flugunfallkommission gutachten und vorschläge

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flugunfallkommission gutachten und vorschläge
FLUGUNFALLKOMMISSION
B ü r o :
Radetzkystraße 2
1031
W I E N
Telefax: 713 03 26
Tel.: 71162 Kl. 9204, 9208
Wien, am 13. Juni 1991
Pr.Zl. 74.215/10-FUK/91
GUTACHTEN UND VORSCHLÄGE
betreffend den
Flugunfall mit dem Motorflugzeug der Type Cessna 210, Kennzeichen D-XXXX, am 28. September 1986 um ca. 19:52 Uhr UTC*) am
Platteneck im Tennengebirge, Salzburg.
Zusammensetzung der Flugunfallkommission (bestellt mit Bescheid des Bundesministeriums für öffentliche Wirtschaft und
Verkehr vom 3. Februar 1987, Zl. 24.215/10-I/71-1987):
Dr. Gabriele DOMSCHITZ
Friedrich DEUTSCH
Vorsitzende
Sachverständiger für Flugbetrieb
und Luftfahrzeugtechnik
DDipl.Ing. Dr. Walter SPERR
Alfred SCHAFFHAUSER
Dr. Hermann TRIMMEL
Sachverständiger für Luftfahrzeugtechnik
Sachverständiger für Flugsicherung und Flugbetrieb
Sachverständiger für Flugwetterkunde
_____________________________________________________________
*) Alle in diesem Bericht angeführten Zeiten entsprechen
Universal Coordinated Time (Lokalzeiten wurden entsprechend geändert).
- 2 INHALTSÜBERSICHT
Seite
ALLGEMEINES ...........................................
3
1.UNTERSUCHUNG ........................................
4
1.1Flugverlauf ........................................
1.1.1Flugvorbereitung .................................
1.2Verletzung von Personen ............................
1.3Beschädigung des Luftfahrzeuges ....................
1.4Andere Beschädigungen ..............................
1.5Besatzung ..........................................
1.6Luftfahrzeug .......................................
1.7Flugwetter .........................................
1.8Navigationsanlagen .................................
1.9Funksprechverkehr ..................................
1.10Flugplatz- und Bodeneinrichtungen .................
1.11Flugschreiber .....................................
1.12Prüfung des Bruches ...............................
1.12.1Lage des Bruches ................................
1.12.2Zustand des Bruches .............................
1.13Angaben über Feuerausbruch ........................
1.14Andere Angaben ....................................
1.15Technische Untersuchung ...........................
1.16Sonstiges .........................................
4
6
6
6
6
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12
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14
2.BEURTEILUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN .................. 14
2.1Beurteilung ........................................
2.2Schlußfolgerungen ..................................
2.2.1Unfallart ........................................
2.2.2Unfallursachen ...................................
14
15
15
15
3.VORSCHLÄGE .......................................... 15
3.1Sofortmaßnahmen .................................... 15
3.2Vorschläge der Sachverständigen .................... 15
ANLAGE A .............................................. 17
- 2 A L L G E M E I N E S
Luftfahrzeug
Motorflugzeug Type Cessna T 210 M, Kennzeichen D-XXXX
Triebwerk
Kolbenmotor Continental TSIO-520 R
Eigentümer und Halter
Luftfahrtunternehmen
Besatzung (Pilot)
Männlich, Jahrgang 1956, tot
Passagiere
Männlich, Jahrgang 1958, tot
Weiblich, Jahrgang 1964, tot
Weiblich, Jahrgang 1967, tot
Unfallort
Nordwesthang des Plattenecks im Tennengebirge, Seehöhe ca.
1790 m; Koordinaten: 47°33' N, 13°14' E
Datum und Zeitpunkt des Unfalls
28. September 1986 um ca. 19:52 Uhr
Art des Fluges
Nachtsichtflug
Phase des Fluges
Reiseflug
Datum und Zeitpunkt der Verständigung des Bereitschafts
dienstes
3. Oktober 1986 um 16:15 Uhr
Datum und Zeitpunkt des Eintreffens der Flugunfallkommission
- 2 am Unfallort
4. Oktober 1986 um 08:30 Uhr
Teilnehmer an der Untersuchung
Flugunfallkommissionsmitglieder: Friedrich DEUTSCH
DDipl.Ing. Dr. Walter SPERR
Sonstige Personen:
Beamte der Kriminalabteilung
des Landesgendarmeriekommandos Salzburg
Kurze Darstellung des Unfalles
Während eines Nachtsichtfluges prallte das Motorflugzeug im
Reiseflug gegen den Nordwesthang des Platteneck. Alle vier Insassen kamen ums Leben, am Luftfahrzeug entstand Totalschaden.
