hirnorganische störungen - kinder

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hirnorganische störungen - kinder
HIRNORGANISCHE
STÖRUNGEN
Dr. Christoph Göttl kinder-jugendpsychiatrie.at
Definition
Organische psychische Störungen
Definition: Als organische Psychosyndrome werden
psychopathologische Syndrome/Erkrankungen bezeichnet, die
durch krankhafte Veränderungen des Gehirns bzw. des
Gesamtorganismus verursacht werden, d. h. durch eine
diagnostizierbare zerebrale oder systemische Krankheit. Trotz
unterschiedlicher körperlicher Ursachen können gleichartige
psychopathologische Syndrome entstehen.
Der empirische Gehalt des Begriffs „organisch" wird durch die
Nachweisbarkeit einer körperlichen Ursache festgelegt und ist daher
historisch wandelbar. z. B. die epileptischen Psychosen
Bei einem Teil der Patienten ist es im klinischen Alltag unmöglich, die
zugrunde liegende Abnormität des Gehirns oder Gesamtorganismus zu
diagnostizieren (z.B. in der Frühphase der Alzheimer-Demenz).
ICD-10 und DSM-IV
Klassifikation organischer psychischer Störungen
Die Klassifikation organischer Störungen basiert traditionell u.a. auf der Einteilung in: akute und chronische
-hirnlokale und hirndiffuse
-primäre und sekundäre Psychosyndrome.
Die „akuten Psychosyndrome" sind in der Regel durch rasch einsetzende und nach
einer gewissen Zeit wieder abklingende, die „chronischen
Psychosyndrome„ dagegen meist durch schleichend beginnende, andauernde oder
fortschreitende Krankheiten hervorgerufen.
Bei der Festlegung der Syndrombegriffe im DSM-IV und in der ICD-10 wurden auch
andere Kriterien herangezogen. Hierzu gehören z.B. Feststellungen über das
Vorliegen organpathologischer Befunde, Verlaufscharakter oder Erkrankungsalter.
Aus dieser Betrachtung mehrerer Ebenen entstanden komplexe Charakteristika
psychoorganischer Syndrome.
Im Zentrum der aktuellen Klassifikationen (ICD-10, DSM-IV) stehen die drei
Syndrome, die durch das Vorherrschen von Störungen höherer kognitiver Funktionen
gekennzeichnet sind: Delir, Demenz und Amnesie
Übersicht organische psychische Störungen
Delir
¨  amnestische Syndrome
¨  organische Halluzinosen
¨  organische wahnhafte St.rungen
¨  organische affektive St.rungen
¨  Epilepsie-assoziierte psychoorganische Störungen
¨ 
Untergliederung der Symptomatik in zwei Syndromgruppen:
Psychoorganische Syndrome ersten Ranges: Störungen des Bewusstseins oder
Beeinträchtigungen höherer kognitiver Leistungen stehen im Vordergrund. Hierzu
gehören Delir,demenzielles Syndrom, und organisches amnestisches Syndrom
Psychoorganische Syndrome zweiten Ranges: Gekennzeichnet durch Störungen von
Wahnehmung, Denkinhalten, Emotionalität, Persönlichkeit und Sozialverhalten.
Störungen des Bewusstseins oder Beeinträchtigungen höherer kognitiver Leistungen
sind nur gering ausgeprägt oder nicht sicher nachweisbar:
-organische Persönlichkeitsveränderungen
-organische Halluzinose
-organisches Wahnsyndrom
-affektive Erscheinungsbilder
-senile benigne Vergesslichkeit.
Streng genommen gibt es keine psychopathologische Veränderung, die für organische
psychische Störungen absolut spezifisch ist.
Akute organische Psychosyndrome
Definition: Die akuten organischen Psychosyndrome beruhen auf akuten organischen Veränderungen des Gehirns. Das Vollbild
ist charakterisiert durch plötzlichen Beginn und fluktuierende Störungen der kognitiven Fähigkeiten, der Psychomotorik und
der Affektivität. Sie sind gewöhnlich reversibel, wenn die Ursache wegfällt oder erfolgreich behandelt wird.
Man unterscheidet akute organische Psychosyndrome:
-mit Bewusstseinsveränderung (Delir)
-ohne Bewusstseinsveränderung (z.B. Halluzinosen, amnestische Zustände, affektive Durchgangssyndrome).
Historisches: Die Psychopathologie akuter organischer Psychosen wurde insbesondere durch Bonhoeffer geprägt. Er erkannte
bei allen psychischen Veränderungen, die durch akute körperliche Krankheiten hervorgerufen werden, eine geringe Zahl
immer wiederkehrender, ätiologisch unspezifischer Symptome und Verlaufsmuster.
¨ 
¨ 
Akute organische Psychosyndrome
Epidemiologie: Die Prävalenz akuter organischer psychischer
Störungen zwischen dem 18. bis 64. Lebensjahr ist sehr
gering und beträgt unter 1 %,. Bei den über 64-Jährigen
schwanken die Angaben zwischen 1 bis 16%.
Atiopathogenese: Die Ätiologie ist multifaktoriell. Patienten mit
hirnorganischen Verletzungen, alkohol- oder
drogenabhängige Patienten sind besonders gefährdet. Auch
postoperativ kann es zu einem akuten organischen
Psychosyndrom kommen.
Psychopharmaka (z.B. mit anticholinerger Wirkung) aber auch
nichtpsychoaktive Substanzen können zu einem akuten
organischen Psychosyndrom führen
Symptomatik und klinische Subtypen
Das akute organische Psychosyndrom setzt gewöhnlich plötzlich ein. Häufig gibt es
prodromale Symptome (z. B. Angst, Unruhe).
-Zeitliche und örtliche Orientierung sind in der Frühphase zunehmend gestört.
-Im Verlauf kommt es u. a. zu inkohärentem und verlangsamten Denken und
Desorganisiertheit.
-Wahrnehmungsstörungen, einschließlich Illusionen und Halluzinationen (meist
visueller Art) sind häufig.
-Auch die Psychomotorik ist gewöhnlich gestört (z.B. lethargisch oder hyperaktiv).
-Die am häufigsten auftretenden Gefühle im Rahmen ausgeprägter Psychosyndrome
sind Furcht und Angst.
-Häufig kommt es auch zu autonomen Dysregulationen (z. B. Schwitzen, Erbrechen).
Auch der Schlaf-Wach-Rhythmus ist meist gestört.
Die Fluktuation der Symptomatik ist ein typisches Zeichen des akuten organischen
Psychosyndroms.
Für den Zeitraum des akuten organischen Psychosyndroms besteht partielle Amnesie.
Akute organische Psychosyndrome mit Bewusstseinsstörung
(Delir)
Alle organischen Psychosyndrome, die mit einer Bewusstseinstrübung
einhergehen werden als Delir bezeichnet.
Die Bewusstseinsstörung kann mehr in einer quantitativen
Herabsetzung der Bewusstseinshelligkeit (Somnolenz, Sopor, Koma)
oder in einer mehr qualitativen Veränderung des Erlebens zum
Ausdruck kommen.
Weiterhin kommen Wahrnehmungsstörungen mit Illusionen und
Halluzinationen (meist auf optischem Gebiet),
Behinderungen des abstrakten Denkens mit Verwirrtheit des
Gedankengangs,
Veränderungen der Psychomotorik und des Schlaf-Wach-Rhythmus
sowie emotionale Störungen (z.B. Angst, Reizbarkeit) vor.
Nachträglich können alle Formen ausgeprägter akuter Psychosyndrome
an der charakteristischen partiellen oder totalen Amnesie erkannt
werden.
Traditionelle Subsyndrome:
-Bewusstseinsminderung verschiedenen Grades von Somnolenz bis Koma
-Verwirrtheitszustand (amentielles Syndrom): Delir ohne Halluzination und
Wahn.
-Delir im engeren Sinn: Verwirrtheit, allgemeine Unruhe, vegetative Symptome
und Halluzinationen stehen im Vordergrund.
-Dämmerzustand: Änderung des Bewusstseinszustandes, der Patient ist nicht
schläfrig oder benommen, es fehlt ihm aber die volle Bewusstseinsklarheit.
Trotzdem besteht Handlungsfähigkeit. Da sich der Patient nach außen
besonnen benimmt, werden Dämmerzustände häufig nicht erkannt.
Akute organische Psychosyndrome ohne Bewusstseinsstörung
Die Unterteilung erfolgt nach der vorrangigen Symptomatik:
-organische Halluzinose
-akutes amnestisches Syndrom
-affektive, aspontane, paranoide und pseudoneurasthenische
Psychosyndrome
Diagnostik und Differenzialdiagnose
Diagnostik: Die Diagnose wird gewöhnlich durch das Vorhandensein der
typischen Symptome gestellt. Eine ausführliche klinische Diagnostik,
einschließlich apparativer Verfahren und Labortests ist in jedem Fall
erforderlich.
