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Ministerium für Justiz, Frauen, Jugend und Familie des Landes Schleswig-Holstein Die Gleichstellungsbeauftragten in Schleswig-Holstein hinsehen – aufgreifen – handeln Die Gleichstellungbeauftragten in Schleswig-Holstein hinsehen – aufgreifen – handeln Herausgeber: Ministerium für Justiz, Frauen, Jugend und Familie des Landes Schleswig-Holstein Theodor-Heuss-Ring 49 24113 Kiel Gestaltung: schmidtundweber Konzept-Design, Kiel Herstellung: Mecklenburg Druck, Raisdorf Auflage: 1.000, Oktober 2004 Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der schleswigholsteinischen Landesregierung herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Personen, die Wahlwerbung oder Wahlhilfe betreiben, im Wahlkampf zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf diese Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner Gruppen verstanden werden könnte. Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu verwenden. Das Ministerium im Internet: www.mjf.schleswig-holstein.de Frauenpolitik der Landesregierung im Internet: www.frauen.schleswig-holstein.de 2 3 Inhalt Grußworte Anne Lütkes, Ministerin für Justiz, Frauen, Jugend und Familie des Landes Schleswig-Holstein ................................................................... 8 Dr. Olaf Bastian, Landrat des Kreises Nordfriesland ................................... 9 Angelika Volquartz, Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt Kiel ........ 10 Dr. Brigitte Fronzek, Bürgermeisterin der Stadt Elmshorn ........................ 11 Der Auftrag der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten ................................................. 13 Britta Rudolph, Hannelore Salzmann-Tohsche, Maren Wichmann, Margot Wilke Beispiele erfolgreicher kommunaler Gleichstellungsarbeit ARBEIT UND EXISTENZSICHERUNG Das ExpertinnenNetzwerk Ahrensburg ..................................................... 19 Gabriele Fricke, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Ahrensburg Frauen-Laden-Projekt/Frauen (U)unternehmen was!? ............................... 20 Jutta Ohl, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Steinburg Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahme „Schlaraffenland“ ......... 21 Britta Rudolph, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Husum Frauenförderung und Personalentwicklung in der Stadtverwaltung Husum am Beispiel von Personalauswahlverfahren .............................................. 24 Britta Rudolph, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Husum „Frauenwirtschaftskraft – Nichts ist unmöglich“ Von der Informationsveranstaltung zum Gründerinnenstammtisch .......... 25 Hannelore Salzmann-Tohsche, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Rendsburg-Eckernförde Lübecker Markt der Frauen ....................................................................... 26 Elke Sasse, Frauenbüro der Hansestadt Lübeck 4 5 Qualifizierung bei Wiedereinstieg: Teilzeitausbildung in der Verwaltung ... 28 Christiane Wehrmann, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Elmshorn Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekt „Modernes Schreibbüro“ Bad Segeberg ............................................................................................ 29 Beate Mönkedieck, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bad Segeberg Girls’ Day – Mädchenzukunftstag 2002, 2003, 2004 ................................ 31 Margot Engel, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Wedel FRAUEN IM ÖFFENTLICHEN LEBEN Frau Macht Politik ..................................................................................... 32 Margot Wilke, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Ditmarschen Informationsbroschüre „Wegweiser für Frauen in Ostholstein“ .............. 33 Christine Ewers, Silke Meints, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Ostholstein GESCHLECHTERGERECHTE FAMILIENPOLITIK Projekt „Familienfreundliche Betriebe“ ..................................................... 34 Andrea Boyer, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Nordfriesland Geschlechtergerechte Erziehung in Kindertagesstätten/ „Papis in die Kitas – Männer können’s auch“ ........................................... 36 Karin Petersen-Nißen, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Schleswig STADTPLANUNG Sicherheit im öffentlichen Raum und Stadtplanung ................................. 37 Maren Wichmann, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Plön GEWALTPRÄVENTION Selbstbehauptung für Mädchen und Jungen – Qualifizierte Präventionsangebote in der Gemeinde Henstedt-Ulzburg .... 39 Annegret Horn, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Henstedt-Ulzburg GESUNDHEIT Gesundheit von Frauen als Thema der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten .......................................... 42 Annegret Bergmann, Frauenbeauftragte der Landeshauptstadt Kiel MIGRATION Deutsch-Kurse für ausländische Mitbürgerinnen ..................................... 44 Karin Moltzen, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Barsbüttel KULTUR Die Lauenburger Frauenschreibwerkstatt ................................................. 46 Friederike Betge, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Lauenburg Auszüge aus der Kommunalverfassung § 2 Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein (GO) vom 28. Februar 2003 (GVOBl. Schl.-H. 2003 S. 57) .............................................................................. 48 § 2 Kreisordnung für Schleswig-Holstein (KrO) vom 28. Februar 2003 (GVOBl. Schl.-H. 2003 S. 94) ..................................................................... 49 § 22 a Amtsordnung für Schleswig-Holstein (AO) vom 28. Februar 2003 (GVOBl. Schl.-H. 2003 S. 112) .............................................................. 50 Auszug aus dem Erlass des schleswig-holsteinischen Innenministers vom 26.08.1991 an alle Landräte als Kommunalaufsichtsbehörden über die Genehmigung von Hauptsatzungsregelungen über Gleichstellungsbeauftragte (Landräteerlass) ........................................................ 51 Sprecherinnen der Landesarbeitsgemeinschaft der hauptamtlichen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten (LAG) ..................................... 59 Gewaltprävention an Heider Schulen ....................................................... 41 Gabriela Petersen, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Heide 6 7 Grußworte Liebe Leserinnen und Leser, Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, ich freue mich, Ihnen heute mit dieser Broschüre einen Einblick in die kommunale Gleichstellungsarbeit in Schleswig-Holstein geben zu können. Diese Darstellung soll dazu beigetragen, das breite Spektrum der Tätigkeiten der Gleichstellungsbeauftragten in den einzelnen Kommunen und die damit verbundene Weiterentwicklung der Frauenpolitik im ganzen Land sichtbar zu machen. Gleichstellungsarbeit – Eine lästige Pflicht? Keinesfalls! Sowohl aus volkswirtschaftlicher, wie aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist Gleichstellungsarbeit eine notwendige Investition in die Zukunft. Anne Lütkes Ministerin für Justiz, Frauen, Jugend und Familie In Zeiten knappen Geldes wird die Arbeit und die Notwendigkeit von kommunalen Gleichstellungsbeauftragten immer wieder hinterfragt und nicht selten als verzichtbarer Luxus angesehen. Ohne ihren Einsatz gäbe es jedoch in vielen Kommunen weniger weibliche Beschäftigte, weniger Kinderbetreuung, weniger Verwaltungsmodernisierung und auch weniger Existenzgründungen. Gleichstellungsbeauftragte tragen dazu bei, dass Fraueninteressen bei kommunalpolitischen Entscheidungen berücksichtigt werden und Verwaltungen sensibler in Fragen der Gleichberechtigung handeln. Nicht zuletzt mit Hilfe der Gleichstellungsbeauftragten wird Kommunalpolitik bürgernäher und lebendiger. Wir müssen gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die Gleichstellungsbeauftragten auch in Zukunft ihre wichtige Arbeit fortsetzen können. Denn trotz aller Bemühungen des Gesetzgebers zur Gleichstellung der Geschlechter sind geltende Rechtslage und soziale Wirklichkeit noch nicht im Einklang. Daran muss auch weiterhin mit aller Kraft, mit Ideen und Mut gearbeitet werden. Dr. Olaf Bastian Landrat des Kreises Nordfriesland Da ist zum einen der bevorstehende demographische Wandel: Die Bevölkerungsgruppe der 65- bis 75-jährigen wird in den nächsten 10 Jahren um fast 1/3 ansteigen. Arbeitskräfte werden knapp werden. Schon deshalb ist es ein Gebot der Vernunft, rechtzeitig die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass alle Arbeitskraftreserven – unabhängig vom Geschlecht – mobilisiert werden. Familienfreundlichkeit ist unter diesem Blickwinkel nicht nur politisch wünschenswert, sondern volkswirtschaftlich von existentieller Bedeutung. Wer hier rechtzeitig Zukunftsvorsorge betreibt, wird im Standortwettbewerb die Nase vorn haben. Entsprechendes gilt für die einzelbetriebliche Ebene: Gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind das Kapital eines jeden Unternehmens. Für private und öffentliche Arbeitgeber ist es gleichermaßen ein Gebot der Vernunft, nach Schwangerschafts- und Erziehungsurlaub mit Phantasie und Ideenreichtum das „Kapital“ zurück in den Betrieb zu holen. So gesehen schafft Gleichstellungsarbeit eine „Win-Win-Situation“ für den Betrieb und die Mitarbeiterschaft gleichermaßen. Das Projekt „Familienfreundlicher Betrieb“, das durch die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Nordfriesland initiiert wurde, versucht diese Zusammenhänge bewusst zu machen und Wege aufzuzeigen, wie die Unternehmen ihre Zukunftsfähigkeit sichern können, indem sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in das Zielsystem des Unternehmens integrieren. Mein Dank gilt allen, die an dieser Publikation mitgearbeitet haben, insbesondere danke ich den Autorinnen und Autoren für die konstruktive Zusammenarbeit. Dr. Olaf Bastian Anne Lütkes 8 9 Sehr geehrte Damen und Herren, das Grundgesetz erhebt die aktive Förderung von Frauen zum Staatsziel, dem auch die Landeshauptstadt Kiel verpflichtet ist. Kommunale Gleichstellungspolitik ist ein langfristig angelegter Reformprozess. Er basiert auf der Analyse von Strukturen und wird vorangebracht durch die konsequente Anwendung Angelika Volquartz des geltenden Frauenförderplanes, Reformen in der Oberbürgermeisterin Personalentwicklung, die Neuorganisation und Verbesder Landeshauptserung der Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit stadt Kiel von Familie und Beruf, die Konzeption von Fortbildungsmaßnahmen, durch Beratung oder Unterstützung von Frauen in Einzelfällen und durch Vernetzung mit Gruppen und Institutionen. Ziel der Querschnittsaufgabe Gleichstellung ist es, ein Klima zu schaffen, das alle in die Verantwortung nimmt – die ganze Verwaltung und alle Bürgerinnen und Bürger, die in dieser Stadt miteinander leben. Als Verwaltungschefin arbeite ich mit der Frauenbeauftragten eng und vertrauensvoll zusammen. Eine wichtige Voraussetzung für ihr effektives Wirken sehe ich in ihrer Beteiligung an allen Verwaltungsentscheidungen, die mit Gleichstellungsfragen zusammenhängen. Daher habe ich die Frauenbeauftragte von Anfang an auf der Dezernatsebene an allen Vorgängen beteiligt. Als ihre vordringlichen Aufgaben sehe ich – wie in der Hauptsatzung festgelegt – die Prüfung von Verwaltungsmaßnahmen auf ihre Auswirkungen für Frauen und die Mitwirkung an Personalentscheidungen. Sie soll auf Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse Einfluss nehmen und darauf hinwirken, dass die Gleichstellung der Geschlechter gefördert wird. Ihre Arbeitsschwerpunkte müssen den sich verändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst werden und sie muss aktuelle Themen aufgreifen können. In meinen Augen ist die Rolle der Frauenbeauftragten eine konstruktive: Sie gibt Impulse und setzt sich für Veränderungen ein; sie vertritt die Interessen weiblicher Beschäftigter und weist auf Benachteiligungen hin, die für Männer so nicht bestehen; sie regt damit zum Nachdenken und zur Bewusstseinsveränderung an. Mit ihrer Arbeit trägt die Frauenbeauftragte dazu bei, die Verwaltung moderner, bürgerinnen- und bürgerfreundlicher und effizienter zu machen. Angelika Volquartz 10 Sehr geehrte Damen und Herren, eines der wichtigsten Ziele des Grundgesetzes ist die Gleichstellung von Frauen und Männern. Gleichbehandlung aller Menschen ist eine Grundvoraussetzung der Demokratie. Nur wenn die Menschen gleich behandelt werden, kann ein demokratisches Gemeinwesen funktionieren. Auf dem Weg zu dem Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern sind die Dr. Brigitte Fronzek Gleichstellungsbeauftragten in den Kommunen wichtige Wegbegleiterinnen und Wegbereiterinnen. Sie ach- Bürgermeisterin der Stadt Elmshorn ten darauf, dass das Gebot der Gleichstellung in der täglichen Arbeit nicht verletzt wird. Sie engagieren sich im Personalbereich und helfen den weiblichen Beschäftigten als eine direkte Ansprechpartnerin, die ihre Interessen vertreten kann. Sie helfen auch anderen Frauen in der Kommune, in dem sie ein offenes Ohr für deren Probleme haben. Aus diesen Gesprächen mit Betroffenen entwickeln die Gleichstellungsbeauftragten Konzepte, ohne die das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern nicht zu erreichen wäre. Sie erarbeiten Strukturen für eine umfassende Kinderbetreuung, sie wirken mit, wenn es darum geht, bei der Stadtplanung die Interessen der Frauen zu berücksichtigen. Sie organisieren Vorträge, Diskussionsforen und Veranstaltungen, wie z. B. den Elmshorner Frauenempfang, sie wirken durch ihre Öffentlichkeitsarbeit meinungsbildend und sorgen dafür, dass der Auftrag des Grundgesetzes zur Gleichstellung von Frauen und Männern nicht in Vergessenheit gerät. Derzeit ist eine Tendenz zu erkennen, die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten auf Grund der damit verbundenen Kosten grundsätzlich in Frage zu stellen. Keine Kommune wird sich jedoch bürgernah, aufgeschlossen und zukunftsorientiert präsentieren können, wenn sie die Gleichstellung von Männern und Frauen nicht zu ihrem eigenen Ziel macht. Wer die Gleichstellungsbeauftragten „abschaffen“ will, akzeptiert, dass Frauen auch in Zukunft schlechtere Chancen im Leben haben werden als die Männer. Mit einer solchen Haltung stellt man nicht nur die Verfassung, sondern auch die Demokratie in Frage. Dr. Brigitte Fronzek 11 Der Auftrag der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten Britta Rudolph, Hannelore Salzmann-Tohsche, Maren Wichmann, Margot Wilke 1 Seit knapp fünfzehn Jahren arbeiten in den meisten Kommunen und Gebietskörperschaften Schleswig-Holsteins hauptamtliche kommunale Gleichstellungsbeauftragte. Von den 83 hauptamtlich zu besetzenden Gleichstellungsstellen waren Anfang 2004 68 Stellen besetzt. Die gesetzliche Etablierung von hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten, die Verankerung ihrer Aufgaben in der Hauptsatzung, ihre Weisungsungebundenheit haben sich im überwiegenden