1.
U N T E R S U C H U N G
1.1FLUGVERLAUF
Der Flugverlauf einschließlich des Unfallherganges wurde aufgrund der Aussagen zweier Augenzeugen sowie der Ermittlungen des Landesgendarmeriekommandos Salzburg in
Verbindung mit den Erhebungen der Flugunfallkommission
am Unfallort (siehe 1.12) als auch den Ergebnissen der
technischen Untersuchung wie folgt rekonstruiert:
Bereits um 16:16 Uhr holte der Pilot am Flughafen Salzburg
eine Wetterberatung für einen Nachtsichtflug nach
München ein. Da die Vorhersage einwandfreies Wetter erwarten ließ, reichte er um ca. 17:00 Uhr einen Flugplan
für einen Nachtsichtflug ein.
Um ca. 19:05 Uhr erschien der Pilot erneut bei der Wetterberatung, wo eine Bestätigung der ersten Prognosen erfolgte. Nach den weiteren Abflugvorbereitungen meldete
sich der Pilot um 19:21:20 Uhr erstmals über Funk bei
der Flugplatzkontrollstelle Salzburg und ersuchte um
- 2 Rollfreigabe für einen Nachtsichtflug nach München.
Betriebspiste 16, Rollinformation sowie der aktuelle
Luftdruck wurden übermittelt und vom Piloten zurückgelesen. Kurz darauf wurden vom Kontrollor die Änderung
der Piste (um 180° gedreht) sowie entsprechende Rollinformationen ("E") übermittelt. Um 19:23:20 Uhr wurde
der Pilot aufgefordert, geradeaus zum Haltepunkt am
Rollweg "D" zu rollen, dies wurde in der Folge noch
weiter erläutert. Um 19:27:10 wurde D-XXXX wieder zur
ursprünglichen Piste umdirigiert, gerollt wurde dabei
auf der Piste. Vom Kontrollor wurde die Abflug- und
Streckenfreigabe übermittelt, die vom Piloten zwar in
umgekehrter Reihenfolge, aber vollständig zurückgelesen
wurde (siehe Tonbandauszug). Um 19:30:10 Uhr wurde
D-XXXX wegen einem landenden Luftfahrzeug aufgetragen, die
Piste nach links zu verlassen und am Rollhaltepunkt zu
warten, die Startfreigabe wurde für vier Minuten später
in Aussicht gestellt. Um 19:35:40 Uhr durfte
D-XXXX wieder auf die Piste rollen und erhielt nach Übermittlung von Luftdruck und Wind um 19:36:15 Uhr die Startfreigabe. Nach dem Abflug erhielt der Pilot noch eine
Verkehrsinformation über eine anfliegende Swissair DC9
im Endanflug Piste 16 und wurde an die Anflugkontrollstelle übergeben. Auch mit dieser nahm der Pilot
den Funksprechkontakt in englischer Sprache auf. Der
Kontrollor trug ihm auf, das Erreichen des "Radial 150"
zum VOR Salzburg zu melden, mußte diese Aufforderung
wiederholen und erläuterte in der Folge "Unterschied
zwischen Radial und Kurs über Grund". Letztlich forderte er D-XXXX auf, zum VOR Salzburg zu fliegen. D-XXXX,
die sich auf annähernd Nordkurs befand, flog daraufhin
eine Rechtskurve und behielt in der Folge annähernd
Südkurs bzw. Südsüdostkurs bei. Nach einer Rückfrage
betreffend die Flughöhe um 19:41:20 Uhr wies der Kontrollor den Piloten an, mit München Radar Funkkontakt
aufzunehmen.
D-XXXX versuchte dreimal diesen Kontakt herzustellen, hörte
- 2 aber offensichtlich die Antwort der Flugverkehrskontrollstelle München nicht und wandte sich um
19:44:10 Uhr daher nochmals an die Anflugkontrollstelle
Salzburg.
Dem Piloten gelang es in der Folge mit Flugverkehrskontrollstelle München auf der Frequenz 120,65 MHz in Verbindung zu treten und wurde wieder auf die Frequenz
126,85 MHz verwiesen.
D-EHCN flog in dieser Zeit in der Reiseflughöhe von 6000 ft
mit Südsüdostkurs. Der letzte Funkkontakt bestand in
einem Ruf von D-EHCN an die Flugverkehrskontrollstelle
München um 19:49:42. Um ca. 19:52 Uhr prallte D-EHCN im
Horizontalflug unmittelbar nach dem Einleiten einer
Ausweichbewegung nach links gegen den Nordwesthang des
Plattenecks.
Alle vier Insassen kamen ums Leben; am Luftfahrzeug entstand
Totalschaden.
