Thai-Massage
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Thai-Massage
Das geht unter die Haut thema des monats Die gute alte Muskeln-durchknetenMassage gibt es noch. Klar. Alternativen kombinieren westliche und fernöstliche Praktiken und gehen ganzheitlich vor. Sie berühren Menschen an den Muskeln ebenso wie an der Seele. Die fünf Hits jenseits der klassischen Massage TEXT c+s Kommunikation Dem Körper geben, was er braucht – das kann eine erfahrene Masseurin 12 V I TA L 2 / 2 0 1 2 thema des monats Ayurveda-Massage WÄRME UND DUFTENDE ÖLE 14 V I TA L 2 / 2 0 1 2 Thai-Massage YOGA FÜR FAULE So funktioniert’s: 72 000 Energiebahnen sollen den Körper durchziehen. Lediglich zehn regt die Thai-Massage an. Aber unter den Fingern, Handballen, Unterarmen, Knien und Füßen, mit denen Ulrike Horway, 54, Druck ausübt, presst und knetet, fühlt es sich nach allen zugleich an. Die Berührung ist intensiv und geht durch und durch. Kein Wunder, denn die Energielinien sind miteinander verbunden, auch mit der tiefer liegenden Muskulatur und den Organen. „Das entspannt, macht aber nicht schlapp, sondern wirkt zugleich anregend“, weiß Ulrike Horway aus ihrer langjährigen Erfahrung als Thai-Masseurin. Sie hockt, kniet, sitzt oder steht über dem auf einer Bodenmatte liegenden Klienten, der seine bequeme Kleidung anbehält. Sie bearbeitet ihn von den Füßen und Unterschenkeln über Arme und Rücken bis hinauf zu Kopf und Stirn. Die Druck- und Knetbehandlung ist dabei nur ein Teil der Massage, die vor mehr als 2500 Jahren in Indien entwickelt wurde und über Handelswege nach Thailand kam. Den anderen Teil bezeichnet die Heilpraktikerin als „Yoga für Faule“. Denn neben der Animation der Energiepunkte dehnt und streckt sie bei der Thai-Massage auch die Muskeln. Da wird das angewinkelte Bein weit über das darunterliegende andere gehoben, „natürlich nur so weit, wie es die Beweglichkeit zulässt“, beruhigt Ulrike Horway. Oder die Arme lang gezogen, sanft geschüttelt. Beine und Arme fühlen sich nach der Massage lockerer, länger und entspannter an als vorher. Der ganze Körper ist angenehm gelöst. Das hängt auch damit zusammen, dass der Verstand ausgeschaltet werden darf. Wer kann, überlässt der Therapeutin, was Arme, Finger, Beine oder Zehen zu tun haben – eine äußerst entspannende Stunde, auch wenn es an einigen angespannten Energiepunkten manchmal ziemlich ziept. Und das Schönste kommt erst später: Die Entspannung hält an. Für wen geeignet: Bei Erschöpfung wirkt die Massage anregend. Gut auch bei Rücken- und Nackenverspannungen, Verdauungsstörungen, Kopfschmerzen. Generell und vor allem bei Arthrose gute Unterstützung der Flexibilität. Wohltuend für Schwangere zur Entspannung der Beine. So viel Zeit muss sein/Preis: 60 Minuten ca. 60 Euro, 90 Minuten ca. 80 Euro. Infos gibt es unter www.naturheilpraxis-horway.de (Hamburg). Traditionelle Thai-Massage in Ihrer Nähe u finden Sie im Internet. FOTO Seite 12/13: © Reynaud Guillaume/SIC/Studio X Seite 14: mauritius-images, © Reynaud Guillaume/SIC/Studio X, Seite 15: Daniel Ward/Bruno Juminer/Mondadori/Picture Press (2), © Reynaud Guillaume/SIC/Studio