtigste und Dringlichste in den Vordergrund stellt.
All das Erdrückende und Belastende reduziert und relativiert sich oder erfährt unerwartete Lösungen in einem neu gedachten, kreativ umgestalteten Kontext. Jeder kennt auch
die befreiende Wirkung, Ausdruck gefunden zu haben für das, was einen bewegt.
Am Leben mitzugestalten, das eigene Leben zu gestalten ist ein großartiges, erhabenes
Gefühl von Autonomie und Selbstbestimmung.
Aus diesem Gefühl des Selbstwertes und Selbstbewusstseins in den belasteten Alltag
zurückzukehren bedeutet, ihn kraftvoller und entspannter zu bewältigen.
Kunst entspringt einer tieferen geistigen Ebene als Intellektualität und sprachlichem Ausdruck. Aus dieser Tiefenregion des Unterbewussten lässt sich bei jedem Mensch ungeahntes, nie versiegendes kreatives Potenzial erschließen.
In der künstlerischen Arbeit bilden sich die Motive aus den Oberflächlichkeiten - dem
Alltag; die Bewertung dessen findet aber aus einem tieferen, ganzheitlich durchlebten
(erlebten) Bewusstsein statt.
Das Emotionale wird in die Beurteilung mit einbezogen. So wird mittels künstlerischen
Arbeitens für Begriffe (wie z. B. Selbstliebe) nicht eine theoretische, sondern eine emotionale Erklärung gesucht.
Ähnlich wirksam und manchmal auch ergänzend kombiniert, sind Sprachkunst (Poesie),
Theater, Musik und Bewegung (Eurythmie,Tanz).
Das emotionale Nacherleben der inneren Begrifflichkeit schafft über das Seelische
schon einmal einen Vorsprung, zu dem sich dann das Bewusstsein hin ausweiten kann.
Danach stellen sich oft - wie von allein - ganz andere Fragen. Oder es stellen sich dieselben Fragen auf ganz andere Weise.
Das Befreiende am Kunstschaffen ist, dass es alles zu verwandeln vermag, und sich
neue Gesetzmäßigkeiten bilden, die dennoch aus uns selbst gebildet werden.
Im künstlerischen Arbeiten bekommen wir die Möglichkeit, in unserer eigenen Aus-
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drucksweise unserer eigenen Sprache, Erlebtes und Empfundenes auf eigene Weise zu
formulieren.
Als Schöpfer in einem selbst abgesteckten Handlungsspielraum ohne Fremdbestimmung
zu wirken bedeutet, nach den eigenen Gesetzen die eigene Umwelt zu erschaffen.
An dieser Stelle beginnt der Auftrag der Kunsttherapie.
Im kunsttherapeutischen Sinn heißt das nämlich, sein Schicksal selbst in die Hand zu
nehmen, Lebensraum abzugrenzen und aktiv an seinem Leben mitzugestalten.
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Was ist Kunsttherapie
„Eigentlich ist alles schön, was man mit Liebe betrachtet.“
Christian Morgenstern
Das Zitat von Christian Morgenstern ist im Laufe der Jahre zur Devise meiner Arbeit geworden. Schönheit, wenn sie so verstanden wird, markiert ein Ziel, zu dem ich mich als
Therapeut gemeinsam mit dem Hilfe suchenden Klienten hin ausrichte.
Schönheit haftet nicht einem Objekt an, sie liegt im Auge des Betrachters, wie es in
einem Zitat von William Shakespeare heißt. Das Schönheitsempfinden entsteht in mir.
In dem Moment, in dem ich in einem guten Zustand, in einer emotional stabilen Verfassung bin. Also zum Beispiel, mit Liebe, Mitgefühl oder Dankbarkeit erfüllt, entspannt und
ausgeruht, oder freudig erregt bin. Aus dieser Position heraus bin ich in der Lage, über
das Alltägliche hinauszuschauen. Ich erkenne an dem, was sonst banal und gewöhnlich
erscheint, das, was größer und geistiger ist.
In so einem Fall scheinen die Dinge nicht wie beleuchtet, sondern aus sich heraus
zu leuchten. Die Lichtquelle, nun eher im Auge sich befindend, lässt vom Alltäglichen
„das Dahinter“ erscheinen. In einer anderen, noch nie gesehenen Farbigkeit, in der sich
Stimmungen wie zum Beispiel Stille ausdrücken.
Im Empfinden von Schönheit wird mir ein Blick in die geistige Welt gewährt. Ich trete in
Verbindung, richte mich zu etwas aus, was größer ist als ich.
In diesem Sinn kann die Schönheit als Heilquelle für die Seele bezeichnet werden, die
sich durch leidenschaftliches Erleben erschließen lässt. Damit sind nicht nur die wilden,
freudig erregten Erlebniszustände, sondern eben auch die des stillen Glücksempfindens
gemeint.
Schönheit wirkt in diesem Sinn öffnend, aber auch rückwirkend. Es ist, als würde sich
wechselwirkend die geistige Vernunft verneigen, um das Körperliche, das Weltliche mit
all seiner Bedürftigkeit und Unvollkommenheit liebend anzunehmen. Die Triebnatur indessen strebt empor, danach suchend, mit dem geistigen Ideal größtmöglich in Übereinstimmung zu kommen. Körperliche und geistige Natur des Menschen vereinen sich,
halten die Waage, sodass die Überkraft des höheren Ichs einziehen kann.
Glück und Freude können mich unmittelbar überkommen. Vor allem wenn sie durch
äußere Umstände oder durch andere Personen bewirkt wurden (z. B. ein Lottogewinn).
In diesem Zusammenhang sind aber die Zustände des inneren Friedens gemeint, die
durch mich selbst zustande gekommen sind. Wenn ich mich selbst in Einklang gebracht
habe, ist das u. a. mittels kreativen Schaffens vonstattengegangen. Bewirkt durch eine
Arbeit, die ich mit Liebe getan habe. Oder eine Naturbetrachtung, ein Naturerleben auf
einer Wanderung, in der, bzw. indem ich vertieft und mich selbst vergessend, völlig aufgegangen bin.
Dieser Zustand des Selbstvergessens wird neuerdings mit dem Begriff „Flow“ (flow, engl.
„fließen, rinnen, strömen“) bezeichnet.
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Die sogenannten Flow-Prozesse anzuregen, in diese Prozesse hineinzuführen, bis hin
zum heilsamen Zustand, im Einklang mit sich selbst, aber auch liebesfähig, dankbar und
wertschätzend für sein Umfeld zu sein, sehe ich als eine der wichtigsten Aufgabe der
Kunsttherapie.
Die Kunsttherapie kann in einer Notsituation oder bei einer Hilfebedürftigkeit ansetzen,
vor allem dann, wenn keine sprachliche Möglichkeit der Auseinandersetzung gegeben
ist oder diese eingeschränkt ist. Bevor seelische Überforderung durch Begrifflichkeit bewusst gemacht wird, finden seelische Zustände wie Angst, Wut und Trauer, aber auch
Traumata nonverbal Ausdruck in der künstlerischen Arbeit.
Oft kann das als Vorbereitung für eine gesprächstherapeutische Arbeit angesehen werden. Sinnvoll ist aber, die kunsttherapeutische Arbeit auch als begleitende Maßnahme
zur Gesprächstherapie weiter fortzusetzen, da sie zusätzlich immer eine sinnliche Erfahrbarkeit in der Verarbeitung anbietet.
Die Kunsttherapie ist aber nicht nur bei seelischen, sondern auch bei körperlichen Erkrankungen wirksam. Mittels ihrer werden Ergänzungen geschaffen, Gegenkräfte mobilisiert und Verschiebungen wieder ins Gleichgewicht gerückt.
Die Kunsttherapie wirkt unterstützend bei Salutogenese (Gesundheitsentstehung), beim
Erhalt und bei Stabilisierung des seelischen und des allgemeinen Gesundheitszustandes.
Die Kunsttherapie fördert die Erfahrbarkeit und Bewusstwerdung von Lebensfreude, sie
fördert Dankbarkeit und Zufriedenheit und erschließt darin die persönlichen Kraftquellen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Kunsttherapie die Ich-Integrität stärkt, die
Kreativitäts- und Selbstheilungskräfte anregt, die Köperwahrnehmung und die soziale
Kompetenz fördert (die Beziehungsfähigkeit verbessert) und seelisch, geistig und physisch zu einer inneren Ausgewogenheit und Stabilität zurückfinden lässt.
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Kunsttherapie für und mit Menschen mit geistiger
Behinderung
Menschen mit einer geistigen Behinderung sind in ihrem Leben auf der einen Seite zahlreichen Belastungen ausgesetzt, die aus der Behinderung resultieren; auf der anderen Seite stehen ihnen meistens nur verminderte, d. h. nicht ausgereifte Bewältigungsstrategien zur Verfügung. Als zusätzliche Belastungen kommen biografisch bedingt noch
all die Erfahrungen von Brüchen, Krisen und Kränkungen hinzu, die sie, wie jeder andere
Mensch im Lauf ihres Lebens gemacht haben, aber aufgrund der geistigen Behinderung
nicht ausreichend verarbeiten und bewältigen konnten.
Ein Bewusstsein wird ihnen von vornherein nur im Ansatz zugetraut, eine umfangreiche
Bewusstseinserweiterung gar nicht oder nur selten in Erwägung gezogen.
Menschen, die eine geistige Behinderung haben, werden in der Regel in fast allen Lebensbereichen mehr fremdbestimmt, als dass sie ihren Bedürfnissen eigenständig nachgehen. Es ist, als wäre fast alles in ihrem Leben von äußeren Faktoren abhängig.
Der Ablauf ihres Lebens scheint schicksalhaft zu sein, sich schicksalhaft zu vollziehen
(anstatt aktiv von ihnen vollzogen zu werden).
In unserer Zivilisation leben sie in der Regel in einem geschützten Rahmen, ein möglichst
gewohntes, von anderen weitgehend vorgegebenes Leben, in dem keine zu hohen Ansprüche an sie gestellt und keine großen Persönlichkeitsentwicklungen erwartet werden.
Eine nicht ausreichend entwickelte Ich-Integrität kann aber schnell dazu führen, dass sie
kaum als Individuum mit speziellen Bedürfnissen wahrgenommen und begriffen werden
und gerne, vor allem wenn sie stationär untergebracht sind, im Gruppenverband „abgehandelt“ werden.
Ein Mensch mit nicht ausgereifter Ich-Integrität wird sich selten über einen misslichen
Zustand beschweren. Es ist anzunehmen, dass er den Zustand hinnimmt, weil dieser ihm
gar nicht bewusst ist und er es nicht gewohnt ist Ansprüche zu stellen und Bedürfnisse
zu benennen.
Für einige, besonders die, die schwerst und mehrfach behindert sind, mag ein behindertengerechtes Leben in den Schutzzonen angemessen und gerechtfertigt sein, für viele
andere aber bedeuten die institutionellen Bedingungen, dass die individuelle Selbstbestimmung durch Über- bzw. Unterforderung eingeschränkt wird.
Selbstbestimmung ist aber eine wichtige Quelle für Selbstwertgefühl und emotionale
Stabilität.
In der Kunsttherapie arbeite ich bisher vor allem mit Menschen, die eine mittlere bis
leichte geistige Behinderung aufweisen: Menschen, die Grenzgägger sind, weil sie jeden
Tag mit Werten und Richtlinien leben und an ihnen gemessen und beurteilt werden, die
wir sogenannten Normalen vorgeben. Menschen, die nicht nur beschützt in einer abgekapselten Behindertenwelt leben, sondern jeden Tag mit uns Anderen zu tun haben. Sie
reiben sich an uns, erleben sich mit uns, aber erkennen auch im Vergleich mit uns ihr
eingeschränktes Anderssein.
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In meiner Arbeit liegen mir diese Menschen besonders am Herzen, die wegen einem Minderwertigkeitsgefühl an der Welt leiden, weil sie das Gefühl haben, wegen ihrer geistigen
Einschränkungen nicht vollständig am Leben teilhaben und mitbestimmen zu können.
