Finanzmathematik - Fakultät für Mathematik und Informatik
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Finanzmathematik - Fakultät für Mathematik und Informatik
1 Finanzmathematik TU Bergakademie Freiberg Fakultät für Mathematik und Informatik Institut für Numerische Mathematik und Optimierung Dr.rer.nat. H. Schreier Sommersemester 2012 Die Finanzmathematik ist ein Gebiet der angewandten Mathematik. Sie stellt das quantitative Instrumentarium für die Bewertung zukünftiger oder vergangener Zahlungsströme und eignet sich damit für die vielfältigen Probleme des Bank- und Kreditwesens. Im Mittelpunkt der Lehrveranstaltung Finanzmathematik steht das Geld in Form des Geldkapitals als Ware. So wie auch bei jeder anderen Ware hat seine Benutzung seinen Preis, die sogenannten Zinsen, die man erhält, wenn man Geld verleiht, oder die man bezahlen muss, wenn man Geld borgt. Neben dem Zinssatz spielt der Faktor Zeit bei allen Berechnungen eine wesentliche Rolle. Die Hauptgebiete der klassischen Finanzmathematik – Zinsrechnung, Rentenrechnung, Tilgungsrechnung und Kursrechnung – werden in je einem Kapitel vorgestellt. Im Vordergrund sollen aber auch Anwendungsmöglichkeiten stehen. Beispiele dafür sind u.a. die Untersuchung angebotener Sparanlagen, Wertpapiere des Bundes und Kredite hinsichtlich ihrer Effektivverzinsung, sowie die finanzmathematischen Methoden der Investitionsrechnung und der Abschreibung. Die Finanzmathematik weist einen beträchtlichen Formelapparat auf. Für das Verständnis finanzmathematischer Denkweisen ist es notwendig, die Entwicklung der teilweise umfangreichen Formeln nachzuvollziehen und nicht nur rezeptartig mit ihnen umzugehen. Das eigentliche Gerüst der klassischen Finanzmathematik wird aber nur aus einigen wenigen prägnanten Formeln gebildet. Viele praktische Aufgaben sind in Lehrbüchern zur Finanzmathematik zu finden, deren Bearbeitung ratsam ist. Das Spektrum reicht dabei von einfachen Aufgaben, bei denen es genügt, entsprechende Formeln abzurufen, bis hin zur Modellierung von verbal formulierten komplexeren Fragestellungen und deren Lösung. Über den Rahmen der klassichen Finanzmathematik hinaus gehen stochastische Aspekte, die ihren Niederschlag vor allem in der Versicherungsmathematik, aber auch bei der Prognose von Kursen für Aktien, Wertpapiere, Optionen und anderer Derivate finden. Sie sind nicht Gegenstand dieser Lehrveranstaltung. ”Über Kapital sollte man viel wissen. Besonders über sein eigenes.” 2 Neu: Prüfungen werden durch die Beschreibung der Module – Finanz- und Versicherungsmathematik (9 LP) – Finanzmathematik (6 LP) geregelt. Alt: Bedingungen für den Erwerb eines Übungsscheines für den Studiengang Angewandte Mathematik • Entweder: Bearbeitung von Belegaufgaben • oder: Gespräch zu einem ausgewählten Teilgebiet • oder: Teilnahme an einer Klausur Zugelassene Hilfsmittel zu Klausuren • Vorlesungs- und Übungsmitschriften • gewöhnliche Taschenrechner 3 Literaturempfehlung • A. Pfeifer: Praktische Finanzmathematik Verlag Harri Deutsch, Thun und Frankfurt am Main, 2000 • J. Tietze: Einführung in die Finanzmathematik Vieweg Verlag, Wiesbaden, 2003 • J. Tietze: Übungen zur Finanzmathematik Schriftenreihe Übungen zur Betriebs- und Volkswirtschaftslehre Bd. 3 Alano Verlag, Aachen, 1992 • B. Luderer: Starthilfe Finanzmathematik B. G. Teubner GmbH, Stuttgart/Leipzig/Wiesbaden, 2002 • E. Kahle, D. Lohse: Grundkurs Finanzmathematik R. Oldenbourg Verlag, München Wien, 1989 • H. Köhler: Finanzmathematik Carl Hanser Verlag, München Wien, 1992 • K. Bosch: Finanzmathematik R. Oldenbourg Verlag, München Wien, 1991 • H. Locarek: Finanzmathematik Lehr- und Übungsbuch R. Oldenbourg Verlag, München Wien, 1991 • J. Kober, H.-D. Knöll, U. Rometsch: Finanzmathematische Effektivzinsberechnungsmethoden BI-Wissenschaftsverlag, Mannheim Leipzig Wien Zürich, 1992 • C. Sievi: Grundlagen zur Beurteilung von Geldgeschäften GILLARDON Publishing GmbH, Bretten, 1996 • E. Kosiol: Finanzmathematik Gabler Verlag, Wiesbaden, 1973 Quellen zur zusätzlichen Information: Die Bank Capital ”DM” FinanzTest WiSt - Zeitschrift Das Wirtschaftsmagazin Das private Wirtschaftsmagazin Stiftung Warentest Wirtschaftswissenschaftliches Studium – Zeitschrift für Ausbildung und Hochschulkontakt 4 Inhaltsverzeichnis 1 Zinsrechnung 1.1 Einfache Verzinsung . . . . . . . . 1.2 Verzinsung mit Zinseszins . . . . . 1.3 Vorschüssige Verzinsung . . . . . . 1.4 Gemischte Verzinsung . . . . . . . 1.5 Unterjährige und stetige Verzinsung 1.6 Zinsintensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 7 9 12 14 15 17 2 Äquivalenzprinzip und Effektivverzinsung 19 3 Rentenrechnung 3.1 Nachschüssige endliche Renten . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Vorschüssige endliche Renten . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Ewige Renten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Rentendauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Aufgeschobene, abgebrochene und unterbrochene Renten 3.6 Dynamische Renten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7 Unterjährige Renten- und Zinstermine . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 23 25 26 27 28 30 32 . . . . 35 35 36 37 40 . . . . 43 43 44 45 47 4 Tilgungsrechnung 4.1 Tilgungsformen . . 4.2 Ratentilgung . . . . 4.3 Annuitätentilgung . 4.4 Ratenkreditgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Kursrechnung 5.1 Der Begriff des Kurses . . . . . . . . . . 5.2 Kurs einer gesamtfälligen Schuld . . . . . 5.3 Kurs einer Zinsschuld . . . . . . . . . . . 5.4 Kurs einer Annuitäten- und Ratenschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Effektivzinsberechnung für Bundeswertpapiere 49 7 Investitionsrechnung 51 8 Abschreibung 53 5 6 INHALTSVERZEICHNIS Kapitel 1 Zinsrechnung Unter Kapital versteht man eine Geldbetrag, der angelegt oder jemand anderem überlassen wird. Der Zins oder Zinsbetrag ist der Preis für die leihweise Überlassung und wirtschaftliche Nutzung eines Kapitals über eine vereinbarte Laufzeit. Die Angabe des Zinssatzes wird dabei auf eine Zeiteinheit, die sogenannte Zinsperiode bezogen. Die Zinsrechnung untersucht die Auswirkung der Zinszahlung auf die Änderung des Kapitals. Dabei muss unterschieden werden, ob anfallende Zinsen mitverzinst werden oder nicht. Wesentlich ist auch, zu welchen Terminen ein Zinszuschlag erfolgt und welche Bezugsgröße zur Zinsbildung herangezogen wird. 1.1 Einfache Verzinsung Definition 1.1 Werden die Zinsen Z für ein Kapital K0 am Ende einer Zinsperiode oder Laufzeit gezahlt, so spricht man von nachschüssiger oder dekursiver Verzinsung. Wird nichts anderes vereinbart, so soll im folgenden stets unter dem allgemeinen Begriff Verzinsung die nachschüssige Verzinsung vereinbart sein. Definition 1.2 Wird ein Kapital K0 für eine Laufzeit t zur Verfügung gestellt, so sind bei einfacher Verzinsung die zu zahlenden Zinsen Z proportional zum Kapital K0 und proportional zur Laufzeit t. Der Proportionalitätsfaktor heißt Zinsfuß p oder Zinssatz i. Dabei gibt p den Betrag an Zinsen an, der für K0 = 100 zu zahlen ist und i den Betrag, der für K0 = 1 zu zahlen ist. Bei der im kaufmännischen Bereich üblichen einfachen Verzinsung hat man es definitionsgemäß mit Kapitalüberlassungszeiträumen zu tun, innerhalb derer grundsätzlich kein Zinsverrechnungstermin liegt. Wird nichts anderes vereinbart, dann bezieht sich im folgenden der Zinssatz i immer auf ein Jahr als Zeiteinheit. 7 8 KAPITEL 1. ZINSRECHNUNG Satz 1.1 Wird mit Kt der Zeitwert des mit Laufzeit t angelegten Kapitals K0 bezeichnet, so gilt bei einfacher Verzinsung mit Zinsfuß p die Formel Kt = K0 (1 + t p ). 