Differenzialdiagnose: Sowohl Delir als auch Demenz zeigen kognitive
Störungen, die Veränderungen sind bei der Demenz aber konstanter,
zunehmend und fluktuieren nicht. Der demente Patient hat normalerweise
keine Bewusstseinsstörung Die Demenz hat gewöhnlich einen schleichenden
Beginn, die Dauer beträgt mehr als 6 Monate.
Ganser-Syndrom: Pseudodementes Syndrom, gekennzeichnet durch
Vorbeihandeln, Nichtwissenwollen.
Bei der Schizophrenie sind die Patienten orientiert, zeigen typische
Denkstörungen und die intellektuellen Fähigkeiten sind meist weniger
beeinträchtigt
Therapie
Erkennen der Ursache und Einleitung der entsprechenden Therapie.
Neben der kausalen Therapie sind allgemeine und symptomatische Maßnahmen
nötig (z.B. geeignete Ernährung, ausgeglichener Elektrolyt- und Flüssigkeitshaushalt).
Um dem Patienten zu helfen, die Orientierung aufrechtzuerhalten, kann es z.B. sinnvoll
sein einen Fernseher aufzustellen oder den Patienten mit seinem Namen
anzusprechen.
Pharmakotherapie: Zur symptomatischen Behandlung von Unruhe und psychotischen
Symptomen eignen sich stark antipsychotisch, aber möglichst wenig anticholinerg
wirkende Neuroleptika (z. B. Haloperidol). Schlaflosigkeit und Unruhe können am
besten mit Clomethiazol behandelt werden. Alternativen sind, besonders bei älteren
Patienten, mittelpotente Neuroleptika wie Melperon oder Pipamperon.
Bei akuten organischen Psychosyndromen ohne Bewusstseinsstörung wird eine
syndromorientierte Therapie durchgeführt (z.B. Neuroleptika, Antidepressiva).
Verlauf
Das akute organische Psychosyndrom ist reversibel, wenn die Ursache behandelt
wird. Unbehandelt kann es spontan abklingen oder in ein chronisches hirnorganisches
Syndrom übergehen.
Chronische organische Psychosyndrome
Demenzielle chronische organische Psychosyndrome/
Demenzen
Definition: Das Demenz-Syndrom ist durch das Fehlen einer Bewusstseinstrübung
gekennzeichnet, charakteristisch ist eine objektiv nachweisbare erworbene
Beeinträchtigung des Gedächtnisses, sowie ein zunehmender Verlust früherer
intellektueller Fähigkeiten, Veränderungen der Persönlichkeit (Motivation,
Psychomotorik, emotionale Kontrolle, Sozialverhalten).
Hat das Psychosyndrom ein solches Ausmaß, dass Einschränkungen in der
Alltagsbewältigung vorliegen, dann wird in den modernen
Klassifikationssystemen von Demenz gesprochen.
Historisches: Eugen Bleuler erkannte 1916 das ätiologisch unspezifische
hirnorganische Psychosyndrom.
Die moderne Definition des Demenzsyndroms bezeichnet jetzt ein erworbenes
komplexes Störungsmuster höherer psychischer Funktionen. Die Störungen
können reversibel oder irreversibel sein, müssen aber das Gedächtnis betreffen
und dürfen nicht mit einer Bewusstseinsstörung einhergehen.
¨ 
Subtypen der Demenz:
Je nach den führenden Symptomen kann man drei psychopathologische
Subtypen unterscheiden:
-Kortikale Demenz
-Frontale Demenz
-Subkortikale Demenz
Weiterhin wird unterschieden zwischen:
-primärer Demenz: Ursache der Erkrankung liegt direkt im Gehirn
(degenerativ und/oder vaskulär) und
-sekundärer Demenz: Folge einer anderen körperlichen Erkrankung.
Epidemiologie:
Jeder zehnte über 65-Jährige leidet an kognitiven Störungen bis hin zu
einer Demenz.
Die Prävalenz demenzieller Syndrome liegt im Alter von 65-70 Jahren
bei 2-6%, bei über 85-Jährigen über 40% (Abb. 4.61).
Weil die Zahl älterer Menschen ständig zunimmt, wird die Demenz ein
Hauptproblem der öffentlichen Gesundheitsfürsorge.
Die häufigste Form sind die primär degenerative Demenz vom AlzheimerTyp (60%) und mit 10-20% die Multiinfarkt-Demenz (Abb. 4.62).
Verschiedene Ursachen der Demenz
Störung der Hirndurchblutung, primär degenerative kortikale Erkrankungen,
subkortikale Dystrophie, Systematrophien, Hirntraumen, Infektionen, Intoxikationen,
Störung der Liguorzirkulation, intrakraniale Neoplasmen, extrazerebrale Tumoren,
Vitaminmangelzustände, metabolische/endokrinologische Enzephalopathien
Beispiele für zugrunde liegende Erkrankungen
zerebrovaskuläre Erkrankungen, vaskuläre Demenz, senile und präsenile Demenz vom
Alzheimer-Typ, Morbus Pick, präsenile argyrophile subkortikale Dystrophie
(Seitelberger), progressive supranukleäre Blicklähmung, Morbus Parkinson, Chorea
Huntington, Hirnkontusion, subdurales Hämatom, Enzephalitis, progressive Paralyse,
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit,Alkohol, Medikamente, CO, Schwermetalle, organische
Lösungsmittel, Normaldruck-Hydrozephalus, Hirntumoren, Schädelbasistumoren,
karzinomatöse Meningitis, paraneoplastisches Syndrom, Vitamin-B12 Mangel
(Perniziosa), Nikotinsäuremangel (Pellagra), Folsäuremangel, Vitamin-B1 Mangel,
Eiweißmangel, Hypoglykämie, Leberinsuffizienz, Niereninsuffizienz, Hyperlipidämie,
Morbus Addison, Schilddrüsenerkrankungen, Hypo- und Hyperparathyreoidismus
Symptomatik
In milden oder frühen Formen der Demenz bestehen Schwierigkeiten im Aufrechterhalten
der geistigen Leistungsfähigkeit.
Charakteristische Symptome der Demenz sind:
Störungen des Gedächtnisses und der höheren intellektuellen Funktionen.
Die Gedächtnisstörungen sind teilweise mitverantwortlich für räumliche und zeitliche
Orientierungsstörungen. Eine Bewusstseinsstörung fehlt.
Neuropsychologische Störungen:
-Aphasien (z. B. Wortfindungsstörungen)
-Agnosien (Nichterkennen von Gegenständen oder Personen)
-Apraxien (komplexe Handlungsabläufe sind nicht durchführbar)
-Alexie (Lesestörung)
-Agraphie (Schreibstörung)
-Akalkulie (Rechenstörung)
-konstruktive Apraxie.
Vermeidungsstrategien werden entwickelt, um kognitive Defizite nicht offensichtlich
werden zu lassen (z. B. Witzemachen).
Eine dritte Gruppe von Symptomen betrifft Veränderungen der Persönlichkeit (affektive Änderungen,
Störungen der Impulskontrolle oder sonstige Persönlichkeitsveränderungen).
Erscheinungsbild und Verhalten des Patienten können Hinweise geben (z. B. Gesichtsausdruck,
unbeherrschte Ausdrucksart). Zum Teil kommt es zu paranoiden Einbildungen (z. B. Eifersuchtswahn).
Als Folge der kognitiven Störungen kann es zudem zu Störungen der Kritik- und Urteilsfähigkeit
kommen. Schwer demente Patienten können mutistisch werden
Ein Verlust an Urteilskraft, Impulskontrolle und eine Missachtung sozialer Regeln finden sich häufig bei
frontaler Demenz (z. B. Morbus Pick).
Die subkortikale Demenz ist charakterisiert durch beeinträchtigte Aufmerksamkeit, Verlangsamung des
psychomotorischen Tempos, erschwerte Umstellungsfähigkeit und affektive Störungen. Gedächtnisund Denkstörungen kommen, wenn überhaupt, nur in geringem Maß vor. Tritt häufig bei ParkinsonPatienten und beginnender Multiinfarkt-Demenz auf.
Diagnostik und Differenzialdiagnose
Diagnostik: Die Diagnose beruht auf der Anamnese und den Angaben aller
verfügbaren Informanten (v. a. der Angehörigen), dem psychopathologischen Befund
und dem Ergebnis der neuropsychologischen Untersuchung
Zum Ausschluss behandelbarer Ursachen müssen laborchemische Untersuchungen
sowie eine CCT oder MRT durchgeführt werden
Die diagnostischen Kriterien der Demenz
betrachten die Demenz als erworbenes Symptommuster, das aus kognitiven und nicht
kognitiven Störungen zusammengesetzt sein kann.
Die kognitiven Störungen müssen sich in einer reduzierten Alltagskompetenz
niederschlagen. Um die Diagnose zu stellen müssen Gedächtnisstörungen vorliegen.
Eine Bewusstseintrübung muss ausgeschlossen werden
Veränderungen im Leistungsniveau und Verhalten
Eine Verhaltens- oder Persönlichkeitsveränderung sollte v. a. bei Patienten über 40
Jahren die Frage nach einer Demenz aufwerfen.