Es scheint so zu sein, dass nur wer sich selbst bewusst ist, weil er sein Verhalten angemessen reflektieren und seine Fähigkeiten richtig einschätzen kann, nur wer den Lebensraum beurteilen und mit seinen Mitmenschen adäquat kommunizieren kann, sein Leben
auch gestalten, an seinem Lebensumständen mitbestimmen und seine Zukunftsperspektiven entwickeln kann. Das lässt den Rückschluss zu, dass ein selbstbestimmtes Leben
eine Bewusstwerdung voraussetzt. Normalerweise vollzieht sich die Bewusstwerdung
durch die geistige Reflexion von dem, was geschehen ist und wie es seelisch erlebt und
verarbeitet wurde. Zudem wird das eigene Handeln in der Situation eingeschätzt, bewertet und den Rückschlüssen entsprechend neu ausgerichtet.
Menschen ohne geistige Behinderung können Reize und Reaktionen, die sich aus der
Umwelt oder dem Körperinnern bemerkbar machen, wahrnehmen, in sinnvolle Informationen umwandeln und angemessen darauf reagieren.
Aber was ist dann mit all jenen, die aufgrund ihrer geistigen Behinderung das nicht im
selben Ausmaß leisten können?
Bleibt ihnen eine Bewusstwerdung und damit eine Selbstbestimmung des Lebens verwehrt?
Aus meiner Erfahrung heraus weiß ich, dass geistig behinderte Menschen wie jeder andere Mensch in unserer Gesellschaft auch Teilhaber des großen Kollektivwissens, des
geistigen Erbes unserer Vorfahren aus den anderen Kulturepochen sein können. Es
kommt nur darauf an, wie Ihnen dieses Wissen vermittelt wird und wie eine Teilhabe daran stattfindet. Es kommt darauf an, wie die Teilhabe organisiert wird, wenn sich aufgrund
einer geistigen Behinderung die Initialzündung nicht eigenständig einstellen mag.
Mein großes Anliegen ist es, diesen Menschen Hilfestellung zu geben, sich aus einem
Minderwertigkeitsgefühl in eine Ich-Integrität aufzurichten.
In meiner langjährigen Arbeit mit Menschen mit geistiger Behinderung ist mir als Kunsttherapeut und Sozialtherapeut zu einem wichtigen Anliegen geworden, andere Wege der
Bewusstwerdung mit ihnen und für sie zu erforschen.
Inzwischen habe ich aus diesen alternativen Methoden und Strategien meine ersten
Schlüsse gezogen: „Anders“ ist weder besser noch schlechter, sondern einfach nur anders.“
Tatsächlich kann eine andere Art der Bewusstwerdung allerdings auch zu einer anderen
Art von Bewusstsein führen.
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Menschen mit einem normalen oder gesteigerten geistigen Fassungsvermögen verbinden gerne eine Bewusstwerdung mit einer Zielvereinbarung. Bewusstwerdung ist in diesem Fall vom Denken dominiert. Sie wird wie eine Linie gedacht. Von „A“ ausgehend,
direkt, schnell und zielgerichtet bis nach „Z“.
Anders dagegen kann Bewusstwerdung sich vollziehen, wenn sie sich aus dem Fühlen
und einem Erleben heraus vollzieht. Fühlen ist immer raumgreifend in mehrere Richtungen gehend. Wie bei einem Spaziergang langsam, mal hier, mal da verweilend, manchmal auch auf einem Umweg. Es kann sein, dass diese Art der Bewusstwerdung vielleicht
noch von einer Position „A“ ausgeht, aber den Ort „Z“ nie erreicht, weil man im Fühlen
sich ablenken (umlenken) und verführen lässt. Aber wer bestimmt, das „Z“ immer erreicht
werden mus? Birgt ein „überall“ nicht viel mehr Chancen?
Die Bewusstwerdung von Menschen mit geistiger Behinderung vollzieht sich eher aus
ihrem Gefühl heraus als aus ihrem Denken und baut auf ihre oft sehr gut entwickelte
Erlebnisfähigkeit auf.
Das ist gut so, weil es nicht nur ihrem Wesen entspricht, sondern ihnen auch die Möglichkeit gibt, ihrer (geistigen) Verfassung entsprechend eine Bewusstwerdung zu vollziehen. Das ist sehr wichtig, denn geistig behinderten Menschen stehen nicht - wie
jedem anderen - ausreichend Bewältigungsstrategien zur Verfügung. Das Verarbeiten von beispielsweise traumatischen Erlebnissen ist für jeden Menschen eine große
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Herausforderung. Für geistig behinderte Menschen wird das schnell zur Überforderung.
Der Prozess durch das Erinnern, Bewältigen, Verarbeiten und daran Reifen muss sehr
liebevoll, mit viel Halt, Freiraum und Zeit gestaltet sein, damit es nicht zur Zumutung wird
oder gar in einer Katastrophe endet.
Als ihr Therapeut verstehe ich mich als jemand, der sie behutsam in das Erinnern hineinführt und mit viel Fingerspitzengefühl und noch mehr Intuition gemeinsam mit ihnen
beschließt, ob sie sich Fragen auch an dunkel gebliebene Stellen in der Biografie stellen
wollen. Mit künstlerischen Übungen führe ich sie in ein In-Verbindung-Treten mit ihrem
höheren Selbst ein. Das höhere Selbst weiß über den Verlauf des Lebens bis weit in die
Zukunft hinein Bescheid. Auf der Gefühlsebene läßt es sich befragen und ist die beste
aller Möglichkeiten, um sich selbst eine Antwort auf derartige Fragen zu geben.
Anders als beispielsweise in der Gesprächstherapie kann die Kunsttherapie eine Bewusstwerdung über einen Erlebnisprozess aufgreifen. Gefühle und nicht der Geist bilden
hauptsächlich das Medium, über das sich die Erinnerungskultur vollzieht. Dinge nicht
bis ins kleinste Detail benennen und durchdenken zu müssen nimmt viel Druck aus der
Angelegenheit. Der beunruhigende Zustand aus dem Inneren wird dennoch wahrgenommen. Nur dass er im Ungefähren und nicht im Konkreten bestehen bleibt, bis sich ihm im
angemessenen, eigenen Tempo angenähert werden kann.
Sicherlich braucht diese Art der Bewusstwerdung mehr Zeit, mehr Anleitung, Anregung
und manchmal sogar stellvertretende Initialzündung. Sie ist eher als Lernprozess zu verstehen und vollzieht sich als Übungsweg, der rhythmisch angelegt ist und in Wiederholungen verläuft.
Resultierend aus dieser Bewusstwerdung, sollte auch nicht ein glasklarer Verstand, eine
brillante Ausdrucksweise oder ein angemessenes und verantwortungsbewusstes Verhalten erwartet werden.
Es gibt die Denker und Theoretiker, die aus ihrer Bewusstwerdung heraus die Welt wissenschaftlich genau erklären können. Andererseits gibt es aber auch die Lebenspraktiker, zu denen ich geistig behinderte Menschen zähle. Sie wissen, wie man geistige Errungenschaften in Lebensprozesse umsetzt. Fragt man bei Menschen mit einer geistigen
Behinderung ihr Wissen ab, bekommt man wunderbare, sehr frei gedachte Antworten.
Es lohnt sich, genau hinzuhören, wenn sie die Welt erklären. Freimütig antworten sie oft
einfach mit einem beherzten damit anstatt mit einem weil.
Frage: Warum wachsen die Blumen in unserem Garten?
Die vielleicht nicht wirklich plausible, aber nicht weniger richtige Antwort: Damit sie unser
Herz erfreuen.
Wissen macht in ihrer Welt vielleicht nur einen kleinen Teil von ihrem Bewusstsein aus.
Dennoch wissen sie oft sehr gut, wie man ein gutes Leben gestaltet, weil sie mehr als alle
anderen ihr ganzes Leben lang Erfahrungen gemacht haben, trotz ihrer Behinderung zu
überleben. Sie sind nicht nur Lebenskünstler, sondern auch Meister im Genießen, weil
sie nicht lange überlegen und aus dem, was da ist, das Beste machen. Wer miterlebt hat,
wie sie sich Wurststullen zum Abendbrot schmieren (mit Gewürzgürkchen!), der weiß,
wovon ich spreche.
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Bewusstsein bei Menschen mit geistiger Behinderung sollte man also auch aus ihrer
Schlauheit herauslesen, die sich aus ihrer Lebenspraxis ableitet.
Zudem zeigt es sich in ihrer körperlichen Präsenz, in der Selbstverständlichkeit,
im Hier und Jetzt einfach ganz da zu sein.
Wenn sie, anstatt sich scheu wegzuducken oder immer nur vorsichtig auf Anfrage zu leben, selbstbewusst, selbstbestimmt und frei leben. Darstellen, wer sie sind, zeigen, wie
sie sind, und ausdrücken, was sie empfinden und möchten.
Die Selbstverständlichkeit, das Unvollkommene zu leben, beginnt ab einem Grad der
Selbstvergessenheit. Wenn die Behinderung oder die Einschränkung keine oder nur eine
sehr geringe Rolle spielt. Wenn sie das Unvollkommene annehmen und entspannt leben,
auch wenn sie von einer Gesellschaft umgeben sind, die immer und überall eine Vollkommenheit anstrebt.
Ich habe nun schon fast mein ganzes Leben mit geistig behinderten Menschen zu tun.
Ich begebe mich sehr gerne in ihre Nähe, und ich bin dankbar dafür, dass ich dort, allein
berufsbedingt, so oft sein kann.
Besonders, wenn viele von ihnen zusammenkommen, z. B. bei Sommerfesten, spüre ich
die lebensbejahende Kraft, die von ihnen ausgeht, weil sie mit all ihren Sinnen ganz da
sind. Wer miterlebt hat, wie sie am Wurfstand die Büchsen umwerfen, der weiß, dass das
als Inbegriff für Lebenslust gelten kann.
Da wird mit aller Kraft sich ins Zeug gelegt, werden Büchsen mit Getöse heruntergeschossen und das Ergebnis noch lauter bejubelt.
Von dieser hemmungslosen Spielfreude können wir sogenannten Angepassten sehr viel
über die Enge unseres Daseins lernen.
Meine Erfahrung hat gezeigt, dass sich Menschen mit einer geistigen Behinderung deswegen in der Kunsttherapie besonders wohlfühlen, weil das künstlerische Gestalten in ihrem Kompetenzzentrum ansetzt und nicht da, wo sie tagtäglich die Begrenzungen durch
ihre Behinderung zu spüren bekommen.
In der Regel finden Menschen mit geistiger Behinderung schnell und unkompliziert Zugang zu ihren Gefühlswelten. Was an kognitiven Fähigkeiten fehlt oder nicht ausreichend
ausgebildet ist, findet oft Ausgleich in einem Reichtum an Erlebnisfähigkeit, Sensibilität
für Stimmungen, ungezwungener Emotionalität, kindlicher Neugier, Offenheit und Interesse an der Welt und ihren Mitmenschen und all das, manchmal auch in gesteigerter
Form als soziale Kompetenz.
In meiner Kunsttherapie möchte ich geistig behinderten Menschen unter anderem vermitteln, dass sie nicht nur hilfebedürftig, sondern auch Experten und Lehrmeister sind.
Gerade für diejenigen, bei denen übersteigerte Kognitivität in Form von Überskepsis und
Misstrauen Erlebnisprozesse verhindert.
Mir ist es ein Anliegen, dass sie ihr Anderssein als Alternative erleben und dass sie damit
auch wichtig für die Welt sind.
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Der Kunsttherapeut behält im therapeutischen Prozess mit geistig behinderten Menschen, immer den Part des Denkers und verstandesmäßigen Lenkers. Er versteht sich als derjenige, bei dem mehr oder weniger ausgelagert
ist, was bei den Klienten (aufgrund ihrer Behinderung) nicht vorhanden ist.
Der kunsttherapeutische Prozess sollte also immer als Prozess einer Gruppenseele begriffen werden. Das gilt auch für eine Einzelsitzung in der sich aus zwei Personen eine
(Mini-) Gruppe bildet.
Aus dieser Position heraus lege ich als Therapeut großen Wert auf die Entwicklung einer
gemeinsamen künstlerisch gestalteten Sprachkultur.
