Edinburgh | Großbritannien - WWW-Docs for TU
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STADT | LAND Edinburgh | Großbritannien FIRMA/INSTITUTION National Trusts for Scotland STUDIENRICHTUNG DAUER World Heritage Studies 3,5 Monate Nachdem ich im Sommer 2010 meinen Master in World Heritage Studies an der BTU Cottbus abgeschlossen hatte, begann ich mit der Arbeitssuche und mit dem Schreiben von Bewerbungen. Um mich während dieser Zeit weiter beruflich zu qualifizieren, beschloss ich, mich zusätzlich für ein LEONARDO-Stipendium und ein Auslandspraktikum zu bewerben. Die Wahl der Stadt fiel auf Edinburgh, da ich Edinburgh als Welterbestätte oft während des Studiums behandelt hatte und ich durch einen Gastprofessor gute Kontakte zu Kulturunternehmen in dieser Stadt hatte. Hinzu kam, dass sich mein Freund zur selben Zeit für einen Masterstudiengang an der Universität von Edinburgh beworben hat und wir somit die Möglichkeit hatten, gemeinsam ins Ausland zu gehen. 1. Vorbereitung des Aufenthaltes Die Vorbereitung des Aufenthaltes stellte sich als ziemlich chaotisch heraus. Aus verschiedenen Gründen wussten wir erst eine Woche vor Abflug sicher, dass wir beide nach Edinburgh gehen können. Wir waren zwar vorher schon immer auf Wohnungssuche gewesen (die Internetseite, die einem in diesem Fall gut weiterhilft, ist www.gumtree.com, wobei man bei einigen Angeboten aufpassen muss, dass es sich nicht um Täuschungen handelt). Da wir aber noch nicht vor Ort waren, wurde uns auch keine Wohnung zugesagt. Insofern flogen wir Anfang September ohne Unterkunft nach Edinburgh, um dann direkt vor Ort etwas zu suchen. Nach einem Tag wurden wir auch schon fündig, zwar war es eine sehr kleine Ein-Raum-Wohnung im Keller, die noch dazu im Winter sehr kalt war, aber für die Zeit des Aufenthaltes vollkommen genügte. Mit 550 Pfund pro Monat war sie zwar für deutsche Verhältnisse extrem teuer, lag aber genau im schottischen Durchschnittspreis! Meinen Praktikumsplatz bekam ich dank der Unterstützung meines Professors relativ schnell – ich entschied mich, mein Praktikum beim National Trust for Scotland zu absolvieren und stand schon vor Beginn des Praktikums über email in gutem Kontakt. An Behördengängen war relativ wenig zu erledigen – abgesehen von einer Auslandskrankenversicherung und der Einrichtung eines DKB-Kontos war alles geregelt. Auch in Schottland hatte ich nicht mit größeren Behördengängen zu tun, da es in Großbritannien für EU-Bürger keine Meldepflicht gibt. Einzige zu bedenkende Behördengänge sind eine Registrierung bei einem Arzt für den Fall der Fälle, und, wenn man länger bleibt, die Eröffnung eines schottischen Bankkontos. Letzteres kann sich allerdings als kompliziert erweisen, da man einen Wohnungsnachweis braucht, aber meistens kein Mietvertrag akzeptiert wird. Man muss also, wenn möglich, mit einer Bescheinigung des Praktikumsunternehmens kommen, auch wenn das nach deutscher Auffassung weniger aussagekräftig ist als ein Mietvertrag. Edinburgh | Großbritannien 1 2. Vorstellung des Unternehmens Der National Trust for Scotland ist eine der führenden Denkmalschutzorganisationen, wenn es um das Kultur- und Naturerbe Schottland geht. Hinzu kommt, dass er außerdem einen Teil der schottischen Welterbestätten verwaltet. Insgesamt besitzt der NTS über 100 Schlösser, Gärten, Nationalparks und andere Gebäude. Da es sich um eine Charity Organization handelt, die sich hauptsächlich über Mitgliedschaften und Spendengelder finanziert, spielen ehrenamtliche Mitarbeiter eine wichtige Rolle. Insgesamt verfügt der NTS über mehr als 310,000 Mitglieder und über 2000 ehrenamtliche Helfer. 