X (2) So funktioniert’s: Das Öl riecht gut – so frisch. Es dient der Entlastung der Schultern, weiß Masseurin Mechthild Weglage, 44, deren Hände vom Nacken bis zu den Fingerspitzen hinuntergleiten. Angenehm. Das nächste Öl ist heiß, duftet aromatisch und verwöhnt den gesamten Rücken, der zu der Massage noch die Wärme eines Infrarotstrahlers über dem Massagetisch genießt. Wundervoll! Zeit zum Loslassen und Spüren. Der Punkt für das Feuer am unteren Rücken erfährt Aufmerksamkeit. Oder die Kraftpunkte an den Gesäßmuskeln, der Punkt für den Darm an den Waden und … Ayurveda-Massage ist eine Wissenschaft. Mechthild Weglage hat sie bei Ärzten vor Ort in Indien gelernt und in unserem Vorgespräch erst mal die Grundlagen erklärt: „Ich höre den Menschen zu und schaue, welche der drei ayurvedischen Wirkprinzipien gerade aus dem Gleichgewicht sind.“ Zu viel Vata? Dann ist der Mensch „durch den Wind“, nicht recht geerdet, hat vielleicht Atemprobleme oder Kreuzschmerzen. Bei zu viel Pitta, dem Feuerelement, kann zu viel Hitze im Körper sein, oder vielleicht treten Entzündungen auf. „Und eine Kapha-Störung kann sich zum Beispiel in Form von trägem Stoffwechsel und Übergewicht zeigen.“ Hier und jetzt tut Mechthild alles, um den Wind zur Ruhe zu bringen. Mit wärmenden, nährenden Ölen und langsamen, zentrierenden Bewegungen. Beides wirkt zusammen, Massage und Öl haben je zur Hälfte Anteil am Erfolg. „Deshalb nehme ich nur traditionelle Ayurveda-Kräuteröle für die Massage“, erklärt die Masseurin. Die wirken auch noch nach der Behandlung. In Indien folgt auf die Massage deshalb ein Dampfbad, um die Poren für sie weiter zu öffnen. Das geht hier nicht. Deshalb die Empfehlung: „Duschen Sie abends warm, ohne Seife, und anschließend nicht zu sehr abrubbeln.“ Wird gemacht! Für wen geeignet: Toll, um den Körper grundlegend wieder in Schwung zu bringen (mit einer Reihe regelmäßiger Massagen). Gut bei Verspannungen, Gelenkbeschwerden, Organstörungen wie z. B. Darmbeschwerden, Stoffwechselstörungen, Schlafproblemen oder Burn-out. So viel Zeit muss sein/Preis: 60 Minuten ca. 70 Euro, 90 Minuten ca. 100 Euro. Infos gibt es unter www.ayurveda-portal.de und www.swendia.de Warme Öle wie beim Stirnguss entspannen Haut und Seele thema des monats Tuina-Massage Esalen-Massage FESTE GRIFFE LÖSEN BLOCKADEN WÄRME UND DUFTENDE ÖLE 16 V I TA L 2 / 2 0 1 2 Rhythmische Massage 20 MINUTEN MASSIEREN, 20 MINUTEN RUHEN So funktioniert’s: Kann eine so zarte Berührung so viel bewirken? Organe bei der Heilung unterstützen, Muskeln entspannen, Gelenke entlasten? Oder, wie jetzt, einen Kopfmenschen in den Körper und zum Atmen bringen? Alles ist möglich, hatte Physiotherapeutin Tabea Hillebrand, 33, erklärt. Und walkt sanft Stück für Stück das Gewebe des Rückens zwischen ihren Fingern, als forme sie Tonmasse zu einem Gebilde. Oder sind es eher kreisende Bewegungen? Der Kopf kann nicht verstehen, was da an unterschiedlichen Stellen seines Rumpfes geschieht. Der Verstand duselt einfach weg. Rhythmische Massage geht tief, kommentiert Tabea den Zustand. Erfunden hat sie die Ärztin Dr. Ita Wegman in den 1920er-Jahren. Und irgendwie klingt es ein bisschen unbegreiflich, was Tabea über ihre Kunst erzählt: „Ich massiere selten direkt dort, wo der Schmerz ist, sondern zum Beispiel am Gegenpol. Also etwa rechter Arm, linkes Bein. Und ich schaue, ob der Mensch eher Bindung braucht, Erdung, wenn er sich verloren hat. Oder eben das Gegenteil.