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MEINE WELT Zeitschrift des Deutsch-Indischen Dialogs Heft 1 / Jahrgang 26 Sommer 2009 Nachruf Lahori Ram Wie ein Dalit einer der einflussreichsten Inder in den USA wurde seine Vorträge auf Hindu-Plattformen, Ravidass Sabhas und in Sikh Tempeln die Gemeinschaftsangehörigen dazu auf, sich in die Hauptströmung des amerikanischen Lebens einzuordnen. Er rief die indischen Einwanderer dazu auf, sich hinter ihm einzureihen, um für die politische Anerkennung der indisch-amerikanischen Gesellschaft in Kalifornien zu kämpfen. or 25 Jahren, im September 1983, als die indische Premierministerin Indira Gandhi in den Vereinigten Staaten auf einem Staatsbesuch war, musste sie vor dem Weißen Haus einer lautstarken Gruppe von demonstrierenden Dalit-Einwanderern begegnen. Die Dalit-Aktivisten protestierten gegen die Gewalt und Diskriminierung, die ihre Angehörigen daheim in Indien erdulden mussten. Die Demonstranten waren aus allen Ecken Amerikas gekommen. Der Anführer einer beachtlichen Gruppe aus Kalifornien war Lahori Ram, ein Geschäftsmann. V Lahori Ram starb neun Tage vor dem Amtsantritt Obamas, also bevor einem Farbigen das gelungen ist, was keinem vor ihm gelungen war. Als einer der vor der Diskriminierung geflohen war und als einer, der viel in der Welt herumgekommen war, hätte Lahori Ram die Bedeutung von Obamas Aufstieg besser verstehen können als viele andere. viel Diskriminierung hinnehmen. Die Kastenhierarchie war sogar in das gurudwara langar (das gemeinsame Mahl, das von Sikhs und Nicht-Sikhs gemeinsam eingenommen wird) eingedrungen. Unberührbaren war das Betreten der Küche und das Servieren von Speisen strikt untersagt. In Speisesälen mussten sie sich in für sie vorgesehenen Bereichen zusammendrängen. Von den Leiden und Freuden der DalitDiaspora hört man kaum etwas auf Pravasi Bharatiya Sammelans (Treffen der Auslandsinder). Aber Ram war das Sinnbild für Fleiß und Intelligenz, das wir überall suchen und bewundern. Mit nur 380 Dollar in seiner Tasche war er 1972 nach Amerika eingereist. 37 Jahre später war er inoffiziell der reichste Dalit (Kastenloser, Unberührbarer) der ganzen Welt. Lahori Ram ließ sich nicht einschüchtern. Während seines Universitätsstudiums arbeitete er im Sommer als Aushilfskraft auf Farmen. Er sparte den Stundenlohn von 75 Cents für die Finanzierung seines Masterdiploms in Kalifornien. Von 1976 bis 1994 arbeitete er im US Postal Service von San Fransisco International Airport auf verschiedenen Ebenen. Seine Wochenarbeitszeit betrug durchschnittlich 55 bis 60 Stunden. Die ca. 3 Millionen zählende indische Diaspora in den Vereinten Staaten hat eine besondere, nur für Indien typische Erblast mitgeschleppt, nämlich die Kaste. Die früheren Einwanderer aus Indien behielten auch in ihrer neuen Heimat ihre Kasten und ihre religiöse Identitäten bei. Es war bloß der Fleiß, der Lahori Ram geholfen hatte, trotz widriger Umstände die Doppeldiskriminierung zu überwinden. Aber er versäumte nicht, die Chancen, die auf ihn zukamen, wahrzunehmen. 1979 kaufte er sein erstes Haus und verkaufte es 1983, um das erste seiner Appartment-Gebäude zu kaufen. Bis 2003 umfasste Rams Imperium mehr als einhundert Appartments in San Fransisco. Auch als politischer Führer war er mittlerweile emporgestiegen. Aber sein Ruhm war ihm noch nicht zu Kopf gestiegen. Rams früheres Leben im Punjab war voller Erniedrigungen. Die Kastentrennung war weit verbreitet, und Ram musste in der Schule und auf dem College 2006 hatte er in Vancouver auf der Hundertjahrfeier der Ankunft der Dalits in Kanada den Vorsitz. Er war ein echter indischer Führer und forderte durch 2 Ram war ein Demokrat. Er unterstützte die Wahlkampagne der Demokraten. Er arbeitete eng mit Bill Clinton zusammen. Seine unternehmerischen Fähigkeiten wurden in der ganzen Welt geschätzt. Er wurde in viele Handelsgremien berufen. Er wurde 2003 Mitglied der einflussreichen California State Commission for Economic Development. Er war der erste Indio-Amerikaner, der diese Position bekleidete. Vorher war er bereits der Präsident des Indian National Congress of America und hatte viele große indische Politiker empfangen. Während der Präsidentschaftswahl 2008 hatte er die indische Diaspora zu Gunsten der Demokraten mobilisiert. Ram verstarb am 11.Januar. Er war gerade auf einer Gerechtigkeit für Auslandsinder (Justice for NRIs) Kampagne. Die San Francisco Chronicle würdigte seinen Tod als einen plötzlichen und unerwarteten Heimgang eines ranghohen Führers der indischen Diaspora. Lahori Ram sagte 2003 dem San Francisco Examiner: „Nicht durch Faulheit wurden wir Millionäre. Alles, was wir verdient haben, ist durch harte Arbeit erworben, und damit haben wir Millionen von Diaspora-Angehörigen den Weg zum Wohlstand und Erfolg gezeigt.“ Die Widerstände, denen die Dalits innerhalb der indischen Diaspora ausgesetzt sind, werden selten wahrgenommen. Lahori Ram, die aufflammende Fackel der Dalit-Bewegung, wird auch weiterhin den dunklen Weg der Masse, die den widrigen Umständen trotzt, erhellen. ! (Quelle: OUTLOOK, Bearbeitung: Thomas Chakkiath) Editorial Eine andere Entwicklung! Indien hat gewählt. Das Ergebnis bestätigt die Reife und Differenzierungsfähigkeit der über 700 Millionen indischen Wähler. Indem sie die Congress Partei und ihre Verbündete als stärkste Kraft in das Parlament geschickt haben, haben sie Stabilität und Kontinuität in einer Zeit schwerer wirtschaftlichen Umwälzungen gewählt. Gleichzeitig haben sie auch extremen religiösen Anschauungen und stereotypischen Linksideologien eine klare Absage erteilt. Indien kann jetzt aufatmen und mit sicheren Schritten in die Zukunft schreiten. Es gibt viel zu tun, angestaute Probleme drängen nach Lösungen. Neben allen vorrangig anzugehenden Aufgaben wie Beseitigung der Armut und des Analphabetismus im Lande, soll sich die neue politische Führung jetzt ernsthaft darüber Gedanken machen, ob das vom Westen übernommene Entwicklungsmodell für uns das einzig richtige ist. Ein großes Land wie Indien mit ca. 1,2 Milliarden Menschen kann das westliche Wohlstandsniveau für jeden seiner Bürgen nicht anstreben, ohne damit das Risiko eines katastrophalen Scheiterns einzugehen. Indien kann an der durch eine solche Politik entstehenden Ressourcenknappheit, an Umweltverschmutzung, Klimakatastrophen, sozialen Unruhen etc. ersticken. Nein, das westliche Wohlstandsmodell ist für ein Land wie Indien heute nicht mehr aktuell, der Versuch, dieses Modell eins zu eins umzusetzen, wird nach allen sozialen, wirtschaftlichen und umweltbezogenen Indikatoren fehlschlagen. Das Konzept für Indiens Entwicklung muss zwangsweise anders aussehen. Es muss auf Ideen beruhen wie verantwortliches Umgehen mit Ressourcen, Begrenzung des Konsums, Verbundenheit mit der Natur, soziale Gerechtigkeit etc. Bei den heranwachsenden Generationen Indiens muss die Fähigkeit entwickelt werden, anders zu denken, andere Lebensmodelle zu entwerfen, die in Einklang mit den herkömmlichen Ideen aus Indien wie „hohes Denken und einfaches Leben“, Betrachtung des Menschen als Teil der Natur, Autarkie und Selbstverwaltung für die Dörfer etc. etc. So ein Sichtwechsel kann nur durch Erziehung und Bildung erreicht werden. Man wünscht, dass die neue Regierung mutige Schritte in diese Richtung macht. Wir haben versucht, diese erste Ausgabe in diesem Jahr mit einer Fülle von interessanten Beiträgen und aktuellen Informationen zu gestalten. Besondere Aufmerksamkeit der Leser erbitten wir für die Beiträge über den Film „Slumdog Millionaire“ und die von Mini Krishnan und Namita Gokhale über die Situation der Frau im heutigen Indien. Herzlichst Ihr Jose Punnamparambil Meine Welt Zeitschrift des Deutsch-Indischen Dialogs Heft 1 / Jahrgang 26 Sommer 2009 Inhalt Editorial Indien ist für Deutschland und Europa insgesamt weiterhin als Ideengeber und Partner unserer kulturellen und geistigen Entwicklung wichtig (Interview Aktuell) 3 Bildung für Frauen bekam niemals eine vorrangige Behandlung in Indien (Interview Aktuell) 4 Zur Lage der indischen Frau - Hans-Joachim Kiderlen Veränderung und Erhaltung 23 - Namita Gokhale 6 Beim Schreiben handelt es sich um die Herstellung einer Beziehung zwischen Autor und Leser (Interview Aktuell) - Prof. Dr. Maria Krzysztof Byrski Was Indiens Jugend denkt 10 Zwei Gedichte 11 24 - Siddharth Dhanvanth Shanghvi Bollywood in Deutschland (Indisches Kino) - Prathibha Nandakumar Sonar Bangla (Auswanderung) 22 - Mini Krishnan 26 - Abhilash Nalpathamkalam; Kanish Palathingal; Priya Mampilly; Christina Kamp 12 - Gisela Advani Der Buddhismus wird neu entdeckt (Religion) - Thomas Chakkiath 14 Die Geschichte meines Namens 17 What is Slumdog Millionaire? Das ist der Planet, der unser Schicksal lenkt (Rezension) 19 Zunehmende Gewalt gegen Frauen (Frauen) 21 32 - Sophia Kratz - Kavitha Pollyanna Thomas Zwei Erzählungen von Nagaraja Kumar (Literatur) 31 - Anant Kumar Zweite Person Singular (Neues Buch) 33 - Udaya Narayana Singh - Kalpana Sharma 3 Bücher ... Bücher ... Bücher 34 Namen ... Nachrichten ... Informationen 35 Interview Aktuell „Indien ist für Deutschland und für Europa insgesamt weiterhin als Ideengeber und Partner unserer kulturellen und geistigen Entwicklung wichtig“ Hans-Joachim Kiderlen Vorsitzender der Deutsch-Indischen Gesellschaft e.V. Hans-Joachim Kiderlen, Botschafter a.D., wurde im September 2008 als neuer Vorsitzender der Deutsch-Indischen Gesellschaft e.V. gewählt. Im folgendem Interview äußert er sich zu Themen wie die Zukunftsorientierung des Vereins, die wirtschaftlichen Fortschritte Indiens, die deutsch-indischen Beziehungen etc. etc. Die Fragen stellte Jose Punnamparambil. - Die Redaktion Meine Welt: Herr Kiderlen, Sie sind vor kurzer Zeit zum neuen Vorsitzenden der Deutsch-Indischen Gesellschaft (DIG) gewählt worden. Wie stellen Sie sich Ihre Arbeit als Vorsitzender vor? Welche Ziele wollen Sie schwerpunktmäßig verfolgen? Herr Hans-Joachim Kiderlen: Die Deutsch-Indische Gesellschaft (DIG), der ich seit September vergangenen Jahres vorsitze, ist der Dachverband von 33 Deutsch-Indischen Gesellschaften in ganz Deutschland. Jede dieser Mitgliedsgsellschaften hat ihr eigenes Profil. Die Bundesgesellschaft muss dem etwas hinzufügen. Mein Vorgänger, Botschafter a.D. Dr. Hans-Georg Wieck, jetzt unser Ehrenvorsitzender, hat gut daran getan, den beiden Kulturpreisen, die die DIG vergibt, dem Tagore-Preis und dem Gisela-Bonn-Preis – diesen zusammen mit der indischen Botschaft – besondere Aufmerksamkeit zu widmen, und ich will das fortsetzen. Die Preisverleihungen machen die Förderung der deutsch-indischen Beziehungen durch die DIG weithin sichtbar und setzen Schwerpunkte in der Wahrnehmung indischer Gegenwartskultur. Dem Gedenken 2011 an den 150. Geburtstag von Rabindranath Tagore soll auch durch die DIG ein starker deutschlandweiter Anstoß gegeben werden. Die DIG will sam in den Ruhestand und verschwinden damit schnell von der Bühne. Die jungen, hier geboren und aufgewachsenen Inder/Inderinnen sind mit Familie und Beruf beschäftigt. Welche Ideen können wir entwickeln, um die DIG für junge Menschen hier attraktiver zu machen? künftig zusammen mit ihren Mitgliedsgesellschaften ihre Kontakte zu verschiedenen Bereichen der Indienwissenschaften und zu in Deutschland studierenden Indern und hier arbeitenden indischen Wissenschaftlern verstärken. Sie organisiert zusammen mit den Universitäten besondere deutsch-indische Stu- Herr Kiderlen: Nicht alle Mitgliedsgesellschaften der DIG verzeichnen einen Mitgliederschwund; und wo es ihn gibt, ist er zumeist nicht dramatisch und auch nicht unausweichlich. Die Lage der einzelnen Gesellschaften hängt, wie immer, sehr von ihrem Profil und ihren Aktivitäten ab. Natürlich gilt es, vor allem für die zum Teil Jahrzehnte in den Gesellschaften aktiven, älter gewordenen indischstämmigen Mitglieder Nachwuchs unter den neu ins Land gekommenen Indern und ihren deutschen Freunden zu werben. Noch in diesem Die DIG will künftig zusammen mit ihren Mitgliedsgesellschaften ihre Kontakte zu verschiedenen Bereichen der Indienwissenschaften und zu in Deutschland studierenden Indern und hier arbeitenden indischen Wissenschaftlern verstärken. dentensymposien. Die Mitteilungen und Veröffentlichungen der DIG sind neu zu konzipieren. Meine Welt: Die Deutsch-Indische Gesellschaft geht heute durch eine schwierige Phase des Mitgliederschwundes. Die meisten der Inder/Inderinnen der ersten Generation sowie deren deutsche Freunde kommen lang- 4 Jahr wird ein Jugendbeirat der DIG aus deutsch- und indischstämmigen jungen Vertretern der Mitgliedsgesellschaften zusammenkommen, um die Tätigkeiten der Bundesgesellschaft mit zu bestimmen. Meine Welt: Die Zahl der indischen Studenten an deutschen Hochschulen beträgt zur Zeit ca. 4000. Sie sind poten- tielle Mitglieder der DIG wie damals in den siebziger und achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Welche Möglichkeiten sehen Sie, die indischen Studenten zu einer aktiven Mitgliedschaft in der DIG zu motivieren? und diskutiert wird, bemerkenswerterweise immer noch mit einem Blick auch auf den akademischen Diskurs in Europa. Meine Welt: Wie bewerten Sie die deutsch-indische Beziehung heute? Ist Beeindruckt hat mich die intelektuelle Lebendigkeit, nicht nur in Delhi, mit der an Universitäten und in der Publizistik Indiens die eigene Lage reflektiert und diskutiert wird, bemerkenswerterweise immer noch mit einem Blick auch auf den akademischen Diskurs in Europa. Herr Kiderlen: Wir empfehlen den Mitgliedsgesellschafen, auch ihrerseits mehr Kontakt zu indischen Studenten und jungen Berufstätigen in Deutschland zu halten. Die Gesellschaften können den Neuankömmlingen das Einleben in Deutschland erleichtern und ihrerseits bei ihren Veranstaltungen von den aktuellen Erfahrungen, Kenntnissen und dem Problembewusstsein der jungen indischen Generation profitieren. Allerdings hat sich die Lage gegenüber früher dadurch verändert, dass viele indische Studenten und Berufstätige nur für eine begrenzte Zeit innerhalb eines fest umrissenen Arbeitsprogramms nach Deutschland kommen und dadurch weniger Raum für dauerhafte Verbindungen und eben auch zu den deutschindischen Gesellschaften gegeben ist. Meine Welt: Sie waren 2001 bis 2004 Stellvertretender Botschafter Deutschlands in Neu Delhi. Indien hat während dieser Zeit große wirtschaftliche Fortschritte gemacht. Welche Eindrücke aus dieser Zeit prägen Ihr Indienbild heute? Herr Kiderlen: Trotz des auch zu meiner Zeit in Indien schon deutlich sichtbaren und spürbaren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbaus Indiens fand mein europäisch erwartungsvolles Auge immer noch viel von der alten Romantik und Schönheit Indiens und seiner Menschen. So prägen recht komplexe Eindrücke bis heute mein Indienbild. Beeindruckt hat mich die intelektuelle Lebendigkeit, nicht nur in Delhi, mit der an Universitäten und in der Publizistik Indiens die eigene Lage reflektiert Herr Kiderlen: Indien ist für Deutschland und für Europa insgesamt weiterhin als Ideengeber und Partner unserer kulturellen und geistigen Entwicklung wichtig. Seit vielen Jahrhunderten fremd und doch vertraut sind die beiden Subkontinente Asiens aufeinander gewiesen. Das Bewusstsein dieser fremden Nähe zu Indien sollte auch unseren wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu Grunde liegen, sie prägen und fördern. Hinzu kommt eine beiden gemeinsame Neigung zu Demokratie und öffentlicher Debatte. Demgegenüber ist das weltwirtschaftliche und weltpolitische Gewicht Chinas nicht zu verkennen. Die Bedeutung des einen Landes für Deutschland und Europa sollte nicht gegen die unterschiedliche Bedeutung des anderen ausgespielt werden. ! China für Deutschland wichtiger als Indien? Die größte Schande der Welt: Armut! 2,6 Milliarden Menschen, das sind fast 40 Prozent der Menschheit, müssen täglich mit weniger als zwei Dollar (Kaufkraft 2005) auskommen. 884 Millionen Menschen hätten keinen Zugang zu sauberem Wasser, zwei Milliarden keinen Zugang zu Medikamenten. Unerbittlich steige die globale Ungleichheit; trotz Zuwachs im Durchschnittseinkommen der Weltbevölkerung nehme die Armut zu. Armut heißt nicht einfach, am Hungertuch zu nagen; Armut heißt Krankheit, Analphabetismus und ständiger Überlebenskampf. Ungestraft dürften die Rechte der Habenichtse ignoriert werden, denn sie seien zu schwach für einen Aufstand. Um ihre Gewinne zu maximieren, halten die nationalen und globalen Eliten Milliarden von Menschen in Armut und setzen sie Hunger und Infektionskrankheiten, Kinderarbeit und Prostitution, Menschenhandel und Tod aus. Den Menschen, die mit weniger als zwei Dollar am Tag auskommen müssen, fehlten im Jahr gerade einmal 300 Milliarden, damit sie nicht mehr unterhalb der Armutsgrenze leben müssten. Eine ungeheure Summe? Nein, es sind gerade einmal 0,6 Prozent des Welteinkommens, viel weniger, als die USA für ihr Militär ausgeben, ganz zu schwei- 5 gen von den Summen, die derzeit an die Banken verfüttert werden. Dabei soll Geld nicht umverteilt werden; es soll das Markt- und Institutionengefüge so geändert werden, dass die Ärmsten der Armen davon profitieren. Oder eine andere Rechnung: Um das größte Elend aus der Welt zu schaffen, müssten die einkommensstarken Länder ihren Lebensstandard lediglich um ein Prozent einschränken, ein Prozent, mehr nicht. Ist es wirklich unrealistisch, zu hoffen, dass man die Bürger der reichen Länder dazu bewegen kann, diese Reformen zu akzeptieren? Im Jahr 2000 besaß das oberste Zehntel der Menschheit 85 Prozent des weltweiten Reichtums und das unterste Zehntel nur 0,03 Prozent. Das ist ein Verhältnis von 2836 zu 1. Einige Hundert Superreiche besitzen drei Prozent des weltweiten Privatvermögens, und selbst wenn sie in der Krise vorübergehend ärmer würden: Die Welt ist reich genug, um ihre größte Schande, den Hunger, abzuschaffen. Auszug aus dem Beitrag „Der Weltverändererdenker“ von Thomas Assheur über den bekannten Philosoph Prof. Thomas Posse, der an der Yale Universität (USA) lehrt. (Quelle: Die Zeit, 23.4.2009) Veränderung und Erhaltung Die Relevanz des Begriffs des Dharma für die westliche Welt Prof. Dr. Maria Krzysztof Byrski er Kern der zivilisatorischen Referenz in Europa, mindestens seit der Renaissance – obwohl ich behaupten würde, dass sie schon immer im Grunde anwesend war – ist die Veränderung. Veränderung bestimmt unsere Geschichte, die eigentlich als das Dokument von Veränderungen definiert werden könnte – von ganz bestimmten Veränderungen und nicht von jenen in der Natur stets wiederkehrenden, wie die Jahreszeiten. Ich meine hier Veränderungen, die die gotische Kunst von der barocken, eine römische Basilika von dem Centre Pompidou in Paris unterscheiden. Sollten wir es einfach als die wesentliche Natur der europäischen Zivilisation akzeptieren, mit der wir uns versöhnen müssen? Nicht ganz! Denn Veränderung lässt sich nur so lange rechtfertigen, bis die optimalen Bedingungen für das Streben nach Selbstvervollkommnung sichergestellt werden. D Daraus können wir schließen – welche wunderbare Kraft besitzt Anumana* –, dass die indische Zivilisation jenen optimalen Zustand schon vor langer, langer Zeit erlangt haben muss. Ja, daran darf kein Zweifel bestehen. Gesegnet mit einer der freundlichsten und fruchtbarsten Landflächen der Welt und einem äußerst gutmütigen Klima, brauchte man nicht nach zusätzlichen Energiequellen zu suchen, weder um zu überleben noch um nach Selbstvervollkommnung zu streben. Suche nach Energiequellen Dagegen mussten wir in Europa schon seit dem Anfang unserer Zivilisation nach zusätzlichen Energiequellen suchen, um einfach zu überleben. Von einer zentral geheizten Wohnung aus können wir uns kaum vorstellen, dass das europäische Klima zum größten Teil des Jahres einfach lebensgefährlich ist. Ein gutes Haus – ein pukka Haus –, das die _____________________________________________ Professor Dr. Byrski ist ehemaliger Botschafter Polens in Indien. ganze Zeit schön warm gehalten wird, ist ein absolutes Muss. Es so zu halten, ohne den Menschen damit zu belasten, ist immer unser Hauptanliegen gewesen. Dieses Anliegen hat die Erfindung des einfachen Backofens und, wenn Sie mir einen atemberaubenden Sprung erlauben, auch die des Kernreaktors veranlasst. Also, die Lebensbedingungen verbessern, indem man sie verändert, ist der Aufruf der europäischen Zivilisation. Stellen wir uns eine relevante Frage: Wie verhält sich der Mensch, wenn er es nicht mehr nötig hat, seine Lebensbedingungen zu verbessern? Das lässt sich am besten an unserem eigenen Körper analysieren. Gott sei Dank, dass wir im Allgemeinen damit zufrieden sind und, der indischen Mythologie zum Trotz, wir nicht versuchen, die Zahl unserer Arme, Köpfe, Augen u.s.w. zu vermehren! Kurz gesagt, wir sind nicht versucht, etwas zu verbessern, was unter den gegebenen Umständen perfekt zu sein scheint. Also, hinsichtlich