Teil der Kommunen mit über 10.0000 Einwohnerinnen und Einwohnern bewährt. Der gesetzliche Auftrag, der sich aus dem Grundgesetz Artikel 3 und der Gemeindeordnung herleitet, aber auch der gleichstellungspolitische Sachverstand sind unverzichtbarer Bestandteil kommunalpolitischen Handelns vor Ort und werden zunehmend von Kooperationspartnerinnen und -partnern auf verschiedenen Ebenen und in anderen Zusammenhängen anerkannt. Insofern ist die Geschichte der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten eine Erfolgsgeschichte – aber eben nur eine begrenzte. Denn gleichzeitig hat es von Beginn an Kommunen und Kräfte gegeben, die die Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten nicht nur kritisch begleiteten, sondern rundheraus ablehnten. Stellen wurden nicht oder nur mit geringer Stundenzahl besetzt und auch zu gering vergütet. Beide Strömungen sind heute noch parallel vorhanden, sowohl die der zunehmenden und selbstverständlichen Akzeptanz als auch die der permanenten Versuche, den gesetzlichen Auftrag zu unterlaufen. Rechtliche Grundlagen Die rechtliche Grundlage für staatliche Frauenpolitik bildet Art. 3 Abs. 2 GG „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Damit stellt die aktive Förderung von Frauen ein Staatsziel dar, dem auch die Kommunen verpflichtet sind. Folgerichtig ist die Herstellung von Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern auch in der Landes- und Kommunalverfassung in Schleswig-Holstein festgelegt: Die Aufgaben der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten sind in den Hauptsatzungen der Kommunen konkretisiert. Zur Umsetzung der beruflichen Chancengleichheit 12 13 im öffentlichen Dienst gibt es daneben das Gesetz zur Gleichstellung der Frauen im öffentlichen Dienst – Gleichstellungsgesetz (GstG) – des Landes Schleswig-Holstein. Ziele und Aufgaben kommunaler Gleichstellungsarbeit In den meisten kommunalen Hauptsatzungen sind die Ziele der Tätigkeit genauer definiert. Danach soll die Gleichstellungsbeauftragte auf den Abbau struktureller Benachteiligungen von Frauen hinwirken und die Chancengleichheit von Frauen und Männern fördern. Ihre Tätigkeit soll Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für geschlechtsspezifische Belange in der Kommune und in der Verwaltung sensibilisieren. Ihre konkrete Aufgabe ist das Einbringen frauenspezifischer Belange in die Arbeit der Vertretungskörperschaft und in die der Verwaltung. Sie prüft Verwaltungsvorlagen auf ihre Auswirkungen für Frauen – z. B. durchaus auch bei der Aufstellung eines Bebauungsplanes – und arbeitet an Initiativen zur Verbesserung der Situation von Frauen vor Ort mit. Die Zusammenarbeit und die Vernetzung mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen, Institutionen, Betrieben und Behörden bilden einen Schwerpunkt ihrer Arbeit. Abgerundet wird ihr Aufgabenspektrum durch die Beratung von hilfesuchenden Frauen in der Kommune. Zur Erfüllung dieser Aufgaben arbeitet die Gleichstellungsbeauftragte weisungsfrei. Chancengleichheit in den Kommunen Schleswig-Holsteins Die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten hat im öffentlichen Dienst in Schleswig-Holstein zur Verbesserung der beruflichen Chancen von Frauen beigetragen. Das schleswig-holsteinische Gleichstellungsgesetz bietet mit den Frauenförderplänen, mit der obligatorischen Einführung von geschlechtsdifferenzierten Personalstatistiken und der Notwendigkeit transparenter Stellenbesetzungsverfahren grundlegend neue Voraussetzungen für die Chancengleichheit von Frauen und Männern. Durch die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten bei Personalverfahren tragen sie dazu bei, dass mehr Frauen in Führungspositionen gelangen, dazu, dass der Ausbau von Teilzeitarbeitsplätzen (zunehmend auch in Führungspositionen) vorangeht, zur Flexibilisierung von Arbeitszeiten im Interesse von Familienarbeit ebenso wie zur paritätischen Beteiligung von Frauen an Fortbildungsangeboten. Daneben hat in den vergangenen Jahren die Zahl der Berufsrückkehrerinnen, die ihre Wiedereingliederung in das Berufsleben wollen, stetig zugenommen: Frauenförderung in diesem Zusammenhang kann wie in allen Bereichen nur gelingen, wenn die Führungskräfte die Gesetze kennen und die vorgeschlagenen Maßnahmen der Frauenförderung umsetzen. 14 Beratungsarbeit Die Beratungsangebote der Gleichstellungsbeauftragten werden von Frauen durchweg gut angenommen. Je nach Problemlage werden die Gleichstellungsbeauftragten unmittelbar tätig oder vermitteln die Rat suchenden Frauen an spezifische Fachberatungsstellen. Durch die Beratungsarbeit erhalten die Gleichstellungsbeauftragten Hinweise auf gleichstellungsrelevante Probleme in ihrer Kommune. Projekte in Schleswig-Holstein Die schleswig-holsteinischen Gleichstellungsbeauftragten initiieren und begleiten eine Vielzahl von Projekten, die sich mit der Sozial-, Wirtschafts-, Struktur-, Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik befassen, ebenso Projekte zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen, die Lokale Agenda 21, Orts- und Wohnumfeldplanung, Frauenkultur und -geschichte, die Lebenssituation von Migrantinnen sowie das Berufswahlverhalten von Mädchen und Jungen – um nur einige Beispiele zu nennen. Viele dieser Projekte arbeiten erfolgreich – z. T. seit vielen Jahren. Die schwierige Haushaltslage in vielen Kommunen schränkt jedoch den Spielraum der Gleichstellungsbeauftragten ein und verlangt zugleich von ihnen die Kompensierung beendeter oder reduzierter frauenspezifischer Angebote. Öffentlichkeitsarbeit Die Gleichstellungsbeauftragten arbeiten mit örtlichen oder regionalen Presseorganen zusammen, geben Publikationen heraus und führen Informationsveranstaltungen durch. So werden wichtige Informationen in die Öffentlichkeit gebracht, Netzwerke geschaffen und Projekte initiiert. Eine erfolgreiche Arbeit braucht Unterstützung Für eine erfolgreiche Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten ist ihre frühzeitige und umfassende Einbindung in personelle und fachliche Angelegenheiten der Verwaltung unverzichtbar. So können Verwaltungsspitze und Selbstverwaltungsgremien umfassend vom Sachverstand und der Kompetenz der Gleichstellungsbeauftragten profitieren, können Ideen und Vorschläge aufgegriffen und notwendige Maßnahmen zur Verbesserung der Chancengleichheit realisiert werden. Eine ausreichende finanzielle und personelle Ausstattung der Gleichstellungsbüros gehört zu den unentbehrlichen Voraussetzungen einer erfolgreichen Arbeit. Geschlechtsspezifische Ansätze fehlen immer noch Die Entwicklung geschlechtsspezifischer Arbeitsansätze lässt sich in keiner Verwaltung durchgängig feststellen. In einigen Fällen wurden unter Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten gleichstellungspolitische Leitbilder 15 bzw. „Ziele und Grundsätze“ entwickelt. Allerdings wird beklagt, dass es mit der Umsetzung hapert. Diese Aufgabe wird gern der Gleichstellungsbeauftragten zugewiesen. Dennoch werden deren Vorschläge nicht wirksam unterstützt. Der Zusammenschluss der hauptamtlichen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten in der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Seit Einrichtung der ersten Gleichstellungsstellen Ende der 80er Jahre in Schleswig-Holstein arbeiten Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte in der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) zusammen. Die LAG trägt dazu bei, den Erfahrungsaustausch und Informationsfluss unter den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten zu sichern. Daneben bietet sie ein Forum für frauenpolitische Diskussionen und Forderungen, die sich insbesondere aus der täglichen Arbeit und Berufserfahrung ergeben. Entscheidendes Organ ist die Vollversammlung. Vertreten wird die LAG derzeit durch vier Sprecherinnen. Als Instrument der Fortbildung und der Öffentlichkeitsarbeit richtet die LAG Fachtagungen aus und initiiert Kampagnen. Diese Kampagnen bestehen aus einer oder mehreren landesweiten Fachtagungen und einer Vielzahl lokaler Veranstaltungen zu den Schwerpunktthemen, bei denen auch die Kooperation mit lokalen Bündnispartnern gesucht wird. 16 Fachtagungen und Kampagnen der LAG 2004 • Landesweite Kampagne „Zukunft der Arbeit“ • Fachtagung „Zukunft der Arbeit – Frauen verdienen mehr als’n Appel und ’n Ei“ • Dokumentation „Wie machen es die anderen? Familienpolitik und Gleichstellung im internationalen Vergleich“ 2003 • Landesweite Kampagne zur Entwicklung eines Leitbildes 2002 • Landesweite Kampagne „Den Knoten durchschlagen. Aufbruch in eine moderne Familienpolitik“ • Fachtagung „Wie machen es die anderen? – Familienpolitik und Gleichstellung im internationalen Vergleich“ 2000 • Fachtagung „Gender Mainstreaming“ 1999 • Fachtagung „Frauen gestalten Zukunft“ 1999 • Fachtagung „Verhindert männliche Organisationsstruktur die Gleichstellung von Frauen im öffentlichen Dienst?“ 1998 • Fachtagung „Agenda 21 – Umsetzungsmöglichkeit auf der kommunalen Ebene“ 1997 • Fachtagung „Moderne Verwaltung – Frauenfeindliche Verwaltung?“ 1996 • Aktion „Jetzt geht´s rund – Frauen in Fahrt gegen Männergewalt“ 1996 • Fachtagung „Berufliche Orientierung von Mädchen und Frauen“ 1995 • Fachtagung „Gleichstellungsgesetz und Verwaltungsstrukturreform“ 1994 • Fachtagung „Verwaltungsstrukturreform – neue Chancen auch für Frauen?“ 1993 • Fachtagung „Ich weiß es wird einmal ein Wunder geschehen“ – Bausteine zur Mädchenförderung in Schleswig-Holstein Gleichstellungsbeauftragte: Unverzichtbar Gut zwanzig Jahre nach der Errichtung der ersten kommunalen Frauenbüros wissen viele politisch Verantwortliche aus inzwischen langjähriger Erfahrung die Arbeit der hauptamtlichen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten in der Verwaltung und Politik als unverzichtbar zu schätzen. Als kompetente Sachverständige, ideenreiche Initiatorinnen, Moderatorinnen und Vernetzerinnen gehören sie zu einer modernen Verwaltung. 17 Macht Gender Mainstreaming nun möglicherweise klassische Gleichstellungs- und Frauenpolitik überflüssig? In der Tat gibt es gelegentlich diese Vermutung. Gender Mainstreaming soll und kann Frauenpolitik jedoch nicht ersetzen. Es kann dazu dienen, Ungleichheiten aufzuspüren, zu vermindern oder gar nicht erst entstehen zu lassen und bei der Entwicklung neuer politischer Initiativen oder Verwaltungsmaßnahmen zu helfen. Es gibt Beispiele eines falsch verstandenen Gender Mainstreamings. Das ist dann der Fall, wenn Frauenprojekten Gelder gestrichen werden und Mittel für Mädchen- und Frauenprojekte stattdessen an Jungen- und Männerprojekte gehen, wenn Gleichstellungsbeauftragte in Frage gestellt, ihre Arbeitsbedingungen eingeschränkt oder ihre bisherige Tätigkeit ganz abgeschafft wird. Kurz gesagt: wenn unter dem Vorwand des Gender Mainstreaming alles beseitigt wird, was sich in den vergangenen Jahren bewährt hat. Das widerspräche dem Grundgedanken des Gender Mainstreaming, der nur in Verbindung mit Gleichstellungspolitik und Frauenförderung seine Wirkung entfalten kann. Schleswig-Holstein hat mit seiner institutionalisierten Gleichstellungspolitik gute Erfahrungen gemacht. Im ganzen Land tragen in den Kommunen ausgewiesene Fachfrauen professionell zur Realisierung des Grundrechtes der Gleichberechtigung bei. Die Durchsetzung des Gleichberechtigungsgebotes, eine solide finanzielle Absicherung der Frauenhäuser und ein professionelles Beratungsangebot der Fachberatungsstellen sind Grundvoraussetzungen für eine moderne Gesellschaft, die sich Geschlechtergerechtigkeit auf die Fahnen geschrieben hat. 18 Beispiele einer erfolgreichen kommunalen Gleichstellungsarbeit 2a Die um sich greifende gravierende Finanznot der Kommunen führt trotz breiter Anerkennung dazu, dass freiwillige Ausgaben auf dem Prüfstand kommen. In vielen Orten müssen Frauen- und Mädchenprojekte durch Mittelkürzungen oder dem vollständigen Wegfall der öffentlichen Förderung ihre Arbeit reduzieren oder ganz einstellen. Gleichzeitig suchen mehr Frauen die Beratung und Hilfe der Gleichstellungsbeauftragten. Aber auch dort werden Mittel gestrichen und zusätzliche Aufgaben übertragen. Es droht ein schleichender Abbau von jungen kommunalen Strukturen, die Chancengleichheit ermöglichen und zur Verwirklichung eines zentralen Grundwertes unserer Gesellschaft beitragen: Der Gleichberechtigung der Geschlechter. Arbeit und Existenzsicherung Das ExpertinnenNetzwerk Ahrensburg Gabriele Fricke, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Ahrensburg 2 2001 wurde das ExpertinnenNetzwerk Ahrensburg gegründet. Unter der Federführung der städtischen Gleichstellungsbeauftragten schlossen sich achtzehn Institutionen, Vereine und Arbeitskreise zu einem Netzwerk zusammen. Das Expertinnen-Netzwerk setzt sich sowohl aus Fraueninitiativen als auch aus Institutionen und Vereinen zusammen, die sich mit ihren Angeboten an beide Geschlechter wenden. Die Mitgliedsorganisationen reichen von A wie Agentur für Arbeit über Frauenfachberatungsstellen, kirchlichen Einrichtungen, dem Unternehmerinnenzentrum Ahrensburg e. V. bis hin zu Z wie Zentrum Frau und Familie Forum e.V. Durch die Unterstützung von Sponsoren konnte ein gemeinsamer Flyer entwickelt werden. Das ExpertinnenNetzwerk unterstützt Fachfrauen und bietet ihnen damit ein Podium, auf dem sie ihr fachliches Know-how darstellen können. In Kooperation mit anderen Netzwerkerinnen werden Veranstaltungen, Diskussionsrunden, die Unternehmerinnen-Messe und Frauen-Kultur-Tage angeboten. Hinzu kommen Fachtagungen, die sich speziell an Frauen richten. A–Z Eine wichtige Zielsetzung der Netzwerkerinnen ist es, gesellschafts- und frauenpolitischen Forderungen in der Verwaltung und in den politischen Gremien Gehör zu verschaffen sowie an deren Umsetzung zu arbeiten. Gemeinsam mit der Gleichstellungsbeauftragten in Ahrensburg hat das ExpertinnenNetzwerk für das 1. Halbjahr 2004 ein vielfältiges Programm zusammengestellt, in dem geschlechtsspezifische Fragestellungen aufgegriffen und Diskussionen in Gang gesetzt werden. Im Spektrum des Programms finden sich die Themen „Gesundheitsvorsorge – Gesundheitswegweiser“, „Frau und Beruf“, „Kinderbetreuungsangebote“, „Neue Gesetzgebung und Reformen am Arbeitsmarkt“, „Existenzgründung und Unternehmensführung“ sowie „Kulturelle Beiträge“. An jedem vierten Mittwoch im Monat stellen sich Organisationen vor und gleichzeitig halten Expertinnen Fachvorträge. Hinzu kommen Sonderveranstaltungen, wie z. B. zum Internationalen Frauentag (8. März) oder Ausstellungen und kulturelle Bühnenprogramme, um auch lokalen Künstlerinnen Gelegenheit zu geben, sich der Öffentlichkeit vorzustellen. 