3. Tätigkeiten während des Praktikums Mein Praktikum war in zwei Aufgabengebiete geteilt. Da es nicht möglich war, wie eigentlich von mir geplant ein Praktikum im Education Department zu absolvieren, beschloss ich, mich auf Volunteer Management (also die Einbindung ehrenamtlicher Mitarbeiter) zu konzentrieren, da dieser Aspekt gerade bei Bewerbungen in Großbritannien einen hohen Stellenwert besitzt. Außerdem passte Volunteer Management zu dem Thema meiner Masterarbeit, sodass ich die Möglichkeit hatte, mich in diesem Zusammenhang weiter zu informieren. Einen Teil des Praktikums verbrachte ich deshalb im Volunteering Department, wo ich in alle Aspekte von Volunteer Management eingebunden wurde. Dies beinhaltete unter anderem Arbeit mit der Homepage, die Vorbereitung von und Teilnahme an Trainings bezüglich Volunteer Management, die Organisation und Durchführung von Events wie zum Beispiel Verleihungen von Auszeichnungen, Mitarbeit am Newsletter, Updates der Internetseite sowie verschiedene Aufgaben im Bereich Volunteer recruitment. Als größeres Projekt habe ich den One Trust Volunteer Survey 2010 durchgeführt, der jährlich einen Überblick über die Einbindung und Mitarbeit von ehrenamtlichen Mitarbeitern geben soll. Den anderen Teil meines Praktikums habe ich als Assistentin im Georgian House durchgeführt. Das Georgian House ist ein für Besucher zugängliches Haus aus dem 18. Jahrhundert, das die Gesellschaft und das Leben in Edinburghs New Town wiederspiegelt. Insgesamt verfügt das Georgian House über 200 ehrenamtliche Mitarbeiter. Während meiner Zeit im Georgian House konnte ich daher sehr gute Einblicke in das Management von Abbildung 1: Georgian House ehrenamtlichen Mitarbeitern vor Ort bekommen. Außerdem hatte ich selber die Möglichkeit, als Museumsführer zu arbeiten, Schulklassen durch das Haus zu begleiten und im Museumsshop zu arbeiten und mir somit eine Vielzahl von verschiedenen Fähigkeiten anzueignen. Im November hatte ich zudem die Möglichkeit, an dem jährlichen „Living History Event“ teilzunehmen, während dem das Georgian House an zwei Wochenenden für Besucher in das 18. Jahrhundert zurückversetzt wird. Edinburgh | Großbritannien 2 Abbildung 2: Living History im Georgian House Generell war ich immer sehr gut in die verschiedenen Arbeitsabläufe im Volunteer Department und im Georgian House eingebunden. Jeder gab sich Mühe, mir so viele Einblicke wie möglich zu geben und ich hatte gleichzeitig das Gefühl, das meine Mitarbeit und mein Engagement sehr geschätzt wurden. 4. Die im Praktikum erworbenen praktisch-fachlichen Kompetenzen und Reflexion über das Praktikumsverlauf Als größte fachliche Kompetenz, die ich während des Praktikums gelernt habe, sehe ich definitiv das Wissen über Volunteer Management. Im Laufe der 3,5 Monate habe ich viel über die verschiedenen Aspekte bezüglich der Einbindung von ehrenamtlichen Mitarbeitern gelernt. Dank der Arbeit im Georgian House und der Durchführung des Volunteer Surveys habe ich nicht nur die Sicht des National Trusts, sondern auch die Sicht der ehrenamtlichen Mitarbeiter selber kennengelernt. Abbildung 3: Trossachs Nationalpark Edinburgh | Großbritannien 3 Obwohl Volunteer Management nur indirekt mit meinem Studium zu tun hat, ist es meiner Meinung nach ein wichtiger Aspekt für Kultur- und Naturerbestätten, der mir hoffentlich auch zukünftig von Nutzen sein wird. Neben dem sachlichen Wissen spielten außerdem Organisations- und Kommunikationsfähigkeit sowie Zeitmanagement eine große Rolle, sowie der Umgang mit verschiedenen Computerprogrammen. Sehr gut gefallen hat mir, dass ich zusätzlich zu der Arbeit im Volunteer Department die Möglichkeit hatte, als Museumsführer im Georgian House zu arbeiten. Ich hatte bereits in früheren Praktika im Bereich Museumspädagogik gearbeitet und wollte diesen Aspekt unbedingt weiter fortführen. Bezügliche der Einbindung in die Organisation kann ich sagen, dass sich alle Mitarbeiter stets große Mühe gegeben haben, mich in alle Arbeitsabläufe zu involvieren. Obwohl das Praktikum eher langsam angefangen hat, da ich mich erst mit den verschiedenen Themen und Arbeitsabläufen vertraut machen musste, gab es am Ende so viel zu tun, dass ich gerne noch länger geblieben wäre. Die Unterstützung des LEONARDO-Teams in Cottbus war während des ganzen Praktikums hervorragend. Ich hatte stets das Gefühl, dass ich mit allen Fragen und Problemen zu ihnen kommen konnte und dass das Team selber ein Interesse daran hatte, dass mein Praktikum zu meiner vollsten Zufriedenheit verläuft. 