Klagen des Patienten über intellektuelle Einbußen und Vergesslichkeit müssen ernst
genommen werden.
Gedächtnisstörungen werden getestet, indem man das Lernen neuer Informationen
(Kurzzeitgedächtnis) prüft und persönliche Daten oder allgemein bekannte Fakten
abfragt (Langzeitgedächtnis)
Als orientierender Test hat sich der Mini-Mental-Status-Test (MMSE) bewährt.
Die neuropsychologische Testung zielt u.a. auf die Messung der Gedächtnisleistung (z. B.
Benton-Test) und der Intelligenz (z. B. Hamburg-Wechsler-Intelligenztest
Differenzialdiagnose:
Das Delir unterscheidet sich von der Demenz u.a. durch:
plötzliches Auftreten, Bewusstseinstrübung, relativ kurze Dauer, Schwankungen der
kognitiven Leistungsfähigkeit, auffällige Störung der Aufmerksamkeit,(visuelle)
Halluzinationen u. a.
Chronische organische psychische Störungen (z.B. organische affektive Erkrankungen,
leichte kognitive Störungen)
Die Unterscheidung zwischen Demenz und Depression ist oft problematisch Besonders
kompliziert wird es, wenn sich ein depressives Syndrom in Form einer sogenannten
„depressiven Pseudodemenz" äußert. Es handelt sich um ein depressives Bild, bei dem
kognitive Leistungseinbußen eindeutig im Vordergrund stehen. Hier kann die Diagnose
manchmal nur durch den weiteren Verlauf geklärt werden.
Allgemeine Hinweise zur Therapie
Die Ursachen behandelbarer demenzieller Zustände müssen frühzeitig
erkannt und therapiert werden
Die symptomatische Therapie erfolgt mit Nootropika/Antidementiva.
Liegt eine depressive oder paranoide Symptomatik vor, wird zusätzlich
mit Psychopharmaka behandelt.
Wichtig ist die Aufklärung und Beratung der Patienten und ihrer
Angehörigen.
Verlauf
Die Demenzerkrankung kann progredient, konstant oder reversibel
sein. Ungefähr 10% aller Demenzen sind reversibel, wenn rechtzeitig
mit der Behandlung begonnen wird.
Spezielle Erkrankungen Alzheimer-Demenz
Definition: Es handelt sich um eine primär degenerative, zerebrale Erkrankung
mit typischen neuropathologischen Kennzeichen (Hirnatrophie, pathologische
Fibrillenveränderungen, amyloide Plaques).
Historisches: Das Krankheitsbild wurde 1906 von Alois Alzheimer erstmals als
präsenile Demenz beschrieben.
Epidemiologie: Häufigste Demenzform im Alter. Sie umfasst bis zu 60% der
Demenzen im Alter.
Ätiopathogenese: Eine multifaktorielle Genese mit einer genetischen
Komponente ist wahrscheinlich die Ursache der Erkrankung. Heute sind
verschiedene genetische Veränderungen bekannt (Veränderung bestimmter
Proteine auf den Chromosomen 1 und 2 [Presenilin], 14 und Chromosom 21
[Amyloid-Precursor-Protein]).
Es handelt sich um eine primär degenerative Erkrankung des Gehirns. Typisch
sind Alzheimer-Fibrillen und amyloide Plaques. Alzheimer-Fibrillen sind
neurofibrilläre Strukturen aus paarigen, spiraligen Proteinsträngen. Die
amyloiden Plaques kommen hauptsächlich im zerebralen Kortex und
Hippocampus vor, in geringerem Maß auch im Corpus striatum, in der
Amygdala und im Thalamus.
Alle derzeit bekannten genetischen Mutationen sind an einem gemeinsamen
pathogenetischen Mechanismus beteiligt: Sie führen zu einer gesteigerten
Ablagerung von Amyloid im Gehirn. Ein anderes für die Ätiopathogenese
relevantes Protein ist das Tau-Protein.
Der bedeutendste Risikofaktor für das Auftreten der Alzheimer-Erkrankung ist
neben höherem Lebensalter und Demenz-Erkrankungen bei Verwandten 1.
Grades das e4-Allel des Gens für Apolipo-Protein-E (Apo-E) auf
Chromosom 19.
Es müssen auch andere biologische Aspekte mit einbezogen
werden (z. B. Transmitterveränderungen, ).
Hypothetische Ursachen wie Aluminium-Belastung, entzündliche bzw.
autoimmunologische Prozesse oder eine Slow-Virus-Infektion
wurden bisher nicht bewiesen.
Neben den beschriebenen neuropathologischen Veränderungen sind
verschiedene Neurotransmitter-Systeme betroffen. Insbesondere
besteht ein Mangel an Azetylcholin. Cholinerg wirksame
Medikamente können die kognitiven Störungen von AlzheimerPatienten reduzieren.
Symptomatik:
Häufig ist eine schleichend zunehmende Vergesslichkeit erstes Symptom. Im Verlauf
kommt es zu einem intellektuellen Abbau. Neuropsychologische Auffälligkeiten können
hinzutreten (z. B. Wortfindungsstörungen,). Die Reaktion der Patienten ist
unterschiedlich und kann von unangemessener Fröhlichkeit bis hin zu Depressivität und
Suizidalität reichen
Stadien der Alzheimer-Krankheit:
-leichte Alzheimer-Krankheit (Stadium I)
Gedächtnis, Orientierung, visuell-räumliche Fähigkeiten, Sprache, andere kognitive
Funktionen, nicht kognitive Symptome, Motorik
-mittelschwere Alzheimer-Krankheit (Stadium II)
Gedächtnis, Orientierung, visuell-räumliche Fähigkeiten, Sprache, andere kognitive
Funktionen, nicht kognitive Symptome, Motorik
-schwere Alzheimer-Krankheit (Stadium III)
Gedächtnis und kognitive Fähigkeiten, Sprache, persönliche Pflege, Motorik
Diagnostik:
Es sollten stets eine psychiatrische und neurologische Untersuchung, eine
Fremdanamnese sowie eine neuropsychologische Testuntersuchung durchgeführt
werden
Der M. Alzheimer ist bis heute eine Ausschlussdiagnose. Zum Ausschluss
behandelbarer Ursachen müssen laborchemische Untersuchungen sowie eine CCT
oder MRT des Gehirns durchgeführt werden.
Die Diagnose kann erst nach dem Tod des Patienten neuropathologisch gesichert
werden.
Differenzialdiagnose:
Wichtig ist der Ausschluss von:
anderen somatischen Erkrankungen (z. B. Hypothyreose, Vitamin-B12-Mangel,
Depression, vaskuläre Demenz, Demenz bei Morbus Parkinson, Creutzfeldt-JakobErkrankung, progressive Paralyse, Korsakow-Syndrom, Morbus Pick, NormaldruckHydrozephalus
Therapie:
Beratung der Bezugspersonen.
Im frühen und mittleren Stadium ist der Versuch einer kognitiven
Leistungssteigerung und Einflussnahme auf die Progression sinnvoll, später
rückt vor allem die Behandlung der Verhaltensstörungen in den Vordergrund.
Die Beratung der Angehörigen ist in allen Verlaufsabschnitten notwendig.
Pharmakotherapie kognitiver Symptome
Die Pharmakotherapie von kognitiven Störungen arbeitet gegen den
fortschreitenden Leistungsverlust an. Daher kann eine geringe Verbesserung
oder sogar ein Gleichbleiben der Leistung über einen mehrmonatigen
Zeitraum als Behandlungserfolg gelten.
Die Wirksamkeit der älteren Präparate (z.B. Piracetam) ist weniger gut
belegt als die der neueren Antidementiva.
Bei den neuen Antidementiva, den Cholinesterasehemmern ist die
Wirksamkeit überzeugender und konsistenter nachgewiesen worden.
Die Behandlung sollte über mindestens 3 Monate durchgeführt werden.
Nur ein Viertel der Patienten spricht deutlich auf die Behandlung an.
Bei den Cholinesterasehemmern wurde erstmals auch ein deutlicher Effekt
auf den Verlauf der Krankheit nachgewiesen Alle
Cholinesterasehemmer rufen gastrointestinale Nebenwirkungen hervor,
insgesamt werden sie gut vertragen.
Die Behandlung mit entzündungshemmenden Substanzen, Antioxidanzien
sowie die postmenopausale Östrogensubstitution bei Frauen können
das Risiko offenbar senken.
Pharmakotherapie nicht kognitiver Symptome
Die Behandlung dieser Symptome (z.B. Unruhe) bessert das Befinden der
Patienten und verringert die Belastung der Bezugspersonen.
Zur Behandlung von z.B. Unruhe, Aggressivität und paranoider
Symptomatik werden insbesondere niedrig- bis mittelpotente
Neuroleptika, eingesetzt. Zunehmend werden auch die neuen
atypischen Neuroleptika (z.B. Risperidon) genutzt.
Zur Behandlung depressiver Verstimmungen sollten moderne
Antidepressiva ohne anticholinerge Wirkung eingesetzt werden.
