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Ministerium für Justiz,
Frauen, Jugend und Familie
des Landes Schleswig-Holstein
Die Gleichstellungsbeauftragten
in Schleswig-Holstein
hinsehen – aufgreifen – handeln
Die Gleichstellungbeauftragten
in Schleswig-Holstein
hinsehen – aufgreifen – handeln
Herausgeber:
Ministerium für Justiz, Frauen,
Jugend und Familie
des Landes Schleswig-Holstein
Theodor-Heuss-Ring 49
24113 Kiel
Gestaltung:
schmidtundweber Konzept-Design, Kiel
Herstellung:
Mecklenburg Druck, Raisdorf
Auflage: 1.000, Oktober 2004
Diese Druckschrift wird im Rahmen
der Öffentlichkeitsarbeit der schleswigholsteinischen Landesregierung herausgegeben. Sie darf weder von Parteien
noch von Personen, die Wahlwerbung
oder Wahlhilfe betreiben, im Wahlkampf
zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Auch ohne zeitlichen Bezug
zu einer bevorstehenden Wahl darf diese
Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der
Landesregierung zugunsten einzelner
Gruppen verstanden werden könnte.
Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen
Mitglieder zu verwenden.
Das Ministerium im Internet:
www.mjf.schleswig-holstein.de
Frauenpolitik der Landesregierung
im Internet:
www.frauen.schleswig-holstein.de
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Inhalt
Grußworte
Anne Lütkes, Ministerin für Justiz, Frauen, Jugend und Familie
des Landes Schleswig-Holstein ................................................................... 8
Dr. Olaf Bastian, Landrat des Kreises Nordfriesland ................................... 9
Angelika Volquartz, Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt Kiel ........ 10
Dr. Brigitte Fronzek, Bürgermeisterin der Stadt Elmshorn ........................ 11
Der Auftrag der kommunalen
Gleichstellungsbeauftragten ................................................. 13
Britta Rudolph, Hannelore Salzmann-Tohsche,
Maren Wichmann, Margot Wilke
Beispiele erfolgreicher kommunaler
Gleichstellungsarbeit
ARBEIT UND EXISTENZSICHERUNG
Das ExpertinnenNetzwerk Ahrensburg ..................................................... 19
Gabriele Fricke, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Ahrensburg
Frauen-Laden-Projekt/Frauen (U)unternehmen was!? ............................... 20
Jutta Ohl, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Steinburg
Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahme „Schlaraffenland“ ......... 21
Britta Rudolph, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Husum
Frauenförderung und Personalentwicklung in der Stadtverwaltung Husum
am Beispiel von Personalauswahlverfahren .............................................. 24
Britta Rudolph, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Husum
„Frauenwirtschaftskraft – Nichts ist unmöglich“
Von der Informationsveranstaltung zum Gründerinnenstammtisch .......... 25
Hannelore Salzmann-Tohsche,
Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Rendsburg-Eckernförde
Lübecker Markt der Frauen ....................................................................... 26
Elke Sasse, Frauenbüro der Hansestadt Lübeck
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Qualifizierung bei Wiedereinstieg: Teilzeitausbildung in der Verwaltung ... 28
Christiane Wehrmann, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Elmshorn
Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekt „Modernes Schreibbüro“
Bad Segeberg ............................................................................................ 29
Beate Mönkedieck, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bad Segeberg
Girls’ Day – Mädchenzukunftstag 2002, 2003, 2004 ................................ 31
Margot Engel, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Wedel
FRAUEN IM ÖFFENTLICHEN LEBEN
Frau Macht Politik ..................................................................................... 32
Margot Wilke, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Ditmarschen
Informationsbroschüre „Wegweiser für Frauen in Ostholstein“ .............. 33
Christine Ewers, Silke Meints,
Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Ostholstein
GESCHLECHTERGERECHTE FAMILIENPOLITIK
Projekt „Familienfreundliche Betriebe“ ..................................................... 34
Andrea Boyer, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Nordfriesland
Geschlechtergerechte Erziehung in Kindertagesstätten/
„Papis in die Kitas – Männer können’s auch“ ........................................... 36
Karin Petersen-Nißen, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Schleswig
STADTPLANUNG
Sicherheit im öffentlichen Raum und Stadtplanung ................................. 37
Maren Wichmann, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Plön
GEWALTPRÄVENTION
Selbstbehauptung für Mädchen und Jungen –
Qualifizierte Präventionsangebote in der Gemeinde Henstedt-Ulzburg .... 39
Annegret Horn, Gleichstellungsbeauftragte
der Gemeinde Henstedt-Ulzburg
GESUNDHEIT
Gesundheit von Frauen als Thema
der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten .......................................... 42
Annegret Bergmann, Frauenbeauftragte der Landeshauptstadt Kiel
MIGRATION
Deutsch-Kurse für ausländische Mitbürgerinnen ..................................... 44
Karin Moltzen, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Barsbüttel
KULTUR
Die Lauenburger Frauenschreibwerkstatt ................................................. 46
Friederike Betge, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Lauenburg
Auszüge aus der Kommunalverfassung
§ 2 Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein (GO) vom 28. Februar 2003
(GVOBl. Schl.-H. 2003 S. 57)
.............................................................................. 48
§ 2 Kreisordnung für Schleswig-Holstein (KrO) vom 28. Februar 2003
(GVOBl. Schl.-H. 2003 S. 94) ..................................................................... 49
§ 22 a Amtsordnung für Schleswig-Holstein (AO) vom 28. Februar 2003
(GVOBl. Schl.-H. 2003 S. 112)
.............................................................. 50
Auszug aus dem Erlass des schleswig-holsteinischen Innenministers
vom 26.08.1991 an alle Landräte als Kommunalaufsichtsbehörden
über die Genehmigung von Hauptsatzungsregelungen über Gleichstellungsbeauftragte (Landräteerlass) ........................................................ 51
Sprecherinnen der Landesarbeitsgemeinschaft der hauptamtlichen
kommunalen Gleichstellungsbeauftragten (LAG) ..................................... 59
Gewaltprävention an Heider Schulen ....................................................... 41
Gabriela Petersen, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Heide
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Grußworte
Liebe Leserinnen und Leser,
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,
ich freue mich, Ihnen heute mit dieser Broschüre
einen Einblick in die kommunale Gleichstellungsarbeit in Schleswig-Holstein geben zu können.
Diese Darstellung soll dazu beigetragen, das breite
Spektrum der Tätigkeiten der Gleichstellungsbeauftragten in den einzelnen Kommunen und die damit
verbundene Weiterentwicklung der Frauenpolitik
im ganzen Land sichtbar zu machen.
Gleichstellungsarbeit – Eine lästige Pflicht?
Keinesfalls! Sowohl aus volkswirtschaftlicher, wie aus
betriebswirtschaftlicher Sicht ist Gleichstellungsarbeit
eine notwendige Investition in die Zukunft.
Anne Lütkes
Ministerin für Justiz,
Frauen, Jugend und
Familie
In Zeiten knappen Geldes wird die Arbeit und die
Notwendigkeit von kommunalen Gleichstellungsbeauftragten immer wieder hinterfragt und nicht selten als verzichtbarer
Luxus angesehen. Ohne ihren Einsatz gäbe es jedoch in vielen Kommunen
weniger weibliche Beschäftigte, weniger Kinderbetreuung, weniger Verwaltungsmodernisierung und auch weniger Existenzgründungen.
Gleichstellungsbeauftragte tragen dazu bei, dass Fraueninteressen bei kommunalpolitischen Entscheidungen berücksichtigt werden und Verwaltungen
sensibler in Fragen der Gleichberechtigung handeln. Nicht zuletzt mit Hilfe
der Gleichstellungsbeauftragten wird Kommunalpolitik bürgernäher und
lebendiger.
Wir müssen gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die Gleichstellungsbeauftragten auch in Zukunft ihre wichtige Arbeit fortsetzen können. Denn trotz
aller Bemühungen des Gesetzgebers zur Gleichstellung der Geschlechter
sind geltende Rechtslage und soziale Wirklichkeit noch nicht im Einklang.
Daran muss auch weiterhin mit aller Kraft, mit Ideen und Mut gearbeitet
werden.
Dr. Olaf Bastian
Landrat des Kreises
Nordfriesland
Da ist zum einen der bevorstehende demographische
Wandel: Die Bevölkerungsgruppe der 65- bis 75-jährigen wird in den nächsten 10 Jahren um fast 1/3 ansteigen. Arbeitskräfte
werden knapp werden. Schon deshalb ist es ein Gebot der Vernunft, rechtzeitig die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass alle Arbeitskraftreserven – unabhängig vom Geschlecht – mobilisiert werden. Familienfreundlichkeit ist unter diesem Blickwinkel nicht nur politisch wünschenswert,
sondern volkswirtschaftlich von existentieller Bedeutung. Wer hier rechtzeitig Zukunftsvorsorge betreibt, wird im Standortwettbewerb die Nase
vorn haben.
Entsprechendes gilt für die einzelbetriebliche Ebene: Gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind das Kapital eines jeden Unternehmens.
Für private und öffentliche Arbeitgeber ist es gleichermaßen ein Gebot der
Vernunft, nach Schwangerschafts- und Erziehungsurlaub mit Phantasie und
Ideenreichtum das „Kapital“ zurück in den Betrieb zu holen. So gesehen
schafft Gleichstellungsarbeit eine „Win-Win-Situation“ für den Betrieb und
die Mitarbeiterschaft gleichermaßen. Das Projekt „Familienfreundlicher
Betrieb“, das durch die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Nordfriesland initiiert wurde, versucht diese Zusammenhänge bewusst zu machen
und Wege aufzuzeigen, wie die Unternehmen ihre Zukunftsfähigkeit sichern
können, indem sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in das Zielsystem des Unternehmens integrieren.
Mein Dank gilt allen, die an dieser Publikation mitgearbeitet haben, insbesondere danke ich den Autorinnen und Autoren für die konstruktive
Zusammenarbeit.
Dr. Olaf Bastian
Anne Lütkes
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Sehr geehrte Damen und Herren,
das Grundgesetz erhebt die aktive Förderung von
Frauen zum Staatsziel, dem auch die Landeshauptstadt Kiel verpflichtet ist. Kommunale Gleichstellungspolitik ist ein langfristig angelegter Reformprozess.
Er basiert auf der Analyse von Strukturen und wird
vorangebracht durch die konsequente Anwendung
Angelika Volquartz
des geltenden Frauenförderplanes, Reformen in der
Oberbürgermeisterin
Personalentwicklung, die Neuorganisation und Verbesder Landeshauptserung der Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit
stadt Kiel
von Familie und Beruf, die Konzeption von Fortbildungsmaßnahmen, durch Beratung oder Unterstützung von Frauen in
Einzelfällen und durch Vernetzung mit Gruppen und Institutionen. Ziel
der Querschnittsaufgabe Gleichstellung ist es, ein Klima zu schaffen,
das alle in die Verantwortung nimmt – die ganze Verwaltung und alle
Bürgerinnen und Bürger, die in dieser Stadt miteinander leben.
Als Verwaltungschefin arbeite ich mit der Frauenbeauftragten eng und
vertrauensvoll zusammen. Eine wichtige Voraussetzung für ihr effektives
Wirken sehe ich in ihrer Beteiligung an allen Verwaltungsentscheidungen,
die mit Gleichstellungsfragen zusammenhängen. Daher habe ich die Frauenbeauftragte von Anfang an auf der Dezernatsebene an allen Vorgängen
beteiligt. Als ihre vordringlichen Aufgaben sehe ich – wie in der Hauptsatzung festgelegt – die Prüfung von Verwaltungsmaßnahmen auf ihre
Auswirkungen für Frauen und die Mitwirkung an Personalentscheidungen.
Sie soll auf Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse Einfluss nehmen
und darauf hinwirken, dass die Gleichstellung der Geschlechter gefördert
wird. Ihre Arbeitsschwerpunkte müssen den sich verändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst werden und sie muss aktuelle
Themen aufgreifen können.
In meinen Augen ist die Rolle der Frauenbeauftragten eine konstruktive:
Sie gibt Impulse und setzt sich für Veränderungen ein; sie vertritt die Interessen weiblicher Beschäftigter und weist auf Benachteiligungen hin, die
für Männer so nicht bestehen; sie regt damit zum Nachdenken und zur
Bewusstseinsveränderung an. Mit ihrer Arbeit trägt die Frauenbeauftragte
dazu bei, die Verwaltung moderner, bürgerinnen- und bürgerfreundlicher
und effizienter zu machen.
Angelika Volquartz
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Sehr geehrte Damen und Herren,
eines der wichtigsten Ziele des Grundgesetzes ist
die Gleichstellung von Frauen und Männern. Gleichbehandlung aller Menschen ist eine Grundvoraussetzung
der Demokratie. Nur wenn die Menschen gleich
behandelt werden, kann ein demokratisches Gemeinwesen funktionieren. Auf dem Weg zu dem Ziel
der Gleichstellung von Frauen und Männern sind die
Dr. Brigitte Fronzek
Gleichstellungsbeauftragten in den Kommunen wichtige Wegbegleiterinnen und Wegbereiterinnen. Sie ach- Bürgermeisterin der
Stadt Elmshorn
ten darauf, dass das Gebot der Gleichstellung in der
täglichen Arbeit nicht verletzt wird. Sie engagieren sich
im Personalbereich und helfen den weiblichen Beschäftigten als eine direkte Ansprechpartnerin, die ihre Interessen vertreten kann. Sie helfen auch
anderen Frauen in der Kommune, in dem sie ein offenes Ohr für deren
Probleme haben. Aus diesen Gesprächen mit Betroffenen entwickeln die
Gleichstellungsbeauftragten Konzepte, ohne die das Ziel der Gleichstellung
von Frauen und Männern nicht zu erreichen wäre. Sie erarbeiten Strukturen
für eine umfassende Kinderbetreuung, sie wirken mit, wenn es darum geht,
bei der Stadtplanung die Interessen der Frauen zu berücksichtigen. Sie
organisieren Vorträge, Diskussionsforen und Veranstaltungen, wie z. B. den
Elmshorner Frauenempfang, sie wirken durch ihre Öffentlichkeitsarbeit meinungsbildend und sorgen dafür, dass der Auftrag des Grundgesetzes
zur Gleichstellung von Frauen und Männern nicht in Vergessenheit gerät.
Derzeit ist eine Tendenz zu erkennen, die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten auf Grund der damit verbundenen Kosten grundsätzlich in Frage zu
stellen. Keine Kommune wird sich jedoch bürgernah, aufgeschlossen und
zukunftsorientiert präsentieren können, wenn sie die Gleichstellung von
Männern und Frauen nicht zu ihrem eigenen Ziel macht.
Wer die Gleichstellungsbeauftragten „abschaffen“ will, akzeptiert, dass
Frauen auch in Zukunft schlechtere Chancen im Leben haben werden als
die Männer. Mit einer solchen Haltung stellt man nicht nur die Verfassung,
sondern auch die Demokratie in Frage.
Dr. Brigitte Fronzek
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Der Auftrag der kommunalen
Gleichstellungsbeauftragten
Britta Rudolph, Hannelore Salzmann-Tohsche,
Maren Wichmann, Margot Wilke
1
Seit knapp fünfzehn Jahren arbeiten in den meisten Kommunen und
Gebietskörperschaften Schleswig-Holsteins hauptamtliche kommunale
Gleichstellungsbeauftragte. Von den 83 hauptamtlich zu besetzenden
Gleichstellungsstellen waren Anfang 2004 68 Stellen besetzt. Die gesetzliche Etablierung von hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten, die Verankerung ihrer Aufgaben in der Hauptsatzung, ihre Weisungsungebundenheit haben sich im überwiegenden Teil der Kommunen mit über 10.0000
Einwohnerinnen und Einwohnern bewährt. Der gesetzliche Auftrag, der
sich aus dem Grundgesetz Artikel 3 und der Gemeindeordnung herleitet,
aber auch der gleichstellungspolitische Sachverstand sind unverzichtbarer
Bestandteil kommunalpolitischen Handelns vor Ort und werden zunehmend
von Kooperationspartnerinnen und -partnern auf verschiedenen Ebenen und
in anderen Zusammenhängen anerkannt.
Insofern ist die Geschichte der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten
eine Erfolgsgeschichte – aber eben nur eine begrenzte. Denn gleichzeitig
hat es von Beginn an Kommunen und Kräfte gegeben, die die Tätigkeit der
Gleichstellungsbeauftragten nicht nur kritisch begleiteten, sondern rundheraus ablehnten. Stellen wurden nicht oder nur mit geringer Stundenzahl
besetzt und auch zu gering vergütet. Beide Strömungen sind heute noch
parallel vorhanden, sowohl die der zunehmenden und selbstverständlichen
Akzeptanz als auch die der permanenten Versuche, den gesetzlichen Auftrag zu unterlaufen.