5. Wertung zum „Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung“ Meine Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind durch das Praktikum definitiv gestiegen. Wie bereits erwähnt ist Erfahrung im Volunteer Management ein sehr wichtiger Aspekt bei vielen Bewerbungen in Großbritannien, und die dazugehörigen Fähigkeiten wie Organisations- und Kommunikationsfähigkeit, Zeitmanagement und Projektmanagement sind wichtige Punkte in jeder Bewerbung. Hinzu kommt, dass ich mich sprachlich in der Lage sehe, in einem englischsprachigen Arbeitsumfeld ohne Probleme zurecht zu kommen. Da mir die Arbeit im Georgian House sehr großen Spaß gemacht hat, habe ich mich außerdem dazu entschlossen, zusätzlich zu meinem Studiumsabschluss über eine schottische Fernstudiengang ein Zertifikat in „Interpretation: Management and Practice“ zu absolvieren. Außerdem werde ich mich in den kommenden Wochen verstärkt darum bemühen, einen Arbeitsplatz in Schottland zu bekommen, um weiterhin hierbleiben zu können. Als ehrenamtlicher Helfer kann ich während dieser Zeit weiter beim NTS arbeiten, sodass ich in diesem Gebiet auch längere Erfahrung erlangen kann. 6. Ihre interkulturellen Erlebnisse und Erfahrungen Die größte interkulturelle Herausforderung zu Beginn des Aufenthaltes war mit Sicherheit der schottische Akzent. Obwohl ich sehr sicher im Umgang mit Englisch bin und auch mein Studium bereits auf Englisch absolviert habe, hatte ich anfangs ziemliche Schwierigkeiten, den schottischen Akzent zu verstehen. Eine besondere Herausforderung waren die Busfahrten, da es in Edinburgh weder eine Liste der Bushaltestellen noch eine Durchsage des nächsten Stopps gibt. Als Ortsfremder ist man folglich darauf angewiesen, den Busfahrer zu fragen wo man aussteigen muss – und meistens bekommt man von den (sehr hilfsbereiten!) Busfahrern eine lange Antwort, von der ich anfangs leider nie etwas verstanden habe. Aber Schottisch hat seinen ganz eigenen Reiz und inzwischen liebe ich Edinburgh | Großbritannien 4 den Akzent sehr. Ich konnte meinen Mitarbeitern immer eine große Freude machen, wenn ich anfing, meine neu erlernten schottischen Vokabeln automatisch in meinen Wortschatz aufzunehmen. Ein weiterer Unterschied zwischen Schottland und Deutschland ist das Essen. Obwohl Schottland meiner Meinung nach nicht unbedingt zu einem komplett anderen Kulturkreis gehört, so gibt es doch erstaunlich viele Unterschiede. Shortbread zum Beispiel ist nicht nur ein Gebäck für Touristen, sondern wird tatsächlich regelmäßig nachmittags zum Tee angeboten, genauso wie selbstgebackene Scones (kleine Brötchen, entweder süß mit Marmelade oder herzhaft mit Käse). Zu Weihnachten gibt es außerdem zu jeder Gelegenheit Mince Pies (kleine Kuchen mit einer Rosinen-Früchte-Mischung). Generell hat jeder Supermarkt eine große Auswahl an Muffins (mit dicker, bunter Glasur), großen frisch gebackenen Chocolate Cookies und Kuchen in allen Formen, meist ebenfalls mit grell-bunter Glasur. Haggis habe ich übrigens nur einmal probiert, nämlich auf Pizza, was mich nicht besonders überzeugt hat. Was ich immer sehr gerne mochte, waren die Pubs. Im Gegensatz zu Deutschland treffen sich fast jeden Abend Leute in den Pubs, um gemeinsam zu musizieren. Es ist wunderschön, wenn man abends mit einem Glas Whisky dort sitzt und meist schottischer oder irischer Musik zuhören kann, die je nach Belieben und je nach vorhandenen Musikern improvisiert wird. Die Leute trinken, reden, und bei besonders schönen Musikstücken oder Gesang wird es kurzweilig ganz still im Raum und alle lauschen andächtig, um dann danach die Gespräche wieder fortzusetzen. Wer längere Zeit in Schottland lebt, hat außerdem die Möglichkeit, verschiedene schottische Feste mitzufeiern. Am 5. November ist beispielsweise Guy Fawkes Night, in der traditionell große Feuer entzündet werden in Gedenken an den Anschlag auf das englische Parlament im Jahr 1605 (wobei die Schotten das englische Parlament eigentlich gar