Selektive serotonerge Antidepressiva scheinen auch bei Unruhe und
Aggressivität wirksam zu sein.
Kognitives Training
Das bekannteste und am weitesten verbreitete Verfahren ist die
Realitätsorientierung. Ihr Prinzip besteht darin, den Patienten nützliche Informationen
über ihre Umgebung und Mitbewohner zu vermitteln. Programme zur kognitiven
Aktivierung einschließlich des Gedächtnistrainings erreichen keine Verbesserung
der kognitiven Leistungen. Positiver
Beratung der Bezugspersonen
Im frühen Krankheitsstadium brauchen die Angehörigen ebenso wie die Patienten
eine Aufklärung über die Art der vorliegenden Krankheit und die Prognose.
Später müssen die Angehörigen lernen, die zunehmende Hilfsbedürftigkeit des
Patienten aufzufangen und mit den unspezifischen Symptomen (z. B. Aggressivität)
zurechtzukommen. Sinnvoll ist der Besuch einer Angehörigengruppe.
Verlauf:
Die Patienten versterben ca. 10-12 Jahre nach Ausbruch der Demenz meist an
interkurrenten Erkrankungen. Der präsenil auftretende Subtyp führt in der Regel
schneller zum Tod. Eine Heimunterbringung ist bei mittelschweren bis schweren
Demenzen oft erforderlich.
Morbus Pick
Definition: Subtyp der Frontotemporalen Demenz (FTD). Präsenile
degenerative Hirnerkrankung, die bevorzugt das Frontal- und
Temporalhirn betrifft. Sie beginnt mit Veränderungen der
Persönlichkeit, des Sozialverhaltens und emotionalen Verhaltens. Im
weiteren Verlauf kommt es zu einem fortschreitenden demenziellen
Abbauprozess.
Epidemiologie: Im Vergleich zum Morbus Alzheimer selten 1-2:100 000.
Der Erkrankungsgipfel liegt im 5.-6. Lebensjahrzehnt.
Ätiopathogenese: Hauptsächlich sind Frontal- und Temporallappen
betroffen.
Symptomatik:
Primär Veränderungen der Persönlichkeit und des sozialen Verhaltens, später
zusätzlich Beeinträchtigung kognitiver Funktionen, Sprachstörungen.
Diagnostik: Typische Klinik, im CCT und MRT Nachweis einer fronto-temporal
betonten Atrophie. Im HMPAO-SPECT
fronto-temporale Hypoperfusion.
Differenzialdiagnose:
z. B. Demenz anderer Ätiologie (z. B. Morbus Alzheimer, Creutzfeldt-JakobErkrankung, Frontallappen-Demenz (FLD)
Therapie und Verlauf:
Eine kausale Therapie ist nicht möglich. Zur symptomatischen Therapie werden
Nootropika und ggf. Antidepressiva bzw. Neurotropika eingesetzt
Vaskuläre Demenz (Multiinfarkt-Demenz, Morbus Binswanger)
Definition: Die Gruppe der vaskulären Demenzen ist durch multiple gefäßbedingte
Hirnläsionen gekennzeichnet, die bei ihrem Auftreten zu vorübergehenden oder
bleibenden neurologischen Defiziten geführt haben und bei denen es in zeitlichem
Zusammenhang schrittweise zu kognitiven Einbußen kommt.
Die Definition der vaskulären Demenzen ist auf den zeitlichen Zusammenhang der
Symptomatik zu den vaskulär bedingten Hirnläsionen und der neurologischen
Symptomatik bezogen. Vaskuläre Demenzen haben oft einen unstetigen Verlauf.
Epidemiologie:
Vaskuläre Demenzen stellen in westlichen Ländern eine im Vergleich zur AlzheimerDemenz wesentlich kleinere Gruppe dar. Der Begriff vaskuläre Demenz (VD)
beinhaltet die Vorstellung, dass beim Vorliegen bestimmter Grunderkrankungen (z.B.
Hypertonus), die Erkrankung ursächlich für die kognitiven Störungen in Betracht
kommt.
Die Verwendung verschiedener diagnostischer Kriterien führt zu sehr unterschiedlichen
Prävalenzdaten.
Ätiopathogenese:
Histopathologisch liegen im Wesentlichen 3 zerebrovaskuläre
Krankheitsbilder zugrunde:
-multiple Infarkte
-strategische Infarkte
-Demyelinisierung des Marklagers.
Verschlüsse kleiner Arterien (Mikroangiopathien) sind häufiger als
Verschlüsse größerer Arterien (Makroangiopathien). Sie können auch
kombiniert vorkommen.
Mehrere pathogenetische Mechanismen
sind an der Entstehung eines Demenzsyndroms beteiligt, so vor allem
die Zerstörung von Hirngewebe und Unterbrechung neuronaler
Verbindungsbahnen.
Demenz auf der Basis multipler Infarkte:
Diese Demenzsyndrome beginnen typischerweise plötzlich und schreiten in Form eines
schrittweisen Abbaus fort. Die kognitiven Störungen können jedoch über einen längeren
Zeitraum unverändert bleiben. Kortikale Territorialinfarkte sind selten die Ursache einer
Demenz. Auch lakunäre Infarkte führen nur selten zu ausgeprägten kognitiven Defiziten.
Demenz auf der Basis strategischer Infarkte:
Infarkte von geringer Ausdehnung, aber bilateraler Lokalisation an strategisch wichtigen
Stellen können zu einer Demenz führen. Das gilt besonders für bilaterale Infarkte im
Hippocampus und Thalamus.
Demyelinisierung des Marklagers:
Ausgedehnte, meist periventrikulär oder okzipital lokalisierte Marklagerschäden
kennzeichnen den Morbus Binswanger. Die Krankheit tritt bevorzugt bei über 50Jährigen auf. In der Vorgeschichte findet sich eine langjährig bestehende Hypertonie und
eine Aufeinanderfolge von kleineren Schlaganfällen mit lediglich diskreten neurologischen
Defiziten. Die Demenz beginnt in der Mehrzahl der Fälle schleichend und schreitet
langsam fort. Das kognitive Ausfallsmuster entspricht einer subkortikalen Demenz mit
Vorherrschen von Verlangsamung bei relativ gering ausgeprägten Gedächtnisstörungen.
Symptomatik:
Vaskuläre Demenzen haben aufgrund der verschiedenen Ursachen und Pathomechanismen
keine einheitliche Symptomatik. Am besten untersucht ist die Multiinfarkt-Demenz
Im Frühstadium treten häufig Verhaltensauffälligkeiten als Symptome einer subkortikalen
Demenz auf, z.B. Antriebsstörungen, sozialer Rückzug, Interesselosigkeit, Apathie,
Abnahme der Leistungsfähigkeit, Konzentrationsstörungen, Persönlichkeitsstörungen.
Die Gedächtnisstörungen stehen im Frühstadium weniger im Vordergrund als bei der
Alzheimer-Krankheit.
In späteren Stadien kommen dann Gedächtnisstörungen und andere fokale
neuropsychologische Ausfälle hinzu. Zudem treten häufig nächtliche Verwirrtheit und
paranoid-halluzinatorische Episoden auf.
Diagnostik:
Klinische Informationen, Anamnese und Fremdanamnese haben gegenüber technischen
Untersuchungen größere Bedeutung. Die Hachinski-Ischämie-Skala (HIS) kann die
klinische Diagnose unterstützen (Tab. 4.54).
Differenzialdiagnose: Im GCT-oder MRT lassen sich teilweise früh Hinweise auf eine
zerebrovaskuläre Erkrankung finden. Zur Differenzialdiagnose s. a
Therapie:
Grundlage ist die Behandlung von Grunderkrankung und Risikofaktoren.
Die Therapie beinhaltet folgende Interventionen:
Behandlung von Risikofaktoren
Wichtigster und am besten zu beeinflussender Risikofaktor ist der Bluthochdruck.
Der Verzicht auf das Rauchen
Bei schon aufgetretener Demenz die Vermeidung weiterer zerebraler Ischämien. Dies
geschieh u.a. durch die Therapie mit Thrombozyten aggregationshemmern.
Pharmakotherapie kognitiver Symptome
Aus der Gruppe der Nootropika im engeren Sinne haben sich unter anderem
Ginkgobiloba-Präparate, das Ergolinderivat Nicergolin sowie Piracetam und
Pentoxifyllin als wirksam erwiesen
Pharmakotherapie nicht kognitiver Symptome
Prinzipiell gelten dieselben Empfehlungen zur Präparatewahl und Dosierung wie beim
Morbus Alzheimer
kognitives Training, Beratung der Bezugspersonen
Verlauf:
Der Verlauf der vaskulären Demenz ist unterschiedlich: Stillstand, langsame
Progression oder auch eine schrittweise Verschlechterung sind möglich.
Demenz bei Normaldruck-Hydrozephalus
Definition: Der Normaldruckhydrozephalus ist gekennzeichnet durch die
Trias Gangstörungen, demenzielles Syndrom und Urininkontinenz.