100 (1.1) Die einfache Verzinsung wird in der Praxis selten für Laufzeiten größer als ein Jahr verwendet und deshalb in Abhängigkeit von der Anzahl der Zinstage T und der Jahreslänge in Tagen TBasis angeben. Für die Laufzeit t gilt dann t= T TBasis . (1.2) Die Berechnung der Zinstage und der Basistage hängt von der gewählten Berechnungsmethode ab. Gebräuchlich sind folgende Konventionen (Day Count Convention): A Ein Jahr wird zur rechnerischen Vereinfachung mit 360 Tagen angenommen. Dabei werden für jeden Monat 30 Tagen vereinbart. B Die tatsächliche Laufzeit wird auf 360 Tage bezogen. C Die tatsächliche Laufzeit wird auf 365 Tage bezogen. D Die tatsächliche Laufzeit wird auf die tatsächliche Jahreslänge in Tagen bezogen. Beim Auszählen der Zinstage T wird entweder der erste Tag (Einzahlung von K0 ) mitgezählt und der letzte Tag nicht oder umgekehrt. Bei Verwendung der lange in Deutschland üblichen Variante A gilt bei einfacher Verzinsung für die in T Tagen anfallenden Zinsen zT = K0 T p = 360 100 K0 T 100 360 p . (1.3) Der Zähler des Doppelbruches heißt Zinszahl, der Nenner Zinsteiler. Beispiel 1.1 Ein Kapital von 5.000,00 e wird vom 21.01.2007 bis 28.03.2007 einfach zu 3 % verzinst. Welche Zinsen erhält man in Abhängikeit von der gewählten Konvention ? A) 67 Zinstage: B) 66 Zinstage: C) 66 Zinstage: D) entspricht C) 67 = 27, 92 360 66 ZB = 5.000 · 0, 03 · = 27, 50 360 66 ZC = 5.000 · 0, 03 · = 27, 12 365 ZA = 5.000 · 0, 03 · (kein Schaltjahr) 1.2. VERZINSUNG MIT ZINSESZINS 9 Ein Kapital K0 werde zum Zeitpunkt 0 bei einfacher Verzinsung mit Zinssatz i angelegt. Die Kapitalwertfunktion K1 (t) beschreibe den Zeitwert des Kapitals zum Zeitpunkt t. Dann ist K1 (t) = K0 (1 + ti) , t≥0 (1.4) eine lineare Funktion, weshalb man auch von linearer Verzinsung spricht. Schränkt man den Definitionsbereich dieser Kapitalwertfunktion auf die Menge der natürlichen Zahlen ein, dann liegt eine arithmetische Folge vor. Definition 1.3 Ein Kapital B, das in einem Zinsmodell nach einer Laufzeit t bei einem Zinssatz i den Zeitwert Kt erzielt, heißt Barwert. Der Barwert ist der augenblickliche Wert einer zu zukünftigen Leistung. Den Vorgang zur Bestimmung eines Barwertes aus einem vorgegebenen Endwert nennt man Abzinsen oder auch Diskontieren. Satz 1.2 Der Barwert Bt einer Schuld S, die nach einer Laufzeit t bei einfacher Verzinsung mit Zinssatz i fällig wird, beträgt Bt = S . 1 + ti (1.5) Man erhält außerdem aus (1.1) mittels einfacher Umformung die Beziehungen 1.2 p= 100 Kt ( − 1) , t K0 (1.6) t= 100 Kt ( − 1) . p K0 (1.7) Verzinsung mit Zinseszins Definition 1.4 Werden Zinsen nach einem gewissen Zeitraum dem Kapital zugeschlagen und anschließend mitverzinst, so spricht man von Zinseszinsen. Zeitpunkte, zu denen kapitalisiert wird, heißen Zinszuschlagstermine. Der Zeitraum zwischen zwei Zinszuschlagsterminen heißt Zinsperiode. Werden Zinsen jeweils nach einem Jahr dem Kapital zugeschlagen und im folgenden Jahr mitverzinst, wird von jährlicher Verzinsung gesprochen. Bezogen auf den Jahreszinssatz i heißt die Größe q = 1 + i Aufzinsungsfaktor und der Reziprokwert v = 1/q heißt Diskontierungsfaktor. Bei der nachschüssigen oder dekursiven Verzinsung mit Zinseszins beziehen sich die Zinsen auf das Kapital zu Beginn der Zinsperiode und werden am Ende der Zinsperiode dem Kapital hinzugefügt und in den Folgeperioden mitverzinst. 10 KAPITEL 1. ZINSRECHNUNG Satz 1.3 Wird ein Kapital K0 jährlich n Jahre lang nachschüssig mit Zinseszins verzinst, dann gilt für das Endkapital Kn die Formel Kn = K0 (1 + i)n = K0 q n , n = 1, 2, . . . (1.8) Diese Formel ist auch unter dem Namen Leibnizsche Zinseszinsformel bekannt. Sie beschreibt eine geometrische Folge. Beispiel 1.2 Wie erst kürzlich bekannt wurde, legte August der Starke, Kurfürst von Sachsen, anlässlich seiner Krönung zum König von Polen im Jahre 1697 bei der Dresdner Hofbank 1000 Taler zu 3% p.a. an. Über welches Kapital können seine Erben im Jahr 2008 verfügen, wenn mit gleichbleibenden Zinssatz und einfachen Zinsen bzw. Zinseszinsen gerechnet wird ? Klin = 1000 · (1 + 312 · 0, 03) = 9.360, 00 Kzz = 1000 · 1, 03312 = 10.120.782, 88 Formel (1.8) kann auch auf nichtganzzahlige Laufzeiten übetragen werden. Man spricht dann von exponentieller Verzinsung. K2 (t) = K0 (1 + i)t , t≥0 (1.9) Die Kapitalwertfunktion K2 (t) beschreibt den Zeitwert des zum Zeitpunkt 0 angelegten Kapitals K0 zum Zeitpunkt t bei nachschüssiger exponentieller Verzinsung mit Zinssatz i. Satz 1.4 Für 0 < t < 1 gilt K1 (t) > K2 (t) und für t > 1 gilt K1 (t) < K2 (t). Fragt man nach dem Barwert K0 eines in n Jahren fälligen Kapitals Kn bei Verzinsung mit Zinseszins, dann muss nur Formel (1.8) entsprechend umgestellt werden: K0 = Kn Kn = n = Kn v n n (1 + i) q (1.10) Definition 1.5 Unter Inflation versteht man die Änderung (meist Anstieg) des allgemeinen Preisniveaus. Die Inflationsrate iinf l ist derjenige Prozentsatz, der in einer Volkswirtschaft die Veränderung des allgemeinen Preisniveaus gegenüber dem Vorjahr angibt. Bezeichnet man mit Gt den Wert eines Warenkorbes zur Zeit t und mit Gt+1 den inflationsbereinigten Geldbetrag ein Jahr später (entspricht erneut dem Wert des Warenkorbes), dann gilt Gt+1 = Gt (1 + iinf l ) (1.11) Damit lassen sich frühere Beträge (hier Gt ) in kaufkraftgleiche (inflationsbereinigte) spätere Beträge (hier Gt+1 ) umrechnen. 1.2. VERZINSUNG MIT ZINSESZINS 11 Satz 1.5 Wird ein Kapital K0 jährlich n Jahre lang nachschüssig mit Zinseszins mit Zinssatz inom verzinst und wirkt gleichzeitig die Inflationsrate iinf l , dann gilt für die Kaufkraft K̃n des Kapitals nach n Jahren die Formel ( )n 1 + inom , n = 1, 2, . . . . (1.12) K̃n = K0 1 + iinf l Beispiel 1.3 WelcheKaufkraft haben 100 e in 10 Jahren bei einer Verzinsung von 3,5% und einer jährlichen Inflation von 1,2% ? ( )10 1,035 10 K10 = 100 · 1, 035 = 141, 06 K̃10 = 100 1,012 = 125, 20 Fragt man bei nachschüssiger Verzinsung mit Zinseszins nach dem jährlichen Zinssatz i, so erhält man durch Umformen von (1.8) die Formel √ Kn i= n −1 . (1.13) K0 Beispiel 1.4 Wie hoch muss ein konstanter Zinssatz sein, wenn aus 10.000 e heute in 25 Jahren 50.000 e bei Verzinsung mit Zinseszins werden sollen ? √ 25 i = 5 − 1 = 0, 0664949 p = 6, 65 Für die Laufzeit t, die für die Entstehung eines Kapitals Kt aus dem Anfangskapital K0 bei gegebenen Zinssatz i notwendig ist, gilt t= ln Kt − ln K0 . ln (1 + i) (1.14) Satz 1.6 Für den Zeitpunkt tvd der Kapitalverdopplung bei nachshüssiger exponentieller Verzinsung gilt bei gegebenen Zinsfuß p die Näherung tvd ≈ 70 . p (1.15) 12 1.3 KAPITEL 1. ZINSRECHNUNG Vorschüssige Verzinsung Definition 1.6 Werden die Zinsen aus dem Kapital am Ende der Zinsperiode berechnet und am Anfang der Zinsperiode verrechnet, so spricht man von vorschüssiger oder antizipativer Verzinsung. Für dekursive Zinsen gilt: Endkapital = Anfangskapital + Zinsen vom Anfangskapital Für antizipative Zinsen gilt: Anfangskapital = Endkapital – Zinsen vom Endkapital Satz 1.7 Wird ein Kapital K0 jährlich n Jahre lang vorschüssig mit Zinseszins mit dem Zinssatz 0 < i < 1 verzinst, dann gilt für das Endkapital Kn die Formel Kn = K0 , (1 − i)n n = 1, 2, . . . . (1.16) Auch hier kann der Bereich der möglichen Laufzeiten erweitert werden. Dann beschreibt die Kapitalwertfunktion K3 (t) = K0 (1 − i)−t , t≥0 (1.17) den Zeitwert des zum Zeitpunkt 0 angelegten Kapitals K0 zum Zeitpunkt t bei vorschüssiger exponentieller Verzinsung mit Zinssatz i. Satz 1.8 Für t > 0 gilt K2 (t) < K3 (t). Sind vor- und nachschüssiger Zinssatz bei Verzinsung mit Zinseszins gleich, dann ergibt die vorschüssige Verzinsung ein höheres Endkapital als die nachschüssige Verzinsung. Beispiel 1.5 Jemand hat für 5 Jahre 15.000 e geliehen und einen festen Zins von 5,5% vereinbart. Wieviel muss der Schuldner mehr zahlen als erwartet, wenn vorschüssig gerechnet wird und er nachschüssige Berechnung für vereinbart hält ? Kdif f = 19.903, 63 − 19.604, 40 = 299, 23 Definition 1.7 Liefern dekursiver und antizipativer Zinssatz bei gleichem Ausgangskapital und gleicher Laufzeit auch gleiche Endwerte, so heißen die Zinssätze zueinander konform. 1.3. VORSCHÜSSIGE VERZINSUNG 13 Satz 1.9 Bei Verzinsung mit Zinseszins gelten zwischen dem konformen dekursiven Zinssatz i und dem konformen antizipativen Zinssatz ia folgende Beziehungen: i= ia 1 − ia , ia = i 1+i (1.18) Für konforme Zinssätze gilt i > ia . Für den Barwert eines in n Jahren realisierten Kapitals Kn gilt bei vorschüssiger Verzinsung mit Zinseszins mit Zinssatz i die Formel K0 = Kn (1 − i)n . (1.19) Die vorschüssige Verzinsung wird oft beim Diskontieren von Wechseln (schuldrechtliches Wertpapier) angewandt. Allerdings wird hier nicht mit Zinseszins, sondern mit einfacher vorschüssiger Verzinsung gerechnet. Man spricht auch vom sogenannten kaufmännischen Diskont oder kurz Bankdiskont. Beim Diskontieren eines zum Zeitpunkt t fälligen Wechsels der Höhe S wird ein durch den Zinssatz i bestimmter Prozentsatz des Wechselbetrages einbehalten und damit ein Barwert Bt∗ = S − t S i = S(1 − ti) , t≥0 (1.20) realisiert. Finanzmathematisch ist diese Methode der Ermittlung eines Barwertes nur für kurze Laufzeiten sinnvoll. Für t > 1i gilt stets Bt∗ < 0. Satz 1.10 Für kleine Laufzeiten t beträgt der Barwert einer gesamtfälligen Schuld S bei einfacher Verzinsung näherungsweise Bt = S ≈ S (1 − ti) = Bt∗ . 