nicht so gerne mögen, schließlich haben sie ihr eigenes, aber 1605 war der erste König aus Schottland auch König von England, insofern zünden auch die Schotten bonfires in dieser Nacht). Ein weiteres großes Ereignis ist die Eröffnung der Festive Season im Dezember, die einhergeht mit der Eröffnung des deutschen Weihnachtsmarkts in Edinburgh. Da die meisten Verkäufer tatsächlich aus Deutschland kommen, fühlt man sich wirklich wie auf einem Weihnachtsmarkt in einer deutschen Kleinstadt und kann Bratwurst, Käsespätzle und Glühwein genießen – allerdings zu horrenden Preisen. Am 30. November ist St. Andrews Day, der Feiertag des schottischen Schutzheiligen. Eigentlich wird an diesem Tag ebenfalls ein großes Fest veranstaltet, mit Feuerwerk und Ceilidh (einem schottischen Tanz), allerdings fiel es während meines Aufenthaltes leider wegen des schlechten Wetters aus. Edinburgh | Großbritannien 5 Um Silvester herum feiert man in Edinburgh Hogmanay. Es beginnt am 30.12. mit dem traditionellen Fackelumzug – ein wunderschönes und ziemlich beeindruckendes Ereignis, wenn an die 25 000 (!) Leute mit und ohne Fackeln in einem langen Zug von der St. Giles Kathedrale bis Carlton Hill ziehen. Zu Silvester selber gibt es dann eine große Straßenparty, an der wir aber nicht teilgenommen haben. Stattdessen haben wir uns das Feuerwerk aus der Ferne angeguckt, was sehr entspannt war, denn in Schottland ist es Abbildung 4: Wallace Monument in Stirling anscheinend verboten, selber Silvesterknaller zu zünden – dementsprechend ruhig ist es auch auf den Straßen. Natürlich haben ich und mein Freund auch die Gelegenheit genutzt und haben uns viel in Edinburgh und Umgebung angesehen. Dafür lohnt es sich, Mitglied bei Historic Scotland und dem National Trust for Scotland zu werden, da die meisten Sehenswürdigkeiten zu einer dieser beiden Organisationen gehören und man als Mitglied freien Eintritt hat. Die Eintrittspreise sind nämlich generell ziemlich hoch. In Edinburgh selbst waren wir oft im Botanischen Garten, sind auf Arthurs Seat geklettert und haben oft das Schloss besucht, weil man von dort einen wunderschönen Ausblick hat. Das Water of Leith lohnt sich immer für einen Spaziergang, und um Edinburgh herum locken viele alte Schlösser und Burgruinen, die alle gut mit Bus oder Zug erreichbar sind. Außerdem haben wir uns an einem Wochenende ein Auto gemietet und sind mit viel Nervenkitzel im Linksverkehr in den Trossachs National Park und nach Fife gefahren. Edinburgh | Großbritannien 6 Der Winter in Edinburgh kann spannend werden. Genau wie im letzten Jahr hat es dieses Jahr wieder viel geschneit, und keiner war drauf vorbereitet. Was zur Folge hatte, dass der Flughafen für mehrere Tage gesperrt war, die Supermärkte bekamen keinen Nachschub mehr, das Bussystem brach zusammen, die Autos fuhren kaum noch, da keiner Winterreifen hat, und geräumt wurde auch nur sporadisch. Das kann man alles relativ gelassen nehmen, wenn man nicht gerade, so wie wir, einen Flug gebucht hatte und täglich zittern mussten, ob wir überhaupt über Weihnachten nach Deutschland fliegen konnten. Unangenehm wurde es nur während der kalten Temperaturen: da unser Zimmer ziemlich schlecht isoliert war, sank die Temperatur gerne tagsüber auf 14 Grad, und unsere Heizung war eine Nachtspeicher-Heizung, die man nicht einfach aufdrehen kann, sondern die über Nacht erst laden muss. Mit FleeceDecke, Wärmflasche und dicken Socken war es zu ertragen, aber ich habe definitiv eine Zentralheizung ein zweifach verglaste Fenster zu schätzen gelernt. Zusammenfassend kann ich Schottland und Edinburgh sehr empfehlen: die Leute sind unglaublich gastfreundlich, die Kultur und Geschichte ist spannend und interessant und Abbildung 5: Edinburgh im Schnee obwohl es nur 2,5 Stunden Flugzeit entfernt liegt, so hat Schottland doch seine ganz eigenen Traditionen und Eigenheiten. Ich habe den Aufenthalt sehr genossen und würde gerne noch länger bleiben, denn ich habe noch längst nicht alles von diesem wunderbaren Land gesehen. Edinburgh | Großbritannien 7