Rechtliche Grundlagen
Die rechtliche Grundlage für staatliche Frauenpolitik bildet Art. 3 Abs. 2 GG
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und
wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
Damit stellt die aktive Förderung von Frauen ein Staatsziel dar, dem auch
die Kommunen verpflichtet sind. Folgerichtig ist die Herstellung von Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern auch in der Landes- und Kommunalverfassung in Schleswig-Holstein festgelegt: Die Aufgaben der
kommunalen Gleichstellungsbeauftragten sind in den Hauptsatzungen der
Kommunen konkretisiert. Zur Umsetzung der beruflichen Chancengleichheit
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13
im öffentlichen Dienst gibt es daneben das Gesetz zur Gleichstellung der
Frauen im öffentlichen Dienst – Gleichstellungsgesetz (GstG) – des Landes
Schleswig-Holstein.
Ziele und Aufgaben kommunaler Gleichstellungsarbeit
In den meisten kommunalen Hauptsatzungen sind die Ziele der Tätigkeit
genauer definiert. Danach soll die Gleichstellungsbeauftragte auf den Abbau
struktureller Benachteiligungen von Frauen hinwirken und die Chancengleichheit von Frauen und Männern fördern. Ihre Tätigkeit soll Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für geschlechtsspezifische Belange in der Kommune
und in der Verwaltung sensibilisieren.
Ihre konkrete Aufgabe ist das Einbringen frauenspezifischer Belange in die
Arbeit der Vertretungskörperschaft und in die der Verwaltung. Sie prüft Verwaltungsvorlagen auf ihre Auswirkungen für Frauen – z. B. durchaus auch
bei der Aufstellung eines Bebauungsplanes – und arbeitet an Initiativen zur
Verbesserung der Situation von Frauen vor Ort mit.
Die Zusammenarbeit und die Vernetzung mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen, Institutionen, Betrieben und Behörden bilden einen Schwerpunkt ihrer Arbeit. Abgerundet wird ihr Aufgabenspektrum durch die Beratung von hilfesuchenden Frauen in der Kommune. Zur Erfüllung dieser
Aufgaben arbeitet die Gleichstellungsbeauftragte weisungsfrei.
Chancengleichheit in den Kommunen Schleswig-Holsteins
Die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten hat im öffentlichen Dienst in
Schleswig-Holstein zur Verbesserung der beruflichen Chancen von Frauen
beigetragen. Das schleswig-holsteinische Gleichstellungsgesetz bietet
mit den Frauenförderplänen, mit der obligatorischen Einführung von geschlechtsdifferenzierten Personalstatistiken und der Notwendigkeit transparenter Stellenbesetzungsverfahren grundlegend neue Voraussetzungen
für die Chancengleichheit von Frauen und Männern.
Durch die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten bei Personalverfahren tragen sie dazu bei, dass mehr Frauen in Führungspositionen gelangen,
dazu, dass der Ausbau von Teilzeitarbeitsplätzen (zunehmend auch in
Führungspositionen) vorangeht, zur Flexibilisierung von Arbeitszeiten im
Interesse von Familienarbeit ebenso wie zur paritätischen Beteiligung von
Frauen an Fortbildungsangeboten. Daneben hat in den vergangenen Jahren
die Zahl der Berufsrückkehrerinnen, die ihre Wiedereingliederung in das
Berufsleben wollen, stetig zugenommen: Frauenförderung in diesem
Zusammenhang kann wie in allen Bereichen nur gelingen, wenn die Führungskräfte die Gesetze kennen und die vorgeschlagenen Maßnahmen
der Frauenförderung umsetzen.
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Beratungsarbeit
Die Beratungsangebote der Gleichstellungsbeauftragten werden von Frauen
durchweg gut angenommen. Je nach Problemlage werden die Gleichstellungsbeauftragten unmittelbar tätig oder vermitteln die Rat suchenden
Frauen an spezifische Fachberatungsstellen.
Durch die Beratungsarbeit erhalten die Gleichstellungsbeauftragten
Hinweise auf gleichstellungsrelevante Probleme in ihrer Kommune.
Projekte in Schleswig-Holstein
Die schleswig-holsteinischen Gleichstellungsbeauftragten initiieren und
begleiten eine Vielzahl von Projekten, die sich mit der Sozial-, Wirtschafts-,
Struktur-, Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik befassen, ebenso Projekte
zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen, die Lokale Agenda 21, Orts- und
Wohnumfeldplanung, Frauenkultur und -geschichte, die Lebenssituation von
Migrantinnen sowie das Berufswahlverhalten von Mädchen und Jungen –
um nur einige Beispiele zu nennen.
Viele dieser Projekte arbeiten erfolgreich – z. T. seit vielen Jahren. Die
schwierige Haushaltslage in vielen Kommunen schränkt jedoch den Spielraum der Gleichstellungsbeauftragten ein und verlangt zugleich von ihnen
die Kompensierung beendeter oder reduzierter frauenspezifischer
Angebote.
Öffentlichkeitsarbeit
Die Gleichstellungsbeauftragten arbeiten mit örtlichen oder regionalen
Presseorganen zusammen, geben Publikationen heraus und führen Informationsveranstaltungen durch. So werden wichtige Informationen in die
Öffentlichkeit gebracht, Netzwerke geschaffen und Projekte initiiert.
Eine erfolgreiche Arbeit braucht Unterstützung
Für eine erfolgreiche Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten ist ihre frühzeitige und umfassende Einbindung in personelle und fachliche Angelegenheiten der Verwaltung unverzichtbar. So können Verwaltungsspitze und
Selbstverwaltungsgremien umfassend vom Sachverstand und der Kompetenz der Gleichstellungsbeauftragten profitieren, können Ideen und Vorschläge aufgegriffen und notwendige Maßnahmen zur Verbesserung der
Chancengleichheit realisiert werden. Eine ausreichende finanzielle und
personelle Ausstattung der Gleichstellungsbüros gehört zu den unentbehrlichen Voraussetzungen einer erfolgreichen Arbeit.
Geschlechtsspezifische Ansätze fehlen immer noch
Die Entwicklung geschlechtsspezifischer Arbeitsansätze lässt sich in keiner
Verwaltung durchgängig feststellen. In einigen Fällen wurden unter Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten gleichstellungspolitische Leitbilder
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bzw. „Ziele und Grundsätze“ entwickelt. Allerdings wird beklagt, dass es
mit der Umsetzung hapert. Diese Aufgabe wird gern der Gleichstellungsbeauftragten zugewiesen. Dennoch werden deren Vorschläge nicht wirksam unterstützt.
Der Zusammenschluss der hauptamtlichen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten in der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG)
Seit Einrichtung der ersten Gleichstellungsstellen Ende der 80er Jahre in
Schleswig-Holstein arbeiten Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte in der
Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) zusammen.
Die LAG trägt dazu bei, den Erfahrungsaustausch und Informationsfluss
unter den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten zu sichern. Daneben
bietet sie ein Forum für frauenpolitische Diskussionen und Forderungen,
die sich insbesondere aus der täglichen Arbeit und Berufserfahrung ergeben. Entscheidendes Organ ist die Vollversammlung. Vertreten wird die
LAG derzeit durch vier Sprecherinnen.
Als Instrument der Fortbildung und der Öffentlichkeitsarbeit richtet die LAG
Fachtagungen aus und initiiert Kampagnen. Diese Kampagnen bestehen aus
einer oder mehreren landesweiten Fachtagungen und einer Vielzahl lokaler
Veranstaltungen zu den Schwerpunktthemen, bei denen auch die Kooperation mit lokalen Bündnispartnern gesucht wird.
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Fachtagungen und Kampagnen der LAG
2004 • Landesweite Kampagne „Zukunft der Arbeit“
• Fachtagung „Zukunft der Arbeit – Frauen verdienen mehr
als’n Appel und ’n Ei“
• Dokumentation „Wie machen es die anderen?
Familienpolitik und Gleichstellung im internationalen Vergleich“
2003 • Landesweite Kampagne zur Entwicklung eines Leitbildes
2002 • Landesweite Kampagne „Den Knoten durchschlagen.
Aufbruch in eine moderne Familienpolitik“
• Fachtagung „Wie machen es die anderen? –
Familienpolitik und Gleichstellung im internationalen Vergleich“
2000 • Fachtagung „Gender Mainstreaming“
1999 • Fachtagung „Frauen gestalten Zukunft“
1999 • Fachtagung „Verhindert männliche Organisationsstruktur
die Gleichstellung von Frauen im öffentlichen Dienst?“
1998 • Fachtagung „Agenda 21 –
Umsetzungsmöglichkeit auf der kommunalen Ebene“
1997 • Fachtagung „Moderne Verwaltung – Frauenfeindliche
Verwaltung?“
1996 • Aktion „Jetzt geht´s rund – Frauen in Fahrt gegen Männergewalt“
1996 • Fachtagung „Berufliche Orientierung von Mädchen und Frauen“
1995 • Fachtagung „Gleichstellungsgesetz und Verwaltungsstrukturreform“
1994 • Fachtagung „Verwaltungsstrukturreform –
neue Chancen auch für Frauen?“
1993 • Fachtagung „Ich weiß es wird einmal ein Wunder geschehen“ –
Bausteine zur Mädchenförderung in Schleswig-Holstein
Gleichstellungsbeauftragte: Unverzichtbar
Gut zwanzig Jahre nach der Errichtung der ersten kommunalen Frauenbüros
wissen viele politisch Verantwortliche aus inzwischen langjähriger Erfahrung
die Arbeit der hauptamtlichen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten in
der Verwaltung und Politik als unverzichtbar zu schätzen. Als kompetente
Sachverständige, ideenreiche Initiatorinnen, Moderatorinnen und Vernetzerinnen gehören sie zu einer modernen Verwaltung.
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Macht Gender Mainstreaming nun möglicherweise klassische Gleichstellungs- und Frauenpolitik überflüssig? In der Tat gibt es gelegentlich diese
Vermutung. Gender Mainstreaming soll und kann Frauenpolitik jedoch nicht
ersetzen. Es kann dazu dienen, Ungleichheiten aufzuspüren, zu vermindern
oder gar nicht erst entstehen zu lassen und bei der Entwicklung neuer politischer Initiativen oder Verwaltungsmaßnahmen zu helfen.
Es gibt Beispiele eines falsch verstandenen Gender Mainstreamings. Das
ist dann der Fall, wenn Frauenprojekten Gelder gestrichen werden und
Mittel für Mädchen- und Frauenprojekte stattdessen an Jungen- und
Männerprojekte gehen, wenn Gleichstellungsbeauftragte in Frage gestellt,
ihre Arbeitsbedingungen eingeschränkt oder ihre bisherige Tätigkeit ganz
abgeschafft wird.
Kurz gesagt: wenn unter dem Vorwand des Gender Mainstreaming alles
beseitigt wird, was sich in den vergangenen Jahren bewährt hat. Das widerspräche dem Grundgedanken des Gender Mainstreaming, der nur in Verbindung mit Gleichstellungspolitik und Frauenförderung seine Wirkung entfalten kann.
Schleswig-Holstein hat mit seiner institutionalisierten Gleichstellungspolitik
gute Erfahrungen gemacht. Im ganzen Land tragen in den Kommunen ausgewiesene Fachfrauen professionell zur Realisierung des Grundrechtes der
Gleichberechtigung bei. Die Durchsetzung des Gleichberechtigungsgebotes,
eine solide finanzielle Absicherung der Frauenhäuser und ein professionelles Beratungsangebot der Fachberatungsstellen sind Grundvoraussetzungen
für eine moderne Gesellschaft, die sich Geschlechtergerechtigkeit auf die
Fahnen geschrieben hat.
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Beispiele einer erfolgreichen
kommunalen Gleichstellungsarbeit
2a
Die um sich greifende gravierende Finanznot der Kommunen führt trotz
breiter Anerkennung dazu, dass freiwillige Ausgaben auf dem Prüfstand
kommen. In vielen Orten müssen Frauen- und Mädchenprojekte durch
Mittelkürzungen oder dem vollständigen Wegfall der öffentlichen Förderung
ihre Arbeit reduzieren oder ganz einstellen.
Gleichzeitig suchen mehr Frauen die Beratung und Hilfe der Gleichstellungsbeauftragten. Aber auch dort werden Mittel gestrichen und zusätzliche Aufgaben übertragen. Es droht ein schleichender Abbau von jungen kommunalen Strukturen, die Chancengleichheit ermöglichen und zur Verwirklichung
eines zentralen Grundwertes unserer Gesellschaft beitragen: Der Gleichberechtigung der Geschlechter.
Arbeit und Existenzsicherung
Das ExpertinnenNetzwerk Ahrensburg
Gabriele Fricke, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Ahrensburg
2
2001 wurde das ExpertinnenNetzwerk Ahrensburg gegründet. Unter der
Federführung der städtischen Gleichstellungsbeauftragten schlossen sich
achtzehn Institutionen, Vereine und Arbeitskreise zu einem Netzwerk zusammen. Das Expertinnen-Netzwerk setzt sich sowohl aus Fraueninitiativen
als auch aus Institutionen und Vereinen zusammen, die sich mit ihren
Angeboten an beide Geschlechter wenden. Die Mitgliedsorganisationen
reichen von A wie Agentur für Arbeit über Frauenfachberatungsstellen,
kirchlichen Einrichtungen, dem Unternehmerinnenzentrum Ahrensburg e. V.
bis hin zu Z wie Zentrum Frau und Familie Forum e.V. Durch die Unterstützung von Sponsoren konnte ein gemeinsamer Flyer entwickelt werden.
Das ExpertinnenNetzwerk unterstützt Fachfrauen und bietet ihnen damit ein
Podium, auf dem sie ihr fachliches Know-how darstellen können. In Kooperation mit anderen Netzwerkerinnen werden Veranstaltungen, Diskussionsrunden, die Unternehmerinnen-Messe und Frauen-Kultur-Tage angeboten.
Hinzu kommen Fachtagungen, die sich speziell an Frauen richten.
A–Z
Eine wichtige Zielsetzung der Netzwerkerinnen ist es, gesellschafts- und
frauenpolitischen Forderungen in der Verwaltung und in den politischen
Gremien Gehör zu verschaffen sowie an deren Umsetzung zu arbeiten.
Gemeinsam mit der Gleichstellungsbeauftragten in Ahrensburg hat das
ExpertinnenNetzwerk für das 1. Halbjahr 2004 ein vielfältiges Programm
zusammengestellt, in dem geschlechtsspezifische Fragestellungen aufgegriffen und Diskussionen in Gang gesetzt werden. Im Spektrum des Programms finden sich die Themen „Gesundheitsvorsorge – Gesundheitswegweiser“, „Frau und Beruf“, „Kinderbetreuungsangebote“, „Neue Gesetzgebung und Reformen am Arbeitsmarkt“, „Existenzgründung und Unternehmensführung“ sowie „Kulturelle Beiträge“.
An jedem vierten Mittwoch im Monat stellen sich Organisationen vor und
gleichzeitig halten Expertinnen Fachvorträge. Hinzu kommen Sonderveranstaltungen, wie z. B. zum Internationalen Frauentag (8. März) oder Ausstellungen und kulturelle Bühnenprogramme, um auch lokalen Künstlerinnen
Gelegenheit zu geben, sich der Öffentlichkeit vorzustellen.
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Frauen-Laden-Projekt/Frauen –(U)unternehmen was!?
Jutta Ohl, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Steinburg
Drei Monate lang wollten 16 Frauen, die Gleichstellungsbeauftragte des
Kreises Steinburg und der Verein DONNA DORIA e.V. ein Experiment
wagen: ein Frauen-Laden-Projekt unter dem Motto: Frauen – (U)unternehmen – was!?
In Kooperation mit dem Verein DONNA DORIA e.V. hatten sich 16 Frauen
(und ein Mann) zusammengeschlossen, um in Itzehoe in einem Laden ihre
Fertigkeiten und Produkte gemeinsam zu präsentieren. Diese Idee war
sicherlich nicht neu und wurde auch nicht als „Existenzgründerinnen Haus“
angesehen, aber unter der Leitung der Initiatorinnen Susan-Diana Wilson,
Rellingen, Silvia Diercksen-Hushahn, Beidenfleth und der Gleichstellungsbeauftragten des Kreises Steinburg sollte es Frauen möglich gemacht werden, in dem Laden Kirchenstraße 25 in Itzehoe, ein gemeinsames FrauenLaden-Projekt auf die Beine zu stellen.
Pressemitteilung der Norddeutschen Rundschau
Dienstleistungszentrum kann durchaus in den Dörfern entstehen!
Frauen-Laden-Projekt stellt Broschüre vor und hilft auch bei der
Verwirklichung!
Was es heißt „selbst und ständig“ zu arbeiten, das wissen sie schon, die
16 Frauen vom „Frauen-Laden-Projekt“ in Itzehoe. Aber Hausfrau, Mutter,
Familienfrau und Unternehmerin zu sein, war für die eine oder andere
schon eine neue Erfahrung. Da galt es einen genauen Dienstplan einzuhalten, den Kontakt mit den unterschiedlichsten Menschen zu mögen, im
Team zu arbeiten und die anderen „Ladenbesitzerinnen“ voll zu akzeptieren.