1 + ti (1.21) Beispiel 1.6 Ein Kunde bezahlt eine Ware mit einem Wechsel über 1.200 e mit einem Zahlungsziel von 90 Tagen. Der Besitzer löst den Wechsel sofort bei einer Bank ein. Welchen Betrag erhält er ausgezahlt, wenn die Bank einen Zins von 6% zugrunde legt und die Methode actual/360 anwendet ? B ≈ 1.200, 00 − 18, 00 = 1.182, 00 B = 1.182, 27 14 1.4 KAPITEL 1. ZINSRECHNUNG Gemischte Verzinsung Fällt bei jährlich nachschüssigen Zinszuschlag der Beginn oder das Ende der Kapitalüberlassung (oder beides) nicht auf einen Zinszuschlagtermin, dann wird in der Bankpraxis häufig eine End- oder Barwertbestimmung mit Hilfe der gemischten Verzinsung vorgenommen. Definition 1.8 Eine gemischte Verzinsung liegt vor, wenn ein unterjähriger Zeitraum am Anfang einfach verzinst wird, anschließend eine nachschüssige Verzinsung mit Zinseszins erfolgt und ein unterjähriger Zeitraum am Ende wiederum einfach verzinst wird. Mit ⌊t⌋ sei die größte ganze Zahl kleiner oder gleich t und mit ⌈t⌉ die kleiste ganze Zahl größer oder gleich t bezeichnet. Satz 1.11 Legt man den Betrag K0 zum Zeitpunkt ta > 0 an und hebt ihn zum Zeitpunkt te > ⌈ta ⌉ ab, dann gilt für den Endwert K(ta , te ) bei gemischter Verzinsung die Formel K(ta , te ) = K0 (1 + t1 i) (1 + i)n (1 + t2 i) (1.22) mit t1 = ⌈ta ⌉ − ta , t2 = te − ⌊te ⌋ und n = ⌊te ⌋ − ⌈ta ⌉. Für konstante Differenzen ta − te bleibt K(ta , te ) nicht konstant! Beispiel 1.7 Für Sparbücher mit gesetzlicher Kündigungsfrist werde bei einer Sparkasse 1.4 % Zinsen bei kalenderjährlicher Verzinsung nach der 30/360 Tage-Methode gezahlt. Die Verzinsung beginnt mit dem Tag der Einzahlung. Jemand eröffnet am 01.09.2006 ein Sparbuch mit 2.000,00 e. Welcher Auszahlung erhält er nach Auflösung des Sparvertrages am 28.04.2007 ? 120 117 KEnde = 2.000 (1 + 0, 014) (1 + 0, 014) = 2.018, 48 360 360 237 KEnde ≈ 2.000 · 1, 014 360 = 2.018, 39 Wird das Kapital K0 zum Zeitpunkt 0 angelegt und gemischt verzinst, so entsteht zum Zeitpunkt t ein Kapital K4 (t) mit dem Wert K4 (t) = K0 (1 + i)⌊t⌋ (1 + (t − ⌊t⌋) i) , t≥0 (1.23) Durch diese Kapitalwertfunktion wird eine gewisse Standardform der gemischten Verzinsung beschrieben, bei der n = ⌊t⌋ Jahre eine nachschüssige Verzinsung mit Zinseszins und für die restliche Zeit mit einfachem Zins erfolgt. Satz 1.12 Die Kapitalwertfunktion K4 (t) ist konvex und stückweise linear. Es gilt K2 (t) ≤ K4 (t) und für alle nichtganzzahligen Zeitpunkte t die echte Ungleichung. 1.5. UNTERJÄHRIGE UND STETIGE VERZINSUNG 1.5 15 Unterjährige und stetige Verzinsung Definition 1.9 Erfolgt der Zinszuschlag an mehreren Zeitpunkten im Jahr zu jeweils gleichen Zeitabständen, dann spricht man von unterjähriger Verzinsung. Mit m > 1 wird die Anzahl der gleichlangen Zinsperioden bezeichnet. Bei gegebenen nominellen Jahreszinssatz i heißt im = i/m unterjähriger oder relativer Zinssatz. Satz 1.13 Wird ein Kapital K0 mit einer Laufzeit von n Jahren unterjährig nachschüssig in m Zinsperioden mit dem relativen Zinssatz im verzinst, so erhält man das Endkapital ( )mn i Kn,m = K0 1 + , n = 1, 2, ... . (1.24) m Satz 1.14 Die Zahlenfolge {( 1+ ) } i m m m∈N ist streng monoton wachsend. Aus dem letzten Satz ergeben sich zwei Schlussfolgerungen: - Die unterjährige nachschüssige Verzinsung mit relativen Zinssatz im ergibt bei gleichem Startkapital K0 und gleicher Laufzeit n einen höheren Endwert als die jährlich nachschüssige Verzinsung mit dem nominellen Zinssatz i. - Je öfter innerhalb eines Jahres mit dem entsprechenden relativen Zinssatz kapitalisiert wird, um so höher fällt der Endwert aus. Beispiel 1.8 Ein Kapital von 100.000 e werde nominell zu 8% angelegt. Gesucht ist der Kontenstand nach 5 Jahren bei jährlicher, halbjährlicher, vierteljährlicher, monatlicher und täglicher Verzinsung ! K5,1 = 146.932, 81 K5,2 = 148.024, 43 K5,360 = 149.175, 84 K5,4 = 148.594, 74 K5,12 = 148.984, 57 Will man erreichen, dass bei unterjähriger Verzinsung gerade der Kapitalwert erzielt wird, den die jährliche nominelle Verzinsung mit Zinssatz i ergibt, dann muss der relative Zinssatz im durch den konformen relativen Zinssatz √ ikon = m (1 + i) − 1 m (1.25) ersetzt werden. Definition 1.10 Im Falle unendlich vieler unendlich kleiner Verzinsungszeiträume liegt stetige oder kontinuierliche Verzinsung vor. 16 KAPITEL 1. ZINSRECHNUNG Stetige Verzinsung bedeuted, dass in jedem Moment proportional zum augenblicklichen Kapital Zinsen gezahlt werden. Satz 1.15 Wird ein Kapital K0 mit einer Laufzeit von n Jahren stetig mit nominellen Zinssatz i verzinst, dann erhält man das Endkapital Kn = K0 ein , n = 1, 2, ... . (1.26) Für Beispiel 1.8 wäre folgendes zu ergänzen: K5,∞ = 149.182, 47 Die zur stetigen Verzinsung gehörige Kapitalfunktion hat die Gestalt K5 (t) = K0 eit , t≥0. (1.27) Satz 1.16 Für t > 0 gilt K2 (t) < K5 (t) < K3 (t). Außerdem ist K1 (t) Tangente an K5 (t) an der Stelle t = 0. Das Modell der stetigen Verzinsung stellt eine nützliche theoretische Konstruktion dar. Bei der Berechnung des Wertes von Optionen wird sie häufig benutzt. Für die Umrechnung einer nachschüssigen Verzinsung mit Zinseszins mit Zinssatz i in die stetige Verzinsung mit dem niedrigeren konformen Zinssatz ikon gilt ikon = ln (1 + i) . (1.28) Sucht man bei der stetigen Verzinsung bei gegebenen Endkapital Kt das Startkapital K0 , bzw. den nominellen Zinssatz i, bzw. die Laufzeit t, dann gilt: K0 = Kt e−it 1 Kt ln t K0 1 Kt t = ln i K0 i= (1.29) (1.30) (1.31) Beispiel 1.9 Nach 4 12 Jahren erwartet ein Unternehmer einen Kapitaleingang von 600.000 e . Gesucht ist der Barwert dieses Betrages bei einer stetigen Verzinsung mit nominellen Jahreszinssatz von 6,5% ! K0 = 600.000 · e−0,065·4,5 = 447.837, 15 1.6. ZINSINTENSITÄT 1.6 17 Zinsintensität Die betrachteten Kapitalwertfunktionen K1 (t) = K0 (1 + ti) K2 (t) = K0 (1 + i)t K3 (t) = K0 (1 − i)−t K4 (t) = K0 (1 + i)⌊t⌋ (1 + (t − ⌊t⌋) i) K5 (t) = K0 eit besitzen einen nichtnegativen Definitionsbereich und einen positiven Wertevorrat. Sie sind stetig und es existieren die rechtsseitigen Ableitungen Kj′,+ (t), j = 1, ..., 5. Definition 1.11 Es sei K(t) eine stückweise differenzierbare Kapitalwertfunktion mit existierender rechts+ seitiger Ableitung K ′,+ (t), die von R+ 0 nach R abbildet. Die Funktion I(t) = (lnK(t))′,+ = K ′,+ (t) K(t) (1.32) heißt Zinsintensität zur Kapitalwertfunktion K(t). Der adäquade Begriff für Zinsintensität ist das sogenannte Wachstumstempo, wie es zur Charakterisierung von ökonomischen Funktionen verwendet wird. Satz 1.17 Für die Zinsintensitäten zu den Kapitalfunktionen Kj (t), j = 1, ..., 5, gilt I1 (t) = i , 1 + ti t≥0 (1.33) für die einfache Verzinsung, I2 (t) = ln(1 + i) , t≥0 (1.34) für die nachschüssige exponentielle Verzinsung, I3 (t) = −ln(1 − i) , t≥0 (1.35) für die vorschüssige exponentielle Verzinsung, I4 (t) = i , 1 + (t − ⌊t⌋) i t≥0 (1.36) für die gemischte Verzinsung, I5 (t) = i , t≥0 für die stetige Verzinsung. (1.37) 18 KAPITEL 1. ZINSRECHNUNG Die Zinsintensitäten zu den Kapitalwertfunktionen mit exponentiellem Wachstum sind konstant und es gilt I2 (t) < I5 (t) < I3 (t). Die Zinsintensität zur Kapitalwertfunktion der linearen Verzinsung ist eine steng monoton fallende Funktion. Sie besitzt mit der Zinsintensität zur Kapitalwertfunktion der nachschüssigen exponentiellen Verzinsung genau einen Schnittpunkt in der Nähe von t = 1/2. Die Zinsintensität zur Kapitalwertfunktion der gemischten Verzinsung ist eine periodische Funktion. Satz 1.18 Sind die Zinsintensität I(t), t ≥ 0, als integrierbare Funktion und das Startkapital K0 > 0 vorgegeben, dann gilt ∫t K(t) = K0 e 0 I(τ )dτ , t≥0. (1.38) Kapitel 2 Äquivalenzprinzip und Effektivverzinsung Das Äquivalenzprizip ist eines der wichtigsten Begriffe der Finanzmathematik. So verlangt man intuitiv, dass die Leistungen des Schuldners den Leistungen des Gläubigers entsprechen oder der Wert aller Einzahlungen gleich dem Wert aller Auszahlungen ist. Das Äquivalenzprizip ist ein Hilfsmittel zur Durchführung von vergleichenden Berechnungen und stellt die Grundlage der Effektivzinsberechnung dar. Der Effektivzins soll die einem Geschäft tatsächlich zugrunde liegende Verzinsung bei geeignet gewähltem Zinsmodell sein. Es ist gesetzliche Pflicht, ihn bei finanziellen Vereinbarungen auszuweisen. Definition 2.1 Ein Zahlungsstrom ist die Gesamtheit von Zahlungen Z1 , Z2 , ..., Zn zu unterschiedlichen Zeitpunkten t1 < t2 < ... < tn . Mit Zahlungen können Ein- und Auszahlungen gemeint sein. Sie können durch unterschiedliche Vorzeichen markiert werden. Ein Zahlungsstrom mit unterschiedlichen Vorzeichen der Zahlungen kann durch zwei Zahlungsströme mit je gleichen Vorzeichen repräsentiert werden, ein Zahlungsstrom für die Leistungen und ein Zahlungsstrom für die Gegenleistungen. Um Zahlungsströme vergleichen zu können, müssen sie auf einen Bezugszeitpunkt transformiert werden. Der dabei verwendete Zinssatz heißt Kalkulationszinssatz. Wird als Bezugszeitpunkt der Zeitpunkt der letzten auftretenden Zahlung eines Zahlungsstroms, dann ist der Endwert als zukünftiger Wert zu berechnen. Ist der Bezugszeitpunkt die Gegenwart, so ist der Barwert als Gegenwartswert zu ermitteln. Definition 2.2 Zwei Zahlungsströme heißen bezüglich eines festgelegten Zinsmodells äquivalent zum Zeitpunkt t, wenn die beiden Zahlungsströme zum Zeitpunkt t den gleichen Wert aufweisen. Für eine Äquivalenzprüfung muss das Zinsmodell, der Zinssatz und der Vergleichszeitpunkt vorgegeben werden. Für beide Zahlungsströme ist die gleiche Methode anzuwenden. 