19 Frauen-Laden-Projekt/Frauen –(U)unternehmen was!? Jutta Ohl, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Steinburg Drei Monate lang wollten 16 Frauen, die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Steinburg und der Verein DONNA DORIA e.V. ein Experiment wagen: ein Frauen-Laden-Projekt unter dem Motto: Frauen – (U)unternehmen – was!? In Kooperation mit dem Verein DONNA DORIA e.V. hatten sich 16 Frauen (und ein Mann) zusammengeschlossen, um in Itzehoe in einem Laden ihre Fertigkeiten und Produkte gemeinsam zu präsentieren. Diese Idee war sicherlich nicht neu und wurde auch nicht als „Existenzgründerinnen Haus“ angesehen, aber unter der Leitung der Initiatorinnen Susan-Diana Wilson, Rellingen, Silvia Diercksen-Hushahn, Beidenfleth und der Gleichstellungsbeauftragten des Kreises Steinburg sollte es Frauen möglich gemacht werden, in dem Laden Kirchenstraße 25 in Itzehoe, ein gemeinsames FrauenLaden-Projekt auf die Beine zu stellen. Pressemitteilung der Norddeutschen Rundschau Dienstleistungszentrum kann durchaus in den Dörfern entstehen! Frauen-Laden-Projekt stellt Broschüre vor und hilft auch bei der Verwirklichung! Was es heißt „selbst und ständig“ zu arbeiten, das wissen sie schon, die 16 Frauen vom „Frauen-Laden-Projekt“ in Itzehoe. Aber Hausfrau, Mutter, Familienfrau und Unternehmerin zu sein, war für die eine oder andere schon eine neue Erfahrung. Da galt es einen genauen Dienstplan einzuhalten, den Kontakt mit den unterschiedlichsten Menschen zu mögen, im Team zu arbeiten und die anderen „Ladenbesitzerinnen“ voll zu akzeptieren. Die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Steinburg, Jutta Ohl, die dieses Projekt mit administrativen Fragen unterstützte, erläutert dieses Projekt so: „Wer Erfolg haben will, muss sich auf fundierte Branchenkenntnisse und kaufmännisches Wissen stützen. Chancen und Risiken einer Existenzgründung soll das Frauen-Laden-Projekt ausloten und die Frauen können testen, ob sie sich für eine Existenzgründung mit anderen Frauen entscheiden können oder ob sie künftig ‚ihr eigenes Ding´ machen. Nach wie vor müssen Frauen erst einmal sich und der Welt beweisen, dass sie in der Lage sind, ein Unternehmen aufzubauen und zu führen.“ Den Frauen schwebt zur Durchsetzung dieser Ziele ein „Dienstleistungszentrum auf dem Lande“ vor. Lotto, Ottoshop, Bücher, Versicherungen, alles das kann in einem Laden zusammengefasst werden. Außerdem sind die Frauen der Meinung, dass ein solches Projekt eine Zukunft auf den 20 Dörfern im Kreis Steinburg haben könnte. Laden-Projekte und Zusammenschlüsse unterschiedlichster Angebote, können das Dorfleben wieder bereichern und ein Mittelpunkt für die Bevölkerung werden. Mit der Dokumentation unter dem Titel „Tante Emma soll nicht sterben!“ wird ein Konzept an die Hand gegeben, das sich mit der Idee, Ausführung und dem Ergebnis dieses Projektes befasst. In Eigeninitiative für Existenzgründerinnen, oder auch in der Trägerschaft der Kommune kann es wieder blühende „Tante Emma-Läden“ geben. Aber auch für den Nachbar-Shop, Stubenladen, Dorfladen, Hofladen oder Höker auf dem Lande gibt es durchaus eine Chance. Es geht um die Grundversorgung der Bevölkerung, sicher auch um ein Stück Tradition, es geht um das Leben auf dem Lande (auch den Möglichkeiten in der Stadt), es geht um Kommunikation der Bevölkerung, um eine Bereicherung des Dorflebens und nicht zuletzt auch um die Existenzgründung von Frauen. Leerstehende Gebäude oder sogar ehemalige Läden lassen sich wieder beleben. Die Initiatorinnen des Frauen-Laden-Projektes stehen auch weiteren Frauen aus der Region bei der Erarbeitung und Durchführung eines eigenen LadenProjektes gern mit Rat und Tat zur Seite. Zum Mädchen- und Frauenverein DONNA DORIA e. V. gehören auch Expertinnen zu wirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fragen. Das Konzept und die Broschüre „Tante Emma soll nicht sterben“ sollen dazu beitragen, Frauen-Laden-Projekte mit allen Chancen und Möglichkeiten zu installieren. Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahme „Schlaraffenland“ Britta Rudolph, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Husum 1995 initiierte der Verein „Beseler – Arbeit für Frauen“ die Beschäftigungsund Qualifizierungsmaßnahme „Schlaraffenland“. Ziel war es, Frauen den beruflichen Einstieg oder auch Wiedereinstieg zu ermöglichen. Um dieses zu erreichen, hat der Verein verschiedene Tätigkeiten im hauswirtschaftlichen Bereich angeboten. In einer schuleigenen Küche bereiteten die Teilnehmerinnen Frühstück und Mittagessen für Schülerinnen und Schüler vor, um damit eine vollwertige und ökologisch vertretbare Alternative zur herkömmlichen Kinderverpflegung in der Schule zu bieten. Dies war die konzeptionelle Grundlage der Arbeit. Zur weiteren Qualifizierung wurden auch Großveranstaltungen im sozialen Rahmen bewirtschaftet. 21 Zielgruppen der Maßnahmen waren: • langzeitarbeitslose Frauen aller Altersstufen mit ABM-/SAMBerechtigung (z. B. Berufsrückkehrerinnen, Alleinerziehende, Jugendliche mit Ausbildung ohne Berufserfahrung), • Frauen mit ergänzender oder laufender Hilfe zum Lebensunterhalt. Zugeschnitten auf die Entwicklungsmöglichkeiten der Teilnehmerinnen fand die Qualifizierung überwiegend innerhalb der praktischen Arbeit statt. Ergänzt wurde diese durch externe Qualifizierungsmodule in den Bereichen sozialer Kompetenzen, allgemeiner fachspezifischer Kompetenzen und der Vorbereitung auf die Bewerbungsphase. Die Grenzen der Trägerschaft durch einen kleinen Verein zeigten sich bereits im ersten Maßnahmejahr. Ehrenamtlich tätige Vereinsmitglieder allein konnten das Projekt nicht leiten und sichern. Die Gleichstellungsbeauftragte und eine Mitarbeiterin der Beratungsstelle Frau & Beruf leisteten umfangreiche Unterstützung durch: • die Sicherung der Finanzierung bei Verhandlungen mit Politik, Arbeitsverwaltung und BSH sowie die stetige Anpassung des Konzeptes an die sich verändernden Finanzierungsmodalitäten, • die Anpassung der Qualifizierungsinhalte an die sehr heterogene Teilnehmerinnengruppe, • die Teilnahme an Personalauswahlverfahren und • wöchentliche Arbeitssitzungen mit der Projektleiterin. Die fachliche Betreuung erfolgte durch eine Hauswirtschaftsleiterin, die berufsbegleitend während der Maßnahme ihren Abschluss zur geprüften Küchenmeisterin ablegte. Die individuelle Betreuung in Form von Einzelund Gruppengesprächen war durch eine sozialpädagogische Anleiterin gewährleistet. Die 1995 durch die Stadt Husum zugesagte finanzielle Unterstützung war ausdrücklich auf einen einmaligen Zuschuss begrenzt. Durch intensive Gespräche mit allen Fraktionen und dem Magistrat wurde die Finanzierung für ein weiteres Jahr erreicht – die notwendige Voraussetzung, um unabhängig von kommunalen Mitteln auf wirtschaftlich eigenen Beinen zu stehen. Entwicklung der Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahme „Schlaraffenland" 1995 – 2000 Maßnahmejahr 1: 2: 3: 4: 5: Teilnehme- Finanzierung/ ABM HZA SAM Landes- Stadt rinnen Projekteinnahmen mittel Husum 1995/96 1996/97 1997/98 1998/99 1999/2000 ABM: HZA: SAM: Landesmittel: 22 8 9 10 14 20 300 DM 6.200 DM 13.000 DM 20.000 DM 25.000 DM X X X X X X X X X X X X X X X 6.000 DM 3.900 DM Kreis Nordfriesland 6.000 DM 3.900 DM Die Bilanz nach Abschluss des Projektes lässt folgende Ergebnisse erkennen: • Schaffung eines Zugangs für Frauen zum ersten Arbeitsmarkt (die Vermittlungsquote lag in den einzelnen Maßnahmejahren zwischen 40 und 50%), • Qualifizierung von Frauen ohne Berufsausbildung oder mit nicht mehr verwertbaren Qualifikationen für einen beruflichen Einstieg bzw. Wiedereinstieg in Teilzeit, • Verbesserung der Chancen von Frauen, unabhängig von Sozialhilfe und anderen Versorgungsansprüchen zu leben, • Gesellschaftliche Anerkennung der Tätigkeiten der Frauen im Projekt, • Vermittlung der Fähigkeit zum gesellschaftlichen Diskurs, • Verbesserung der Lebensbedingungen für Kinder, Jugendliche und Sozialschwache durch die Versorgung mit vollwertigem Essen, • Gesundheitsbewusstes, sozial- und umweltverträgliches Verhalten durch eine umfassende Aufklärung im Bereich Ernährung. Mit der Beendigung des Programms ASH III 2 war eine Fortsetzung der Arbeit für den Träger bedauerlicherweise nicht mehr finanzierbar. Eine über fünfjährige erfolgreiche Arbeit und eine neue berufliche Perspektive für mehr als fünfzig Frauen sind das positive Ergebnis des Projektes. Mittel für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen Arbeitsverwaltung) Hilfe zur Arbeit (Sozialamt) Strukturanpassungsmaßnahmen (Arbeitsverwaltung) über das Programm Arbeit für Schleswig-Holstein, und zwar ASH III 2, d. h. im Rahmen der Förderung von allgemeinen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen; ebenfalls hier aufgeführt wurden die Mittel aus dem ESF, dem Europäischen Sozialfonds (BSH; Neumünster). 23 Frauenförderung und Personalentwicklung in der Stadtverwaltung Husum am Beispiel von Personalauswahlverfahren Britta Rudolph, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Husum Mit dem Start der Verwaltungsreform bei der Stadt Husum 1996 wurde die Arbeitsgruppe Personalentwicklung gegründet. Heterogen in der Zusammensetzung bezüglich Geschlecht, Amtszugehörigkeit und Hierarchie erarbeitete sie kontinuierlich ein maßgeschneidertes Personalentwicklungskonzept für die Stadt. Als Mitglied der Arbeitsgruppe setzte sich die Gleichstellungsbeauftragte dafür ein, dass Inhalt und Zielsetzung des Frauenförderplans integriert wurden, so dass seitdem zwei aufeinander abgestimmte Instrumente für die Personalentwicklung eingesetzt werden. Als besonders erfolgreich hat sich die kontinuierliche Entwicklung der Stellenbesetzungsverfahren erwiesen, bei der die Gleichstellungsbeauftragte nach wie vor federführend tätig ist und das im Folgenden kurz skizziert wird: Ein Auswahlgremium, in dem das zuständige Fachamt, die Personalabteilung, der Personalrat und die Gleichstellungsbeauftragte vertreten sind, bearbeitet die Stellenbesetzung von Beginn an gemeinsam und im intensiven Austausch. Im Mittelpunkt steht dabei das Anforderungsprofil, das auf der Grundlage einer Aufgabenanalyse erstellt wird. Bereits hier besteht Abstimmungs- und Klärungsbedarf. Die bloße Orientierung, z. B. am Geschäftsverteilungsplan, hat sich als nicht ausreichend erwiesen. Es bietet sich für die Personalverantwortlichen darüber hinaus an, die bisherige Stelleninhaberin bzw. den bisherigen Stelleninhaber ebenso einzubinden wie künftige Kolleginnen und Kollegen. Die Anforderungsmerkmale, wie formale Voraussetzungen, Fachkompetenzen, Methodenkompetenzen und Sozialkompetenzen werden in einem standardisierten Formblatt erfasst und gewichtet. Das so entstandene Anforderungsprofil ist verbindliche Grundlage der Stellenausschreibung und des weiteren Verfahrens, d. h. bei der Sichtung der Bewerbungsunterlagen, der Feinauswahl durch Tests und dem Vorstellungsgespräch. Eine vertrauensvolle und offene Zusammenarbeit innerhalb des Auswahlgremiums ist im gesamten Verfahren unabdingbar. Die Strukturiertheit des Verfahrens zwingt alle Beteiligten zu einem intensiven Kommunikationsprozess und dem Offenlegen ihrer mentalen Modelle. Die Praxis bei der Stadt Husum hat bestätigt, dass ein solch strukturiertes Auswahlverfahren ein gutes Instrument ist, um erfolgreiche und nachhaltige Personalauswahlverfahren durchzuführen. „Frauenwirtschaftskraft – Nichts ist unmöglich“ Von der Informationsveranstaltung zum Gründerinnenstammtisch Hannelore Salzmann-Tohsche, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Rendsburg-Eckernförde Jeder achte Mann, aber nur jede 20. Frau ist selbstständig, freiberuflich oder unternehmerisch tätig. Frauen „gründen“ ihre Unternehmen: • nach der Familienphase mit wenig Kapital • mit kürzerer beruflicher Erfahrung • ohne Einbindung in berufliche Netzwerke • als Teilexistenzen neben ihrer Familienarbeit • unter völlig anderen Voraussetzungen und Lebensbedingungen als ihre männlichen Kollegen. In ländlichen Regionen kommen neben den aus diesen Fakten resultierenden Schwierigkeiten und unzureichenden Infrastrukturen (fehlende Kinderbetreuung, schlechte Verkehrsanbindung) zusätzliche Probleme auf die Unternehmerinnen zu. So sind auch die Bedingungen für die Schaffung von Netzwerken ungünstiger als im städtischen Raum. Diese Situationsanalyse veranlasste 2003 eine Gruppe ehrenamtlich tätiger Frauen, die sich in einem Arbeitskreis der Gleichstellungsbeauftragten und dem „Agenda-21Büro“ zusammengeschlossen hatten, eine Veranstaltung mit dem Titel „Frauenwirtschaftskraft – Nichts ist unmöglich“ durchzuführen. Mit dieser Veranstaltung sollten in der Gemeinde Hohenwestedt die Hintergründe der besonderen Situation von Existenzgründerinnen im ländlichen Raum beleuchtet und interessierten Frauen Tipps und Hinweise gegeben werden. Vor allem aber sollten Frauen vorgestellt werden, die den Weg in die Selbstständigkeit in sehr unterschiedlichen, teilweise für Frauen typischen, aber auch in männlich dominierten Bereichen, gemeistert hatten. Das Gründerzentrum in Hohenwestedt – eine Besonderheit in der ländlichen Region – und die Wirtschaftsförderin der Gemeinde konnten als Unterstützerinnen gewonnen werden. Die Resonanz war beachtlich: Über 40 Besucherinnen fanden den Weg ins Gründerzentrum. Die anwesenden Unternehmerinnen machten deutlich, dass neben guten Ideen und Geschäftsplänen das Knüpfen von Netzwerken und Kontakten eine wichtige Hilfe auf dem Weg in die Selbstständigkeit ist. g n u b r e Bew 24 25 Dieser Gedanke wurde noch am Tag der Veranstaltung von Gründerzentrum aufgegriffen und zu einem ersten Gründerinnen-Stammtisch eingeladen. Dieser arbeitet derzeit an den ersten Planungen für eine eigene Messe. Darüber hinaus berät die Mitarbeiterin des Gründerzentrums eine zunehmende Zahl von Frauen aus dem ländlichen Raum des Kreises Rendsburg-Eckernförde; auch über die unmittelbare Umgebung Hohenwestedts hinaus. Überdies ist auf diesem Weg der Austausch zwischen Gründerzentrum und der Gleichstellungsbeauftragten des Kreises zu einer festen Größe geworden. Lübecker Markt der Frauen Elke Sasse, Frauenbüro der Hansestadt Lübeck 1998/99 wurde das vom Innenministerium Schleswig-Holstein geförderte interkommunale Projekt „Steuerung von Querschnittszielen am Beispiel der Gleichstellung von Frauen und Männern“ – kurz: „Gleichstellungscontrolling“ – innerhalb der Stadtverwaltungen Lübeck und Norderstedt durchgeführt. Zielsetzung des Projektes war es u.a., die verschiedenen Aufgaben-, Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereiche der Kommunen zu integrieren und in die Fragestellung einzubinden: „Wie wirkt sich eine Maßnahme, die in einem bestimmten Aufgabenbereich läuft, auf Frauen aus? Wie wirkt sich die Maßnahme auf Männer aus?“ Und: „Trägt die Maßnahme zum Ziel der Gleichberechtigung und Chancengleichheit der Geschlechter bei?