Die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Steinburg, Jutta Ohl, die dieses
Projekt mit administrativen Fragen unterstützte, erläutert dieses Projekt so:
„Wer Erfolg haben will, muss sich auf fundierte Branchenkenntnisse und
kaufmännisches Wissen stützen. Chancen und Risiken einer Existenzgründung soll das Frauen-Laden-Projekt ausloten und die Frauen können testen,
ob sie sich für eine Existenzgründung mit anderen Frauen entscheiden können oder ob sie künftig ‚ihr eigenes Ding´ machen. Nach wie vor müssen
Frauen erst einmal sich und der Welt beweisen, dass sie in der Lage sind,
ein Unternehmen aufzubauen und zu führen.“
Den Frauen schwebt zur Durchsetzung dieser Ziele ein „Dienstleistungszentrum auf dem Lande“ vor. Lotto, Ottoshop, Bücher, Versicherungen,
alles das kann in einem Laden zusammengefasst werden. Außerdem sind
die Frauen der Meinung, dass ein solches Projekt eine Zukunft auf den
20
Dörfern im Kreis Steinburg haben könnte. Laden-Projekte und Zusammenschlüsse unterschiedlichster Angebote, können das Dorfleben wieder bereichern und ein Mittelpunkt für die Bevölkerung werden.
Mit der Dokumentation unter dem Titel „Tante Emma soll nicht sterben!“
wird ein Konzept an die Hand gegeben, das sich mit der Idee, Ausführung
und dem Ergebnis dieses Projektes befasst.
In Eigeninitiative für Existenzgründerinnen, oder auch in der Trägerschaft
der Kommune kann es wieder blühende „Tante Emma-Läden“ geben. Aber
auch für den Nachbar-Shop, Stubenladen, Dorfladen, Hofladen oder Höker
auf dem Lande gibt es durchaus eine Chance.
Es geht um die Grundversorgung der Bevölkerung, sicher auch um ein
Stück Tradition, es geht um das Leben auf dem Lande (auch den Möglichkeiten in der Stadt), es geht um Kommunikation der Bevölkerung, um eine
Bereicherung des Dorflebens und nicht zuletzt auch um die Existenzgründung von Frauen. Leerstehende Gebäude oder sogar ehemalige Läden
lassen sich wieder beleben.
Die Initiatorinnen des Frauen-Laden-Projektes stehen auch weiteren Frauen
aus der Region bei der Erarbeitung und Durchführung eines eigenen LadenProjektes gern mit Rat und Tat zur Seite. Zum Mädchen- und Frauenverein
DONNA DORIA e. V. gehören auch Expertinnen zu wirtschaftlichen und
steuerrechtlichen Fragen. Das Konzept und die Broschüre „Tante Emma soll
nicht sterben“ sollen dazu beitragen, Frauen-Laden-Projekte mit allen
Chancen und Möglichkeiten zu installieren.
Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahme „Schlaraffenland“
Britta Rudolph, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Husum
1995 initiierte der Verein „Beseler – Arbeit für Frauen“ die Beschäftigungsund Qualifizierungsmaßnahme „Schlaraffenland“. Ziel war es, Frauen den
beruflichen Einstieg oder auch Wiedereinstieg zu ermöglichen. Um dieses
zu erreichen, hat der Verein verschiedene Tätigkeiten im hauswirtschaftlichen Bereich angeboten. In einer schuleigenen Küche bereiteten die Teilnehmerinnen Frühstück und Mittagessen für Schülerinnen und Schüler vor,
um damit eine vollwertige und ökologisch vertretbare Alternative zur herkömmlichen Kinderverpflegung in der Schule zu bieten. Dies war die konzeptionelle Grundlage der Arbeit. Zur weiteren Qualifizierung wurden auch
Großveranstaltungen im sozialen Rahmen bewirtschaftet.
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Zielgruppen der Maßnahmen waren:
• langzeitarbeitslose Frauen aller Altersstufen mit ABM-/SAMBerechtigung (z. B. Berufsrückkehrerinnen, Alleinerziehende,
Jugendliche mit Ausbildung ohne Berufserfahrung),
• Frauen mit ergänzender oder laufender Hilfe zum Lebensunterhalt.
Zugeschnitten auf die Entwicklungsmöglichkeiten der Teilnehmerinnen fand
die Qualifizierung überwiegend innerhalb der praktischen Arbeit statt. Ergänzt wurde diese durch externe Qualifizierungsmodule in den Bereichen
sozialer Kompetenzen, allgemeiner fachspezifischer Kompetenzen und der
Vorbereitung auf die Bewerbungsphase.
Die Grenzen der Trägerschaft durch einen kleinen Verein zeigten sich bereits im ersten Maßnahmejahr. Ehrenamtlich tätige Vereinsmitglieder allein
konnten das Projekt nicht leiten und sichern. Die Gleichstellungsbeauftragte
und eine Mitarbeiterin der Beratungsstelle Frau & Beruf leisteten umfangreiche Unterstützung durch:
• die Sicherung der Finanzierung bei Verhandlungen mit Politik, Arbeitsverwaltung und BSH sowie die stetige Anpassung des Konzeptes an die
sich verändernden Finanzierungsmodalitäten,
• die Anpassung der Qualifizierungsinhalte an die sehr heterogene
Teilnehmerinnengruppe,
• die Teilnahme an Personalauswahlverfahren und
• wöchentliche Arbeitssitzungen mit der Projektleiterin.
Die fachliche Betreuung erfolgte durch eine Hauswirtschaftsleiterin, die
berufsbegleitend während der Maßnahme ihren Abschluss zur geprüften
Küchenmeisterin ablegte. Die individuelle Betreuung in Form von Einzelund Gruppengesprächen war durch eine sozialpädagogische Anleiterin
gewährleistet.
Die 1995 durch die Stadt Husum zugesagte finanzielle Unterstützung war
ausdrücklich auf einen einmaligen Zuschuss begrenzt. Durch intensive Gespräche mit allen Fraktionen und dem Magistrat wurde die Finanzierung für
ein weiteres Jahr erreicht – die notwendige Voraussetzung, um unabhängig
von kommunalen Mitteln auf wirtschaftlich eigenen Beinen zu stehen.
Entwicklung der Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahme
„Schlaraffenland" 1995 – 2000
Maßnahmejahr
1:
2:
3:
4:
5:
Teilnehme- Finanzierung/
ABM HZA SAM Landes- Stadt
rinnen
Projekteinnahmen
mittel
Husum
1995/96
1996/97
1997/98
1998/99
1999/2000
ABM:
HZA:
SAM:
Landesmittel:
22
8
9
10
14
20
300 DM
6.200 DM
13.000 DM
20.000 DM
25.000 DM
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
6.000 DM
3.900 DM
Kreis Nordfriesland
6.000 DM
3.900 DM
Die Bilanz nach Abschluss des Projektes lässt folgende Ergebnisse
erkennen:
• Schaffung eines Zugangs für Frauen zum ersten Arbeitsmarkt
(die Vermittlungsquote lag in den einzelnen Maßnahmejahren
zwischen 40 und 50%),
• Qualifizierung von Frauen ohne Berufsausbildung oder mit nicht
mehr verwertbaren Qualifikationen für einen beruflichen Einstieg
bzw. Wiedereinstieg in Teilzeit,
• Verbesserung der Chancen von Frauen, unabhängig von Sozialhilfe
und anderen Versorgungsansprüchen zu leben,
• Gesellschaftliche Anerkennung der Tätigkeiten der Frauen im Projekt,
• Vermittlung der Fähigkeit zum gesellschaftlichen Diskurs,
• Verbesserung der Lebensbedingungen für Kinder, Jugendliche und
Sozialschwache durch die Versorgung mit vollwertigem Essen,
• Gesundheitsbewusstes, sozial- und umweltverträgliches Verhalten
durch eine umfassende Aufklärung im Bereich Ernährung.
Mit der Beendigung des Programms ASH III 2 war eine Fortsetzung
der Arbeit für den Träger bedauerlicherweise nicht mehr finanzierbar.
Eine über fünfjährige erfolgreiche Arbeit und eine neue berufliche
Perspektive für mehr als fünfzig Frauen sind das positive Ergebnis
des Projektes.
Mittel für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen Arbeitsverwaltung)
Hilfe zur Arbeit (Sozialamt)
Strukturanpassungsmaßnahmen (Arbeitsverwaltung)
über das Programm Arbeit für Schleswig-Holstein, und zwar ASH III 2,
d. h. im Rahmen der Förderung von allgemeinen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen; ebenfalls hier aufgeführt wurden die Mittel aus dem ESF,
dem Europäischen Sozialfonds (BSH; Neumünster).
23
Frauenförderung und Personalentwicklung in der Stadtverwaltung
Husum am Beispiel von Personalauswahlverfahren
Britta Rudolph, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Husum
Mit dem Start der Verwaltungsreform bei der Stadt Husum 1996 wurde
die Arbeitsgruppe Personalentwicklung gegründet. Heterogen in der Zusammensetzung bezüglich Geschlecht, Amtszugehörigkeit und Hierarchie erarbeitete sie kontinuierlich ein maßgeschneidertes Personalentwicklungskonzept für die Stadt. Als Mitglied der Arbeitsgruppe setzte sich die Gleichstellungsbeauftragte dafür ein, dass Inhalt und Zielsetzung des Frauenförderplans integriert wurden, so dass seitdem zwei aufeinander abgestimmte
Instrumente für die Personalentwicklung eingesetzt werden.
Als besonders erfolgreich hat sich die kontinuierliche Entwicklung der Stellenbesetzungsverfahren erwiesen, bei der die Gleichstellungsbeauftragte
nach wie vor federführend tätig ist und das im Folgenden kurz skizziert
wird: Ein Auswahlgremium, in dem das zuständige Fachamt, die Personalabteilung, der Personalrat und die Gleichstellungsbeauftragte vertreten sind,
bearbeitet die Stellenbesetzung von Beginn an gemeinsam und im intensiven Austausch. Im Mittelpunkt steht dabei das Anforderungsprofil, das auf
der Grundlage einer Aufgabenanalyse erstellt wird. Bereits hier besteht
Abstimmungs- und Klärungsbedarf. Die bloße Orientierung, z. B. am Geschäftsverteilungsplan, hat sich als nicht ausreichend erwiesen. Es bietet
sich für die Personalverantwortlichen darüber hinaus an, die bisherige
Stelleninhaberin bzw. den bisherigen Stelleninhaber ebenso einzubinden
wie künftige Kolleginnen und Kollegen.
Die Anforderungsmerkmale, wie formale Voraussetzungen, Fachkompetenzen, Methodenkompetenzen und Sozialkompetenzen werden in einem standardisierten Formblatt erfasst und gewichtet. Das so entstandene Anforderungsprofil ist verbindliche Grundlage der Stellenausschreibung und des
weiteren Verfahrens, d. h. bei der Sichtung der Bewerbungsunterlagen, der
Feinauswahl durch Tests und dem Vorstellungsgespräch. Eine vertrauensvolle und offene Zusammenarbeit innerhalb des Auswahlgremiums ist im
gesamten Verfahren unabdingbar. Die Strukturiertheit des Verfahrens zwingt
alle Beteiligten zu einem intensiven Kommunikationsprozess und dem
Offenlegen ihrer mentalen Modelle. Die Praxis bei der Stadt Husum hat bestätigt, dass ein solch strukturiertes Auswahlverfahren ein gutes Instrument
ist, um erfolgreiche und nachhaltige Personalauswahlverfahren durchzuführen.
„Frauenwirtschaftskraft – Nichts ist unmöglich“
Von der Informationsveranstaltung zum Gründerinnenstammtisch
Hannelore Salzmann-Tohsche,
Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Rendsburg-Eckernförde
Jeder achte Mann, aber nur jede 20. Frau ist selbstständig, freiberuflich
oder unternehmerisch tätig. Frauen „gründen“ ihre Unternehmen:
• nach der Familienphase mit wenig Kapital
• mit kürzerer beruflicher Erfahrung
• ohne Einbindung in berufliche Netzwerke
• als Teilexistenzen neben ihrer Familienarbeit
• unter völlig anderen Voraussetzungen und Lebensbedingungen
als ihre männlichen Kollegen.
In ländlichen Regionen kommen neben den aus diesen Fakten resultierenden Schwierigkeiten und unzureichenden Infrastrukturen (fehlende Kinderbetreuung, schlechte Verkehrsanbindung) zusätzliche Probleme auf die
Unternehmerinnen zu. So sind auch die Bedingungen für die Schaffung von
Netzwerken ungünstiger als im städtischen Raum. Diese Situationsanalyse
veranlasste 2003 eine Gruppe ehrenamtlich tätiger Frauen, die sich in
einem Arbeitskreis der Gleichstellungsbeauftragten und dem „Agenda-21Büro“ zusammengeschlossen hatten, eine Veranstaltung mit dem Titel
„Frauenwirtschaftskraft – Nichts ist unmöglich“ durchzuführen. Mit dieser
Veranstaltung sollten in der Gemeinde Hohenwestedt die Hintergründe der
besonderen Situation von Existenzgründerinnen im ländlichen Raum beleuchtet und interessierten Frauen Tipps und Hinweise gegeben werden.
Vor allem aber sollten Frauen vorgestellt werden, die den Weg in die Selbstständigkeit in sehr unterschiedlichen, teilweise für Frauen typischen, aber
auch in männlich dominierten Bereichen, gemeistert hatten.
Das Gründerzentrum in Hohenwestedt – eine Besonderheit in der ländlichen Region – und die Wirtschaftsförderin der Gemeinde konnten als
Unterstützerinnen gewonnen werden. Die Resonanz war beachtlich: Über
40 Besucherinnen fanden den Weg ins Gründerzentrum. Die anwesenden
Unternehmerinnen machten deutlich, dass neben guten Ideen und Geschäftsplänen das Knüpfen von Netzwerken und Kontakten eine wichtige
Hilfe auf dem Weg in die Selbstständigkeit ist.
g
n
u
b
r
e
Bew
24
25
Dieser Gedanke wurde noch am Tag der Veranstaltung von Gründerzentrum
aufgegriffen und zu einem ersten Gründerinnen-Stammtisch eingeladen.
Dieser arbeitet derzeit an den ersten Planungen für eine eigene Messe.
Darüber hinaus berät die Mitarbeiterin des Gründerzentrums eine zunehmende Zahl von Frauen aus dem ländlichen Raum des Kreises Rendsburg-Eckernförde; auch über die unmittelbare Umgebung Hohenwestedts
hinaus. Überdies ist auf diesem Weg der Austausch zwischen Gründerzentrum und der Gleichstellungsbeauftragten des Kreises zu einer festen
Größe geworden.
Lübecker Markt der Frauen
Elke Sasse, Frauenbüro der Hansestadt Lübeck
1998/99 wurde das vom Innenministerium Schleswig-Holstein geförderte
interkommunale Projekt „Steuerung von Querschnittszielen am Beispiel der
Gleichstellung von Frauen und Männern“ – kurz: „Gleichstellungscontrolling“ – innerhalb der Stadtverwaltungen Lübeck und Norderstedt durchgeführt. Zielsetzung des Projektes war es u.a., die verschiedenen Aufgaben-,
Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereiche der Kommunen zu integrieren
und in die Fragestellung einzubinden: „Wie wirkt sich eine Maßnahme, die
in einem bestimmten Aufgabenbereich läuft, auf Frauen aus? Wie wirkt sich
die Maßnahme auf Männer aus?“ Und: „Trägt die Maßnahme zum Ziel der
Gleichberechtigung und Chancengleichheit der Geschlechter bei?“
Bei der Evaluierung der Zahlen des Fachbereiches Märkte der Hansestadt
Lübeck wurde deutlich, dass nur 28% der Marktstände in Frauenhand
waren, d.h. 72% der „MarktbeschickerInnen“ (BesitzerInnen der Marktstände) waren Männer. Als eine mögliche Ursache für diesen relativ niedrigen Frauenanteil wurde das Vergabeprinzip „bekannt und bewährt“ ausgemacht, das für die Vergabe von Marktständen entsprechend der bundesweit
anzuwendenden Gewerbeordnung Gültigkeit hat. Mit dem Prinzip „bekannt
und bewährt“ haben Frauen, die neu als Marktbeschickerinnen ins Geschäft
kommen wollen, wenig Chancen.
Der 1. Lübecker Markt der Frauen fand im September 2000 mit großem
Erfolg statt. Beim 2. Lübecker Markt der Frauen am 23.8.2003 wurden neun
von den 17 Marktständen – mehr als die Hälfte – von Frauen gestellt, die
erstmals auf einem Lübecker Markt waren. Die Chance, anschließend als
„bekannt und bewährt“ zu gelten, kann in Folge zu einer mittelfristig deutlichen Erhöhung des Frauenanteils an den MarktbeschickerInnen allgemein
führen. Der Zielsetzung, neue Frauen als Marktbeschickerinnen zu gewinnen, wurde somit ein weiteres Stück näher gekommen.
Der Lübecker Markt der Frauen ist allerdings nicht allein ein Markt der
Marktbeschickerinnen, sondern es handelt sich sowohl um einen Verkaufsmarkt als auch um einen Infomarkt für Frauenverbände, -initiativen und
-projekte. Beim 2. Lübecker Markt der Frauen waren 24 Frauenprojekte und
-verbände beteiligt. Gleichzeitig gibt es ganztägig ein Kulturprogramm von
Frauen.