unseres Körpers beschränken wir uns auf eine möglichst präzise Erkenntnis seiner Natur, seiner Funktion und seiner Bedürfnisse. Von diesem Wissen leiten wir ab, wie er sich verhalten soll, um „richtig“ funktionieren zu können. Mit anderen Worten: was sollen wir tun, um unseren Körper im besten Zustand und für eine optimal lange Zeit zu erhalten? Wenn wir es wissen, dann versuchen wir, diesem Wissen treu zu bleiben, indem wie ihm entsprechend handeln. Dabei wollen wir uns überzeugen, dass wir alles nach unserem besten Wissen getan haben, um uns gesund und munter zu halten und beruhigen dabei unser Gewissen, dass wir unsere Pflicht erfüllt haben. Ein Suktikosha – Lexikon der Aphorismen - , das 1985 in der Hindi Sprache in Jaipur von Sharan herausgegeben worden ist, zitiert einen mir bisher völlig unbekannten Text mit dem Titel Karttikeyanupreksha, nach dem die wesentliche Natur (Swabhava) eines Dings (Wastu) sein Dharma ist. Nun, diesem 6 Spruch zufolge können wir mit Sicherheit behaupten, dass das, worüber oben die Rede war, das Dharma des menschlichen Körpers sei. Bevor wir fortfahren, zählen wir die verschiedenen Bedeutungen des Wortes Dharma, wie sie im Wörterbuch stehen, auf. Die Liste sieht folgendermaßen aus: Religion, die verschiedenen Sitten einer Kaste, Sekte u.s.w., Gesetz, Gebrauch, Brauch, Sitte, Ordinanz, Statut, religiöses oder moralisches Verdienst, Tugend, Rechtschaffenheit, gute Taten, Pflicht, vorgeschriebener Ehrenkodex, Recht, Gerechtigkeit, Fairness, Unparteilichkeit, Pietät, Korrektheit, Anstand, Moralität, Ethik, Natur, Veranlagung, Charakter, eine wesentliche Eigenschaft, Einzigartigkeit, typische Eigenschaft u.s.w. Wirklich überwältigend! Dennoch möchte ich behaupten, dass dieser ganze Korpus von diversen Bedeutungen auf einen Begriff – obgleich unter seinen drei Aspekten – reduziert werden kann und soll. Die drei Aspekte sind: die Natur des Dings, das Wissen um diese Natur und die daraus folgende Verhaltensweise in Bezug auf ein anderes spezifisches Objekt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir jede einzelne Bedeutungsvariante im Lexikon, die oben aufgelistet ist, in diesem dreifältigen Begriff unterbringen können, ohne dabei gegen die Prinzipien der Logik zu verstoßen. So weit, so gut. Aber ein weiterer Aspekt dieses Terminus muss noch berücksichtigt werden, nämlich seine Etymologie, die von dem Stamm /dhr abgeleitet wird und „halten“, „unterstützen“, „erhalten“ bedeutet. „Dharayate lokam iti dharmah“ oder „dharanaddharam sa dharma iti niscayah“ – so lauten die Formeln, die normalerweise dem Mahabharata zugeschrieben werden. „Da es die Welt erhält, heißt es Erhaltung“ oder „Erhaltung (stammt) von Erhaltung erhalten“. Obwohl die zweite Formel etwas tautologisch klingt, tragen beide Formeln eine ganz klare Botschaft: Dharma ist Erhaltung. Es erhält die Welt bzw. jeden ihrer Aspekte, zu dem das bestimmte Dharma in einer Beziehung steht. Also erhält das Dharma des menschlichen Körpers den menschlichen Körper. Diesen Akt der Erhaltung umfasst das richtige Verhalten, das aus der Natur des zu erhaltenden Objekts stammt. Dharma heißt Erhaltung Jedem Aspekt der Wirklichkeit wird im Augenblick seiner Manifestation sowohl eine bestimmte Lebensfrist als auch sein Name (Naam) und seine Form (Rup) zuteil. Das alles kommt seiner Natur (Swabhawa) gleich. Das ist Dharma. Nun, jedes empfindungsfähige Wesen erhält auch die Freiheit zu wissen und dementsprechend zu handeln (– Dies ist übrigens genau der Kern des Dharma der Lebewesen –), so dass die anderen zwei Formen von Dharma aktiviert werden, wenn empfindungsfähige Wesen Objekte wahrnehmen und im Verhältnis mit ihnen handeln. Nun, wie einem Individuum der Körper zuteil wird, so ist auch den empfindungsfähigen Wesen die Erde zuteil geworden. Unter ihnen hat allerdings die Menschheit so viel Freiheit erhalten, dass ihr Handeln von allen am wenigsten vorhersagbar ist und sie daher für die Erhaltung der Welt die größte Gefahr darstellt, es sei denn, dass sie sich ihres Dharma bewusst wird. Das heißt: die Menschheit versteht – laut Tandyamahabrahmana-, dass die Erfüllung ihres Schicksals darin liegt, ihre Lebensfrist glücklich zu vollenden und nicht darin, ein schnelleres Auto als Mr. Smith nebenan zu besitzen. Veränderung und Verbesserung – das Mantra des Europäers, der um sein Überleben gegen ein raues Klima kämpft, hat insofern Erfolg gehabt, dass es uns ermöglicht hat, dank der modernen Technologie eine Umwelt zu schaffen, in der Menschen in Europa nun ihren außermaterialistischen Interessen genau so viel Beachtung schenken können wie es Menschen in Indien gekonnt hätten, seitdem sie sich hier niedergelassen haben. Wir müssen jedoch gleichzeitig auch genau wissen, wie dieser Zug der Entwicklung anzuhalten ist, wenn die optimalen Bedingungen für Selbstvervollkommnung einmal schon geschaffen sind. Ich behaupte, dass wir dieses Ziel nur dann erreichen können, wenn wir die Dharma-Anschauung uns zu eigen machen. Der erste Schritt ist schon getan. Der Begriff, der den Prozess von „Verändern und Verbessern“, normalerweise „Entwicklung“ genannt, zu bremsen versucht, ist bereits geprägt worden. Ich denke nämlich an den Terminus „erhaltungsfähige Entwicklung“. Dem europäischen Geist fällt es schwer, die Grundprämisse seiner Zivilisation, d.i. Entwicklung, grundsätzlich in Frage zu stellen. Aber der Anfangsbruch ist schon vollzogen. Die Zeit ist deshalb reif, dass wir uns jetzt dem tiefen Studium des Dharma widmen können – dieses erhabensten Begriffs der Erhaltung, mit des- sen Hilfe Indien ein erstaunliches Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur aufrechterhalten konnte, bis das Land durch die Leistungen der Entwicklung in Versuchung geführt wurde; eines Begriffs, der in einem völlig fremden Land und unter dramatisch anderen Bedingungen gehegt und gepflegt worden ist. Während Europa seine eigene Erhaltungsmethode, sein eigenes Dharma, entwickeln muss, das den Europäern dabei hilft, ihre Entwicklung in vernünftigen Grenzen zu halten, muss Indien hingegen allerdings sein eigenes uraltes Dharma aufs Neue definieren und zwar so, dass es das Land in die Lage versetzt, Sunita Narain – Indiens Umweltgewissen In ihrem winzigen Büro in Delhis Habitat Centre listet „Indiens Umweltgewissen“ die Albträume auf: Megastaus in den Metropolen, noch mehr Luftverschmutzung, Asthma bei Kindern und Alten; das alles zusätzlich zur Verschärfung der Erderwärmung, deretwegen Dürren und Fluten schon jetzt besonders die Armen heimsuchen. Überdies, sagt sie, könne sich die Mehrheit ihrer Landsleute selbst diesen Kleinwagen gar nicht leisten. Ratan Tata werde also erst dann „ein Held“, wenn er „einen Nano-Bus entwickelt“. Jetzt also: Auto oder Bus. Bei dieser Entscheidung verbinde sich, sagt Narain, „das ganz große Ding“, der Kampf gegen Ressourcenverschwendung und Klimawandel, mit der Verantwortung, „hier, direkt hier vor unserer Haustür“ die Sache anzupacken. Genau daher rührt der Erfolg der streitbaren Ökologin: dass sie Welt und Wohnort, Denken und Handeln stets zusammenbringt. Als Publizistin und Aktivistin spürt Sunita Narain die neuralgischen Punkte komplexer globaler Probleme auf, zettelt mit wissenschaftlichen Daten öffentliche Debatten darüber an und wirkt auch noch an den Lösungen mit. Dafür zählt die Zeitschrift Foreign Policy sie zu den 100 wichtigsten Intellektuellen der Welt, und das US-Magazin Time nennt sie eine von Indiens einflussreichsten Persönlichkeiten. Auch den indischen „Bundesverdienstorden“ Padma Shri 7 hat sie erhalten und den Stockholmer Wasserpreis. Das große Ding: Schon vor bald 20 Jahren weckte ihr Institut pionierhaft das Bewusstsein dafür, dass Umweltschutz auch in Entwicklungsländern kein Luxus ist. Gerade die Armen, sagt Narain, „sind davon abhängig, dass Wald, Wasser, Boden Luft und biologische Vielfalt intakt bleiben“. Zudem erhoben sie und ihre Mitstreiter den Anspruch der Entwicklungsländer auf globale Ressourcen- und Klimagerechtigkeit. „Ihr Reichen müsst Konsum und Emissionen drastischer als bisher herunterfahren“, fordert Narain bis heute auf allen Podien, „damit wir Entwicklung nachholen können“. - Christiane Grefe (Auszug aus dem Beitrag „Wachstum mit Natur“, Die Zeit vom 2.4.2009) mit den Herausforderungen der fremden Entwicklung zurechtzukommen. Zwei Beispiele Gestatten Sie, dass ich nun einige Beispiele nenne, die, da sie ziemlich umstritten sind, eine Diskussion provozieren können. Ein solches Beispiel ist die Behauptung, dass Europa sein eigenes Varnasramadharma* braucht. Für den sozialen Frieden muss sich jedes einzelne Gesellschaftsmitglied mit seiner Rolle in der Gesellschaft zufrieden geben und sich damit versöhnen, was das Leben ihm in bestimmten Stadien zu tun erlaubt. Dieses System kann keinem Menschen auferlegt werden. Es kann nur dann wirklich funktionieren, wenn es aus einem tief nach innen gerichteten Bewusstsein stammt. Es ist völlig gleichgültig, was unsere gesellschaftliche Position ist und wie wir sie erlangt haben. Wir haben uns damit abzufinden und müssen sie als eine genau so gute Gelegenheit wahrnehmen, wie sie jede andere Position im Leben uns anbieten würde, um nach Selbstvervollkommnung zu streben. Eine solche Anschauung lässt sich freilich nicht vorstellen ohne die Wiedergeburtstheorie. Denn wie sonst kann sich der Europäer damit versöhnen, was er heute ist?! Ich z.B. würde nichts dagegen haben, wenn ich dafür mit der Erhaltung der optimalen Bedingungen der menschlichen Existenz belohnt würde. Die Entfremdung, die Frustration und die Angst vor dem SEIN, die an dem Gefüge der modernen technologisierten Gesellschaft nagen, müssen abgebaut werden. Das Varnasramadharma impliziert meines Erachtens die endgültige Versöhnung des Menschen mit seiner Gesellschaft. Dies bedeutet allerdings keineswegs die ideale Gesellschaft. Dharma heißt optimale und nicht ideale Bedingungen. In dieser Hinsicht ist es der Demokratie sehr ähnlich. Ich darf hier auch hinzufügen, dass, wenn ich über Varnadharma spreche, ich es in dem Sinne verstehe, wie die Gita es versteht, indem sie es ausschließlich mit Eigenschaften (Guna) und Taten (Karma) in Zusammenhang bringt. Ein anderes Beispiel, das einen ähnlichen Inhalt hat und nicht weniger provokativ ist, ist jener Grundsatz des alten indischen Dharma, der es als Verstoß gegen das Dharma betrachtet, wenn man über das Meer fährt und das Land verlässt, worin man geboren wurde. Hätten die Gesellschaften nicht besser funk- tioniert, wenn es keine Massenwanderungen gegeben hätte? Die Engländer wären dann nie nach Indien gekommen. Amerika wäre nie von den Europäern übernommen worden, und Apartheid wäre ein unbekanntes Wort gewesen. Wiederum, dieses Dharma sollte nicht durch strenge Visaregeln und -prozeduren erhalten werden, sondern aus einer tief eingewurzelten Überzeugung, dass wir eigentlich dorthin gehören, wo wir geboren sind, dass dieser Ort genau so gut wie jeder andere ist, wenn man nach Selbstvervollkommnung streben will, oder – sogar noch besser – dass er sich für ein wirkungsvolles Streben nach der Erlangung des absoluten Zieles noch besser eignet. Zwei Schwierigkeiten Eigentlich soll ich über die Relevanz des indischen Begriffs des Dharma für die westliche Welt sprechen und soll mich daher nicht noch länger bei der indischen Seite der Medaille aufhalten. Wenn Sie jedoch gestatten, möchte ich beispielsweise zwei Schwierigkeiten nennen, die meines Erachtens Indien entgegenstehen, wenn es versucht in den Rahmen seines Dharma einige Aspekte der ihm grundsätzlich fremden Entwicklungszivilisation zu integrieren. Das erste Problem mit den gefährlichsten Konsequenzen für diesen Prozess ist das westliche Erziehungsmodell, das, indem es erzieht, junge Menschen darauf vorbereitet, ihre Rolle in der Gesellschaft ordentlich zu spielen und sich das Brot zu verdienen. Ich behaupte, dass die Institutionen, die sich Universitäten nennen, nur selten, wenn überhaupt, in einer tiefen Beziehung zu der wichtigsten Aufgabe des Menschen stehen – d.i. zu seinem Dharma – dessen Diktate ihn dazu bewegen sollen, nach Selbstvervollkommnung zu streben. Im Gegensatz zu der heutigen wilden Jagd auf die akademischen Grade bereitete einen das traditionelle Bildungssystem grundsätzlich auf die Aufgabe der Selbstvervollkommnung vor, während es einem auch ermöglichte, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Bei modernen Universitäten scheint dies nicht der Fall zu sein. Obwohl die Krankheit universal ist, lassen sich einige akute Fälle in Indien hier und da beobachten. Ich würde es darauf zurückführen wollen, dass in diesem Land zwei völlig unterschiedliche Bildungsmodelle im Spiel sind, die dringend auf der tiefst möglichen Ebene integriert werden müssen. Man hat es öfters versucht, denkt man an Rabindranath Tagore, Mahatma Gandhi, Sri Aurobindo und viele andere bis zu Maharishi Mahesh Yogi oder der Universität der Brahmakumari zu Mount Abu. Deshalb ist ein gewisser Optimismus in diesem Fall nicht ganz ungerechtfertigt. Das zweite Beispiel ist etwas lustig. Es geht dabei um unsere tägliche Begegnung mit dem Straßenverkehr. Dieser in einer Großstadt kann Objekt (Wastu) Umweltschäden der Vergangenheit „Die Entwicklungsländer haben einen klaren Standpunkt zum Kioto-Protokoll. Sie argumentieren, dass in den letzten 100 Jahren vor allem die westlichen Länder zur Umweltverschmutzung beigetragen haben. Das stimmt, fast 90 Prozent der Schadstoffemissionen kamen aus dem Westen. Daher sei es nicht fair, wenn der Westen nun für seine derzeitigen Emissionen bezahlen soll, obwohl er in der Vergangenheit Umweltschäden angerichtet habe. Ich bin der Ansicht, dass jeder für seine Umweltverschmutzung bezahlen sollte. Auch Indien und China sollten für die Schäden, die sie verursachen, aufkommen. Ich plädiere für die Gründung einer internationalen Aktiengesellschaft, mit deren Hilfe die westli- 8 chen Länder Umweltschäden der Vergangenheit auffangen könnten. Wissen Sie, wie viel die Industriestaaten zurzeit in die Weltbank einzahlen? Sie haben sich auf die Zahlung von fünf Milliarden US-Dollar innerhalb der nächsten zehn Jahre verpflichtet. Das ist nichts. Gleichzeitig arbeitet der US-amerikanische Kongress an einer Gesetzgebung, die Indien und China mit Gegenmaßnahmen droht, falls beide Länder die ihnen auferlegten Verpflichtungen nicht akzeptieren. Das ist nicht fair.“ - Jagdisch N. Bhagwati (Aus einem Interview in Kommunikation Global, Dez.2008) genannt werden, dessen Natur (Swabhawa) seine Harmonie ist, die den Gefahren des Staus und des Unfalls vorbeugt. Die Erkenntnis der Natur des Straßenverkehrs hat zu einer Reihe von Verkehrsregeln geführt, an die sich, wie wir alle wissen, nicht viele Delhianer halten. Wir sehen aber kaum ein, dass wir es hier auch mit einem Dharma zu tun haben und, wenn wir gegen seine Diktate verstoßen und im Kreisverkehr demjenigen, der von rechts kommt, die Vorfahrt nehmen, wir als Scherpilzflechten wiedergeboren werden! Es ist etwas unfair, dass wir in diesem Zusammenhang nur von Delhi sprechen, denn das Problem ist universal. Erst vor kurzem erlegte die katholische Kirche den Gläubigen die Verpflichtung auf, dass sie den Verstoß gegen die Verkehrsregeln bekennen, denn er wird als Sünde betrachtet. Der Spaß an diesem Beispiel sollte uns jedoch nicht vom eigentlichen Ernst des Problems ablenken. Es ist absolut notwendig, zur Erkenntnis des Dharma des modernen Menschen – sowohl im Westen als auch in Indien – zu gelangen, wenn diese unsere Erde uns und die nächsten Generationen die angemessenen Bedingungen bereiten soll, um zu leben und nach Selbstvervollkommnung zu streben. Meines Erachtens erfüllt das Adjektiv „erhaltungsfähig“ in erster Linie gerade diese Funktion, wenn es dem Wort „Entwicklung“ vorausgeschickt wird, und dann, wollen wir hoffen, können wir „Entwicklung“ völlig wegfallen lassen und uns auf die Möglichkeit der Erhaltung, die ja das Dharma selbst ist, konzentrieren. nur für Udaracittanam, nur für diejenigen, die eine aufrechte Anschauung haben, d.i. nur für Menschen, die ihr Dharma kennen und praktizieren. ! Aus dem Englischen von Rajendra Dengle. Der Beitrag ist leicht gekürzt. (Quelle: Indien in der Gegenwart, Mai- Juli 1996) Anmerkungen: * Anumana: logische Schlußfolgerung *Varnasramadharma: Kastensystem * Vasudhaiva Kutumbakam: das Universum ist eine Familie Vasudhaiva Kutumbakam* – so die Formel aus den Upanishaden – ist gemeint Der singende Priester Ein katholischer Priester gibt Konzerte in indischer klassischer Musik Im südindischen Staat Kerala gibt es einen katholischen Priester, der in klassischer südindischer Karnatischer Musik Konzerte gibt. Er hat ein Repertoire von Musikwerken und Liedern, von denen die meisten auf christlichen Themen basieren. Seine Konzerte werden nicht nur von Christen besucht, sondern auch von allen Musikliebhabern, unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion. Dieser singende Priester heißt Pater Paul Poovathingal. Er stammt aus Thrissur in Kerala und gehört dem Orden „Karmaliter von der unbefleckten Maria“(CMI) an. Nach dem Theologiestudium und der Priesterweihe begann er ein Studium der klassischen indischen Musik an der Delhi Universität (Sangeeta Shiromani), das er mit der Prüfung zum Master abschloss. Zur Promotion wechselte er an die Madras Universität. Sein Promotionsthema war eine kritische Studie über den Einfluss von Karnatischer Musik auf die christliche Musik in Tamil Nadu und Kerala. Sein Doktorvater ist der bekannte Karnatik-Musiker Prof. Dr. Karaikudi Subramanian. Nach seiner Promotion ist Pater Poovathingal damit beschäftigt, eine Aka- demie für indische klassische Musik und Tanz aufzubauen. Diese Akademie soll, nach seiner Vision, über alle religiösen Grenzen hinaus Kurse und Programme entwickeln, die zur Förderung menschlicher Werte und religiöser Harmonie beitragen. Die „Chetana Sangeet Natya Academy“ in Thrissur, Kerala, deren Direktor Pater Poovathingal zur Zeit ist, bietet bereits das Studium in Musik und Tanz an, das zum Bachelor und Master führt. Ein Projekt, das Pater Poovathingal bereits abgeschlossen hat, ist für die deutsch-indischen Beziehungen von 9 Bedeutung. Dies ist das Tanzdrama „Puthenpana“. „Puthenpana“ ist eine lyrische Komposition in Malayalam über das Leben Christi, verfasst von dem deutschen Jesuitenmissionar Johann Ernst Hanxleden (geb. 1681 in Ostercappeln), der nach seiner Ankunft in Indien im Dezember 1700 lange Jahre in Kerala lebte. Der wichtigste Teil dieser Komposition ist das Klagelied Mutter Marias über den Tod ihres Sohnes Jesus Christus. Dieser Teil wird heute noch in vielen katholischen Familien in Kerala während der Passionszeit gesungen. Das Tanzdrama wurde schon mehrmals in Kerala präsentiert. Ein Wunsch von Pater Poovathingal ist, mit diesem Tanzdrama nach Deutschland zu kommen und hier eine Tournee zu machen. Im Oktober dieses Jahres kommt er auf jeden Fall mit ein paar Musikern nach Deutschland, um hier einige Konzerte zu geben. Kontaktanschrift: Dr. Paul Poovathingal, Chetana Sangeet Natya Academy, C. R. Iyyunni Road, Mylipadam, Thrissur-680020, Kerala, India, Tel: 0091(0)487/2336667, E-Mail: p_poovathingal@hotmail.com - Jose Punnamparambil Was Indiens Jugend denkt Mehr Professionalität und Pragmatismus in der Politik as führende Nachrichtenmagazin INDIA TODAY in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Synovate führte in acht repräsentativen Großstädten Indiens eine Umfrage über die Einstellungen der Jugend zu Politik und deren Vorstellung vom idealen Führer durch. Die Befragung fand in Delhi, Mumbai, Kolkotta, Chennai, Ahmedabad, Lucknow, Kochi und Indore statt. Befragt wurden Männer und Frauen zwischen 18 und 35 Jahren. In jeder Stadt wurden 200 Personen befragt. Hier eine Zusammenstellung der Ergebnisse der Umfrage : D Indiens Jugend ist politisch sehr bewusst, aber nicht politisch aktiv. Sie fordert den großen Wandel. Aber dabei sind sie nicht verblendet, sind realistisch genug. Sie sehnt sich nach dem großen Führer, dem Pragmatiker. Sie wollen grundsätzlich nur tatkräftige Pragmatiker als Führer, nicht mehr die Alten, die so aussehen, als wären sie aus einem Altenheim ausgebrochen. Die Medien ekeln sie an: Immer die gleichen alten Geschichten, die sie an die Seltsamkeiten Indiens, die Schamlosigkeit der Politiker, die Gewalttätigkeit seiner Gesellschaft und an die kleinen Betrügereien erinnern. Aber diese junge Inderinnen und Inder sind nicht frustriert oder resigniert. Obwohl als ein notwendiges Übel, akzeptieren sie die Politik, wie sie ist, und wissen, dass sie darin etwas zu riskieren haben. Indien braucht und verdient eine(n) starke(n) Führer(in). Jemanden wie Indira Gandhi. Manmohan Singh mag ein guter Mensch mit den Allüren eines Professors sein. Aber man vermisst bei ihm etwas. Vielleicht die politische Vision. Vielleicht ist er zu gut oder zahm für die Politik. Indien verdient etwas mehr als das Atomgeschäft mit den USA. Vielleicht einen New Deal. Indien braucht eine starke Führung Sonia Gandhi mag die Mächtigste in der Kongresspartei sein. Aber sie kann auch nicht Indien regieren, wie sie möchte – etwa in der Art, wie ihre Schwiegermut- ter Indira Gandhi es tat. Auch von ihrem Sohn, Rahul Gandhi, dem angeblichen Versprechen der Zukunft, ist das junge Indien kaum beeindruckt. Er hat bis jetzt ein wenig anders gewirkt als die anderen Kongress-Leute. Auch er hat als Repräsentant der neuen Politiker-Generation den richtigen Unterschied nicht gemacht. In Narendra Modi, dem amtierenden Ministerpräsidenten von Gujarat, sehen die jungen Wähler den richtigen Führer, den geeigneten PremierministerKandidaten. Demografisch ist die Jugend eine sehr starke Bevölkerungsgruppe, weil etwas über die Hälfte der Inder heute unter 25 sind und zwei Drittel aller Inder 35 oder darunter sind. Die Zahl der 18 bis 35 Jährigen beträgt 247 Millionen, und diese Bevölkerungsgruppe verzeichnet einen jährlichen Zuwachs von 3,4%. Diese jungen Inderinnen und Inder sind nicht antipolitisch, sie sind eben von den Politikern von heute, die korrupt, instabil und einfallslos sind, enttäuscht. Sie sind keine Erstwähler und haben schon Ahnung, wie man mit dem Stimmrecht umgehen soll. Sie sind eben nicht de- monstrativ dabei. Sie wissen ganz genau, dass die politischen Optionen nicht die schönsten sind. Die Jugend sehnt sich nach mehr Professionalität in der Politik, nach mehr Pragmatismus und Gujarats Chefminister ist für sie professionell und pragmatisch genug. Mag sein, er ist ein Schreck für viele andere. Aber er hat bedingungslos auf Fortschritt und Entwicklung gesetzt, und dies fasziniert die jungen Menschen in Indien. Während seiner Regierungszeit hat Gujarat sich zu einem ModellStaat entwickelt. Dies wurde ermöglicht, da er eine andere Politik machte und macht. Er ist eine Herausforderung nicht nur für die Angehörigen der NehruFamilie, sondern auch für den offiziellen Premierminister-Kandidaten seiner eigenen Partei. Selbst Manmohan Singh, das wirtschaftliche Wunderkind, kommt in der Wählergunst der jungen Generation nur an der vierten Stelle. Narendra Modi ist für Indiens Jungwähler nach Indira Gandhi und dem frühere Staatspräsidenten A.P.I. Abdul Kalam der drittbeste Führer, den das Land Der Spendensammler Der zwölfjährige Bilaal Rajan geht zurzeit barfuß in die Schule. Dabei ist es in Kanada, wo er wohnt, noch fast winterlich kalt. Doch Bilaal zieht keine Schuhe an. Denn er weiß, dass in armen Teilen der Welt Kinder auch barfuß laufen müssen. Und Bilaal will gegen die Armut kämpfen. „Ich möchte Aufmerksamkeit dafür wecken, dass Kinder in anderen Teilen der Welt noch nicht einmal so einfache Dinge haben wie Schuhe“, sagt Bilaal. „Wenn sie ihr ganzes Leben barfuß gehen müssen – warum sollen wir es nicht für eine Woche können?