19 20 KAPITEL 2. ÄQUIVALENZPRINZIP UND EFFEKTIVVERZINSUNG Satz 2.1 Bei exponentieller Verzinsung sind zwei Zahlungsströme genau dann äquivalent, wenn sie zu einem beliebigen Bezugszeitpunkt den gleichen Wert aufweisen. Dagegen ist die Äquivalenz zweier Zahlungsströme bei linearer oder gemischter Verzinsung prinzipiell von der Wahl des Vergleichszeitpunktes abhängig. Man kommt hier also nicht ohne eine Konvention zu dem zu verwendeteten Bewertungsstichtag aus. Definition 2.3 Der Effektivzinssatz zweier Zahlungsströme ist derjenige Jahreszinssatz, bei dem die beiden Zahlungsströme zu einem bestimmten Vergleichszeitpunkt bezüglich eines festgelegten Zinsmodells äquivalent sind. Bei Kapitalanlagen wird dieser Zinssatz als Rendite bezeichnet. Der Effektivzinssatz eines Zahlungsstroms mit unterschiedlichen Vorzeichen der Zahlungen ist demzufolge derjenige Jahreszinssatz, bei dem der Wert des Zahlungsstrom zu einem bestimmten Vergleichszeitpunkt bezüglich eines festgelegten Zinsmodells Null ist. Der Effektivzinssatz ist ein Maß für das Gesamtergebnis einer Anlage über einen festgelegten Zeitraum inklusive aller Zinsen, Dividenten, Kursveränderungen, Gebühren, Boni, Abschläge, ect. Wird dabei die persönliche Steuerprogression einbezogen, spricht man von Rendite nach Steuern, anderenfalls von Rendite vor Steuern. Angaben zu Renditen sollen nicht vom genauen Einzahlungszeitpunkt, sondern nur von der Laufzeit abhängen. Es wäre nicht praktikabel, wenn sich die Renditeangabe täglich ändern würde, ohne das sich die Konditionen geändert haben. Die Methoden der Renditeberechnungen unterscheiden sich durch die Art der Lage und Verrechnung der unterjährigen Zeitanteile. Braess/Fangmeyer-Methode Der Vergleichszeitpunkt ist der Zeitpunkt der letzten auftretenden Zahlung. Unterjährige Zahlungen werden werden bis zum Jahresende linear aufgezinst und dann nachschüssig exponentiell verzinst. Der gebrochene Jahresanteil wird an den Anfang der Laufzeit gelegt. Exponetielle Methode (AIBD-Methode oder ISMA-Methode) Es handelt sich bei dieser Methode um eine von der internationalen Rentenhändlervereinigung (Association of international bond dealers) entwickelten Ansatz, nach Umbenennung ISMA (International Securities Market Association). Bei dieser Methode wird auch im unterjährigen Bereich die nachschüssige exponentielle Zinsmethode angewendet. Unterjährige Laufzeiten werden meist auf der Basis actual/actual berechnet. Der Vergleichszeitpunkt ist unwichtig. In der Europäischen Union ist bei Krediten und Darlehen der Effektivzinssatz nach dieser Methode zu beechnen. In Deutschland ist die entsprechenden EU-Richtlinie in der Preisangabenverordnung PAngV (neu) umgesetzt. Dabei besteht ein Jahr aus 365 Tagen, 52 Wochen oder 12 gleichlangen Monaten. Jeder Monat beitzt also 30, 416̄ Tage. 21 Preisangabenverordnung PAngV (alt) Die in Deutschland von 1985 bis 2000 gültige Verordnung war für die Effektivzinsberechnung von Krediten bindend. Wie bei der Methode nach Braess/Fangmeyer wird als Vergleichszeitpunkt der Zeitpunkt der letzten auftretenden Zahlung festgelegt. Für die anzuwendende gemischte Verzinsung wird der gebrochene Jahresanteil allerdings an das Laufzeitende plaziert. Innerhalb des Jahres wird linear nach der 30/360-Tagemethode gerechnet. Satz 2.2 Bei gegebener Laufzeit t, Anfangskapital K0 , Endkapital Kt ist der effektive Zinssatz nach PAngV (alt) eine Lösung der Gleichung (1 + ief f )⌊t⌋ (1 + (t − ⌊t⌋) ief f ) − Kt =0. K0 (2.1) Nach PAngV (neu), d.h. ISMA gilt ( ief f = Kt K0 )1 t −1 . (2.2) Beispiel 2.1 Aus einer Anlage in Höhe von 10.000 e entsteht nach 18 Monaten ein Betrag über 10.855,68 e . Es ist der Effektivzins nach PAngV (alt) und ISMA zu bestimmen ! PAngV (alt) : 10.855, 68 = 10.000 (1 + ief f )(1 + 21 ief f ) ief f = 5, 60% PAngV (neu): 10.855, 68 = 10.000 (1 + ief f )1,5 ief f = 5, 63% Ein wesentliche Forderung an einen ”vernünftigen” Effektivzins ist nur bei exponentieller Verzinsung gegeben. Dies wird in folgendem Beispiel deutlich. Beispiel 2.2 Eine einmalige Anlage wird für einen Monat nominell mit 6% verzinst. 1 Nach der PAngV (alt) erhält man aus der Bestimmungsgleichung (1 + 12 ief f ) = 1, 005 als Effektivzinssatz auch den Wert ief f = 6%. 1 Nach der ISMA-Methode folgt aus dem exponentiellen Ansatz (1 + ief f ) 12 = 1, 005 der Effektivzins ief f = 6, 1678%. Wird die Anlage zwölf Mal wiederholt, so wird ein Zinseszinseffekt erreicht, wenn das vorangegangene Endkapital als Ausgangskapital eingesetzt wird. Für jedes einzelne Geschäft ist der Effektivzinssatz nach PAngV (alt) stets 6%. Beim Gesamtgeschäft erhöht er sich wegen 1 + ief f = 1, 00512 auf den Wert ief f = 6, 1678%. Für jedes einzelne Geschäft ist der Effektivzins nach ISMA stets 6,1678%. Für das Gesamtgeschäft ändert sich die Bestimmungsgleichung nicht und ergibt sich gleiche Effektivzinssatz wie nach der PAngV (alt), also auch ief f = 6, 1678%. Nur bei der exponentiellen Methode nach ISMA ist der Effektivzins einer Summe von Geschäften mit gleichem Effektivzins auch wieder dieser Effektivzins. 22 KAPITEL 2. ÄQUIVALENZPRINZIP UND EFFEKTIVVERZINSUNG Künftig soll, wenn nichts anderes vereinbart wird, der Effektivzinssatz immer nach der gültigen Preisangabenverordnung, also nach der exponentiellen Methode berechnet werden. Beispiel 2.3 Ist i der nominelle Jahreszinssatz zur unterjährigen Verzinsung mit m Zinsperioden bzw. zur stetigen Verzinsung, dann gilt für den zugehörigen effektiven Jahreszinssatz ( )m i ief f = 1 + −1 bzw. ief f = ei − 1 m Tabelle der Effektivzinsfüße für gebräuchliche Zinsperioden p m=2 5,0625 6,0900 7,1225 8,1600 5.00 6.00 7.00 8.00 m=4 5,0945 6,1364 7,1859 8,2432 pef f für m=12 5,1162 6,1678 7,2290 8,3000 m=360 5,1267 6,1831 7,2501 8,3277 m=∞ 5,1271 6,1837 7,2508 8.3287 In Zusammenhang mit Anlageentscheidungen wird oft der effektive Wertzuwachs iwz als Kenngröße in den Vordergrund gestellt: iwz = Kt − K0 t K0 (2.3) Hier wird die Differenz aus Rückzahlwert und Kaufpreis auf Kaufpreis und Laufzeit bezogen. Er beschreibt, um wieviel ein Kapital durchschnittlich jährlich wächst. Die Zahl iwz ist der Effektivzinssatz, den man mit Hilfe des linearen Zinsmodells berechnet. Hier wird kein Zinseszinseffekt berücksichtigt. Damit ist der effektive Wertzuwachs i.a. wesentlich größer als der Effektivzinssatz nach ISMA (und damit gut für Werbezwecke geeignet). Beispiel 2.4 Ein Kapital K0 werde jährlich nachschüssig mit dem Zinssatz ik , k = 1, ..., n, verzinst. Der Zinsertrag wird sofort wieder angelegt. Wie hoch ist der Effektivzinssatz dieser Anlage ? Unter welchen Voraussetzungen stimmt er mit dem arithmetischen Mittel der einzelnen Jahreszinsssätze überein ? Wie groß ist der effektive Wertzuwachs ? K0 · (1 + i1 ) · ... · (1 + in ) = K0 (1 + ief f )n 1 + ief f = √ (1 + i1 ) + ... + (1 + in ) i1 + ... + in n (1 + i1 ) · ... · (1 + in ) ≤ =1+ n n Die Gleichheit gilt nur bei identischen Zinssätzen. iwz = (1 + i1 ) · ... · (1 + in ) − 1 n Kapitel 3 Rentenrechnung Werden zu einer bestimmten Anzahl von äquidistanten Zeitpunkten Zahlungen geleistet, so spricht man von einer Zeitrente. Im Gegensatz zur Alters- oder Invalidenrente, die vom Leben einer Person oder ihrer Invalidität abhängen, hängt eine Zeitrente lediglich von der zu Beginn der Zahlung festgelegten Zahlungsdauer ab. Eine Zeitrente kann auch unendlich oft gezahlt werden. Ein einfaches Beispiel wäre die laufende Entnahme der Zinsen aus einem angelegten Kapital. Als Zinsmodell sei grundsätzlich, wenn nichts anderes angegeben wird, die nachschüssige Verzinsung mit Zinseszins vereinbart. Die Rentenrechnung befasst sich mit der Aufgabe, die regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen zu einem Wert zusammenzufassen (Kapitalaufbau) oder mit dem inversen Problem, ein gegebenes Kapital unter Beachtung anfallender Zinsen in eine bestimmte Anzahl von Rentenzahlungen aufzuteilen (Kapitalverrentung). Es wird zunächst angenommen, dass die Rentenperioden mit den Zinsperioden übereinstimmen. Später werden dann unterjährige Zins- und Rententermine betrachtet, so wie eine Reihe spezieller Probleme der Rentenrechnung behandelt. 3.1 Nachschüssige endliche Renten Definition 3.1 Eine Rente ist ein Zahlungsstrom mit i.a. gleich großen Zahlungen in gleich großen Zeitabständen. Die Zeit zwischen zwei Zahlungen heißt Rentenperiode. Die Laufzeit ist die Zahl der Perioden, in denen Zahlungen geleistet werden. Definition 3.2 Eine Rente heißt nachschüssig oder postnumerando, wenn die Zahlungen am Ende der Rentenperiode geleistet werden. Definition 3.3 Der Wert der Summe aller Rentenzahlungen und ihrer zugehörigen Zinsen und Zinseszinsen am Ende der Laufzeit heißt Rentenendwert. Der Barwert aller zukünftigen Rentenzahlungen heißt Rentenbarwert. 