Der Markt ist ein gutes Beispiel für den Gender-Ansatz, weil er gleich auf
zwei Ebenen die Gleichstellung von Frauen und Männern berührt:
1. Der Lübecker Markt der Frauen ist ein „Event“ für Frauen und
Männer, den es vorher in Lübeck nicht gab. Markttrubel, kleine
kulturelle Vorführungen und Gauklereien (von Frauen!), interessante
Marktstände, Kinderbelustigung und jede Menge Informationen über
das breite Spektrum an Frauenberatungsangeboten, das es in Lübeck
gibt, werden geboten.
2. Der Bereich Märkte kann durch diesen Markt mittel- und langfristig
mehr Frauen als Marktbeschickerinnen auch für andere Märkte –
gemeint sind hier die sog. Jahrmärkte/Sondermärkte, nicht die
Wochenmärkte – zulassen.
Beabsichtigt ist, den Lübecker Markt der Frauen mit dieser Konzeption –
Marktstände von Frauen, Infostände von Frauenprojekten und -verbänden,
Kulturprogramm von Frauen – in Abständen von 2 – 3 Jahren weiterhin
stattfinden zu lassen.
Vor diesem Hintergrund entstand die Idee des „Lübecker Marktes der
Frauen“ – ein Markt, zu dem nur Besitzerinnen von Marktständen zugelassen sind. Nach einer Teilnahme am „Lübecker Markt der Frauen“ gelten
auch diese Marktbeschickerinnen als „bekannt und bewährt“ und somit
erhöht sich die Chance, den Frauenanteil auf allen Lübecker Märkten mittelfristig zu erhöhen.
26
27
Qualifizierung bei Wiedereinstieg: Teilzeitausbildung in der Verwaltung
Christiane Wehrmann, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Elmshorn
Chancen zum beruflichen Neueinstieg, gezielt für Frauen, bietet die Stadtverwaltung Elmshorn seit 1994 an: eine Teilzeitausbildung als Qualifizierungsmaßnahme.
In weiteren Kommunen im Kreisgebiet Pinneberg gibt es ebenfalls dieses
Ausbildungsangebot: es sind die Städte Pinneberg und Wedel, die Gemeinden Rellingen und Tornesch sowie die Kreisverwaltung Pinneberg. Initiiert
wurde diese gezielte Frauenförderung von den hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten; von der Politik wurden die Finanzmittel bewilligt und von
den Personalverwaltungen wurde sie organisiert.
Die Zahl der Frauen, die nach einer Familienphase eine Erwerbstätigkeit
anstreben, ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Viele stoßen in dieser
Situation auf das Problem, keinen (dauerhaften) Arbeitsplatz zu finden, der
ihren Lebensunterhalt langfristig sichert. Denn sie verfügen oft nur über
eine veraltete Ausbildung, haben die Erstausbildung wegen der Betreuung
ihrer Kinder abgebrochen bzw. aus verschiedenen Gründen gar keinen Ausbildungsabschluss. Eine berufliche Qualifikation ist jedoch entscheidend für
eine erfolgreiche Vermittlung.
Voraussetzungen für eine Bewerbung sind der Hauptschulabschluss und
eine bereits absolvierte Berufsausbildung bzw. die Mittlere Reife und eine
längere Erwerbserfahrung oder vergleichbare Varianten. Die Teilzeitausbildung besteht aus 32 Stunden, von denen der umfangreichere Zeitanteil auf
die schulische Ausbildung entfällt. Durchschnittlich entfallen 25 Stunden für
die wöchentliche Berufsschule im ersten Ausbildungsjahr und ebenso für
den verblockten Unterricht im zweiten und dritten Jahr. Der relativ geringe
Anteil der praktischen Ausbildung in der Verwaltung wird durch die Lebenserfahrungen der Frauen, die sie sowohl im Erwerbsleben als auch innerhalb
der Familien gewonnen haben, kompensiert.
Übernahme von Verantwortung im Team, erprobt im Konfliktmanagement,
eine große Portion Organisationstalent und trainierte Flexibilität sind typische Persönlichkeitsmerkmale für den Kreis der Bewerberinnen. Besonders
erfreulich ist, dass die Teilzeitauszubildenden die gleiche Ausbildungsvergütung wie die Vollzeitauszubildenden erhalten.
Inzwischen haben sieben Frauen diese Ausbildung gemacht und zumeist
mit überdurchschnittlichem Erfolg abgeschlossen. Fünf dieser Frauen haben
in der Elmshorner Verwaltung einen interessanten – festen – Teilzeitarbeitsplatz erhalten, eine von ihnen arbeitet in der Hamburger Bezirksverwaltung.
28
Zurzeit befinden sich drei weitere Frauen in der Ausbildung. Auf die Ausschreibung für den Start in 2004 haben sich über 50 Frauen beworben. Dies
zeigt, dass die Maßnahme den aktuellen Bedürfnissen entspricht und es
sinnvoll wäre, wenn sie als Umschulung durch die Agentur für Arbeit anerkannt würde.
Für alle bisherigen Teilnehmerinnen bedeutete die Teilzeitausbildung eine
ungewöhnliche Chance, nach einer Phase der Konzentration auf die Familie
sich neu zu orientieren und zu qualifizieren. Eine Chance, nach der viele
lange gesucht haben – insbesondere Alleinerziehende. Das Beispiel sollte
Schule machen!
Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekt
„Modernes Schreibbüro“ Bad Segeberg (1997 bis 2000)
Beate Mönkedieck, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bad Segeberg
Über einen längeren Zeitraum hatte sich in Bad Segeberg ein hoher Bedarf
an Teilzeitqualifizierungs- und Teilzeitarbeitsplätzen insbesondere für
„Familienfrauen“ und allein erziehende Mütter, Sozialhilfeempfängerinnen,
langzeitarbeitslose und ältere Frauen entwickelt. Auf Fragen nach dem
beruflichen Einstieg oder Wiedereinstieg auf den ersten Arbeitsmarkt, nach
Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Kinderbetreuungsmöglichkeiten und
Wegen, um aus der Abhängigkeit von Sozialhilfe herauszukommen, gab es
keine befriedigenden Lösungen. Zunehmend Frauen waren auf Sozialhilfe
angewiesen, weil sie nach der Familienphase keinen Arbeitsplatz mehr fanden. Auf diesem Hintergrund wurde 1996 eine Projektgruppe initiiert, in der
die örtlich vorhandene Fachkompetenz gebündelt wurde: Arbeitsamt, Vertreterinnen und Vertreter des kommunalen Sozialamtes und Kreissozialamtes, Volkshochschule e. V. und die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt
taten sich zusammen. In der Folgezeit entwickelte die Projektgruppe in Zusammenarbeit mit der örtlichen Volkshochschule e. V. ein Konzept für das
„Moderne Schreibbüro“, in dem Frauen im Kundenauftrag für Organisationen oder für Menschen, die Hilfe brauchen, arbeiten sollen.
Angesichts der arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitischen Situation in der
Region wurde dieses Projekt als wichtiger Beitrag für eine aktive Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik bezeichnet. Vor allem die Verknüpfung von beruflicher Qualifizierung und Praxis wurde zunehmend anerkannt.
Die örtliche Volkshochschule wurde als Träger gewonnen und Räume
im VHS-Gebäude, die von der Stadt mietkostenfrei zur Verfügung gestellt
wurden, konnten bezogen werden.
29
Die räumliche Nähe zur VHS – so war die Absicht – sollte sich positiv für die
interne Qualifizierung im Modernen Schreibbüro und die externe Qualifizierung auf dem freien Markt auswirken. Im Juli 1997 wurde das Moderne
Schreibbüro eröffnet und existierte bis Juli 2000.
Finanzielle Förderung
Das Land Schleswig-Holstein hatte Anfang 1995 ein auf fünf Jahre befristetes Programm „Arbeit für Schleswig-Holstein“ (ASH III) mit 307 Millionen
Mark aus Landes- und EU-Mitteln aufgelegt. Aus diesem Programm wurde
das Projekt finanziell mit dem Ziel gefördert, schwer vermittelbare Frauen in
den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Darüber hinaus fand eine Förderung
nach § 19 des Bundessozialhilfegesetzes „Hilfe zur Arbeit“ zur „Förderung
der Frauen aus der Sozialhilfe heraus“ statt. Eine weitere Finanzierung erfolgte über Eigenmittel des Trägers, durch Kreis und Stadt sowie durch ein
Sponsoring der Kreissparkasse.
Zielgruppen
Zielgruppen waren arbeitslose Sozialhilfeempfängerinnen, überwiegend
allein erziehende Mütter mit Kindern, behinderte Frauen und ältere Frauen.
Am Anfang stand für die Teilnehmerinnen eine einmonatige Orientierungsphase. Danach erhielten sie einen Arbeitsvertrag über eine sozialversicherungspflichtige Stelle für 25 Wochenarbeitsstunden und Gehälter nach Tarif
für ungelernte Bürokräfte. Die Tatsache, dass diese Frauen häufig zum
ersten Mal ein Gehalt statt Sozialhilfe bezogen, war für sie schon ein großer
Fortschritt und zugleich eine hohe Motivation für die Mitarbeit.
Sozialpädagogische Betreuung
Neben der Büroleitung aus zwei Teilzeitkräften wurde von Anfang an eine
sozialpädagogische Betreuung durch eine Pädagogin angeboten. Sie unterstützte die Frauen in der Regelung der Kinderbetreuung, bei der Lösung
persönlicher Konflikte, finanziellen Problemen, Bewältigung von Schwierigkeiten im beruflichen Alltag, bei Kontakten zu öffentlichen Stellen und
Ämtern. Neben der beruflichen Qualifizierung der Frauen im Modernen
Schreibbüro war es ebenso wichtig, dass sie sich zu organisieren lernten,
Arbeitszeiten einzuhalten, ihren Tagesablauf zu strukturieren und zu erfahren, dass Familie und Erwerbsarbeit miteinander vereinbar sind.
Ausgehend von ihren individuellen Möglichkeiten wurden die Frauen durch
externe Fortbildungen – innerhalb der VHS – und interne – innerhalb des
Modernen Schreibbüros – für die Arbeitsfelder Büro, Verwaltung, Vereinsarbeit und Gesundheitsversorgung qualifiziert.
30
Die Beendigung der Arbeit
Allein aus den Einnahmen durch die Bearbeitung der Kundenaufträge konnte sich das Projekt wirtschaftlich nicht tragen. Mit Auslaufen des ASH III
Programms änderten sich darüber hinaus die Förderbedingungen. Eine
Erhöhung der Anzahl der Teilnehmerinnen scheiterte an den räumlichen
Bedingungen und an der geringen Zahl der infrage kommenden Sozialhilfeempfängerinnen.
Resümee
In den drei Jahren Laufzeit nahmen 30 Sozialhilfeempfängerinnen an dem
Projekt teil. 15 von ihnen konnten noch in dieser Zeit in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden, andere entschieden sich für eine Umschulung
oder den Beginn einer Ausbildung.
Mit einiger Verzögerung haben später noch einige weitere Frauen aus dem
Projekt eine Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt gefunden. Vier Frauen, die
als Projektleiterinnen während des Zeitraumes tätig waren, fanden ebenfalls
eine feste Anstellung auf dem ersten Arbeitsmarkt. Andere erfuhren einen
beruflichen Einstieg oder Wiedereinstieg in Teilzeit,
• sie erlebten, dass Familie und Erwerbsarbeit vereinbar sein kann
und lernten, das eigene Umfeld zu strukturieren und
• sie steigerten ihre Chancen, unabhängig von Sozialhilfe zu leben.
Mit dem Beirat, der das Projekt während der Laufzeit begleitete, fand eine
gute Zusammenarbeit statt. Der rege Austausch führte bei allen zu einer
Sensibilisierung und zu einem stärkeren Bewusstsein über die Situation
und die Probleme von allein Erziehenden und Sozialhilfeempfängerinnen.
Girls‘ Day – Mädchenzukunftstag 2002, 2003, 2004
Margot Engel, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Wedel
„Mädchen können alles, wenn man sie nur lässt!” So lautete 1993 die
erste in Wedel organisierte Veranstaltungsreihe zum Thema Berufswahl.
Dieser Aufruf hatte jedoch nur bedingt Erfolg, denn auch nach mehr als
zehn Jahren ist festzustellen, dass nach wie vor viele Mädchen nicht das
gesamte Spektrum der Berufe im Blick haben, sondern frauentypische Ausbildungen wählen. Auch die in Zusammenarbeit mit Schulen, der Stadtjugendpflege und der kirchlichen Jugendarbeit im Laufe der Jahre initiierten
Projekte wie „Schnuppertage: Mädchen in Männerberufe“, „Ran an die
Zukunft“ und „Computerwoche für Mädchen“ stärkten bei den Teilnehmerinnen zwar das Selbstvertrauen, weckten aber trotz einer guten Berichterstattung in der lokalen Presse wenig Aufmerksamkeit über den Kreis der
unmittelbar Beteiligten hinaus.
31
Der Girls’ Day als bundesweite Veranstaltung mit hervorragendem Material
des „Kompetenzzentrums Frauen in Informationsgesellschaft und Technologie“ in Bielefeld erzielte dagegen eine nachhaltige Wirkung, obwohl die
Zahl der beteiligten Mädchen zunächst gar nicht so viel höher lag als bei
den früher angebotenen Projekten. Inzwischen kann von einer hervorragenden Beteiligung gesprochen werden. So nahmen 2002 allein 126 Schülerinnen der verschiedenen Wedeler Schulen am Girls’ Day teil und die Tendenz
ist steigend.
Auch die Stadt Wedel hat sich den Girls’ Day zu einem eigenen Anliegen
gemacht. Zwischen 11 und 16 Mädchen haben in den vergangenen drei
Jahren in der Stadtverwaltung Wedel und ihren Außenstellen hospitiert. Erfreulich war die Bereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich einmal „in die Karten gucken“ zu lassen. Neben den Bereichen Bau und Umwelt beteiligten sich auch die Wirtschaftförderung und die Justitiarin, die
Betreuerinnen und Betreuer der Obdachlosenunterkünfte und das Büro für
Öffentlichkeitsarbeit. 2004 kamen die Stadtentwässerung und die Stadtwerke hinzu.
Inzwischen gibt es auch einen festen Tagesablauf: Nach einer Einführung
am morgen mit einem Überblick über die Aufgaben einer Kommunalverwaltung und die Ausbildungsmöglichkeiten folgt später eine gemeinsame
Pressekonferenz und zum Abschluss des Tages ein Gespräch mit dem
Bürgermeister. Als kleiner, aber nicht zu vergessender „Event“ ist noch
die Einladung zum Mittagessen in der Rathauskantine zu erwähnen.
In Wedel sind inzwischen alle weiterführenden Schulen intensiv in das
Projekt „Girls’ Day“ eingestiegen, greifen die positive Intention auf und
bereiten sogar entsprechende Unterrichtseinheiten für Jungen vor.
nisse kommunaler Aufgaben und politischer Abläufe ebenso angeboten
wurden, wie auch Seminare zur Qualifizierung der praktischen Handlungskompetenz. Die Fortbildungsreihe war in einzelne Bausteine aufgeteilt, die
beliebig – in ihrer Gesamtheit oder einzeln – genutzt werden konnten. Die
Seminare, Workshops und Bildungsurlaube wurden parallel in Heide und
Brunsbüttel durchgeführt.
Die gemeinsame Abschlussveranstaltung war gleichzeitig Auftakt für ein
Mentoring in der Politik; eine einfache und effektive Hilfestellung, jemanden
bei der Übernahme neuer Aufgaben zu unterstützen. Dabei tun sich Erfahrene mit Interessierten zusammen. Hier stellten sich elf erfahrene Politikerinnen aus Dithmarschen zur Verfügung, um politischen Anfängerinnen bei
der Übernahme neuer Aufgaben oder Positionen zu unterstützen und um
bei der Herstellung von Kontakten zu helfen. Im Rahmen der Veranstaltung
wurden die Politikerinnen darüber hinaus zu ihrem Einstieg in die Politik, zu
ihren Arbeitsschwerpunkten, zu geschlechtsspezifischen Arbeitsweisen und
zur Frauenpolitik befragt.
Informationsbroschüre – „Wegweiser für Frauen in Ostholstein“
Christine Ewers und Silke Meints,
Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Ostholstein
Seit der Etablierung der Gleichstellungsstelle des Kreises Ostholstein vor 17
Jahren ist die Zahl der dringend erforderlichen Hilfs- und Beratungsangebote im Kreisgebiet ständig gestiegen.
2b
In dieser Zeit sind auch die Frauenfachberatungsstellen und das Frauenhaus
entstanden. Beratungsinstitutionen werden erfahrungsgemäß weit häufiger
von Frauen als von Männern aufgesucht. Nicht selten ist es für Frauen jedoch schwierig, das für ihre spezielle Lebenssituation geeignete Angebot
herauszufinden.