Ursache ist eine Liquorzirkulationsstörung, die wahrscheinlich durch
verminderte Liquorresorption ausgelöst wird.
Epidemiologie: 6-12% aller demenziellen Prozesse sollen durch einen
Normaldruck-Hydrozephalus verursacht sein.
Ätiopathogenese: Liquorzirkulations-störungen und verminderte
Liquorresorption werden als Ursachen vermutet. Der intrakranielle
Druck liegt meist im Normbereich (< 15 mmHg).
Symptomatik:
Die typische klinische Trias besteht aus: -Gangstörung
-Demenz
-Inkontinenz
Diagnostik: Die Diagnose wird auf Grund der Symptomtrias, der
Ventrikelerweiterung im CCT und Liquorzirkulationsstörung in der
Zisternographie gestellt.
Differenzialdiagnose: Am schwierigsten ist die Abgrenzung vom
Hydrocephalus ex vacuo bei Morbus Alzheimer.
Therapie: Normalisierung der Liquorresorption durch Einbau eines Shuntsystems. Bis zu 35% der Patienten haben perioperative
Komplikationen
Verlauf: Eine günstige Prognose haben Patienten mit der vollständigen
Symptom-Trias und kürzerer Dauer der Symptomatik
Organische psychische Störungen im Rahmen
traumatischer und entzündlicher Erkrankungen
Organische psychische Störungen im Rahmen
traumatischer und entzündlicher Erkrankungen
Hirntraumatische Folgezustände
Definition: Es werden offene von stumpfen (Dura mater intakt)
Hirntraumata unterschieden. Bei den durch stumpfe Gewalteinwirkung
auf den Schädel verursachten akuten Funktionsstörungen des Gehirns
unterscheidet man die Commotio cerebri (ohne nachweisbare
Hirnschädigung) von der Contusio cerebri (meist mit lokalisierter
Hirnschädigung).
Folge der akuten Schädigung sind akute hirnorganische Psychosyndrome
mit Benommenheit, Erregung, Delirien und Dämmerzustände.
Chronische Folgezustände können sich als psychoorganische Syndrome
äußern, die vor allem durch Merkfähigkeits- und Auffassungsstörungen
pseudoneurasthenische Beschwerden oder Zeichen einer
Wesensänderung gekennzeichnet sind.
Commotio cerebri
Definition: Bei der Commotio cerebri (Gehirnerschütterung) handelt es sich um eine
funktionelle traumatische Hirnschädigung infolge stumpfer Gewalteinwirkung.
Ätiopathogenese: Für die Entstehung ist die breitflächige Gewalteinwirkung auf den
Schädel entscheidend. Die Schädigung ist mit konventionellen Untersuchungsmethoden
nicht nachweisbar und voll reversibel.
Symptomatik: Sofortiger Bewusstseinsverlust, Tonusverlust der Muskulatur und vegetative
Reaktionen sind kennzeichnend. Bei Bewusstlosigkeit über eine Stunde oder
Umdämmerung über einen Tag ist eine Contusio cerebri anzunehmen Sehr
charakteristisch ist die Amnesie für die Dauer der Bewusstseinsstörung.
Postkommotionelle Beschwerden wie Kofpschmerzen, Schwindel, vermehrtes Schwitzen,
Kreislaufdysregulation, Überempfindlichkeit gegen Alkohol etc. gehen in der Regel
innerhalb von Wochen bis Monaten zurück.
Therapie: Bettruhe ist nur bei schweren Formen nötig. Evtl. sollte eine Krankschreibung
mit dosierter Belastung erfolgen
Contusio cerebri
Definition: Bei der Contusio cerebri kommt es infolge stumpfer Gewalteinwirkung zu
einer substanziellen Hirnverletzung mit Rindenprellungsherden (Coup und Contrecoup), sekundären Zirkulationsstörungen und perifokalem oder allgemeinem
Hirnödem.
Symptomatik: Die initiale Bewusstlosigkeit dauert meist Stunden bis Tage, eine
Umdämmerung auch länger. Über ein reversibles hirnorganisches Psychosyndrom
kann es zur völligen Restitution kommen. Gelegentlich tritt eine Kontusionspsychose
mit deliranten, depressiven oder halluzinatorischen, wahnhaften Symptomen auf.
Falls keine Remission eintritt, kommt es zu einem chronischen organischen
Psychosyndrom.
Nur selten kommt es durch ein Hirntrauma bzw. das traumatische Hirnödem zum
apallischen Syndrom, einem Dezerebrations-Syndrom.
Diagnostik: Wichtig sind die Dauer der Bewusstlosigkeit, neurologische Symptome, EEGund neuroradiologische Befunde, das Auftreten einer Kontusionspsychose oder von
Psychosyndromen.
Therapie: Die Behandlung erfolgt intensivmedizinisch. Wichtig ist hierbei die Therapie
des Hirnödems. Zur Behandlung der Spätfolgen können Nootropika verordnet und
Rehabilitationsmaßnahmen eingeleitet werden.
Entzündliche Gehirnerkrankungen
Enzephalitiden und Meningitiden jeder Ursache können zu exogenen Syndromen
führen.
Neurolues
Definition: Durch die Spirochäte Treponema pallidum hervorgerufene
Meningoenzephalitis, die im Spätstadium in eine chronische Enzephalopathie
(progressive Paralyse) mit demenziellem Abbauprozess übergehen kann.
Epidemiologie: Die Prävalenz der Neurolues beträgt 15/100000 Einwohner. Das
Hauptmanifestationsalter liegt im 5. Lebensjahrzehnt. Bei der progressiven Paralyse
überwiegt das männliche Geschlecht.
Ätiopathogenese:
Im Primärstadium entsteht ein ulzerierendes kleines Knötchen mit begleitender
lokaler Lymphknotenschwellung am Infektionsort (Primäraffekt).
Im Sekundärstadium kann es neben anderen Symptomen zur Meningitis oder
Meningoenzephalitis kommen.
Im Tertiärstadium kann sich eine Lues cerebrospinalis entwickeln. Man unterscheidet
eine vaskuläre, meningitische und gummöse Form.
Im Quartärstadium kommt es bei 2-5% aller Infizierten zur progressiven Paralyse,
oft kombiniert mit einer Tabes dorsalis.
Symptomatik:
Die progressive Paralyse wird meist durch ein pseudoneurasthenisches Vorstadium oder eine
organische Wesensänderung eingeleitet. Später entwickelt sich das Vollbild eines
psychoorganischen Syndroms.
Die Symptomatik ist oft i.S. e. Frontalhirnsyndroms durch Enthemmung, Verlust von Taktgefühl und
kritiklose flache Euphorie geprägt. Andere Erscheinungsformen, vor allem maniforme, depressive,
paranoide und akut delirante Bilder, kommen vor.
Die psychopathologischen Auffälligkeiten werden von neurologischen Symptomen begleitet (z.B.
Artikulationsstörungen, reflektorische Pupillenstarre, Faszikulieren der mimischen Muskulatur).
Diagnostik: Der Nachweis der Infektion erfolgt durch den TPHA- und den FTA-ABS-Test, die ca. sechs
Wochen nach Infektion positiv werden. Im Liquor sind eine lymphozytäre Pleozytose und oligoklonale
Banden nachweisbar. CT und MRT zeigen bei der progressiven Paralyse hirnatrophische
Veränderungen, das EEG unspezifische Allgemeinveränderungen.
Therapie: Hochdosiert Penicillin G, z.B. 30-40 Mio. IE/die über 10 Tage.
Verlauf: Die Erkrankung führt unbehandelt innerhalb weniger Jahre zur Demenz und zum Tod.
AIDS-Demenz
Definition: AIDS (acquired immune deficiency Syndrome) ist eine durch das Retrovirus
HIV 1 oder 2 (human immunodeficiency virus) verursachte Erkrankung des
Immunsystems. Das Virus ist lymphotrop und neurotrop. Es kann direkt das zentrale
Nervensystem befallen und zu chronischen hirnorganischen Psychosyndromen,
Psychosen, Myelopathien und Neuropathien führen.
Epidemiologie: Weltweit nimmt die Zahl der Erkrankten ständig zu. 2004 gab es 5 Mio
Neuinfizierte, davon 700 000 Kinder unter 15 Jahren.
Bis zu 60% der an AIDS Erkrankten weisen ein chronisches hirnorganisches
Psychosyndrom auf.
Ätiopathogenese: Das Virus wird v. a. durch Geschlechtsverkehr und kontaminierte
Nadeln übertragen. Es kommt zu im CCT oder MRT nachweisbarer Hirnatrophie,
Ventrikelerweiterung und Vakuolen in der weißen Substanz.
Symptomatik:
Einige Infizierte zeigen zu Beginn der Erkrankung Symptome einer
Meningoenzephalitis.
Symptome der subakuten Enzephalopathie können allgemeine Müdigkeit, Lethargie,
Gedächtnisstörungen, Kopfschmerzen, kognitive und aphasische Störungen sein.
Diagnose und Oifferenzialdiagnose:
Nachweis von Antikörpern im Blut oder Liguor.