1.1.1Flugvorbereitung
Die gemäß § 5 der Luftverkehrsregeln (LVR), BGBl.
Nr. 56/1967 in der geltenden Fassung, erforderliche Flugvorbereitung wurde durchgeführt. Der erforderliche Flugplan
wurde eingereicht.
1.2VERLETZUNG VON PERSONEN
Art der Verletzung
tödlich
Besatzung
1
1.3BESCHÄDIGUNG DES LUFTFAHRZEUGES
Das Luftfahrzeug wurde zerstört.
1.4ANDERE BESCHÄDIGUNGEN
Geringer Flurschaden.
Passagiere
3
- 2 1.5BESATZUNG
Pilot, männlich, Jahrgang 1956, deutscher Staatsangehöriger.
Inhaber des Luftfahrerscheines für Privatflugzeugführer Nr.
XXXX, ausgestellt am 9. Juni 1981 von der Regierung von
Oberbayern mit beschränkt gültigem Sprechfunkzeugnis II
für den Flugfunkdienst. Beiblatt "A" zum oa.
Luftfahrerschein, gültig bis 9. Jänner 1987.
Sonstige Berechtigungen: Nachtflug, CVFR-Berechtigung
Flugerfahrung
Gesamt:
in den letzten 3 Monaten:
Typenerfahrung:
in den letzten 3 Monaten:
192:11
12:30
ca. 30:00
2:50
Stunden
Stunden
Stunden
Stunden
1.6LUFTFAHRZEUG
Motorflugzeug Type Cessna T 210 M, Kennzeichen D-XXXX
Hersteller: Cessna Aircraft Comp., Wichita, Kansas/USA
Werknummer / Baujahr: 210-62233 / 1977
Gesamtbetriebszeit: ca. 1600:00 Stunden
Triebwerk: 6-Zylinder Kolbenmotor, Type TSIO-520-R
Hersteller: Continental Motors Co.
Gesamtbetriebszeit: ca. 1600:00 Stunden
Luftschrauben: 3-Blatt Verstellpropeller
Hersteller: Mc Cauley Prop. Co.
Type / Baujahr / Werknummer: D3A34 / C402 / 77462
Bordpapiere (ausgestellt vom Luftfahrt-Bundesamt Braunschweig,
BRD):
- Eintragungsschein in Luftfahrzeug-Rolle Band L, Blatt
10961, am 13. Jänner 1984
- Lufttüchtigkeitszeugnis am 20. Juli 1979
Nachprüfschein Nr. 09/86 ausgestellt am 27. März 1986 von Aero
Service Donauwörth II-A-167 bei 1468:00 Stunden.
- 2 Nachweis der Haftpflichtversicherung:
Bayerische Versicherungsbank, Pol.Nr. 13054.
Bewilligung für eine Luftfahrzeugfunkstelle, ausgestellt am
22. Juli 1982 vom Fernmeldeamt 1 München/BRD.
1.7FLUGWETTER
Wetterlage
Die Bodenwetterkarten des Unfalltages zeigten eine ausgedehnte
zonale Hochdruckbrücke, die sich von Frankreich über
die Alpen bis in die Ukraine erstreckte. Auch die Höhenkarten zeigten einen Hochdruckkeil von den Azoren
bis zu den Alpen. An dessen Vorderseite herrschte eine
schwache nordöstliche bis östliche Strömung. Einzelne
Restwolkenfelder in 5000-6000 ft MSL lösten sich in den
Abendstunden allmählich auf. Die Sichtweiten waren
durch Dunst beeinträchtigt und betrugen aufgrund der Wetterbeobachtungsmeldungen etwa 10 km.