Frauen im öffentlichen Leben
Frau Macht Politik
Margot Wilke, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Dithmarschen
Die Unterrepräsentanz von Frauen im politischen Ehrenamt im Kreis Dithmarschen und die bevorstehende Kommunalwahl 2003 waren für die hauptund ehrenamtlichen Gleichstellungsbeauftragten Anlass, in Zusammenarbeit
mit den Volkshochschulen und dem Kreislandfrauenverband, mehr Frauen
für die Kommunalpolitik zu gewinnen. Unter dem Titel „Frau Macht Politik“
entstand 2002/2003 eine Fortbildungsreihe, in der praxisnah Grundkennt32
Vor diesem Hintergrund hat die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises
Ostholstein einen „Wegweiser für Frauen in Ostholstein“ konzipiert. Der
Wegweiser wurde in Form eines Handbuches herausgegeben, um Frauen
Wege aufzuzeigen, die bei Problemen schnelle Hilfe ermöglichen. Darüber
hinaus sollte der Wegweiser die Beratung von Frauen für Frauen erleichtern
sowie den Kontakt der Frauen im Kreis untereinander fördern.
Die erste Auflage des Wegweisers erschien 1993 und war ein großer Erfolg. Innerhalb kurzer Zeit waren 4000 Exemplare vergriffen. Es gab ausschließlich positive Rückmeldungen von Frauen, insbesondere auch von
33
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den verschiedensten Institutionen,
die den Wegweiser als Nachschlagewerk für die Beratungsarbeit schätzten.
Seit dem Erscheinen wurde der Wegweiser ständig nachgefragt, so dass
1995 eine aktualisierte Neuauflage herausgegeben wurde. Da jedoch die
Qualität eines guten Wegweisers in hohem Maße von seiner Aktualität
abhängig ist und sich aus unterschiedlichsten Gründen laufend Veränderungen ergeben – sei es bei den AnsprechpartnerInnen, Telefonnummern oder
Trägerinnen und Trägern – soll der „Wegweiser für Frauen in Ostholstein“
nun online gehen.
Künftig wird damit auf der Internetseite des Kreises ein ständig aktualisiertes Hilfsangebot zur Verfügung stehen. Als Handbuch wird der Wegweiser
voraussichtlich nur dann – und in geringer Auflage – erscheinen, wenn die
Finanzierung sichergestellt ist. Für die Nutzerinnen und Nutzer ist der Wegweiser nicht nur ein Hilfeangebot, er dokumentiert gleichzeitig das breit gefächerte politische und soziale Engagement von Frauen und leistet damit in
der Öffentlichkeit auch einen wesentlichen Beitrag zur Sensibilisierung für
frauenspezifische Belange.
2c
Geschlechtergerechte Familienpolitik
Projekt „Familienfreundliche Betriebe“
Andrea Boyer, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Nordfriesland
Aus einem auf Bundes- und Landesebene durchgeführten Wettbewerb mit
der Auszeichnung von Best-Practise-Beispielen familienfreundlicher Betriebe entstand ein Vorhaben, das Ende 2003 zu dem Projekt „Familienfreundliche Betriebe“ für die Regionen Nordfriesland und Dithmarschen führte.
Ziel des Projektes ist der Aufbau einer Beratungsstruktur für kleine und
mittlere Unternehmen, die Entwicklung von familienfreundlichen Maßnahmen als Wettbewerbsfaktor und die Stärkung der Wirtschaftsstandorte in
beiden Kreisen an der Westküste.
In der Demografie zeichnet sich seit Jahren eine (Über-)Alterung der Bevölkerung ab. Die Konsequenzen für Unternehmen liegen auf der Hand. Konsumenten, Zielgruppen und ebenso das verfügbare Personalpotential verändern sich nachhaltig. Dem Arbeitsmarkt stehen immer weniger junge
Menschen zur Verfügung, die als geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Frage kommen. Für Betriebe ist es entscheidend, gezielt die richtigen
auszuwählen, ihre berufliche Entwicklung innerhalb des Betriebes zu unter34
stützen, fortzubilden und auf lange Sicht an das Unternehmen zu binden.
Zunehmend wenden sich Unternehmensführungen den Fragen zu, die bislang als Randbereiche der Personalpolitik galten. Diese Umorientierung erfolgt nicht nur angesichts der sich verschärfenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Sie ist auch die Reaktion auf einen fundamentalen Wandel der gesamtgesellschaftlichen Situation. Lebensformen und Familienmodelle werden
vielfältiger und geben unterschiedliche Bedürfnisse wider, die auch für den
Erfolg eines Unternehmens von Bedeutung sind.
Nach wie vor sehen 75% der weiblichen und 65% der männlichen Jugendlichen in der Gründung einer eigenen Familie eine der Grundvoraussetzungen zum „glücklich sein“. Die Daten der neuesten Shell-Studie belegen zudem, dass über zwei Drittel der jungen Menschen – in den neuen Bundesländern sogar 76% und damit mehr als die 64% in den alten Ländern – sich
später Kinder wünschen. Damit sie ihren Kinderwunsch realisieren können,
ist die Konkretisierung des Anspruchs auf „Familienfreundlichkeit“ auf breiter Basis unabdingbar.
Ein breites Bündnis von Akteuren und Akteurinnen des Netzwerks „Familienfreundliche Betriebe“ möchte mit diesem Projekt kleine und mittlere
Unternehmen in den Kreisen Nordfriesland und Dithmarschen ansprechen
und eine weitere Stärkung der Wirtschaftsstandorte an der Westküste erreichen. Damit ist dieses Projekt im Regionalprogramm 2000 in SchleswigHolstein das erste, dass der Zielsetzung des Förderprogramms „Verbesserung der Beschäftigungschancen für Frauen“ als Schwerpunkt entspricht.
Mit dem Aufbau und der Optimierung der Beratungs- und Dienstleistungsinfrastruktur für kleinere und mittlere Unternehmen verfolgt das Projekt ein
weiteres Ziel. Hierfür ist ein dreijähriges, modulares Aktionsprogramm geplant.
Unterstützt wird dieses Aktionsprogramm durch das Netzwerk der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Nordfriesland in Kooperation mit der Entwicklungsgesellschaft Brunsbüttel, den Kreishandwerkerschaften, der Industrieund Handelskammer, Frau & Beruf Nordfriesland und Dithmarschen. Außerdem der Universität Flensburg, dem DGB sowie den Gleichstellungsbüros
der Kreise Nordfriesland, Dithmarschen und der Städte Husum, Heide und
Brunsbüttel. Träger des Projektes ist die Projektgesellschaft Westküste. Im
Rahmen des Netzwerkes ist einerseits eine öffentlichkeitswirksame Kampagne dafür vorgesehen, bei möglichst zahlreichen Unternehmen und Institutionen das Interesse für diesen wirtschaftlich und gesellschaftlich immer
stärker in den Mittelpunkt geratenen Themenbereich zu wecken bzw. zu
intensivieren. Zum anderen lenken die Netzwerkaktivitäten das Augenmerk
35
aktueller und potentieller Investoren, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
auf ausgewiesene Stärken der Wirtschaftsstandorte Nordfriesland und Dithmarschen.
ligung der Väter. Denn häufig reicht das Beispiel eines Vaters, das von
anderen aufgegriffen wird; eine „Initialzündung“, eine Anregung zum
Mitmachen.
Kernbereich der Kampagne ist eine Bestandsanalyse durch die Universität
Flensburg, die durch Betriebsbefragungen und vertiefende Untersuchungen
einerseits über mögliche Maßnahmen informiert, andererseits aber auch
Best-Practise-Beispiele aus der Region ermittelt. Auch kann eine Überleitung von interessierten Betrieben in Auditierungsprozesse und damit einhergehend einer Zertifizierung erreicht werden.
Mittlerweile sind es mehr als 100 Väter in Schleswig-Holstein, die sich der
Initiative angeschlossen haben und in erfreulicher Zusammenarbeit mit
Trägern und Kita-Leitungen auch mit ihren ganzen Familien Organisationstalente und Kompetenzen eingebracht haben. Dies alles geschah und geschieht ohne große finanzielle Kraftakte. Der Schleswiger Initiative folgend
wurden inzwischen sechs Projekte durchgeführt – in Flensburg, Husby,
Husum, Quickborn und Berkentin – und durch einen Sponsor prämiert;
34 Anfragen waren zuvor bei den Initiatoren eingegangen.
Der Bewilligungsbescheid für das Projekt „Familienfreundliche Betriebe
in Nordfriesland“ wurde am 11.05.2004 durch die Ministerin für Justiz,
Frauen, Jugend und Familie des Landes Schleswig-Holstein, Anne Lütkes,
in der Auftaktveranstaltung in Husum an den Projektträger überreicht.
Die Broschüre zu diesem Projekt und die Dokumentation
der prämierten Einrichtungen können in der Gleichstellungsstelle kostenlos angefordert werden. Telefon: 0 46 21/814-150
oder 814-301, e-mail: gleichstellung@schleswig.de
2d
Geschlechtergerechte Erziehung in Kindertagesstätten/
„Papis in die Kitas – Männer können’s auch“
Karin Petersen-Nißen, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Schleswig
Stadtplanung
Unter diesem Motto startete im September 2002 ein landesweites Projekt,
mit dem Väter motiviert werden sollen, sich ehrenamtlich in Kindertageseinrichtungen (Kita) für ihre Kinder und für den Kindergarten ihrer Töchter und
Söhne zu engagieren.
Claus-Dieter Weiß, Leiter einer Kindertagesstätte und Karin Petersen-Nißen,
Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Schleswig, hatten das Projekt entwickelt, Leitziele erarbeitet und es in Bewegung gebracht. Denn nach ihrer
Überzeugung macht die ehrenamtliche Mitarbeit von Vätern in Kindertagesstätten das Thema „geschlechtsspezifische Erziehung“ bewusst.
Die seinerzeit im Raum stehende Frage, ob Denkanstöße, wie sie von dem
Projekt ausgehen sollten, überhaupt noch erforderlich sind, wo doch viele
Väter heute ihrer erzieherischen Verantwortung bewusst nachkommen und
das Rollenverständnis in den vergangenen Jahrzehnten positive Veränderungen erfahren hat, wurde durch einen Blick auf die Realität beantwortet. So
wird die Aufgabe, Kinder zu erziehen und zu bilden – ob in der Familie, in
den Kindertagesstätten oder in den Schulen – nach wie vor überwiegend
von Frauen wahrgenommen und auch in den Kindergärten sind Erzieher nur
zu 3 % vertreten. Dieses Ungleichgewicht setzt sich in den Grundschulen
bei den ausgebildeten Lehrkräften ganz ähnlich fort und auch in den Lehramtsstudiengängen nimmt der Frauenanteil eher noch zu. Andererseits gibt
es bereits heute in zahlreichen Kitas eine erfreuliche ehrenamtliche Betei36
Sicherheit im öffentlichen Raum und Stadtplanung
Maren Wichmann, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Plön
„Plön ist sicher“, „So schlimm wie in Kiel oder in der Großstadt kann es
nicht sein“ und „Bei uns passiert schon nichts“ lauteten die ersten Reaktionen auf den Vorstoß der Gleichstellungsbeauftragten und eines von ihr
initiierten Arbeitskreises, die so genannten Angsträume in der Stadt zum
Thema zu machen.
Sicherheit im sozialen Raum ist ein sensibles Thema und die damit verbundenen Ängste sind unterschiedlich ausgeprägt: Ältere Menschen befürchten
den so genannten Handtaschenraub, Eltern haben Angst um ihre Kinder,
weil sie sexuelle Gewalt oder Missbrauch befürchten, Frauen und Mädchen
befürchten ebenfalls sexuelle Gewalt. Deren Thematisierung kann einerseits zur Enttabuisierung beitragen, andererseits Unsicherheiten auch noch
verstärken. Mit Aufklärung und sinnvollen Maßnahmen soll daher dazu beigetragen werden, das subjektive Sicherheitsempfinden zu stärken.
Ein alternativer Stadtspaziergang, begleitet durch eine Fotografin, gab erste
Anhaltspunkte. Auffällig waren die vielen Unterführungen unter der in den
siebziger Jahren gebauten Umgehungsstraße. Durch die neu gestaltete
37
Das Ergebnis veranlasste die Verantwortlichen der Stadt, die Themen
„Angsträume“ und „Sicherheit im öffentlichen Raum“ nicht allein der
Gleichstellungsbeauftragten zu überlassen, sondern die Verwaltung und
Politik in die Verantwortung einzubeziehen. Dabei war allen am Prozess
Beteiligten klar, dass eine Einzelmaßnahme die Probleme nicht lösen könne.
Vorschläge gab es viele: Die Ergänzung der Fußgängertunnel durch eine zusätzliche Fußgängerquerung über die B 76, ein langfristiges Beleuchtungskonzept zur Einrichtung von Lichtschleusen im Stadtgebiet, die kurzfristige
Beseitigung von „Angsträumen“ durch Umgestaltung der Bepflanzungen
und zusätzliche Spiegel in Unterführungen. Auch wurden die Einrichtung
(bewachter) Frauenparkplätze und die Unterstützung eines professionellen
Beratungsangebotes für Opfer von Gewalt sowie die Subventionierung von
Selbstverteidigungskursen vorgeschlagen.
und geringerem Wartungsaufwand mit neuen Lampen konnten Kosten
gesenkt werden. Es hat sich erwiesen, dass es sinnvoll ist, Gleichstellungsaspekte und Sicherheitsaspekte von vornherein bei der Bauleitplanung
zu berücksichtigen. Dies bedeutet nicht nur mehr Qualität und Effektivität,
sondern vermeidet auch Folgekosten.
Gewaltprävention
Selbstbehauptung für Mädchen und Jungen –
Qualifizierte Präventionsangebote in der Gemeinde Henstedt-Ulzburg
Annegret Horn, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Henstedt-Ulzburg
2e
Altstadt mit der Verlegung von zwei Bundesstraßen aus dem Ortskern heraus war ein zusätzliches Problem entstanden, da die Innenstadt für Fußgänger und Fahrradfahrer jetzt überwiegend durch Tunnel zu erreichen ist. Eine
Bürgerinnenbefragung gab Aufschluss darüber, dass Frauen am Abend andere Wege als am Tag wählen, welche Wege sie zurücklegen und welche
Verkehrsmittel sie benutzen. Die Befragung ergab auch, welche Stellen als
besonders kritisch eingeschätzt werden und wie man evtl. Abhilfe schaffen
könnte. Das Engagement der beteiligten Organisationen (u.a. die Volkshochschule, Krankenkassen und Schulen), die ausführlichen Antworten und die
hohe Zahl der Rückmeldungen bestätigten, dass das Thema „Angsträume
in Plön“ viele Menschen bewegte.
Sexualdelikte und Gewalttaten an Kindern erfahren in den Medien besondere Aufmerksamkeit. Entsprechend gab es in den vergangenen Jahren bei
der Gleichstellungsstelle etliche Anfragen besorgter oder verunsicherter
Eltern, die nach Möglichkeiten der Prävention fragten. Die am meisten gestellten Fragen waren: Wie können wir unsere Kinder schützen? Wie sollten
Kinder in bedrohlichen Situationen reagieren? In Zusammenarbeit mit zwei
Kommissarinnen der Kripo und der kreisweit tätigen Fachberatungsstelle
gegen sexuelle Gewalt in Bad Segeberg wurden daraufhin Elternabende in
den gemeindlichen Kindergärten und Grundschulen durchgeführt sowie alters- und geschlechtsspezifisch aufbereitete Informationsmaterialien verteilt.
Diese Veranstaltungen waren eine Initialzündung für weitere Aktivitäten im
Kreis Segeberg, die inzwischen zu einem Präventionsprojekt geführt haben,
das über die Gemeindegrenzen hinaus wirkt.
Manche Ideen, wie z. B. der Wunsch nach vermehrter Polizeipräsenz, der
vor allem von Rentnerinnen geäußert worden waren, lagen nicht im Zuständigkeitsbereich der Stadt. Abschlägige Entscheidungen gab es auch hinsichtlich von Frauenparkplätzen, einer zusätzlichen Fußgängerquerung und
der Finanzierung eines Beratungsangebotes für Frauen.
In den Gesprächen wurde deutlich, dass nicht wenige Eltern sich Hilfe durch
Maßnahmen wie z. B. Selbstverteidigungskurse versprechen. Hier ist in den
letzten Jahren der „Markt“ an Anbietern, die die Zielgruppe „Kinder“ für sich
entdeckt haben, stark gewachsen und nahezu unüberschaubar geworden.