“ Bilaal kommt aus einer Familie, die aus Indien und Afrika stammt. Schon seit mehreren Jahren setzt sich der Junge mit braunen Knopfaugen für an- 10 dere Kinder ein. „Ich habe einfach damit angefangen, Mandarinen in der Nachbarschaft zu verkaufen, und so 350 Dollar für Erdbebenopfer in Indien gesammelt“, erzählt er. „Das war für mich damals ein Vermögen.“ Inzwischen hat er fast fünf Millionen Dollar Spenden zusammen bekommen. Das sind umgerechnet gut drei Millionen Euro. Helfer gesucht. Bilaal sucht jetzt Mitstreiter. Er reist dafür quer durch Kanada. Überall schlossen sich junge Leute an, erzählt er. In Kanada und den USA, in mehreren Ländern Afrikas und in Europa etwa in Frankreich, Belgien, Holland und der Schweiz. (Quelle: Hohenloher Zeitung, 25.4.2009) je gesehen hat. Er steht über Nehru, Patel, Vajpayee und Advani. Die junge Generation sehnt sich nach einem Führer, der stark, charismatisch und mutig ist. Dieser Führer muss nicht unbedingt perfekt sein, kann auch seine Macken haben. Aber er soll Überzeugungskraft haben, er soll entschlossen sein. Die Beliebtheit, die Indira Gandhi und Narendra Modi bei jungen Indern und Inderinnen genießen, zeigen, dass die politische Hierarchie sich wandelt. Die Jugend hält nicht viel von der NehruGandhi-Dynastie und von politischer Vererbung.. Nicht einmal Rahul Gandhi mit seinen angeblich fortschrittlichen Gedanken genießt große Popularität bei der Jugend. Die Kongresspartei hat keine Idole mehr. Und der Bharatiya Janatha Party (BJP) geht es kaum besser. Diese Partei hat nur zwei Führer-Persönlichkeiten, die bei der Jugend einigermaßen beliebt sind – Vajpayee und Advani. Der erstere ist zwar enorm populär in der Partei, ist aber aus der aktiven Politik zurückgetreten. Der letztere, der offizielle Premierminister-Kandidat der Partei, einer mit ungeheurem Durchhaltevermögen, schneidet in der Umfrage schlecht ab. Er steht an 7.Stelle hinter Rahul Gandhi, Sonia Gandhi, Manmohan Singh und Vajpayee. Advanis Alter spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Die Jugend will grundsätzlich einen Generationswechsel. Der amtierende Premierminister ist 76 und sein Herausforderer 81. All dies zu einer Zeit, in der der Führer der anderen großen Demokratie so jung, dynamisch und charmant wie ein PopStar ist. Zwei Gedichte Prathibha Nandakumar Erzähl mir Geschichten Erzähl mir Geschichten. Mit sieben Weltmeeren, Donnerstürmen, feuerspeienden Drachen darin. Mit einem Schoßpapageien, der perlenpickend seinen Herrn, den Dämon, verlacht. Mit Fährnissen auf Schritt und Tritt, einem endlosen Irrpfad, ohne Ausweg. Ich kenne das alles und fürchte es nicht. All diese Geschichten enden mit einem „dann leben sie noch heute“. Erzähl mir Geschichten, wo atemverschlagen umschlungen unter dem Neembaum sich Träume in seine Versprechen verwandeln. Erzähl mir Geschichten, die mich Weinen und Heulen machen wie ein waidwundes Tier, an deren Ende sie sich bekommen wie verirrte Kinder sich einander wiederfinden, durch ein Glück. Es war einmal eine Prinzessin der Wäscherjunge war verliebt in sie.. Solche Geschichten sind selten falsch. Prathibha Nandakumar, geb. 1955, ist eine der namhaften Lyrikerinnen Indiens, die in Kannada schreibt. Sie hat bis jetzt 5 Bände Gedichte veröffentlicht. Sie schreibt auch Erzählungen, Theaterstücke und ist bekannt als Übersetzerin und Journalistin. Sie hat mehrere Literaturpreise einschließlich des Literaturakademiepreises des Staates Karnataka erhalten. Größe Du kannst mich nicht mit der Faust fangen, in ein Zimmer sperren, in kleinen Gefährten befördern. Ein Sechs-Meter-Sari ist mir nicht genug. Ich passe nicht in Blusen von der Stange. Anstand und Ehrlichkeit in der Politik Zwischen Fassade und Hintertür in zwei Zimmern und einem Säulengang können die Jahrestagsfeierlichkeiten mich nicht bannen. Das Urteil der Jugend ist eine klare Ablehnung. Es ist ein klares Nein zu den offiziellen Kandidaten von Kongress und BJP zugleich. Was die beiden großen Volksparteien anbieten, ist nicht das, was die Jugend sich wünscht. Die Jugend verlangt Anstand und Ehre von Politikern. Aber menschliche Güte allein genügt nicht, meint sie. Die Führungsanwärter sollen handlungsfähig sein, und ohne Leistung wird nichts laufen, meint sie. Das Urteil ist hart, und da wird manch einer aus seinem aufgeblähten Ego die Luft ablassen müssen. ! (Quelle: INDIA TODAY, 16.2.2009. Bearbeitung: Thomas Chakkiath) He, Du, Mann am Strand, spiel dich nur müde und kehre dann heim. Meine Wellen müssen noch manches Schiff ans Ufer tragen. (Aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt von Asok Punnamparambil) 11 Auswanderung Sonar Bangla Die ersten Jahre in Kalkutta Gisela Advani ls ich am 1. Weihnachtstag 1960 in Bombay heiratete und anschließend mit meinem Mann nach Kalkutta zog, hatte ich mir kein Hintertürchen offen gelassen, durch das ich nach Deutschland zurückschlüpfen konnte, falls mir das Land nicht gefiel. Mit der ganzen Begeisterung meiner 21 Jahre und der Liebe für meinen Mann stürzte ich mich in das indische Abenteuer. A Kalkutta war hoffnungslos überbevölkert, die Stadt platzte aus allen Nähten. Viele der Obdachlosen, die auf den Bahnsteigen des Sealdah-Bahnhofs und den Straßen der Stadt unter primitivsten Umständen lebten, waren Flüchtlinge aus dem östlichen Teil Bengalens, das in dieser Zeit noch Ost-Pakistan hieß. Arbeit war kaum zu finden. Und wenn, dann meist nur die erniedrigendste. Der letzte Ausweg war immer das Betteln. Die Armut in Kalkutta erschreckte mich. Ich hätte nie gedacht, dass es einen so erbarmungslosen Lebensstil geben könnte. Die verwahrlosten, zum Teil verstümmelten Bettler jeden Alters, die um mich herumschwärmten, wenn ich auf dem „New Market“ einkaufen ging, waren ein schlimmer Anblick. Entsetzt war ich über die schwerbeladenen Karren, vor die Menschen gespannt waren wie Zugtiere. Ich konnte mich nie in eine von Menschen gezogene Rikscha setzen, obwohl mir immer wieder beteuert wurde, dass sie ein ganz normales öffentliches Transportmittel sei. Wie sollen die „Rikschawalas” sonst ihren Lebensunterhalt verdienen? Sollten sie und ihre Familien vielleicht darben und als letzten Ausweg das Betteln sehen? Diese Logik wollte mir nicht eingehen. Ich versuchte auf meine Weise, hier und da Not zu lindern. Kindern, die mich anbettelten, kaufte ich Brot, Bananen oder Erdnüsse. Ich bewahrte mein Kleingeld auf, um es unter den Bettlern zu verteilen. Kleidung und Lebensmittel verschenkte ich an meine Putzfrau und an eine schrecklich verhärmte Frau, die einmal im Monat auf meiner Türschwelle saß. Mein Mann, der mit dieser Armut um sich herum aufgewachsen war, sah sie Bildung Migrantenkinder benachteiligt Die im vergangenen Jahrzehnt durchgeführten internationalen Vergleichsstudien zeigen, dass Migrantenkinder in fast allen wichtigen Einwanderungsländern der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) tendenziell mehr oder weniger große Leistungsdefizite im Lesen, in Mathematik und in den Naturwissenschaften gegenüber den Einheimischen aufweisen. Deutschland gehört allerdings zu denjenigen Gesellschaften, in denen diese Defizite am größten sind. In der letzten PISA-Studie führt Deutschland die „Hitliste“ der Länder mit den größten Defiziten der Migrantenkinder im Bereich Naturwissenschaften an, in Mathematik ist es bei PISA 2003 „Vizemeister“ der OECD und im Le-sen liegt es 2006 auf Platz 3. Die so genannte Zweite Generation – das heißt Jugendliche, die im Zuwanderungsland geboren sind und deren beide Eltern zugewandert sind – weist in Deutschland 2006 in allen drei Leistungsbereichen die größten Rückstände gegenüber den Einheimischen auf. Offensichtlich gelingt es in Deutsch- land nicht, das Leistungspotenzial von jungen Menschen mit Migrationshintergrund so zu fördern und zu entwickeln, wie es in den meisten anderen Einwanderungsländern der Fall ist. Es ist nicht verwunderlich, dass diese Leistungsdefizite schlimme Folgen für die Bildungsbeteiligung haben. Allerdings sei hier bereits darauf verwiesen, dass die schlechten Bildungschancen der Migrantenkinder nur teilweise auf ihre Kompetenzdefizite zurückzuführen sind und auch mit unzureichender Förderung und Diskriminierungen in den Schulen zusammenhängen. Die Probleme der Migrantenkinder beginnen bereits im vorschulischen Bereich. 2007 besuchten in Deutschland 90 Prozent aller Drei- bis Fünfjährigen eine Kindertageseinrichtung, aber nur 64 Prozent der Migrantenkinder. Dabei ist belegt, dass gerade die Kinder aus bildungsfernen und zugewanderten Familien von einem möglichst frühen Kindergartenbesuch profitieren: Sie werden seltener bei der Einschulung zurückgestellt, und ihre Chancen, später ein Gymnasium zu besuchen, ver- 12 doppeln sich. Die Nachteile setzen sich bei der Einschulung – es werden etwa doppelt so viele ausländische Kinder zurückgestellt – und bei der wichtigen Weichenstellung am Ende der Grundschulzeit fort: Zwischen 1985 und 2006 wechselten zwei Drittel der ausländischen Schüler an die Hauptschule (deutsche: 42 Prozent) und nur 9 Prozent auf ein Gymnasium (deutsche: 30 Prozent). Während ihrer Schulkarriere müssen Migrantenkinder insbesondere in den unteren Klassen erheblich häufiger die Klasse wiederholen, in den ersten bis dritten Klassen bleiben sie viermal häufiger sitzen als Einheimische. Sie müssen auch häufiger das Gymnasium wieder verlassen und steigen doppelt so häufig in die Hauptschule ab. Auch das Risiko, auf eine Sonderschule für Lernbehinderte überwiesen zu werden, ist doppelt so hoch wie bei Deutschen. - von Rainer Geißler und Sonya Weber-Hens (Quelle: „Migrantenkinder im Bildungssystem doppelt benachteiligt“. Aus Politik und Zeitgeschichte 49/2008) mit anderen Augen und fragte mich eines Tages sehr diplomatisch, wie ich auf Dauer dieses Fass ohne Boden zu füllen gedächte. Das war mir zwar auch nicht klar, aber ich konnte mich diesem Elend einfach nicht verschließen. Als dann jedoch ein Bettler das Essen wegwarf, das ich ihm gegeben hatte, wurde ich stutzig und begann, mich rationaler mit dem Problem der Armut auseinanderzusetzen. Weil ich mich von Anfang an bemüht hatte, ein Gemisch aus Bengali und Hindi zu lernen, löste ich mich sehr schnell aus der Isolation und fand mich besser in der mir anfangs so fremden Kultur zurecht. Bald konnte ich mich, wenn auch mehr schlecht als recht, mit Menschen unterhalten, bei denen mir mein Englisch nicht weiterhalf. Zum Beispiel mit meiner Putzfrau, mit dem Unberührbaren, der meine Badezimmer jeden Tag scheuerte, und mit dem Wäscher, der einmal in der Woche kam. Wenn ich in die Stadt fuhr, sprach ich mit den Taxifahrern und auf dem Markt mit den Kulis, die meine Einkäufe in Riesenkörben auf dem Kopf trugen. Trotz meiner mageren Sprachkenntnisse wagte ich mich in entlegene Ecken des Marktes, wo keine Ausländer hinkamen und Obst und Gemüse billiger waren. Ich wurde immer nett und mit einem Lächeln behandelt. Angst hatte ich nie. Natürlich hatte das Leben in Kalkutta seine unerfreulichen Seiten. Im feuchtheißen Klima des Sommers wachte ich manchmal schon morgens schweißgebadet auf, weil die Klimaanlage in unserem Schlafzimmer nicht funktionierte oder der Strom stundenlang ausfiel. Manchmal hatten wir kein Wasser, und an einen Telefonanschluss war überhaupt nicht zu denken. Kurz vor dem Monsun tobten gewaltige Gewitterstürme über der Stadt. Einerseits brachten sie für einige Stunden Kühlung, andererseits fürchteten wir sie wegen ihrer Zerstörungskraft. An den Fenstern unserer Wohnungen hatten wir gegen Sonne und Regen dicke Leinwände anbringen lassen, die bei Bedarf heruntergelassen wurden. Sie wirkten gegen diese Orkane wie Papier, und der sintflutartige Regen strömte in unsere Wohnung. Wir mussten unsere Teppiche und Möbel oft in Sicherheit bringen. In unserem Stadtviertel wohnten überwiegend Bengalen. Viele ihrer Traditio- nen befremdeten mich. Eine meiner Nachbarinnen hatte ihre Schwiegermutter bei sich wohnen, die als Witwe ein sehr zurückgezogenes Leben führte. Ich besuchte sie oft, obwohl wir uns nur durch Gesten, viel Lächeln und meine paar Brocken Bengali verständigen konnten. Sie aß gern Süßes, und ich wollte ihr mit einem selbstgebackene Kuchen eine Freude machen. Da sie als Witwe aber streng vegetarisch, d.h. auch ohne Eier, leben musste, stand ich vor einem echten Problem. Kuchen ohne Eier hatte ich noch nie gebacken. Nach langem Suchen fand ich in meinem Dr. Oetker Schulkochbuch ein Apfelkuchenrezept, unter dem ganz klein gedruckt stand, dass man die Eier durch Milch oder Wasser ersetzen könne. Viele Dinge, die in westlichen Ländern als selbstverständlich galten, gab es in den sechziger Jahren in Indien nicht. Mein Leben war vergleichsweise primitiv, und ich musste auf meinen Erfindergeist und meine Phantasie bauen. Das hat mir viele Erfolgserlebnisse gebracht und gezeigt, dass weniger auch mehr sein kann. Wenn ich später jemandem erzählte, dass ich fünf Jahre in Kalkutta verbracht hatte, wurde ich meist bemitleidet. Diese Reaktion ließ mich zurückdenken. War das Leben in Kalkutta wirklich so furchtbar gewesen? Ich erinnere mich an die Menschen in Bengalen als freundlich und hilfsbereit und als leidenschaftliche Debattierer, besonders wenn es um Politik ging. Ich erinnere mich auch an ihre große Liebe für die Literatur und Musik ihrer Heimat und an die kulturellen Programme, darunter viele Theaterstücke, die wir besucht haben. Für die bengalischen Frauen mit ihrer sanften Schönheit und ihrem ausgeprägten Sinn für Familie und Tradition hatte ich nichts als Bewunderung. Meine lebenslange Faszination von Indien begann damals in „Sonar Bangla“, dem Goldenen Bengalen. ! Moralisch verpflichtet Kirche startet Kampagne gegen Klimawandel Bischöfe aus Industrie- und Entwicklungsländern sowie Vertreter von rund 170 katholischen Organisationen haben einen stärkeren Einsatz gegen den Klimawandel verlangt. Am Rande der Klimakonferenz im polnischen Poznan (Posen) starteten sie eine weltweite Kampagne, mit der sie auf die Bedürfnisse der armen Bevölkerung in Entwicklungsländern hinweisen. Bereits jetzt kämen Menschen ums Leben, weil in seinem Heimatland die Stürme stärker und die Dürren länger geworden seien, sagte Bischof Theotonius Gomes aus Bangladesch. In den vergangenen Jahren sei der Bedarf an Nothilfe drastisch gestiegen. Die Kampagne wird unter anderem vom Internationalen Dachverband katholischer Wohlfahrtsorganisationen „Caritas Internationalis“ und dem Dachverband katholischer Entwicklungsorganisationen, Cidse, getragen. Präsident René Grotenhuis erklärte, die Bevölkerung der Entwicklungsländer trage am wenigsten zum Klimawandel bei, sei allerdings von den Aus- 13 wirkungen am stärksten betroffen. Es gebe daher eine moralische Verpflichtung, für den nötigen technischen und finanziellen Beistand für diese Länder zu sorgen. Sie müssten in die Lage versetzt werden, sich dem Klimawandel anzupassen. Grotenhuis erinnerte daran, dass mit Milliardenbeträgen die Krise auf den Finanzmärkten bekämpft werde. Darüber dürfe nicht vergessen werden, dass der Klimawandel eine Katastrophe weit größeren Ausmaßes auslösen könne. Mit ihrer Kampagne wollen die Bischöfe und Organisationen erreichen, dass bis 2012 ein sozial gerechtes Klimaabkommen ausgehandelt wird. Darin sollten sich die Industrieländer zu ausreichendem Beistand für die Entwicklungsländer verpflichten. Zudem sollten sie ihren Ausstoß an Treibhausgasen gegenüber dem Stand von 1990 bis 2020 um 30 bis 40 Prozent verringern. - KNA (Quelle: F + M, 2/2009) Religion Der Buddhismus wird neu entdeckt Das globalisierte Indien auf der Suche nach einer Religion ohne Gott Thomas Chakkiath er Buddhismus erlebt den größten Boom in Indien seit seiner Blütezeit vor 2200 Jahren. Die Lehre, die einst aus ihrem Geburtsland verdrängt worden war, kehrt nun zurück und scheint die Menschenherzen zurückzuerobern. Die in Städten lebenden Inder finden in buddhistischer Lehre einen Rettungsanker, eine Zuflucht für ihr sorgenschweres Leben. Auf der Insel Gorai bei Mumbai wurde neuerdings eine riesengroße Pagoda, die Global Vipasana Pagoda, der größte Dom der Welt, eröffnet. Als Gäste waren der Staatspräsident, der Gouverneur des Bundeslandes, viele Minister, Industrielle, Medienzaren und nicht zuletzt die Enkelin Indira Gandhis, Priyanka Gandhi Vadra, die bekanntlich eine Anhängerin des Buddhismus ist, höchst persönlich da. D Die neue Anhängerschaft des Buddhismus besteht größtenteils aus Menschen, auch jungen, die wohlhabend, rational, großstädtisch und englisch erzogen sind, die organisierter Religionen überdrüssig sind und für Antworten auf ihre Lebensfragen auf die alte Lehre zurückgreifen. Sie wollen aus ihrem neuen Glauben keine Schau machen. Im Gegensatz zu Ambedkar, der vor 50 Jahren zum Buddhismus konvertierte aus Rache für die krasse Kastendiskriminierung, der er im Hinduismus ausgesetzt worden war, sind die neuen Jünger Buddhas eher scheu und zurückhaltend. Sie wollen sich nicht gerne öffentlich zum Buddhismus bekennen. Sie wollen nichts von der politischen Altlast des Buddhismus wissen. Ihr Buddhismus ist eher eine Therapie als eine Religion, eine Selbst-Hilfe, die ihnen hilft, den Stress und die Probleme des modernen und Stadtlebens, die durch nukleare Familien, Generationslücken, Ehescheidungen, Zerfall der familiäre Unterstützung, Arbeitslosigkeit, Einsamkeit, Zukunftsängste der Teenager und Zivilisationskrankheiten entstehen, zu überwinden. Soka Gakkai Die 32-jährige Geschäftsführerin Archana Sehgal ist eine Vertreterin der neuen Anhängerschaft. Die einer schlimmen Familienfehde zum Opfer gefallene Frau Sehgal schloss sich einem Kreis des Sprechgesangs an, um seelische Ruhe zurückzugewinnen. Dieser wirkte Wunder und sie kam wieder zu innerer Ruhe. Heute ist sie Leiterin der örtlichen Frauengruppe der Bharat Soka Gakkai (Werteschaffende Gesellschaft), einer in Japan gegründeten Religionsgemeinschaft buddhistischer Prägung. Heute blüht diese Gemeinschaft in 192 Ländern und hat Millionen von