Differenzialdiagnostisch schwierig kann die Unterscheidung zwischen depressiver
Symptomatik und subkortikaler Demenz sein. Außerdem muss eine Herpes-simplexlnfektion, Tuberkulose, Sarkoidose und multiple Sklerose ausgeschlossen werden.
Therapie:
Eine kausale Therapie der Erkrankung ist bisher nicht verfügbar. Die Patienten
bedürfen einer intensiven Betreuung, evtl. einer psychotherapeutischen Behandlung.
Diese Therapie kann durch den Einsatz von Antidepressiva und Nootropika unterstützt
werden.
Demenz bei Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
Definition: Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit ist eine durch eine Prionerkrankung
verursachte spongiforme Enzephalomyelopathie die durch pyramidale,
extrapyramidale und zerebellare Symptomatik und Demenz gekennzeichnet ist.
Epidemiologie:
Die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen liegt bei 1 pro 1 Million Einwohner.
Ätiopathogenese:
Die Erkrankung wird durch Prionen hervorgerufen. Es gibt eine sporadische, eine
familiäre und eine iatrogene Form der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit. Zudem
existiert eine Variante, die gehäuft bei jüngeren Patienten auftritt (vCJD).
Weitere transmissible spongiforme Enzephalomyelopathien beim Menschen sind die
Gerstmann-Straussler-Scheinker-Erkrankung, die Fatale familiäre Insomnie und
die Kuru-Krankheit. Eine weitere spongiöse Enzephalopathie, die bovine
spongiöse Enzephalopathie (BSE), ist anfangs hauptsächlich bei Rindern
aufgetreten. Übertragen wurde sie durch das Verfüttern von mit Scrapie
infiziertem Schafsmehl.
Symptomatik:
Kennzeichnend sind ein demenzieller Prozess, kombiniert mit multiplen
neurologischen Auffälligkeiten, und eine rasche Progredienz der Erkrankung.
Diagnostik:
Neben dem klinischen Bild mit Myoklonien liefert das EEG mit
charakteristischen triphasischen 1/s-Wellen diagnostische Hinweise.
Differenzialdiagnose: Abzugrenzen sind vor allem ein Morbus Alzheimer und
eine Demenz bei Morbus Parkinson.
Therapie: Eine kausale Therapie ist nicht möglich.
Verlauf und Prognose:
Die Patienten versterben meist innerhalb 1 - 2 Jahren nach Krankheitsbeginn.
Multiple Sklerose (Encephalomyelitis disseminata)
Definition: Schubförmig oder chronisch progredient verlaufende Entmarkungskrankheit von Gehirn und
Rückenmark unklarer Ätiologie. J. M. Charcot (1858) beschrieb erstmals die Trias: Nystagmus,
skandierendes Sprechen und Intentionstremor. Neben diesen zerebellären Symptomen verursachen die
disseminierten Entmarkungsherde vor allem spastische Paresen, Sensibilitäts­und Blasenstörungen. In einem
Drittel der Fälle manifestiert sich die multiple Sklerose initial mit einer Optikusneuritis.
Symptomatik: Die MS kann zu verschiedenartigen psychischen Symptomen führen, meist zu hirnorganischem
Psychosyndrom mit Reizbarkeit, Euphorie und Kritiklosigkeit. Persönlichkeitsveränderungen können den
Umgang mit den Patienten deutlich erschweren. Depressive Zustände können organisch durch den
Krankheitsprozess, pharmakologisch durch die Therapie oder psychogen verursacht werden.
Therapie: MS-Kranke benötigen entsprechend dem Schweregrad ihrer Erkrankung viel Zuwendung; im
Einzelfall heißt dies auch direkte psychotherapeutische Behandlung. Unter Kortisol-Behandlung kann das
manische oder depressive Bild eine Nebenwirkung der Behandlung sein.
Nicht demenzielle chronische organische Psychosyndrome
Nichtdemenzielle chronische organische Psychosyndrome
Leichte kognitive Störung
Dieser Begriff kennzeichnet leichte kognitive Beeinträchtigungen (Mild
Cognitive Impairment [MCI]), die organisch bedingt sind, aber nicht das
Ausmaß der Kriterien eines demenziellen Syndroms erreichen. In der
ICD-10 wird die „leichte kognitive Störung" als eine vorübergehende
Störung der kognitiven Funktion beschrieben, die sich in verschiedenen
Leistungsbereichen äußern kann und organisch begründet ist.
Für die leichte kognitive Störung gelten die gleichen therapeutischen
Prinzipien wie für die Demenz-Behandlung in abgewandelter Form.
Allerdings ist die Wirksamkeit der Nootropika/Antidementiva nicht
speziell für diese Indikation geprüft worden.
Amnestisches Syndrom
Isolierte hirnorganisch bedingte Störung des Kurzoder Langzeitzeitgedächtnisses ohne wesentliche
Einbußen in anderen kognitiven Funktionen
¨  > d.h.: erhaltene Aufmerksamkeit, logisches
Denkvermögen, basale Alltagskompetenz
¨ 
Amnestisches Syndrom: Ätiologie
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
Klinisch relevantester
Aspekt:
Fehlende Erinnerung an
vergangene Tatsachen
oder
Ereignisse (Störung des
episodischen
Gedächtnisses)
Ätiologie: Störung des
mesialen Temporallappens
(Hippokampusformation)
Thalamus (v.a. bilateral)
Corpora mamillaria
Organisches amnestisches Syndrom
Dabei ist das Gedächtnis, vor allem das Erlernen und die Einprägung neuer Informationen, betroffen.
Eine Bewusstseinstrübung ist nicht vorhanden (Abgrenzung Delir), intellektuelle Störungen stehen nicht
im Vordergrund (Abgrenzung Demenz).
Einige Amnesien (z.B. bei SHT) erstrecken sich nur auf kurze, vorübergehende Perioden. Andere, wie z. B.
das „klassische" amnestische Syndrom i.S. der Korsakow-Psychose, sind zeitlich ausgedehnt und
persistierend.
Neben den Gedächtnisstörungen sind beim amnestischen Syndrom häufig Konfabulationen vorhanden.
Oft treten zusätzlich emotionale Störungen auf.
Dem organischen amnestischen Syndrom liegen meist Störungen bestimmter Hirnstrukturen zugrunde.
Bei den chronischen amnestischen Zuständen betrifft die hauptsächliche Störung die Speicherung
neuer Informationen. Dies führt zu einer anhaltenden und sich immer weiter ausdehnenden
anterograden Amnesie. Zu diesen Störungen gehört insbesondere das Korsakow-Syndrom.
Korsakow-Syndrom (chronisch)
¨ 
psychopathologische Trias: Orientierungsstörungen,
¨ 
anterograde Amnesie, Konfabulationen
¨ 
erhaltenes prozedurales und semantisches Gedächtnis
¨ 
oft zusätzlich frontale Symptome: Exekutivstörungen,
¨ 
Antriebsstörung, mangelnde Kritikfähigkeit und
¨ 
Krankheitseinsicht
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
Ätiologie: mehrmonatiger Vitamin B1-(Thiamin-)Mangel
bei Alkoholismus, Malnutrition (Anorexie, Schizophrenie,
Hyperemesis)
Therapie: Thiaminsubstitution (initial parenteral),
Alkoholkarenz
Prognose quoad functionem schlecht:
Gedächtnisstörungen oft irreversibel, 25% benötigen
Heimbetreuung
Vincent van Gogh: Trinker (1889)
Wernicke-Enzephalopathie (perakutes Delir)
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
oft Vorstadium des KorsakowSyndroms
Ätiologie wie bei Korsakow-Syndrom
(jedoch prinzipiell reversibel)
Symptomatik: Bewusstseinstrübung,
Ataxie, Augenmuskelparesen,
Nystagmus (auch inkomplett!)
Therapie: Thiaminsubstitution
(parenteral); Cave: nicht mit Glucose
zusammen (Coenzym bei Glykolyse!),
allergische Reaktionen
Prognose: 20% Mortalität (wird oft
nicht erkannt)
medialen Thalamuskernen und Corpora
Mamillaria a) FLAIR und b) T1W Bildquelle: Thomas et al.
Signalanhebungen in
Nervenarzt 2010
Transiente globale Amnesie (TGA)
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
Inzidenz ca. 5/100.000
Meist ältere Pat. (6. Lebensdekade)
„vergessenes“ Krankheitsbild (kennen Ärzte nicht!!!)
akut einsetzende anterograde Amnesie
sonstige kognitive Funktionen intakt
bis 24 h anhaltend
gute Prognose mit Restitutio ad integrum
Rezidive nicht selten
oft nach körperlicher oder emotionaler Belastung
insbesondere bei Frauen häufig assoziiert mit ängstlicher Persönlichkeitsstruktur
Symptomatik
¨ 
wacher, ratloser Pat. mit Amnesie
¨ 
perseverierende Fragen: „Wo bin ich? Wer sind Sie?“
¨ 
keine sonstigen kognitiven oder Verhaltensstörungen
¨ 
keine neurologische Herdsymptomatik!