Es geht mir nicht, wie beispielsweise in Kunstrichtungen wie der L´Art Brut um die Darstellung und Offenlegung faßzinierender, geheimnisvoller und vielleicht auch sehr fremder Weltanschauungen von Menschen mit psychischer Erkrankung.
Natürlich muss ich als Therapeut oft von einem erkrankten Zustand ausgehen. Dennoch
versuche ich von Anfang an mit dem Klienten/Patienten eine gemeinsame Sprachkultur
zu pflegen in der ein individueller, als auch ein allgemeingültigen Ausdruck für das Erleben gesucht und gefunden werden kann.
Die Arbeit sollte sich im Dialog vollziehen. Ausgangspositionen wie krank oder gesund,
normal oder geistig behindert, sollten verlassen werden, sodass im Arbeiten eine Veränderung erfahrbar wird.
Für die Biografiearbeitsgruppe z. B. bereite ich als Kunsttherapeut einen Prozess vor und
gebe Impulse in die Gruppe ein zu denen sich jeder der Beteiligten eine Meinung bilden
kann. Der Prozess verläuft dann fast immer anders als wie (von mir) geplant, endet aber
in der Regel in einem Konsens. Was nicht unbedingt bedeuten muss, dass alle der gleichen Meinung sind. Berücksichtigt wird aber, dass alle angemessen zu Wort gekommen
sind und ihre Meinung vertreten konnten.
Hauptsächlich ist in diesem Kontext mit Künstlerischer Sprachdialog nicht eine verbale
Auseinandersetzung gemeint, sondern ein sich unterstützendes und ineinander geifendes Arbeiten.
Manchmal, wenn es mir angebracht erscheint, beziehe ich als Therapeut in einer Gemeinschaftsarbeit Position (künstlerisch, nie aber bewertend). So konnte ich z. B. mit
einem Klienten der fast taub ist, über das Malen und über die (Mal-) Bewegung auf einer
anderen Ebene in einen Dialog treten.
In der Kunsttherapie, wie ich sie verstehe vollzieht sich der oben genannte künstlerische
Sprachdialog tatkräftig und ist sehr sinnlich als Erlebnisprozess angelegt. Mit den eigenen Händen und manchmal auch Füßen formt er sich aus verschiedensten Materialien
und nimmt, mit ganz viel Gefühl und oft in Bewegung, Gestalt an.
Motive und Themen werden weniger vorgestellt und erdacht. In meiner Arbeit soll Begreifen eher ein Ergreifen sein. Mit den Händen denken nenne ich das, wenn ich ihnen zeige,
wie viele Motive und Ausgangspositionen sich ganz einfach aus den Gliedmaßen herauslesen (ablesen) lassen. Tanztherapeuten, Eurythmisten, Pantomimen, Schauspieler,
aber auch Bildhauer wissen, dass eine Bildidee und eine Bildsprache vielleicht im Seelischen und Geistigen ihren Ursprung hat, aber ebenso auch im Körperlichen angelegt ist.
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Etliche Grundmotive lassen sich ohne lange nachzudenken einfach von der Hand ablesen. Wenn die Grundskizze steht, ist es oft ein Leichtes, das Drumherum in Farbe und
Szene zu setzen.
In ähnlicher Weise wende ich gerne und oft die Collagetechnik an. Manch einem fällt es
leichter, Formgebung nicht denken zu müssen, sondern einfach nur loszuschneiden.
Malen und plastisches Gestalten ergänze ich oft auch mit Sprach- und Körperübungen.
Wenn man sich wie ein Baum in den Raum stellt, kann man wunderbar nachempfinden,
was mit stabilem, fest verwurzeltem Stand gemeint ist. Aber auch ein Sonnenaufgang
kann seelisch und körperlich nachempfunden werden. Zum Beispiel auch nach Musik.
Die Morgenstimmung aus der Peer-Gynt-Suite von Edvard Grieg eignet sich hervorragend, um körperlich den Übergang von Nacht zu Tag (mit einem lebensbejahenden Öffnen der Arme) nachzuempfinden.
Manchmal findet die durchlebte Bewusstwerdung mittels Kunsttherapie auch im Freien
statt. Beim Wildblumenpflücken auf einer Sommerwiese kann man gut begreifen, was
Selbstvergessenheit, aber auch Lebensfreude bedeutet.
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Arbeitskriterien / Bedingungen
Um einen Eindruck zu vermitteln, wie ich kunsttherapeutisch mit geistig behinderten Menschen arbeite, möchte ich an dieser Stelle etwas genauer auf meine Arbeitsweise eingehen. Es gibt, wie folgt, einige wichtige Kriterien und Prinzipien, die ich in dieser Arbeit
unbedingt berücksichtige. Zu schnell an die Frustrationsgrenze zu gelangen verhindert
einen Erlebnisprozess und ein tieferes Verstehen der Arbeit.
Haltung des Therapeuten gegenüber dem Klienten
Grundsätzlich gilt für mich als Therapeuten die Devise, die Kunsttherapie soll nie Belehrung, aber immer als Hilfsangebot verstanden sein, welches ich niemandem aufdränge.
Ich pflege einen respektvollen, liebevollen, verbindlichen und zugewandten Umgang mit
den Klienten.
Ihre Grenzen müssen gewahrt bleiben und eine Überforderund mittels einem Zuviel an
Möglichkeiten und aufgedrängten Themenschwerpunkten möchte ich verhindern.
So achte ich auf ihr Leistungsvermögen, solange sie selber dazu (noch) nicht in der Lage
sind.
Meine Arbeit ist dennoch immer bestimmt durch Zutrauen. Immer beziehe ich die ganze
Persönlichkeit und auch das zukünftige Potenzial mit ein.
Ich sehe mich als Anleiter und Anbieter, Berater und Begleiter eines therapeutischen Prozesses, der immer anwesend ist, aber auch manchmal im ermutigendem Abwarten still
beiseitetritt.
Ich dränge niemanden, etwas zu tun und versuche stets, eine tolerante offene Haltung
anderen Ideen und Lebenseinstellungen gegenüber einzunehmen.
Vorbereitung und Nachbereitung
Ich nehme mir immer die Zeit, jede Sitzung gut vor- und auch nachzubereiten. In der Vorbereitung kalibriere ich mich auf die Verfassung der Klienten und stimme die Aufgaben
auf ihren Zustand ab. Als Anleiter ist es mir wichtig, Aspekte der Arbeit vorgedacht und
vorformuliert zu haben. Neues Material und Aufgabenstellungen unterziehe ich einem
Testlauf an eigenem Leib (und eigener Seele).
Erfahrungsgemäß kann ich bei guter Vorbereitung die Sitzung auch dann noch entspannt
und frei anleiten, wenn sich der Verlauf anders ergibt, weil Unerwartetes geschieht (was
sehr oft der Fall ist!).
Aus der Nachbereitung ziehe ich wichtige Informationen. Gerade wenn ich die Resonanz
der Klienten auswerte. Viel von dem, was sie benennen und wie sie reagieren, greife ich
als Impuls für die kommende Arbeit wieder auf.
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Raumgestaltung
Die Raumgestaltung ist ungemein wichtig für eine Arbeit im therapeutischen Kontext. Der
Arbeitsraum wird zur Schutzzone. Dementsprechend komfortabel muss dieser ausgestattet sein.
Das fängt bei einem erträglichen Raumklima an. Gerade im Winter sollten nicht so oft genutzte und ausgekühlte Räume rechtzeitig beheizt werden. Wenn verschiedene Sitzungen aufeinanderfolgen, macht es Sinn, in der Zwischenzeit einmal gut durchzulüften. Mir
persönlich ist es wichtig, dass der Raum schön gestaltet ist. Das muss nicht aufwendig
sein. Oft reichen eine Kerze, frische Blumen oder ein extra aufgehängtes Bild. Zudem
bilden eine Grundordnung und Sauberkeit eine stabile Ausgangsposition für eine oft gefühlvolle therapeutische Arbeit.
Sehr hilfreich ist es, wenn Material schon bereit liegt. Das erleichtert den späteren Ablauf.
Wenn technisch alles gut klappt, bleibt mehr Raum für das Erleben.
Sitzordnungen finde ich oft sinnvoll, weil viele Klienten mit einem festen Platz sich sicherer fühlen, wenn sie sich emotional auf unsicheres Terrain begeben.
Arbeitsplätze so positionieren, dass das Blickfeld beruhigt ist und nicht aus dem Fenster
oder in eine grelle Lichtquelle geschaut werden muss. Damit energetisch das Erleben im
Raum bleibt und die Klienten sich beschützt fühlen, sollte die Tür die ganze Sitzung über
geschlossen bleiben und sich ebenfalls im Blickwinkel befinden, falls doch jemand für
unvorhergesehene Unruhe sorgt. Dem vorbeugend sollte aber auch von außen an der
Tür ein Schild darauf hinweisen, dass die therapeutische Sitzung begonnen hat und bitte
nicht gestört werden soll.
Ablauf der Sitzung: Begrüßung – Pause – Abschluss
Mir ist es sehr wichtig, jeden Klienten persönlich, möglichst sogar mit Handschlag zu
begrüßen. Ich möchte jedem individuell von Anfang an vermitteln, dass er mir, und die
Arbeit mit ihm, wichtig ist. Zum einen schafft das auf Augenhöhe eine Ernsthaftigkeit und
Verbindlichkeit. Zum anderen bietet es mir als Therapeuten die Gelegenheit, den Klienten und seine Verfassung (Tagesform) wahrzunehmen. An den Händen lässt sich viel
ablesen. Hat der Klient warme durchblutete Hände, geht es ihm in der Regel gut. Kalte
schwitzige Hände dagegen können ein Hinweis darauf sein, dass er sich ängstlich und
unsicher fühlt. Natürlich achte ich auch auf andere Signale, die von Mimik und Körperhaltung ausgehen.
Bei meinen Begrüßungen wird immer noch viel geredet und erzählt. Ich finde es wichtig, dass die Klienten Erlebnisse aus dem Außen noch loswerden und sie somit auch im
Außen lassen. Langsam beruhige ich Rede und Bewegungsdrang. Gerade hektische
Bewegungen durch den Raum können durch die Arbeit entstandene Stimmungslagen
und Erlebnisprozesse unterbrechen. Dadurch besteht die Gefahr, dass Stimmungen und
bereits seelisch geistig Erarbeitetes regelrecht wieder „auslöscht“ werden.
Wenn ich den Eindruck habe, die Klienten haben sich „leer“ geredet, leite ich die
eigentliche Sitzung meistens mit einem Gedicht oder Zitat zum Tagesthema ein. Ich bitte
darum, ab jetzt sich möglichst nur noch mit dem Tagesthema auseinanderzusetzen.
Danach erkläre ich in einfachen deutlichen Worten, worum es in der Arbeit an diesem
Tag geht. Meistens knüpft die Arbeit an die letzte Sitzung an, sodass ein Rückblick an der
Stelle sinnvoll ist.
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Während der Arbeit bleibe ich immer als verbindlicher Ansprechpartner anwesend (Telefone sollten ausgeschaltet sein) und folge dem Prinzip: In Gruppensitzungen immer von
einem Klienten zum anderen wechseln. Wenn mehrere zur selben Zeit Unterstützung benötigen, durch klare Ansagen vermitteln, dass meine Zuwendung nacheinander erfolgt,
und wann man für die Einzelnen zu Verfügung steht.
Immer genau erklären, laut aussprechen, was gerade geschieht, und damit deutlich vermitteln, dass die Sitzung nach Plan und nicht beliebig (chaotisch) verläuft.
Eine Pause ungefähr nach dem halben Ablauf der veranschlagten Zeit einlegen.
Unter Umständen kann dann auch gelüftet werden. Teilnehmer können (vor der Tür) eine
Zigarette rauchen oder Kaffee trinken.
Deutlich signalisieren, wenn mit der Arbeit fortgefahren wird.
Bei Gruppensitzungen stärkt es oft das Gemeinschaftsgefühl, wenn nach der Arbeit gemeinsam aufgeräumt wird. Konzentrierte Arbeitssituationen, die oft geprägt sind von
Schweigsamkeit, Ernsthaftigkeit und Spannung, können sich dabei gut lösen.