Mitgliedern. Die Leitung der Gemeinschaft hat dafür zu sorgen, dass es jedem Mitglied wohlergeht. Archana soll wöchentlich zwei Hausbesuche machen. Dies ist sehr typisch für diese Gemeinschaft. Jeder Block mit einer Leiterin oder einem Leiter an der Spitze hat maximal nur 10 Mitglieder, so dass eine individuelle Betreuung möglich ist. Frau Sehgal sagt, dies gebe ihr sehr viel Erfüllung, da sie den anderen, die wie sie selbst sich mit familiären und sozialen Problemen auseinanderzusetzen haben, richtungweisend beistehen kann. Soka Gakkai ist eine Philosophie, die man sehr leicht im täglichen Leben praktisch umsetzen kann. Sie begreifen, wie ihr inneres Leben funktioniert, und lernen, die Verantwortung für ihr eigenes Glück zu übernehmen. Die Kombination von gemeinschaftlichem Gebetsingen, individueller Beratung und einem Unterstützungssystem, das dem einer Großfamilie ähnelt, hat in knapp über zwei Dekaden die Bharat Soka Gakkai zu einer beeindruckenden Organisation mit über 38000 Mitgliedern in 300 Städten aufsteigen lassen. Den skeptischen Außenstehenden, insbesondere den Angehörigen der gut gebildeten Mittelschicht mit ihrem Schrecken vor allem, was nach einer organisierten Religion riecht, könnten die straffe Organisation und die strengen Regeln der Vertraulichkeit zuweilen fast freimaurerisch erscheinen. Aber von in- Eine Welt ist nicht genug Der Mensch verbraucht schon jetzt mehr natürliche Ressourcen, als die Erde eigentlich hergibt, um ihm eine sichere Zukunft auf seinem Heimatplaneten zu ermöglichen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Umweltorganisation World Wildlife Fund for Nature (WWF) zum ökologischen Zustand der Welt. Der „Living Planet Index“ untersucht die Artenvielfalt und den sogenannten ökologischen Fußabdruck, den jeder Mensch durch den Verbrauch von Rohstoffen wie Wasser und Energie hinterlässt. In Brasilien verschwindet jedes Jahr Regenwald in der Größe von Hessen, mehr als 21.000 Quadratkilometer. Im Jahr 2035 wären bereits die Ressourcen einer zweiten Erde verbraucht, 14 wenn der Mensch seinen Verbrauch nicht entscheidend verändert. „Bislang haben wir diesen Zeitpunkt für 2050 erwartet“, sagt Christoph Heinrich, WWF-Direktor Umwelt- und Naturschutz. Rund 40 Prozent des globalen Ressourcenverbrauchs gehen allein auf das Konto von China und den USA. Während der Verbrauch von Ressourcen dramatisch ansteigt, sinkt die Artenvielfalt. In den vergangenen 35 Jahren ist rund ein Drittel aller Arten verschwunden. Ein Viertel aller Säugetiere gilt heute als vom Aussterben bedroht. Die Studie ist – nur auf Englisch – abrufbar unter www.wwf.de (Quelle: Kontinente 1/2009) nen gesehen, sind die Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und die echte Sorge der einzelnen Mitglieder um die anderen kaum zu verkennen. Durch das Sprechsingen werden negative Gedanken in positive umgewandelt. Was noch wichtiger ist: Die Mitglieder der Gemeinschaft werden aufgefordert, für die Freude der anderen zu beten. Individuelle Erfahrungen und Erkenntnisse, wie die Exerzitien das Leben verändert haben, wird unter strenger Vertraulichkeit untereinander ausgetauscht. Es wird von unzähligen Heilserfahrungen und Wundern berichtet. Blinde sehen, Krebskranke werden geheilt, zwischenmenschliche Beziehungen innerhalb der Familie, in der Gesellschaft und am Arbeitsplatz werden besser, Arbeitsstellen werden angeboten, Beförderung, die einem zusteht, kommt ohne Drahtziehen. Aber Soka Gakkai ist mehr als eine spirituelle Therapie, wird betont. Die Gemeinschaft strebt einen radikalen globalen spirituellen Wandel an, sie will eine Art human revolution herbeiführen, wobei die Mitglieder für eine Welt kämpfen sollen, in der Buddhas zentrale Lehren wie Frieden und Gewaltlosigkeit befolgt und verbreitet werden. Dies soll dazu dienen, alle Probleme der Welt zu lösen, sei es das global warming, Gefährdung des Weltfriedens durch Nuklearbewaffnung oder das Waldsterben. Vipassana Andere New-Age-Formen des Buddhismus ergreifen die gleiche Idee einer gesammtheitlichen Betrachtung des Universums. Vipassana – das heißt, Dinge sehen wie sie wirklich sind –, jene Meditationsform, die von Buddha popularisiert wurde, wurde von einem in Burma ansässigen indischen Geschäftsmann in das Ursprungsland Indien zurückgebracht. Satyanarayan Goenka heißt dieser Mann. Er war ein eifriger Praktiker dieser Meditationsform und kam 1962 zwecks ihrer Wiederbelebung nach Indien zurück. Vipassana schließt, wie Goenka in seinen Vorträgen und Büchern sagt, keine Dogmen, Riten, Rituale und Bekehrung ein. Die einzige Bekehrung ist die von der Misere zum Glück, von Knechtschaft zur Freiheit. Als Goenka vor 40 Jahren das Vipassana nach Indien holte, gab es nur ein paar Menschen inklusiver seinen Eltern, die bereit waren, es mitzumachen. Heute gibt es rund 55 Vipassana-Zentren in Indien – von Sonepat in Haryana bis Chengannur in Kerala, von Jaipur und Ajmer bis Dehradun und Durg. An den zehntägigen Exerzitientagungen nahmen neuerdings knapp eine Million Menschen teil. Hier wurden den Anfängern beigebracht, innere Reinigung durch Selbstbetrachtung zu üben. Die Teilnehmer führen ein recht bescheidenes Leben mit möglichst wenigen Bedürfnissen. Kein Fleischkonsum, kein Alkohol, keine Zeitung, kein Fernsehen, keine Musik, absolutes Schweigen und Konzentration des Geistes. Verzicht auf die Ablenkungen ist der erste Schritt zur Beruhigung des Geistes. Dann folgt die anapana-Meditation für dreieinhalb Tage. Diese konzentriert sich auf den Atmungssprozess. An den darauf folgenden sechseinhalb Tagen wird eine Meditation unter Aufsicht durchgeführt, wobei die Teilnehmer lernen, Änderungen am eigenen Körpern bewusst wahrzunehmen. Dies schenkt ihnen Gelassenheit und Ausgeglichenheit. Das Aufkommen von verschiedenen New-Age-Formen des Buddhismus ist heutzutage ein wachsender Trend in indischen Großstädten. Es sieht so aus, als würde der Buddhismus nach seiner Verdrängung vor Jahrhunderten in seinem Geburtsland wieder entdeckt. Es ist überwiegend die hinduistische Oberschicht, die versucht, die Seele der buddhistischen Lehre wieder zu entdecken. Die Wiederkunft Buddhas passt genau ins Bild, da eine ähnliche Welt wie zu Buddhas Zeiten auch heute vorhanden ist – eine aufbrechende Gesellschaft mit ihrer aufkommenden Händlerschicht. Eine Gesellschaft, in der die traditionellen zwischenmenschlichen Beziehungen zerfallen und Menschen in Großstädten in Anonymität und Einsamkeit geraten. Die traditionellen Religionen können nicht weiter helfen, denken viele. Das liberalisierte Indien, spirituell und emotionell erschöpft, ist verständlicherweise auf der Suche nach einer neuen Form der Spiritualität, und diese findet Weltpatent für Ayurvedatherapie gegen Krebs Erfolgreiche Behandlung mit dem Tropfenkonzentrat SJ-29 Nach 20-jähriger biotechnologischer Forschung und klinischen Tests hat das Athulya Ayurvedic Medical Research Centre (AAMRC) in Kozhikode, Kerala, Indien, eine auf Pflanzenextrakt SJ-29 basierte Therapie entwickelt, wofür es das „Globale Patent für Krebstherapie“ erhalten hat. Die Erfindung dieses Pflanzenextrakts erfolgte ganz zufällig. Seine krebsheilende Wirkung auf menschliche Zellengewebe wurde eigentlich schon 1993 entdeckt. Daraufhin wurden zahlreiche weitere Tests durchgeführt. Die Ergebnisse waren sehr zufriedenstellend. So wurden das indische Patent (P25/ 00007/2007/CHF/00284) und das globale Patent (pct/in/2007/000179, veröffentlicht am 20.11.2008 (siehe www.wipo.int/patent) dem Erfinder der Medikamente Dr. Zacharia Jakob erteilt. Das Herausragende an SJ-29 besteht darin, dass es selektiv und ausschließlich auf Krebszellen wirkt. Das Medikament ist absolut sicher, es wurden 15 bis jetzt keine Nebenwirkungen festgestellt. Nach Dr. Zacharia Jacob, der das Medikament erfunden und die Therapie entwickelt hat, hat diese Behandlungsmethode gegen Krebs verschiedene Vorteile: die eingesetzten Substanzen sind natürlichen Ursprungs, die Verabreichung ist sicher und einfach und das Medikament hat keinerlei Nebenwirkungen. Im Athulya Ayurvedic Medical Research Centre werden Krebspatienten aller Art sowohl ambulant als auch stationär behandelt. Chirurgische Eingriffe werden je nach Krankheitssituation empfohlen, aber nicht Chemotherapie oder Bestrahlungen. Für weitere Information: www.ayurvediccancertherapy.com - P. Werner Chakkalakal, Kerala, Indien (Quelle: Sunday Deepika, Malayalam Zeitung, Kerala, 22.3.2009) es in dem wieder entdeckten Buddhismus. Die angestrebte Identität eines Inders ohne Angaben zu seiner Kastenund Religionszugehörigkeit ist relativ neu, und gerade deshalb passt Buddhismus besonders ins Bild, da die Lehre sehr am Individuum orientiert ist. Es ist die Suche nach einem moralisch, ethisch und spirituell vertretbaren Leben ohne Gott als Vermittler, die tausende von Menschen zum Dalai Lama treiben. In der Vergangenheit war der Dalai Lama viel auf Auslandsreisen, um die Lehre Buddhas den Menschen näher zu bringen, aber heute findet er seine Gefolgschaft in Indien selbst. Egal, wo er hinkommt, jubeln Tausende ihm zu. Seine einfachen, nüchternen, bodenständigen Reden ohne Dogmen faszinieren die Zuhörer. Für die wissenschaftlich geschulten und rationalistisch gesinnten Zeitgenossen haben diese Reden eine besondere Anziehungskraft. Im Buddhismus liegt die Betonung auf der individuellen Erleuchtung, und dies fasziniert die Intelligenzija. Ethisch Wegweisendes Nun bleiben die folgenden Fragen offen: Wird der Buddhismus noch einmal aus Indien verschwinden wie damals? Wird er vom Hinduismus einverleibt werden und in Ritualismus verfallen? Wird die Handelsschicht, die das Rückgrat der Wiederbelebungskampagne bildet, aus welchem Grund auch immer, sich wieder verkleinern? Pankaj Mishra, der bekannte indische Schriftsteller, verneint diese Fragen. Buddha sei mit Abstand der größte Denker, den Indien je hervorgebracht hat, sagt er. Viele angeblich moderne Ideologien seien inzwischen in Verruf geraten, und gerade jetzt sei die Buddhistische Lehre als etwas ethisch Wegweisendes besonders relevant, fügt er hinzu. Die Buddhismus-Lehrer bestimmen die Lehren von Zeit zu Zeit näher, um sie den Erfordernissen der Zeit anzupassen, um sie zeitgenössisch relevant zu machen. Keiner kann zum Beispiel gedacht haben, dass die fünf Gelübde, die der Buddha vor Jahrhunderten festlegte, bei den wohlhabenden, gut gebildeten Fachleuten und Wissenschaftlern Resonanz finden würden. Die buddhistischen Lehrmeister haben mutig ein ethisches System vorgelegt, das für jeden in unseren widerspenstigen und turbulenten Zeiten gut funktioniert. An den fünftägigen buddhistischen Exerzitien in Delhi nahmen neuerdings viele Inder teil und legten die fünf Gelübde in ihrer New-Age-Form ab. Sie versammelten sich unter einem Bodhi Baum auf den Nehru Memorial Wiesen. Die fünf Gelübde : Nicht töten: Dies ist mehr als ein Aufruf, sich zum Vegetarismus zu bekehren. Dies fordert Sie auf, einen umweltfreundlicheren Lebensstil zu praktizieren, sich für den Schutz des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen einzusetzen. Barmherzigkeit: Man soll seine Zeit, Energie und materielle Ressourcen mit anderen teilen, die sie dringend benötigen. Halten Sie die anderen davon ab, aus menschlichem Leid oder aus dem Leid anderer Spezies Vorteile zu ziehen. Verantwortlicher Sex: Mann und Frau sollen nicht ohne Liebe, Hingabe und Verpflichtung sexuelle Beziehungen eingehen. Kinder sollen vor sexuellem Missbrauch geschützt werden. Durch sexuelles Fehlverhalten soll nicht das Ehe- und Familienleben zu Grunde gehen. Liebevolles Reden: Dieses Gebot ist mehr als „Du sollst nicht lügen“. Es ist eher eine Verpflichtung, jene Nachrichten nicht auszubreiten, deren Wahrheit man nicht nachgeprüft hat, und Dinge nicht zu kritisieren oder zu verurteilen, von denen man selbst nicht sicher ist. Man soll auch auf verletzende oder beleidigende Worte verzichten, die unter anderem auch Familien oder der Gesellschaft Schaden zufügen könnten. Man soll eher auf Versöhnung setzen und nicht auf Konfrontation. Kein Rauschmittel Man soll nicht nur auf die üblichen Rauschmittel wie Alkohol und Drogen verzichten, sondern auch auf giftige, berauschende Fernsehprogramme, Magazine, Bücher, Filme und Gespräche. Man soll versuchen, Gewalt, Angst, Ärger und Verwirrung in der eigenen Person und in der Gesellschaft in positive Energie umzuwandeln, indem man eine bestimmte geistige Diät praktiziert. Der Soka Gakkai-Lehrmeister Daisaku hat folgende Regeln für die Veränderung der Welt durch Veränderung des Individuums festgelegt: Man soll sich selbst zu jederzeit herausfordern, so dass man nicht von der Umwelt und anderen Menschen hin- und hergeschleudert wird. Dadurch wird man im Stande sein, die Umwelt zu beeinflussen und zu ändern. Man soll durch seine Interaktion mit den anderen eher weiterwachsen als in Isolation geraten. Uma Chhatrapathi Eine vielbegabte indische Künstlerin Uma Chhatrapathi, geb. 1957, ist eine bekannte indische Künstlerin, die in Aquarell, Acryl und Öl malt. Ihre Gemälde sind bereits in vielen Galerien in Mumbai und anderswo in Indien ausgestellt worden. Zu den Besitzern ihrer Gemälde gehören viele private Sammler in Indien sowie im Ausland wie Mercedez Benz, Hinduja Gruppe, Grundig Sammlungen, StudiomasterUK etc. etc. Uma Chhatrapathi beschäftigt sich viel mit der spirituellen Dimension des menschlichen Körpers. Sie bemüht sich in ihrer Arbeit, Kubismus in holistischen Abstraktionen zu integrieren. Uma Chhatrapathi ist auch eine aus- 16 gebildete Kathak-Tänzerin. - J. P. Man soll sich verpflichten, all das in der eigenen Person verborgene Potential richtig wahrzunehmen und zu verwirklichen als ein Schritt zur Selbstverwirklichung. Die Geschichte meines Namens Kavitha Pollyanna Thomas Man soll sich verpflichten, trotz aller Probleme glücklich zu sein und glücklich zu bleiben. Man soll nicht vor sich selbst flüchten. Man soll sich von innen ändern. Man soll sich von Angst befreien. Man soll sich nie mit anderen vergleichen, sondern mit dem, was man gestern war, mit seinem Selbst von gestern. Beispiele des nachhaltigen Lebenswandels : Shantum Seth, der einstige Friedensaktivist, hatte selbst keinen inneren Frieden, und diesen gewann er zurück durch intensive Meditation und bewusstes Leben. Der Industrielle und Medienzar Subhash Chandra übt Vipassana täglich seit 1990 und ist dadurch mit sich selbst klargekommen, sagt er. Heute ist er selbstbeherrschter und ausgeglichener. Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass Priyanka Gandhi, Indira Gandhis Enkelin, seit elf Jahren Anhängerin des Buddhismus ist. Sie übt die Vipassana-Meditation eifrig und regelmäßig. Nandita Das, Schauspielerin, hat nie viel von organisierten Religionen gehalten. Sie war ständig auf der Suche nach einer Glaubensrichtung, die eine wahre spirituelle Zuflucht bietet. Sie findet die buddhistische Lehre modern und zeitgemäß. Wenn eine Religion über die Gebote und Verbote hinausgeht und eine Suche nach dem größeren Wohl der Menschheit wird, ist sie das Folgen wert. A. Subramaniam, Atomwissenschaftler, glaubt, Buddhismus hat eine wissenschaftliche Basis. Er übt die VipassanaMeditation seit 1992 und gibt heute selbst Unterricht. Auch Arbaz Khan, Bollywood Schauspieler, und Upen Biswas, ehemaliger CBI joint-director, gehört zu den stressgeplagten Menschen, die Zuflucht im Buddhismus gefunden haben. ! (Quelle: Outlook, 23.2.2009, u.a.) ch nenne mich Kavitha, was auf Sanskrit Poesie bedeutet. Meine Eltern haben mich Polly genannt. I Ich bin die fünft- und letztgeborene meiner Eltern und die dritte Tochter. Diese meine Namensgeschichte widme ich meinem Bruder Mon, da er mir meinen Namen geschenkt hat. Meine Eltern haben 4 Kinder gehabt, bevor ich zur Welt kam. Ihren ersten Sohn haben sie als Baby verloren. Das muss sehr schmerzhaft für sie gewesen sein. Dann kam noch ein Sohn. Und dann kam ich, Mein Bruder war 3, als ich geboren wurde. Man erzählte mir, im Kindergarten habe er gerade ein englisches Kinderlied „Polly put the kettle on“ gelernt und mich deshalb Polly genannt. Und so sei ich zu meinem Namen gekommen. Ich fand den Namen ganz originell. Ich habe bis jetzt keinen Mensch getroffen, der Polly heißt. In Indien kommen schon Namen wie Nancy, Susy, Alice, Sarah, Stella, Celine vor, aber einer Polly bin ich noch nicht begegnet. Auch außerhalb Indiens nicht. Und trotzdem hat mich keine/r in Indien jemals gefragt, warum ich Polly heiße. Ich war gerne Polly und war ganz und gar glücklich als Polly. Mit 13 aber las ich das Buch „Pollyanna“ über das Mädchen, das alles so optimistisch sah und allen nur Gutes wollte, und fand sie einfach toll und wollte so sein wie sie. Ich fand, dass mein Name eine erstaunliche Ähnlichkeit mit ihrem hatte, weil ich auch Anne als zweiten Vornamen hatte. Da ich noch die Möglichkeit hatte, bis zum Schulabschluss meinen offiziellen Namen zu gestalten, habe ich die Gelegenheit wahrgenommen, Polly und Anne kombiniert und Pollyanna daraus gemacht. So heiße ich immer noch auf allen Papieren. Mit 23 ging ich nach Paris, um weiter zu studieren und zu promovieren. Dort wurde ich zum ersten Mal gefragt, warum ich Polly heiße, ob es ein typi________________________________ Dr. Kavitha Pollyanna Thomas ist Mitarbeiterin bei VEZ, Bad Honnef (Vorbereitungsstätte für Fachkräfte der Entwicklungszusammenarbeit) 17 scher indischer Name wäre und so weiter, dass ich auf einmal meinen Namen erklären, rechtfertigen, mich sogar für meinen Namen schämen musste. Irgendwann war es mir leid, immer wieder in die Position gedrängt zu werden, die Kolonialgeschichte erzählen zu müssen, warum mein Bruder mit 3 ausgerechnet „Polly put the kettle on“ sang, und meine Eltern dafür kritisieren zu müssen, dass sie mir keinen indischen Namen gegeben haben. (Ich weiß nicht, ob mein Bruder mich Parvati genannt hätte, wenn er indische Lieder gelernt hätte, und ob ich heute ein anderer Mensch wäre, wenn ich als Parvati groß geworden wäre und mich niemals mit meinem Namen hätte auseinandersetzen müssen.) Als ich einmal im Zug saß und nach Chennai fuhr, fiel mir der Name Kavitha ein, und ich entschied mich, mich Kavitha zu nennen. Kurz danach verlegte ich meinen Wohnort von Paris nach Bonn, lernte dadurch neue Leute kennen und deshalb war der Übergang von Polly zu Kavitha leicht. Ich wurde ganz einfach Kavitha. Mir wurden die lästigen Erklärungen erspart und ich war eine glücklich Kavitha und durfte die Kolonialgeschichte verdrängen. Ich musste nur immer wieder, wenn es um Papiere ging, darauf achten, dass die Papiere für Pollyanna ausgestellt wurden. Da gab es auch manchmal Situationen mit einer gewissen Komik – einmal war ich mit 2 Freundinnen, die sich nicht kannten, vor einem Kino verabredet. Alle beide waren vor mir da und haben angefangen, mit einander zu reden. Eine wartete auf Kavitha und die andere wartete auf Polly. Erst als ich ankam, merkten die beiden, dass sie auf die selbe Person warteten. Oder als meine Eltern bei mir zu Besuch waren und eine Freundin anrief und mit Kavitha sprechen wollte, fragten meine Eltern, wer das denn sei. Ist es eine schmerzvolle Geschichte? Einmal die Wurzeln, Name, Identität zu verlieren durch koloniale Fremdbestimmung. Und dann die Wurzeln und die Identität, die meine Familie mir durch einen Namen gegeben hat, noch einmal zu verlieren durch fremdbestimmte Kolonialbefreiungsversuche? Oder ist es eine lustige, lockere Geschichte, mein singender dreijähriger Bruder, der mir einen Namen gibt, meine Eltern, die diesen für sie sehr ungewöhnlichen Namen akzeptieren und mir ihn schenken, ich selber noch daran bastelnd mit 13, meine Pariser Freunde, die mich anregen, mir einen poetischen Namen zu geben, die Flexibilität, mit der alle – Kollegen, Familie, Freunde, sogar meine Eltern, die mir den Namen Polly gegeben haben – mit meinen zwei Namen umgehen? Was ist ein Name? Was wir Rose nennen, würde it jedem andren Namen ebenso süß duften. ! Eines Tages wird sich die Antwort herauskristallisieren. Bis dahin möchte ich mit einem Zitat aus Shakespeares „Romeo and Julia“ enden: „What’s in a name? That which we call a rose by any other word would smell as sweet.