23 24 KAPITEL 3. RENTENRECHNUNG Satz 3.1 Eine Rente der Höhe r wird n Jahre lang nachschüssig gezahlt. Mit dem Aufzinsungsfaktor q = 1 + i gilt für den Rentenendwert Rn die Formel Rn = r qn − 1 , q−1 Die Größe sn = n = 1, 2, ... . (3.1) qn − 1 (1 + i)n − 1 = heißt nachschüssiger Rentenendwertfaktor. q−1 i Beispiel 3.1 Für eine Aussteuer legt ein Vater jährlich zum Jahresende 600 e auf ein Sparkonto mit 4% Verzinsung. Welches Vermögen ist nach 21 Jahren verfügbar ? R21 1, 0421 − 1 = 600 = 600 · 31, 969200 = 19.181, 52 0, 04 Satz 3.2 Für den Rentenbarwert R0,n einer n Jahre nachschüssig zahlbaren Rente der Höhe r gilt unter Verwendung des Aufzinsungsfaktors q = 1 + i die Formel R0,n = r qn − 1 . qn q − 1 (3.2) 1 qn − 1 1 (1 + i)n − 1 = heißt Kapitalisierungsfaktor. qn q − 1 (1 + i)n i Sie wir auch als nachschüssiger Rentenbarwertfaktor bezeichnet. Die Größe an = Beispiel 3.2 Eine jährliche Rente von 12.000 e soll 10 Jahre lang nachschüssig gezahlt werden. Welches Kapital ist zur Realisierung dieser Rente bei einer Verzinsung von 6% nötig ? R0,10 = 12.000 1, 0610 − 1 = 12.000 · 7, 360087 = 88.321, 04 1, 0610 0, 06 Kapital Zinsen Auszahlung Jahr Jahresanfang Jahresende Jahresende 1 88.321,04 5.299,26 12.000,00 2 81.620,30 4.897,22 12.000,00 3 74.517,52 4.471,05 12.000,00 4 66.988,57 4.019,31 12.000,00 5 59.007,88 3.540,47 12.000,00 6 50.548,35 3.032,90 12.000,00 7 41.581,25 2.494,88 12.000,00 8 32.076,13 1.924,57 12.000,00 9 22.000,70 1.320,04 12.000,00 10 11.320,74 679,24 12.000,00 -0,02 3.2. VORSCHÜSSIGE ENDLICHE RENTEN 25 Bei nachschüssiger Rente kann die Rentenhöhe r bei vorgegebener Laufzeit n, bekanntem Aufzinsungsfaktor q = 1 + i und vorgegebenen Rentenendwert Rn nach der Formel q−1 (3.3) r = Rn n q −1 berechnet werden. Die Bestimmung des (effektiven) Zinssatzes i bei gegebener Rentenhöhe r, bekannter Laufzeit n und gewünschtem Rentenendwert Rn ist i.a. nur iterativ möglich. Es sei n > 1, r > 0 und Rn > nr. Dann erfüllt der gesuchte Aufzinsungsfaktor q = 1 + i die Gleichung rq n − Rn q + (Rn − r) = 0 . (3.4) Beispiel 3.3 Jemand benötigt in 15 Jahren einen Betrag von 300.000 e . Er kann am Ende eines jeden Jahres 12.000 e zurücklegen. Welcher Zinssatz ist nötig, um das Sparziel zu erreichen ? 12000q 15 − 300000q + 288000 = 0 q ∗ = 1, 0693312 (2 Iterationen mit Newton-Verfahren) Der notwendige Zinsatz beträgt 6,93%. 3.2 Vorschüssige endliche Renten Definition 3.4 Eine Rente heißt vorschüssig oder praenumerando, wenn die Zahlungen am Anfang der Rentenperiode geleistet werden. Satz 3.3 Eine Rente der Höhe r wird n Jahre lang vorschüssig gezahlt. Mit dem Aufzinsungsfaktor q = 1 + i gilt für den Rentenendwert Rn∗ die Formel Rn∗ = rq qn − 1 , q−1 n = 1, 2, ... . Die Größe s∗n = qsn = q (3.5) qn − 1 heißt vorschüssiger Rentenendwertfaktor. q−1 Satz 3.4 ∗ einer n Jahre vorschüssig zahlbaren Rente der Höhe r gilt Für den Rentenbarwert R0,n unter Verwendung des Aufzinsungsfaktors q = 1 + i die Formel r qn − 1 ∗ R0,n = n−1 . (3.6) q q−1 Die Größe a∗n = qan = 1 q n−1 qn − 1 heißt vorschüssiger Rentenbarwertfaktor. q−1 26 KAPITEL 3. RENTENRECHNUNG Beispiel 3.4 Ein Gläubiger hat gegenüber einer Gesellschaft 15 Jahre lang jeweils zu Jahresbeginn eine Forderung von 6.000 e . Die Firma hat inzwischen Konkurs angemeldet. Als Forderung an den Konkursverwalter kann der Barwert der Zahlungen geltend gemacht werden. Wieviel erhält der Gläubiger bei einem zugrunde gelegten Zinssatz von 5% ? ∗ R0,15 = 6.000 1, 0515 − 1 = 6.000 · 10, 898641 = 65.361, 85 1, 0514 0, 05 Satz 3.5 Zwischen den vorschüssigen und nachschüssigen Rentenendwertfaktoren bzw. Rentenbarwertfaktoren gelten die folgenden Beziehungen: 3.3 s∗n = sn+1 − 1 (3.7) a∗n (3.8) = an−1 + 1 Ewige Renten Definition 3.5 Eine zeitlich nicht begrenzte Anzahl von Rentenzahlungen heißt ewige Rente. Der Rentenendwert einer ewigen Rente konvergiert nicht. Zu prüfen ist deshalb nur, ob der Barwert einer ewigen Rente ermittelt werden kann. Satz 3.6 Wird bei gegebenen Zinssatz i eine Rente der Höhe r ewig nachschüssig gezahlt, dann gilt für den Rentenbarwert R0 die Formel r R0 = . (3.9) i Wird dagegen die Rente der Höhe r ewig vorschüssig gezahlt, dann gilt für den Rentenbarwert R0∗ die Formel 1+i . (3.10) R0∗ = r i 1 heißt nachschüssiger Kapitalisierungsfaktor der ewigen Rente. i 1+i Die Größe a∗∞ = heißt vorschüssige Kapitalisierungsfaktor der ewigen Rente. i Zwischen den beiden Kapitalisierungsfaktoren gilt die Beziehung a∗∞ = a∞ + 1. Die Größe a∞ = Wegen rew = R0 i kann eine nachschüssige ewige Rente rew als jährliche Auszahlung der Zinsen aus dem Kapital R0 aufgefasst werden. Stiftungen arbeiten nach diesem Prinzip. Desweiteren wird bei auf sehr lange Zeit abgeschlossenen Pachtverträgen mit ewigen Renten gerechnet. Interessant sind ewige Renten auch für eine Möglichkeit der vereinfachten Berechnung von Rentenbarwerten bei sehr langer Rentendauer. 3.4. RENTENDAUER 27 Beispiel 3.5 Eine Schuld von 250.000 e soll bei 8% Verzinsung in 99 Jahren durch nachschüssige jährliche Zahlungen getilgt werden. Wie groß ist die jährliche Zahlung bei exakter Rechnung und wie groß ist sie bei der Unterstellung: ”99 Jahre ist ewig” ? ewige Rente: rew = 250.000 · 0, 08 = 20.000, 00 0, 08 endliche Rente: r99 = 250.000 · 1, 0899 · = 20.009, 82(4) 1, 0899 − 1 Die Differenz von 9,82 e erscheint unerheblich, bringt aber das Abtragen der Schuld nach 99 Jahren: 1, 0899 − 1 RD,99 = 9, 82 · = 249.896, 41 ≈ 250.000, 00 0, 08 Die recht große Abweichung resultiert bei hoher Laufzeit aus dem Rundungsfehler für r99 . 3.4 Rentendauer Die ewige Rente stellt den Grenzfall dar, bei dem sich trotz jährlich gleicher nachschüssiger Auszahlung von r ≤ R0 i das Ausgangskapital nicht verringert. Dagegen wird bei r > R0 i ein bereitgestelltes Kapital nach einer endlich langen Zeit aufgezehrt. Satz 3.7 Aus einem Kapital R0 kann bei einem Zinssatz i eine jährliche nachschüssige Rente der Höhe r > R0 i genau n = ⌊t⌋ Jahre gezahlt werden, wobei t= ln r − ln(r − R0 i) ln(1 + i) (3.11) gilt. Wird im Falle einer nichtganzzahligen Laufzeit t eine Ausgleichszahlung rA nach n + 1 Jahren vorgenommen, so gilt rA = r + R0 q n+1 − r q n+1 − 1 . q−1 (3.12) Beispiel 3.6 Wie oft kann man jährlich nachschüssig 3.000 e aus einem Kapital der Höhe 30.000 e bei einer Verzinsung von 7 % abheben ? Was geschieht, wenn jährlich nur 2.000 e abgehoben werden ? Wegen rew = 30.000 · 0, 07 = 2.100 kann eine Rente in Höhe von 2.000 e ewig gezahlt werden, aber nicht die Rente in Höhe von 3.000 e . ln 3.000 − ln 900 = 17, 79481 d.h. n = 17 t= ln 1, 07 ( ) 1, 0717 − 1 17 rA = 30.000 · 1, 07 − 3.000 · · 1, 07 = 2.243, 8046 · 1, 07 = 2.400, 87 0, 07 Eine Ausgleichszahlung nach 18 Jahren erfolgt in Höhe von 2.400,87 e . 28 KAPITEL 3. RENTENRECHNUNG Satz 3.8 Wird jährlich nachschüssig die Rente der Höhe r eingezahlt, so wird bei Verzinsung mit Zinssatz i ein Kapitalwert Rw erst nach n = ⌈t⌉ Jahren erreicht bzw. überschritten, wobei t= ln(Rw i + r) − ln r ln(1 + i) (3.13) gilt. Beispiel 3.7 Ein Bausparvertrag über 66.000 e wird durch jährlich nachschüssige Einzahlung von 4.600 e erfüllt. Es werden 2,5% Zinsen gezahlt. Am Ende welchen Jahres sind wenigstens 40% der Bausparsumme angespart ? t= ln(26.400 · 0, 025 + 4.600) − ln 4.600 = 5, 4297504 log 1, 025 d.h. n = 6 Nach 6 Jahren sind mehr als 40% der Bausparsumme angespart. Für vorschüssige Renten lassen sich analoge Aussagen zur Rentendauer herleiten. 