“ Allgemein geht es darum, mit lösenden, saugenden Griffen das Gewebe durchlässig zu machen und Blut und Lymphe in Fluss zu bringen. Für eine gelungene Selbstheilung. Dazu gehört Nachruhen. Das heißt: Dieses so angenehme Umkreisen der Fußgelenke hat leider ein Ende. Dafür wird der nach Öl duftende Körper für 20 Minuten in ein kuscheliges Laken gehüllt. Genauso lange, wie die Massage dauerte. Damit der Körper die Behandlung verarbeiten kann. Und das fühlt sich an, als sinke der Geist in eine wohlige Tiefe ohne Bewusstsein. Und dann: aufstehen, tief atmen, die Füße fühlen und – wie kann das sein? –, das Fußgelenk mit dem Bänderriss steht plötzlich besser. Von diesem Unfall wusste Tabea Hillebrand doch gar nichts? Fantastisch! Für wen geeignet: Bei Problemen von Herz-Kreislaufsystem, Atmung, Stoffwechsel, Wirbelsäule und Muskulatur, Gelenken, Nervensystem, Kopfschmerzen, Depression, Entwicklungsstörungen, nach Operationen. So viel Zeit muss sein/Preis: 40 Minuten (20 Minuten Massage, 20 Minuten Nachruhen) ca. 40 Euro. Empfohlen werden sechs bis zehn Behandlungen ein- bis dreimal wöchentlich, um tief gehende Wirkungen zu erzielen. Infos gibt es unter www.rhythmischemassage.com, E-Mail: tabea_hillebrand@gmx.de (Ulm) FOTOS Seite 16: bliss/Holde Schneider, © Reynaud Guillaume/SIC/Studio X, Seite 17: Mathieu Salvaing/Figarophoto/laif, folio-id.com So funktioniert’s: Wie im Himmel – aufgehoben, behütet, umsorgt fühlt sich das an. Lange Striche hinunter von den Schultern bis zu den Fußspitzen. Finger, die die Zehen umkreisen und ein Wohlgefühl hinauf zum Kopf senden, wo sich nur ein Gedanke formt: Zum Glück dauert das hier 90 Minuten und ist noch lange nicht vorbei. EsalenMassage, hat die Körpertherapeutin Dörte Bemmé, 47, vorher erklärt, wirkt extrem entspannend durch die langsamen, großflächigen Berührungen und die Achtsamkeit des Praktizierenden. Eine gute Massage ist wie eine gemeinsame Meditation mit dem Ergebnis, dass der Körper wieder in Fluss kommt und seine alten Muster loslässt. Dass er von seinem hektischen Alltagsbewusstsein auf „Jetzt-ist-mal-Ruhe“ schaltet. „Dabei kann es manchmal passieren“, sagt Dörte, „dass alte emotionale Geschichten hochkommen, die gesehen und verabschiedet werden möchten.“ Oder, wie unter Dörtes Händen, pure Überraschung: Da pendelt plötzlich ein Bein über der Liege hin und her, da wird der Körper geschaukelt, gedehnt, gedreht. Dörte erklärt das so: „Die Massage ist Anfang der 1960er-Jahre im kalifornischen Big Sur am Esalen-Institut entstanden, wo berühmte Therapeuten wie Ida Rolf mit ihrer tiefen Bindegewebsarbeit oder der Gestalttherapeut Fritz Pearls hinreisten. So fließen unterschiedliche Elemente in die Arbeit ein, auch zum Beispiel Shiatsu. Der Körper bekommt das, was er braucht.