Wetterbeobachtungsstationen
Bischofshofen
1800UTC
Feuerkogel
1800UTC
Aigen/Ennstal
1800UTC
St. Johann/Pongau 1800UTC
Salzburg
1850UTC
Zell/See
1900UTC
Aigen/Ennstal
1900UTC
Salzburg
1920UTC
Salzburg
1950UTC
Aigen/Ennstal
2000UTC
Salzburg
2020UTC
13002
14009
08002
19002
17002
00000
00000
18002
VRB01
00000
VRB01
22KM 6SC025 12/07=
15KM 1SC040 03/03=
10KM 7SC060 11/07 1032 BKN=
8000 5SC050 12/01 1031 BKN=
CAVOK 10/05 1031 NOSIG=
20KM 1CU040 09/03 1031 SCT=
9000 2SC060 09/07 1033 SCT=
CAVOK 09/05 1032 NOSIG=
CAVOK 09/05 1032 NOSIG=
9000 08/05 1034 SKC=
CAVOK 09/05 1032 NOSIG=
Höhenwind (Radiosondenaufstieg 18:00
Wien/Hohe Warte
1000ft GND
030°/07kt
2000ft GND
045°/06kt
3000ft GND
050°/06kt
5000ft GND
055°/03kt
7000ft GND
075°/02kt
10000ft GND
060°/09kt
14000ft GND
025°/08kt
18000ft GND
355°/08kt
Uhr)
München
090°/15kt
095°/13kt
095°/10kt
075°/09kt
075°/16kt
065°/14kt
- 2 Wetterberatung
FXOS53 LOWS 281200
FLUGWETTERÜBERSICHT-VFR BIS FL150/ÖSTERREICH-MITTE/1300-1900
UTC
HOCHDRUCKEINFLUSS
5000FT MSL: VRB/05KT
10000FT MSL: VRB/05-10KT
15000FT MSL: 020-090/10-15KT
WOLKEN/SICHT/WETTER: LOKAL 1-3CU5000-7000Ft MSL, LOKAL ACFELDER 10000-12000FT MSL / SICHT 10-25KM, BEI TEILS
ANHALTENDEM UND ABENDS VERSTÄRKENDEM BODENDUNST 6-8KM
NULLGRADGRENZE: 8000FT MSL
BESONDERE VERMERKE: BERGE DES ALPENHAUPTKAMMS TEILWEISE IN
WOLKEN
GAFOR: 13 14 17 18 21 22 56 60 65000
VORHERSAGE (ECET LOWS 1726 UTC): NVFR GEGEBEN, LOKAL DURCH
DUNST BEEINTRÄCHTIGT.
MORGEN: HOCHDRUCKEINFLUSS, VERBREITET DUNST, LOKAL FRÜHNEBEL
FXOS71 LOWW 281200
FLUGWETTERÜBERSICHT ÖSTERREICH
GÜLTIG 1300/1900 UTC
ZUNEHMENDER HOCHDRUCKEINFLUSS, IM NORDEN UND WESTEN GERINGE
BEWÖLKUNG, INNERALPIN UND IM SÜDEN NOCH REICHLICHE SCUND AC-FELDER. BERGE MEIST IN WOLKEN. ÖRTLICH ANHALTEND
DUNSTIG.
WINDE: 5000FT MSL NNW-NNE/5-10KT
10000FT MSL ENE/10-15KT
NULLGRADGRENZE: UM 7000FT MSL
GEFAHREN: MEIST SCHLECHTE FLUGSICHT
FAOS31 LOWM 281800
AREA FCST ALPS/AUSTRIA E OF 13 DEG E VALID 1900/0700UTC
HIGH PRESSURE INFLUENCE. TOPS OF ALPS CLR. NO SIGNIFICANT CLD
ABOVE FL140.
WIND / T
FL140 040/10KT MS09C
FL180 030/15KT MS17C
FL240 040/30KT MS27C
FL300 050/65KT MS43C
FL390 050/95KT MS60C
MAX WIND FL390 050/95KT
TROPO FL400 MS62C
Beurteilung
Aufgrund der verfügbaren Unterlagen sind die meteorologischen
Gefahren, Turbulenz und Vereisung, auszuschließen. Im
Alpenvorland im Raum Salzburg herrschten einwandfreie
Nachtsichtflugbedingungen, nur im Alpenrelief war eine
- 2 geringfügige Beeinträchtigung durch Dunst und lokale
Restwolkenfelder in 5000-6000 ft gegeben.
1.8NAVIGATIONSANLAGEN
Nicht betroffen.
1.9FUNKSPRECHVERKEHR
Funksprechverkehr wurde mit Salzburg Turm auf Frequenz 118,1
MHz sowie mit München Radar auf den Frequenzen 126,85
MHz und 120,65 MHz durchgeführt. Die Umschriften liegen
als Anlage A bei.
1.10 FLUGPLATZ- UND BODENEINRICHTUNGEN
Nicht betroffen.
1.11FLUGSCHREIBER
Es war kein Flugschreiber eingebaut.
1.12PRÜFUNG DES BRUCHES
1.12.1Lage des Bruches
Die Unfallstelle lag in einem latschenbestandenen Hochgebirgsterrain. Die stärkste Hangneigung war ca. 40° in
Richtung 320° (NW). Sie lag ca. 160 Höhenmeter unter dem
Gipfel des Plattenecks in 1790 m MSL.
Aus den Spuren an der Unfallstelle ließ sich auf einen
Primäraufprall des Luftfahrzeuges auf einem Felsriegel
der Abmessungen ca. 5 x 4 m schließen. Unmittelbare
Schürfspuren fanden sich dort auf einer Fläche von ca.
2 x 2 m. Die Richtung dieser Spuren wies im wesentlichen in Richtung 150°.