“ Bei der Evaluierung der Zahlen des Fachbereiches Märkte der Hansestadt Lübeck wurde deutlich, dass nur 28% der Marktstände in Frauenhand waren, d.h. 72% der „MarktbeschickerInnen“ (BesitzerInnen der Marktstände) waren Männer. Als eine mögliche Ursache für diesen relativ niedrigen Frauenanteil wurde das Vergabeprinzip „bekannt und bewährt“ ausgemacht, das für die Vergabe von Marktständen entsprechend der bundesweit anzuwendenden Gewerbeordnung Gültigkeit hat. Mit dem Prinzip „bekannt und bewährt“ haben Frauen, die neu als Marktbeschickerinnen ins Geschäft kommen wollen, wenig Chancen. Der 1. Lübecker Markt der Frauen fand im September 2000 mit großem Erfolg statt. Beim 2. Lübecker Markt der Frauen am 23.8.2003 wurden neun von den 17 Marktständen – mehr als die Hälfte – von Frauen gestellt, die erstmals auf einem Lübecker Markt waren. Die Chance, anschließend als „bekannt und bewährt“ zu gelten, kann in Folge zu einer mittelfristig deutlichen Erhöhung des Frauenanteils an den MarktbeschickerInnen allgemein führen. Der Zielsetzung, neue Frauen als Marktbeschickerinnen zu gewinnen, wurde somit ein weiteres Stück näher gekommen. Der Lübecker Markt der Frauen ist allerdings nicht allein ein Markt der Marktbeschickerinnen, sondern es handelt sich sowohl um einen Verkaufsmarkt als auch um einen Infomarkt für Frauenverbände, -initiativen und -projekte. Beim 2. Lübecker Markt der Frauen waren 24 Frauenprojekte und -verbände beteiligt. Gleichzeitig gibt es ganztägig ein Kulturprogramm von Frauen. Der Markt ist ein gutes Beispiel für den Gender-Ansatz, weil er gleich auf zwei Ebenen die Gleichstellung von Frauen und Männern berührt: 1. Der Lübecker Markt der Frauen ist ein „Event“ für Frauen und Männer, den es vorher in Lübeck nicht gab. Markttrubel, kleine kulturelle Vorführungen und Gauklereien (von Frauen!), interessante Marktstände, Kinderbelustigung und jede Menge Informationen über das breite Spektrum an Frauenberatungsangeboten, das es in Lübeck gibt, werden geboten. 2. Der Bereich Märkte kann durch diesen Markt mittel- und langfristig mehr Frauen als Marktbeschickerinnen auch für andere Märkte – gemeint sind hier die sog. Jahrmärkte/Sondermärkte, nicht die Wochenmärkte – zulassen. Beabsichtigt ist, den Lübecker Markt der Frauen mit dieser Konzeption – Marktstände von Frauen, Infostände von Frauenprojekten und -verbänden, Kulturprogramm von Frauen – in Abständen von 2 – 3 Jahren weiterhin stattfinden zu lassen. Vor diesem Hintergrund entstand die Idee des „Lübecker Marktes der Frauen“ – ein Markt, zu dem nur Besitzerinnen von Marktständen zugelassen sind. Nach einer Teilnahme am „Lübecker Markt der Frauen“ gelten auch diese Marktbeschickerinnen als „bekannt und bewährt“ und somit erhöht sich die Chance, den Frauenanteil auf allen Lübecker Märkten mittelfristig zu erhöhen. 26 27 Qualifizierung bei Wiedereinstieg: Teilzeitausbildung in der Verwaltung Christiane Wehrmann, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Elmshorn Chancen zum beruflichen Neueinstieg, gezielt für Frauen, bietet die Stadtverwaltung Elmshorn seit 1994 an: eine Teilzeitausbildung als Qualifizierungsmaßnahme. In weiteren Kommunen im Kreisgebiet Pinneberg gibt es ebenfalls dieses Ausbildungsangebot: es sind die Städte Pinneberg und Wedel, die Gemeinden Rellingen und Tornesch sowie die Kreisverwaltung Pinneberg. Initiiert wurde diese gezielte Frauenförderung von den hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten; von der Politik wurden die Finanzmittel bewilligt und von den Personalverwaltungen wurde sie organisiert. Die Zahl der Frauen, die nach einer Familienphase eine Erwerbstätigkeit anstreben, ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Viele stoßen in dieser Situation auf das Problem, keinen (dauerhaften) Arbeitsplatz zu finden, der ihren Lebensunterhalt langfristig sichert. Denn sie verfügen oft nur über eine veraltete Ausbildung, haben die Erstausbildung wegen der Betreuung ihrer Kinder abgebrochen bzw. aus verschiedenen Gründen gar keinen Ausbildungsabschluss. Eine berufliche Qualifikation ist jedoch entscheidend für eine erfolgreiche Vermittlung. Voraussetzungen für eine Bewerbung sind der Hauptschulabschluss und eine bereits absolvierte Berufsausbildung bzw. die Mittlere Reife und eine längere Erwerbserfahrung oder vergleichbare Varianten. Die Teilzeitausbildung besteht aus 32 Stunden, von denen der umfangreichere Zeitanteil auf die schulische Ausbildung entfällt. Durchschnittlich entfallen 25 Stunden für die wöchentliche Berufsschule im ersten Ausbildungsjahr und ebenso für den verblockten Unterricht im zweiten und dritten Jahr. Der relativ geringe Anteil der praktischen Ausbildung in der Verwaltung wird durch die Lebenserfahrungen der Frauen, die sie sowohl im Erwerbsleben als auch innerhalb der Familien gewonnen haben, kompensiert. Übernahme von Verantwortung im Team, erprobt im Konfliktmanagement, eine große Portion Organisationstalent und trainierte Flexibilität sind typische Persönlichkeitsmerkmale für den Kreis der Bewerberinnen. Besonders erfreulich ist, dass die Teilzeitauszubildenden die gleiche Ausbildungsvergütung wie die Vollzeitauszubildenden erhalten. Inzwischen haben sieben Frauen diese Ausbildung gemacht und zumeist mit überdurchschnittlichem Erfolg abgeschlossen. Fünf dieser Frauen haben in der Elmshorner Verwaltung einen interessanten – festen – Teilzeitarbeitsplatz erhalten, eine von ihnen arbeitet in der Hamburger Bezirksverwaltung. 28 Zurzeit befinden sich drei weitere Frauen in der Ausbildung. Auf die Ausschreibung für den Start in 2004 haben sich über 50 Frauen beworben. Dies zeigt, dass die Maßnahme den aktuellen Bedürfnissen entspricht und es sinnvoll wäre, wenn sie als Umschulung durch die Agentur für Arbeit anerkannt würde. Für alle bisherigen Teilnehmerinnen bedeutete die Teilzeitausbildung eine ungewöhnliche Chance, nach einer Phase der Konzentration auf die Familie sich neu zu orientieren und zu qualifizieren. Eine Chance, nach der viele lange gesucht haben – insbesondere Alleinerziehende. Das Beispiel sollte Schule machen! Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekt „Modernes Schreibbüro“ Bad Segeberg (1997 bis 2000) Beate Mönkedieck, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bad Segeberg Über einen längeren Zeitraum hatte sich in Bad Segeberg ein hoher Bedarf an Teilzeitqualifizierungs- und Teilzeitarbeitsplätzen insbesondere für „Familienfrauen“ und allein erziehende Mütter, Sozialhilfeempfängerinnen, langzeitarbeitslose und ältere Frauen entwickelt. Auf Fragen nach dem beruflichen Einstieg oder Wiedereinstieg auf den ersten Arbeitsmarkt, nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Kinderbetreuungsmöglichkeiten und Wegen, um aus der Abhängigkeit von Sozialhilfe herauszukommen, gab es keine befriedigenden Lösungen. Zunehmend Frauen waren auf Sozialhilfe angewiesen, weil sie nach der Familienphase keinen Arbeitsplatz mehr fanden. Auf diesem Hintergrund wurde 1996 eine Projektgruppe initiiert, in der die örtlich vorhandene Fachkompetenz gebündelt wurde: Arbeitsamt, Vertreterinnen und Vertreter des kommunalen Sozialamtes und Kreissozialamtes, Volkshochschule e. V. und die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt taten sich zusammen. In der Folgezeit entwickelte die Projektgruppe in Zusammenarbeit mit der örtlichen Volkshochschule e. V. ein Konzept für das „Moderne Schreibbüro“, in dem Frauen im Kundenauftrag für Organisationen oder für Menschen, die Hilfe brauchen, arbeiten sollen. Angesichts der arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitischen Situation in der Region wurde dieses Projekt als wichtiger Beitrag für eine aktive Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik bezeichnet. Vor allem die Verknüpfung von beruflicher Qualifizierung und Praxis wurde zunehmend anerkannt. Die örtliche Volkshochschule wurde als Träger gewonnen und Räume im VHS-Gebäude, die von der Stadt mietkostenfrei zur Verfügung gestellt wurden, konnten bezogen werden. 29 Die räumliche Nähe zur VHS – so war die Absicht – sollte sich positiv für die interne Qualifizierung im Modernen Schreibbüro und die externe Qualifizierung auf dem freien Markt auswirken. Im Juli 1997 wurde das Moderne Schreibbüro eröffnet und existierte bis Juli 2000. Finanzielle Förderung Das Land Schleswig-Holstein hatte Anfang 1995 ein auf fünf Jahre befristetes Programm „Arbeit für Schleswig-Holstein“ (ASH III) mit 307 Millionen Mark aus Landes- und EU-Mitteln aufgelegt. Aus diesem Programm wurde das Projekt finanziell mit dem Ziel gefördert, schwer vermittelbare Frauen in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Darüber hinaus fand eine Förderung nach § 19 des Bundessozialhilfegesetzes „Hilfe zur Arbeit“ zur „Förderung der Frauen aus der Sozialhilfe heraus“ statt. Eine weitere Finanzierung erfolgte über Eigenmittel des Trägers, durch Kreis und Stadt sowie durch ein Sponsoring der Kreissparkasse. Zielgruppen Zielgruppen waren arbeitslose Sozialhilfeempfängerinnen, überwiegend allein erziehende Mütter mit Kindern, behinderte Frauen und ältere Frauen. Am Anfang stand für die Teilnehmerinnen eine einmonatige Orientierungsphase. Danach erhielten sie einen Arbeitsvertrag über eine sozialversicherungspflichtige Stelle für 25 Wochenarbeitsstunden und Gehälter nach Tarif für ungelernte Bürokräfte. Die Tatsache, dass diese Frauen häufig zum ersten Mal ein Gehalt statt Sozialhilfe bezogen, war für sie schon ein großer Fortschritt und zugleich eine hohe Motivation für die Mitarbeit. Sozialpädagogische Betreuung Neben der Büroleitung aus zwei Teilzeitkräften wurde von Anfang an eine sozialpädagogische Betreuung durch eine Pädagogin angeboten. Sie unterstützte die Frauen in der Regelung der Kinderbetreuung, bei der Lösung persönlicher Konflikte, finanziellen Problemen, Bewältigung von Schwierigkeiten im beruflichen Alltag, bei Kontakten zu öffentlichen Stellen und Ämtern. Neben der beruflichen Qualifizierung der Frauen im Modernen Schreibbüro war es ebenso wichtig, dass sie sich zu organisieren lernten, Arbeitszeiten einzuhalten, ihren Tagesablauf zu strukturieren und zu erfahren, dass Familie und Erwerbsarbeit miteinander vereinbar sind. Ausgehend von ihren individuellen Möglichkeiten wurden die Frauen durch externe Fortbildungen – innerhalb der VHS – und interne – innerhalb des Modernen Schreibbüros – für die Arbeitsfelder Büro, Verwaltung, Vereinsarbeit und Gesundheitsversorgung qualifiziert. 30 Die Beendigung der Arbeit Allein aus den Einnahmen durch die Bearbeitung der Kundenaufträge konnte sich das Projekt wirtschaftlich nicht tragen. Mit Auslaufen des ASH III Programms änderten sich darüber hinaus die Förderbedingungen. Eine Erhöhung der Anzahl der Teilnehmerinnen scheiterte an den räumlichen Bedingungen und an der geringen Zahl der infrage kommenden Sozialhilfeempfängerinnen. Resümee In den drei Jahren Laufzeit nahmen 30 Sozialhilfeempfängerinnen an dem Projekt teil. 15 von ihnen konnten noch in dieser Zeit in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden, andere entschieden sich für eine Umschulung oder den Beginn einer Ausbildung. Mit einiger Verzögerung haben später noch einige weitere Frauen aus dem Projekt eine Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt gefunden. Vier Frauen, die als Projektleiterinnen während des Zeitraumes tätig waren, fanden ebenfalls eine feste Anstellung auf dem ersten Arbeitsmarkt. Andere erfuhren einen beruflichen Einstieg oder Wiedereinstieg in Teilzeit, • sie erlebten, dass Familie und Erwerbsarbeit vereinbar sein kann und lernten, das eigene Umfeld zu strukturieren und • sie steigerten ihre Chancen, unabhängig von Sozialhilfe zu leben. Mit dem Beirat, der das Projekt während der Laufzeit begleitete, fand eine gute Zusammenarbeit statt. Der rege Austausch führte bei allen zu einer Sensibilisierung und zu einem stärkeren Bewusstsein über die Situation und die Probleme von allein Erziehenden und Sozialhilfeempfängerinnen. Girls‘ Day – Mädchenzukunftstag 2002, 2003, 2004 Margot Engel, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Wedel „Mädchen können alles, wenn man sie nur lässt!” So lautete 1993 die erste in Wedel organisierte Veranstaltungsreihe zum Thema Berufswahl. Dieser Aufruf hatte jedoch nur bedingt Erfolg, denn auch nach mehr als zehn Jahren ist festzustellen, dass nach wie vor viele Mädchen nicht das gesamte Spektrum der Berufe im Blick haben, sondern frauentypische Ausbildungen wählen. Auch die in Zusammenarbeit mit Schulen, der Stadtjugendpflege und der kirchlichen Jugendarbeit im Laufe der Jahre initiierten Projekte wie „Schnuppertage: Mädchen in Männerberufe“, „Ran an die Zukunft“ und „Computerwoche für Mädchen“ stärkten bei den Teilnehmerinnen zwar das Selbstvertrauen, weckten aber trotz einer guten Berichterstattung in der lokalen Presse wenig Aufmerksamkeit über den Kreis der unmittelbar Beteiligten hinaus. 31 Der Girls’ Day als bundesweite Veranstaltung mit hervorragendem Material des „Kompetenzzentrums Frauen in Informationsgesellschaft und Technologie“ in Bielefeld erzielte dagegen eine nachhaltige Wirkung, obwohl die Zahl der beteiligten Mädchen zunächst gar nicht so viel höher lag als bei den früher angebotenen Projekten. Inzwischen kann von einer hervorragenden Beteiligung gesprochen werden. So nahmen 2002 allein 126 Schülerinnen der verschiedenen Wedeler Schulen am Girls’ Day teil und die Tendenz ist steigend. Auch die Stadt Wedel hat sich den Girls’ Day zu einem eigenen Anliegen gemacht. Zwischen 11 und 16 Mädchen haben in den vergangenen drei Jahren in der Stadtverwaltung Wedel und ihren Außenstellen hospitiert. Erfreulich war die Bereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich einmal „in die Karten gucken“ zu lassen. Neben den Bereichen Bau und Umwelt beteiligten sich auch die Wirtschaftförderung und die Justitiarin, die Betreuerinnen und Betreuer der Obdachlosenunterkünfte und das Büro für Öffentlichkeitsarbeit. 2004 kamen die Stadtentwässerung und die Stadtwerke hinzu. Inzwischen gibt es auch einen festen Tagesablauf: Nach einer Einführung am morgen mit einem Überblick über die Aufgaben einer Kommunalverwaltung und die Ausbildungsmöglichkeiten folgt später eine gemeinsame Pressekonferenz und zum Abschluss des Tages ein Gespräch mit dem Bürgermeister. Als kleiner, aber nicht zu vergessender „Event“ ist noch die Einladung zum Mittagessen in der Rathauskantine zu erwähnen. In Wedel sind inzwischen alle weiterführenden Schulen intensiv in das Projekt „Girls’ Day“ eingestiegen, greifen die positive Intention auf und bereiten sogar entsprechende Unterrichtseinheiten für Jungen vor. nisse kommunaler Aufgaben und politischer Abläufe ebenso angeboten wurden, wie auch Seminare zur Qualifizierung der praktischen Handlungskompetenz. Die Fortbildungsreihe war in einzelne Bausteine aufgeteilt, die beliebig – in ihrer Gesamtheit oder einzeln – genutzt werden konnten. Die Seminare, Workshops und Bildungsurlaube wurden parallel in Heide und Brunsbüttel durchgeführt. Die gemeinsame Abschlussveranstaltung war gleichzeitig Auftakt für ein Mentoring in der Politik; eine einfache und effektive Hilfestellung, jemanden bei der Übernahme neuer Aufgaben zu unterstützen. Dabei tun sich Erfahrene mit Interessierten zusammen. Hier stellten sich elf erfahrene Politikerinnen aus Dithmarschen zur Verfügung, um politischen Anfängerinnen bei der Übernahme neuer Aufgaben oder Positionen zu unterstützen und um bei der Herstellung von Kontakten zu helfen. Im Rahmen der Veranstaltung wurden die Politikerinnen darüber hinaus zu ihrem Einstieg in die Politik, zu ihren Arbeitsschwerpunkten, zu geschlechtsspezifischen Arbeitsweisen und zur Frauenpolitik befragt. Informationsbroschüre – „Wegweiser für Frauen in Ostholstein“ Christine Ewers und Silke Meints, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Ostholstein Seit der Etablierung der Gleichstellungsstelle des Kreises Ostholstein vor 17 Jahren ist die Zahl der dringend erforderlichen Hilfs- und Beratungsangebote im Kreisgebiet ständig gestiegen. 