Erst danach sollten sich aber alle noch einmal in einer Runde zusammenfinden, in der
jeder die Gelegenheit bekommt, zurückzumelden, wie es ihm geht oder wie es ihm im
therapeutischen Prozess ergangen ist.
Wenn Klienten gähnen und versonnen, nicht zielgerichtet schauen, ist das oft ein gutes
Zeichen dafür, das ein gesunder Grad des Selbstvergessens und der Entspannung erreicht wurde.
Wenn die Augen von Klienten strahlen und die Haut gerötet ist, kann man davon ausgehen, dass die Arbeit Belebung bewirkt hat.
In jedem Fall sollte die Arbeit in positiver Stimmung beendet werden.
Ich schließe auch gerne eine Sitzung wieder mit einem Gedicht, oft sogar mit demselben
ab, mit dem ich die Sitzung begonnen habe. Die Wahrnehmung ist nach der Arbeit eine
andere und das Bewusstsein und die Aufnahmefähigkeit erweitert.
Freiheit aushalten, mit Freiheit umgehen
Wenn Klienten zum ersten Mal zu mir kommen, ist den Wenigsten bewusst, worauf sie
sich einlassen. Die Meisten denken von sich, dass sie kein künstlerisches Talent besitzen, und schließen daraus, dass es wenig Sinn macht, mit einer künstlerischen Arbeit zu
beginnen.
Deswegen ist es eine meiner ersten Aufgaben als Therapeut, den Klienten neugierig zu
machen.
Bei geistig behinderten Klienten kommt oft noch dazu, dass sie eher ungeübt sind, mit
freier Zeit umzugehen und aus eigenem Impuls heraus etwas zu tun. In der Regel müssen sie überall irgendeiner Fremdvorgabe entsprechen. Immer ist so viel zu tun. Im Alltag
und im Haushalt die Aufgaben erledigen, in den Werkstätten das Arbeitspensum schaffen, in der Betreuung die Förderziele erreichen. Bei so viel funktionieren müssen ist es
für sie oft anfänglich schwer, etwas zu machen, was erst einmal keinen Sinn ergibt, weil
es keine direkte Funktion erfüllt. Außerdem fällt es ihnen am Anfang auch schwer, im
Mittelpunkt zu stehen und Fragen (künstlerisch) zu beantworten, die sie selbst betreffen.
Befindlichkeit und Bedürftigkeit sind zu dem Zeitpunkt nicht sehr bewusst. Genauso wie
Lebensperspektiven und Zukunftspläne.
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Am Beginn meiner Arbeit versuche ich, ihnen vor allem Lust auf freie Zeit und Zukunft zu
machen. Wie immer auf sehr praktische Art und Weise. So kann ein erstes Objekt noch
nicht so sehr nach Kunst aussehen und sehr praxisbezogen sein. Eine T-Shirt- Faltmaschine wäre z. B. so ein Anfangsobjekt, das aus Pappe oder dünner Pressspanplatte
gefertigt wird. Wäsche waschen, Wäsche aufhängen und abnehmen, Wäsche zusammenlegen und in den Schrank einsortieren sind Tätigkeit, mit denen sich geistig behinderte Menschen sehr oft und umfangreich beschäftigen. Mit diesem Hilfsmittel kann eine
erste Bewusstwerdung für erleichternde, effektiver gestaltete Alltagsbewältigung gelingen. Wenn Lästiges verkürzt und freie Zeit verlängert werden kann, lässt sich in dem
Zusammenhang anschaulich messen und darstellen, wie Freiheit entsteht.
Zeit und Geschwindigkeit der Klienten beachten
Die Berücksichtigung von Zeit ist ein wichtiges Kriterium. Damit ist zum einen gemeint,
dass den Klienten die Zeit gewährt wird, die sie benötigen, um die Aufgabenstellung in
ihrer Geschwindigkeit und ihrem Rhythmus vollbringen zu können. Zum Anderen aber
auch, dass genügend Zeit veranschlagt wird, damit ein Erleben stattfinden kann. Denn
nur dadurch findet der Klient auch zu einem tieferen Verständnis. Weniger kann da oft
mehr sein. Es ist ratsam, nicht zu viel an Themenschwerpunkte und Aufgabenstellungen
in eine Sitzung zu packen und lieber, vom Wenigen ausgehend, Raum für Intensität und
Tiefe zu ermöglichen.
„Die Wiederholung ist die Mutter der Weisheit“, heißt es im russischen Volksmund. Für
mich ist dieses Sprichwort zu einer der wichtigsten Richtlinien in meiner Arbeit (nicht nur)
mit geistig behinderten Menschen geworden.
Ich verstehe darunter nicht ein stupides Wiederholen und Auswendiglernen von Lerninhalten, sondern Aufgabenabfolgen, die in Zusammenhang zueinanderstehen. Bezug
nehmen und aufeinander aufbauen.
Eine rhythmisch gestaltete Arbeit entspricht der rhythmisch gestalteten Lebensweise des
Menschen. An einem gewissen Punkt ist es zudem hilfreich, Themenschwerpunkte ruhen
zu lassen, auch wenn sie noch nicht vollständig zu Ende behandelt sind und zu Ähnlichem zu schwingen, um sie dann wieder aufzugreifen.
Nie zu viel Themen auf einmal behandeln. Keine Themen nur flüchtig anschneiden und
nicht von Thema zu Thema springen. Klienten sind schnell davon irritiert.
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Das Prinzip des Machbaren
Ich gestalte die Aufgabenstellungen so einfach wie möglich. Was nicht bedeutet, dass sie
auf ein infantiles Niveau heruntergebrochen werden. Mir ist es sehr wichtig, geistig behinderte Menschen zu jeder Zeit als mündige, erwachsene Menschen ernst zu nehmen.
Einfach heißt in diesem Fall, Arbeitsaufgaben zu wählen, die ohne komplizierte Erklärungen auskommen, frei von Nebensträngen sind und aus Materialien gefertigt werden
können, die sich leicht verarbeiten lassen.
Gerne biete ich auch als Material schon Vorhandenes, Altes und Ausgedientes (Verpackungen) an, um es in einem neuen Kontext, in eine neue Bestimmung zu überführen.
Aus Altglasflaschen z. B. lassen sich wunderschöne Vasen gestalten, auch wenn man
nicht über Feinmotorik und Töpfertalent verfügt.
In ähnlicher Weise beginne ich auch gerne eine Sitzung mit einem neuen Klienten mit einem Selbstporträt. Ein Foto desjenigen bildet, herausgeschnitten aus seinem alten Kontext, nun als Collageelement die Basis. Auf einem darüber geklebten Pergamentpapier
wird das, was schemenhaft erkennbar bleibt, zur Grundskizze für das Porträt.
Eine andere Möglichkeit ist, die Rückseite von einem Foto an die Fensterscheibe zu kleben und das, was durchscheint, zu skizzieren .
Auf diese Art ist es leicht, ein gutes/schönes Resultat zu erzielen. Wenn das Bild fertig ist,
ist es trotz methodischem Trick am Anfang doch selbst gestaltet worden und wird in der
Regel „stolz“ als erfolgreiches Resultat in ein Selbstkonzept integriert.
Ich arbeite sehr gerne gerade mit geistig behinderten Menschen mit der Collagetechnik.
Ein Anfang ist leichter, wenn erst einmal etwas nicht im Detail gezeichnet/gemalt, sondern nur ausgeschnitten werden muss. Einen künstlerischen Aspekt bekommt die Arbeit
dennoch dadurch, dass Vorgaben, z. B. aus Foto,- und Geschenkpapiermaterial, in einen anderen Zusammenhang gebracht (geklebt) werden müssen.
Der Anspruch stellt sich aber an die Hände (die gewohnt sind, einfach drauf los zu machen) und nicht an den Kopf. Man hat schon damit begonnen, Kunst zu machen, bevor
man es überhaupt bemerkt hat. Die Hemmung ist unbewusst überwunden worden.
Ist der Anfang gemacht, ist es leicht, mit der eigentlichen Bildgestaltung fortzufahren.
Künstlerische Aspekte sind schon gesetzt und müssen jetzt nur noch, z. B. mit dem farbigen Ausmalen der Zwischenräume, in Vollendung gebracht werden.
Jeder Mensch ist ein Künstler, lauten die berühmten Worte von Joseph Beuys, auf die ich
mich als Kunsttherapeut berufe. Ich nehme ihn beim Wort, indem ich mir solche kleinen
methodischen Tricks überlege, um Menschen zu überlisten, ihre Scheu und Ehrfurcht vor
der Kunst, aber auch den eigenen „Schweinehund“ zu überwinden. Ich biete den Zweifeln und kritischen Bedenken erst gar keinen Raum. Stattdessen beginne ich möglichst
schnell und unüberlegt mit dem Arbeiten.
Wenn es einfach ist, in die Arbeit hineinzufinden, ist man auch schnell verbunden mit
der eigenen Kreativität und Selbstheilungskräften, ohne an einer Frustrationsgrenze vorschnell zu scheitern. Ist die Verbindung zur Kreativität hergestellt, kann ich mich als Therapeut zurücklehnen. Ab dem Zeitpunkt antwortet und beratet es sich wie von selbst, aus
sich selbst heraus. Spätestens jetzt ist auch Freude, Hingabe und Selbstvergessenheit
mit im Spiel.
Denn das hat Beuys mit seinem Satz gemeint. Alles, was man tut, soll man mit Liebe tun
und es somit zu etwas Schönem, Wahrem und Gutem veredeln.
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Das Prinzip der Schönheit
Schönheit spielt in meiner Arbeit oft eine wichtige Rolle. Ich achte deswegen schon bei
dem Material sehr darauf, dass es gut oder schön (oder beides) ist. Gute Farben (z. B.
Aquarellfarben von Stockmar) erzeugen einfach ein anderes Farberleben und damit ein
tieferes Verstehen. Bei Papier oder Stoffarbeiten fällt das Resultat entsprechend den
Grundvoraussetzungen aus. Das Rohmaterial bildet eine Art Grundton, in dem eingebettet das Werk entstehen kann. Gutes und schönes Material bildet die Voraussetzung für
ein wahres Erleben in der Arbeit.
Im Resultat erwarte ich allerdings nicht nur ein Erscheinungsbild in harmonischer Formgebung oder harmonischem Farbklang. Authentizität, Spannung, Humor, ja sogar bewusst provozierende Elemente oder bewusst gesetzte Hässlichkeit sind auch Qualitäten,
die ein Werk interessant machen und es künstlerisch auszeichnen.
Ich möchte nicht nur, dass meine Klienten von ihrer Arbeit berührt und begeistert sind,
sondern unter Umständen auch andere Menschen, zum Beispiel ihre Angehörigen und
Freunde damit erreichen. Auf einer erwachsenen Ebene und auf gleicher Augenhöhe.
Mir ist es wichtig nicht sogenannte „Behindertenkunst“ mit ihnen zu fabrizieren, die im
besten Fall mitleidig berührt. Es bewirkt eine andere, gleichberechtigtere Teilhabe an der
Welt, wenn das Werk wirklich hergezeigt werden kann. Wenn der Betrachter es schön
(interessant, spannend, humorvoll, etc) findet, oder sollte er ein Beschenkter sein, sich
wirklich aufrichtig darüber freut, weil er wirklich damit etwas anfangen kann. Künstlerische Arbeit und den Geschmack des Betrachters/Beschenkten in positive Übereinstimmung zu bringen bedeutet für den geistig behinderten Menschen, als gleichberechtigt,
ohne dass die Behinderung im Vordergrund steht, wahrgenommen zu werden, und dies
entspricht damit wirklich der viel zitierten Inklusionsidee.
An den Arbeiten so lange arbeiten, bis sie richtig beendet
sind
Ein unfertiger Zustand bedeutet, in einem instabilen (Krankheits-)Zustand zu verharren.