3.5 Aufgeschobene, abgebrochene und unterbrochene Renten Definition 3.6 Eine Rente heißt aufgeschoben, wenn die Rentenzahlung erst nach einer Reihe von Jahren beginnt. Die vorgelagerte Zeit heißt Wartezeit oder Karenzzeit. Der Rentenendwert einer aufgeschoben Rente kann mit Hilfe der bekannten Formeln für nachschüssige bzw. vorschüssige Zahlungen berechnet weren. Satz 3.9 Für eine um l Jahre aufgeschobene nachschüssige Rente der Höhe r gilt bei einer Laufzeit von n Jahren unter Verwendung des Aufzinsungsfaktors q = 1 + i die Rentenbarwertformel R0,l+n = r q l+n qn − 1 . q−1 (3.14) Unter Verwendung von Rentenbarwertfaktoren gilt R0,l+n = r (al+n − al ) . Definition 3.7 Eine Rente heißt abgebrochen, wenn nach Ablauf der Rentenzahlungen noch eine Karenzzeit liegt, in der die Rente weiter verzinst wird. 3.5. AUFGESCHOBENE, ABGEBROCHENE UND UNTERBROCHENE RENTEN 29 Der Rentenbarwert einer abgebrochenen Rente kann mit Hilfe der bekannten Barwertformeln für nachschüssige bzw. vorschüssige Zahlungen berechnet weren. Satz 3.10 Für den Rentenendwert einer nachschüssigen Rente der Höhe r mit einer Laufzeit von n Jahren, die nach n − l Jahren abgebrochen wird, gilt unter Verwendung des Aufzinsungsfaktors q = 1 + i die Formel Rn = r q n−l − 1 l q . q−1 (3.15) Unter Verwendung von Rentenendwertfaktoren gilt Rn = r (sn − sl ). Definition 3.8 Eine Rente heißt unterbrochen, wenn zwischen den Rentenzahlungen Karenzzeiten liegen. Zur Berechnung des Rentenbarwertes einer unterbrochenen Rente ist jede Gruppe von Rentenzahlungen als aufgeschobene Rente zu behandeln und deren Rentenbarwerte zu addieren. Zur Berechnung des Rentenendwertes einer unterbrochenen Rente ist jede Gruppe von Rentenzahlungen als abgebrochene Rente zu behandeln und deren Rentenendwerte zu addieren. Beispiel 3.8 Aus einer Waldung erwartet man vom 16. bis 20. Jahr, vom 31. bis 35. Jahr und vom 46. bis 50. Jahr je 3.000 e am Jahresende als Zwischenertrag. Wie hoch ist der Barwert dieser Einkünfte bei 4% Verzinsung zu veranschlagen ? n=5 R0,G l1 = 15 l2 = 30 l3 = 45 ( ) 1 3.000 1, 045 − 1 1 1 = · · + + = 13.819, 99 1, 045 0, 04 1, 0415 1, 0430 1, 0445 Der Barwert der in der Zukunft zu erwartenten Einkünfte beträgt 13.820 e . Rentengruppen können unterschiedlich lang sein. Hat eine Rentengruppe speziell die Dauer n = 1, so liegt eine Einzelleistung vor. Folgt nach einer einmaligen Zahlung der Höhe K0 eine nachschüssige Rente der Höhe r über n Jahre, dann gilt für den Endwert aller Zahlungen unter Verwendung des Aufzinsungsfaktors q und des nachschüssigen Rentenendwertfaktor sn die Formel Rn = K0 q n ± rsn , n = 1, 2, ... . (3.16) wobei +“ für Renteneinzahlung sowie −“ für Rentenauszahlung steht. ” ” Die zwei Rentengruppen repräsentierende Formel (3.16) wird auch als Sparkassenformel für den Kapitalaufbau bzw. Kapitalabbau bezeichnet. 30 KAPITEL 3. RENTENRECHNUNG Beispiel 3.9 Jemand zahlt Anfang 1971 genau 2.000 DM auf ein Konto. Bis 1981 werden jeweils zum Jahresende 6.000 DM eingezahlt. Ab 1984 werden stets am Jahresanfang 12.000 DM abgehoben. Welchen Stand weist das Konto Ende 1992 bei einer konstanten Verzinsung von 4,25% auf ? einmalige Zahlung: K0 = 2.000 W1 = 2.000 · 1, 042522 = 4.996, 93 n0 = 22 Renteneinzahlung: r1 = 6.000 n11 = 11 n12 = 11 1, 042511 − 1 W2 = 6.000 · · 1, 042511 = 129.573, 49 0, 0425 Rentenauszahlung: r2 = 12.000 n2 = 9 1, 04259 − 1 W3 = 12.000 · 1, 0425 · = 133.754, 68 0, 0425 Kontostand: KE = W1 + W2 − W3 = 815, 74 Am Ende des Jahres 1992 befanden sich noch 815,74 DM auf dem Konto. 3.6 Dynamische Renten Bisher wurden nur Rentenzahlungen konstanter Höhe betrachtet. Modelle, bei denen die Renten einem bestimmten Bildungsgesetz unterworfen sind und i.a. wachsen, sind praktisch relevant. Definition 3.9 Eine Rentenzahlung heißt arithmetisch fortschreitend, wenn die Renten eine nichtkonstante arithmetische Zahlenfolge bilden. Bei einer arithmetisch fortschreitenden Rente werden in der k-ten Rentenperiode Renten der Höhe rk = r + (k − 1)g , k = 1, . . . , n (3.17) gezahlt. Im Falle g > 0 liegt eine Steigerungsrente vor. Satz 3.11 Für den Rentenendwert von n nachschüssigen arithmetisch fortschreitenden Rentenzahlungen der Höhe r + (k − 1)g , k = 1, ..., n, gilt bei einem Zinssatz i die Formel Rn,af = rsn + g (sn − n) , i n = 1, 2, ... , wobei sn der Rentenendwerfaktor der nachschüssig (konstanten) Rente ist. (3.18) 3.6. DYNAMISCHE RENTEN 31 Formel (3.18) zeigt die Zerlegung des Rentenendwertes Rn,af in einen von der Anfangsrente r abhängigen Teil und einen von der Rentenänderung g abhängigen Teil. sn − n Die Größe Isn = wird als Steigerungsfaktor einer jährlich um den Betrag 1 wachi senden Rente bezeichnet. Es gilt Rn,af = rsn + g Isn . Beispiel 3.10 Eine Jahresrente in Höhe von von 2.000 e soll jedes Jahr um 200 e erhöht werden. Welcher Betrag muss bei 6,5% Verzinsung bereitgestellt werden, um diese Rente 15 Jahre lang nachschüssig zahlen zu können ? r = 2.000 g = 200 n = 15 i = 0, 065 s15 = 24, 182169 Is15 = 141, 264144 1 R0,n,af = · (2.000 · 24, 182169 + 200 · 141, 264144) 1, 06515 1 = · (48.364, 34 + 28.252, 83) = 29.790, 79 2, 571841 Definition 3.10 Eine Rentenzahlung heißt geometrisch fortschreitend, wenn die Renten eine nichtkonstante geometrische Zahlenfolge bilden. Bei einer geometrisch fortschreitenden Rente werden in der k-ten Rentenperiode Renten der Höhe rk = rg k−1 , k = 1, . . . , n (3.19) G , 100 dann erfolgt bei G > 0 eine G-prozentige Rentendynami- gezahlt. Setzt man g = 1 + sierung. Satz 3.12 Für den Rentenendwert von n nachschüssigen geometrisch fortschreitenden Rentenzahlungen der Höhe rg k−1 , k = 1, ..., n, gilt bei einem Zinssatz i die Formel { nrq n−1 , falls g = q Rn,gf = n = 1, 2, ... . (3.20) n −q n , falls g ̸= q r g g−q Beispiel 3.11 Mit welchem Faktor ist eine nachschüssige Rente mit 10-jähriger Laufzeit bei einer Verzinsung von 7% zu dynamisieren, damit sie den gleichen Endwert wie eine konstante Rentenzahlung bei 8% Verzinsung liefert ? r 1, 0810 − 1 g 10 − 1, 0710 =r 0, 08 g − 1, 07 g 10 − 14, 4865625 g + 13, 5334705 = 0 g ∗ = 1, 0119285 Die Rente muss jährlich mit 1,19% dynamisiert werden. 32 3.7 KAPITEL 3. RENTENRECHNUNG Unterjährige Renten- und Zinstermine Die Anwendbarkeit der bisherigen Rentenformeln benutzt die Übereinstimmung von Rententerminen und Zinsterminen. Ist diese Übereinstimmung nicht gegeben, so muss sie rechnerisch hergestellt werden. Es weren folgende zwei Fälle betrachtet: – Die Rentenperioden betragen ein Vielfaches der Zinsperioden. – Die Zinsperioden betragen ein Vielfaches der Rentenperioden. Die Behandlung des Falls unterjähriger Rentenzahlungen mit gleichzeitiger unterjähriger Verzinsung ist unproblematisch. Für die jährliche Rentenzahlung mit unterjähriger Verzinsung sind zwei Möglichkeiten denkbar, um auf eine gemeinsame zeitliche Basis zu kommen: – Berechnung einer konformen unterjährigen Ersatzrente – Verzinsung der Renten mit dem zugehörigen Eeffektivzinssatz Hier wird die zweite Variante gewählt. Satz 3.13 Bei einer jährlich nachschüssigen Rente der Höhe r mit einer Laufzeit von n Jahren erfolgen m unterjährige Zinszahlungen mit dem relativen Zinssatz mi . Dann gilt für den Rentenendwert Rn,m die Formel Rn,m = r mn qm −1 , m−1 qm wobei qm = 1 + i m n = 1, 2, ..., (3.21) ist. Für den Rentenbarwert R0,n,m einer jährlich nachschüssigen Rente der Höhe r über n Jahre mit m unterjährigen Zinszahlungen gilt R0,n,m = mn r qm −1 , mn m qm qm − 1 n = 1, 2, ... . (3.22) Beispiel 3.12 Wie hoch ist der Barwert einer über 15 Jahre jährlich nachschüssig zahlbaren Rente von 6.000 e bei 1% Verzinsung in jedem Quartal ? q44 = 1, 040604 R0,15,4 = 6.000 1, 04060415 − 1 · = 66.429, 46 1, 04060415 0, 040604 Für die unterjährige Rentenzahlung bei jährlicher Verzinsung sind folgende Betrachtungsweisen möglich: – Berechnung einer fiktiven äquivalenten Jahresrente – Verzinsung der unterjährigen Rente mit einem äquivalenten Zinssatz Hier wird die erste Variante betrachtet und die häufig benutzte sogenannte Staffelmethode vorgestellt. Die innerhalb jeder Zinsperiode liegenden Renten werden dabei mit Hilfe der linearen Verzinsung auf den nächsten Zinsverrechnungstermin aufgezinst. 3.7. UNTERJÄHRIGE RENTEN- UND ZINSTERMINE 33 Satz 3.14 Ist m die Anzahl der unterjährigen Rentenzahlungen, rm die Höhe dieser Renten, n die Rentendauer in Jahren und i der Zinssatz, so gilt bei jährlicher Verzinsung mit unterjährig einfacher Verzinsung der innerhalb eines Jahres gezahlten Renten für den Rentenendwert Rn,m bei nachschüssiger Zahlung ) ( m−1 (1 + i)n − 1 i , n = 1, 2, ... (3.23) Rn,m = rm m + 2 i ∗ und für den Rentenendwert Rn,m bei vorschüssiger Zahlung ( ) m+1 (1 + i)n − 1 ∗ Rn,m = rm m + i , n = 1, 2, ... . 2 i (3.24) Speziell für monatlich vorschüssige Einzahlungen der Höhe r12 gilt für die Ersatzrente die Beziehung rE = r12 (12 + 6, 5 i) , für monatlich nachschüssige Einzahlungen entsprechend rE = r12 (12 + 5, 5 i) . Bei unterjährigen Rentenzahlungen gelten bei der vereinbarten Verzinsung für die Renten∗ barwerte R0,m,n bzw. R0,m,n die Formeln ) ( (1 + i)n − 1 m−1 R0,n,m = rm m + i , n = 1, 2, ... (3.25) 2 (1 + i)n i für die nachschüssige Zahlung und ( ) (1 + i)n − 1 m+1 ∗ R0,n,m = rm m + i , 2 (1 + i)n i n = 1, 2, ... (3.26) für die vorschüssige Zahlung. Für diese Rentenbarwerte gilt allerdings lim R0,n,m = rm m−1 >0, 2 ∗ lim R0,n,m = rm m+1 >0. 