2b In dieser Zeit sind auch die Frauenfachberatungsstellen und das Frauenhaus entstanden. Beratungsinstitutionen werden erfahrungsgemäß weit häufiger von Frauen als von Männern aufgesucht. Nicht selten ist es für Frauen jedoch schwierig, das für ihre spezielle Lebenssituation geeignete Angebot herauszufinden. Frauen im öffentlichen Leben Frau Macht Politik Margot Wilke, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Dithmarschen Die Unterrepräsentanz von Frauen im politischen Ehrenamt im Kreis Dithmarschen und die bevorstehende Kommunalwahl 2003 waren für die hauptund ehrenamtlichen Gleichstellungsbeauftragten Anlass, in Zusammenarbeit mit den Volkshochschulen und dem Kreislandfrauenverband, mehr Frauen für die Kommunalpolitik zu gewinnen. Unter dem Titel „Frau Macht Politik“ entstand 2002/2003 eine Fortbildungsreihe, in der praxisnah Grundkennt32 Vor diesem Hintergrund hat die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Ostholstein einen „Wegweiser für Frauen in Ostholstein“ konzipiert. Der Wegweiser wurde in Form eines Handbuches herausgegeben, um Frauen Wege aufzuzeigen, die bei Problemen schnelle Hilfe ermöglichen. Darüber hinaus sollte der Wegweiser die Beratung von Frauen für Frauen erleichtern sowie den Kontakt der Frauen im Kreis untereinander fördern. Die erste Auflage des Wegweisers erschien 1993 und war ein großer Erfolg. Innerhalb kurzer Zeit waren 4000 Exemplare vergriffen. Es gab ausschließlich positive Rückmeldungen von Frauen, insbesondere auch von 33 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den verschiedensten Institutionen, die den Wegweiser als Nachschlagewerk für die Beratungsarbeit schätzten. Seit dem Erscheinen wurde der Wegweiser ständig nachgefragt, so dass 1995 eine aktualisierte Neuauflage herausgegeben wurde. Da jedoch die Qualität eines guten Wegweisers in hohem Maße von seiner Aktualität abhängig ist und sich aus unterschiedlichsten Gründen laufend Veränderungen ergeben – sei es bei den AnsprechpartnerInnen, Telefonnummern oder Trägerinnen und Trägern – soll der „Wegweiser für Frauen in Ostholstein“ nun online gehen. Künftig wird damit auf der Internetseite des Kreises ein ständig aktualisiertes Hilfsangebot zur Verfügung stehen. Als Handbuch wird der Wegweiser voraussichtlich nur dann – und in geringer Auflage – erscheinen, wenn die Finanzierung sichergestellt ist. Für die Nutzerinnen und Nutzer ist der Wegweiser nicht nur ein Hilfeangebot, er dokumentiert gleichzeitig das breit gefächerte politische und soziale Engagement von Frauen und leistet damit in der Öffentlichkeit auch einen wesentlichen Beitrag zur Sensibilisierung für frauenspezifische Belange. 2c Geschlechtergerechte Familienpolitik Projekt „Familienfreundliche Betriebe“ Andrea Boyer, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Nordfriesland Aus einem auf Bundes- und Landesebene durchgeführten Wettbewerb mit der Auszeichnung von Best-Practise-Beispielen familienfreundlicher Betriebe entstand ein Vorhaben, das Ende 2003 zu dem Projekt „Familienfreundliche Betriebe“ für die Regionen Nordfriesland und Dithmarschen führte. Ziel des Projektes ist der Aufbau einer Beratungsstruktur für kleine und mittlere Unternehmen, die Entwicklung von familienfreundlichen Maßnahmen als Wettbewerbsfaktor und die Stärkung der Wirtschaftsstandorte in beiden Kreisen an der Westküste. In der Demografie zeichnet sich seit Jahren eine (Über-)Alterung der Bevölkerung ab. Die Konsequenzen für Unternehmen liegen auf der Hand. Konsumenten, Zielgruppen und ebenso das verfügbare Personalpotential verändern sich nachhaltig. Dem Arbeitsmarkt stehen immer weniger junge Menschen zur Verfügung, die als geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Frage kommen. Für Betriebe ist es entscheidend, gezielt die richtigen auszuwählen, ihre berufliche Entwicklung innerhalb des Betriebes zu unter34 stützen, fortzubilden und auf lange Sicht an das Unternehmen zu binden. Zunehmend wenden sich Unternehmensführungen den Fragen zu, die bislang als Randbereiche der Personalpolitik galten. Diese Umorientierung erfolgt nicht nur angesichts der sich verschärfenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Sie ist auch die Reaktion auf einen fundamentalen Wandel der gesamtgesellschaftlichen Situation. Lebensformen und Familienmodelle werden vielfältiger und geben unterschiedliche Bedürfnisse wider, die auch für den Erfolg eines Unternehmens von Bedeutung sind. Nach wie vor sehen 75% der weiblichen und 65% der männlichen Jugendlichen in der Gründung einer eigenen Familie eine der Grundvoraussetzungen zum „glücklich sein“. Die Daten der neuesten Shell-Studie belegen zudem, dass über zwei Drittel der jungen Menschen – in den neuen Bundesländern sogar 76% und damit mehr als die 64% in den alten Ländern – sich später Kinder wünschen. Damit sie ihren Kinderwunsch realisieren können, ist die Konkretisierung des Anspruchs auf „Familienfreundlichkeit“ auf breiter Basis unabdingbar. Ein breites Bündnis von Akteuren und Akteurinnen des Netzwerks „Familienfreundliche Betriebe“ möchte mit diesem Projekt kleine und mittlere Unternehmen in den Kreisen Nordfriesland und Dithmarschen ansprechen und eine weitere Stärkung der Wirtschaftsstandorte an der Westküste erreichen. Damit ist dieses Projekt im Regionalprogramm 2000 in SchleswigHolstein das erste, dass der Zielsetzung des Förderprogramms „Verbesserung der Beschäftigungschancen für Frauen“ als Schwerpunkt entspricht. Mit dem Aufbau und der Optimierung der Beratungs- und Dienstleistungsinfrastruktur für kleinere und mittlere Unternehmen verfolgt das Projekt ein weiteres Ziel. Hierfür ist ein dreijähriges, modulares Aktionsprogramm geplant. Unterstützt wird dieses Aktionsprogramm durch das Netzwerk der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Nordfriesland in Kooperation mit der Entwicklungsgesellschaft Brunsbüttel, den Kreishandwerkerschaften, der Industrieund Handelskammer, Frau & Beruf Nordfriesland und Dithmarschen. Außerdem der Universität Flensburg, dem DGB sowie den Gleichstellungsbüros der Kreise Nordfriesland, Dithmarschen und der Städte Husum, Heide und Brunsbüttel. Träger des Projektes ist die Projektgesellschaft Westküste. Im Rahmen des Netzwerkes ist einerseits eine öffentlichkeitswirksame Kampagne dafür vorgesehen, bei möglichst zahlreichen Unternehmen und Institutionen das Interesse für diesen wirtschaftlich und gesellschaftlich immer stärker in den Mittelpunkt geratenen Themenbereich zu wecken bzw. zu intensivieren. Zum anderen lenken die Netzwerkaktivitäten das Augenmerk 35 aktueller und potentieller Investoren, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf ausgewiesene Stärken der Wirtschaftsstandorte Nordfriesland und Dithmarschen. ligung der Väter. Denn häufig reicht das Beispiel eines Vaters, das von anderen aufgegriffen wird; eine „Initialzündung“, eine Anregung zum Mitmachen. Kernbereich der Kampagne ist eine Bestandsanalyse durch die Universität Flensburg, die durch Betriebsbefragungen und vertiefende Untersuchungen einerseits über mögliche Maßnahmen informiert, andererseits aber auch Best-Practise-Beispiele aus der Region ermittelt. Auch kann eine Überleitung von interessierten Betrieben in Auditierungsprozesse und damit einhergehend einer Zertifizierung erreicht werden. Mittlerweile sind es mehr als 100 Väter in Schleswig-Holstein, die sich der Initiative angeschlossen haben und in erfreulicher Zusammenarbeit mit Trägern und Kita-Leitungen auch mit ihren ganzen Familien Organisationstalente und Kompetenzen eingebracht haben. Dies alles geschah und geschieht ohne große finanzielle Kraftakte. Der Schleswiger Initiative folgend wurden inzwischen sechs Projekte durchgeführt – in Flensburg, Husby, Husum, Quickborn und Berkentin – und durch einen Sponsor prämiert; 34 Anfragen waren zuvor bei den Initiatoren eingegangen. Der Bewilligungsbescheid für das Projekt „Familienfreundliche Betriebe in Nordfriesland“ wurde am 11.05.2004 durch die Ministerin für Justiz, Frauen, Jugend und Familie des Landes Schleswig-Holstein, Anne Lütkes, in der Auftaktveranstaltung in Husum an den Projektträger überreicht. Die Broschüre zu diesem Projekt und die Dokumentation der prämierten Einrichtungen können in der Gleichstellungsstelle kostenlos angefordert werden. Telefon: 0 46 21/814-150 oder 814-301, e-mail: gleichstellung@schleswig.de 2d Geschlechtergerechte Erziehung in Kindertagesstätten/ „Papis in die Kitas – Männer können’s auch“ Karin Petersen-Nißen, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Schleswig Stadtplanung Unter diesem Motto startete im September 2002 ein landesweites Projekt, mit dem Väter motiviert werden sollen, sich ehrenamtlich in Kindertageseinrichtungen (Kita) für ihre Kinder und für den Kindergarten ihrer Töchter und Söhne zu engagieren. Claus-Dieter Weiß, Leiter einer Kindertagesstätte und Karin Petersen-Nißen, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Schleswig, hatten das Projekt entwickelt, Leitziele erarbeitet und es in Bewegung gebracht. Denn nach ihrer Überzeugung macht die ehrenamtliche Mitarbeit von Vätern in Kindertagesstätten das Thema „geschlechtsspezifische Erziehung“ bewusst. Die seinerzeit im Raum stehende Frage, ob Denkanstöße, wie sie von dem Projekt ausgehen sollten, überhaupt noch erforderlich sind, wo doch viele Väter heute ihrer erzieherischen Verantwortung bewusst nachkommen und das Rollenverständnis in den vergangenen Jahrzehnten positive Veränderungen erfahren hat, wurde durch einen Blick auf die Realität beantwortet. So wird die Aufgabe, Kinder zu erziehen und zu bilden – ob in der Familie, in den Kindertagesstätten oder in den Schulen – nach wie vor überwiegend von Frauen wahrgenommen und auch in den Kindergärten sind Erzieher nur zu 3 % vertreten. Dieses Ungleichgewicht setzt sich in den Grundschulen bei den ausgebildeten Lehrkräften ganz ähnlich fort und auch in den Lehramtsstudiengängen nimmt der Frauenanteil eher noch zu. Andererseits gibt es bereits heute in zahlreichen Kitas eine erfreuliche ehrenamtliche Betei36 Sicherheit im öffentlichen Raum und Stadtplanung Maren Wichmann, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Plön „Plön ist sicher“, „So schlimm wie in Kiel oder in der Großstadt kann es nicht sein“ und „Bei uns passiert schon nichts“ lauteten die ersten Reaktionen auf den Vorstoß der Gleichstellungsbeauftragten und eines von ihr initiierten Arbeitskreises, die so genannten Angsträume in der Stadt zum Thema zu machen. Sicherheit im sozialen Raum ist ein sensibles Thema und die damit verbundenen Ängste sind unterschiedlich ausgeprägt: Ältere Menschen befürchten den so genannten Handtaschenraub, Eltern haben Angst um ihre Kinder, weil sie sexuelle Gewalt oder Missbrauch befürchten, Frauen und Mädchen befürchten ebenfalls sexuelle Gewalt. Deren Thematisierung kann einerseits zur Enttabuisierung beitragen, andererseits Unsicherheiten auch noch verstärken. Mit Aufklärung und sinnvollen Maßnahmen soll daher dazu beigetragen werden, das subjektive Sicherheitsempfinden zu stärken. Ein alternativer Stadtspaziergang, begleitet durch eine Fotografin, gab erste Anhaltspunkte. Auffällig waren die vielen Unterführungen unter der in den siebziger Jahren gebauten Umgehungsstraße. Durch die neu gestaltete 37 Das Ergebnis veranlasste die Verantwortlichen der Stadt, die Themen „Angsträume“ und „Sicherheit im öffentlichen Raum“ nicht allein der Gleichstellungsbeauftragten zu überlassen, sondern die Verwaltung und Politik in die Verantwortung einzubeziehen. Dabei war allen am Prozess Beteiligten klar, dass eine Einzelmaßnahme die Probleme nicht lösen könne. Vorschläge gab es viele: Die Ergänzung der Fußgängertunnel durch eine zusätzliche Fußgängerquerung über die B 76, ein langfristiges Beleuchtungskonzept zur Einrichtung von Lichtschleusen im Stadtgebiet, die kurzfristige Beseitigung von „Angsträumen“ durch Umgestaltung der Bepflanzungen und zusätzliche Spiegel in Unterführungen. Auch wurden die Einrichtung (bewachter) Frauenparkplätze und die Unterstützung eines professionellen Beratungsangebotes für Opfer von Gewalt sowie die Subventionierung von Selbstverteidigungskursen vorgeschlagen. und geringerem Wartungsaufwand mit neuen Lampen konnten Kosten gesenkt werden. Es hat sich erwiesen, dass es sinnvoll ist, Gleichstellungsaspekte und Sicherheitsaspekte von vornherein bei der Bauleitplanung zu berücksichtigen. Dies bedeutet nicht nur mehr Qualität und Effektivität, sondern vermeidet auch Folgekosten. Gewaltprävention Selbstbehauptung für Mädchen und Jungen – Qualifizierte Präventionsangebote in der Gemeinde Henstedt-Ulzburg Annegret Horn, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Henstedt-Ulzburg 2e Altstadt mit der Verlegung von zwei Bundesstraßen aus dem Ortskern heraus war ein zusätzliches Problem entstanden, da die Innenstadt für Fußgänger und Fahrradfahrer jetzt überwiegend durch Tunnel zu erreichen ist. Eine Bürgerinnenbefragung gab Aufschluss darüber, dass Frauen am Abend andere Wege als am Tag wählen, welche Wege sie zurücklegen und welche Verkehrsmittel sie benutzen. Die Befragung ergab auch, welche Stellen als besonders kritisch eingeschätzt werden und wie man evtl. Abhilfe schaffen könnte. Das Engagement der beteiligten Organisationen (u.a. die Volkshochschule, Krankenkassen und Schulen), die ausführlichen Antworten und die hohe Zahl der Rückmeldungen bestätigten, dass das Thema „Angsträume in Plön“ viele Menschen bewegte. Sexualdelikte und Gewalttaten an Kindern erfahren in den Medien besondere Aufmerksamkeit. Entsprechend gab es in den vergangenen Jahren bei der Gleichstellungsstelle etliche Anfragen besorgter oder verunsicherter Eltern, die nach Möglichkeiten der Prävention fragten. Die am meisten gestellten Fragen waren: Wie können wir unsere Kinder schützen? Wie sollten Kinder in bedrohlichen Situationen reagieren? In Zusammenarbeit mit zwei Kommissarinnen der Kripo und der kreisweit tätigen Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt in Bad Segeberg wurden daraufhin Elternabende in den gemeindlichen Kindergärten und Grundschulen durchgeführt sowie alters- und geschlechtsspezifisch aufbereitete Informationsmaterialien verteilt. Diese Veranstaltungen waren eine Initialzündung für weitere Aktivitäten im Kreis Segeberg, die inzwischen zu einem Präventionsprojekt geführt haben, das über die Gemeindegrenzen hinaus wirkt. Manche Ideen, wie z. B. der Wunsch nach vermehrter Polizeipräsenz, der vor allem von Rentnerinnen geäußert worden waren, lagen nicht im Zuständigkeitsbereich der Stadt. Abschlägige Entscheidungen gab es auch hinsichtlich von Frauenparkplätzen, einer zusätzlichen Fußgängerquerung und der Finanzierung eines Beratungsangebotes für Frauen. In den Gesprächen wurde deutlich, dass nicht wenige Eltern sich Hilfe durch Maßnahmen wie z. B. Selbstverteidigungskurse versprechen. Hier ist in den letzten Jahren der „Markt“ an Anbietern, die die Zielgruppe „Kinder“ für sich entdeckt haben, stark gewachsen und nahezu unüberschaubar geworden. Neben der zunächst probeweisen Einführung eines Frauen- und Seniorennachttaxis