Transiente globale Amnesie (TGA)
Ätiologie
¨ 
am ehesten multifaktoriell, letztlich noch unklar, diskutiert werden:
¨ 
cerebrale Ischämie
¨ 
Migräneäquivalent („spreading depression“)
¨ 
Epilepsie
¨ 
V. jugularis-Klappeninsuffizienz (venöse Abflussstauung)
¨ 
Dissoziativ
Diagnostik / Differenzialdiagnosen
¨ 
bei typischer Klinik nicht zwingend (Anamnese!)
¨ 
dient dem Ausschluss ernsthafter Erkrankungen im Zweifelsfall
¨ 
(komplex-fokale Epilepsie, Ischämie, Enzephalitis)
¨ 
MRT: häufig Signalanhebungen in Diffusionswichtung
¨ 
EEG: epileptischer Anfall?
¨ 
LP: evtl. bei Fieber, Allgemeinsymptomen
Therapie
¨ 
nicht zwingend stationär; möglichst Bezugspersonen, Beruhigung
¨ 
ggf. anxiolytisch, z.B. Lorazepam 1-2 mg p.o. oder i.v.
Amnestische Syndrome: Limbische Encephalitis
Ätiologie
¨ 
meist paraneoplastisch (Bronchial-,
Hoden-, Mamma-, Thymus-Ca., HodgkinLymphome, Teratome)
¨ 
nicht selten mit großem zeitl. Abstand
¨ 
vor/nach Tumormanifestation
Symptomatik
¨ 
„Limbisches Syndrom“ mit Trias:
¨ 
1) Störung des episodischen
Gedächtnisses („Neugedächtnis“)
¨ 
2) Affektstörungen (Affektlabilität,
Angstsymptome)
¨ 
3) Temporallappenepilepsie
¨ 
weiterhin auch Kleinhirn-/ periphere
Symptome (NP)
Amnestische Syndrome: Limbische Enzephalitis
Diagnostik
¨ 
MRT (mit DWI)
¨ 
ggf. LP (DD: erregerbedingte
Enzephalitis)
¨ 
EEG (DD: Epilepsie)
¨ 
onkoneuronale Antigene: Anti-Hu, -Ma,
¨ 
-CV2/CRMP5, -Amphiphysin, -VGKC
¨ 
Tumorsuche!
Therapie
¨ 
primär immunsuppressiv: Steroide, i.v.¨ 
Immunglobuline, (Plasmapherese, CPX)
¨ 
ggf. antidepressiv, antikonvulsiv
¨ 
ggf. Tumorentfernung (Restitutio ad
integrum möglich)
Organische Persönlichkeitsveränderungen
Es handelt sich um Zustandsbilder bei denen der Wandel der
charakterlichen Eigenschaften den einzigen Ausdruck einer
zerebralen Schädigung darstellt. Eine therapeutische Beeinflussung
organischer Persönlichkeitsstörungen ist nur sehr begrenzt möglich.
Organische affektive Störungen
Es gibt sowohl organisch bedingte depressive als auch manische
Zustände. Die Behandlung ist symptomatisch und erfolgt im Sinne einer
syndromorientierten Psychopharmakotherapie.
Organische Angst- und Zwangsstörungen
Angst- und Zwangsstörungen können im Rahmen verschiedener
organischer Hirnkrankheiten auftreten (z.B. Panikattacken bei
Erkrankungen des Temporallappens).
Veränderungen nach cerebraler Schädigung
Verhalten
¨  kognitive Fähigkeiten,
¨ 
z.B. Frontalhirnsyndrom
¨ 
Emotionen
Beginn: ½-1½ Jahre nach der Schädigung
Organische Persönlichkeitsstörung
¨ 
kognitiv:
¤  andauernd
reduzierte Fähigkeit, zielgerichtete Aktivitäten
über längere Zeiträume durchzuhalten und Befriedigungen
aufzuschieben
¤  eingeengtes Sonderinteresse mit verstecktem Konflikt (z.B.
Religion, Recht und Unrecht)
¤  Paranoia
¤  Sprache: zähflüssig, umständlich, unscharfe Begriffe
Organische Persönlichkeitsstörung
¨ 
emotional:
¤  emotionale
Labilität,
¤  flache und unbegründete Fröhlichkeit
¤  Reizbarkeit, Wutausbrüche
¤  Apathie
Organische Persönlichkeitsstörung
¨ 
sozial:
¤  Impulskontrollstörung
mit
¤  Stehlen
¤  sexuelle
Grenzüberschreitung, vermindertes sexuelles
Interesse oder Änderung der sexuellen Präferenz
¤  gierigem Essen
¤  Vernachlässigung der Körperpflege
Organische Halluzinosen
Organische Halluzinosen treten vor allem bei Epilepsie, Hirntraumen,
progressiver Paralyse, Chorea Huntington und Narkolepsie häufiger
auf.
Optische Halluzinationen können im Rahmen struktureller Läsionen oder
funktioneller Störungen der Sehbahn auftreten, akustische Halluzinosen
werden vor allem im Zusammenhang mit einem chronischen
Alkoholismus angetroffen. Meist bleibt ein relativ ausgeprägter
Realitätsbezug erhalten.
Organische wahnhafte Störungen
Vermutlich spielt die Schädigung limbischer und subkortikaler
Strukturen eine bedeutende Rolle.
Organische Halluzinose
anhaltende Trugwahrnehmungen vorwiegend in
¨  optischer, akustischer, taktiler Sinnesqualität
¨  ohne alltagsrelevante Störung des Bewusstseins
¨  allenfalls leichte kognitive Einschränkungen
¨  keine realistische Distanz durchgehend möglich
¨  hirnorganische / hirnmetabolische Ursache
¨ 
Organische Halluzinose:
Phänomenologie und Ursachen
¨ 
akustische Halluzinationen (i.d.R. Stimmen, beschimpfend, grob
beleidigend, herabsetzend-kränkend
¤ 
¨ 
optische, szenische, oneiroide Halluzinationen
¤ 
¤ 
¤ 
¤ 
¤ 
¨ 
¨ 
Alkoholhalluzinose (bei chronischer Alkoholabhängigkeit)
vaskuläre Schädigungen
Läsionen der Sehbahn
Augenerkrankungen
M. Parkinson, Lewy-Körperchen-Krankheit, Alzheimer-Demenz
Medikamentennebenwirkungen: L-Dopa, Dopaminagonisten,
Digitalisglykoside,
Psychostimulanzien
taktile Halluzinationen
¤ 
¤ 
Demenzerkrankungen
Dermatozoenwahn
Risikofaktoren
Alter
¨  kognitive Störungen
¨  sensorische Defizite (Seh-/Hörbehinderung)
¨  soziale Isolierung (Deprivation / Reizabschirmung)
¨  Suchterkrankung
¨  Risikomedikation
¨ 
Organische Halluzinosen:
Charles-Bonnet-Syndrom
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
Erstbeschreibung im 18. Jahrhundert
komplexe, farbige, bewegte, stereotype visuelle Halluzinationen
auch Phosphene, Photopsien, Metamorphopsien, Palinopsien etc.
immer Erleben als irreal (Distanz), kein Wahn (DD: bei Demenz)
immer bei Sehbehinderung
Schädigungen im Bereich der Sehbahn
¤ 
¤ 
¨ 
„peripher“: z.B. Makuladegeneration, Retinopathien, Katarakt
„zentral“: Sehstrahlung, primärer visueller Kortex
Ursachen multifaktoriell
¤ 
¤ 
Deafferenzierung im visuellen Kortex (-> aktivierter Assoziationskortex)
Neurotransmitterstörung: acetylcholinerges Defizit
Organische Halluzinosen: Therapie
Nichtmedikamentös
¨  ggf. Behandlung der Grunderkrankung
¨  Validierung
Medikamentös
¨  Antipsychotika
¤ 
¤ 
¤ 
¤ 
¨ 
konventionell: Haloperidol 1 -2 mg Tagesdosis
atypische: Risperidon 0,5 - 1 mg, Olanzapin 2,5 – 10 mg, Quetiapin 50 – 400
mg, Aripiprazol 5 – 10 mg
kein Clozapin !
bei Unruhe, Angst: ggf. niedrigpotente Antipsychotika: Dipiperon bis 80 mg
Acetylcholinesterasehemmer (bei Demenzerkrankung)
¤ 
z.B. Rivastigmin (transkutan) bis 9,5 mg/24 h, Donepezil bis 10 mg
Organische wahnhafte Störungen
¨ 
anhaltende unkorrigierbare Überzeugung
¤  besonderer
Wichtigkeit (Größenwahn)
¤  Besonderer Abstammung (Abstammungswahn)
¤  Liebeswahn, Eifersuchtswahn
¤  paranoid: Benachteiligung, Beeinträchtigung
Auftreten im Zusammenhang mit einer
hirnorganischen Erkrankung oder in deren Gefolge
¨  mit oder ohne begleitende / nachfolgende
kognitive Defizite
¨ 
Organische wahnhafte Störung
Syphilis (Lues)
¤ 
¤ 
¨ 
¨ 
¨ 
„Prototyp“ der organischen wahnhaften Störung
psychiatrische Symptome in allen Stadien
möglich, charakteristisch in Stadium IV
(Neurolues)
10-20 Jahre post infectionem (bei ca.