Außer Kleinteilen lagen im Hauptaufprallbereich nur der Rest
der linken Tür (ca. 2 m schräg rechts oberhalb) sowie
Reste von Cockpitinstrumenten. Die Luftschraubenblätter
lagen einzeln ca. 5 m oberhalb der Hauptaufprallstelle
in den Latschen.
Das Hauptwrack bestehend aus Rumpf, Leitwerk, linker Tragfläche und Triebwerk fand sich ca. 20 m oberhalb des
- 2 Hauptaufpralls (Richtung 160°). Unterhalb der Trümmer
lagen die Leichen der vier Insassen, teilweise noch angeschnallt.
Die rechte Tragfläche war 10 m nach rechts aus der Anflugrichtung geschleudert worden (210° von Aufprallstelle),
sie lag in Rückenlage und war teilweise von den Latschen überdeckt.
In der Endlage befanden sich Rumpf und linke Tragfläche mit
ihrer Längsachse etwa quer zur ursprünglichen Anflugrichtung, die rechte Tragfläche wies in der Endlage mit
ihrer Längsachse in Richtung 200°.
1.12.2Zustand des Bruches
Die Struktur der Kabine war vollständig aufgelöst, das
Brandschott war in die Kabine hineingedrückt, das Dach
fast vollständig abgelöst, der Zusammenhang der restlichen Struktur, insbesondere des Bodenbereichs und des
Instrumentenbretts kaum erkennbar. Die Leichen der vier
Insassen befanden sich unter den Trümmern. Auf den Vordersitzen waren zwei männliche Leichen angeschnallt.
Die beiden weiblichen Leichen waren praktisch unzugänglich.
Der Motor war aus seiner Verankerung gerissen und lag unter
den Resten des Instrumentenbretts. Vergaser, Ansaugund Auspuffleitungen, Lader und Ölwanne waren
abgerissen. Dasselbe galt für die meisten Aggregate.
Die Propellernabe war aufgeplatzt, die Stange des Verstellkolbens war abgerissen.
Die Luftschraubenblätter waren aus der Nabe herausgerissen und
bedingt durch den Felskontakt teilweise schwer beschädigt bzw. deformiert. Insbesondere Blatt 1 zeigte
bereits 20 cm außerhalb der Blattwurzel eine Gesamtverbiegung von mehr als 20°, Blatt 2 starke Schürfspuren
und ein um fast 180° zurückgebogenes Ende. Blatt 3 war
insgesamt säbelförmig gebogen und hatte ein ausgeprägt
umgebogenes Ende.
- 2 Die linke Tragfläche lag mit der Unterseite nach oben verschränkt auf der Zelle. Das Querruder war beweglich,
die Landeklappe eingefahren. Die gesamte Flächennase
war eingeschlagen und zeigte Reste von Latschenstämmen.
Der Flächentank war aufgeplatzt und leer.
Das Leitwerk war am Rumpfende um ca. 90° nach oben geknickt,
alle Nasenkanten wiesen aufprallbedingte Schäden auf.
Das Seitenruder war beweglich, das Höhenruder klemmte,
die Höhenrudertrimmung stand auf ca. 3° aufwärts (noseup Trimmung).
Die rechte Tragfläche befand sich ca. 20 m seitlich/ unterhalb
des Hauptwracks. Sie lag annähernd in Rükenlage und
verkehrt (d.h. mit dem Außenflügel in Richtung Hauptaufprall). Im Bereich zwischen Querruder und Landeklappe war sie um ca. 15° nach unten geknickt. Der
Tank war beschädigt und ausgeronnen. Die gesamte Flächennase, aber insbesondere das Außenende war vollständig eingedrückt und teilweise aufgeplatzt. Die Flächenwurzel wies massive Zertrümmerungen der Struktur auf.
1.13ANGABEN ÜBER FEUERAUSBRUCH
Kein Feuerausbruch.
1.14ANDERE ANGABEN
Keine.
1.15TECHNISCHE UNTERSUCHUNG
Zur technischen Untersuchung wurde das Wrack in einen Hangar
des Flughafens Salzburg gebracht.
Die Überprüfung des Kraftstoffsystems erbrachte keine Hinweise
auf Anomalien. Wegen der zahlreichen getrennten
Leitungen war es allerdings vollständig leer. Das
Verfolgen der erkennbaren Reste der Steuerseile, Umlenkrollen, Hebel, usw. erbrachte keine Hinweise auf
vorbestandene Mängel.