2 i→∞ i→∞ Die Barwerte streben für i → ∞ nicht gegen Null. Hier zeigt sich, dass die Verwendung der linearen Verzinsung zu finanzmathematischen Problemen führen kann, wenn man beispielsweise auf diese Art und Weise Effektivzinsberechnung für die Rückzahlung eines Kredites durchführen will. Wählt man für die unterjährigen nachschüssigen Rentenzahlungen für die Ersatzrente den exponentiellen Ansatz nach ISMA m rE = rm (q m−1 m +q m−2 m + ··· + q 1 m + 1) = rm qm − 1 q 1 m −1 i = rm ikon , m (3.27) 34 KAPITEL 3. RENTENRECHNUNG so erhält man den Rentenendwert Rn,m = rE qn − 1 qn − 1 (1 + i)n − 1 = rm 1 = m rm q−1 ikon qm − 1 (3.28) und den Rentenbarwert R0,n,m = rm q n − 1 , q n q m1 − 1 (3.29) der für i → ∞ gegen Null strebt. Mit diesem Ansatz können auch stetige Renten (Augenblicksrenten) betrachtet werden, wenn rm = mr gewählt und dann ein Grenzübergang m → ∞ durchgeführt wird. Diese Betrachtungen sind insbesondere für die Versicherungsmathematik nützlich. Beispiel 3.13 Ein Lottogewinn in Höhe von 80.000 e wird mit einer Verzinsung von 7,5% angelegt. Nach 6 Jahren möchte der Gewinner 10 Jahre lang monatlich vorschüssig einen konstanten Betrag abheben, bis der Gewinn aufgebraucht ist. Wie hoch ist die Rente ? 80.000 · 1, 07516 = r12 (12 + 6, 5 · 0, 075) r12 = 1.440, 40 1, 07510 − 1 0, 075 Kapitel 4 Tilgungsrechnung Die Tilgungsrechnung beschäftigt sich mit der Rückzahlung von Krediten, Darlehen und Hypotheken. Dabei erwartet der Gläubiger, dass der Schuldner seine Schuld verzinst und sie in einer von vornherein festgelegten Art und Weise zurückzahlt. Wird eine Schuld nicht auf einmal im Gesamtbetrag, sondern in Teilbeträgen zurückgezahlt, so spricht man von einer Tilgungs- oder Amortisationsschuld. Für sie pflegt man besondere Tilgungspläne aufzustellen, aus denen der Tilgungsvorgang und die laufende Verzinsung der Schuldreste für jede Zahlungsperiode ersichtlich sind. Hier werden nur die gebräuchlichsten Rückzahlungspläne mit nachschüssiger Tilgung und nachschüssiger exponentieller Verzinsung vorgestellt. Als Zahlungsperiode sei dabei ein Jahr vereinbart. 4.1 Tilgungsformen Definition 4.1 Es liege eine Schuld K0 vor. Der Betrag Tj , der am Ende der j-ten Zahlungsperiode zum Abtragen der Schuld entrichtet wird, heißt Tilgungsrate. Die am Ende der Zahlungsperiode verbleibende Restschuld wird mit Kj bezeichnet. Die Zinsen Zj werden nachschüssig am Ende der Zahlungsperiode gezahlt. Sie beziehen sich dabei stets auf die Restschuld Kj−1 . Die Laufzeit ist die Zeit vom Ausleihen der Schuld K0 bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Darlehen vollständig zurückgezahlt ist. Definition 4.2 Die Summe Aj aus Zinszahlung Zj und Tilgungsrate Tj in der Zahlungsperiode j heißt Annuität. Definition 4.3 Sind alle Tilgungsraten Tj konstant, so spricht man von Ratentilgung. Sind alle Annuitäten Aj konstant, so liegt Annuitätentilgung vor. Bei der Ratentilgung nehmen die Annuitäten ab, weil die Zinsraten abnehmen. Bei der Annuitätentilgung steigen die Tilgungsraten bei fallenden Zinsraten. 35 36 KAPITEL 4. TILGUNGSRECHNUNG Bei den sogenannten Ratenkrediten mit z.T. kurzer Laufzeit und monatlicher Zahlung werden die Zinsen meist auf die Gesamtschuld bezogen. Damit sind hier monatlich konstante Zins- und Tilgungsraten zu zahlen. Formal liegt werden Raten- noch Annuitätentilgung vor. Der vorgegebene nominelle Zinssatz i stimmt nicht mehr mit dem zugehörigen Effektivzinssatz überein. Definition 4.4 Ein Tilgungsplan ist eine Übersicht über alle Zahlungen zur Tilgung einer Schuld. Im Tilgungsplan werden für alle Zahlungszeitpunkte die Zinszahlungen, die Tilgungsraten, die Annuitäten und die Restschulden angegeben. Tilgungspläne für eine gesamtfällige Schuld oder eine Zinsschuld, bei der die Tilgung auf einmal am Ende der Laufzeit erfolgt, lassen sich leicht aufstellen und müssen nicht extra behandelt werden. 4.2 Ratentilgung Satz 4.1 Wird eine Schuld K0 nachschüssig n Jahre lang durch Ratentilgung bei festen Zinssatz i abgetragen, so gilt: K0 , j = 1, ..., n n ( ) j Kj = K0 1 − , j = 1, ..., n n ) ( j−1 , j = 1, ..., n Zj = K0 i 1 − n K0 Aj = (1 + (n − j + 1) i) , j = 1, ..., n n Tj = (4.1) (4.2) (4.3) (4.4) n+1 K0 i . 2 ) ( n+1 i . Für die Summe aller Annuitäten gilt AG = K0 1 + 2 Für die Summe aller Zinszahlungen gilt ZG = Ein Tilgungsplan enthält für jede Zahlungsperiode j die Restschuld Kj−1 am Anfang dieser Periode, sowie die Zinsrate Zj und Tilgungsrate Tj , die am Ende der Periode fällig sind, als auch die Annuität Aj als Gesamtsumme. Der Tilgungsplan kann wie folgt rekursiv berechnet werden: Ko , Aj = Tj + Zj , Kj = Kj−1 − Tj , j = 1, ..., n Zj = Kj−1 i , Tj = n 4.3. ANNUITÄTENTILGUNG 37 Beispiel 4.1 Ein Grundstück im Wert von 200.000 e soll verkauft werden. Der Käufer zahlt 50.000 e und will den Restbetrag in 5 Jahren jeweils zum Jahresende tilgen. Es ist ein Tilgungsplan für die Ratentilgung mit einer Verzinsung von 8 % zu erstellen ! K0 = 150.000 i = 0, 08 n=5 Tj = 30.000 Tilgungsplan: j Kj−1 Zj Tj Aj 1 150.000,00 12.000,00 30.000,00 42.000,00 2 120.000,00 9.600,00 30.000,00 39.600,00 3 90.000,00 7.200,00 30.000,00 37.200,00 4 60.000,00 4.800,00 30.000,00 34.800,00 5 30.000,00 2.400,00 30.000,00 32.400,00 0,00 36.000,00 150.000,00 186.000,00 Satz 4.2 Für die Barwerte T0 aller Tilgungsraten und Z0 aller Zinszahlungen bei n-jähriger Ratentilgung einer Schuld K0 gilt K0 an , n ( an ) Z0 = K0 1 − . n T0 = (4.5) (4.6) Für den Barwert aller Annuitäten gilt A0 = T0 + Z0 = (T an ) + (K0 − T an ) = K0 , womit das Äquivalenzprinzip bei Ratentilgung eingehalten wird. Nimmt man einen Kredit in Höhe K0 auf, der in Ratentilgung abzutragen ist, dann spiegelt das Verhältnis Z0 als Barwert aller Zinszahlungen zu K0 die Kosten des Kredites wieder. 4.3 Annuitätentilgung Satz 4.3 Wird eine Schuld K0 nachschüssig n Jahre lang durch Annuitätentilgung bei festen Zinssatz i und damit Aufzinsungsfaktor q = 1 + i abgetragen, so gilt: T1 = K0 q−1 , qn − 1 Tj = T1 q j−1 , j = 2, ..., n Zj = K0 i − T1 (q j−1 − 1) , j = 1, ..., n ( ) qj − 1 Kj = K0 1 − n , j = 1, ..., n q −1 q−1 , j = 1, ..., n Aj = K0 q n n q −1 (4.7) (4.8) (4.9) (4.10) 38 KAPITEL 4. TILGUNGSRECHNUNG Bei der Annuitätentilgung bilden die Tilgungsraten eine geometrisch wachsende Folge. q−1 Für die Summe aller Annuitäten gilt AG = nA = nK0 q n n . q −1 ( ) n q−1 Für die Summe aller Zinszahlungen gilt ZG = AG − K0 = K0 nq n −1 . q −1 Da jährlich konstante Annuitäten gezahlt werden, kann die Schuld K0 als Barwert einer nachschüssigen Rente in Höhe der Annuität angesehen werden: K0 = A qn − 1 = Aan qn q − 1 Damit ist auch für die Annuitätentilgung das Äquivalenzprinzip gültig. 1 q−1 = qn n heißt Annuitäten- oder Kapitalwiedergewinnungsfaktor. an q −1 Sie gibt die jährliche Rate der Wiedergewinnung einer Geldeinheit an. Die Größe wn = Berechnet man zuerst die Annuität A = K0 wn , so kann man die anderen Größen in Abhängigkeit von A wie folgt berechnen: ( ) Tj = A v n+1−j , Zj = A 1 − v n+1−j , Kj = A an−j , j = 1, ..., n Insbesondere gilt auch A = T1 q n und K0 = T1 sn . Ausgehend von der Schuld K0 und der Annuität A kann ein Tilgungsplan wie folgt rekursiv berechnet werden: Tj = A − Zj , Zj = Kj−1 i , Kj = Kj−1 − Tj , j = 1, ..., n Beispiel 4.2 Für den in Beispiel 4.1 beschriebenen Sachverhalt ist ein Tilgungsplan für die Annuitätentilgung aufzustellen ! A = 150.000 · 1, 085 · 0, 08 = 37.568, 47 1, 085 − 1 Tilgungsplan: j Kj−1 Zj Tj Aj 1 150.000,00 12.000,00 25.568,47 37.568,47 2 124.431,53 9.954,52 27.613,95 37.568,47 3 96.817,58 7.745,41 29.823,06 37.568,47 4 66.994,52 5.359,56 32.208,91 37.568,47 5 34.785,61 2.782,85 34.785,62 37.568,47 -0,01 37.842,34 150.000,01 187.842,35 4.3. ANNUITÄTENTILGUNG 39 Im Vergleich zur Ratentilgung sind die Tilgungsraten bei der Annuitätentilgung zuerst kleiner und später größer als bei der Ratentilgung. Damit sind auch die Restschulden bei Annuitätentilgung stets größer als bei der Ratentilgung. Folglich fallen die Zinszahlungen höher aus. Satz 4.4 Für die Barwerte T0 aller Tilgungsraten und Z0 aller Zinszahlungen bei n-jähriger Annuitätentilgung einer Schuld K0 gilt T0 = n K0 , sn q ( ) n Z0 = K0 1 − . sn q (4.11) (4.12) Wird für die Tilgungsdauer eine ganze Zahl von Jahren festgelegt, so entsteht in der Regel eine krumme Annuität. Verlangt man umgekehrt für die Jahresleistung einen glatten Betrag, so kann eine gebrochene Tilgungsdauer entstehen. Die Berechnung dieser Tilgungsdauer geschieht dabei analog zu Rentenrechnung: t= ln A − ln T1 ln q (4.13) Definition 4.5 Wird die erste Tilgungsrate durch einen Hundertsatz der Gesamtschuld ausgedrückt, so spricht man von Prozentannuität. Der Hundertsatz heißt Tilgungsquote. Die Tilgungsquote gilt nur für die erste Zahlungsperiode. In den folgenden Zahlungsperioden nehmen die Tilgungsraten um die ersparten Zinsen zu. Die Prozentannuität wird vorrangig für die Tilgung von Hypothekendarlehen verwendet. Satz 4.5 Für eine durch Prozentannuität zu tilgende Schuld K0 sei i der Zinssatz und iT die Tilgungsquote. Die Höhe der Annuität beträgt A = K0 (i + iT ) und für die (gebrochene) Laufzeit gilt ( ) log 1 + iTi . t= log(1 + i) (4.14) (4.15) 40 KAPITEL 4. TILGUNGSRECHNUNG Beispiel 4.3 Eine Hypothek