10-20% der Patienten)
häufig Größen-, Bestehlungs-, Verfolgungs-,
Eifersuchtswahn
paranoid: Benachteiligung, Beeinträchtigung
HIV-Infektion
¤ 
¤ 
¤ 
„schizophreniforme“ wahnhafte Störung
häufig Größenwahn
paranoid: Benachteiligung, Beeinträchtigung
Epilepsie
¤ 
v.a. in anfallsarmen Phasen
Albrecht Dürer: Syphilitiker
Organische wahnhafte Störung:
Therapie
Nichtmedikamentös
¨  ggf. Behandlung der Grunderkrankung
¨  Validierung
Medikamentös
¨  Antipsychotika
¤ 
¤ 
¤ 
¤ 
¨ 
konventionell: Haloperidol 1 -2 mg Tagesdosis
atypische: Risperidon 0,5 - 1 mg, Olanzapin 2,5 – 10 mg, Quetiapin 50
– 400 mg, Aripiprazol 5 – 10 mg
kein Clozapin !
bei Unruhe, Angst: ggf. niedrigpotente Antipsychotika: Dipiperon bis 80
mg
Acetylcholinesterasehemmer (bei Demenzerkrankung)
¤ 
z.B. Rivastigmin (transkutan) bis 9,5 mg/24 h, Donepezil bis 10 mg
Organische affektive Störungen
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
abrupt oder schleichend auftretend
zeitlich an organische Ursache gekoppelt
auftretende manische oder depressive
Auslenkung
oft begleitet von Indifferenz /
Affektlabilität
kognitive Störungen stehen nicht im
Vordergrund
Auftreten bei vaskulären Störungen,
demyelinisierenden und
neurodegenerativen Erkrankungen
differenzialdiagnostisch zu bedenken:
¤ 
¤ 
Anpassungsstörungen oder depressive
Reaktionen auf chronische
Grunderkrankung
Nebenwirkung von Arzneimitteln (z.B.
Interferone)
Vincent van Gogh An der Schwelle zur Ewigkeit
(1890)
Organische affektive Störung Bsp
multiple Sklerose
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
> 20% der Pat.
besonders Demyelinisierungen im Bereich des medialen
präfrontalen Kortex → depressive Syndrome
häufig Affektinkontinenz
begleitende kognitive Störungen sind häufig (> 50% der
MS-Pat.)
auch medikamentös induziert: Kortikoide→ maniforme
Syndrome; Interferone→ depressive Syndrome
Auswirkung (Verschlechterung ) auf Schubrate,
Krankheitsverlauf, Kognition
Therapie: Optimierung der MS-Therapie, SSRI,
Psychotherapie
Organische affektive Störung Bsp
Vaskuläre Depression
grundsätzlich 2 Syndrome:
¤ 
¤ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
exekutive Dysfunktion plus
Depression
Poststroke-Depression
frontale Diskonnektionssyndrome
bzw. Läsionen im „emotionalen
Netzwerk“
(vmPC, AC, Amygdala, limbisches
System und präfrontal-striatalen
Netzwerk
Affektinkontinenz /
Affektlabilität
Therapie: SSRI (Citalopram,
Sertralin), Psychotherapie,
funktionell-rehabilitative
Therapie (KG, Logopädie etc.)
Organische affektive Syndrome Bsp
Mb. Parkinson
M. Parkinson
¨ 
Angststörungen (GAD, Panikstörung)
¨ 
Depression (alle Schweregrade)
¨ 
Prävalenz ca. 40% (f > m)
¨ 
affektive Störungen treten häufig vor
motorischen
¨ 
Störungen auf
¨ 
Pathogenese: biologisch/
neurodegenerativ und reaktiv
¨ 
Nervenzelluntergang nicht nur
dopaminerg, sondern auch noradrenerg
(L. coeruleus) und serotonerg (Nn. Raphe)
¨ 
Klinik: Apathie, Antriebsverlust, Anhedonie
(weniger Stimmung↓)
¨ 
Therapie: SSRI (Citalopram, Sertralin),
Psychotherapie, funktionell-rehabilitative
Therapie (KG, Logopädie etc.)
Epilepsieassoziierte psychoorganische
Störung: Psychose
Prävalenz 4-10 % der Pat., Inzidenz 0,3 %
¨ 
Dominieren von Positivsymptomen (Wahn,
Halluzinationen)
Manifestationsformen:
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
periiktal: auraähnlich; (religiöse) Wahnbildungen;
Bewusstseinstrübung (Delir)
iktal: als Anfallsäquivalent (z.B. nonkonvulsiver Status)
postiktal: 2-7 d nach GTKA oder KFA-Serie (luzides
Intervall!)
interiktal: Schizophrenie-ähnlich mit
„Erstrangsymptomen“
„Alternativpsychosen“: bei Anfallsfreiheit unter
Behandlung (Ethosuximid, Phenobarbital, Primidon,
Phenytoin, Topiramat u.a.)
Therapie:
¨ 
¨ 
¨ 
periiktal, iktal→ antikonvulsiv, BZD
postiktal→ i.d.R. selbst limitierend
interiktal→ atypische Antipsychotika (CAVE:
Interaktionen mit AED)
Epilepsieassoziierte psychoorganische
Störung: Affektive Störungen
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
Depressionen, Angststörungen, seltener maniforme Syndrome
Depressionen bei Epilepsiekranken häufiger als bei anderen chronischen Krankheiten
wohl Zusammenhang mit Schwere der Epilepsie
Stimmungslage hat auf Lebensqualität mehr Einfluss als Anfallsfrequenz
Manifestationsformen:
¨ 
präiktal: Dysphorie, Ängste Reizbarkeit
¨ 
iktal: als Anfallsäquivalent: limbische Anfälle, (selten) komplex-fokale Anfälle
¨ 
Post- und interiktal: kurz anhaltend, selbstlimitierend, CAVE: Suizidimpulse
¨ 
„Alternativdepressionen“: medikamentös bedingt: v.a. bei GABAergen AED
Therapie:
¨ 
periiktal, iktal → antikonvulsiv, BZD
¨ 
interiktal→ SSRI (Sertralin, Citalopram / CAVE: Interaktionen!)
Psychische Auffälligkeiten und Verhaltensauffälligkeiten bei
cerebralen Schädigungen
Neurobiologie
Definition
markante Verhaltensänderung mit neurologischen,
psychiatrischen und psychischen Symptomen
in engem zeitlichen Zusammenhang mit einer
erworbenen Hirnschädigung
Psychische Störungen aufgrund einer Schädigung oder Funktionsstörung
des Gehirns oder einer körperlichen Krankheit F06
Organische Halluzinose
¨  organische katatone Störung F06.1
¨  organische wahnhafte, schizophreniforme Störung
F06.2
¨  organische affektive Störung F06.3
¨  organische Angsstörung F06.4
¨  leichte kognitive Störung F06.7
¨ 
èselten
Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen aufgrund einer
Erkrankung, Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns
F07
Organische Persönlichkeitsstörung F07.0
¨  Postenzephalitisches Syndrom F07.1
¨  Organisches Psychosyndrom nach SHT F07.2
¨ 
èhäufig
Postenzephalitisches Syndrom
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
¨ 
Unwohlsein, Apathie, Reizbarkeit
kognitiv verlangsamt, Lernstörung
bis zur Retardierung
Ess-, Schlaf-, Sexualverhalten
soziale Anpassung und
Urteilsfähigkeit
neurologische Symptome:
Lähmung, Taubheit, Sprach- und
Sprechstörung, Apraxie, Akalkulie
zuvor bestehende
Verhaltensauffälligkeiten werden
verstärkt
Psychosomatische Symptome
Postenzephalitisches Syndrom
¨ 
viral:
¤  FSME
¤  Mumps
¤  Masern
¤  Pertussis
¤  Varizella-Zoster
¤  Röteln
¨ 
(speziell: Autismus)
bakteriell
Organisches Psychosyndrom nach SHT
F07.2
¨ 
vegetativ:
¤  Erschöpfbarkeit
¤  Kopfschmerzen
¤  Schlafstörungen
¤  Schwindel
¤  Wetterfühligkeit
Organisches Psychosyndrom nach SHT
F07.2
I° Gehirnerschütterung
II° Gehirnprellung
III° Gehirnquetschung
Organisches Psychosyndrom nach SHT
F07.2
¨ 
kognitiv:
¤  Konzentration
¤  Gedächtnis
¤  Verlangsamung
Organisches Psychosyndrom nach SHT
F07.2
¨ 
emotional:
¤  Verlangsamung
¤  Anpassungsstörung
¤  Ängstlichkeit
¤  Depressive
Episode
¤  Reizbarkeit
¤  Hypochondrische
¤  verringertes
Selbstwertgefühl
Ängste