- 2 Das Triebwerksgehäuse war im wesentlichen intakt, die Kurbelwelle war blockiert. Die Zündkerzen zeigten eine
taubengraue Farbe und waren sauber. Die Kolbenböden
hatten Merkmale eines normalen Verbrennungsablaufs. Der
Ventiltrieb war mechanisch in Ordnung. Ein aufgefundener (abgerissener) Zündmagnet (mit Schnapper) hatte ein
eingedrücktes Gehäuse, war aber drehbar. Eine Funktionsprüfung konnte nicht durchgeführt werden.
Die Funkausrüstung wurde nur teilweise gefunden und die
aufgefundenen Komponenten konnten wegen des hohen Zerstörungsgrades nicht auf Funktion geprüft werden. Wegen
des (zerstörten) Digitalen Displays war eine mechanische Überprüfung der gewählten Frequenzen nicht möglich.
Alle Leistungshebel befanden sich in vorderster Position. Eine
ELT-Antenne war am Heck montiert. Ebenso eine Antennenleitung. Ein ELT war jedoch nicht eingebaut. Es
gehörte laut den vorliegenden Bordpapieren auch nicht
zur Ausrüstung des Luftfahrzeuges.
Ein Teil der Anzeigegeräte wurde einer detaillierten Laborprüfung unterzogen.
Die wesentlichsten Aussagen waren:
-Fahrtmesseranzeige vermutlich 115 kts
-Variometer vermutlich 500 ft/min Steigen
-Motordrehzahlmesseranzeige 2600 UPM
-Betriebsstundenanzeige 1904:80 Stunden
-Zylinderkopftemperatur- und Öldruckanzeige im grünen Bereich
-Künstlicher Horizont Anzeige vermutlich links hängend und 1520° nose-up
Das Kreiselsystem des elektrischen Wendezeigers ist unter
Krafteinwirkung von links/unten gebrochen. Der
pneumatische Kurskreisel hatte die Kompaßrose vermutlich auf 150°, den Heading Bug detto. Alle Schalter
des Autopiloten waren in Stellung AUS (Solenoidschalter fallen stromlos ab). Die aufgefundene Sogpumpe
hatte vor dem Aufschlag ordnungsgemäß gearbeitet.
- 2 1.16SONSTIGES
Die Rekonstruktion der Schwerpunktlage des Luftfahrzeuges zum
Unfallzeitpunkt zeigte, daß sowohl Gewicht als auch
Schwerpunktlage innerhalb der zulässigen Bereiche
lagen.
2. BEURTEILUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN
2.1BEURTEILUNG
Das Luftfahrzeug war ordnungsgemäß zugelassen und haftpflichtversichert. Es war ein gültiges Lufttüchtigkeitszeugnis ausgestellt.
Der verantwortliche Pilot war im Besitz der zur Durchführung
des Fluges erforderlichen Berechtigungen; sie waren
am Unfalltag gültig. Die Flugerfahrung und die
Typenerfahrung des Piloten waren ausreichend.
Meteorologische Faktoren können als Unfallursache ausgeschlossen werden.
Die Gesamtmasse und die Schwerpunktlage lagen innerhalb der
vorgeschriebenen Grenzen.
Für ein technisches Gebrechen konnten keine Hinweise gefunden
werden.
Die von der Flugverkehrskontrollstelle Salzburg übermittelte
Freigabe entsprach den in Österreich geltenden
Standards.
Aus dem Funksprechverkehr sowie der Radardatenauswertung kann
eindeutig gefolgert werden, daß der Pilot die Abflugund Nachtsichtflugfreigabe nicht verstanden und daher
nicht eingehalten hat. Aufgrund seiner CVFR-Be-
- 2 rechtigung hätte ihm die Bedienung/Handhabung sowie
die Terminologie bezüglich VOR (VHF omnidirectional
radio range) vertraut sein müssen. Da der Pilot das
aufgetragene Abflugverfahren akzeptiert hatte, konnte
die Flugverkehrskontrollstelle daher auch von der
Einhaltung desselben ausgehen. Die Analyse des
aufgezeichneten Funksprechverkehrs hat aber eindeutig
ergeben, daß der Pilot dazu aber offensichtlich nicht
in der Lage war. Die Fehlinterpretation der Freigabe
und das Folgen des Radial 150, hervorgerufen durch
eine offensichtlich mangelhafte Ausbildung, führte
letztlich zur Kollision mit dem Platteneck in nahezu 6000 ft.
2.2SCHLUSSFOLGERUNGEN
2.2.1Unfallart
Kollision mit ansteigendem Gelände
2.2.2Unfallursachen
- Navigationsfehler des Piloten
- Falsche Interpretation von Bodenfunkhilfen
- Nicht ausreichende Flugvorbereitung (Geographie)
3.
V O R S C H L Ä G E
3.1SOFORTMASSNAHMEN
Keine.