Neben der zunächst probeweisen Einführung
eines Frauen- und Seniorennachttaxis und
leicht zu bewerkstelligen Maßnahmen wie die
Beschneidung von Büschen und besonderen
Bepflanzungen stand vor allem die Beleuchtung der Stadt im Vordergrund. Mit der
Beseitigung „dunkler Ecken“ an viel genutzten Wegen sollte das Sicherheitsgefühl
verbessert werden. Ein willkommener
Nebeneffekt: durch Energieeinsparung
Am Beispiel eines eher fragwürdigen Angebotes in unserer Gemeinde zeigte sich, dass es neben seriösen Kursen auch eine Reihe kritisch einzuschätzender Aktivitäten gibt, bei denen weder auf die fachliche Qualifikation der
Trainerinnen und Trainer noch auf die Inhalte der Kurse geachtet wird. So
treten private Anbieter, die mit der Region bzw. mit dem Hilfesystem vor
Ort weder vertraut noch verbunden sind, mit kostspieligen WochenendKursangeboten an Schulleitungen bzw. Elternvertretungen heran. Praktiziert
werden pädagogisch hinterfragungswürdige Methoden und es werden körperliche Techniken der Selbstverteidigung vermittelt, die für Kinder in Gefahrensituationen bzw. in der Konfrontation mit körperlich Überlegenen nur
38
39
begrenzt – wenn überhaupt – einsetzbar sind. Gänzlich unberücksichtigt
bleiben in den Angeboten die Behandlung der Entstehungsgründe von
Gewalt, ihre unterschiedlichen Auswirkungen auf Mädchen und Jungen
und deren unterschiedlichen Strategien im Umgang mit Konflikten.
Um Eltern und Lehrer bzw. pädagogische Fachkräfte bei der
Auswahl eines adäquaten Angebotes zu unterstützen, wurde
zunächst ein Faltblatt entwickelt, das Qualitätsmerkmale für
Kurse für Mädchen und Jungen zur Selbstbehauptung bzw.
Selbstverteidigung enthält. Dies erfolgte in Zusammenarbeit
mit der Kreisjugendschutzbeauftragten, dem „Projekt
Gewaltprävention“ im Verein für Jugend und Kulturarbeit
im Kreis Segeberg, der Frauenfachberatungsstelle Norderstedt sowie der Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt.
Parallel dazu wurde von Anfang an das Ziel verfolgt, in der Gemeinde ein
qualifiziertes Präventionsangebot zu etablieren, das dauerhaft angelegt ist
und den Schwerpunkt auf Selbstbehauptung legt. Dieses Angebot soll das
Selbstvertrauen und die Handlungssicherheit von Mädchen und Jungen erweitern und deren alltagsbezogene Erfahrungen aufgreifen, weshalb – zeitweilig – innerhalb des Kurses nach Geschlechtern getrennt und an weiblichen Vorbildern gelernt wird. Die Kinder sollen – um es ganz praktisch auszudrücken – „Nein“ sagen lernen, wo Erwachsene, auch ältere Kinder und
Jugendliche Grenzverletzungen vornehmen und zu etwas veranlassen wollen, was die Kinder selbst nicht möchten.
Als Kooperationspartner konnten dazu die Sportvereine gewonnen werden,
die breiten Zugang zu Kindern und Jugendlichen haben, über Kenntnisse
der örtlichen Situation verfügen und kontinuierlich ansprechbar sind. Der
Kriminalpräventive Rat, dem auch die Gleichstellungsbeauftragte angehört,
hat das Vorhaben von Anfang an unterstützt. Auf der Grundlage der entwickelten Qualitätsmerkmale wurde eine intensive Fortbildung mit Übungsleiterinnen und -leitern sowie Trainerinnen und Trainern durchgeführt, um
ein eigenständiges Selbstbehauptungstraining für Mädchen und Jungen zu
etablieren. Das Fortbildungskonzept wurde in Kooperation mit der Kreisjugendschutzbeauftragten, dem „Projekt Gewaltprävention“ und einem
örtlichen Sportverein entwickelt. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer
haben sich im Rahmen der Fortbildung sowie in zwei weiteren Folgetreffen
intensiv mit den eigenen Gewalterfahrungen auseinandergesetzt, die
Geschlechterfragen reflektiert und ein eigenständiges Kurskonzept entwickelt.
40
Auf dieser Grundlage sind nun erste Kursangebote gestartet. Schon jetzt
zeichnet sich eine rege Nachfrage ab, so dass weitere Angebote folgen
werden. Dank der kontinuierlichen Zusammenarbeit mit den verschiedensten Kooperationspartnern wirkt dieses Projekt nachhaltig über die Gemeinde- und Vereinsgrenzen hinweg und wird Vorbild für weitere Aktivitäten im
Kreis Segeberg sein. Vor allem aber trägt es zur Qualitätssicherung in dem
so sensiblen wie wichtigen Bereich der Gewaltprävention bei.
Gewaltprävention an Heider Schulen
Gabriela Petersen, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Heide
Im Jahr 2003 gab es in der Kreisstadt Heide mehrere sexuelle Übergriffe
auf Kinder und Jugendliche, die in der Öffentlichkeit und über die Medien
intensiv diskutiert wurden.
Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt initiierte daraufhin einen „Runden
Tisch“, zu dem die Gleichstellungsbeauftragten und Schulleiter der zehn
Heider Schulen sowie Jugendamt, Polizei und Beratungsstellen eingeladen
wurden, um
• Schulen über die vorhandenen Angebote zur Gewaltprävention zu
informieren und diese dauerhaft in den Unterricht zu integrieren und
• durch eine Vernetzung der Einrichtungen in Heide die vorhandenen
Angebote und Projekte zur Gewaltprävention an Schulen bereitzustellen.
Die Vorstellung der Projekte gab den Schulen einen guten Überblick zur Präventionsarbeit mit Opfern und Tätern ebenso wie über Beratungsangebote
auch für Lehrerinnen und Lehrer.
Potentielle Opfer benötigen Verhaltensstrategien, um den verschiedenen
Formen der Gewalt entgegentreten zu können. Dies ist allein durch Informationen zum Thema Gewalt nicht zu leisten. Es bedarf gezielter Selbstbehauptungstrainings, um neue Verhaltensstrategien zu erlernen. Die Kurse
kosten allerdings Geld und nicht jede Familie hat dazu die nötigen finanziellen Mittel. Die Gleichstellungsbeauftragte setzt sich dafür ein, dass jedes
Kind in Heide während der Schulzeit mindestens einen Kurs besuchen kann.
Um die Teilnahme allen Kindern zu ermöglichen, genehmigte die Stadt jeder
Schule einen Zuschuss von 500,– € für die Durchführung von Selbstbehauptungstrainings. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, dass Gewaltprävention Teil des Unterrichtsangebotes an den Schulen wird.
41
2f
Gesundheit
Gesundheit von Frauen als Thema der Frauen- und
Gleichstellungsbeauftragten
Annegret Bergmann, Frauenbeauftragte der Landeshauptstadt Kiel
Die Frauengesundheitsbewegung der 70er Jahre machte deutlich, dass
Leben und Gesundheit von Frauen erheblich durch familien- und gesundheitspolitische Schwerpunktsetzungen der Gesellschaft beeinflusst werden.
Damit fand auch die Erkenntnis Eingang in die politische Diskussion, dass
„Gesundheit“ mehr erfordert als lediglich die Bereitstellung ausreichender
medizinischer Versorgung.
Die Gesundheit von Frauen unterliegt – auch abgesehen von Schwangerschaft und Geburt – gegenüber der von Männern zusätzlichen Belastungen.
Frauen müssen oft mehreren Rollen gerecht werden: als Erwerbstätige,
Partnerin, Mutter und Pflegerin von Angehörigen. Auch sind Frauen immer
noch vielfältigen Benachteiligungen ausgesetzt – sie sind z. B. häufiger
Opfer von Gewalt, häufiger sozial benachteiligt und werden im Beruf häufig
schlechter bezahlt als Männer. Auch ein Mangel an Anerkennung wirkt sich
negativ aus und beeinflusst das Selbstwertgefühl.
Die Medizin hat sich im Zuge der Frauenforschung in den letzten Jahren
verstärkt den Unterschieden zwischen Männern und Frauen zugewandt.
Dadurch wissen wir mittlerweile, dass Frauen andere gesundheitliche Risiken tragen als Männer. Trotzdem orientieren sich Wissenschaft und Praxis
im Gesundheitsbereich auch heute noch überwiegend an der männlichen
Lebenssituation. Die gesellschaftlichen Lebensbedingungen von Frauen
werden als Ursache gesundheitlicher Beeinträchtigungen oder massiver
Erkrankungen noch viel zu wenig berücksichtigt. Sie wirken sich jedoch
in vielfältiger Weise aus:
• Frauen und Männer unterscheiden sich sowohl in ihrer Wahrnehmung
von gesundheitlichen Einschränkungen als auch in der Art der
Krankheitsbewältigung.
• Frauen haben ein ausgeprägteres Vorsorgedenken, sind aufmerksamer
als Männer in Bezug auf körperliche Befindlichkeiten und reagieren
sensibler auf Störungen im Umfeld.
• Bei Frauen können sich dieselben Erkrankungen durch ganz andere
Symptome ankündigen als bei Männern. Bekannt ist dies z. B. vom
Herzinfarkt.
42
• Medikamente wirken sich auf den Organismus von Frauen häufig
anders aus, als auf den von Männern. Dies wird jedoch vor der
Zulassung der Medikamente selten überprüft.
• Studien haben ergeben, dass für Diagnosen bei Frauen durchweg
immer noch weniger Zeit und Anstrengung aufgewandt wird als bei
Männern.
Der europäische Aktionsplan für Frauen und Gesundheit der World Health
Organisation (WHO) der UNO forderte 1992, der Gesundheit von Frauen ein
Höchstmaß an Aufmerksamkeit und Dringlichkeit zuzumessen. Zwei Jahre
später initiierte das WHO-Regionalbüro Europa ein politisches Bekenntnis
zu „Frauen-Gesundheitspolitik“.
Beispielhafte Forderungen darin sind:
• Frauenfreundliche und bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung
• Geschlechterdifferenzierte Gesundheitsberichterstattung
• Frauen-Gesundheitsforschung
• Mehr Frauen in führende Positionen der Gesundheitspolitik.
Vor diesem Hintergrund ist die Empfehlung des Deutschen Städtetages von
1998 an die Kommunen zu sehen, auf ihrer Ebene regelmäßige „Runde
Tische“ durchzuführen. Durch sie sollen Erfahrungen aus der gesundheitlichen Praxis in fachliche Beratung der kommunalpolitischen Entscheidungsträgerinnen und -träger einmünden und Maßnahmen entwickelt werden, die
die Lebens- und Gesundheitsbedingungen von Frauen dauerhaft verbessern.
In enger Zusammenarbeit mit den Frauen-Fachberatungsstellen, dem Amt
für Gesundheit, dem Ärztinnen-Bund und anderen einschlägigen Institutionen hat die Kieler Frauenbeauftragte bisher zwei „Runde Tische“ durchgeführt: einen über „Essstörungen“, dessen Dokumentation als erste Einführung in die Problematik immer noch sehr gefragt ist, und einen weiteren
zum Thema „Frauengerechte Psychotherapie“. Dieser bewirkte die Gründung eines „Initiativkreises zur Verbesserung der Psychotherapie in Kiel“,
der eine stärkere Vernetzung zwischen Frauen-Fachberatungsstellen, niedergelassenen Therapeutinnen und Institutionen wie dem „Borderline-Netzwerk“ herstellt und an der Verbesserung der ambulanten Therapieangebote
in Kiel arbeitet. Auch zu diesem „Runden Tisch“ liegt eine Dokumentation
vor. Ein dritter zur Frage des „Wunsch-Kaiserschnitts“ folgt im November
2004.
43
Auf einer Tagung zum Thema „Frauen Körper Gesundheit Schönheit“ im
Herbst 2003 standen aus medizinischer, soziologischer, künstlerischer und
theologischer Sicht Körper- und Selbstwahrnehmung, der Umgang mit dem
eigenen Körper und der herrschende Körperkult in seiner Beziehung zur Gesundheit von Frauen im Mittelpunkt. Die dabei demonstrierte interdisziplinäre Zusammenarbeit ist unabdingbar angesichts der vielfältigen Einflüsse
auf die weibliche Gesundheit.
Das neue Psychiatriegutachten für die Landeshauptstadt Kiel bescheinigt
den Kieler Frauen-Fachberatungsstellen, qualitativ auf einem sehr hohen
Niveau zu arbeiten. In dem Gutachten wird die Stadt Kiel mit Nachdruck
aufgefordert, dieses Angebot zu erhalten. Auch soll mit der Arbeit der
Frauenbeauftragten dazu beigetragen werden, die Qualität der Einrichtungen deutlich zu machen, Fachwissen – im Sinne des Gender Mainstreaming
– weiter in die Öffentlichkeit zu tragen und damit langfristig eine bessere
Gesundheitsversorgung für Frauen zu sichern.
2g
Migration
Deutschkurse für ausländische Mitbürgerinnen
Karin Moltzen, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Barsbüttel
Notwendigkeit und Ziele des Projektes
Die Sprachförderung der Migrantinnen ist der wichtigste Schritt, um ihre
Integration zu ermöglichen. Für Erwachsene und insbesondere für Migrantinnen sind mangelnde Sprachkenntnisse oft Hindernisse für eine berufliche
und gesellschaftliche Integration.
Mit dem Projekt „Deutschkurse für ausländische Mitbürgerinnen“, das seit
November 2000 in Barsbüttel existiert, werden die Voraussetzungen geschaffen, um derzeit 30 Migrantinnen aus neun verschiedenen Nationen
mit ihren Kleinkindern in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Für
Migrantinnen mit Kindern ist es
wichtig, die Sprache des Landes,
in dem sie leben, zu sprechen und
zu verstehen, um den alltäglichen
Erfordernissen gerecht zu werden.
Sie müssen ihren Kindern bei
den Schulaufgaben helfen, dem
Elternabend folgen und die Zeugnisse lesen können.
44
Mit diesem Projekt ist aber auch den deutschen Frauen in Barsbüttel die
Möglichkeit gegeben, sich mit der Thematik „Migration“ und den damit verbundenen Problemen auseinanderzusetzen, zu diskutieren und politische
Standpunkte zu entwickeln. So sind in diesem Projekt sechs ehrenamtlich
tätige Frauen eingebunden. Sie übernehmen den Unterricht und die Kinderbetreuung und haben darüber hinaus für sich selbst ein aktives Betätigungsfeld gefunden, das ihnen Freude, Spaß und Anerkennung bietet.
Zweimal wöchentlich erhalten die Migrantinnen die Möglichkeit, die deutsche Sprache im Unterricht zu erlernen. Für diejenigen, die über wenige
oder geringe Kenntnisse verfügen, wird ein Grundkurs angeboten. Hier stehen die Grammatik und die Konversation im Mittelpunkt. Aber auch auf Alltägliches, wie z. B. das Ausfüllen von Formularen, wird im Unterricht eingegangen. Teilnehmerinnen, die in ihrer Landessprache weder lesen noch
schreiben gelernt haben, können in einem Alphabetisierungskurs diese
Fähigkeiten erwerben.
Parallel zum Deutschunterricht werden die Kinder der Kursteilnehmerinnen
betreut. Dadurch werden die Kleinkinder schon sehr früh an die deutsche
Sprache herangeführt und sie lernen diese beim Spielen, Malen, Singen und
Basteln. So bekommen die Kinder Kontakt untereinander und machen gemeinsam erste Erfahrungen mit den Lebensgewohnheiten des Landes, in
dem sie leben. Die Kinder sind im Alter von einem bis zu vier Jahren. Beim
Wechsel in den Kindergarten hat sich gezeigt, dass sie sich auch Dank der
bis dahin erlernten Sprachkenntnis gut einleben.
Das Projekt hat seinen Standort in der Grundschule Barsbüttel. Sowohl die
Schulleitung als auch das Lehrerkollegium und der dort ansässige „Verein
feste Grundschulzeiten“ haben durch eine stets offene Haltung, Vergabe
von Räumen, Mithilfe bei der Kinderbetreuung, Verleihung von Schulmaterialien etc. zum Erfolg des Projektes beigetragen.
45
2h
Kultur
Die Lauenburger Frauenschreibwerkstatt
Friederike Betge, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Lauenburg
Am 8. Mai 2000 – zum 55. Jahrestag des Kriegsendes – brachte die Lauenburger Gleichstellungsbeauftragte eine Broschüre mit dem Titel „1945 –
Lauenburger Frauen erzählen ihre Geschichte“ heraus.
Dort kommen zehn Frauen zu Wort, die in Lauenburg als Flüchtling oder
Einheimische das Kriegsende erlebt haben. Sieben der Berichte kamen
durch Tonbandinterviews zustande, die mit den Frauen geführt wurden,
die übrigen drei lagen bereits in Schriftform vor.
Die Vorstellung der Dokumentation mit Lesungen
durch die Autorinnen fand im Anschluss an die öffentliche
Kranzniederlegung zum Anti-Kriegstag vor mehr als 50 interessierten
Männern und Frauen im Lauenburger Schloss statt.
Nachdem die Broschüre in der Kleinstadt Lauenburg ein großer Erfolg wurde (mittlerweile sind mit der 2. Auflage fast 1000 Exemplare verkauft), wandelten sich bei einem Teil der Interviewten die Zweifel am Interesse an ihrer
Geschichte („Das haben doch alle erlebt, das interessiert doch niemanden“)
in das Bedürfnis, vertiefend in die eigene Biografie einzusteigen. So entstand die Idee, den Frauen in einer Wochenend-Schreibwerkstatt diese
Möglichkeit zu eröffnen. Unter Anleitung der Dramaturgin Heike Schmidt
aus Lüneburg wurde sodann im Herbst 2000 im historischen Ambiente des
Lauenburger Magistratssaales – mit herrlichem Blick über die Elbe – in der
Schreibwerkstatt gearbeitet. Vielleicht lag es mit an dieser reizvollen Umgebung, dass ein fester Kern dieser Gruppe seitdem in etwa monatlichem
Abstand zum Schreiben zusammen kommt. Weitere Frauen sind hinzugekommen und für alle Teilnehmerinnen ist die Frauenschreibwerkstatt ein
wichtiger Bestandteil ihres Lebens geworden.