“ Und das ist pures Wohlgefühl. Warme Hände auf eingeölter Haut. Ein zerfließender Körper in einem warmen Raum, an den intimen Stellen immer gut mit einem großen Tuch abgedeckt. Der Nacken sagt den Händen Danke. Der Bauch seufzt vor Erleichterung. Und wenn die Seele sprechen könnte, dann wäre das ihr Satz: „Endlich wieder zu Hause im eigenen Körper!“ Für wen geeignet: Perfekt für Tiefenentspannung, bei Schlafstörungen oder z. B. Burn-out. Bei Schulter-, Nacken-, Lendenwirbelbeschwerden. Super für Schwangere, sie lassen sich in Seitenlage massieren. So viel Zeit muss sein/Preis: Da es eine GanzkörperMassage ist, mindestens 60 Minuten (ca. 60 Euro), empfohlen werden 90 Minuten (ab ca. 80 Euro). Infos gibt es unter www.esalen-verband.de, www.esalen.org, www.doerte-bemme.de (Hamburg) So funktioniert’s: Also sanfte Wellness ist das hier nicht. Masseur Jens Rusch, 40, greift kräftig zu. Die TuinaMassage ist Teil der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) und eine „Akupunktur mit den Händen“, wie der erfahrene Tuina-Experte Rusch sie beschreibt. Mit Fingern, Handballen, Handrücken, selbst den Unterarmen geht es den verspannten Gesäßmuskeln ans Leder. Jens Rusch drückt und knetet an Nah- und Fern-Akupunkturpunkten, das heißt am Muskel direkt, aber auch an korrespondierenden Punkten, die über die Energiebahnen miteinander verbunden sind und am Knöchel oder sogar im Schulterbereich sitzen können. Diese Akupressur löst lokale Blockaden und regt zugleich mit der Durchblutung auch den Energiefluss an. Wo zu wenig Energie fließt, ist der Körper verspannt, vielleicht auch kalt, nicht gut durchblutet, unbeweglicher – wie eben in den Gesäßmuskeln. „Das führt auch zu einem Ungleichgewicht auf anderen Ebenen im Menschen“, erläutert Jens Rusch. Diese Disharmonie gleicht die Massage aus. Sie baut sich aus drei Phasen auf. Nach einer kurzen Beweglichkeitsprüfung des Körpers werden die Muskeln durch kräftiges Kneten aktiviert. Das fühlt sich an, als ob ein Brotteig durchgewalkt wird. Danach werden die verspannten Punkte mit unterschiedlich starkem Druck bearbeitet. Am Ende der Behandlungsstunde geht es in die Harmonisierungsphase. Das erinnert dann am ehesten an eine Wellness-Entspannung. Die TuinaMassage, die in den 60er-und 70er-Jahren aus China nach Westeuropa kam, gibt es in sanfter Form auch speziell für Kinder. Damit lassen sich schon Neugeborene behandeln, etwa wenn sie Schreikinder sind. Und der Gesäßmuskel? Okay, Wellness fühlt sich sanfter an, aber dennoch: Der Muskel ist wesentlich lockerer, und die Massage hat so gutgetan. Für wen geeignet: Bei Verspannungen, Schulter-, Nackenschmerzen, auch bei Erschöpfungszuständen wie Burn-out oder Schlaflosigkeit sowie Atemwegserkrankungen. So viel Zeit muss sein/Preis: 30 Minuten (für Teilbehandlungen, z. B. Nacken) ca. 35 Euro. 60 Minuten ca. 70 Euro (Ganzkörperbehandlung). Infos gibt es unter www.dgtcm.de, www. massagepraxis-j-rusch.de (Hamburg) p Wie Massage funktioniert sowie Erkenntnisse über die wichtige Bedeutung von Berührungen – lesen Sie bitte weiter auf Seite 18 Sich einfach der Massage überlassen, die Gedanken ausschalten – auch das hilft bei Verspannungen