3.2VORSCHLÄGE DER SACHVERSTÄNDIGEN
-Nachtsichtflieger sollen unbedingt Englischkenntnisse und
mindestens ein Funksprechzeugnis in englischer
Sprache besitzen, damit sich auch der Pilot ein
Bild von der jeweiligen Verkehrslage bilden kann.
- 2 -Piloten muß zur Kenntnis gebracht werden, daß sie durch
Zurücklesen einer Freigabe diese vollinhaltlich
akzeptieren und somit auch einhalten wollen.
-Bei mangelnder Nachtsichtflugerfahrung sollten die Piloten
immer einen erfahrenen Sicherheitspiloten mitnehmen, der die Interpretation und Navigation des
Nachtsichtflugweges, notfalls auch ohne Funknavigation durchführen kann.
-Bei der Schulung für Nachtsichtflug und bei kontrollierten
Sichtflügen ist besonderes Augenmerk auf Funknavigation zu legen.
-Die Abstimmung der Radarüberwachung des österreichischen
Luftraums sollte derart sein, daß in Notfällen auch
zivile Stellen sofortigen Zugang zu Auswertungen
des Militärs haben. Der Unfall hat sich am 28.
September 1986 ereignet. Der Unfallflug war bis ca.
2 Minuten vor dem Absturz im militärischen Bereich
erfaßt. Die Informationen wurden nicht an den zivilen Such- und Rettungsdienst weitergegeben. Trotz
großangelegter Suchaktion wurde das Wrack erst am
3. Oktober 1986 durch Zufall gefunden.
Die Leiterin der Flugunfallkommission
Dr. Gabriele DOMSCHITZ
- 2 ANLAGE A
SPRECHFUNKVERKEHR ZWISCHEN
SALZBURG TURM UND D-EHCN
UHRZEIT
19:21:20
VON
DEHCN
AN
INHALT
TWRSalzburg Turm Schönen guten Abend die DEHCN
over
TWRDEHCNDEHCN Grüß Gott
DEHCN TWRDEHCN request taxi for night VFR flight to Munich
TWRDEHCNDCN roger taxi to holding point rwy 16 via taxiway B and A
QNH 1031
DEHCN TWRDCN rwy is 16 via A and B QNH is 1031
19:22:00 TWRDEHCNCN you are recleared to holding point rwy 34 wind
is calm taxiway E
DEHCN TWRDCN rwy is 34 via E
19:23:20 TWRDEHCNCN proceed to holding point on Delta straight-on
now
DEHCN TWRDCN via D
TWRDEHCNDelta is the left one -- to the left
TWRDEHCNturn around to Delta next left please
DEHCN TWRDCN taxi left via Delta
19:27:10DEHCN TWRDCN is ready for the copy
TWRDEHCNOK DCN at first due to traffic (reason) you should taxi to
holding point rwy 16 so enter the
runway and go down to the end 16
DEHCN TWRDCN right turn to the end the rwy
TWRDEHCNleft turn and go down to threshold 16
DEHCN TWRDCN left turn and rwy 16
19:28:20 TWRDEHCNDCN here is your airway clearance
DEHCN TWRDCN ready
TWRDEHCNroger - you are cleared to München airport via Salzburg
Wasserburg Wolfratshausen 6000 feet or
below altitude QNH 1031 and the rwy in
München is 07 dep route WS 66
DEHCN TWRDCN dep route WS 66 and QNH is 1031 and altitude is 6000
feet or below via Salzburg Wasserburg
and Wolfratshausen - and rwy in Munich
is 07
TWRDEHCNOK
- 2 ANLAGE A
(Fortsetzung)
UHRZEIT
VON
AN
INHALT
19:30:10 TWRDEHCNDCN please turn again around and proceed out of the
rwy - turn around at the holding point
16
DEHCN TWRDCN holding point 16
19:33:10 TWRDEHCNDCN expect departure clearance in 4 minutes
DEHCN TWRDCN roger
19:35:40 TWRDEHCNDCN line up rwy 16 and hold and QNH now 1032
DEHCN TWRDCN lining up - QNH 1032
19:36:15 TWRDEHCNDCN wind is calm cleared for take-off rwy 16
DEHCN TWRDCN is cleared for take-off
19:38:00 TWRDEHCNDCN traffic is a swiss-air DC9 5 miles final rwy 16
3000
DEHCN TWRDCN I look out