“ Auf Deutsch : Kusum und die Armut in Indien Bernard Imhasly Eine kürzliche Begegnung in einem Slum am Stadtrand von Neu Delhi illustriert diese Befindlichkeit. Die siebzehnjährige Kusum wurde vor drei Jahren mit ihrer Familie – und 150.000 anderen Slumbewohnern – aus der Hüttenstadt Jamunapushta entlang des Jamuna-Flusses vertrieben. Die Stadtregierung walzte mit Bulldozern 50.000 Häuser nieder, Teil des Plans, für die Commonwealth Games von 2010 Neu Delhi in eine „Weltklasse-Stadt“ zu verwandeln. Kusums Familie stand wieder auf der Straße und musste sich weit außerhalb der Stadt auf freiem Feld eine neue Hütte bauen, zusammen mit Zehntausenden von Vertriebenen. Doch statt mit ihrem Schicksal zu hadern, sah das Mädchen die Entwurzelung als neue Chance. Eine NGO brachte ihr Lesen und Schreiben bei, und inzwischen unterrichtete Kusum in einer „Gassenschule“ in Bawana. Die Schule hieß so, weil es am neuen Wohnort keine richtigen Schulen gibt. Die Kinder saßen im Freien, auf der Straße, in der Mitte war eine Tafel aufgestellt. Kusum brachte den Fünfjährigen das Addieren bei, sang mit ihnen, organisierte Versteckspiele, bei denen die Kinder Plastikabfälle sammelten. Ihre Trauer über den Umzug hatte sie überwunden, und die Not des neuen Wohnorts überspielte sie mit der Entschlossenheit, etwas Besseres anzustreben. Zuerst träumte sie davon, Ärztin zu werden. Doch als sie mit der Gassenschule begann, sah sie, dass sie Lehrerin werden wollte: „So kann ich Men- schen formen. Es ist noch besser, als Ärztin zu sein. Ich kann ihnen nämlich helfen, Ärzte zu werden.“ Traum statt Trauma: Kusum symbolisiert die Energie von Menschen, die nichts zu verlieren haben – und deshalb alles zu gewinnen. Mit ihrem lächerlich kleinen Lohn von 25 Euro im Monat half sie ihrem Vater, eine neue Hütte aus richtigen Backsteinen zu bauen. Das Einzimmer-Häuschen, so einfach es war, stach heraus aus den Bast- und Blechwänden der benachbarten Hütten. Es war wenig – aber genug, um sich von der Hoffnungslosigkeit abzusetzen: „Am Anfang war ich sehr zornig, wenn ich die vielen Leute sah, die reich sind. Heute sehe ich, wie vielen Leuten es noch schlechter geht als uns.“ 500 Millionen Inder sind heute beinahe so alt oder jünger als Kusum. Sie bilden die viel beschworene „demografische Dividende“, die dafür sorgen wird, dass in den nächsten fünfzehn Jahren 274 Millionen Inder ins arbeitsfähige Alter eintreten – während die Zahl der Zuzügler in den Arbeitsmarkt der Industrieländer, und selbst Chinas, immer mehr abnimmt. Doch wird die demografische Dividende auch ausgezahlt werden, oder wird es eine demografische Hypothek werden? Neben den Gassenschulen und der schnell steigenden Einschulungsrate gibt es auch eine andere Statistik: Die Hälfte der eingeschulten Kinder verlassen die 18 Schule vor dem fünften Schuljahr. Ein Drittel von ihnen, so schätzt UNICEF, leidet an Wachstumsstörungen und wird deshalb wohl nie in den Vollbesitz seiner intellektuellen Kapazitäten kommen. Sie repräsentieren auch ein Potential für soziale Konflikte, welche das Vorwärtskommen der Gesellschaft verlangsamen statt es zu beschleunigen. Solange Indien nicht fähig ist, seine Armen an Bord zu nehmen – bzw. die zahlreichen lecken Boote wieder fahrtüchtig zu machen –, wird es auch die globale Machtrolle nicht einnehmen können, die ihm viele Beobachter voraussagen und die ebenso viele Beobachter, namentlich im Westen, fürchten. Zwar wird die Gesellschaft immer mehr Güter und Dienstleistungen und globale Unternehmen produzieren. Gleichzeitig wird der breite Armutssockel weiterhin nur langsam abnehmen, weil ein ineffizienter Staat nicht fähig ist, die arme Mehrheit an diesem Wachstum zu beteiligen. Nobelpreisträger Amartya Sen hat kürzlich gesagt, es gehe nicht an, dass sich Indien zu einer Gesellschaft entwickle, in der ein Teil Kalifornien sei und der andere Schwarzafrika. Solange das Land diesen Widerspruch nicht abgemildert hat, wird man sich weiterhin für Indien fürchten müssen – und nicht vor ihm. (Auszug aus dem Beitrag „Ein reiches Land mit armen Menschen“, Aus Politik und Zeitgeschichte 26.05.2008) Literatur Zwei Erzählungen von Nagaraja Kumar Nur Sie Es war kurz vor Einbruch der Abenddämmerung, als das Telefon läutete. Vatsala nahm den Hörer ab. „Er ist nicht da“, sagte sie. „Er ist ausgegangen, aber er kommt bald wieder zurück. Wer sind Sie? Sagen Sie mir, worum es geht! Ich werde es ihm dann ausrichten, sobald er wieder zuhause ist.“ „Ich möchte nur mit ihm persönlich sprechen ...“ Ohne ein weiteres Wort zu sagen, legte der Anrufer auf. „Wer mag das wohl gewesen sein?“, überlegte sie bei sich. Satyan drehte das „OUT“ unter seinem Namensschild um, so dass es nun „IN” zeigte, und trat ins Wohnzimmer. Als das Telefon wieder schrillte, nahm er den Hörer ab und sagte: „Hallo?“ Dann sagte er: „Kommen Sie doch bitte gleich zu mir nach Hause! ... Wir werden dann hier über diese Angelegenheit sprechen ...“ Er blickte sich nach allen Seiten um und legte den Hörer auf. „Was ist? Wer war denn das? Vor fünf Minuten hat das Telefon schon einmal geläutet. Als ich fragte, wer er sei, hat er noch nicht einmal seinen Namen genannt ...“ „Schon gut! Geh und bereite bitte etwas Kaffee zu ...!“ Er wirkte lustlos und desinteressiert. Genau zwanzig Minuten später ertönte die Türglocke. Als Satyan öffnete, trat er herein. Satyan warf einen prüfenden Blick nach allen Seiten und drängte ihn dann: „Kommen Sie, schnell! Es könnte Sie jemand sehen ...“ „Ihre Frau ist nicht da ...?“ „Sie ist in der Küche beschäftigt. ... Kommen Sie! Wir gehen ins obere Zimmer ...” Satyan führte ihn nach oben. Als Vatsala das Geräusch der Türglocke gehört hatte, war sie ins Wohnzimmer gegangen. ‚Niemand da ...‘, sagte sie zu sich, als sie Satyan nicht antraf. Zurück in der Küche, hörte sie mit einem Mal ein Geräusch im oberen Zimmer. ‚Warum ist er nur in dieses Zimmer gegangen?‘, überlegte sie bei sich. ‚Sucht er dort nach irgendeinem alten, unnützen Gegenstand?‘ Als sie unmittelbar darauf das Geräusch von Stimmen wahrnahm, war sie beunruhigt. ¸Was ist nur mit ihm los, dass er da oben im Zimmer redet?‘ Vatsala stieg sachte die Stufen zum oberen Stockwerk hinauf und lauschte. „Ach, mein Lieber! Wissen Sie denn nicht, welche Position ich jetzt bekleide? Ich bin ein hoher Regierungsbeamter! Und Sie sagen zu mir, ich solle hingehen und so etwas tun? Überlegen Sie doch mal, was die wohlmeinenden Leute in der Stadt von mir denken werden ...!“ „Davon wird doch niemand von uns etwas erfahren, mein Herr! Der Parteivorstand meinte, dass nur Sie das tun sollten. Als Sie das beim letzten Mal taten, war er sehr zufrieden – und es war für Sie doch leicht, diese Aufgabe zu erfüllen. Deshalb war er der Meinung, dass Sie es auch dieses Mal tun sollten.“ „Haben Sie denn nicht verstanden, was ich gesagt habe? Als ich es das letzte Mal tat, kannte mich keiner in der Stadt. Ich tat es damals für meinen Lebensunterhalt. Aber heute kennen mich doch alle, Herr! ...“ „Sie wiederholen sich, Herr, aber es ist völlig umsonst! Sagen Sie: Können Sie es tun oder können Sie es nicht tun? Wenn nicht, so sprechen Sie doch selber mit dem Parteivorstand!“ „Wann soll ich es tun, Herr?“ „Heute!“ „Wo?“ „Gegenüber dem Busbahnhof kreuzen sich doch vier Straßen. ... Genau dort ...!“ „Sie machen wohl Scherze? Das ist doch ein öffentlicher Platz!“ „Wir werden das in der Nacht nach zwei Uhr tun. Es werden also weit und breit keine Kinoheimgänger mehr zu sehen sein. Der Parteivorstand hat das Geld dafür bereits zur Verfügung gestellt ...“ „Gut! ... Aber noch etwas: Wenn ich dort ankomme, darf keine Straßenlaterne mehr leuchten.“ „Dann machen wir eben einfach die Lampen kaputt ...“ „In Ordnung! Gehen Sie! Ich werde um ein Uhr heute Nacht bereit sein.“ 19 Ehe er aufbrach, lief Vatsala eilends die Treppe hinunter und verschwand in der Küche. Sie war beunruhigt. ‚Was ist das nur, was er da tun soll, ohne dass ich etwas davon wissen darf? Soll ich ihn danach fragen? Lieber nicht! Er wird es mir schon selber sagen.‘ Sie fragte ihn nicht danach. Und Satyan sagte ihr auch nichts darüber. Aber beide waren wachsam. Als Satyan genau zehn Minuten, nachdem es ein Uhr geschlagen hatte, von Ferne den Klang einer Autohupe hörte, stand er auf. Vatsala war wach. In geduckter Haltung ging Satyan geradewegs hinaus auf die Straße und machte mit der Hand ein Zeichen. In raschem Tempo näherte sich darauf ein MarutiKleinbus. Er stieg ein und setzte sich. Vatsala weckte die Dienerin, die auf dem Boden vor der Küche geschlafen hatte. Zusammen mit ihr folgte sie dem Kleinbus. Er hielt gegenüber dem Busbahnhof, dort, wo sich die vier Straßen kreuzten. Ein Mann stieg aus und begann Steine, die er mitgebracht hatte, nach den Lampen der Straßenlaternen zu werfen – und in wenigen Sekunden war ihr Licht erloschen. Als es dunkel war, stieg Satyan aus dem Kleinbus. Vor ihm leuchtete eine großflächige Mauer in frisch gekalktem Weiß. Im Licht einer Kerze begann nun dort der ehemalige Maler Satyan mit einem in Farbe getauchten Pinsel etwas auf die Mauer zu schreiben – im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen, zugunsten des Parteivorstands, der ihm dafür Geld gegeben hatte. Da fing Vatsala an zu lachen, als sie las: „Geben Sie bitte nur uns Ihre goldenen Wahlstimmen!“ ! (Quelle: Nakaraja Kumar: Mintum oru taram. Putucceri: Tamilpputuvai, 1996; S. 67–70; Ninka tan) Aus dem Tamil von Dieter B. Kapp """"" Die Erfahrung Als der Bus die Haltestelle am ShantiKino in Chennai erreichte, stand mein Sitznachbar hastig auf, um auszusteigen. Da fiel etwas zu Boden. Eine dicke Geldbörse! Ein, zwei Geldscheine lugten daraus hervor, als sagten sie zu mir: ¸Greif zu!‘ Ich hob die Geldbörse auf. Während ich noch laut „Hallo!“ rief, war er schon ausgestiegen. Ich hatte ihn in diesem Bus, mit dem ich gewöhnlich fuhr, schon viele Male gesehen, aber noch nie ein Wort mit ihm gewechselt. Seine Blicke wanderten häufig nach der anderen Seite, wo die Frauen saßen. Wenn nur irgendeine Frau ein klein wenig lächelte, war das schon ausreichend. Dann glaubte er, gewonnenes Spiel zu haben. Als der Bus auf der Annacalai wegen der roten Ampel am Pukari-Restaurant seine Geschwindigkeit verringerte, stand ich auf – und stieg aus. Er konnte noch nicht sehr weit gegangen sein ... Ich wollte ihm seine Geldbörse wieder zurückgeben. Ich suchte nach ihm. Da sah ich ihn genau gegenüber auf der anderen Straßenseite vor einem „Sari“ stehen und dreißig seiner zweiunddreißig Zähne zeigen. Ich rief laut „Hallo!“ zu ihm hinüber. Alle Leute drehten sich um und schauten zu mir herüber – nur er nicht. Während ich die Straße überquerte und auf ihn zueilte, verschwand er plötzlich rasch mit ihr im Hof des Devi-Kinos. Ich folgte den beiden – und sah, wie sie geradewegs ins Kino hineingingen. ¸Wie soll ich ihm nur seine Geldbörse wiedergeben?‘ Ich kaufte mir am Schalter auch eine Kinokarte und ging hinein, aber da hatte der Film bereits begonnen. Es war stockfinster! Ich suchte nach den beiden, konnte sie aber nicht finden. Als ich gerade in die Stimmung kam, mir den Film anzuschauen, zeigte eine weiße Leinwand die Pause an. Und wieder verbrachte ich eine geraume Zeit damit, sie zu finden. Da sah ich seine Begleiterin mit einem Mal am äußersten Rand einer Sitzreihe ganz alleine sitzen. Von ihm keine Spur. Ich ging nach draußen. Als ich ihn sah, war er gerade dabei, an der Cool Drinks Bar, wo er wohl etwas zu trinken kaufen wollte, seine Taschen nach seiner Geldbörse zu durchsuchen. Er wirkte sichtlich geschockt. Da trat ich auf ihn zu, reichte ihm seine Geldbörse und erzählte ihm alles Nähere. Siebzehn Mal bedankte er sich bei mir. Als der Film zu Ende war, trat ich hinaus. Da sah ich ihn völlig alleine herumstehen. Von ihr keine Spur. „Hallo! Was stehen Sie hier herum?“ „Ich habe auf Sie gewartet, mein Herr! Könnten Sie mir zwanzig Rupien borgen?“ „Wie? Haben Sie kein Kleingeld?“ „Nein, mein Herr! Meine Geldbörse ist weg! Die Frau, mit der ich im Kino war, hat sie geklaut und ist damit abgehauen! ... Jetzt habe ich noch nicht einmal Geld für den Bus!“ „Was sagen Sie da? Kannten Sie sie denn nicht?“ „Hm! ... Wer ist sie? ... Und wer bin ich? ... Ich habe sie im Bus gesehen. Sie lächelte. ... Ich lächelte! Sie stieg aus. ... Ich stieg aus! Sie fragte mich: ‚Ich habe Kinokarten. ... Wollen wir ins Kino gehen?‘ ... Ich war überglücklich. Ich ging mit ihr. Doch bevor der Film zu Ende war, sagte sie: ‚Ich muss jetzt gehen!‘ ... Ich sagte: ¸In Ordnung!‘ Und jetzt musste ich feststellen, dass meine Geldbörse weg ist. Mein Herr, warum haben Sie mir nur meine Geldbörse zurückgegeben? Konnten Sie sie nicht behalten?“ Er war den Tränen nahe. Was sollte ich darauf sagen? Sagen Sie doch etwas! Bitte! ! Aus dem Tamil von Dieter B. Kapp (Quelle: Nakaraja Kumar: Mintum oru taram. Putucceri: Tamilpputuvai, 1996; S. 48–50; Anupavam) Auf der Karriereleiter Kinder indischer Eltern, die sich hier in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts niedergelassen haben, sind auf dem Weg, in namhaften Firmen und Wirtschaftseinrichtungen große Karriere zu machen. Zwei Beispiele: für alle europäischen Produktionsstandorte. Nach dem Abschluss des Betriebswirtschaftsstudiums bewarb er sich auf die Position zum Market Research und Market Assessment Analyst, die er ab Oktober 2008 inne hat. 1. Antony Kurumundayil. Nach Abschluss seines Biologie-Studiums 2004 startete Antony Kurumundayil seine 2. Toby Kurumundayil. Im September 2001 begann Toby Kurumundayil seine Ausbildung zum Industriekaufmann bei der Babcock Borsig Service GmbH Karriere bei Abbot als Produktionsingenieur im Bereich der Labordiagnostik (ADD) am Standort Wiesbaden. Mitte 2005 übertrug man ihm die Verantwortung für den PRISM HbsAgAssay. Nach dreijähriger Erfahrung in der Produktion und einem bereits im Jahre 2005 begonnenen Abendstudium der Betriebswirtschaft, wechselte er im Februar 2007 in die Produktionsplanung. Die neue Position beinhaltet die effiziente und verbrauchsorientierte Bereitstellung des Plasmarohmaterials mit parallelem Studium der Betriebswirtschaft an der VWA Oberhausen. Nachdem er 2004 seine Ausbildung und ein Jahr später das Studium erfolgreich abgeschlossen hatte, wurde er direkt übernommen und in der Abteilung „Projektabwicklung Ausland“ als Fachkraft eingesetzt. Um sich weiter zu qualifizieren, studiert er jetzt mit Unterstützung seiner Firma den MBA an der Open University Business School. - Jose Punnamparambil 20 Frauen Zunehmende Gewalt gegen Frauen Wir veröffentlichen hier die frei übersetzte Version eines Beitrags, den die bekannte indische Journalistin Kalpana Sharma für die indischen Nationalzeitung „The Hndu“ verfasste. rotz Indiens Anspruch auf Fortschritt werden dort Frauen Gewalttaten ausgesetzt – zu Hause und außer Haus. Dies ist die traurige Wahrheit. Am Internationalen Frauentag haben die indischen Frauen ein gutes Recht, für einen Stopp dieser Gewalttaten zu plädieren – einen Stopp der Gewalttaten, Einschüchterungen, Drohungen und Beleidigungen, die an der Tagesordnung sind. Ich hoffte, dieses Jahr etwas Positives schreiben zu können. Aber es gibt einfach zu viele schlechte Nachrichten, die die vielen erfreulichen Entwicklungen, die die vielerorts in Indien geschehen, überschatten. T Die Medien berichteten darüber aber nur spärlich. So zum Beispiel wurde dem Angriff vom 24. Januar auf ein Lokal in Mangalore nicht genügend Aufmerksamkeit eingeräumt. Am 17. Februar wurden Frauen an drei verschiedenen Orten auf offener Straße von Männern beschimpft, bespuckt, brutal geschlagen und sogar gezwungen, ihre Kleider in der Öffentlichkeit auszuziehen. Und all dies geschah, wohl gemerkt, in der sogenannten internationalen Stadt Bangalore. Zwei Männer mit einem Motorrad verfolgten eine dieser Frauen in ihrem Auto, spuckten sie an und zwang sie zu stoppen. Daraufhin flüchtete sie in ein benachbartes Gebäude. Die Männer verfolgten sie weiter und hörten nur auf, als sie in ihrer Muttersprache Kannada um Hilfe schrie. Bevor sie fortgingen, drohten sie ihr, dass sie sich das Autokennzeichen gemerkt hätten. Vier Männer pöbelten eine Frau auf der Straße an und beschuldigten sie, dass sie ein Mitglied der Pink Chaddi Kampagne wäre, die die rechtsgerichtete Sri Ram Sena und ihre Agenda kritisierte. Sie wurde jedoch von zwei Soldaten, die in ihrem Militärfahrzeug zufällig vorbeigekommen waren, gerettet. Am gleichen Tag wurde eine junge Filmemacherin brutal angegriffen. Am 28. Februar wurde eine Journalistin ins Gesicht geschla- gen, als sie in ein Auto-Rikshaw einsteigen wollte. Die Schuld all dieser Frauen war, dass sie westlich angezogen waren. Das Schlimmste daran war, dass alle tatenlos zuschauten. Warum diese Gleichgültigkeit der indischen Gesellschaft solchen willkürlichen Gewalttaten gegenüber ? Eine neue Entwicklung Die Frauen in Bangalore sind natürlich sehr erbost und haben eine Kampagne namens „Angstfreies Karnataka“ gestartet. Diese Kampagne sollte sich aber nicht nur auf Karnataka beschränken, weil Ähnliches auch in anderen Teilen Indiens geschehen könnte. Obwohl die Sicherheit der Frauen auf öffentlichen Plätzen immer problematisch gewesen ist, ist der bewusste Versuch der Männer, die Frauen in Angst zu versetzen und sie zu zwingen, zu Hause zu bleiben, eine neue Entwicklung in Indien. Eine andere Facette der Gewalt gegen Frauen ist, dass sie sehr oft in dem sogenannten „trauten Heim“ selbst brutal misshandelt werden. Zwei neue Studien haben dies bezeugt. Zwei nacheinander folgende National Family Health Surveys hatten dies vorher bereits festgestellt. Das Institut für Bevölkerungsstudien und das Population Council legen weitere Beweise für die Gewalt, der die Frauen in den Familien ihrer Schwiegereltern ausgesetzt sind, vor. 8.052 verheiratete Männer und 13.912 Frauen im Alter zwischen 15 und 29 in sechs Bundesstaaten waren interviewt worden. Die Häufigkeit der Gewaltanwendung war 30% in Bihar und 18% in Rajasthan. Die Studie hatte die einzelnen Gewaltformen akkurat definiert und festgelegt. Auch die Formen der sexuellen Gewalt waren minutiös festgelegt. Ein Drittel bis zu der Hälfte sprachen von Sex mit Gewalt, einschließlich in der ersten Nacht nach der Hochzeit. Frauen 21 stecken dies meistens stillschweigend ein. Sie setzen sich nicht zur Wehr, bevor es zu spät ist. Manchmal werden sie schwer verletzt oder sogar getötet. Die Zahl der durch Brandverletzungen getöteten jungen Frauen könnte sechsmal so groß sein, als die offizielle Statistik ausweist. Frau Prachi Sanghavi, Frau Kavi Bhalla und Frau Veena Das führten diesbezüglich eine Studie durch und kamen zu dieser Schlussfolgerung, die in dem international renommierten Medizinjournal The Lancet veröffentlicht wurde. Die Forscherinnen untersuchten die Todesstatiken aus den städtischen und ländlichen Bereichen gesondert. Die Forscherinnen schätzen, dass im Jahre 2001 in städtischen Gebieten 68.000 und in ländlichen Gebieten 95.000 Menschen an Folgen schlimmer Feuerverletzungen starben. 65% von ihnen waren Frauen. Und mehr als die Hälfte von diesen Frauen waren zwischen 15 und 34. Man könnte unterschiedliche Erklärungen dafür geben. Aber es deutet alles darauf hin, dass in vielen Fällen Brutalitäten wegen ausbleibender Mitgift und häusliche Gewalt die Todesursachen waren. Das Fazit lautet: Trotz des sogenannten Fortschritts an vielen Fronten werden die indischen Frauen unmenschlichen Gewalttaten ausgesetzt – zu Hause und auf der Straße. Man soll damit aufhören. ! (Quelle: The Hindu, 8.3.2009. Bearbeitung: Thomas Chakkiath) Intervie Aktuell Bildung für Frauen bekam niemals eine vorrangige Behandlung in Indien Mini Krishnan Mini Krishnan, eine profilierte Übersetzerin und Herausgeberin von Frauenliteraturen aus Regionalsprachen Indiens, betreut zur Zeit ein Literatur-übersetzungsprogramm von Oxford University Press. Wir haben sie gefragt, wie heute die Situation der Frauen ist, wie dies sich in der Literatur der Schriftstellerinnen in Indiens Regionalsprachen widerspiegelt. Die Fragen stellte Jose Punnamparambil. - Die Redaktion li), Ambai (Tamil) und Vaidehi (Kannada). Meine Welt: Passen die legitimen Wünsche der indischen Frauen nach Selbstbefähigung (Empowerment) und Wahlfreiheit mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit in Indien zusammen? Meine Welt: Wie wird die Gender-Gleichheit praktiziert im heutigen Indien? Mini Krishnan: Gender-Gleichheit hat sich in Indien unter den Gebildeten spürbar verbessert. Mädchen sowie Frauen können heute nach ihrem Wunsch studieren, und die Eltern sind bereit, für die Bildung ihrer Töchter genau so viel Geld auszugeben wie für ihre Söhne. Aber innerhalb der wenig gebildeten Schichten sowie in traditionellen Gemeinschaften, insbesondere in Bundesstaaten wie Bihar, U.P. und Rajasthan, haben sich die Einstellungen nicht verändert. Es gibt dort ein Überangebot an Essen, Bildung und Vorsorge für die männlichen Kinder. Die hohe Zahl der Tötung von weiblichen Föten und Säuglingen alleine zeigt, wie unwillkommen die Mädchen immer noch sind. Man soll nicht vergessen, dass Indien heute noch ein Land mit einer hohen Zahl an Analphabeten ist. Trotz dem ganzen Gerede vom „leuchtenden Indien“ (das Land hat im Vergleich nicht viel auf die Dalits, auf die Frauen und auf die Stammesbevölkerung geleuchtet!) bleibt die Tatsache, dass 1/3 von Asiens Analphabeten in diesem Land lebt. Und Bildung für Frauen bekam hier niemals eine vorrangige Behandlung außer in den obersten Klassen sowie in den obersten Mittelschichten. Meine Welt: Mit welchen Themen beschäftigen sich heute die indischen Schriftstellerinnen vorrangig, die sich in ihren Werken widerspiegeln? Mini Krishnan: Bloße physische Freiheit gekoppelt mit wirtschaftlicher Unabhängigkeit einerseits und andererseits unterdrückte Sexualität sowie Heraushebung der Frau als Individuum scheinen die Themen zu sein, womit sich die Schriftstellerinnen in Indien heute beschäftigen. Außerdem kommt in vielen ihrer Werke zum Ausdruck, dass es hier nicht um geschädigte Männer geht, sondern um die Anerkennung der Tatsache, dass Frauen auch Gefühle und Wünsche im Leben haben und dass sie emotionale Rechte haben, die Respekt und Achtung verdienen. Auch ihre Rolle in der veränderten Gesellschaft wird oft thematisiert. Auf Grund zunehmender Erkenntnisse aus anderen Kulturkreisen und wachsender Bildungschancen in Indien selbst wird die Stellung der Frau in der indischen Gesellschaft zunehmend gewichtiger. Dies sowie ihre Spiritualität und Ausdauer sind oft behandelte Themen in der Frauenliteratur Indiens. Als besonders erwähnenswerte Autorinnen in diesem Sinne denke ich an Sara Joseph (Malayalam), Bani Basu (Benga- 22 Mini Krishnan: Sie werden sehen, dass in den oberen reichen und gebildeten Schichten Indiens die Aspirationen der Frauen mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit erstaunlich Schritt halten. Hier liegt der verwirrende Widerspruch im Bezug auf das ganze Land. Wie der bekannte Wirtschaftswissenschaftler Robinson vor 20 Jahren sagte: „Alles, was Sie über Indien sagen, könnte richtig sein. Aber das Gegenteil auch.