Im Juni 2002 wurde in Anwesenheit von Frauenministerin Anne Lütkes im
Alten Kaufmannshaus in der Lauenburger Unterstadt das erste „Druckerzeugnis“ der Frauenschreibwerkstatt „Großmutter – Mutter – Tochter. Eine
Spurensuche“ vorgestellt, das ist inzwischen viele hundert Male verkauft
wurden.
Neben der Arbeit an einer neuen Textsammlung zum Thema „Kindheit,
Schule, Berufsausbildung“ gibt es für die Schreibwerkstatt immer wieder
Möglichkeiten, öffentlich aus dem Verfassten zu lesen, etwa auf dem historischen Raddampfer „Kaiser Wilhelm“ anlässlich eines Städtepartnertreffens mit Delegierten aus Belgien, Frankreich und Polen im August 2003.
Auch die Begegnungen zwischen Jung und Alt, etwa mit Schülerinnen der
AWO-Altenpflegeschule oder im Rahmen einer Projektwoche der Integrierten Gesamtschule Geesthacht sind Gelegenheiten, gelebte Geschichte zu
vermitteln.
Selbstbewusst und selbstverständlich erzählen die Frauen beeindruckende
Details aus ihrem Leben. Die literarische Qualität der Erzählungen spricht
an. Die Frauen scheuen sich auch nicht, Tabu-Themen – etwa das eigene
Verhältnis zum Nationalsozialismus – ohne Schönfärberei in ihre Schilderungen einzubeziehen.
Die Schreibwerkstatt findet unregelmäßig einmal im Monat, samstags von
11.00 Uhr bis 18.00 Uhr, im Lauenburger Schloss statt. Die Leitung hat
nach dem Wegzug Heike Schmidts inzwischen die Gleichstellungsbeauftragte als „gelernte“ Germanistin und Historikerin übernommen. Die
Gruppe ist für Neueinsteigerinnen offen.
Neben Übungen zum kreativen Schreiben ist das übergreifende Thema
nach wie vor die eigene Biografie. Dabei steht zwar die schriftliche Form im
Vordergrund, es ist jedoch auch viel Bedarf für Gespräche vorhanden; vieles
kann nur in der vertrauensvollen Umgebung dieser Frauengruppe ausgesprochen werden. So dienen das Schreiben und das kritische Besprechen
der Texte für die Autorinnen auch dem Aufarbeiten des eigenen Lebensschicksals und dem Reflektieren über die gesellschaftliche Einbindung.
46
47
Auszüge aus der Kommunalverfassung
§ 2 Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein (GO)
vom 28. Februar 2003 (GVOBl. Schl.-H. 2003 S. 57)
§ 2 Selbstverwaltungsaufgaben
(1) …
(2) …
(4) Verstößt eine Maßnahme, die der Entscheidung der Bürgermeisterin
oder des Bürgermeisters obliegt, nach Auffassung der Gleichstellungsbeauftragten gegen §§ 3 bis 8, 12, 13, 15 Abs. 1 oder 16 des Gleichstellungsgesetzes vom 13. September 1994 (GVOBI. Schl.-H. S. 562), Zuständigkeiten und Ressortbezeichnungen ersetzt durch Verordnung vom
13. Februar 2001 (GVOBI. Schl.-H. S. 34), kann sie schriftlich unter Darlegung der Gründe binnen drei Werktagen Widerspruch erheben. Hält die
Bürgermeisterin oder der Bürgermeister den Widerspruch für begründet,
hilft sie oder er ihm ab. Anderenfalls hat sie oder er die Gemeindevertretung, in hauptamtlich verwalteten Gemeinden den Hauptausschuss, zu
unterrichten. Die Unterrichtung erfolgt unter Beifügung des Widerspruchs
der Gleichstellungsbeauftragten und der Nichtabhilfeentscheidung. Die
Bürgermeisterin oder der Bürgermeister kann die Maßnahme frühestens
zehn Werktage nach erfolgter Unterrichtung ausführen.
48
(5) …
3
§ 2 Kreisordnung für Schleswig-Holstein (KrO) vom 28. Februar 2003
(GVOBl. Schl.-H. 2003 S. 94)
§ 2 Selbstverwaltungsaufgaben
(1) …
(2) …
Auszüge
(3) Zur Verwirklichung des Grundrechts der Gleichberechtigung von Mann
und Frau haben die Gemeinden mit eigener Verwaltung Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. Die Gleichstellungsbeauftragte ist in Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern grundsätzlich
hauptamtlich tätig; das Nähere regelt die Hauptsatzung. Die Hauptsatzung soll im Übrigen bestimmen, dass die Gleichstellungsbeauftragte in
Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig ist und an den Sitzungen der Gemeindevertretung und der Ausschüsse teilnehmen kann. Ihr ist in Angelegenheiten ihres Aufgabenbereichs auf Wunsch das Wort zu erteilen.
Die Gleichstellungsbeauftragte wird von der Gemeindevertretung bestellt. Die Bestellung zur Gleichstellungsbeauftragten kann aus Gründen,
die in der Person oder in dem Verhalten der Gleichstellungsbeauftragten
liegen, oder wegen dringender dienstlicher Erfordernisse mit der Zustimmung der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Gemeindevertreterinnen
und -vertreter oder in entsprechender Anwendung des § 626 BGB widerrufen werden.
Dringende Maßnahmen kann die Bürgermeisterin oder der
Bürgermeister sofort ausführen. Die Gründe dafür sind der
Gemeindevertretung, in hauptamtlich verwalteten Gemeinden
dem Hauptausschuss, mitzuteilen.
(3) Zur Verwirklichung des Grundrechts der Gleichberechtigung von Mann
und Frau haben die Kreise Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. Die
Gleichstellungsbeauftragte ist hauptamtlich tätig; das Nähere regelt die
Hauptsatzung. Die Hauptsatzung soll im Übrigen bestimmen, dass die
Gleichstellungsbeauftragte in Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig ist
und an den Sitzungen des Kreistags und der Ausschüsse teilnehmen
kann. Ihr ist in Angelegenheiten ihres Aufgabenbereichs auf Wunsch
das Wort zu erteilen. Die Gleichstellungsbeauftragte wird vom Kreistag
bestellt. Die Bestellung zur Gleichstellungsbeauftragten kann aus
Gründen, die in der Person oder in dem Verhalten der Gleichstellungsbeauftragten liegen, oder wegen dringender dienstlicher Erfordernisse
mit der Zustimmung der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Kreistagsabgeordneten oder in entsprechender Anwendung des § 626 BGB
widerrufen werden.
(4) Verstößt eine Maßnahme, die der Entscheidung der Landrätin oder des
Landrats obliegt, nach Auffassung der Gleichstellungsbeauftragten
gegen §§ 3 bis 8, 12, 13, 15 Abs. 1 oder 16 des Gleichstellungsgesetzes,
kann sie schriftlich unter Darlegung der Gründe binnen drei Werktagen
Widerspruch erheben. Hält die Landrätin oder der Landrat den Widerspruch für begründet, hilft sie oder er ihm ab. Anderenfalls hat sie oder
er den Hauptausschuss zu unterrichten. Die Unterrichtung erfolgt unter
Beifügung des Widerspruchs der Gleichstellungsbeauftragten und der
Nichtabhilfeentscheidung. Die Landrätin oder der Landrat kann die Maßnahme frühestens zehn Werktage nach erfolgter Unterrichtung ausführen. Dringende Maßnahmen kann die Landrätin oder der Landrat sofort
ausführen. Die Gründe dafür sind dem Hauptausschuss mitzuteilen.
49
§ 22 a Amtsordnung für Schleswig-Holstein (AO) vom 28. Februar 2003
(GVOBl. Schl.-H. 2003 S. 112)
§ 22 a Gleichstellungsbeauftragte
(2) Verstößt eine Maßnahme, die der Entscheidung der leitenden Verwaltungsbeamtin oder des leitenden Verwaltungsbeamten obliegt, nach
Auffassung der Gleichstellungsbeauftragten gegen §§ 3 bis 8, 12, 13, 15
Abs. 1 oder 16 des Gleichstellungsgesetzes vom 13. September 1994
(GVOBl. Schl.-H. S. 562), Zuständigkeiten und Ressortbezeichnungen ersetzt durch Verordnung vom 13. Februar 2001 (GVOBl. Schl.-H. S. 34),
kann sie schriftlich unter Darlegung der Gründe binnen drei Tagen Widerspruch erheben. Hält die leitende Verwaltungsbeamtin oder der leitende
Verwaltungsbeamte den Widerspruch für begründet, hilft sie oder er ihm
ab. Anderenfalls hat sie oder er den Amtsausschuss zu unterrichten.
Die Unterrichtung erfolgt unter Beifügung des Widerspruchs der Gleichstellungsbeauftragten und der Nichtabhilfeentscheidung. Die leitende
Verwaltungsbeamtin oder der leitende Verwaltungsbeamte kann die
Maßnahme frühestens zehn Werktage nach erfolgter Unterrichtung
ausführen. Dringende Maßnahmen kann die leitende Verwaltungsbeamtin oder der leitende Verwaltungsbeamte sofort ausführen. Die
Gründe dafür sind dem Amtsausschuss mitzuteilen.
(3) Die Verpflichtung des Amtes zur Bestellung einer Gleichstellungsbeauftragten nach Absatz 1 geht in den Fällen des § 1 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 auf
die geschäftsführende Gemeinde über. Die Gleichstellungsbeauftragte
50
(4) Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt in den Fällen des § 1 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 entsprechend. Die Gleichstellungsbeauftragte ist in diesen Fällen grundsätzlich hauptamtlich tätig, wenn die Gesamtzahl der Einwohnerinnen und
Einwohner der an der Verwaltungsgemeinschaft Beteiligten 10.000 übersteigt. § 19 a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 des Gesetzes über kommunale
Zusammenarbeit findet keine Anwendung.
Auszüge
Auszüge
(1) Zur Verwirklichung des Grundrechts der Gleichberechtigung von Mann
und Frau haben die Ämter Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. Die
Gleichstellungsbeauftragte ist in Ämtern mit mehr als 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern grundsätzlich hauptamtlich tätig; das Nähere
regelt die Hauptsatzung. Die Hauptsatzung soll im Übrigen bestimmen,
dass die Gleichstellungsbeauftragte in Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig ist und an den Sitzungen des Amtsausschusses und der Ausschüsse
teilnehmen kann. Ihr ist in Angelegenheiten ihres Aufgabenbereichs auf
Wunsch das Wort zu erteilen. Die Gleichstellungsbeauftragte wird vom
Amtsausschuss bestellt. Die Bestellung zur Gleichstellungsbeauftragten
kann aus Gründen, die in der Person oder in dem Verhalten der Gleichstellungsbeauftragten liegen, oder wegen dringender dienstlicher Erfordernisse mit der Zustimmung der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der
Mitglieder des Amtsausschusses oder in entsprechender Anwendung
des § 626 BGB widerrufen werden.
der geschäftsführenden Gemeinde hat die Rechte einer Gleichstellungsbeauftragten des Amtes. § 23 Abs. 1 Satz 1 findet keine Anwendung.
(5) Die Hauptsatzungen der amtsangehörigen Gemeinden sollen bestimmen,
dass die Gleichstellungsbeauftragte an den Sitzungen der Gemeindevertretungen und der Ausschüsse dieser Gemeinden teilnehmen kann. Ihr
ist dort in Angelegenheiten ihres Aufgabenbereichs auf Wunsch das
Wort zu erteilen.
Auszug aus dem Erlass des schleswig-holsteinischen Innenministers
vom 26.08.1991 an alle Landräte als Kommunalaufsichtsbehörden
über die Genehmigung von Hauptsatzungsregelungen über Gleichstellungsbeauftragte (Landräteerlass)
Im Einvernehmen mit der Frauenministerin des Landes Schleswig-Holstein
gebe ich nachstehend einige Hinweise zur rechtlichen Beurteilung von
Hauptsatzungsregelungen über Gleichstellungsbeauftragte, nach denen ich
bei der Genehmigung von Hauptsatzungen der Ihrer Aufsicht unterstehenden Gemeinden und Ämter zu verfahren bitte. Soweit eine nach diesen Hinweisen unzulässige Hauptsatzungsregelung bereits genehmigt worden ist
oder eine zulässige Regelung nicht genehmigt wurde, bitte ich, die Genehmigung bzw. die Versagung der Genehmigung zurückzunehmen.
(…)
1. Verweigerung einer Regelung über die Gleichstellungsbeauftragte
Von der gesetzlichen Verpflichtung, in Gemeinden und Ämtern mit eigener Verwaltung Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen und darüber
Regelungen in der Hauptsatzung zu treffen, ist keine Ausnahme zugelassen. Die Verpflichtung entfällt auch nicht dadurch, dass verschiedene
Gemeinden gegen § 2 Abs. 3 GO Verfassungsbeschwerde erhoben
haben. Gemeinden und Ämter, die bisher davon abgesehen haben, in
ihrer Hauptsatzung Regelungen über die Gleichstellungsbeauftragte aufzunehmen, obwohl sie hierzu verpflichtet wären, sind baldmöglichst und
unter Setzung einer Frist von zwei Monaten aufzufordern, entsprechende Hauptsatzungsregelungen vorzulegen. Dies gilt auch für die Fälle, in
51
2. Teilzeitbeschäftigung
Wie ich in den durch Runderlass vom 28.06.1990 (Amtsblatt S. 389) veröffentlichten Satzungsmustern zum Ausdruck gebracht habe, spricht in
den Gemeinden und Ämtern mit deutlich mehr als 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern (die Grenze ist hier bei etwa 12 000 Einwohnerinnen und Einwohnern zu ziehen) eine grundsätzliche Vermutung dafür,
dass die Gleichstellungsbeauftragte in kommunalen Körperschaften dieser Größenordnung mit Gleichstellungsaufgaben voll ausgelastet ist. Die
Frage, in welchem zeitlichen Umfang eine Gleichstellungsbeauftragte
beschäftigt wird, muss sich jedoch letztlich nach dem tatsächlichen Umfang der Gleichstellungsaufgaben richten. Eine Teilzeitbeschäftigung ist
daher in den Fällen rechtlich vertretbar, in denen besondere Gründe eine
Abweichung von der Regel rechtfertigen. Ob solche Gründe vorliegen,
kann zunächst nur aufgrund der Kenntnis der Verhältnisse vor Ort entschieden werden.
Wenn deshalb eine Vertretungskörperschaft zu dem Ergebnis kommt,
dass nach der besonderen Aufgabensituation eine Teilzeitbeschäftigung
vertretbar ist, so handelt es sich dabei um eine von den Aufsichtsbehörden zu respektierende Selbstverwaltungsentscheidung. Es wird in diesen
Fällen darauf ankommen, ob die Gleichstellungsbeauftragte in der Lage
ist, ihre Aufgaben im Rahmen der Teilzeitbeschäftigung ordnungsmäßig
zu erfüllen. Die Gleichstellungsbeauftragte kann ggf. verlangen, dass ihre
Wochenstundenzahl zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung erhöht werden muss.
Bei der Genehmigung der Hauptsatzungen ist wie folgt zu verfahren:
• Legt eine kommunale Körperschaft, die zur Bestellung einer hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten verpflichtet ist, eine Hauptsatzung
vor, in der eine Teilzeitbeschäftigung vorgesehen ist, so ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sich aus der Sitzungsniederschrift oder aus
anderen Unterlagen ergibt, dass die Vertretungskörperschaft sich unter
Berücksichtigung besonderer Gründe für eine Teilzeitbeschäftigung
entschieden hat. Fehlt ein Hinweis darauf, ob die Frage einer möglichen Vollzeitbeschäftigung überhaupt Gegenstand der Beratung in
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der Vertretungskörperschaft war, so ist die Genehmigung zu versagen.
Das gilt auch für die Fälle, in denen die wöchentliche Arbeitszeit offensichtlich zu niedrig bemessen ist.
• Enthält die Hauptsatzung nur die Bestimmung, dass die Gleichstellungsbeauftragte hauptamtlich tätig ist, so ist die Genehmigung zu
erteilen. Die kommunale Körperschaft ist im Begleitschreiben darauf
hinzuweisen, dass eine Teilzeitbeschäftigung nur beim Vorliegen
besonderer Gründe und unter Beachtung des Grundsatzes zulässig ist,
dass eine ordnungsmäßige Aufgabenerfüllung möglich sein muss.