und leicht zu bewerkstelligen Maßnahmen wie die Beschneidung von Büschen und besonderen Bepflanzungen stand vor allem die Beleuchtung der Stadt im Vordergrund. Mit der Beseitigung „dunkler Ecken“ an viel genutzten Wegen sollte das Sicherheitsgefühl verbessert werden. Ein willkommener Nebeneffekt: durch Energieeinsparung Am Beispiel eines eher fragwürdigen Angebotes in unserer Gemeinde zeigte sich, dass es neben seriösen Kursen auch eine Reihe kritisch einzuschätzender Aktivitäten gibt, bei denen weder auf die fachliche Qualifikation der Trainerinnen und Trainer noch auf die Inhalte der Kurse geachtet wird. So treten private Anbieter, die mit der Region bzw. mit dem Hilfesystem vor Ort weder vertraut noch verbunden sind, mit kostspieligen WochenendKursangeboten an Schulleitungen bzw. Elternvertretungen heran. Praktiziert werden pädagogisch hinterfragungswürdige Methoden und es werden körperliche Techniken der Selbstverteidigung vermittelt, die für Kinder in Gefahrensituationen bzw. in der Konfrontation mit körperlich Überlegenen nur 38 39 begrenzt – wenn überhaupt – einsetzbar sind. Gänzlich unberücksichtigt bleiben in den Angeboten die Behandlung der Entstehungsgründe von Gewalt, ihre unterschiedlichen Auswirkungen auf Mädchen und Jungen und deren unterschiedlichen Strategien im Umgang mit Konflikten. Um Eltern und Lehrer bzw. pädagogische Fachkräfte bei der Auswahl eines adäquaten Angebotes zu unterstützen, wurde zunächst ein Faltblatt entwickelt, das Qualitätsmerkmale für Kurse für Mädchen und Jungen zur Selbstbehauptung bzw. Selbstverteidigung enthält. Dies erfolgte in Zusammenarbeit mit der Kreisjugendschutzbeauftragten, dem „Projekt Gewaltprävention“ im Verein für Jugend und Kulturarbeit im Kreis Segeberg, der Frauenfachberatungsstelle Norderstedt sowie der Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt. Parallel dazu wurde von Anfang an das Ziel verfolgt, in der Gemeinde ein qualifiziertes Präventionsangebot zu etablieren, das dauerhaft angelegt ist und den Schwerpunkt auf Selbstbehauptung legt. Dieses Angebot soll das Selbstvertrauen und die Handlungssicherheit von Mädchen und Jungen erweitern und deren alltagsbezogene Erfahrungen aufgreifen, weshalb – zeitweilig – innerhalb des Kurses nach Geschlechtern getrennt und an weiblichen Vorbildern gelernt wird. Die Kinder sollen – um es ganz praktisch auszudrücken – „Nein“ sagen lernen, wo Erwachsene, auch ältere Kinder und Jugendliche Grenzverletzungen vornehmen und zu etwas veranlassen wollen, was die Kinder selbst nicht möchten. Als Kooperationspartner konnten dazu die Sportvereine gewonnen werden, die breiten Zugang zu Kindern und Jugendlichen haben, über Kenntnisse der örtlichen Situation verfügen und kontinuierlich ansprechbar sind. Der Kriminalpräventive Rat, dem auch die Gleichstellungsbeauftragte angehört, hat das Vorhaben von Anfang an unterstützt. Auf der Grundlage der entwickelten Qualitätsmerkmale wurde eine intensive Fortbildung mit Übungsleiterinnen und -leitern sowie Trainerinnen und Trainern durchgeführt, um ein eigenständiges Selbstbehauptungstraining für Mädchen und Jungen zu etablieren. Das Fortbildungskonzept wurde in Kooperation mit der Kreisjugendschutzbeauftragten, dem „Projekt Gewaltprävention“ und einem örtlichen Sportverein entwickelt. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich im Rahmen der Fortbildung sowie in zwei weiteren Folgetreffen intensiv mit den eigenen Gewalterfahrungen auseinandergesetzt, die Geschlechterfragen reflektiert und ein eigenständiges Kurskonzept entwickelt. 40 Auf dieser Grundlage sind nun erste Kursangebote gestartet. Schon jetzt zeichnet sich eine rege Nachfrage ab, so dass weitere Angebote folgen werden. Dank der kontinuierlichen Zusammenarbeit mit den verschiedensten Kooperationspartnern wirkt dieses Projekt nachhaltig über die Gemeinde- und Vereinsgrenzen hinweg und wird Vorbild für weitere Aktivitäten im Kreis Segeberg sein. Vor allem aber trägt es zur Qualitätssicherung in dem so sensiblen wie wichtigen Bereich der Gewaltprävention bei. Gewaltprävention an Heider Schulen Gabriela Petersen, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Heide Im Jahr 2003 gab es in der Kreisstadt Heide mehrere sexuelle Übergriffe auf Kinder und Jugendliche, die in der Öffentlichkeit und über die Medien intensiv diskutiert wurden. Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt initiierte daraufhin einen „Runden Tisch“, zu dem die Gleichstellungsbeauftragten und Schulleiter der zehn Heider Schulen sowie Jugendamt, Polizei und Beratungsstellen eingeladen wurden, um • Schulen über die vorhandenen Angebote zur Gewaltprävention zu informieren und diese dauerhaft in den Unterricht zu integrieren und • durch eine Vernetzung der Einrichtungen in Heide die vorhandenen Angebote und Projekte zur Gewaltprävention an Schulen bereitzustellen. Die Vorstellung der Projekte gab den Schulen einen guten Überblick zur Präventionsarbeit mit Opfern und Tätern ebenso wie über Beratungsangebote auch für Lehrerinnen und Lehrer. Potentielle Opfer benötigen Verhaltensstrategien, um den verschiedenen Formen der Gewalt entgegentreten zu können. Dies ist allein durch Informationen zum Thema Gewalt nicht zu leisten. Es bedarf gezielter Selbstbehauptungstrainings, um neue Verhaltensstrategien zu erlernen. Die Kurse kosten allerdings Geld und nicht jede Familie hat dazu die nötigen finanziellen Mittel. Die Gleichstellungsbeauftragte setzt sich dafür ein, dass jedes Kind in Heide während der Schulzeit mindestens einen Kurs besuchen kann. Um die Teilnahme allen Kindern zu ermöglichen, genehmigte die Stadt jeder Schule einen Zuschuss von 500,– € für die Durchführung von Selbstbehauptungstrainings. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, dass Gewaltprävention Teil des Unterrichtsangebotes an den Schulen wird. 41 2f Gesundheit Gesundheit von Frauen als Thema der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten Annegret Bergmann, Frauenbeauftragte der Landeshauptstadt Kiel Die Frauengesundheitsbewegung der 70er Jahre machte deutlich, dass Leben und Gesundheit von Frauen erheblich durch familien- und gesundheitspolitische Schwerpunktsetzungen der Gesellschaft beeinflusst werden. Damit fand auch die Erkenntnis Eingang in die politische Diskussion, dass „Gesundheit“ mehr erfordert als lediglich die Bereitstellung ausreichender medizinischer Versorgung. Die Gesundheit von Frauen unterliegt – auch abgesehen von Schwangerschaft und Geburt – gegenüber der von Männern zusätzlichen Belastungen. Frauen müssen oft mehreren Rollen gerecht werden: als Erwerbstätige, Partnerin, Mutter und Pflegerin von Angehörigen. Auch sind Frauen immer noch vielfältigen Benachteiligungen ausgesetzt – sie sind z. B. häufiger Opfer von Gewalt, häufiger sozial benachteiligt und werden im Beruf häufig schlechter bezahlt als Männer. Auch ein Mangel an Anerkennung wirkt sich negativ aus und beeinflusst das Selbstwertgefühl. Die Medizin hat sich im Zuge der Frauenforschung in den letzten Jahren verstärkt den Unterschieden zwischen Männern und Frauen zugewandt. Dadurch wissen wir mittlerweile, dass Frauen andere gesundheitliche Risiken tragen als Männer. Trotzdem orientieren sich Wissenschaft und Praxis im Gesundheitsbereich auch heute noch überwiegend an der männlichen Lebenssituation. Die gesellschaftlichen Lebensbedingungen von Frauen werden als Ursache gesundheitlicher Beeinträchtigungen oder massiver Erkrankungen noch viel zu wenig berücksichtigt. Sie wirken sich jedoch in vielfältiger Weise aus: • Frauen und Männer unterscheiden sich sowohl in ihrer Wahrnehmung von gesundheitlichen Einschränkungen als auch in der Art der Krankheitsbewältigung. • Frauen haben ein ausgeprägteres Vorsorgedenken, sind aufmerksamer als Männer in Bezug auf körperliche Befindlichkeiten und reagieren sensibler auf Störungen im Umfeld. • Bei Frauen können sich dieselben Erkrankungen durch ganz andere Symptome ankündigen als bei Männern. Bekannt ist dies z. B. vom Herzinfarkt. 42 • Medikamente wirken sich auf den Organismus von Frauen häufig anders aus, als auf den von Männern. Dies wird jedoch vor der Zulassung der Medikamente selten überprüft. • Studien haben ergeben, dass für Diagnosen bei Frauen durchweg immer noch weniger Zeit und Anstrengung aufgewandt wird als bei Männern. Der europäische Aktionsplan für Frauen und Gesundheit der World Health Organisation (WHO) der UNO forderte 1992, der Gesundheit von Frauen ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit und Dringlichkeit zuzumessen. Zwei Jahre später initiierte das WHO-Regionalbüro Europa ein politisches Bekenntnis zu „Frauen-Gesundheitspolitik“. Beispielhafte Forderungen darin sind: • Frauenfreundliche und bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung • Geschlechterdifferenzierte Gesundheitsberichterstattung • Frauen-Gesundheitsforschung • Mehr Frauen in führende Positionen der Gesundheitspolitik. Vor diesem Hintergrund ist die Empfehlung des Deutschen Städtetages von 1998 an die Kommunen zu sehen, auf ihrer Ebene regelmäßige „Runde Tische“ durchzuführen. Durch sie sollen Erfahrungen aus der gesundheitlichen Praxis in fachliche Beratung der kommunalpolitischen Entscheidungsträgerinnen und -träger einmünden und Maßnahmen entwickelt werden, die die Lebens- und Gesundheitsbedingungen von Frauen dauerhaft verbessern. In enger Zusammenarbeit mit den Frauen-Fachberatungsstellen, dem Amt für Gesundheit, dem Ärztinnen-Bund und anderen einschlägigen Institutionen hat die Kieler Frauenbeauftragte bisher zwei „Runde Tische“ durchgeführt: einen über „Essstörungen“, dessen Dokumentation als erste Einführung in die Problematik immer noch sehr gefragt ist, und einen weiteren zum Thema „Frauengerechte Psychotherapie“. Dieser bewirkte die Gründung eines „Initiativkreises zur Verbesserung der Psychotherapie in Kiel“, der eine stärkere Vernetzung zwischen Frauen-Fachberatungsstellen, niedergelassenen Therapeutinnen und Institutionen wie dem „Borderline-Netzwerk“ herstellt und an der Verbesserung der ambulanten Therapieangebote in Kiel arbeitet. Auch zu diesem „Runden Tisch“ liegt eine Dokumentation vor. Ein dritter zur Frage des „Wunsch-Kaiserschnitts“ folgt im November 2004. 43 Auf einer Tagung zum Thema „Frauen Körper Gesundheit Schönheit“ im Herbst 2003 standen aus medizinischer, soziologischer, künstlerischer und theologischer Sicht Körper- und Selbstwahrnehmung, der Umgang mit dem eigenen Körper und der herrschende Körperkult in seiner Beziehung zur Gesundheit von Frauen im Mittelpunkt. Die dabei demonstrierte interdisziplinäre Zusammenarbeit ist unabdingbar angesichts der vielfältigen Einflüsse auf die weibliche Gesundheit. Das neue Psychiatriegutachten für die Landeshauptstadt Kiel bescheinigt den Kieler Frauen-Fachberatungsstellen, qualitativ auf einem sehr hohen Niveau zu arbeiten. In dem Gutachten wird die Stadt Kiel mit Nachdruck aufgefordert, dieses Angebot zu erhalten. Auch soll mit der Arbeit der Frauenbeauftragten dazu beigetragen werden, die Qualität der Einrichtungen deutlich zu machen, Fachwissen – im Sinne des Gender Mainstreaming – weiter in die Öffentlichkeit zu tragen und damit langfristig eine bessere Gesundheitsversorgung für Frauen zu sichern. 2g Migration Deutschkurse für ausländische Mitbürgerinnen Karin Moltzen, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Barsbüttel Notwendigkeit und Ziele des Projektes Die Sprachförderung der Migrantinnen ist der wichtigste Schritt, um ihre Integration zu ermöglichen. Für Erwachsene und insbesondere für Migrantinnen sind mangelnde Sprachkenntnisse oft Hindernisse für eine berufliche und gesellschaftliche Integration. Mit dem Projekt „Deutschkurse für ausländische Mitbürgerinnen“, das seit November 2000 in Barsbüttel existiert, werden die Voraussetzungen geschaffen, um derzeit 30 Migrantinnen aus neun verschiedenen Nationen mit ihren Kleinkindern in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Für Migrantinnen mit Kindern ist es wichtig, die Sprache des Landes, in dem sie leben, zu sprechen und zu verstehen, um den alltäglichen Erfordernissen gerecht zu werden. Sie müssen ihren Kindern bei den Schulaufgaben helfen, dem Elternabend folgen und die Zeugnisse lesen können. 44 Mit diesem Projekt ist aber auch den deutschen Frauen in Barsbüttel die Möglichkeit gegeben, sich mit der Thematik „Migration“ und den damit verbundenen Problemen auseinanderzusetzen, zu diskutieren und politische Standpunkte zu entwickeln. So sind in diesem Projekt sechs ehrenamtlich tätige Frauen eingebunden. Sie übernehmen den Unterricht und die Kinderbetreuung und haben darüber hinaus für sich selbst ein aktives Betätigungsfeld gefunden, das ihnen Freude, Spaß und Anerkennung bietet. Zweimal wöchentlich erhalten die Migrantinnen die Möglichkeit, die deutsche Sprache im Unterricht zu erlernen. Für diejenigen, die über wenige oder geringe Kenntnisse verfügen, wird ein Grundkurs angeboten. Hier stehen die Grammatik und die Konversation im Mittelpunkt. Aber auch auf Alltägliches, wie z. B. das Ausfüllen von Formularen, wird im Unterricht eingegangen. Teilnehmerinnen, die in ihrer Landessprache weder lesen noch schreiben gelernt haben, können in einem Alphabetisierungskurs diese Fähigkeiten erwerben. Parallel zum Deutschunterricht werden die Kinder der Kursteilnehmerinnen betreut. Dadurch werden die Kleinkinder schon sehr früh an die deutsche Sprache herangeführt und sie lernen diese beim Spielen, Malen, Singen und Basteln. So bekommen die Kinder Kontakt untereinander und machen gemeinsam erste Erfahrungen mit den Lebensgewohnheiten des Landes, in dem sie leben. Die Kinder sind im Alter von einem bis zu vier Jahren. Beim Wechsel in den Kindergarten hat sich gezeigt, dass sie sich auch Dank der bis dahin erlernten Sprachkenntnis gut einleben. Das Projekt hat seinen Standort in der Grundschule Barsbüttel. Sowohl die Schulleitung als auch das Lehrerkollegium und der dort ansässige „Verein feste Grundschulzeiten“ haben durch eine stets offene Haltung, Vergabe von Räumen, Mithilfe bei der Kinderbetreuung, Verleihung von Schulmaterialien etc. zum Erfolg des Projektes beigetragen. 