“ ! (Aus dem Englischen von Jose Punnamparambil) Keine Witwen-Rente ohne Standesamt Wer ausschließlich kirchlich heiratet, hat beim Tod des Partners keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente. Voraussetzung für die Auszahlung einer Witwen-Rente sei eine beim Standesamt geschlossene Ehe, erklärte die Deutsche Rentenversicherung Rheinland in Düsseldorf. Von Vorteil sei eine ausschließlich kirchliche Trauung allerdings für Heiratswillige, die aus einer früheren Ehe bereits Hinterbliebenenrente erhalten. Sie können erneut kirchlich heiraten, ohne dass diese Rente wegfalle. In Deutschland können Paare ab dem 1. Januar 2009 kirchlich heiraten, ohne zuvor beim Standesamt eine Ehe geschlossen zu haben. - epd (Quelle: F + M, 4/2009) Zur Lage der indischen Frau Dramatische Veränderungen zum Besseren Namita Gokhale ihr Leben umgibt, und auch auf die Stimmen der Frauen auf verschiedenen Ebenen der sozialen Hierarchie. Sie schreiben und träumen von der Freiheit des Individuums. Namita Gokhale ist eine der namhaften Schriftstellerinnen Indiens, die auf Englisch schreiben. Sie schreibt Romane und Sachbücher. Ihr letzter Roman Shakuntala, Das Spiel des Gedächtnisses (2005) hat viel lobende Kritik erhalten. Sie hat auch das indische Epos MAHABHARATA für junge Leser neu erzählt (Püffin 2007). Ihre Romane beschäftigen sich mit Liebe und Leidenschaft, Krankheit und Tod. „Meine Welt” bat sie um ihre Meinung über die Situation der indischen Frau heute und wie diese sich in der dortigen Frauenliteratur widerspiegelt. Hier ihre Einschätzung: - Die Redaktion Natürlich gibt es einen erschreckenden Grad an Gender-Ungleichheit im heutigen Indien. Aber es ist wichtig zu wissen, dass die Lage der Frauen in Indien sich in den letzten 50 Jahren dramatisch zum Besseren verändert. Wenn Frauen, egal wo sie sich in Indien befinden, sich einmal ihrer sozialen und von der Verfassung garantierten Rechte bewusst werden, sind sie bereit, gegen überkom- Glauben Sie mir, es findet heute eine gewaltige Veränderung der sozialen Realität der Frauen statt, da marginalisierte Stimmen, nicht nur denen von Frauen, gehört und zugehört werden. Natürlich erzeugt dies Verunsicherung bei denen, die Veränderungen ängstlich gegenüber stehen. Aber Selbstbefähigung und Erlangung von Wahlfreiheit seitens indischer Frauen befinden sich in einem Prozess, der nicht aufzuhalten ist. mene Denkweisen, patriarchalische Einstellungen und Unterdrückung zu kämpfen und sich durchzusetzen. (Aus dem Englischen von Jose Punnamparambil) Die Schriftstellerinnen, die in den nationalen, regionalen Sprachen sowie auf Englisch schreiben, spiegeln die Veränderungen um sich herum wider. Sie reagieren auf das unsichtbare Netz von Tabus und sozialer Unterdrückung, das Jaipurs Literatur Fest 2009 Führendes Schriftstellertreffen in Asien Zum vierten Mal war die „Pink-City“ Jaipur (Rajasthan, Indien) Gastgeber des in Asien führenden Literaturfests. Von 21. bis 25. Januar 2009 versammelten sich dort prominente Schriftsteller/Schriftstellerinnen nicht nur aus Indien, sondern aus aller Welt. Ihre Zahl übertraf diesmal alle Erwartungen: über 160. Darunter waren große Namen wie Vikram Seth, Patrick French, Michael Wood, Shashi Tharoor, Mohammed Hanif, Nandan Nilekani, Namita Gokhale, U.R. Ananthamurthy, Vikas Swarup (Slumdog Millionaire), Chetan Bhagat, Paul Zacharia etc. Während des 5-tägigen Festivals wurde ein buntes Programm an drei Orten gleichzeitig angeboten. In den Spitzenzeiten kamen fast 7.000 Besucher zu verschiedenen Programmen. U.R. Ananthamurthy, der begehrte „Jnanpith“ Preisträger und ein Schwergewicht in der Kannada Literatur, war der Festredner bei der Eröffnungsveranstaltung. Er sagte: „In Indien haben wir immer in einem Ambiente der Sprachenvielfalt gelebt; Vielfalt in der Sprache bringt einen Reichtum hervor, den man nicht in der europäischen Literatur vorfindet. Dies muss man hoch preisen. Ferner wächst ein Schriftsteller durch das Lesen anderer Sprachen. Indien ist ein Land von vielen Kulturen, und sie haben alle die 23 Hindi-Kultur als die Hauptkultur bereichert. Wir müssen die vielen Sprachen Indiens fördern, nicht nur weil wir überleben, sondern auch wachsen wollen. Indien muss unbedingt eine Zivilisation bleiben.“ Für viele Besucher war es eine einmalige Erfahrung, mit weltbekannten Schriftstellern, Musikern, Filmstars (Amita Bachchan war auch dabei) und auch Kindern fünf Tage in einem äußerst kreativen Ambiente zu verbringen. - Jose Punnamparambil (Quelle: The Week 8.02.09 und andere Zeitungsberichte) Interview Aktuell „Beim Schreiben handelt es sich um die Herstellung einer Beziehung zwischen Autor und Leser“ Siddharth Dhanvanth Shanghvi Siddharth Dhanvanth Shanghvi war einer der prominenten Autoren, die an dem Jaipur-Literaturfest 2009 teilnahmen. Bereits mit seinem ersten Roman „Das Lied der Dämmerung“ wurde er von Literaturkritikern mit Salman Rushdie und Kiran Desai verglichen. Sein zweiter Roman „Die verlorenen Flamingos von Bombay“ erschien im Penguin Verlag bereits vor Beginn des Literaturfestes. Während des Literaturfestes las er Auszüge aus diesem Roman und beantwortete Fragen des Publikums. Nachfolgend sind seine Antworten zur Fragen, die ihm Ziya Us Salam für die Nationalzeitung „The Hindu“ stellte. (Quelle: „The Hindu“, 15.2.2009) - Die Redaktion Ziya Us Salam: Ihr erster Roman „Das Lied der Dämmerung“ begann als eine Reihe von Geschichten, die im Tausch gegen Drinks erzählt wurden. Wie war Ihr zweiter Roman zustande gekommen? Siddharth Dhanvanth Shanghvi:„Die verlorenen Flamingos von Bombay“ sind die Geschichte von vier Freunden und wie ihr Leben durch den Mord an einem von ihnen auseinander gebrochen wird. Der Prozess, der darauf folgte, wurde eingeführt, um zu erläutern, wie das Leben jedes Einzeln von ihnen und ihre Beziehungen untereinander zerstört wird. Ich war mir der Tragweite der Erzählung völlig bewusst. Bewusst war ich mir ebenfalls darüber, welche Fragen sie voraussichtlich ansprechen würde. Die Hauptfrage war: Wie beeinflussen große Dinge, die in der Öffentlichkeit geschehen, unser Privatleben? Wo prallen sexuelle Begierde und Politik aufeinander? Wie einfach werden wir in diejenigen umgewandelt, die wir am meisten hassen? Ziya Us Salam: Sie möchten Geschichten erzählen, haben Sie gesagt. Ist das Schreiben eines Romans eine Liebesaffäre mit Verfallsdatum? Oder ist es ein spontanes Ergebnis von angestauten Emotionen? Siddharth Dhanvanth Shanghvi: Struktur ist sehr wichtig. Ich möchte schon vorher wissen, wie eine Geschichte enden würde, um überhaupt damit beginnen zu können. Manche Autoren glauben, Schreiben sei etwas Spontanes. Ich befürchte, der Gujarati in mir arbeitet gründlicher und kontrollierter. Für Siddharth Dhanvanth Shanghvi: Leser sollen ein Werk akzeptieren, bewusst wahrnehmen, schätzen lernen, wie einen unschätzbaren alten Brief oder wie einen glückbringenden Talisman bei sich tragen. Und sie sollen es weiterreichen an andere. Eine Erzählung existiert nur in ihrer Relation zu der Person, die sie hört, liest und weitergibt. Und ohne den heiklen Tango zwischen Leser und Autor ist ein Buch nur ein eintöniger Samba. Es ist nur eine Stimme, ein Ton im Kopf von jemanden. Es ist eine Art Schizophrenie. Foto: Teamwork Films „Die verlorenen Flamingos von Bombay“ benötigte ich eine Landkarte, einen Gehweg durch den Wald und einen Kompass. Was die erzählerischen Pfade anbelangt, war ich bereit, Kompromisse zu machen. Aber der Verzicht auf eine ausgedachte Erzähllinie war indiskutabel. Ziya Us Salam: Literarische Charaktere werden von der Realität beeinflusst, sagten Sie, als Sie ihren ersten Roman schrieben. Wie weit ist dies wahr bezüglich der älteren Frau und dem jungen Photographen in Ihrem vorliegenden Roman? Siddharth Dhanvanth Shanghvi:Wenn in dem Roman „Die verlorenen Flamin- Beim Schreiben handelt es sich um die Herstellung einer Beziehung, um den Versuch, uns immer wieder daran zu erinnern, dass wir menschlich sind, dass wir eher einander ähnlich und nicht voneinander unterschiedlich sind. Ziya Us Salam: Es wird behauptet, ein literarisches Werk von dem Moment seiner Veröffentlichung an gehörte den Lesern. Wie weit identifizieren Sie sich mit Ihrem Werk? 24 gos von Bombay“ Kiran von Rhea fallengelassen wird, entdeckt er, dass sich ihm die Welt mit all ihren anregenden Mysterien und klaren Unzufriedenheiten und Missbehagen nur durch Herzeleid offenbart. Aber die Verwirrung, die daraus entstand, dass Rhea ihn verlassen hat, erzieht Kirans photografische Ästhetik. Aus dem Verlustgefühl entwickelt sich ein bestimmter Stil und zeigt sich in seinem nachfolgenden Werk. Alle von uns leiden Qualen, aber nur die Künstler haben die Gabe, mit diesen Qualen ihren Werken mehr Farbintensität zu verleihen. Ziya Us Salam: Wie konnten Sie so ausgeglichen sein beim Erzählen einer Geschichte, die größtenteils in kleinen alltäglichen Anekdoten sich abspielt? Wie konnten Sie solche wunderbare Ausdrücke wie „der Hurenbock von Bombay“ und „ein Baby an den Fersen kitzeln“ nebeinanderstellen? Siddharth Dhanvanth Shanghvi: Die größte Schwäche von literarischer Fiktion ist die Langeweile, die sie so oft in den Lesern erzeugt. Ich sehe diese dicken Romane, die Themen wie Multikulturalismus und Kolonialismus oder irgendeinen anderen Ismus behandeln. Solche Romane bilden den Hauptanteil an manchen entgeisternd schwachsinnigen Geisteswissenschaftslehrplänen. Ziya Us Salam: Nach der Veröffentlichung von „Das letzte Lied der Dämmerung“ wurden Sie mit Autoren wie Salman Rushdie und Kiran Desai verglichen. Störte es Sie? Oder zwingt es Sie, mit größerer Sorgfalt und Verantwortung zu schreiben? Wenn Autoren über diese großen langweiligen Ideen schreiben, vergessen sie oft, dass die Leser nicht etwa einen Vortrag oder ein Referat suchen, sondern eine imaginäre Auseinandersetzung mit einer Welt, die gänzlich anders sein könnte als ihre, aber sie daran erinnert, wie leicht sie ihr zugehören könnten. Beim Schreiben handelt es sich um die Herstellung einer Beziehung, um den Versuch, uns immer wieder daran zu erinnern, dass wir menschlich sind, dass wir eher einander ähnlich und nicht voneinander unterschiedlich sind. Siddharth Dhanvanth Shanghvi: Diese Vergleiche waren schmeichelhaft, aber ungenau, weil die Basis des Vergleichs Ethnizität war. Jedensfalls werden meine Werke mehr von Photografie inspiriert als von Musik und Techniken des Schreibens. ! (Bearbeitung: Thomas Chakkiath) Migration Integration: Balance zwischen den Kulturen Prof. Dr. Heinz Reinders Im allgemeinen Sprachgebrauch wird Integration häufig im Sinne einer Anpassung an die Mehrheitsgesellschaft verwendet. Die exklusive Übernahme von Wertvorstellungen, Sprachgebrauch und Handlungsmustern wird dabei als wesentliches Kennzeichen dieser Integration angesehen. Tatsächlich handelt es sich beim Terminus „Integration“ etymologisch und aus wissenschaftlicher Perspektive um ein Phänomen, bei dem zwei Bereiche miteinander verbunden und in Einklang zu bringen sind: Integration von Mi-granten bedeutet demnach die Balance zwischen Elementen der Herkunftskultur (etwa der der Türkei) und der Aufnahmekultur (in diesem Fall der deutschen). Die begriffliche Festlegung auf die Kombination beider Kulturen ist wesentlich für das Verständnis subjektiv funktionaler Eingliederungsprozesse. So ist es für die psychische Stabilität von Einwanderern zumeist nicht hilfreich, herkunftsbedingte Verhaltensund Denkweisen völlig aufzugeben: zum einen deshalb, weil durch eine radikale Abkehr von der Herkunftskultur stabilisierende soziale Netzwerke verloren gehen, die insbesondere in Frühstadien der Einwanderung eine wichtige Funktion haben; zum anderen, weil sich im Laufe der biografischen Entwicklung ein System von Werten und von Handlungsmustern herausgebildet hat, das für das psychische Gleichgewicht einer Person notwendig ist und durch rasche Rekonfigurationen auch die psychische Gesundheit beeinträchtigen kann. Für Kinder und Jugendliche, die im Aufnahmeland geboren wurden, besitzt die Herkunftskultur eine ähnlich wichtige Funktion wie für Zugewanderte, definiert sich doch über deren Elemente – zumindest zum Teil – die Verbundenheit mit der Familie. Verstärkte Abgrenzungen von Jugendlichen und Kindern zu diesen Wertvorstellungen gehen tendenziell mit erhöhtem Entwicklungsstress einher. Funktionaler ist die sukzessive Anreicherung und Ergänzung der Herkunftsdurch die Aufnahmekultur. Dabei sind 25 sprachliche Kompetenzen als Basis für diesen Anreicherungsprozess unabdingbar. Ohne grundlegende Beherrschung der deutschen Sprache ist es nicht möglich, sich in einen produktiven Austausch mit der Mehrheitsgesellschaft zu begeben, deren Wertvorstellungen und Handlungsweisen zu verstehen und in das eigene psychische und Handlungssystem zu integrieren. Aber auch die Muttersprache ist oder bleibt von großer Bedeutung, stellt sie doch eine wichtige Brücke zu sozialen Netzwerken des Herkunftslandes dar. Gerade in der Kindheit zeigt sich, dass das sichere Beherrschen der in der Familie gesprochenen Sprache eine wichtige Voraussetzung für den Erwerb der deutschen Sprache ist. Zu- dem stellt Bilingualität für die junge Migrantengeneration eine wichtige, auch beruflich bedeutsame Ressource dar. (Auszug aus dem Beitrag: „Integrationsbereitschaft jugendlicher Migranten” Aus Politik und Zeitgeschichte 26.01.2009) Indisches Kino Bollywood in Deutschland Meinungen junger Leser zu indischem Kino Im Jahr 1989, als „Salaam Bombay“ in einige wenige Programmkinos kam, hätte sich niemals jemand vorstellen können, dass indische Filme im deutschen Fernsehen synchronisiert ausgestrahlt werden und viele Kinos in Deutschland Bollywood Filme zeigen, geschweige denn, dass sich ein indischer Bollywood-Schauspieler wie Shah Rukh Khan einer riesigen deutsche Fangemeinde erfreuen kann. Herbert Krill, Regisseur des Dokumentarfilms Bollywood Remixed, der von ARTE bereits ausgestrahlt wurde, und Daniel Wisser, Mitarbeiter dieser Dokumentation und Begründer von Spicevienna.org, einer Datenbank für indische Filme, fassen ihre Erfahrung mit indischem Kino so zusammen: „Auch wer sich nur mit einem Teilbereich indischer Kultur befasst, kann zu keinem Ende kommen. Zum Beispiel der indische Film: seine Forscher beschäftigt er auf Lebenszeit, seine Fans sind ihm in tiefer Verehrung verfallen, niemanden lässt er unberührt, alle sind gleichermaßen süchtig. Indien produziert im Jahr über 500 Kinofilme, dazu kommen an die 400 synchronisierte Fassungen und eine kaum bezifferbare Anzahl an Fernsehproduktionen. Es ist ein Universum in sich selbst, mit seinen Tausenden von Berühmtheiten (Stars, Regisseure, music directors, stunt directors, lyricists usw.), mit Klatsch und Gerüchten, mit Publicity, Preisen und Jubiläen. Aber auch mit einer Fülle von Filmen jenseits des Kommerz, bis hin zu Arthouse-, Video- und Kurzfilmproduktionen.... Vielleicht ist das indische Kino für uns die letzte große unentdeckte Filmkultur, überhaupt eine der letzten eigenständigen Kulturen, die es noch zu erforschen gibt, bevor alles global wird. Aber ganz ursprünglich ist das Kino Indiens nie gewesen – seine Filmemacher haben uns durchaus beobachtet und studiert, angefangen vom Neorealismo bis hin zu Hollywood und Hongkong. Sie haben von uns gelernt, zitiert, abgeguckt, kopiert, aber ihre eigene Ästhetik damit nur bereichert und nicht etwa ersetzt. Vielleicht hundertfünfzig Filme pro Jahr werden in Hindi (mit Einschüben in der Schwestersprache Urdu) gedreht. Es ist die Muttersprache von 400 Millionen Menschen und sie wird weltweit von ca. 800 Millionen Menschen verstanden. Aber es gibt eine ganz starke regionale Produktion, vor allem in Andhra Pradesh und Tamil Nadu, dort werden über 200 Filme pro Jahr in den Sprachen Beyond“ in Stuttgart. Aufgrund des immer größeren Einflusses Baden-Württembergs auch im internationalen Filmgeschäft griff das Filmbüro im Frühjahr 2004 eine Idee auf, die ihren Anfang in Los Angeles genommen hatte. Auf der dortigen Location-Expo war 2003 ein Foreign Shooting Coordinator aus Indien auf die Region Stuttgart als Drehort aufmerksam geworden. Ein Kontakt zur hiesigen Film Commission kam zu Stande, anknüpfend daran wurden indische Produzenten eingeladen, sich bei einer Locationtour über die große Vielfalt interessanter Motive des Landes Baden-Württemberg zu informieren und hier Filmprojekte zu drehen. Bereits im Juli 2003 wurden zwei indische Produktionen in der Stadt Stuttgart und Umgebung realisiert. Im Rahmen der städtepartnerschaftlichen Veranstaltung „Stuttgart meets Mumbai“ besuchte dann Anfang 2004 eine Wirtschaftsdelegation mit dem 1. Bürgermeister der LandesJunge indische Schauspieler von „Slumdog Millionaire“ vor Kamera. Foto: A.P. hauptstadt Stuttgart, Jürgen Beck, sowie dem Telugu und Tamil gedreht. Die Hindi- indischen Honorarkonsul Andreas Lapp Filme werden hauptsächlich in Bombay Indien. Bei der Veranstaltung in Mumproduziert, der Filmhauptstadt ¸Bol- bai (Bombay) entwickelten Marianne lywood’. Viele Regionalfilme haben sti- Gassner und Dr. Hans-Joachim Peterlistisch einiges mit Bollywood gemein, sen zusammen mit einem indischen Promanche dagegen sind ganz anders, oft duzentenverband die Idee eines indiinnovativer. Auch in verschiedenen an- schen Filmfestivals in Stuttgart. deren Sprachen wird gefilmt; außerdem gibt es indische Produktionen in engli- Von der Stadt Stuttgart damit beauftragt, scher Sprache und Arthouse-Filme dieses Indische Filmfestival zu organi(früher ¸Parallel Cinem‘ genannt), die sieren, freute sich der Vorstand des man gewiß nicht als Bollywood-Filme Filmbüros über diese Chance, verschiebezeichnen kann.