Beendet ist eine Arbeit, wenn sie von Lebensgeist (Lebendigkeit) erfüllt ist und sich im
Gleichgewicht befindet. Ein Blatt sollte zum Beispiel vollständig ausgemalt sein. Ich gebe
das oftmals als Bedingung vorweg, lasse dafür aber das Papierformat auswählen. Jeder
kann ein Blatt so bemalen, dass keine weißen Stellen bleiben. Es kommt nur auf die
Größe des Blattes an. Wer erschöpft ist oder ängstlich und unsicher, der wählt eben erst
einmal ein kleines Format. Ich habe auch schon mit Klienten an sogenannten „Briefmarkenbildern“ (und Räumen aus Streichholzschachteln) gearbeitet.
Manchmal geht es bei einem schnellen skizzenhaften Arbeiten aber auch um Auflockerung und Spontaneität. Dafür muss dann das Prinzip des vollständigen Ausmalens nicht
unbedingt gelten.
Sehr wichtig ist nach Beendigung der Arbeit, wie sie präsentiert wird. Ein schöner Sockel,
ein ruhiger Hintergrund, ein farblich abgestimmtes Passepartout: Mit all dem setzt man
der Arbeit einen Rahmen und erhebt sie zu etwas Besonderem. Dass es wiederum leich-
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ter beim Reflektieren macht, seine Arbeit mit Verständnis und Liebe zu betrachten. Das
bildet in jedem Fall einen guten, einen versöhnlichen Abschluss, sogar dann, wenn man
vorher möglicherweise mit Themeninhalten, Technik oder Material Schwierigkeiten hatte.
Höhere Wesensanteile in die Arbeit mit einbeziehen
Ein wichtiges Grundprinzip in meiner kunsttherapeutischen Arbeit ist, das ich immer passend zum Thema Beispiele von den großen Denkern, Dichtern, Künstlern und Komponisten mit einbeziehe. Oft beginne ich eine Sitzung mit einem Gedicht oder einem Zitat.
Manchmal hänge ich einfach ein Bild auf und lasse es unkommentiert. Auch das kann
einen Rahmen setzen. Meine Klienten greifen die Impulse unbewusst auf.
Ich finde es besonders in der Arbeit mit geistig behinderten Menschen wichtig, eine Verbindung zu den Ideen der Hochkultur herzustellen. Gerade weil die ihnen in der Regel
weitgehend nicht „zugemutet“ bzw. vorenthalten wurde. Gerade die Hochkultur bietet ihnen einen Erlebnisraum jenseits ihrer Behinderung.
Ich jedenfalls habe vielfach die Erfahrung gemacht, dass sich ihr Erleben sehr wohl über
ein „behindertengerechtes“ Niveau, was oft einem kindgerechten gleichgesetzt wird, hinaus weiten kann.
Ich gehe gerne und oft mit ihnen ins Theater, in die Oper, ins Konzert und ins Museum.
Und sie kommen gerne und immer wieder mit. Sie spüren den Geist, die Stimmung, die/
der dort vorherrscht, und sie genießen es, großartige Architektur zu begehen. Hallen,
lange Flure zu durchlaufen. Dem Nachklang der Schritte zu lauschen. Weite zu erleben.
Höhe zu erleben. Auch im Denken und Fühlen. Unter riesigen Kuppeln (wie im BodeMuseum) zu stehen und von Säulen gesäumte Tempel zu betreten.
Ich mute ihnen auch Textbeispiele aus der Literatur zu und beziehe mit ein, dass auch
wenn sie deren Bedeutung nicht gleich und in vollem Umfang erfassen, schon jetzt Anteile ihres zukünftigen Ichs angesprochen werden, dem sie sich hinwenden und ausrichten
und sogar zeitweilig verbinden können. Das zukünftig Geistige klingt als Resonanz in
ihnen weiter, auch zurück bis in die Enge des Alltäglichen.
Immer wieder habe ich erlebt, dass die Fähigkeiten von geistig behinderten Menschen
sehr nah an die Ideale heranreichen, manchmal sogar in Übereinstimmung mit Ihnen
geraten, die von den Großen der Kunst als Impuls vorgegeben wurden. Nicht jeder kann
wie die großen Impressionisten ihrer Zeit in die Natur hineinlauschen und das Fremde
darin erahnen. Viele geistig behinderte Menschen können das.
Es fällt ihnen leicht, sich beim Malen, manchmal verstärkt durch Musik oder Poesie, in
eine impressionistische Mondstimmung zu versetzen, weil sie sich kindliche Neugier,
Empathiefähigkeit und unbedarfte Erlebnisfähigkeit bewahrt haben.
Andere Kompetenzen, wie Lebendigkeit, Lebensfreude und ein unverstellter Ausdruck
der Gefühle, finden wiederum Übereinstimmung bei den Ideen der Expressionisten.
Ihre Größe (und nicht ihre Behinderung) in den großen Ideen der Kunst zu spiegeln
bereitet ihnen eine längst überfällige Würdigung.
Mit all dem möchte ich das kulturelle Wesen, den Lebensgeist (die Lebendigkeit) meiner
Klienten ansprechen und anregen.
Sehr hilfreich ist, wenn man die gewonnene Erfahrung vertiefen kann, indem man begleitend die Natur ( z. B. in einem ländlich gelegenen Seminarhaus oder einem Bad im Meer
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oder einer sich im Wechsel vollziehenden Wanderung) erlebt. Das Erleben von Natur und
Stimmung aktiviert die Selbstheilungskräfte.
Klienten da abholen, wo sie sind
Genauso wichtig wie das in-Beziehung-bringen zur Hochkultur ist mir das Aufgreifen von
dem, was schon vorhanden ist und was als Resonanz von meinen Klienten zurück- klingt.
Wenn sie in ihrer Gemütswelt einen Schlager als Pendant zu einem Gedicht von Goethe
finden, dann kann ich daraus ablesen, das meine Aufgabenstellung nicht nur angenommen, sondern auch durch ihre Sprache in ihre Welt übertragen und integriert wurde. Auch
wenn mein Geschmack nicht unbedingt Musik von DJ Ötzi, Nicole, Stefanie Hertel & Co
ist, freue ich mich sehr über ihre Beispiele, die selbstverständlich angehört und besprochen werden. Es ist für mich immens wichtig zu wissen, was sie lieben und was sie schön
finden, weil sie an der Stelle emotional stabil und lebensfroh sind und das eine gute Ausgangsposition für eine therapeutische Arbeit bildet.
Aufbewahrung
Sehr wichtig ist, wie und wo die Arbeiten aufbewahrt werden. Meine Klienten haben in der
Regel ihre eigenen Mappen, die sie selbst gestaltet haben.
Bei plastischen Arbeiten ist es schwieriger, den Verbleib zu klären. Nicht alle Werke,
die in einem therapeutischen Kontext entstehen, sind so, dass sie ausgestellt werden
können. Besonders wenn sie sehr intime Details aus der Seele offenlegen. Dann muss
sorgfältig nach einem Aufbewahrungsort gesucht werden. Bei Arbeiten vor allem aus Ton
bietet sich zudem die Möglichkeit an, sie wieder nach Beendigung und ausgiebiger Besprechung in einem Abschlussritual zu „demontieren“.
Wenn ein Werk verschenkt werden soll, sollte man gemeinsam gut die Gründe und Motivationen besprechen, wohin und an wen „dieser Teil von einem“ geht.
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Maltherapie
Einzel- und Gruppenangebot
„In der Malerei hat es eigentlich gar keinen Sinn, davon zu sprechen, irgendetwas
ist drinnen oder draußen, oder die Seele ist innen und außen. Die Seele ist immerfort im Geistigen, wenn sie in Farbe lebt. Es ist sozusagen das freie Bewegen der
Seele im Kosmos, was in der Malerei erlebt wird.“
Rudolf Steiner
Von der Raumperspektive zur Farbperspektive, Dornach, 2. Juni 1923.
In: Das Wesen der Farbe, Rudolf Steiner Verlag
In der Maltherapie, so wie ich sie verstehe und anwende, gehe ich davon aus, dass Leben
immer ein Prozess ist, also nie stagniert und immer wieder wechselnde Stadien durchläuft. Das gilt für den körperlichen Stoffwechsel genauso wie für seelische Entwicklungsprozesse. Aus diesem Grund richtet sich auch die Maltherapie prozessorientiert aus. Ich
als Maltherapeut spreche von einem künstlerisch-gestalterischen Prozess, der durch die
Stadien Aufbau, Auflösung, Erwärmung, Bewegung, Ausgleich und Verwandlung führt. Je
nachdem in welchem Stadium sich der Klient/Patient befindet, sollte angeleitet durch den
Therapeuten an einer der Positionen (Aufbau, Auflösung, Erwärmung, Bewegung, Ausgleich und Verwandlung) malerisch begonnen werden und in eine andere, ausgleichende
Position hineingeleitet werden.
Maltherapie impliziert vor allem, im Farberleben das Seelische zu erspüren. Einerseits
gilt es, Lebenskräfte und Lebensfreude anzuregen, andererseits auch Entspannung und
Ruhe zu finden.
Jede der drei Grundfarben Gelb, Rot und Blau hat ihre spezielle Farbwirkung, die entweder belebenden (Gelb, Rot), oder beruhigenden (Blau) Charakter hat. Die Farbtöne, die
aus den Mischungen entstehen, wirken entsprechend den Farbanteilen, die in ihnen enthalten sind. Grün- und Lilatöne führen eher zur Beruhigung, Orangetöne in die Belebung.
Durch Formgebung und Dynamik kommen noch andere Aspekte der Farbwirkung hinzu.
Aber natürlich spielt bei der Wirkung der Farbe eine Rolle, wie zart sie aufgetragen ist
oder wie stark sie verdichtet wurde.
Ich habe einmal mit einer Klientin an einem Wachstumszyklus gearbeitet, bei dem nicht
das Motiv, sondern das Farberleben im Vordergrund stand. Beim ersten Bild in diesem
Zyklus sollte es überwiegend um die Farbe Braun gehen. Begleitet wurde die Malübung
mit Sprach- und Körperübungen. Das erste Bild wurde mit dem Vers „Tief im Schoß der
Mutter Erde ruht das Samenkorn“ eingeleitet. Die Klientin tat sich sehr schwer, nicht nur
mit dunklen Farben, sondern auch mit der Ortsbezeichnung im Vers tief unten. Für sie
war Dunkelheit an sich etwas sehr Bedrohliches, weil sie diese mit traumatischen Erlebnissen aus der Kindheit in Verbindung brachte.
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Wenn Dunkelheit ein beängstigender Zustand ist, auf dem man keinen oder nur wenig
Einfluss nehmen kann, dann muss sich dem Thema behutsam angenähert werden.
Das Thema „braune Mutter Erde“ eignet sich sehr für eine Annäherung, weil von den hellen, warmen Farben ausgehend, Dunkelheit Schicht um Schicht und verdichtend erzeugt
wird.
Man beginnt mit leuchtendem Goldgelb (Frühlingslicht, das die Erde nach dem kalten
Winter erwärmt). Dann malt man die Erwärmung in Orange und Rottönen.
Danach kühlt man (das zu heiße Magma) wieder mit Blautönen (Wasser) ab.
Es entsteht ein Braun, das an manchen Stellen eher durch Gelb bedingt, also ocker ist,
an anderer Stelle eher oliv-grünlich und wieder an anderer Stelle violett erscheint.
Diese farbige Dunkelheit wurde nach dem Durchlaufen der verschiedenen Farbstadien
nicht mehr als bedrohlich erlebt. Dieses Braun stand nun eindeutig für Mutter Erde (und
nicht für schwarzen Keller), in der sie (als Samenkorn) ein Innenzustand, nicht nur aushalten, sondern auch als behütet erleben konnte.
Denn in dieser Übung ging es darum, die Innerlichkeit als Kraftort, als Ruheraum und
Schutzzone zu begreifen. Nicht nur als Bildgedanke (theoretisch) im Kopf, sondern als
ein Gefühl der Zuversicht in einem beschützenden Kontext eingebettet zu sein, aus dem
sich dann wirklich emotionale Stabilität ergeben kann.