45 2h Kultur Die Lauenburger Frauenschreibwerkstatt Friederike Betge, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Lauenburg Am 8. Mai 2000 – zum 55. Jahrestag des Kriegsendes – brachte die Lauenburger Gleichstellungsbeauftragte eine Broschüre mit dem Titel „1945 – Lauenburger Frauen erzählen ihre Geschichte“ heraus. Dort kommen zehn Frauen zu Wort, die in Lauenburg als Flüchtling oder Einheimische das Kriegsende erlebt haben. Sieben der Berichte kamen durch Tonbandinterviews zustande, die mit den Frauen geführt wurden, die übrigen drei lagen bereits in Schriftform vor. Die Vorstellung der Dokumentation mit Lesungen durch die Autorinnen fand im Anschluss an die öffentliche Kranzniederlegung zum Anti-Kriegstag vor mehr als 50 interessierten Männern und Frauen im Lauenburger Schloss statt. Nachdem die Broschüre in der Kleinstadt Lauenburg ein großer Erfolg wurde (mittlerweile sind mit der 2. Auflage fast 1000 Exemplare verkauft), wandelten sich bei einem Teil der Interviewten die Zweifel am Interesse an ihrer Geschichte („Das haben doch alle erlebt, das interessiert doch niemanden“) in das Bedürfnis, vertiefend in die eigene Biografie einzusteigen. So entstand die Idee, den Frauen in einer Wochenend-Schreibwerkstatt diese Möglichkeit zu eröffnen. Unter Anleitung der Dramaturgin Heike Schmidt aus Lüneburg wurde sodann im Herbst 2000 im historischen Ambiente des Lauenburger Magistratssaales – mit herrlichem Blick über die Elbe – in der Schreibwerkstatt gearbeitet. Vielleicht lag es mit an dieser reizvollen Umgebung, dass ein fester Kern dieser Gruppe seitdem in etwa monatlichem Abstand zum Schreiben zusammen kommt. Weitere Frauen sind hinzugekommen und für alle Teilnehmerinnen ist die Frauenschreibwerkstatt ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens geworden. Im Juni 2002 wurde in Anwesenheit von Frauenministerin Anne Lütkes im Alten Kaufmannshaus in der Lauenburger Unterstadt das erste „Druckerzeugnis“ der Frauenschreibwerkstatt „Großmutter – Mutter – Tochter. Eine Spurensuche“ vorgestellt, das ist inzwischen viele hundert Male verkauft wurden. Neben der Arbeit an einer neuen Textsammlung zum Thema „Kindheit, Schule, Berufsausbildung“ gibt es für die Schreibwerkstatt immer wieder Möglichkeiten, öffentlich aus dem Verfassten zu lesen, etwa auf dem historischen Raddampfer „Kaiser Wilhelm“ anlässlich eines Städtepartnertreffens mit Delegierten aus Belgien, Frankreich und Polen im August 2003. Auch die Begegnungen zwischen Jung und Alt, etwa mit Schülerinnen der AWO-Altenpflegeschule oder im Rahmen einer Projektwoche der Integrierten Gesamtschule Geesthacht sind Gelegenheiten, gelebte Geschichte zu vermitteln. Selbstbewusst und selbstverständlich erzählen die Frauen beeindruckende Details aus ihrem Leben. Die literarische Qualität der Erzählungen spricht an. Die Frauen scheuen sich auch nicht, Tabu-Themen – etwa das eigene Verhältnis zum Nationalsozialismus – ohne Schönfärberei in ihre Schilderungen einzubeziehen. Die Schreibwerkstatt findet unregelmäßig einmal im Monat, samstags von 11.00 Uhr bis 18.00 Uhr, im Lauenburger Schloss statt. Die Leitung hat nach dem Wegzug Heike Schmidts inzwischen die Gleichstellungsbeauftragte als „gelernte“ Germanistin und Historikerin übernommen. Die Gruppe ist für Neueinsteigerinnen offen. Neben Übungen zum kreativen Schreiben ist das übergreifende Thema nach wie vor die eigene Biografie. Dabei steht zwar die schriftliche Form im Vordergrund, es ist jedoch auch viel Bedarf für Gespräche vorhanden; vieles kann nur in der vertrauensvollen Umgebung dieser Frauengruppe ausgesprochen werden. So dienen das Schreiben und das kritische Besprechen der Texte für die Autorinnen auch dem Aufarbeiten des eigenen Lebensschicksals und dem Reflektieren über die gesellschaftliche Einbindung. 46 47 Auszüge aus der Kommunalverfassung § 2 Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein (GO) vom 28. Februar 2003 (GVOBl. Schl.-H. 2003 S. 57) § 2 Selbstverwaltungsaufgaben (1) … (2) … (4) Verstößt eine Maßnahme, die der Entscheidung der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters obliegt, nach Auffassung der Gleichstellungsbeauftragten gegen §§ 3 bis 8, 12, 13, 15 Abs. 1 oder 16 des Gleichstellungsgesetzes vom 13. September 1994 (GVOBI. Schl.-H. S. 562), Zuständigkeiten und Ressortbezeichnungen ersetzt durch Verordnung vom 13. Februar 2001 (GVOBI. Schl.-H. S. 34), kann sie schriftlich unter Darlegung der Gründe binnen drei Werktagen Widerspruch erheben. Hält die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister den Widerspruch für begründet, hilft sie oder er ihm ab. Anderenfalls hat sie oder er die Gemeindevertretung, in hauptamtlich verwalteten Gemeinden den Hauptausschuss, zu unterrichten. Die Unterrichtung erfolgt unter Beifügung des Widerspruchs der Gleichstellungsbeauftragten und der Nichtabhilfeentscheidung. Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister kann die Maßnahme frühestens zehn Werktage nach erfolgter Unterrichtung ausführen. 48 (5) … 3 § 2 Kreisordnung für Schleswig-Holstein (KrO) vom 28. Februar 2003 (GVOBl. Schl.-H. 2003 S. 94) § 2 Selbstverwaltungsaufgaben (1) … (2) … Auszüge (3) Zur Verwirklichung des Grundrechts der Gleichberechtigung von Mann und Frau haben die Gemeinden mit eigener Verwaltung Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. Die Gleichstellungsbeauftragte ist in Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern grundsätzlich hauptamtlich tätig; das Nähere regelt die Hauptsatzung. Die Hauptsatzung soll im Übrigen bestimmen, dass die Gleichstellungsbeauftragte in Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig ist und an den Sitzungen der Gemeindevertretung und der Ausschüsse teilnehmen kann. Ihr ist in Angelegenheiten ihres Aufgabenbereichs auf Wunsch das Wort zu erteilen. Die Gleichstellungsbeauftragte wird von der Gemeindevertretung bestellt. Die Bestellung zur Gleichstellungsbeauftragten kann aus Gründen, die in der Person oder in dem Verhalten der Gleichstellungsbeauftragten liegen, oder wegen dringender dienstlicher Erfordernisse mit der Zustimmung der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Gemeindevertreterinnen und -vertreter oder in entsprechender Anwendung des § 626 BGB widerrufen werden. Dringende Maßnahmen kann die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister sofort ausführen. Die Gründe dafür sind der Gemeindevertretung, in hauptamtlich verwalteten Gemeinden dem Hauptausschuss, mitzuteilen. (3) Zur Verwirklichung des Grundrechts der Gleichberechtigung von Mann und Frau haben die Kreise Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. Die Gleichstellungsbeauftragte ist hauptamtlich tätig; das Nähere regelt die Hauptsatzung. Die Hauptsatzung soll im Übrigen bestimmen, dass die Gleichstellungsbeauftragte in Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig ist und an den Sitzungen des Kreistags und der Ausschüsse teilnehmen kann. Ihr ist in Angelegenheiten ihres Aufgabenbereichs auf Wunsch das Wort zu erteilen. Die Gleichstellungsbeauftragte wird vom Kreistag bestellt. Die Bestellung zur Gleichstellungsbeauftragten kann aus Gründen, die in der Person oder in dem Verhalten der Gleichstellungsbeauftragten liegen, oder wegen dringender dienstlicher Erfordernisse mit der Zustimmung der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Kreistagsabgeordneten oder in entsprechender Anwendung des § 626 BGB widerrufen werden. (4) Verstößt eine Maßnahme, die der Entscheidung der Landrätin oder des Landrats obliegt, nach Auffassung der Gleichstellungsbeauftragten gegen §§ 3 bis 8, 12, 13, 15 Abs. 1 oder 16 des Gleichstellungsgesetzes, kann sie schriftlich unter Darlegung der Gründe binnen drei Werktagen Widerspruch erheben. Hält die Landrätin oder der Landrat den Widerspruch für begründet, hilft sie oder er ihm ab. Anderenfalls hat sie oder er den Hauptausschuss zu unterrichten. Die Unterrichtung erfolgt unter Beifügung des Widerspruchs der Gleichstellungsbeauftragten und der Nichtabhilfeentscheidung. Die Landrätin oder der Landrat kann die Maßnahme frühestens zehn Werktage nach erfolgter Unterrichtung ausführen. Dringende Maßnahmen kann die Landrätin oder der Landrat sofort ausführen. Die Gründe dafür sind dem Hauptausschuss mitzuteilen. 49 § 22 a Amtsordnung für Schleswig-Holstein (AO) vom 28. Februar 2003 (GVOBl. Schl.-H. 2003 S. 112) § 22 a Gleichstellungsbeauftragte (2) Verstößt eine Maßnahme, die der Entscheidung der leitenden Verwaltungsbeamtin oder des leitenden Verwaltungsbeamten obliegt, nach Auffassung der Gleichstellungsbeauftragten gegen §§ 3 bis 8, 12, 13, 15 Abs. 1 oder 16 des Gleichstellungsgesetzes vom 13. September 1994 (GVOBl. Schl.-H. S. 562), Zuständigkeiten und Ressortbezeichnungen ersetzt durch Verordnung vom 13. Februar 2001 (GVOBl. Schl.-H. S. 34), kann sie schriftlich unter Darlegung der Gründe binnen drei Tagen Widerspruch erheben. Hält die leitende Verwaltungsbeamtin oder der leitende Verwaltungsbeamte den Widerspruch für begründet, hilft sie oder er ihm ab. Anderenfalls hat sie oder er den Amtsausschuss zu unterrichten. Die Unterrichtung erfolgt unter Beifügung des Widerspruchs der Gleichstellungsbeauftragten und der Nichtabhilfeentscheidung. Die leitende Verwaltungsbeamtin oder der leitende Verwaltungsbeamte kann die Maßnahme frühestens zehn Werktage nach erfolgter Unterrichtung ausführen. Dringende Maßnahmen kann die leitende Verwaltungsbeamtin oder der leitende Verwaltungsbeamte sofort ausführen. Die Gründe dafür sind dem Amtsausschuss mitzuteilen. (3) Die Verpflichtung des Amtes zur Bestellung einer Gleichstellungsbeauftragten nach Absatz 1 geht in den Fällen des § 1 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 auf die geschäftsführende Gemeinde über. Die Gleichstellungsbeauftragte 50 (4) Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt in den Fällen des § 1 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 entsprechend. Die Gleichstellungsbeauftragte ist in diesen Fällen grundsätzlich hauptamtlich tätig, wenn die Gesamtzahl der Einwohnerinnen und Einwohner der an der Verwaltungsgemeinschaft Beteiligten 10.000 übersteigt. § 19 a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 des Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit findet keine Anwendung. Auszüge Auszüge (1) Zur Verwirklichung des Grundrechts der Gleichberechtigung von Mann und Frau haben die Ämter Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. Die Gleichstellungsbeauftragte ist in Ämtern mit mehr als 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern grundsätzlich hauptamtlich tätig; das Nähere regelt die Hauptsatzung. Die Hauptsatzung soll im Übrigen bestimmen, dass die Gleichstellungsbeauftragte in Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig ist und an den Sitzungen des Amtsausschusses und der Ausschüsse teilnehmen kann. Ihr ist in Angelegenheiten ihres Aufgabenbereichs auf Wunsch das Wort zu erteilen. Die Gleichstellungsbeauftragte wird vom Amtsausschuss bestellt. Die Bestellung zur Gleichstellungsbeauftragten kann aus Gründen, die in der Person oder in dem Verhalten der Gleichstellungsbeauftragten liegen, oder wegen dringender dienstlicher Erfordernisse mit der Zustimmung der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Amtsausschusses oder in entsprechender Anwendung des § 626 BGB widerrufen werden. der geschäftsführenden Gemeinde hat die Rechte einer Gleichstellungsbeauftragten des Amtes. § 23 Abs. 1 Satz 1 findet keine Anwendung. (5) Die Hauptsatzungen der amtsangehörigen Gemeinden sollen bestimmen, dass die Gleichstellungsbeauftragte an den Sitzungen der Gemeindevertretungen und der Ausschüsse dieser Gemeinden teilnehmen kann. Ihr ist dort in Angelegenheiten ihres Aufgabenbereichs auf Wunsch das Wort zu erteilen. Auszug aus dem Erlass des schleswig-holsteinischen Innenministers vom 26.08.1991 an alle Landräte als Kommunalaufsichtsbehörden über die Genehmigung von Hauptsatzungsregelungen über Gleichstellungsbeauftragte (Landräteerlass) Im Einvernehmen mit der Frauenministerin des Landes Schleswig-Holstein gebe ich nachstehend einige Hinweise zur rechtlichen Beurteilung von Hauptsatzungsregelungen über Gleichstellungsbeauftragte, nach denen ich bei der Genehmigung von Hauptsatzungen der Ihrer Aufsicht unterstehenden Gemeinden und Ämter zu verfahren bitte. Soweit eine nach diesen Hinweisen unzulässige Hauptsatzungsregelung bereits genehmigt worden ist oder eine zulässige Regelung nicht genehmigt wurde, bitte ich, die Genehmigung bzw. die Versagung der Genehmigung zurückzunehmen. (…) 1. Verweigerung einer Regelung über die Gleichstellungsbeauftragte Von der gesetzlichen Verpflichtung, in Gemeinden und Ämtern mit eigener Verwaltung Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen und darüber Regelungen in der Hauptsatzung zu treffen, ist keine Ausnahme zugelassen. Die Verpflichtung entfällt auch nicht dadurch, dass verschiedene Gemeinden gegen § 2 Abs. 3 GO Verfassungsbeschwerde erhoben haben. Gemeinden und Ämter, die bisher davon abgesehen haben, in ihrer Hauptsatzung Regelungen über die Gleichstellungsbeauftragte aufzunehmen, obwohl sie hierzu verpflichtet wären, sind baldmöglichst und unter Setzung einer Frist von zwei Monaten aufzufordern, entsprechende Hauptsatzungsregelungen vorzulegen. Dies gilt auch für die Fälle, in 51 2. Teilzeitbeschäftigung Wie ich in den durch Runderlass vom 28.06.1990 (Amtsblatt S. 389) veröffentlichten Satzungsmustern zum Ausdruck gebracht habe, spricht in den Gemeinden und Ämtern mit deutlich mehr als 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern (die Grenze ist hier bei etwa 12 000 Einwohnerinnen und Einwohnern zu ziehen) eine grundsätzliche Vermutung dafür, dass die Gleichstellungsbeauftragte in kommunalen Körperschaften dieser Größenordnung mit Gleichstellungsaufgaben voll ausgelastet ist. Die Frage, in welchem zeitlichen Umfang eine Gleichstellungsbeauftragte beschäftigt wird, muss sich jedoch letztlich nach dem tatsächlichen Umfang der Gleichstellungsaufgaben richten. Eine Teilzeitbeschäftigung ist daher in den Fällen rechtlich vertretbar, in denen besondere Gründe eine Abweichung von der Regel rechtfertigen. Ob solche Gründe vorliegen, kann zunächst nur aufgrund der Kenntnis der Verhältnisse vor Ort entschieden werden. Wenn deshalb eine Vertretungskörperschaft zu dem Ergebnis kommt, dass nach der besonderen Aufgabensituation eine Teilzeitbeschäftigung vertretbar ist, so handelt es sich dabei um eine von den Aufsichtsbehörden zu respektierende Selbstverwaltungsentscheidung. Es wird in diesen Fällen darauf ankommen, ob die Gleichstellungsbeauftragte in der Lage ist, ihre Aufgaben im Rahmen der Teilzeitbeschäftigung ordnungsmäßig zu erfüllen. Die Gleichstellungsbeauftragte kann ggf. verlangen, dass ihre Wochenstundenzahl zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung erhöht werden muss. Bei der Genehmigung der Hauptsatzungen ist wie folgt zu verfahren: • Legt eine kommunale Körperschaft, die zur Bestellung einer hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten verpflichtet ist, eine Hauptsatzung vor, in der eine Teilzeitbeschäftigung vorgesehen ist, so ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sich aus der Sitzungsniederschrift oder aus anderen Unterlagen ergibt, dass die Vertretungskörperschaft sich unter Berücksichtigung besonderer Gründe für eine Teilzeitbeschäftigung entschieden hat. Fehlt ein Hinweis darauf, ob die Frage einer möglichen Vollzeitbeschäftigung überhaupt Gegenstand der Beratung in 52 der Vertretungskörperschaft war, so ist die Genehmigung zu versagen. Das gilt auch für die Fälle, in denen die wöchentliche Arbeitszeit offensichtlich zu niedrig bemessen ist. • Enthält die Hauptsatzung nur die Bestimmung, dass die Gleichstellungsbeauftragte hauptamtlich tätig ist, so ist die Genehmigung zu erteilen. Die kommunale Körperschaft ist im Begleitschreiben darauf hinzuweisen, dass eine Teilzeitbeschäftigung nur beim Vorliegen besonderer Gründe und unter Beachtung des Grundsatzes zulässig ist, dass eine ordnungsmäßige Aufgabenerfüllung möglich sein muss. Auszüge Auszüge denen Hauptsatzungsänderungen zur Genehmigung vorliegen, die noch