“ dene Länder und Kulturen zusammen zu führen und Kooperationen mit BadenUnd für die Liebhaber dieses Genres Württemberg zu fördern. Mit dieser und darüber hinaus hat das Filmbüro Initiative sollte die Festivallandschaft in Stuttgart einiges zu bieten, so auch wie- der Region bereichert werden. Ziel des der in diesem Jahr vom 12. bis 20. Juli Festivals „Bollywood and Beyond“ war 2009 das Filmfestival „Bollywood and es – neben einer Förderung der wirt- 26 schaftlichen Zusammenarbeit –, den Zuschauern einen Blick auf die kulturelle Vielfalt dieser damals in Deutschland weitgehend unbekannten Filmindustrie zu ermöglichen. (Quelle: http://www.bollywood-festival.de/das-festival.html) Nachdem der englische Film „Slumdog Millionär“ einmal mehr Indien international ins Gespräch gebracht hat, wollten wir von unseren jüngeren Lesern wissen, was sie von Bollywood, dem indischen Kino und Slumdog Millionär halten. Über die verschiedensten Bollywood-Internet-Foren und BollywoodGruppen haben wir Interviewfragen rausgeschickt, da es einen regen Austausch über indische Filme, Schauspiele und Filmkritiken gibt, die uns dazu bewogen haben, Meinungen über diesen Weg einzuholen. Nachfolgend ist ein Ausschnitt der Resonanz. Die Fragen stellte Nisa Punnamparambil-Wolf. - Die Redaktion Meine Welt: Wann, wo und wie hast du/haben Sie zum ersten Mal von indischen Kino-Filmen erfahren? Abhilash Nalpathamkalam (Student der Soziologie): Seit meiner Kindheit werden bei mir zu Hause indische Filme über VHS-Kassetten oder VideoCDs/DVDs geschaut. Kanish Palathingal (Student des Maschinenbaus): Ich war immer mit indischen Kino-Filmen umgeben, sie begleiten mich seit meiner frühsten Kindheit. Priya Mampilly (Steuerfachangestellte): Da meine Eltern beide aus dem Bundesstaat Kerala stammen, bin ich quasi mit Malayalam-Kinofilmen aufgewachsen. An meinen ersten Malayalam-Kinofilm kann ich mich leider nicht mehr erinnern. Von Bollywood-Filmen hatte ich jedoch als Kind/Teeni nur gehört, die dazugehörigen Videoclips hatte ich mir schon immer gerne angesehen. Denn für indische Musik konnte ich mich schon immer begeistern. Allerdings konnte ich mich als Kind/Teeni nie dazu aufraffen, einen Bollywood-Film anzusehen. Das Interesse, mir einen Bollywood-Film auch mal anzusehen, ist bei mir erst geweckt worden, nachdem ich gemerkt hatte, dass meine afghanische Mitschülerin mehr Ahnung von Bollywood-Filmen hatte als ich mit indischen Wurzeln. Daraufhin hatte ich meine afghanische Mitschülerin gebeten, mir doch eine Liste mit guten Bollywood-Filmen zu machen. Bei unserem nächsten Indienurlaub (Sommerferien 2000 oder 2001) hatte ich diese Liste dann meinem Cousin gegeben. Dieser hatte dann das Video zu dem schönsten Film aus der Liste für uns ausgeliehen: Kuch Kuch Hota Hai. Christina Kamp (freie Journalistin und Übersetzerin): In den 80er Jahren kamen einige indische Filme im deutschen Fernsehen, meist sehr spät abends. Meine Welt: Kannst du dich/können Sie sich noch an deinen/Ihren ersten indischen Kinofilm erinnern? Wie hieß er? Abhilash: Nicht direkt. Höchstwahrscheinlich ein Malayalam-Film aus den 80ern. Kanish: Nein, ich kann mich an meinen ersten Film nicht erinnern, aber ich erinnere mich vage daran, etwas von dem berühmten Film „Sholay“ als Kind gesehen zu haben. Christina: Ich bin nicht sicher, ob es wirklich der allererste war, aber einer der ersten war, „Die Suche nach der Hungersnot“ („Aakaler Sandhane“ von Mrinal Sen.1980), der in den 80er Jahren im deutschen Fernsehen lief. Einer der ersten Hindi-Filme, die ich in Indien gesehen habe, war „Qayamat Se Qayamat tak (QSQT)“). Meine Welt: Schaust du / schauen Sie Bollywood Filme oder auch andere indische Filme? Abhilash: Ja. Ich schaue Bollwood-Filme erst seit ca. 5 Jahren. Jetzt vermehrt wieder die alten Malayalam Klassiker aus den 80er und 90er Jahren. Kanish: Ich bin kein großer Fan von Bollywood-Filmen, aber ich schaue gelegentlich Malayalam-Filme, die finde ich besser. Priya: Ich bin mit Malayalam-Filmen groß geworden. Zudem habe ich mir neben Bollywood-Filmen auch TamilFilme (z.B. Roja) angesehen. Christina: Bollywood und auch andere: sowohl Dokumentarfilme als auch Filme in anderen indischen Sprachen (Malayalam, Tamil, u.a) Meine Welt: Schaust du/schauen Sie die Filme im Original mit indischen oder deutschen Untertiteln oder lieber die synchronisierte Fassung? Abilash: Immer im Original. Für HindiFilme brauche ich Untertitel. Malayalam Filme gehen auch ohne. Kanish: Im Original mit Untertitel Priya: Auch wenn ich die synchronisierten Fassungen zweifelsohne besser verstehe als die Original-Version mit Untertiteln, bevorzuge ich die letztere Alter- Strafmaßnahmen gescheitert Caritas international: Umdenken im Kampf gegen Drogen Caritas international fordert ein Umdenken im weltweiten Kampf gegen Drogen. Das rein repressive Vorgehen sei gescheitert, sagte der Leiter des Hilfswerks, Oliver Müller, zum Abschluss einer Fachtagung. Die Nachfrage nach einigen illegalen Drogen sei im vergangenen Jahrzehnt sogar gestiegen, ebenso die Größe der Anbauflächen. Der Drogenhandel sorge jährlich für Umsätze von 400 Milliarden Dollar. Weltweit konsumierten rund 250 Millionen Menschen harte Drogen. Rund 120 Experten aus 26 Staaten forderten im Abschlussdoku- 27 ment, Kleinproduzenten in Entwicklungsländern Alternativen zum Drogenanbau anzubieten. Ebenfalls wichtig ist nach Ansicht von Caritas international ein anderer Umgang mit Drogenabhängigen. Sie dürften nicht kriminalisiert werden, vielmehr hätten sie – wie andere Suchtkranke auch – ein Recht auf Wiedereingliederung in die Gesellschaft durch angemessene medizinische Versorgung und Bildung. (Quelle: Frau und Mutter 3/09) native. Denn viele Bollywood-Filme hatte ich bereits vor der ersten TV-Ausstrahlung in Deutschland im Original mit englischen Untertiteln gesehen. Auch wenn die deutschen Synchronstimmen relativ gut sind, geht doch eine ganze Menge durch den Klang der Stimme etc. verloren. Daher kann ich mich mit den deutschen Synchronstimmen einfach nicht anfreunden. Christina: Lieber die Original-Versionen mit englischen Untertiteln. Meine Welt: Was fasziniert dich so am indischen Film/Bollywood-Film? Abhilash: Das spezifisch Indische an den Storys. Filme entstehen auf der ganzen Welt mit der gleichen Technik, aber die Story, die im Film transportiert wird, ist meistens durch ihren kulturellen Hintergrund geprägt. Kanish: Ich finde Hindi-Filme (Bollywood-Filme) sehr unrealistisch und langweilig. Malayalam-Filme erzählen gehaltvollere Geschichten, werden aber filmtechnisch nicht so gut umgesetzt. Das ist so schade, weil ich glaube, dass es viel mehr Potential für richtig gute Filme in Indien gibt. Priya: Fasziniert bin ich vor allem von der Musik, den Tänzen und den Kostümen. Natürlich gehört auch eine kleine Portion Kitsch dazu. Unabhängig davon, ob es sich um einen regionalen Film oder aber um einen Bollywood-Film handelt, diese Elemente tauchen in fast jedem Film auf und sind das, was einen indischen Film überhaupt ausmacht. Was jedoch Malayalam-Filme (insbesondere die älteren) auszeichnet, ist, dass diese, trotz eines geringen Budgets, von der Geschichte (meist Familiengeschichten) und den Darstellern her sehr überzeugen können. Im Gegensatz dazu merkt man bei Bollywood-Filmen sofort, dass ein ganz anderes Budget zur Verfügung steht. Zudem sieht man sich gerne einen Film an, in dem Schönheiten (wie z.B. Aiswarya Rai) wie Göttinnen dargestellt werden und ein HappyEnd fast immer garantiert ist. Da übersieht man auch gerne, dass die Handlung nicht immer einen roten Faden aufweist. Ging es einige Zeit lang bei BollywoodFilmen nur darum, unterhalten und von den eigenen Problemen abgelenkt zu werden (Traumfabrik Bollywood), so ist das Interesse an realistischeren Bol- lywood-Filmen mit dem wirtschaftlichen Aufschwung in den letzten Jahren gestiegen (z.B. Lagaan, Black). nach nie vergessen, dass man unter anderen Umständen auch zu diesen primitiven Menschen zählen würde. Christina: Faszination ist für mich nicht der richtige Ausdruck. Mich interessieren Filme als ein Zugang zur Vielfalt Indiens (einer von vielen). Christina: Meine Liebe zu diesem Land. Das klingt vielleicht etwas platt, lässt sich aber – als Ausgangsbasis – kaum anders sagen. Allerdings ist das nicht verherrlichend oder unkritisch gemeint, sondern mit sehr viel Auseinandersetzung verbunden. Meine Welt: Was verbindet dich/Sie mit Indien? Abhilash: Herkunft, meine Eltern. Meine Welt: Warst du / waren Sie schon mal in Indien? Kanish: Ich bin Inder. Abhilash: Ja! Priya: Meine Eltern stammen aus dem Bundesstaat Kerala. Bis auf einen Cousin meiner Mutter, der mit seiner Familie zusammen in Deutschland lebt, leben alle unsere Verwandten in Indien. Um mit diesen weiterhin in Kontakt zu bleiben, reisen wir jedes Jahr nach Kerala. Ich bin gerne in Kerala, nicht nur wegen meiner Verwandten, dem Kino, der Klamotten etc. Ich könnte zwar nicht in Indien leben, da Indien für mich immer nur ein Urlaubsland bleiben wird. Die Art, wie ich mich kleide und gebe, verrät mich trotz meiner dunklen Haut- und Augenfarbe. Jedoch fühle ich mich in diesem Land wohl, da Indien immer ein Teil von mir sein wird. Viele schämen sich für die primitive Lebensweise ihrer indischen Verwandten. Jedoch darf man meiner Meinung Kanish: Ich bin in Indien geboren und habe fast mein ganzes Leben bis jetzt dort verbracht. Christina: Oft Meine Welt: Haben dich/Sie die Filme neugierig gemacht auf Indien? Haben sie dich/Sie motiviert nach Indien zu reisen? Priya: Bollywood-Filme haben natürlich mein Interesse geweckt, mir die Filmstudios mal anzusehen, nicht jedoch nach Indien zu reisen. Das Interesse, nach Indien zu reisen, sollte man nicht von den Filmen abhängig machen. Die meisten Bollywood-Filme sind das Werk einer Traumfabrik. Ich bin früher oft über Bombay nach Indische Küche Nawabi Champignon Zutaten: 1 Tasse tiefgefrorene Erbsen 1 gehackte Zwiebel 2 Esslöffel Joghurt 2 Esslöffel Butter 400 g Champignon (aus der Dose oder frisch) 2 gehackte Knoblauchzehen 3 Esslöffel Sahne 2 Esslöffel Rosinen Zu einer Paste mahlen: 2 Esslöffel Cashew-Nüsse 2 Esslöffel Mohn 1 kleines Stück Ingwer 3 Gewürznelken 28 2 Kardamon 2 grüne Chilischoten (nach Geschmack) Zubereitung: Butter erhitzen und die Zwiebel braten, bis sie goldbraun ist. Gehackte Knoblauchzehen hinzufügen und 1 Minute weiterbraten. Paste hinzufügen und weitere drei Minuten braten. Erbsen, Champignons, Rosinen, Sahne, Joghurt, ½ Tasse Wasser und Salz hinzufügen und fünf Minuten kochen. Zusammen mit Reis heiß servieren. (Quelle: Indien Kulinarisch, Bonn, 1996) Kerala gereist und weiß, dass Bombay nicht so schön aussieht, wie es in den Filmen meist dargestellt wird. Während in den Dokus über Indien oftmals nur die schlechten Seiten Indiens (Kluft zwischen Reich und Arm) gezeigt werden, so werden in den meisten Bollywood-Streifen nur die schönsten Seiten Indiens gezeigt. Davon sollte man sich nicht täuschen lassen. Christina: Eher umgekehrt: Weil mich Indien interessiert, interessieren mich auch indische Filme. Meine Welt: Bollywood-Filme bieten nicht nur Unterhaltung, sondern präsentieren und verarbeiten auch politische und religiöse Themen. Was hältst du davon, wie bewertest du dieses Merkmal? Abhilash: Gerade diese Themen interessieren mich und es würde mich freuen, so etwas öfters zu sehen, natürlich mit einem gewissen Anteil an Unterhaltung Priya: Ich finde es sehr gut, politische und religiöse Themen aufzugreifen. Allerdings wurde in indischen Filmen oftmals der Pakistan-Indien Konflikte und HinduMoslem Auseinandersetzungen aufgegriffen. Diese waren kassenmäßig vielleicht erfolgreich, haben je-doch sonst nicht viel bewirkt. Das ist sehr schade. Christina: Ich finde die Filme umso besser, wenn sie dies tun (in gelungener Weise). Meine Welt: Haben Sie / hast du den Film Slumdog Millionaire gesehen? Was hat dir an dem Film gefallen, was nicht? Abhilash: Habe ihn gesehen. Ist schon ein gut gemachter Film. Wobei ich ihn nicht oscarreif fand (außer Rahman und Pookutty, die haben den Oscar verdient). Ist auch nichts Neues, das arme Indien in einem Film zu zeigen. Neu ist nur, dass er so eine große Popularität genießt. Die Darstellung Indiens in dem Film ist sicher realistisch und zeigt eine Seite – die schwierigere Seite – von Indien. Ich bin mir sicher, dass der Film dem Image von Indien schadet. Das ist ja die Macht eines guten Unterhaltungsfilms, er erreicht viele Leute, weltweit, und beeinflusst Denken, Handeln und Ansichten von Menschen. Trotzdem hoffe ich, dass der Film auch indische Produzenten und Regisseure antreibt, Filme zu produzieren, die für den internationalen Markt brauchbar sind. Bollywood richtet sich noch zu sehr an den indischen Zuschau- Europäische Kultur zum Jahreswechsel Wien ist „Hochburg“ Nachdem mit dem Weihnachtsfest eines der christlich-religiösen Hochfeste dieses Jahres nicht abgeklungen ist, haben Sylvester und Neujahr im europäischen kulturellen Kontext eine sehr hohe Bedeutung. Für kulturell ambitionierte Menschen, die an diesen Tagen „auf Reise“ gehen, spielt neben Berlin vor allem Wien als eine der Kultur-Hauptstädte Europas eine herausragende Rolle. Ein solch dichtes „Netz“ an entsprechenden kulturellen Höhepunkten, wie es die alte habsburgische Kaiserstadt anzubieten hat, kann gewiss als einmalig bezeichnet werden. Ist die „Sylvestermeile“, auf der sich alljährlich Hunderttausende in ein unterhaltsames Spektakel begeben, eher etwas für die „Masse“, so sind es die vielzähligen „inhouse“-Veranstaltungen, die dem „feinsinnigeren“ europäischen Kulturgut ihren Stempel aufdrücken. Lange vorher ausverkauft sind die Operetten-Aufführungen in der „Volksoper“ (www.volksoper.at), oder wie im „Konzerthaus“ (www.konzerthaus.at), die Kabarettabende (z.B. mit den schon traditonellen Abenden mit Bernhard Ludwig), die Strauß-Konzerte und besonders am Sylvesterabend die alljährliche hochkarätig mit den Wiener Symphonikern aufgeführte „Beethovens 9.“. Alle diese Veranstaltungen habe eins gemeinsam: wer sie besu- chen möchte, der muss sich spätestens im Sommer um entsprechende Karten bemühen. Neben einem Wiener Publikum geht es überall „international“ zu. Dies gilt natürlich und insbesondere auch für das weltbekannte „Neujahrskonzert“ der Wiener Philharmoniker (www.wienerphilharmoniker.at) im „Musikverein“ (www.musikverein.at). Musikalische Botschaft zum Jahresbeginn - Traditionelles Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker ist für viele Menschen weltweit seit Jahrzehnten ein Fixpunkt am 1. Januar. Von 1941 an präsentieren die Wiener Philharmoniker ihrem Publikum zum Jahresauftakt ein heiteres und zugleich besinnliches Programm aus dem reichen Repertoire der Strauß-Dynastie und deren Zeitgenossen. Es ist der Wunsch der Philharmoniker, nicht nur musikalisch wertvolle Interpretationen anzubieten, sondern auch darüber hinaus allen Menschen einen Gruß im Geiste von Hoffnung, Freundschaft und Frieden zu übermitteln. Da begegnen einem beispielsweise Menschen aus Japan, die sich, um das „Vorkonzert“, jeweils am 30. Dezember aufgeführt, besuchen zu können, bereits ab dem 2. Januar auf der Website der „Philharmoniker“ in die 29 „Tombola“ eingeschrieben haben. Karten für dieses „Glanzlicht“ im Kulturprogramm werden nur über den Weg einer Verlosung weltweit angeboten. Neben dem Vorkonzert gibt es noch eine Aufführung am Sylvesterabend und als absolutem Höhepunkt am Neujahrmorgen. Die TV-Verbreitung der ORF ist weltumspannend, wer jedoch einmal in den Genuss der persönlichen Teilnahme kommen möchte, hat jeweils direkt am Jahresbeginn nur wenige Wochen, um sich über den Weg der „Verlosung“ Hoffnung auf Konzertkarten machen zu können. Manch einer bewirbt sich über Jahre darum, ehe der Erfolg, dieser mehr als herausragende Musikgenuss in der großartigen Kulisse des „großen Saals“ im Musikverein, die Mühe und das „finanzielle Engagement“ absolut vergessen lässt. Zum Jahreswechsel 2008/2009 hatten die „Philharmoniker“ mit dem in dieser Funktion debütierenden Daniel Barenboim einen frenetisch gefeierten „Maestro“ eingeladen. Für 2009/2010 wird es der französische Dirigent Georges Prêtre sein. Übrigens: auch „übers Jahr“ loht sich der Blick auf die Website der „Philharmoniker“, wie auch der Volksoper und des Konzerthauses – interessante Veranstaltungen gibt es immer ! - Heinz Müller er. Wer den internationalen Filmmarkt dominiert, besitzt viel Softpower, was Indiens größer werdenden internationalen Einfluss zu Gute kommen würde. Eine Ramayana oder Mahabharata-Produktion auf Hollywood-Niveau würde z.B. einen großen Einfluss auf das Image von Indien haben und würde die Pop-Kultur auf der ganzen Welt beeinflussen. Kanish: Ja, ich habe ihn gesehen. Der Film gefällt mir sehr, weil er über einen Underdog war, der zu einem glücklichen Ende führte. Priya: Ja. Der Film hat jeden einzelnen Oscar verdient!! Die Idee, die dahinter steckt, ist super. Ein Junge, der in den Slums von Bombay aufgewachsen ist, gelangt zu der Show „Wer wird Millionär“. Einfache Fragen kann er nicht beantworten, schwierigere Fragen schon. Erzählt wird dabei in Rückblende, wie dieser Junge auf diese Antworten kommt bzw. welche Ereignisse in der Vergangenheit dazu geführt haben, dass er diese Fragen beantworten kann. Der Film ist sehr sozial-kritisch und stellenweise sehr hart. Würde es kein Happy-End gegeben, wäre der Film sehr deprimierend. Abhilash: Nadodikattu (Malayalam) Nicht gefallen hat mir jedoch, dass die letzte Frage so einfach ist. D.h. im Film hat es Sinn gemacht, diese als letzte Frage zu stellen, jedoch würde diese in der Realität garantiert nicht als letzte Frage gestellt werden. Meine Welt: Welche Schauspieler/Innen gefallen dir am besten? Christina: Ja. Mir hat gut gefallen, dass darin die „Stärke der Schwachen“ zum Ausdruck kommt, in der Art und Weise, wie sich die Antworten auf die QuizFragen nicht aus formaler Bildung, sondern aus dem „wahren Leben“ ergeben haben. Man sollte die „ Armen“ nicht unterschätzen! Meine Welt: Nenn mir deinen Lieblingsfilm (Bitte nur den Titel nennen) Priya: Bollywood: Veer Zaara; Malayalam: Manichitrathazhu Christina: Lagaan (Bollywood) Priya: Bollywood-Filme: Kajol, Rani Mukerjee und Aamir Khan Malayalam Filme: Urvasi, Shobana und Mohanlal Kajol ist ein vielseitiges Talent, egal ob in Komödien oder in ernsteren Rollen (Fanaa, sie spielt immer sehr überzeugend und bleibt natürlich). Ihre Cousine Rani ist zwar auch eine sehr gute Schauspielerin (Black), jedoch in Komödien nicht ganz so überzeugend. Aamir Khan ist bekannt für seinen Perfektionismus. Er gibt immer 100% und das sieht man. Christina: Shah Rukh Khan, Aamir Khan, Amitabh Bachchan u.v.m. ( In der Indien – das untypische Entwicklungsmodell Prof. Dr. Harald Müller und Dipl. Pol. Carsten Rauch Den Lehrbüchern entsprechend entwickeln sich periphere Volkswirtschaften durch die Kapitalisierung der Landwirtschaft über die Massenproduktion von Konsumgütern, deren Produktion gering qualifizierte Arbeitskraft benötigt, zu einer soliden Industriewirtschaft, bevor der Dienstleistungssektor die Führung des wirtschaftlichen Wachstums übernimmt. Diese Lehre hat Indien auf den Kopf gestellt. Zugpferd der indischen Entwicklung ist vielmehr ein Sektor der Hochtechnologie, der überwiegend der Dienstleistungsbranche zuzurechnen ist. Es handelt sich um die Softwareproduktion und -anwendung, in der Indien heute als die führende Weltnation bezeichnet werden kann. 1990 wurde ein „Software Technology Park“ bei Bangalore als Freihandelszone etabliert. Danach konnte sich die Softwareindustrie in den 1990er Jahren mit Raten von 50 Prozent pro Jahr ausdehnen. Ihre Wertschöpfung wird bald mehr als 100 Mil- liarden US-Dollar im Jahr be-tragen, wobei mehr als die Hälfte davon im Exportgeschäft erzielt wird. Das indische Wirtschaftswachstum hat indessen längst andere fortgeschrittene Sektoren erfasst. In der Biotechnologie stößt Indien zur Weltspitze vor, nachdem auch dieser Sektor liberalisiert und ausländische Anteile in Höhe von 74 Prozent genehmigungsfrei zugelassen wurden. Genehmigungsvorbehalte gibt es noch bei der Herstellung und dem Vertrieb von Laborerzeugten DNA-Produkten; ferner existieren Preiskontrollen bei einigen Medikamenten wie Insulin. Die indische Raumfahrt ist ebenfalls erfolgreich, ihr Fortschritt erfolgt nach Plan. Am Horizont zeichnet sich bereits ab, dass in der kommenden industriell-technischen Revolution, die durch den Einsatz der Nanotechnologie ausgelöst wird, die Inder gleichfalls mit an der Spitze marschieren werden. Auch ihre führende Stellung auf dem Wachstumsmarkt der Outsourcing-Dienstleistungen ist be- 30 merkenswert. In indischen Outsourcing-Unternehmen werden Schriftsätze für renommierte amerikanische Anwaltskanzleien, ja sogar Reden für USSenatoren verfasst. Im Kielwasser dieser „Flaggschiffe“ der indischen Wirtschaft zeigen sich mittlerweile auch Erfolge in der Massenproduktion von Konsum- und Investitionsgütern. Automobile, Elektroartikel und mittlerweile in ganz Asien beliebte „Bollywood“-Produkte der indischen Filmindustrie sind Exportschlager. Die indische Stahlindustrie ist weltweit wettbewerbsfähig und greift mit ihren Investitionen auch die europäischen Märkte an, etwa der Konzern Mittal. Der Trend zeigt, dass der moderne Sektor der indischen Volkswirtschaft auch in der Breite gut aufgestellt ist. (Auszug aus dem Beitrag: „Indiens Weg zur Wirtschaftsmacht“ Aus Politik und Zeitgeschichte 26.05.2008) Regel sind mir die Schauspieler/innen aber gar nicht so wichtig.) Mein Indien What is Slumdog Millionaire? Ein Nachruf von Anant Kumar Monika Gehrlein Ich hab mich schon als Kind in Indien verliebt, ich hatte ein Buch gelesen, leider weiß ich den Titel nicht mehr, und seitdem wollte ich immer mal nach Indien. Vor ein paar Jahren war ich dann in Indien, eine kleine Rundreise, Delhi, Agra, Jaipur. Delhi hat mich erst etwas geschockt, warum weiß ich nicht mehr genau, doch je länger die Reise war, umso faszinierender fand ich Indien. Einmal wollte mich eine Familie mit sich fotografieren, vielleicht steh ich jetzt in irgend einem indischen Wohnzimmer. Die Reisegruppe war auch sehr klein, wir waren nur drei Personen. Den ersten indischen Film, den ich gesehen habe, war „In guten wie in schweren Zeiten”, aber mein Lieblingsfilm ist „Rang de Basanti”. Ich finde Shah Rukh Khan ganz toll, ich finde, er hat eine super Ausstrahlung. Gestern war ich in „Slumdog Millionaire”, der ist auch gut, ich denke, ich werd ihn mir auf DVD holen, wenn es ihn gibt. Ich mag auch die indische Musik. Und Ende des Jahres möchte ich, wenn alles klappt, meinen Urlaub in Indien verbringen. Meine Welt: Bist du /sind Sie Mitglied in einem Bollywood-Forum oder FilmForum im Internet? Wenn ja, in welchem? Abhilash: Nein! Kanish: Nein, leider nicht. Priya: Dazu fehlt mir leider die Zeit. ! 