TWRDEHCNOK
19:38:30 TWRDEHCNDCN airborne time 37 change now to approach 123.72
- wiederschaun
DEHCN TWRDCN-ah-frequency say again please
TWRDEHCN123.72
DEHCN TWR123.72
TWRDEHCNja
DEHCN TWRdanke wiederhören
TWRDEHCNOK
- 2 ANLAGE A
(Fortsetzung)
SPRECHFUNKVERKEHR ZWISCHEN
SALZBURG ANFLUGKONTROLLSTELLE UND D-EHCN
UHRZEIT
VON
AN
INHALT
19:39:20DEHCN APPGrüß Gott die DEHCN is airborne dep route WS 66
APPDEHCNDEHCN grüß Gott proceed as cleared and report established
on radial 150 inbound to Salzburg VOR
DEHCN APPDCN radial - ah - is 00 to Salzburg
APPDEHCNreport established on radial 150
DEHCN APP150 Salzburg
APPDEHCNthats the radial
DEHCN APPradial 150
APPDEHCNthats correct (the track should be) if wind calm is 330
DEHCN APPDCN ich hab da a bisserl Schwierigkeiten mit dem Funkgerät,
könnt'ns bitte nochamal wiederholen
19:40:10 APPDEHCNihr sagt ma wanns 330 grad heading habn zum VOR
DEHCN APPDCN wir haben 30---330 grad zum radial---radial 330 (grad)
nach Salzburg
APPDEHCNdas war der track - der radial is 150 aber das macht nix fliegts zum VOR
DEHCN APPDanke
19:41:20 APPDEHCNDCN report your altitude
DEHCN APPDCN altitude is 4700 feet now
APPDEHCNroger - contact now München on 126.85 auf wiederhören
DEHCN APPDCN 126.85
APPDEHCNthat is correct
19:44:10DEHCN APPSalzburg Turm die DEHCN noch einmal die Frequenz
war die richtig 126.85 von München
APPDEHCN126.85 ja das war richtig
19:44:30 APPDEHCNCN wenns ka Verbindung kriegn bleibens auf meiner
Frequenz - sie kriegen dann vielleicht
a neue
- 2 ANLAGE A
(Fortsetzung)
SPRECHFUNKVERKEHR ZWISCHEN
FVK MÜNCHEN UND D-EHCN
FREQUENZ: 126.85 MHz
UHRZEIT
VON
AN
INHALT
19:42:22DEHCNSR 2München Radar - Grüß Gott - die DEHCN - over
SR 2DEHCNDEHCN - Guten Tag - 7502 your squawk
19:43:00SR 2DEHCNDEHCN - München - Do you read
19:43:03DEHCNSR 2München Radar - Grüß Gott - die DEHCN - kommen
SR 2DEHCNDEHCN - Guten Tag - I read you loud and clear - how me
19:43:49DEHCNSR 2München Radar - Grüß Gott - die DEHCN - over
SR 2DEHCNDEHCN - Guten Tag - I read you loud and clear - how me
19:45:45SR 2DEHCNDEHCN - This is Munich - Do you read
19:48:03DEHCNSR 2München Radar - Grüß Gott - die DEHCN - kommen
19:49:03DEHCNSR 2...CN - kommen
SR 2DEHCNDEHCN - Do you read me now
19:49:20SR 2DEHCNDEHCN - If you read - Squawk 7502 please
19:49:42DEHCNSR 2München Radar - Grüß Gott - die DEHCN - kommen
SR 2DEHCNDEHCN - I read you 5 - Do you read me
19:56:38SR 2DEHCNDEHCN - München
20:03:10SR 2DEHCNDEHCN - München
20:11:16SR 2DEHCNDEHCN - München
20:14:38SR 2DEHCNDEHCN - München
20:16:18SR 2DEHCNDEHCN - München
- 2 ANLAGE A
(Fortsetzung)
SPRECHFUNKVERKEHR ZWISCHEN
FVK MÜNCHEN UND D-EHCN
FREQUENZ: 120.65 MHz
UHRZEIT
VON
AN
INHALT
19:45:26DEHCNNR 1München Radar - Grüß Gott - die DEHCN - kommen
NR 1DEHCNDEHCN - Grüß Gott
DEHCNNR 1DEHCN - wir haben von Salzburg eine Frequenz bekommen - die
126 Komma 85 - aber da meldet sich
niemand
NR 1DEHCNDoch - doch - da is scho jemand dort - probieren Sie's no
mal
DEHCNNR 1Gut - danke - wiederhören
NR 1DEHCNWiederhören
19:57:20NR 1DEHCNDEHCN - München
19:59:50NR 1DEHCNDEHCN - München
20:03:00NR 1DEHCNDEHCN - München
20:05:50NR 1DEHCNDEHCN - München
20:06:27NR 1DEHCNDEHCN - München
20:09:01NR 1DEHCNDEHCN - München
20:15:32NR 1DEHCNDEHCN - München
20:15:56NR 1DEHCNDEHCN - München