keine Regelungen über die Gleichstellungsbeauftragte enthalten. Die genehmigungsfähigen Teile dieser Hauptsatzungen können allerdings bereits im Vorwege genehmigt werden. Von der Androhung kommunalaufsichtsbehördlicher Maßnahmen ist zunächst abzusehen. Über das weitere Verfahren werde ich entscheiden, sobald ich aufgrund der mir vorzulegenden Sachstandsberichte einen Überblick über die Gesamtsituation gewonnen habe. 3. Übertragung anderer Aufgaben Die Satzungsmuster für Hauptsatzungen der hauptamtlich verwalteten Gemeinden und Ämter sehen vor, dass der Gleichstellungsbeauftragten in bestimmten Fällen anderweitige dienstliche oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen nicht übertragen werden dürfen. Die Satzungsmuster geben insoweit den § 2 Abs. 3 GO zugrunde liegenden gesetzgeberischen Willen wieder und sollten daher grundsätzlich bei der Formulierung der Hauptsatzungen berücksichtigt werden. In den Fällen, in denen Hauptsatzungen abweichend von den Satzungsmustern die Übertragung anderweitiger Funktionen zulassen, sind folgende Hinweise zu beachten: Für die Übertragung anderer Funktionen gilt grundsätzlich dasselbe wie für die Teilzeitbeschäftigung. Die Vertretungskörperschaft entscheidet nach dem tatsächlich vorhandenen und zu erwartenden Aufgabenumfang zunächst in eigener Verantwortung darüber, ob der Gleichstellungsbeauftragten unter Berücksichtigung besonderer Gründe zusätzliche Funktionen übertragen werden können. Die kommunalaufsichtsbehördliche Prüfung erfolgt in diesen Fallen entsprechend Ziffer 2, 1. und 2. Spiegelstrich. Darüber hinaus erstreckt sich die kommunalaufsichtsbehördliche Prüfung in Fällen der Übertragung zusätzlicher Aufgaben darauf, ob die Unabhängigkeit der Gleichstellungsbeauftragten noch gewahrt bleibt. Sind in der Hauptsatzung konkrete Funktionen bezeichnet, ist die Zulässigkeit der Übertragung unter diesem Gesichtspunkt zu verneinen, wenn eine klare Abgrenzung zu den gesetzlichen Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten dadurch erschwert oder unmöglich wird. Dies würde z. B. für die Übertragung der Aufgaben einer Familien- oder Kinderbeauftragten gelten. Bei dieser Aufgabenkonstellation sind Konflikte hinsichtlich der Weisungsunabhängigkeit vorprogrammiert, da im Einzelfall strittig sein kann, in welcher Eigenschaft die Gleichstellungsbeauftragte tätig wird. Enthält die Hauptsatzung lediglich die Formulierung, dass der Gleichstellungsbeauftragten „anderweitige“ Aufgaben übertragen werden können, 53 Auszüge 4. Ehrenamtlichkeit Grundsätzlich gelten hier zunächst die Empfehlungen des Satzungsmusters. Im Zweifelsfall ist für die Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit der Bestellung von ehrenamtlichen Gleichstellungsbeauftragten zu berücksichtigen, dass die in § 2 Abs. 3 Satz 2 GO gewählte Formulierung begründete Ausnahmen von dem Grundsatz der Hauptamtlichkeit in Gemeinden und Ämtern mit mehr als 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern nicht ausschließt. Bestehen Zweifel, ob die für eine ehrenamtliche Bestellung vorgetragenen Gründe ausreichen, so empfehle ich, meine Stellungnahme einzuholen. Bei unzureichender Begründung ist eine möglicherweise vorgesehene ehrenamtliche Bestellung bei der Genehmigung der Hauptsatzung im Wege einer Maßgabe durch eine hauptamtliche Bestellung zu ersetzen. Es bleibt der kommunalen Körperschaft in diesen Fällen unbenommen, aufgrund der so geänderten Hauptsatzungsregelung eine teilzeitbeschäftigte Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen, wenn dies nach dem Aufgabenumfang vertretbar ist (vgl. Nr. 2). 5. Unterstellungsverhältnis Hauptsatzungsregelungen, die vorsehen, dass die Gleichstellungsbeauftragte der Vertretungskörperschaft unmittelbar unterstellt sein soll, verstoßen gegen die gemäß § 2 Abs. 3 Satz 3 GO in der Hauptsatzung festzulegende Weisungsunabhängigkeit der Gleichstellungsbeauftragten. Die Gleichstellungsbeauftragte ist organisatorisch und dienstrechtlich Teil der Gemeinde- bzw. Amtsverwaltung. Amtsleiterinnen und Amtsleiter oder andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeinde- / Amtsverwaltung können jedoch nicht durch Beschluss der Vertretungskörperschaft dieser unterstellt werden. Hätte der Gesetzgeber diese Möglichkeit eröffnen wollen, so wäre hierfür eine spezialgesetzliche Regelung in Anlehnung an die für das Rechnungsprüfungsamt bestehende Vorschrift des § 115 Abs. 1 Satz 1 GO erforderlich gewesen. Wegen ihrer Weisungsunabhängigkeit kann die Gleichstellungsbeauftragte durch die Hauptsatzung auch nicht der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister bzw. der Amtsvorsteherin oder dem Amtsvorsteher „unterstellt“ werden. Keine Bedenken bestehen jedoch gegen eine Hauptsatzungsregelung, wonach die Gleichstellungsbeauftragte der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister bzw. der Amtsvorsteherin oder dem Amtsvorsteher „zugeordnet“ wird, da durch diese Wortwahl lediglich zum Ausdruck gebracht wird, dass eine Einordnung der Gleichstel54 lungsbeauftragten in die bestehenden Ämter der Verwaltung nicht beabsichtigt ist. Eine solche Entscheidung der Vertretungskörperschaft halte ich gemäß § 2 Abs. 3 Satz 3 GO für zulässig, da sie der Weisungsunabhängigkeit der Gleichstellungsbeauftragten dient. Auszüge so ist die kommunale Körperschaft im Begleitschreiben zur Genehmigung darauf hinzuweisen, dass der gesetzliche Arbeitsauftrag und die Unabhängigkeit der Gleichstellungsbeauftragten durch die Übertragung der zusätzlichen Funktionen nicht beeinträchtigt werden dürfen. 6. Einbringung eigener Beschlussvorlagen Die Rechte der Gleichstellungsbeauftragten in den Sitzungen der Vertretungskörperschaft und der Ausschüsse beschränken sich auf die Teilnahme sowie darauf, in Angelegenheiten ihres Aufgabenbereiches auf Wunsch das Wort zu erhalten. Das Recht, an den Sitzungen teilzunehmen, bedeutet, dass die Gleichstellungsbeauftragte in den Sitzungen anwesend sein und den Sitzungsverlauf verfolgen kann. Das Recht, auf Wunsch das Wort zu erhalten, bedeutet, dass die Gleichstellungsbeauftragte bei der oder dem Vorsitzenden einen Wortbeitrag zur Rednerliste anmelden kann und ihr Wortbeitrag im Rahmen der normalen Abwicklung der Rednerliste zu berücksichtigen ist. Weitergehende Rechte können auch nicht aus der Weisungsungebundenheit der Gleichstellungsbeauftragten abgeleitet werden. Insbesondere folgt daraus nicht das Recht, eigene Anträge und Beschlussvorlagen in die Vertretungskörperschaft und die Ausschüsse einzubringen. Die Gleichstellungsbeauftragte unterliegt insoweit den allgemeinen Regeln des kommunalen Verfassungsrechts, d. h., dass sie Anträge oder Beschlussvorlagen nur an die Bürgermeisterin oder den Bürgermeister bzw. an die Amtsvorsteherin oder den Amtsvorsteher mit der Bitte richten kann, die Anträge an die zu ständigen Gremien weiterzuleiten. 7. Akteneinsichtsrecht Soweit der Gleichstellungsbeauftragten durch die Hauptsatzung ein uneingeschränktes Akteneinsichtsrecht eingeräumt werden soll, ist dieses durch Maßgabe zu streichen. Der kommunalen Körperschaft sind folgende Hinweise zum Umfang des Akteneinsichtsrechts der Gleichstellungsbeauftragten zu geben: • Das Recht auf Einsichtnahme in nicht besonders geschützte Akten ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu gewähren, d. h., die Gleichstellungsbeauftragte hat im Rahmen ihrer Zuständigkeit ein Akteneinsichtsrecht, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. • Soweit es sich um Personalakten handelt, kann der Gleichstellungsbeauftragten im Einzelfall Einsichtnahme in die Teile der Akte gewährt werden, die für die Entscheidungsfindung maßgeblich sind, wenn dies zur Beurteilung des Falles erforderlich ist. (8) … 55 10. Beratung von Männern Die Hauptsatzungen enthalten regelmäßig und in Anlehnung an das Satzungsmuster einen Katalog von Aufgaben, die der Gleichstellungsbeauftragten „insbesondere“ obliegen. Soweit in diesen Aufgabenkatalog die Beratung von Männern bzw. Durchführung regelmäßiger Sprechstunden für Männer aufgenommen wird, ist diese Aufgabe durch Maßgabe zu streichen. Eine Beratungstätigkeit gegenüber Männern gehört nicht zu dem in der Hauptsatzung zu regelnden Kernbereich der Aufgaben einer Gleichstellungsbeauftragten. 11. Ausschluss von der Teilnahme an nichtöffentlichen Sitzungen Gegen eine Hauptsatzungsregelung, die vorsieht, dass die Gleichstellungsbeauftragte von der Teilnahme an nichtöffentlichen Sitzungen im Einzelfall bei Vorliegen der allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen für einen Ausschluss der Öffentlichkeit mit Zweidrittelmehrheit ausgeschlossen werden kann, bestehen keine rechtlichen Bedenken. Nach § 2 Abs. 3 GO soll die Hauptsatzung bestimmen, dass die Gleichstellungsbeauftragte an den Sitzungen der Vertretungskörperschaft und der Ausschüsse teilnehmen kann. Die Sollvorschrift lässt Ausnahmen in begründeten Einzelfällen zu. Um einen solchen Einzelfall bezogene Einschränkung handelt es sich im vorliegenden Fall. 12. Berichtspflicht Soweit die Hauptsatzung gemäß § 2 Abs. 3 GO bestimmen soll, dass die Gleichstellungsbeauftragte in Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig ist, gilt dies nicht nur für die Stellung der Gleichstellungsbeauftragten innerhalb der Verwaltung, sondern auch für das Verhältnis zur Vertretungskör56 perschaft und ihren Ausschüssen. Die Hauptsatzung kann daher nicht bestimmen, dass die Gleichstellungsbeauftragte gegenüber der Vertretungskörperschaft oder den Ausschüssen allgemein berichts- oder rechenschaftspflichtig ist. Grundsätzlich entscheidet die Gleichstellungsbeauftragte selbst darüber, ob, wann und wem gegenüber sie es für richtig hält, über ihre Tätigkeit zu berichten. Die Vertretungskörperschaft ist allerdings berechtigt, einen jährlichen Tätigkeitsbericht von der Gleichstellungsbeauftragten zu verlangen. Solche Berichte stellen ein auch im Interesse der Gleichstellungsbeauftragten liegendes Korrelat zu ihrer unabhängigen Stellung dar. Die Gleichstellungsbeauftragte hat besonders stark ausgeprägte Bezugspunkte zur Vertretungskörperschaft, da sie nur von dieser abberufen werden kann. Es ist daher konsequent, wenn die zur Abberufung berechtigte Stelle sich ein Bild von der Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten macht. Die Gleichstellungsbeauftragte ihrerseits erhält durch die Vorlage eines Tätigkeitsberichts an die Vertretungskörperschaft und die Erörterung des Berichts in diesem Gremium eine besondere Möglichkeit, ihre Arbeit und die eventuell von ihr aufgedeckten Mängel in der Öffentlichkeit darzustellen. Auszüge Auszüge 9. Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten Vertretungskörperschaften können im Rahmen der Hauptsatzung bestimmen, dass ihre eigenen Entscheidungen und die Entscheidungen der Ausschüsse bei nicht ausreichender Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten (z. B. wenn eine solche von dieser geltend gemacht wird) auszusetzen sind. Nicht genehmigungsfähig sind Regelungen, nach denen Entscheidungen des Magistrats, der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters, der Amtsvorsteherin oder des Amtsvorstehers oder „der Verwaltung“ nicht durchgeführt werden dürfen, wenn die Gleichstellungsbeauftragte sich für nicht ausreichend beteiligt erklärt. Die Vertretungskörperschaft ist nicht berechtigt, in dieser Weise in den Verwaltungsablauf einzugreifen. Eine entsprechende Selbstbindung können sich nur der Magistrat, die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister bzw. die Amtsvorsteherin oder der Amtsvorsteher auferlegen. Nicht genehmigungsfähig sind Hauptsatzungsregelungen, die mehr als einen Tätigkeitsbericht im Jahr vorsehen. 13. Verpflichtung zur Sitzungsteilnahme Zur Weisungsungebundenheit der Gleichstellungsbeauftragten gehört auch das Recht, über eine Sitzungsteilnahme frei zu entscheiden. Soweit die Hauptsatzung eine Verpflichtung zur Teilnahme an Sitzungen der Vertretungskörperschaft und der Ausschüsse vorsieht, sind solche Regelungen nicht genehmigungsfähig. 14. Befristete Bestellung Der Unabhängigkeit der Gleichstellungsbeauftragten dient die Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 5 GO, wonach der Widerruf der Bestellung nur mit absoluter Mehrheit der Vertretungskörperschaft beschlossen werden kann, wenn nicht eine entsprechende Anwendung von § 626 BGB in Betracht kommt. Der Gesetzgeber hat damit den Widerruf der Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten abschließend, und zwar in der Weise geregelt, dass nach vollzogener Bestellung und einer vorher zeitlich nicht begrenzten Dauer der Tätigkeit ein Widerruf durch Einzelbeschluss der Vertretungskörperschaft erfolgen kann. Hauptsatzungsregelungen, die eine Befristung der Bestellung für die Dauer der Wahl der Vertretungskörperschaft oder in anderer Weise vorsehen, stellen demgegenüber im Ergebnis einen weder vom Wortlaut zugelassenen noch von der Zielrichtung des Gesetzes gewollten vorgezogenen Widerruf der 57 Bestellung dar, der mit der Unabhängigkeit der Gleichstellungsbeauftragten nicht zu vereinbaren ist. Auszüge 15. Öffentlichkeitsarbeit Es sind Hauptsatzungsregelungen bekannt geworden, die in Abweichung von dem Satzungsmuster nicht den Passus enthalten, dass die Gleichstellungsbeauftragte in ihrem Aufgabenbereich eigene Öffentlichkeitsarbeit betreiben kann. Es ist nicht erforderlich, die Hauptsatzung in diesen Fällen durch Maßgabe zu ergänzen. Das Recht der Gleichstellungsbeauftragten, eigene Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, ergibt sich unmittelbar aus ihrer unabhängigen Stellung. Die amtliche Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des kommunalen Verfassungsrechts (Landtags-Drs. 12/592 vom 28.11.1989) führt hierzu aus: „Die völlige Weisungsungebundenheit garantiert der Gleichstellungsbeauftragten eine effektive Ausgestaltung ihrer Tätigkeit. Dazu gehört, dass sie eine eigene Öffentlichkeitsarbeit in ihren Angelegenheiten betreiben kann.“ Der Gleichstellungsbeauftragten steht daher auch ohne besondere Regelung in der Hauptsatzung das Recht auf eigene Öffentlichkeitsarbeit zu. Falls dabei Kosten entstehen, müssen sie sich im Rahmen der dafür bereitgestellten Haushaltsmittel bewegen. 58 Sprecherinnen der Landesarbeitsgemeinschaft der hauptamtlichen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten (Stand: 01.07.2004) Beate Mönkedieck Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bad Segeberg Lübecker Straße 9 23795 Bad Segeberg Tel.: 0 45 51/964-104 Fax: 0 45 51/964-111 beate.moenkedieck@badsegeberg.de Margot Wilke Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Dithmarschen Stettiner Straße 30 25746 Heide Tel.: 04 81/971-547 Fax: 04 81/971-587 gleichstellungsstelle@dithmarschen.de Hannelore Salzmann-Tohsche Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Rendsburg-Eckernförde Kaiserstraße 8 24768 Rendsburg Tel.: 0 43 31/202-400 Fax: 0 43 31/202-463 gs@kreis-rendsburg-eckernfoerde.de Gabriele Hoschek Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Brunsbüttel Postfach 11 80 25534 Brunsbüttel Tel.: 0 48 52/391-221 Fax: 0 48 52/391-290 gleichstellungsstelle@stadt-brunsbuettel.de 59 60