Ein weiterer heilsamer Aspekt der Maltherapie ist die Loslösung vom Funktionalen und zu
aktiven Denkprozessen (Beispiel: Nass-in-Nass-Technik, im absichtslosen Fließen lassen).
Aber auch Malen mit bindendem Charakter, z. B. mit pastösen Farben wie Tempera oder
Öl, können Teil einer Therapie sein. Allzu überwältigende Gefühlszustände werden dann
in Motive umgestaltet.
Grundsätzlich gilt, dass die Maltherapie sich für jeden eignet. Sie bietet die Möglichkeit,
sich überwiegend nonverbal und eher im unmittelbarem Nacherleben mit den Gefühlen
auseinanderzusetzen.
Daher eignet sich die Maltherapie besonders gut für Menschen, die Schwierigkeiten haben, Gefühle durch Sprache auszudrücken.
Die Maltherapie wirkt aber nicht nur in eine seelische Gemütsverfassung, sondern auch
bis in eine psychische Erkrankung hinein; sie bewirkt auch auf der physischen Ebene, bei
körperlichen Beschwerden und Erkrankungen, Ausgleich und Stabilisierung.
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Neben den schon genannten Methoden, wende ich die Methode des Imaginativen Malens und Zeichnens an.
Ich habe sie speziell für Menschen entwickelt, bei denen Altersdemenz und Zwanghaftigkeit ein Gefühlserleben regulieren und dominieren. Der Klient beginnt mit dem genauen
Abzeichnen eines Motivs. Von dem ausgehend imaginiert er sich dann von Bild zu Bild
eine Seelenlandschaft, fühlt sich hinein und lässt sie dann Gestalt annehmen und weiter
verlaufen.
Der Sklerosierung des Geistes wird auf diese Weise entgegengewirkt, die Vorstellungskraft trainiert, aber auch das seelische Empfinden angeregt.
Befindet sich ein Klient auf genau entgegengesetzter Position, nur noch in einem reinen
Farberleben ohne Struktur, kann es hilfreich sein, die Methode des kolorierten Zeichnens
anzuwenden. Zeichnen ist immer im Denkerischen begründet und hilft, aus dem Ungefähren zu einer Struktur zurückzufinden. Farbfelder und Farbstrukturen bekommen mit
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Plastiziertherapie
Einzel- und Gruppenangebot
Indem wir Materie gestalten, gestalten wir uns selbst.
Pablo Picasso
Beim Plastizieren mit Ton geht es nicht darum, Kunstwerke zu erschaffen, sondern die
unmittelbare Wirkung des Materials als Körpergefühl zu erleben bzw. eine Einflussnahme
auf das Körpergefühl durch das Arbeiten mit Ton zu erfahren.
Die Arbeit mit Ton spricht zu dem auch direkt die Sinne an. Wenn man etwas mit den
Händen formt, bilden sich innere Strukturen äußerlich ab und zeigen das, was unbewusst
in einem steckt.
Dr. Rudolf Treichler (Neurologe und Psychiater) schreibt über die Wirkung des Plastizierens in seiner Fachbroschüre Vom Wesen und der Behandlung seelischer Krankheiten:
„Indem der Stoff von der Hand geformt wird, betätigen sich die bildenden Kräfte im Bereich des Leibes, die vom Leib bis in die seelische Struktur hinauf wirken. Durch solche
Übungen entsteht nicht nur eine Form in der Welt, es wird zugleich die Formbildung im
Menschen angeregt. So ist das Plastizieren und Töpfern immer dann angebracht, wenn
der ganze Organismus oder- wie bei den Psychosen- die einzelnen Organe die Struktur
zu verlieren drohen. Aber auch dann, wenn die Seele an Struktur einbüßt.“
Das Arbeiten mit Ton bedeutet zunächst, Erde in die Hand zu nehmen und „sich die Hände dreckig zu machen“. Aus einem absichtslosen Matschen über Bewegungsübungen in
die Form zu kommen, bis zu einem eigenen Gestalten.
Plastizieren bedeutet auch, den Widerstand im Material zu spüren, aber auch die eigene
Körperwärme (in der Erwärmung des Tons).
Plastizieren hilft, ein Raumgefühl zu entwickeln, Körperhaltung einzunehmen, sich aufzurichten oder gegebenenfall sich zu beugen (Selbstbewusstsein, Demut und Dankbarkeit
in Geste und Körpergefühl zu erleben).
Das plastische Arbeiten kann auch ein Gleichgewicht zwischen Schwere und Leichtigkeit
herstellen. Es hilft dabei herauszufinden: Bin ich beim Arbeiten quellende Kraft von innen
heraus, oder werde ich aus meinem Umfeld bewirkt und fremdbestimmt.
Die plastische Arbeit, die entsteht, spiegelt immer die eigene Verfassung und den Zustand wieder. Unmittelbar lässt sich ablesen, ob etwas konstruiert wurde, fragil und dünnhäutig bleibt/erscheint oder von Vitalität und Spannkraft zeugt/ausdrückt, aber auch, ob
Anteile in sich ruhen oder abgekapselt sind und sich verschließen.
Wie bei der Maltherapie gilt auch für die Plastiziertherapie, dass sie sich besonders gut
für Menschen eignet, die Schwierigkeiten haben, sich durch Sprache auszudrücken.
Auch sie bietet die Möglichkeit, sich überwiegend nonverbal und eher im unmittelbarem
Nacherleben mit den Gefühlen auseinanderzusetzen.
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Plastisches Arbeiten mit Papier, Pappe, Gips, Stoff
und anderem
Gruppenangebot
Anders als beim Plastizieren mit Ton, bei dem es vor allem auf die Wirkungs- und Bewirkungskräfte des Materials ankommt, liegt in dieser Arbeit der Schwerpunkt bewusst
im künstlerischen Gestalten. Hier darf, hier soll Kunst entstehen, in dem Sinn, dass von
einer belastenden Lebenssituation thematisch ausgegangen wird und diese in der freien
künstlerischen Arbeit umgestaltet wird.
Das Therapieziel ist erreicht, wenn der Belastung die Schwere genommen ist - oft kommt
da der Humor mit ins Spiel - eine Lösung gefunden ist oder eine Lösungsstrategie sich
abzeichnet und eine neue Sicht der Dinge/Lage sich ergeben hat.
„Die Sicht der Dinge“, ja, darum geht es in dieser Arbeit.
Es werden Dinge erschaffen, bei denen sich in der Betrachtung die Draufsicht in eine
Durchsicht wandelt, weil sie Einblick in eine neue Weltordnung, in die vom Kunstschaffenden neu geordneten Welt gewährt.
Anders als in der Malerei, die zweidimensional nur eine Gegenüberstellung mit der Vorderseite ermöglicht, kann in der plastischen Arbeit der Kunstschaffende das Objekt nicht
nur umgehen, sondern es auch umdenken (es von verschiedenen Seiten aus denken).
Durch Kontextverschiebung, Neuordnung und Umbewertung, aber auch der Konfrontation voneinander fremden Elementen/Objekten werden im Sinne des Perspektivwechsels
Aspekte des Neuen ans Licht gehoben.
Die Möglichkeit, einen anderen Standpunkt einzunehmen und damit die Sichtweise zu
verändern, ist im therapeutischen Kontext sehr hilfreich. Besonders heilsam daran ist,
dass der Klient, jetzt sich selbst zum Künstler erhoben, in seinem Werk nicht nur seine
Persönlichkeit erkennt, sondern nun auch die Möglichkeit bekommt, diese mit den Augen
eines anderen (z. B. mit Liebe) zu betrachten.
Das Einbeziehen von Symbolen ergibt in dieser Arbeit oft einen Sinn. Meistens steht das
Erschaffte symbolisch für eine neue, in der Therapie gewonnene Erkenntnis.
Gerade das Material Papier bietet an, dass man die Schreibkunst und die Poesie mit
einbeziehen kann. Objekte werden nicht nur beschrieben, neue Richtlinien und Mottos
werden auf poetische Weise entworfen und schichtweise, Blatt um Blatt in das Werk mit
eingearbeitet. Auch dieses Arbeiten bewirkt ein Schwingen zwischen den Polaritäten,
vom Ungefähren zum Konkreten oder anders herum. Gefühlte Sprache (Poesie) wandelt
sich im Schreiben zum Denken, bis hin zur Bewusstwerdung. Andersherum erfährt ein
Zuviel an Kognitivität, das sich oft in einem Übermaß an Kritik und Skepsis ausdrückt,
eine Auflösung ins Irrationale (Beispiele aus der dadaistischen Kunst sind dabei sehr
hilfreich).
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Kunsttherapeutische Biografiearbeit
Einzel- und Gruppenangebot
„Unsere Wünsche sind Vorgefühle der Fähigkeiten, die in uns liegen,
die Vorboten desjenigen, was wir zu leisten imstande sein werden ...
Wir fühlen eine Sehnsucht nach dem, was wir im Stillen schon besitzen.“
Johann Wolfgang von Goethe
In der Biografiearbeit im Allgemeinen, also auch in der kunsttherapeutischen, wird gemeinsam mit dem Klienten ermittelt bzw. festgestellt:
Wo stehe ich im Leben? Bin ich wirklich zur richtigen Zeit am richtigen Ort? Bin ich immer
noch - oder immer wieder - verhaftet in Zeitschlaufen von vergangenem Erleben? Oder
drängen mich tiefe Sehnsüchte in unerfüllte Wünsche und Träume, die noch in der Zukunft liegen?
Biografiearbeit in der Arbeit mit Menschen mit geistiger Behinderung dient dazu, auch
festgefahrene Verhaltensweisen von Klienten besser zu verstehen, indem man sie in einen biografischen Kontext einordnet. Bedürfnisse und Wünsche werden besser erkennbar, und Missverständnisse zwischen Betreuer und Klient lassen sich vermeiden, wenn
man die Ursachen zu Verhaltensmustern gemeinsam ermittelt hat. Und auch für den Klienten kann ein neu gewonnenes Bewusstsein zu einem noch selbstbestimmteren Leben
führen, weil er viel mehr Einflussmöglichkeit auf sein Handeln nehmen kann.
In der kunsttherapeutischen Biografiearbeit, die ich speziell für das Klientel von Menschen mit geistiger Behinderung entwickelt habe, wird an den jeweiligen Lebensthemen
durch kreatives Gestalten gearbeitet.
In der kunsttherapeutischen Biografiearbeit wird das Gespräch, die verbale Auseinandersetzung mit biografischen Themen durch das künstlerische Arbeiten in eine unbewusste
Ebene hinein vertieft. Sprache (Ausgesprochenes) und Schrift (Geschriebenes) werden
z. B. mit Farbe aufgelöst und in Bezug zu Gefühlen gebracht, um nicht nur im Geist,
sondern auch in der Seele des Menschen zu wirken. Durch einfache Sprach- und Körperübungen, Malen, Plastizieren und die Arbeit mit anderen Materialien (z. B. Papiere
und Pappen) wird den Klienten ermöglicht, sich mit biografischen Themen auseinanderzusetzen.
Meine Methode baut auf der Grundlage der emotionalen Kompetenz und Erlebnisfähigkeit von geistig behinderten Menschen auf. Sie setzt nicht bei ihrem Defizit, sondern in
ihrem Kompetenzzentrum an. Die Erfahrung hat gezeigt, dass dies die Bereitschaft, sich
zu öffnen, erleichtert und sich ihre Motivation bei der Mitarbeit enorm erhöht. Das biografische Arbeiten beginnt jenseits der Frustrationsgrenze, an die geistig behinderte Klienten
sonst so schnell geraten.
Inhaltlich geht es in der kunsttherapeutischen Biografiearbeit darum, Erlebtes zu würdigen, Gegenwärtiges zu bestimmen und Zukünftiges zu gestalten.
Spielerisch und kreativ sollen biografiebezogene Fragen gestellt werden: Wo gehöre ich
hin, wo ist mein Platz im Leben? Wer ist um mich, wer ist bei mir, mit wem und wo geht
es mir gut? Was benötige ich, um mich frei zu entfalten? Was bringe ich an Erfahrungsschätzen und Gelerntem mit? Wie habe ich mich im Laufe des Lebens entwickelt? Was
kann ich gut, was mache ich gerne, wo liegen meine Stärken?