1. Ein mit 8 Oscars prämierter Film des britischen Regisseurs Danny Boyle. Es ist über ein Jahrzehnt her, dass ich im Kasseler Staatstheater mit meinem Studienkollegen Dirk Eckart der Premiere des europäischen Tanzfestivals beiwohnte. In seiner Eröffnungsrede sagte der Repräsentant des britischen Königreichs eindeutig irritiert, wahrscheinlich auch verärgert, die Wahl sei nicht die des britischen Staates beziehungsweise der Regierung, sondern die Jurymitglieder der Tanz- und Musikeinrichtungen Englands hätten diese Entscheidung getroffen! Aber er begrüße herzlich, gratulierend, die Tanztruppe und ihre Choreographin, deren Eltern aus Srilanka nach England emigrierten. Das stimmte jedoch nicht, und die junge dynamische Frau regte sich nach der Aufführung über den Irrtum auf. Sie korrigierte den Fehler des Repräsentanten im Foyer: Ihre Eltern kamen aus Südindien. Das Stück, ihre Kompostion, war eine moderne, indisch-europäische Aufarbeitung einer altindischen Legende im indischen Tanzstil mit einigen Streichern. Also, schon mehr oder weniger indisch. In Slumdog wird das unmittelbare Indien mit indischen Darstellern von einem britischen Filmemacher dargestellt. Wer sollte da mit dem erweiternden Blickwinkel, der erweiternden Ästhetik Probleme haben?! 2. Zwei Oscars für den „beatlastigen“ indischen Musikproduzenten A. R. Rahman. In den allerletzten, spannenden Abenden stellte das klassikradio.de sämtliche nominierten Filme aller Sparten vor. So wurde auch die Musik der besten sechs Nominierungen vorgestellt, und die Hörer wurden gebeten, über ihre Favoriten abzustimmen. Ich wurde aufmerksam, als das indische Sozialmärchen mit dem Namen des indischen Musikgiganten vorkam. Die beiden „Herren“ Moderatoren, verkündigten einstimmig in ihrer ansprechenden, jedoch souveränen Radiostimme ihre Meinung über die Musik des Inders: „Zu beatlastig!“ Es wurden alle sechs Filmstücke der Reihe 31 Anant Kumar ist ein deutschsprachiger Schriftsteller indischer Herkunft. Er verfasste 12 Bücher (Erzählungen, Essays, Gedichte, Satiren, Reportagen, Kinderbücher... Roman) Er lebt und arbeitet in Kassel. www.anant-kumar.de Neuerscheinung 2008: Kumar & Corciova: Ein Inder in Deutschland – 27 Reisereportagen & 27 Grafiken, Wiesenburg Verlag Schweinfurt. nach gesendet, und es wurde telefonisch abgestimmt. Die Moderatoren teilten den Hörern das Resultat euphorisch mit, etwa: „...Es gibt 2 klare Gewinner! Es gibt 2, die klar in der Mitte sind! Und es gibt 2 klare Verlierer!“ Die Kompostion des „beatlastigen“ Inders befand sich im klaren Verliererbereich. Meine Beweggründe für die Bewunderung Rahmans bestehen aus seiner Genialität und noch mehr aus seiner Persönlichkeit. Der mittelgroße Mann mit Megaidol-Status auf dem indischen Subkontinent, der auf eine langjährige, emsige Laufbahn zurückblickt, tritt bei unzähligen Preisverleihungen äußerst einfach auf, und er redet leise, wenig, dankend-rührend... Als Junge wuchs er in bescheidenen Verhältnissen auf, und sehr fleißig verfolgte er seine musikalische Ausbildung in der ganzen Welt. Der mit dem Oscar preisgekrönte Song des Slumdogs, den der gläubige und praktizierende Muslim aus Südindien komponiert hat, lautet: „Jai Ho!!!“ Es ist der alltägliche Ausruf der Hindus und auch aller anderen gläubigen Inder zur Ehrung der Götter, Göttinnen ...des Allmächtigen, zum Beispiel: „Jai Ho Kali Mai Ki! / Es gelte und bleibe nur die ewige, immense Größe der Göttin Kali!“ 3. Bollywood versus sozialkritsche Kinos Die Zeitungen machten mich nochmals auf diese Kluft aufmerksam: Da die Inder hauptsächlich kitschige Bollywood-Filme mögen, konnte dieses sozialkritische Märchen aus den Slums. Rezension „Das ist der Planet, der unser Schicksal lenkt“ Das mohnrote Meer, Roman. Amitav Ghosh. Übersetzung aus dem Englischen von Barbara Heller und Rudolf Hermstein, Karl Blessing Verlag, 2008. er Mohn ist nicht nur ein winziges wohlschmeckendes Samenkorn, sondern „der Planet“, der das Schicksal sämtlicher Figuren des neuen Romans von Amitav Ghosh lenkt: „Segen spendend und zugleich alles verschlingend, barmherzig und zugleich zerstörerisch, nährend und zugleich rachgierig.“ Denn er ist die Basis für Opium: Rauschmittel und eines der Grundpfeiler der Macht der englischen East India Company, die im frühen 19. Jahrhundert bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1858 durch die britische Krone faktisch über Bengalen und weitere Teile Indiens herrschte und durch den Schmuggel des in Indien produzierten Opiums auch in China für neue Machtverhältnisse und Absatzmärkte sorgte. D Gelegentlich etwas weitschweifig beschreibt der Roman mit bemerkenswertem Detailwissen die Lebensverhältnisse zu Zeiten der Herrschaft der East India Company und die durch den Opiumanbau und -handel eng miteinander verwobenen Beziehungen zwischen den verschiedenen indischen und englischen (von Seite 31) Bombays nicht in großen Leinwandkinos gezeigt werden. Das stimmt auch – halbwegs, weil der Film durch und durch auch eine Bollywood-Produktion ist. Das wurde sogar bei der Preisverleihung in L.A. hervorgehoben, etwa: „...Damit werden auch zwei gigantische Filmgrößen der Welt geehrt, nämlich Bollywood und Hollywood.“ Die Darsteller sind die Stars aus Bollywood und die Bewohner des Mumbai-Slums. Und nicht zuletzt der Musikdirektor, der seit Jahren als Kaiser der zeitgenössischen Bollywoodmusik gilt. Jener, dessen „beatlastiger“-Song auch im klassikradio.de vom Moderator vorgestellt wurde. ! gesellschaftlichen Schichten, die in Kalkutta und seinem Umland aufeinander prallen. Sehr deutlich wird dabei auch das gespannte Verhältnis, das zwischen den englischen und französischen Kolonisatoren beziehungsweise den Vertretern der späteren Weltmacht Amerika herrscht, wo man gerade erst beginnt, sich mit dem eigenen, stark rassistisch geprägten Kolonialerbe auseinanderzusetzen. Ghosh verfolgt das Schicksal seiner Protagonisten zu Land, auf dem Fluss und zuletzt auf dem Meer, über das sie als Kontraktarbeiter oder Gefangene der East India Company mit dem ehemaligen Sklavenschiff „Ibis“ nach der Insel Mauritius verschifft werden. Denn durch die Umstände gezwungen, müssen sie alle sich den Schrecken der mit dem Tabu des Kastenverlusts belegten Überfahrt des „Schwarzen Wassers“ stellen, inmitten dessen dieser erste Teil einer geplanten Trilogie im tosenden Sturm endet. Kultur und Sprache der Laskaren Besonders eingehend hat sich der Anthropologe Ghosh in dem Roman mit der Kultur und Sprache der so genannten Laskaren auseinandergesetzt. Diese von einer Aura des Piratentums umgebenen Seeleute aus aller Herren Länder (darunter vor allem Chinesen, Ostafrikaner, Araber, Malayen, Bengalen, Goaner, Tamilen und Arakanesen) sprechen ein aufsehenerregendes englisch-asiatisches Pidgin, dessen rauem Charme die deutsche Übersetzung durchaus gerecht ge-worden ist; sie bestimmen den Kurs zu-verlässig anhand der Sterne, anstatt sich mühsam mit Sextanten und Seekarten zu behelfen, und sind dem Leben auf See dank einer sehr ausgewogenen Ernährung insgesamt viel besser gewachsen als die Europäer, die Mangelkrankheiten in diesen Zeiten sehr schnell und häufig zum Opfer fallen. Ghoshs enorme Sachkenntnis, vor allem seine Begeisterung für die Nautik der damaligen Zeit, ist dem Buch allerdings insofern zum Verhängnis geworden, als sie zu einem etwas missglückten Spagat zwischen Roman und Sachbuch geführt hat. So sind die Figuren oft recht hölzern gezeichnet und erscheinen mehr wie Prototypen für die verschiedenen Lebensumstände, die Ghosh illustrieren möchte, denn wie Individuen, an deren Schicksal man wirklich Anteil nehmen würde. Gewissermaßen entschädigt wird man jedoch durch die Piratenfolklore und die indischen Mythen, mit denen Ghosh die Romanhandlung immer wieder durchsetzt. - Sophia Kratz Elternzeit für Großeltern Wenn die Enkel im gleichen Haushalt leben Künftig können in bestimmten Fällen auch Großeltern Elternzeit nehmen. Das beschloss der Bundestag mit den Stimmen der großen Koalition. Grü-ne und FDP votierten gegen das Ge-setz, die Linke enthielt sich. Die Bundesregierung hatte die Änderung zum Anfang 2007 in Kraft getretenen Bundeselterngeldgesetzes vorgelegt. Damit haben Großeltern bald ein Recht auf Elternzeit, um ihre im gleichen Haushalt lebenden Enkel betreuen zu können. Es geht um Unterstützung, wenn ein Elternteil minderjährig ist oder als junge Volljährige noch die 32 Schule besucht oder eine andere Ausbildung absolviert. Großeltern sollen nach dem Willen der Regierung damit auch helfen, die Situation im Anschluss an eine „Teenager-Schwangerschaft“ zu bewältigen. Das Elterngeld wird seit Anfang 2007 maximal für 14 Monate Elternzeit als Lohnersatzleistung gezahlt und beträgt bis zu 67 Prozent des letzten Einkommens. (Quelle: Frau und Mutter 1/2009) Neues Buch Zweite Person Singular Gedichte von Udaya Narayana Singh Gedicht Du bist einzigartig Udaya Narayana Singh Zur Einführung hat der in Deutschland lebende bengalische Dichter Alokeranjan Dasgupta folgendes geschrieben: auch meine Augen, Brauen, Haut, Haare und Poren sprechen unaufhörlich: Dhug-dhug pa-dha-ni-tha-thei Kann ein renommierter Sprachwissenschaftler und -planer auf dem Gebiet der Dichtkunst bewandert sein? Ist so einer nicht eher darum bemüht, grammatikalisch bzw. semantische Belange der Sprache in den Vordergrund zu stellen? Udaya Narayana Singh (geb. 1951), ein namhafter Linguist, ist sich der Problematik bewusst: Ein gediegenes Gedicht vermag unsere Leseerwartungen zu enttäuschen, uns zu ergreifen, uns zu überraschen. Dies macht diesen Linguisten auch zum Poeten. Der oben zitierte Auszug aus einem seiner Gedichte drückt in der letzten Zeile den Übergang von Sprache zu einer Melange von versprachlichten Tabla-Rhythmen, Herzschlägen und Tönen eines Ragas aus – eine Art Synästhesie also. Augen, Brauen, Haut und Poren vermitteln ihre Botschaft, was das Schreiben überflüssig macht – das alles als Widerpart zum wie eine Klage anmutenden Gedichtstitel „Warum schreibst du nicht?“ Namen entlegener Ortschaften baut man manchmal in ein Gedicht ein. Sie verleihen ihm einen wunderlichen Charme, der den Leser in den Bann zieht. Hier zwei Auszüge aus dem Gedicht „Nach wie vielen Jahren“: die neblige Straße am Morgen nach Simri Bakhtiarpur in Mysore, beherrscht in Wort und Schrift neben seiner Muttersprache Maithili – die im Norden von Bihar gesprochen wird und von alters her für seinen lyrischen Klang bekannt ist – auch Hindi und Bangla. Er nennt sich aber „Schriftsteller der Belanglosigkeit“. Als Übersetzer bewegt er sich zwischen mehreren Sprachen. Sein Augenmerk bei seinen schöpferischen Arbeiten gilt den strukturellen und sozialen Aspekten der Sprache seiner Mitmenschen. Auch Strukturveränderungen des dörflichen Ambiente bzw. der Landschaftsarchitektur geben ihm in seiner Poesie Anlass zur Nostalgie. Eine Spur von Sehnsucht hallt nach: Ich habe dich in meiner Dichtung angerufen, und doch kamst du nie zu mir; In meinen Gedichten überflutete der schmale Tilabe, verhalf dem Fährmann, Khesaari-kaa, zu Reichtum – und trocknete dann wieder aus. Sie war kein enormes Festmahl, das verdampft, noch bevor es serviert wird. Udaya Narayanas Credo hinsichtlich der Freiheit der Sprache hat sich bereits Anfang der 70er Jahre ausgebildet. Die später gescheiterte marxistisch- maoistische Bewegung in Bengalen war darauf angelegt, die tradierten Sitten und Gebräuche zu verändern. Dies beeinflusste die literarische Sprache der damaligen jungen Generation. Udaya Narayana hat diese Anti-Establishment-Bewegung zusammen mit Arjan Sen (geb.1953) und Amitabha Gupta (geb.1947) mitgestaltet. Sie gaben eine revolutionäre linguistischliterarische Zeitschrift namens „Ganego Patra“ (Gangesblatt, erste Ausgabe 1975) heraus, die zum Sprachrohr der Intellektuellen und Künstler in Bengalen wurde. für Jahre lag mein Dorf Bhagwati verschlossen da in ihrem Schrein Das literarische Werk Udaya Narayana Singhs hatte in der Form der diskursiven Prosa seine Anfänge. Sehr bald entdeckte er jedoch das Medium der Poesie. Seither ist er diesem Genre treu geblieben. Der ployglotte Dichter und Linguist Udaya Narayana Singh, Direktor des „Central Institute of Indian Languages“ Er verwandelt das lyrische Ich ins narrative Du. So erhofft er noch heute den Lesern seine poetische Botschaft zu ver- oder 33 zumindest hättest du ein Wort sagen können, aber du hast dich mir nicht einmal zugewandt. Konntest du nicht sehen, meine Dichtung war keine Liebestat, die Gewinn und Verlust aufwog. Sie war keine routinierte Einladung, die man sich einfach entgehen lassen kann. Ich rufe dich bei einem Namen, der nur in der Dichtung möglich ist: Ein Name, den Vögel leicht singen können, und doch kein spannender, und auch kein geheimer. Keiner, über den Freunde herzhaft lachen würden. In meiner Dichtung habe ich dir viele solche Namen gegeben, und dennoch wolltest du mir nicht mal ein Wort sagen. Aus dem Englischen von Katja Warmuth (Aus: Zweite Person Singular, Gedichte, Udaya Narayana Singh, Draupadi Verlag, 2009) mitteln – er kommuniziert mit seinem Gegenüber. Sein Bestreben ist in der Tat geglückt. Seine Bücher finden einen immer größer werdenden Leserkreis. ! Der Gedichtband Zweite Person Singular (94 Seiten) ist im Draupadi Verlag 2009 erschienen. Bücher... Bücher... Bücher Neue Bücher (Englisch) Five Novellas by Women Writers Der Band beinhaltet fünf Kurzromane von prominenten Schriftstellerinnen, die in der einen oder anderen indischen Regionalsprache schreiben. Die Autorinnen sind Nabaneeta Dev Sen (Bengali), Mrinal Pande (Hindi), Vaidehi (Kannada), B.M.Zuhra (Malaya-lam) und Saniya (Marathi). Während Nabaneeta Dev Sen und Mrinal Pande durch Übersentzungen ihrer Werke ins Deutsche hierzulande bekannt sind, gibt es immer noch keine übersetzten Werke der anderen Autorinnen in deutscher Sprache. Alle 5 Werke sind aus Originalsprachen von erfahrenen Übersetzer/Innen ins Englische übertragen worden. Über die Qualität der Übersetzung kann man nicht klagen. Der Band ist in der Oxford University Press, New Delhi im Jahr 2008 erschienen. gann dann eine neue Phase der westlichen Expansionspolitik in der Geschichte, nämlich die Gewinnung der Monopolmacht über den Gewürzhandel mit Indien. Der Roman ist erschienen in Penguin, Indien, 2009 Neues Buch über Yoga Das Yoga-Lexikon. Sanskrit-AsanasBiographien-Hinduismus-Mythologie, Wilfried Huchzermeyer, Verlag W. Huchzermeyer, Karlsruhe, 2009 Yoga wird immer populärer in der westlichen Welt und findet auch in Deutschland eine ständig wachsende Zahl von Anhängern. Gleichzeitig nimmt auch die Zahl der Übungsstile zu, in denen Yoga praktiziert wird, so dass es selbst für Insider nicht ganz leicht ist, den Überblick zu behalten. Unterstützung bietet Das Yoga-Lexikon des Indologen Wil- South Asian Christian Diaspora Dies ist ein Buch über die südasiatischen christlichen Migranten in Europa und Nordamerika. Herausgegeben von Knut A. Jacobsen und Selva J. Raj beinhaltet der Band Beiträge über südasiatische christliche Gemeinschaften in Frankreich, Portugal, Norwegen, Schweiz, Deutschland, in den Niederlanden und Nordamerika. Ein Beitrag, der besondere Aufmerksamkeit verdient, ist „The Seventieth Anniversary of ‚John Mathew’: On Indian Christians in Germany“ von Dr. Urmila Goel, eine den Lesern von MEINE WELT bereits bekannte Wissenschaftlerin. Das Buch ist erschienen in Ashgate Publishing Company, Burlington, USA 2008 For Pepper and Christ (Pfeffer und Christus) Einer der bekanntesten Dichter Indiens, der in Englisch schreibt, Keki N. Daruwalla, hat jetzt seinen ersten Roman veröffentlicht. Es geht um die Expeditionen von Vasco da Gama nach Indien. Im Rahmen dieses historischen Ereignisses präsentiert der Autor ein Panorama der Welt Ende des 15. Jahrhunderts. Es be- 34 fried Huchzermeyer, der sich auf die Erforschung der indischen Spiritualität spezialisiert hat. Kenntnisreich stellt er die bekanntesten Yoginis und Yogis in Ost und West vor und erläutert die von ihnen geschaffenen vielfältigen Übungssysteme, die sich mal mehr auf die körperliche, mal mehr auf die geistige und seelische Entwicklung des Menschen konzentrieren. Zur Lage der Frauen im alten Indien The Predicament of Women in Ancient India, Prof. Dr. Klaus Bruhn, here/ now/4u Verlag, Berlin, 2008 Das Buch liefert eine wissenschaftliche Studie über die Lage der Frauen im alten Indien. Themen wie Eheschließung, Mitgift, Witwenleben, Witwenverbrennung etc. sind ausfühlich behandelt. ! Namen... Nachrichten... Informationen Die Arbeitslosigkeit ist weiblich das. Dieser Staat hat auch die höchste Weltweit hat nur ein Viertel der Frauen gesicherte Arbeit Weltweit arbeiten etwa 1,8 Milliarden Männer und 1,2 Milliarden Frauen. Einigermaßen sichere Einkünfte haben nur rund 570 Millionen der arbeitenden Frauen. 300 Millionen Frauen arbeiten unentgeltlich im Familienbetrieb. 47,5% der Frauen sind nicht berufstätig. Frauen bekommen oft riskantere Aufgaben und meist weniger Geld. (Quelle: ILO) Alarmierende Unterernährung der Kinder im Bundesstaat Uttar Pradesh Der bevölkerungsreichste indische Bundesstaat ist auch der risikoreichste Geburtsort für Kinder. Nach einer Studie von UNICEF sind 52% der Kinder, die in Uttar Pradesh zur Welt kommen, akut unterernährt. Der Durschnitt für Gesamtindien ist 43%, für Südasien 42%. In Zahlen ausgedrückt hat Uttar Pradesh zur Zeit gut 10 Millionen durch Unterernährung gefährdete Kinder. Nicht nur Zahl von arbeitenden Kindern und belegt den ersten Platz beim Kindesmissbrauch in Indien. (Quelle: India Today 9.02.09 ) Berge von Elektroschrott Bis zum Jahr 2012 werden in Indien voraussichtlich eine Million Tonnen Elektroschrott anfallen. Zu defekten Fernsehgeräten, Mobiltelefonen und Computern kommen nach Ansicht von Experten noch große Menge nicht näher identifizierter Elektroabfälle, die immense Gesundheits- und Umweltgefahren bergen. Gesetze zur Entsorgung fehlen bisher. Neben zugelassenen RecyclingUnternehmen ist auf dem Subkontinent eine weit verzweigte Infrastruktur von Kleinbetrieben entstanden, die unkontrolliert wieder verwertbare Chemikalien und Metalle wie Blei, Kadmium, Dioxin oder Brom über dem offenen Feuer ausschmelzen. - www.greenpeace.de (Quelle: Akzente, 4/2008) Klimawandel und Entwicklungsländer Viele Entwicklungsländer, beispielsweise Inseln wie die Malediven oder tief liegende Länder wie Bangladesch, sind besonders stark von einem ansteigenden Meeresspiegel betroffen. Die Trinkwasserversorgung von Ländern wie Indien oder Equador, deren Trinkwasserversorgung stark von Gletschern abhängt, ist durch deren Abschmelzen besonders gefährdet. Die Ausbreitung von Krankheiten, wie beispielsweise von Malaria im Hochland von Kenia, und die Abhängigkeit vieler Landwirte von der Berechenbarkeit von Niederschlagsperioden, sind ebenfalls zunehmende Probleme. Deshalb ist es nun umso wichtiger, weltweit einer Klima schonenden Wirtschafts- und Lebensweise zum Durchbruch zu verhelfen. Dies ist ein zentraler Hebel zur Armutsbekämpfung, zur Förderung der Gesundheit und der Gleichstellung der Geschlechter. - Achim Steiner Chef des Umweltprogramms der Vereinten Nationen MEINE WELT Zeitschrift des Deutsch-Indischen Dialogs Heft 1 / Jahrgang 26 / Sommer 2009 (Quelle: Eine-Welt-Presse, 1/2008) Redaktionelle Mitarbeit: Walter Meister, Öhringen Unterstützung und Beratung: Pater Ignatius Chalissery; Köln; Dr. Urmila Goel, Bonn; Hans Gerd Grevelding, Köln; Dr. Martin Kämpchen, Santiniketan, Indien; Dr. Ajit Lokhande, Jülich; Walter Meister, Öhringen; Pfarrer Ulrich Oligschläger, Königswinter; Dr. Claudia Warning, Lohmar Herausgeber: Diözesan-Caritasverband, Abteilung „Migration”, Georgstr. 7, 50676 Köln, Tel.0221 / 20 10 287 Gestaltung und Layout: Jose Punnamparambil; Jose Ukken Redaktion: Jose Punnamparambil (verantwortlich), Grüner Weg 23, 53572 Unkel-Scheuren, Tel. 02224 / 7 53 17 e-Mail: punnam@t-online.de Herstellung und Vertrieb: Jose Ukken, Im Rheingarten 21, 53639 Königswinter, Tel. 02223 / 49 49; e-Mail: joseukken@googlemail.com Druck: Siebengebirgs-Druck, Karlstraße 30, 53604 Bad Honnef Thomas Chakkiath, Novalisstr. 45, 51147 Köln, Tel. 02203 / 2 26 54; e-Mail: tchakkiath@yahoo.de Erscheinungsweise: dreimal jährlich Eine Spende von mindest. 13 Euro wird von den Lesern erwartet. Nisa Punnamparambil, Grüner Weg 23, 53572 Unkel-Scheuren Tel. 02224/9897690; e-Mail: Daniel.Nisa@t-online.de Konto-Nr.: 106 3205, Bank für Sozialwirtschaft (BLZ 370 205 00), Diözesan-Caritasverband, Köln Vertreter des Herausgebers: Dipl.-Soz.paed. Heinz Müller, Journalist DJV Titelbild: „Angels”, von Uma Chhatrapati (siehe Seite 16) Rückseite: Buddha-Abbild im Hemis Kloster 35 MEINE WELT Zeitschrift des Deutsch-Indischen Dialogs Heft 1 / Jahrgang 26 Sommer 2009