Auszüge
Auszüge
denen Hauptsatzungsänderungen zur Genehmigung vorliegen, die noch
keine Regelungen über die Gleichstellungsbeauftragte enthalten. Die
genehmigungsfähigen Teile dieser Hauptsatzungen können allerdings
bereits im Vorwege genehmigt werden. Von der Androhung kommunalaufsichtsbehördlicher Maßnahmen ist zunächst abzusehen. Über das
weitere Verfahren werde ich entscheiden, sobald ich aufgrund der mir
vorzulegenden Sachstandsberichte einen Überblick über die Gesamtsituation gewonnen habe.
3. Übertragung anderer Aufgaben
Die Satzungsmuster für Hauptsatzungen der hauptamtlich verwalteten
Gemeinden und Ämter sehen vor, dass der Gleichstellungsbeauftragten
in bestimmten Fällen anderweitige dienstliche oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen nicht übertragen werden dürfen. Die Satzungsmuster geben
insoweit den § 2 Abs. 3 GO zugrunde liegenden gesetzgeberischen
Willen wieder und sollten daher grundsätzlich bei der Formulierung der
Hauptsatzungen berücksichtigt werden.
In den Fällen, in denen Hauptsatzungen abweichend von den Satzungsmustern die Übertragung anderweitiger Funktionen zulassen, sind folgende Hinweise zu beachten:
Für die Übertragung anderer Funktionen gilt grundsätzlich dasselbe wie
für die Teilzeitbeschäftigung. Die Vertretungskörperschaft entscheidet
nach dem tatsächlich vorhandenen und zu erwartenden Aufgabenumfang zunächst in eigener Verantwortung darüber, ob der Gleichstellungsbeauftragten unter Berücksichtigung besonderer Gründe zusätzliche
Funktionen übertragen werden können. Die kommunalaufsichtsbehördliche Prüfung erfolgt in diesen Fallen entsprechend Ziffer 2, 1. und 2.
Spiegelstrich. Darüber hinaus erstreckt sich die kommunalaufsichtsbehördliche Prüfung in Fällen der Übertragung zusätzlicher Aufgaben darauf, ob die Unabhängigkeit der Gleichstellungsbeauftragten noch gewahrt bleibt. Sind in der Hauptsatzung konkrete Funktionen bezeichnet,
ist die Zulässigkeit der Übertragung unter diesem Gesichtspunkt zu verneinen, wenn eine klare Abgrenzung zu den gesetzlichen Aufgaben der
Gleichstellungsbeauftragten dadurch erschwert oder unmöglich wird.
Dies würde z. B. für die Übertragung der Aufgaben einer Familien- oder
Kinderbeauftragten gelten. Bei dieser Aufgabenkonstellation sind Konflikte hinsichtlich der Weisungsunabhängigkeit vorprogrammiert, da im Einzelfall strittig sein kann, in welcher Eigenschaft die Gleichstellungsbeauftragte tätig wird.
Enthält die Hauptsatzung lediglich die Formulierung, dass der Gleichstellungsbeauftragten „anderweitige“ Aufgaben übertragen werden können,
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4. Ehrenamtlichkeit
Grundsätzlich gelten hier zunächst die Empfehlungen des Satzungsmusters. Im Zweifelsfall ist für die Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit der Bestellung von ehrenamtlichen Gleichstellungsbeauftragten zu
berücksichtigen, dass die in § 2 Abs. 3 Satz 2 GO gewählte Formulierung
begründete Ausnahmen von dem Grundsatz der Hauptamtlichkeit in Gemeinden und Ämtern mit mehr als 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern nicht ausschließt. Bestehen Zweifel, ob die für eine ehrenamtliche
Bestellung vorgetragenen Gründe ausreichen, so empfehle ich, meine
Stellungnahme einzuholen. Bei unzureichender Begründung ist eine
möglicherweise vorgesehene ehrenamtliche Bestellung bei der Genehmigung der Hauptsatzung im Wege einer Maßgabe durch eine hauptamtliche Bestellung zu ersetzen. Es bleibt der kommunalen Körperschaft in
diesen Fällen unbenommen, aufgrund der so geänderten Hauptsatzungsregelung eine teilzeitbeschäftigte Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen, wenn dies nach dem Aufgabenumfang vertretbar ist (vgl. Nr. 2).
5. Unterstellungsverhältnis
Hauptsatzungsregelungen, die vorsehen, dass die Gleichstellungsbeauftragte der Vertretungskörperschaft unmittelbar unterstellt sein soll, verstoßen gegen die gemäß § 2 Abs. 3 Satz 3 GO in der Hauptsatzung festzulegende Weisungsunabhängigkeit der Gleichstellungsbeauftragten. Die
Gleichstellungsbeauftragte ist organisatorisch und dienstrechtlich Teil der
Gemeinde- bzw. Amtsverwaltung. Amtsleiterinnen und Amtsleiter oder
andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeinde- / Amtsverwaltung
können jedoch nicht durch Beschluss der Vertretungskörperschaft dieser
unterstellt werden. Hätte der Gesetzgeber diese Möglichkeit eröffnen
wollen, so wäre hierfür eine spezialgesetzliche Regelung in Anlehnung
an die für das Rechnungsprüfungsamt bestehende Vorschrift des § 115
Abs. 1 Satz 1 GO erforderlich gewesen.
Wegen ihrer Weisungsunabhängigkeit kann die Gleichstellungsbeauftragte durch die Hauptsatzung auch nicht der Bürgermeisterin oder
dem Bürgermeister bzw. der Amtsvorsteherin oder dem Amtsvorsteher
„unterstellt“ werden. Keine Bedenken bestehen jedoch gegen eine
Hauptsatzungsregelung, wonach die Gleichstellungsbeauftragte der
Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister bzw. der Amtsvorsteherin oder
dem Amtsvorsteher „zugeordnet“ wird, da durch diese Wortwahl lediglich zum Ausdruck gebracht wird, dass eine Einordnung der Gleichstel54
lungsbeauftragten in die bestehenden Ämter der Verwaltung nicht beabsichtigt ist. Eine solche Entscheidung der Vertretungskörperschaft halte
ich gemäß § 2 Abs. 3 Satz 3 GO für zulässig, da sie der Weisungsunabhängigkeit der Gleichstellungsbeauftragten dient.
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so ist die kommunale Körperschaft im Begleitschreiben zur Genehmigung darauf hinzuweisen, dass der gesetzliche Arbeitsauftrag und die
Unabhängigkeit der Gleichstellungsbeauftragten durch die Übertragung
der zusätzlichen Funktionen nicht beeinträchtigt werden dürfen.
6. Einbringung eigener Beschlussvorlagen
Die Rechte der Gleichstellungsbeauftragten in den Sitzungen der Vertretungskörperschaft und der Ausschüsse beschränken sich auf die Teilnahme sowie darauf, in Angelegenheiten ihres Aufgabenbereiches auf
Wunsch das Wort zu erhalten. Das Recht, an den Sitzungen teilzunehmen, bedeutet, dass die Gleichstellungsbeauftragte in den Sitzungen
anwesend sein und den Sitzungsverlauf verfolgen kann. Das Recht, auf
Wunsch das Wort zu erhalten, bedeutet, dass die Gleichstellungsbeauftragte bei der oder dem Vorsitzenden einen Wortbeitrag zur Rednerliste anmelden kann und ihr Wortbeitrag im Rahmen der normalen Abwicklung der Rednerliste zu berücksichtigen ist. Weitergehende Rechte
können auch nicht aus der Weisungsungebundenheit der Gleichstellungsbeauftragten abgeleitet werden. Insbesondere folgt daraus nicht
das Recht, eigene Anträge und Beschlussvorlagen in die Vertretungskörperschaft und die Ausschüsse einzubringen. Die Gleichstellungsbeauftragte unterliegt insoweit den allgemeinen Regeln des kommunalen Verfassungsrechts, d. h., dass sie Anträge oder Beschlussvorlagen nur an
die Bürgermeisterin oder den Bürgermeister bzw. an die Amtsvorsteherin oder den Amtsvorsteher mit der Bitte richten kann, die Anträge an die
zu ständigen Gremien weiterzuleiten.
7. Akteneinsichtsrecht
Soweit der Gleichstellungsbeauftragten durch die Hauptsatzung ein uneingeschränktes Akteneinsichtsrecht eingeräumt werden soll, ist dieses
durch Maßgabe zu streichen. Der kommunalen Körperschaft sind folgende Hinweise zum Umfang des Akteneinsichtsrechts der Gleichstellungsbeauftragten zu geben:
• Das Recht auf Einsichtnahme in nicht besonders geschützte Akten
ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu gewähren, d. h., die
Gleichstellungsbeauftragte hat im Rahmen ihrer Zuständigkeit ein
Akteneinsichtsrecht, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.
• Soweit es sich um Personalakten handelt, kann der Gleichstellungsbeauftragten im Einzelfall Einsichtnahme in die Teile der Akte gewährt
werden, die für die Entscheidungsfindung maßgeblich sind, wenn dies
zur Beurteilung des Falles erforderlich ist.
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10. Beratung von Männern
Die Hauptsatzungen enthalten regelmäßig und in Anlehnung an das Satzungsmuster einen Katalog von Aufgaben, die der Gleichstellungsbeauftragten „insbesondere“ obliegen. Soweit in diesen Aufgabenkatalog die
Beratung von Männern bzw. Durchführung regelmäßiger Sprechstunden
für Männer aufgenommen wird, ist diese Aufgabe durch Maßgabe zu
streichen. Eine Beratungstätigkeit gegenüber Männern gehört nicht zu
dem in der Hauptsatzung zu regelnden Kernbereich der Aufgaben einer
Gleichstellungsbeauftragten.
11. Ausschluss von der Teilnahme an nichtöffentlichen Sitzungen
Gegen eine Hauptsatzungsregelung, die vorsieht, dass die Gleichstellungsbeauftragte von der Teilnahme an nichtöffentlichen Sitzungen im
Einzelfall bei Vorliegen der allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen
für einen Ausschluss der Öffentlichkeit mit Zweidrittelmehrheit ausgeschlossen werden kann, bestehen keine rechtlichen Bedenken. Nach § 2
Abs. 3 GO soll die Hauptsatzung bestimmen, dass die Gleichstellungsbeauftragte an den Sitzungen der Vertretungskörperschaft und der Ausschüsse teilnehmen kann. Die Sollvorschrift lässt Ausnahmen in begründeten Einzelfällen zu. Um einen solchen Einzelfall bezogene Einschränkung handelt es sich im vorliegenden Fall.
12. Berichtspflicht
Soweit die Hauptsatzung gemäß § 2 Abs. 3 GO bestimmen soll, dass die
Gleichstellungsbeauftragte in Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig ist,
gilt dies nicht nur für die Stellung der Gleichstellungsbeauftragten innerhalb der Verwaltung, sondern auch für das Verhältnis zur Vertretungskör56
perschaft und ihren Ausschüssen. Die Hauptsatzung kann daher nicht
bestimmen, dass die Gleichstellungsbeauftragte gegenüber der Vertretungskörperschaft oder den Ausschüssen allgemein berichts- oder
rechenschaftspflichtig ist. Grundsätzlich entscheidet die Gleichstellungsbeauftragte selbst darüber, ob, wann und wem gegenüber sie es für richtig hält, über ihre Tätigkeit zu berichten. Die Vertretungskörperschaft ist
allerdings berechtigt, einen jährlichen Tätigkeitsbericht von der Gleichstellungsbeauftragten zu verlangen. Solche Berichte stellen ein auch im
Interesse der Gleichstellungsbeauftragten liegendes Korrelat zu ihrer unabhängigen Stellung dar. Die Gleichstellungsbeauftragte hat besonders
stark ausgeprägte Bezugspunkte zur Vertretungskörperschaft, da sie nur
von dieser abberufen werden kann. Es ist daher konsequent, wenn die
zur Abberufung berechtigte Stelle sich ein Bild von der Tätigkeit der
Gleichstellungsbeauftragten macht. Die Gleichstellungsbeauftragte ihrerseits erhält durch die Vorlage eines Tätigkeitsberichts an die Vertretungskörperschaft und die Erörterung des Berichts in diesem Gremium eine
besondere Möglichkeit, ihre Arbeit und die eventuell von ihr aufgedeckten Mängel in der Öffentlichkeit darzustellen.
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9. Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten
Vertretungskörperschaften können im Rahmen der Hauptsatzung bestimmen, dass ihre eigenen Entscheidungen und die Entscheidungen der
Ausschüsse bei nicht ausreichender Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten (z. B. wenn eine solche von dieser geltend gemacht wird) auszusetzen sind.
Nicht genehmigungsfähig sind Regelungen, nach denen Entscheidungen
des Magistrats, der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters, der Amtsvorsteherin oder des Amtsvorstehers oder „der Verwaltung“ nicht durchgeführt werden dürfen, wenn die Gleichstellungsbeauftragte sich für
nicht ausreichend beteiligt erklärt. Die Vertretungskörperschaft ist nicht
berechtigt, in dieser Weise in den Verwaltungsablauf einzugreifen. Eine
entsprechende Selbstbindung können sich nur der Magistrat, die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister bzw. die Amtsvorsteherin oder der
Amtsvorsteher auferlegen.
Nicht genehmigungsfähig sind Hauptsatzungsregelungen, die mehr als
einen Tätigkeitsbericht im Jahr vorsehen.
13. Verpflichtung zur Sitzungsteilnahme
Zur Weisungsungebundenheit der Gleichstellungsbeauftragten gehört
auch das Recht, über eine Sitzungsteilnahme frei zu entscheiden. Soweit die Hauptsatzung eine Verpflichtung zur Teilnahme an Sitzungen
der Vertretungskörperschaft und der Ausschüsse vorsieht, sind solche
Regelungen nicht genehmigungsfähig.
14. Befristete Bestellung
Der Unabhängigkeit der Gleichstellungsbeauftragten dient die Regelung
des § 2 Abs. 3 Satz 5 GO, wonach der Widerruf der Bestellung nur mit
absoluter Mehrheit der Vertretungskörperschaft beschlossen werden
kann, wenn nicht eine entsprechende Anwendung von § 626 BGB in
Betracht kommt. Der Gesetzgeber hat damit den Widerruf der Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten abschließend, und zwar in der
Weise geregelt, dass nach vollzogener Bestellung und einer vorher zeitlich nicht begrenzten Dauer der Tätigkeit ein Widerruf durch Einzelbeschluss der Vertretungskörperschaft erfolgen kann. Hauptsatzungsregelungen, die eine Befristung der Bestellung für die Dauer der Wahl der
Vertretungskörperschaft oder in anderer Weise vorsehen, stellen demgegenüber im Ergebnis einen weder vom Wortlaut zugelassenen noch
von der Zielrichtung des Gesetzes gewollten vorgezogenen Widerruf der
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Bestellung dar, der mit der Unabhängigkeit der Gleichstellungsbeauftragten nicht zu vereinbaren ist.
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15. Öffentlichkeitsarbeit
Es sind Hauptsatzungsregelungen bekannt geworden, die in Abweichung
von dem Satzungsmuster nicht den Passus enthalten, dass die Gleichstellungsbeauftragte in ihrem Aufgabenbereich eigene Öffentlichkeitsarbeit betreiben kann. Es ist nicht erforderlich, die Hauptsatzung in diesen
Fällen durch Maßgabe zu ergänzen. Das Recht der Gleichstellungsbeauftragten, eigene Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, ergibt sich unmittelbar aus ihrer unabhängigen Stellung. Die amtliche Begründung zum
Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des kommunalen Verfassungsrechts (Landtags-Drs. 12/592 vom 28.11.1989) führt hierzu aus:
„Die völlige Weisungsungebundenheit garantiert der Gleichstellungsbeauftragten eine effektive Ausgestaltung ihrer Tätigkeit. Dazu gehört,
dass sie eine eigene Öffentlichkeitsarbeit in ihren Angelegenheiten betreiben kann.“ Der Gleichstellungsbeauftragten steht daher auch ohne
besondere Regelung in der Hauptsatzung das Recht auf eigene Öffentlichkeitsarbeit zu. Falls dabei Kosten entstehen, müssen sie sich im
Rahmen der dafür bereitgestellten Haushaltsmittel bewegen.
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Sprecherinnen der Landesarbeitsgemeinschaft der hauptamtlichen
kommunalen Gleichstellungsbeauftragten (Stand: 01.07.2004)
Beate Mönkedieck
Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bad Segeberg
Lübecker Straße 9
23795 Bad Segeberg
Tel.: 0 45 51/964-104
Fax: 0 45 51/964-111
beate.moenkedieck@badsegeberg.de
Margot Wilke
Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Dithmarschen
Stettiner Straße 30
25746 Heide
Tel.: 04 81/971-547
Fax: 04 81/971-587
gleichstellungsstelle@dithmarschen.de
Hannelore Salzmann-Tohsche
Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Rendsburg-Eckernförde
Kaiserstraße 8
24768 Rendsburg
Tel.: 0 43 31/202-400
Fax: 0 43 31/202-463
gs@kreis-rendsburg-eckernfoerde.de
Gabriele Hoschek
Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Brunsbüttel
Postfach 11 80
25534 Brunsbüttel
Tel.: 0 48 52/391-221
Fax: 0 48 52/391-290
gleichstellungsstelle@stadt-brunsbuettel.de
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