Aber auch: Was soll in meinem Leben noch geschehen? Was kann ich ganz konkret noch
verändern oder verbessern?
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Gemeinsam wird in der Vergangenheit nachgespürt, was fehlt und welche Erfahrungen
versäumt wurden. Besonders bei den Menschen, die in herkömmlichen Heimen vergangener Jahrzehnte groß geworden sind, fehlte es oft an Zeit und Möglichkeiten für besondere Aufmerksamkeiten und Einzelzuwendungen. Respekt und Würde gehören nicht
unbedingt zu den Erfahrungen, die im ausreichenden Maß gemacht wurden. Mit künstlerischen Mitteln wird die Ich-Integrität des Einzelnen gestärkt und Würde nacherlebt. Das
Beschäftigen mit sich selbst, z. B. beim Gestalten von Selbstporträts, wird oft zunächst
als ungewohnt erlebt. Sich selbst zu (be-)achten, sich selbst mit Liebe zu betrachten darf
in meiner kunsttherapeutischen Biografiearbeit geübt und nacherlernt werden. Ein neues
Bewusstsein für sich selbst kann und soll entstehen. Aus diesem Bewusstsein heraus
werden Stärken und Fähigkeiten ermittelt. Und auch so manches zukünftige Vorhaben
lässt sich besser auf derartiger Grundlage planen.
Das mittels kunsttherapeutischer Biografiearbeit erweiterte Bewusstsein von geistig behinderten Menschen soll ihren Handlungsspielraum erweitern und ihnen eine größere
Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen. Es geht dabei nicht darum, Menschen mit
geistiger Behinderung auf ein sogenanntes normales Niveau zu trimmen, sondern eher
darum, für sie ein adäquates Ausdrucksmittel zu finden, damit sie das Besondere an sich
erfahren und ausdrücken können. Das biografische Arbeiten soll dabei helfen, dass sie
ihr Schicksal ergreifen und ihr sogenanntes Anderssein akzeptieren. Das wichtigste Ziel
der kunsttherapeutischen Biografiearbeit ist die Annahme von sich selbst, basierend auf
dem guten Lebensgefühl, es ist okay, anders zu sein, denn ich weiß mit diesem Anderssein umzugehen.
Die von mir entwickelte Methode des Imaginativen Malens eignet sich auch für die kunsttherapeutische Biografiearbeit, indem das Malen mit der Collagetechnik kombiniert wird.
So können fragmentarisch Aspekte der Vergangenheit (z. B. Ausschnitte von Fotografien) in einen neuen Kontext, in eine gemalte Seelenlandschaft integriert werden. Gerade
bei der Erinnerungsarbeit die schwerfällt, weil sie belastet ist, hat diese Methode sich als
sehr hilfreich erwiesen. Während alte Fotografien nur das Erlebte als statische Datei dokumentieren, ist das kreative Arbeiten immer lösungsorientiert. Starre Bildkomponenten
in der Erinnerung - aber auch als Dokument - können umgestaltet und anders, ja sogar
neu bewertet werden. Der Betroffene macht die gute Erfahrung, dass er auch nachträglich Einfluss auf sein Leben nehmen kann.
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KunsttherapeutischeTrauerarbeit
Einzelarbeit/Selbsthilfegruppe
„Eine innere Situation,
die man sich nicht bewusst gemacht hat,
taucht außen
als Schicksal wieder auf.“
C.G. Jung
Trauernde (und traumatisierte) Menschen leben oft ein verkapseltes, von allem Lebendigen abgekapseltes, mineralisches (Stein-)Dasein. Sie erleben sich selbst als vom Lebensstrom abgeschnitten oder, noch drastischer, sogar als lebendig begraben oder nur
halb in eine Zwischenwelt hineingestorben.
Hier kann die Kunsttherapie helfen, einen Weg ins Leben zurückzufinden. An der Stelle
lautet ihr Auftrag, in dem in sich gekehrten und zu verdichteten seelischen, aber auch körperlichen Zustand eine Öffnung zu bewirken. Die Stagnation in Schwingung, in Atmung
zu versetzen und sie dadurch wieder mit den Lebensprozessen und einer Sinnhaftigkeit
in Verbindung zu bringen. Der Mensch erlebt sich wieder als zugehörig und teilhabend
an einem größeren geistigen Kontext.
Gerade trauernden Menschen bietet die Kunsttherapie hervorragende Ausdrucksmöglichkeiten. Für sie ist es oft einfacher, in einer bildhaften Welt zu schwingen, bevor durch
Sprache sich etwas klar ausdrückt und ganz bewusst gemacht wird. Im Ungefähren zu
verweilen entspricht oft der Erinnerungskultur des Trauernden.
Bis der Tod eines geliebten Menschen angenommen und verarbeitet wird, vergeht meistens eine sehr lange Zeit, in der noch kein klares Schlusswort fallen, oder ein Schlussstrich gezogen werden kann.
Viele Betroffene haben das Bedürfnis, mit dem Verstorbenen noch eine Weile weiterzuleben. Sie verbleiben im Zwiegespräch und begreifen das Jenseits als Ort, der unmittelbar
in ihrer Trauer an unsere Welt angrenzt. Ihre Trauer ist die Zeit, die ihnen mit dem Verstorbenen bleibt und die man ihnen auf gar keinen Fall nehmen sollte. Auch nicht, wenn
die Trauerphase Jahre andauert.
In Einzelarbeit kann dennoch beschützt und begleitend begonnen werden, auf diese Ereignisse in der Biografie einzugehen. Gemeinsam mit dem Betroffenen wird nach Möglichkeiten gesucht, im Dunkel seines Gemütszustandes Freiraum zu schaffen. In diesem
Freiraum kann er in seiner Zeit lernen, schöpferisch mitgestaltend und Schritt für Schritt
Einfluss nehmend, wieder an einem Leben „danach“ beteiligt zu sein.
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Der Therapeut versteht sich als stiller Begleiter des Trauernden. Er hält seine Trauer aus,
ohne zu versuchen, diesen vorschnell dort hinauszudrängen. Zeit hat im Trauerprozess
eine andere Dimension, in deren Langatmigkeit und Weitläufigkeit Schritte als sehr klein
und Ziele als sehr weit entfernt erscheinen können. Wenn der Betroffene wochenlang in
den gedeckten Farben Grau, Schwarz, Braun oder Oliv malt, dann mag darin wenig Veränderung erkennbar sein. Tatsächlich aber gestaltet er bereits in seinem Dunkel.
Mittels Kunsttherapie kann auch eine Kultur des Totengedenkens so gepflegt werden,
dass es sich langfristig zu einer Gelegenheit des Innehaltens und der Selbstbesinnung
wandelt und dadurch zu einem Kraftort für den Betroffenen wird.
Die Kunsttherapie kann dazu beitragen, dass dafür Devotionalien erarbeitet werden, denen eine eigene Bedeutung und Symbolkraft zugeordnet wird.
Das kann ein Engel sein, der aus Ton gestaltet wird.
Gedichte können auch hier sehr tröstlich wirken. Besonders wenn man sie in schön geschriebener Gestaltung mit Malerei zur Geltung bringt.
Außerdem können in der Kunsttherapie Gegenstände wie Kerzenständer, Bilderrahmen
oder Vasen gefertigt werden.
Mit all dem kann dann zu Hause eine Gedenkecke für Verstorbene gestaltet werden.
Trauerarbeit bezieht sich nicht immer auf den Verlust eines geliebten Menschen (oder
dem eines Haustieres). Manchmal betrauern Menschen auch nicht gelebte Lebensstadien mit all den verpassten Chancen und Möglichkeiten.
Es gibt zudem noch eine Traurigkeit, die eher diffus wahrgenommen wird, weil sie sich oft
ins Unbewusste verlagert hat. Eine Traurigkeit, die durch Demütigungen, Respektlosigkeiten und Grenzüberschreitungen verursacht wurde und die einer Wiedergutmachung
und Versöhnung noch bedarf.
Wenn dramatische Seelenzustände unbewusst bleiben und nicht behandelt werden,
kann es gut sein, dass sie sich durch weiteres Verdrängen auch weiter verdichten und
irgendwann, woanders wieder nach außen drängen. Sich dann aber, weil das ohne
Bewusstseinssteuerung geschieht, in einem anderen Kontext auf Nebenschauplätzen
Raum verschaffen.
In meiner Arbeit mit Menschen mit einer geistigen Behinderung habe ich mit Klienten zu
tun, die Außenstehenden erst einmal als ausgeglichen erscheinen. Über weite Strecken
sind sie das auch, aber es kommt immer wieder vor, dass sie plötzlich an den ungewöhnlichsten Orten, völlig unerwartet und selber davon überrascht, von so einer unbestimmten
tiefen Traurigkeit überwältigt werden, die in heftigen Weinkrämpfen ihren Ausdruck findet.
Einmal war ich mit so einem Klienten an einem Imbissstand. Es lief dort melancholische
arabische Musik. Diese Musik, die nur leise im Hintergrund lief, fungierte plötzlich dabei
als Auslöser für so einen Traueranfall. Ich spreche bewusst von Anfällen, weil sie genau
so wirken und in Erscheinung treten (krampfhaftes, heftiges Schütteln und Aufbäumen
des Körpers, lautes Schluchzen). In dem Stadium sind sie ein Gefühlszustand, kein Verhalten, etwas, das einfach geschieht und auf das man nicht Einfluss nehmen kann. Etwas, das droht außer Kontrolle zu geraten.
Auf diese Zustände kann die Kunsttherapie langfristig einwirken.
Mit dem Betroffenen wird ein Konzept erarbeitet, in dem seine Traurigkeit erst thematisiert und dann künstlerisch aufgearbeitet wird.
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Ein Besuch im Museum kann dazu einen guten Anfang bilden. Die Darstellung der Traurigkeit gab es nahezu in allen Stilepochen. In Verbindung mit der Hochkultur erlebt der
Trauernde oft einen Zusammenhang, der ihm eine gute Ausgangsposition ermöglicht.
Von hier aus kann er die Traurigkeit, künstlerisch gespiegelt, erst einmal von einer sicheren Metaposition aus betrachten. Anschließend kann er dann damit beginnen, mit den
überwältigenden Emotionen umzugehen, indem er lernt, Schritt für Schritt sie zu beherrschen und Einfluss auf sie zu nehmen. Depressive, stagnierende Zustände können in
der Umgestaltung eine Wandlung über eine Melancholie bis zu einer zuversichtlichen,
positiveren Lebenseinstellung erfahren.
In vielen geistig behinderten Menschen, vor allem in denen, die in Heimen aufgewachsen
sind, ist ein sehr großes Potenzial an unbewusster Traurigkeit vorhanden. Zum einen
über all das, was nicht im Leben gewürdigt wurde. Zum anderen über all das, was sie
an Kränkungen, Respektlosigkeiten und Grenzüberschreitungen und Gewalt erdulden
mussten. Zuletzt über die fehlende Zuwendung aus der Herkunftsfamilie. Damit ist nicht
nur die fehlende Mutter- oder Vaterliebe gemeint, die oft von Betroffenen als erwachsene
Menschen mit einem ganz starken Bedürfnis nach Partnerschaft kompensiert wird. Gemeint ist damit auch eine unbewusste Traurigkeit darüber, dass sie nicht angemessen
gefördert und gefordert wurden. Es ist die Trauer um all die Möglichkeiten und Chancen,
die sie aufgrund ihrer gesellschaftlichen Position und ihrer Behinderung nicht bekommen
haben.
Handelt es sich um eine Depression, muss noch einmal von ganz anderen Voraussetzungen und Dimensionen ausgegangen werden. Dimensionen, die in eine Raumlosigkeit
und Leere führen, in der Sinnlosigkeit, Lustlosigkeit den bzw. keinen Ton angeben und
dementsprechend Antriebslosigkeit, Schweigen und Lähmung vorherrschen.
Anders als beim (aktiv) Trauernden bilden im depressiven Zustand Gefühle und Erlebnisfähigkeit keine Mobilitätskräfte, um einen Kunsttherapieprozess in Gang zu setzen.
Stattdessen bleibt aber die Möglichkeit, Disziplin zu üben.
Möglicherweise muss der Therapeut in dieser Hoffnungslosigkeit zeitweilig eher als eine
Art Trainer auftreten, der die Marschrouten vorgibt. Das können einfache Farbübungen
sein, in denen langsam ein Übergang von ewigem Grau zur Farbigkeit geschaffen wird.
In manchen Fällen ist es hilfreich, Literatur oder Musik in die Arbeit mit einzubeziehen. Als
Beispiel wäre da „Das Märchen von der Welt“ zu nennen. Ein Fragment aus Georg Büchners (1813-1837) Drama „Woyzeck“. Kinder erbitten darin von der Großmutter eine
Geschichte. So erzählt sie dieses absolut hoffnungslose Märchen, das kein glückliches
Ende nimmt:
„Es war einmal ein arm Kind und hat kein Vater und keine Mutter, war alles tot und war
niemand mehr auf der Welt. Alles tot, und es ist hingegangen und hat gesucht Tag und
Nacht. Und weil auf der Erde niemand mehr war, wollt`s in Himmel gehen, und der Mond
guckt es so freundlich an; und wie es endlich zum Mond kam, war`s ein Stück faul Holz.
Und da es zur Sonn gangen, und wie es zur Sonn kam, war`s ein verwelkt Sonneblum.
Und wie`s zu den Sternen kam, waren`s kleine goldne Mücken, die waren angesteckt,
wie der Neuntöter sie auf die Schlehen steckt. Und wies wieder auf die Erde wollte, war
die Erde ein umgestürtzer Hafen. Und war ganz allein, und da hat sich`s hingesetzt und
geweint, und da sitzt es noch und ist ganz allein.“
(Georg Büchner „Märchen von der Welt“ [Szene 19] aus: Woyzeck)
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Im Zentrum von Georg Büchners Werk stehen Themen wie Armut und Unterdrückung.
Er war seiner Zeit lange voraus. Bis heute hat die Kraft seiner Aussagen an Bedeutung
nicht verloren.
In der absoluten Hoffnungs- und Ausweglosigkeit seines Märchens von der Welt finden
sich nicht nur die Ausgebeuteten dieser Welt wieder, sondern auch viele Trauernde und
auch Menschen mit einer schweren Depression.
Es macht einen möglicherweise kaum wahrnehmbaren, tatsächlich aber riesigen Unterschied, ob ein Zustand nur monoton erlebt oder ob man ihn, z. B. durch ein Beispiel aus
der Kunst (hier der Literatur), gespiegelt bekommt, weil eine dialogische Auseinandersetzung damit beginnt.
Daraus kann sich eine gegenständliche Illustration des Themas ergeben, muss aber
nicht. Genauso wirkungsvoll sind Farbstimmungen, die seriell zu den einzelnen Versen
entstehen. Auch wenn das Abschlussbild erwartungsgemäß dem Ende des Märchens
entsprechend düster ausfällt, kann nach der Auseinandersetzung vielleicht so etwas
wie ein Durchbruch zu einer anderen, darunter liegenden Bildebene thematisiert und
geschaffen werden, die für ein Außerhalb des Zustandes steht und deshalb eine andere
(wärmere) Farbigkeit haben kann. Oder man arbeitet mit Rahmengebung und farbigen
Passepartout, in dem die düstere Bildstimmung erhalten bleibt, aber doch in einen erweiterten Kontext eingebettet wird.
Die kunsttherapeutische Trauerarbeit bezieht sich des Weiteren natürlich auch auf das
große Gebiet des Liebeskummers, in dem die Themeninhalte Verlassenwerden, Ablehnung und Abwertung der eigenen Person, aber auch die unerfüllte Liebe enthalten sind.
Der Zustand ähnelt streckenweise sehr dem der Depression. Nur dass er in der Regel
nicht so tief in der Sinnlosigkeit verhaftet ist. Daher kann man eine Bewältigung gut bereits in „Farbigkeit“ beginnen. Nass-in-Nass-Technik, das Fließenlassen entspricht oft der
Gemütslage und wird als sehr wohltuend empfunden.
Weil künstlerisches Arbeiten auch körperliche Tätigkeit ist, sind Prozess und Resultat
deswegen auch sinnlich erfahrbar. Es wird währenddessen getastet, gefühlt, geformt,
nachgespürt, gerochen und sich auch bewegt. All das erzeugt eine Stimmung, die auch
in den Anfängen, in ganz depressivem Zustand schon lebensbejahend ist. Der Betroffene
erzeugt in sich eine Stimmung, in deren Ausweitung sein Leben wieder Einkehr halten
kann.
Diese Stimmung ist vergleichbar mit der Wärme, die sich langsam in einer ausgekühlten
Wohnung ausbreitet, wenn man nach einer langen Reise zu Hause angekommen ist.
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Offenes Atelier / Kunstgruppe
Gruppenangebot
Der Künstler Gerhard Richter hat einmal gesagt:
„Meine Bilder sind klüger als ich.“
Gemeint hat er vermutlich, dass seine Kunst Wesensanteil von ihm ist, der größer und
höher entwickelt - zukünftiger - ist.
Die freie Kunstgruppe bietet dem einzelnen und künstlerisch Interessierten die Gelegenheit, sich durch das künstlerische Arbeiten dieses reichhaltige „zukünftige Potenzial“ zu
erschließen.
Die freie Kunstgruppe ist als Tagesstrukturangebot angelegt, das sich vor allem an Bewohner richtet, die nicht arbeiten (z. B. die Rentner) und gerne auch eigenständig künstlerisch arbeiten möchten.
Der Betreuungsalltag mit seinen vorgefertigten Lösungen und hohem Leistungsdruck
lässt unseren Bewohnern wenig Zeit und Raum, aus Muße heraus und selbstbestimmt
sich mit dem zu beschäftigen, was sie tief in ihrem Innern bewegt.
Das Offene Atelier soll deswegen vor allem ein Ort sein, an dem Menschen mit geistiger
Behinderung endlich mal nichts müssen müssen. Ohne Erwartungs- und Erfolgsdruck
soll ihnen das Offene Atelier Gelegenheit und Schutzraum bieten, sich künstlerisch auszuprobieren und zu entfalten. Hier brauchen sie bewusst mal nicht (Betreuer oder Eltern-)
Erwartungen zu erfüllen oder Förderziele zu erreichen. Hier muss auch kein Alltag bewältigt oder ein Arbeitssoll erreicht werden. Hier soll auch keine Vergangenheit bewältigt und
auch keine Zukunft geplant werden, es sei denn, dies gehört zu einem selbst gewählten
Themenkomplex. Ohne einem Standard zu genügen und ohne in einen Vergleich, - in
eine Konkurrenz mit nicht behinderten Menschen treten zu müssen, dürfen sie hier einfach nur mal sie selbst sein und dem, was sie wirklich bewegt, Ausdruck verleihen. Hier
geht es nur darum, die schöpferische Kraft in sich zu spüren und als Ressource zu erleben, damit sie dann selbstbestimmt Dinge und Lebensraum neu definieren und erfinden
können.
Der Kunsttherapeut soll dabei Ansprechpartner hinsichtlich Stil und Berater bei Materialfragen sein, der sich aber bewusst im Hintergrund hält.
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Kreativwerkstatt
Gruppenangebot
Die Kreativwerkstatt soll ein weiteres Tagesstrukturangebot für Bewohner sein, die nicht
in einer Werkstatt oder einer anderen Arbeit eingebunden sind. In diesem Kontext sollen
ohne Zeit und Erfolgsdruck kleine schöne Dinge hergestellt werden, die auf Basaren und
Märkten oder auch in ausgewählten Geschenkboutiquen und Blumenläden verkauft werden können.
Die Gegenstände, die in der Kreativwerkstatt hergestellt werden, sollen einfach herzustellen und dennoch schön in Erscheinungsbild und Wirkung sein. Menschen mit geistiger Behinderung sollen die Erfahrung machen, erfolgreich zu sein, aber nicht aus Mitgefühl, sondern weil Menschen die Produkte kaufen, weil sie sie wirklich schön, originell
und wirksam finden.
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Basteln / Gestalten der Jahresfeste
Gruppenangebot
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Entspannung / Vorlesen
Gruppenangebot
Ein Angebot, das vor allem Wellness für die Seele sein soll.
Die Gruppe bereitet zusammen z. B. eine Süßspeise oder eine heiße Schokolade zu.
Danach wird es sich beim Vorlesen gemütlich gemacht.
Denkbar wäre auch, dazu im Wechsel Entspannungsmethoden (z. B. Muskelentspannung nach Jacobsen oder Fantasiereisen) anzubieten.
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Kultur/Bildung
Gruppenangebot
Besuche von kulturellen Veranstaltungen (Theater, Konzerte, Opern und Ausstellungen)
werden organisiert, durch einführende Referate vorbereitet und begleitet.
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Mitarbeiterweiterbildung
Gruppenangebot
Mal- und Plastizierkurse für Mitarbeiter
Stressvermeidung mit NLP-Methodik
Phantasiereisen für Bewohner
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Wochenplanung Kunsttherapie
Gesamtstunden 30
Zeit
8:00-8:30
8:30-9:00
9:00-9:30
9:30-10:00
10:00-10:30
10:30-11:00
11:00-11:30
11:30-12:00
12:00-12:30
12:30-13:00
13:00-13:30
13:30-14:00
14:00-14:30
14:30-15:00
15:00-15:30
15:30-16:00
16:00-16:30
16:30-17:00
17:00-17:30
17:30-18:00
18:00-18:30
18:30-19:00
19:00-19:30
19:30-20:00
Gesamtstunden
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Offenes Atelier
Kunstgruppe
Offenes Atelier
Kunstgruppe
Offenes Atelier
Kunstgruppe
Nachbereitung
Vorbereitung
Bestellung/Einkauf
Dokumentation
Weiterbildung
Aufbau
Maltherapie/
Plastizieren
Einzelsitzung
Aufbau
Maltherapie/
Plastizieren
Einzelsitzung
Aufräumen
Nachbereitung
Vorbereitung
Bestellung/Einkauf
Dokumentation
Weiterbildung
Aufbau
Maltherapie/
Plastizieren
Einzelsitzung
Aufbau
Maltherapie/
Plastizieren
Einzelsitzung
Aufräümen
Nachbereitung
Vorbereitung
Bestellung/Einkauf
Dokumentation
Weiterbildung
Aufbau
Maltherapie/
Plastizieren
Einzelsitzung
Aufbau
Maltherapie/
Plastizieren
Einzelsitzung
Aufräumen
8
8
8
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Freitag
Samstag
Sonntag
Vorbereitung
Nachbereitung
Dokumentation
Bestellung
Aufbau
Im Wechsel:
Biographiearbeit
Vorlesen
Bastelkurse/
Gestaltung der
Jahreszeiten
Bildung/Kultur
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Stundenaufteilung für die kunsttherapeutischen und kunstpädagogischen Angebote
Offenes Atelier / Kunstgruppe
4 Teilnehmer
4 Stunden x 3 Tage = 12 Stunden Woche : 4 Teilnehmer
= 3 Stunden / Teilnehmer / Woche
= 12 Stunden / Teilnehmer / Monat
Maltherapie / Plastiziertherapie
6 Teilnehmer
4 Stunden x 3 Tage = 12 Stunden / Woche : 6 Teilnehmer
= 2 Stunden / Teilnehmer / Woche
= 8 Stunden / Teilnehmer / Monat
Biografiearbeit
(4 Stunden / 14-tägig = 2 Stunden / Woche)
4 Teilnehmer
2 Stunden x 1 Tag = 2 Stunden / Woche : 4 Teilnehmer
= 0,5 Stunden / Teilnehmer / Woche
= 2 Stunden / Teilnehmer / Monat
Entspannungsgruppe
(4 Stunden / 14 tägig = 2 Stunden / Woche)
4 Teilnehmer
2 Stunden x 1 Tag = 2 Stunden /Woche : 4 Teilnehmer
= 0,5 Stunden / Teilnehmer / Woche
= 2 Stunden / Teilnehmer / Monat
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