über 230.000 e wird mit 7 % verzinst. Es soll pro Jahr 1 % plus ersparter Zinsen nachschüssig getilgt werden. Wann ist die Schuld abgetragen ? K0 = 230.000 i = 0, 07 iT = 0, 01 A = 230.000 · (0, 07 + 0, 01) = 18.400 log(1 + 0,07 ) 0,01 = 30, 73 log 1, 07 Die Hypothek wird erst im 31. Jahr vollständig getilgt sein. Die Annuität für die ersten 30 Jahre beträgt 18.400 e . Die Modalitäten für die Ausgleichzahlung im 31. Jahr müssen noch vorgegeben werden. t= 4.4 Ratenkreditgeschäft Bei den üblichen Ratenkreditgeschäften beziehen sich die Rückzahlungsraten (d.h. Zinsund Tilgungsraten) in der Regel auf den Bruttoanfangskredit einschließlich Gebühren. Da die Zinsen nicht auf die Restschuld bezogen werden, ist somit der vorgebenene nominelle Zinssatz für einen Vergleich der Konditionen nicht aussagekräftig. Die Leistung des Gläubigers besteht in der Auszahlung des Nettokredits zum Zeitpunkt Null. Die Leistungen des Schuldners bestehen darin, dass monatlich Raten zurückgezahlt werden. Der unter Verwendung des Effektivzinssatz zu ermittelnde Barwert dieser Ratenzahlungen muß dann dem Nettokredit entsprechen, um dem Äquivalenzprinzip zu genügen. Das Europäische Parlament hat 1997 in zweiter Lesung einem Vorschlag des Europäischen Rates zur Änderung der II. Verbraucherkreditrichtline (VKRL) zugestimmt. Damit haben alle EU-Mitgliedsstaaten nach einer Übergangsfrist den Effektivzins nach der ISMAMethode zu berechnen, d.h. im unterjährigen Bereich wird auch von der exponentiellen Verzinsung ausgegangen. Geplant war die einheitliche Verwendung der actual/365-Tagemethode. In Deutschland wird weiterhin mit gleichen Monatslängen aber auf Basis von 365 Tagen gearbeitet. Damit ist für das Ratenkreditgeschäft die 30,42/365-Tagemethode anzuwenden. Folgende Bezeichnungen werden verwendet: K0 Kredithöhe M = 12n + mR Laufzeit des Kredites in Monaten; dabei ist n die Zahl der Jahre und mR die Restlaufzeit in Monaten i im = nomineller Jahreszinssatz relativer monatlicher Zinssatz Beabeitungsgebühr in % bezogen auf K0 g 100 r ief f i 12 monatlich konstante Rückzahlungsrate zu bestimmender effektiver Jahreszinssatz 4.4. RATENKREDITGESCHÄFT 41 Satz 4.6 Bei einer Laufzeit von M Monaten, einem monatlichen Zinssatz im und einer Gebühr von g% für einen Ratenkredit der Höhe K0 gilt für die konstante Rückzahlungsrate ) K0 ( g r= 1+ + M im . M 100 (4.16) Satz 4.7 Der Effektivzinssatz ief f für das Ratenkreditgeschäft nach ISMA ist bei vorgegebener Laufzeit von M Monaten eine Lösung der Gleichung M (1 + ief f ) 12 − 1 M 1 (1 + ief f ) 12 · ((1 + ief f ) 12 − 1) =L (4.17) mit der Konstanten L= K0 = r 1+ M , + M im (4.18) g 100 wobei 0 < L < M vorauszusetzen ist. 1 Unter Verwendung von x = (1 + ief f ) 12 erhält man aus (4.17) die Bestimmungsgleichungen L xM +1 − (L + 1) xM + 1 = 0 . (4.19) Beispiel 4.4 Prüfen Sie die Angaben von Neckermann (Konditionen Frühjahr 2008, Auszug) : – Bei 4 Monatsbeiträgen beträgt der Zinsaufschlag pro Monat 0,75%. – Für 1.000,00e sind monatlich 257,50e zu zahlen. – Dies entspricht einem effektiven Jahreszins von 15,27%. Satz 4.8 (PAngV alt) Der Effektivzinssatz ief f nach der alten PAngV ist bei vorgegebener Laufzeit von n Jahren und mR Monaten eine Lösung der Gleichung ( ( ) ) 1 + mR24−1 ief f mR 12 + 5, 5 ief f (1 + ief f )n − 1 ) =L (4.20) · +( (1 + ief f )n ief f 1 + m12R ief f (1 + ief f )n { mit der Konstanten L aus (4.18), wobei min M −1 ; 5, 5 2 } < L < M vorauszusetzen ist. 42 KAPITEL 4. TILGUNGSRECHNUNG Beträgt die Laufzeit eines Kredites genau n Jahre, so erhält man unter Verwendung von x = 1 + ief f die Bestimmungsgleichungen (L − 5, 5) xn+1 − (L + 6, 5) xn + 5, 5x + 6, 5 = 0 . (4.21) Beträgt die Laufzeit eines Kredites maximal 12 Monate, dann gilt für den Effektivzinssatz ief f = 24 M im + g (100 M + 1 − (M − 1) M im + g ) . (4.22) 100 Vor dem Inkrafttreten der alten PAngV 1985 wurde der Effektivzinssatz nach der sogenannten Uniformmethode ermittelt. Dabei werden die gesamten Kreditkosten zu den durchschnittlich während der Laufzeit gebundenen Darlehensbetrag in Verhältnis gesetzt und dieser Wert auf ein Jahr bezogen. Damit erhält man iuef f g M im + 100 = 24 . M +1 (4.23) Kapitel 5 Kursrechnung In der Kursrechnung geht es darum, einen fairen Preis eines Zahlungsstroms bei gegebener Marktrendite zu berechnen. Dieser Preis stellt ein Äquivalent zu den durch den Zahlungsstrom verbrieften zukünftigen Leistungen dar. Dies können Zinsen und Tilgung bei Anleihen, Dividente bei Aktien oder die Schuldsumme bei Wechseln sein. Umgekehrt kann bei gegebenen Preis auch die Rendite berechnet werden, die mit dem Zahlungsstrom erzielt wird. Die zukünftigen Leistungen werden rationalerweise einem Käufer genau so viel wert sein wie der Barwert dieser Leistungen. Diese Wertschätzung nennt man Kurswert. Die Ursache, dass man überhaupt einen Kurs berechnet, ist darin zu suchen, dass die zukünftigen Leistungen entweder unsicher sind wie die vom Gewinn abhängige Dividente oder, wenn sie fest vereinbart sind, von der Erwartung des Käufers abweichen. Diese Zinsoder Renditeerwartung des Käufers wird im Normalfall vor allem vom Marktzins, dem Zins am Kapitalmarkt, beeinflusst. 5.1 Der Begriff des Kurses In der Kursrechnung unterscheidet man zwischen Nominalkapital Knom und Realkapital Kreal . Das Nominalkapital entspricht dem angegebenen Nennwert eines Wertpapiers oder einer Schuld. Das Realkapital repräsentiert den Wert der zukünftigen Leistungen, die durch das Wertpapier oder die Schuld verbrieft sind. Der für eine Schuld oder ein Wertpapier vereinbarte Jahrszinssatz wird nomineller Zinssatz inom genannt. Der Zinssatz, welcher auf Grund herrschender Marktbedingungen realisiert werden kann, heißt realer Zinssatz ireal . Er wird auch als Marktzins oder Marktrendite bezeichnet. Definition 5.1 Der mittels des Marktzins berechnete Barwert aller durch ein Nominalkapital mit dem Nominalwert 100 generierten zukünftigen Zahlungen wird der in Prozent gemessene Kurs C genannt. 43 44 KAPITEL 5. KURSRECHNUNG Definition 5.2 Der Preis oder Kurswert P eines Nominalkapitals ist der mittels Marktzins berechnete Barwert aller zukünftigen Zahlungen. Formal kann ein Kurs C durch die Formel Kreal C = 100 Knom beschrieben werden. (5.1) Wählt man für das Nominalkapital speziell Knom = 100, dann ist der Kurs C = Kreal entsprechend der Definition der Barwert aller zukünftigen verbrieften Leistungen. Der Preis P ist nichts anderes als der Wert Kreal . Bei bekanntem Kurs C wird er mittels C P = Knom (5.2) 100 berechnet. Definition 5.3 Ein Kurs C = 100 heißt Parikurs. Gilt C < 100, so spricht man von Kurs unter pari, während man C > 100 Kurs über pari nennt. Beispiel 5.1 Aus einem Nominalkapital in Höhe von 100 e kann man bei einer Verzinsung von 5% jedes Jahr genau 5 e an Zinsen realisieren und als (ewige) Rente abheben. Will man die gleiche (ewige) Rente in Höhe von 5 e erhalten, wenn die Bank nur mit einer Verzinsung von 4% arbeitet, dann muss ein größeres Realkapital in Höhe von 125 e angelegt werden. Der Kurs beträgt Kreal 125 C = 100 · = 100 · = 125 . Knom 100 5.2 Kurs einer gesamtfälligen Schuld Definition 5.4 Werden Schulden und Zinsen in einem Betrage am Ende eines vereinbarten Zeitraumes zurückgezahlt, so spricht man von einer gesamtfälligen Schuld. Satz 5.1 Sind inom der nominelle Zinssatz zu einer gesamtfälligen Schuld, ireal der reale Zinssatz bei Übernahme der gesamtfälligen Schuld und n die Laufzeit zwischen Übernahme- und Fälligkeitstermin der gesamtfälligen Schuld, dann wird der Übernahmekurs C mittels C = 100 berechnet. (1 + inom )n (1 + ireal )n (5.3) 5.3. KURS EINER ZINSSCHULD 45 Beispiel 5.2 Jemand soll eine Schuld von 50.000 e nach 8 Jahren zuzüglich Zinseszinsen von 4% in einem Betrag zurückzahlen. Nach 3 Jahren zweifelt der Gläubiger an der Bonität des Schuldners. Er möchte seine Forderungen an eine Bank abtreten. Diese verlangt einen Zinssatz von 6%. Zu welchem Kurs übernimmt die Bank die Forderung ? Knom = 50.000 · 1, 043 = 56.234, 20 C = 100 · 5.3 51.133, 72 = 90, 92 56.234, 20 oder Kreal = 68.428, 45 = 51.133, 72 1, 065 C = 100 · 1, 045 = 90, 92 1, 065 Kurs einer Zinsschuld Definition 5.5 Eine Zinsschuld besteht aus n periodisch nachschüssigen Zinszahlungen und der Tilgung der Schuld am Ende der n-ten Periode. Ein typisches Beispiel einer Zinsschuld ist die Anleihe. Anleihen sind Wertpapiere, die von der öffentlichen Hand oder von Konzernen herausgegeben werden. Die klassische Anleihe ist mit einem Zinskupon ausgestattet, der eine konstante jährliche Zinszahlung garantiert. Satz 5.2 Sind K0 der Nominalbetrag einer Zinsanleihe, n die (Rest-) Laufzeit, z die nachschüssigen Zinszahlungen und ireal der reale Marktzinssatz, dann erhält man als Summe der Barwerte aller Zinszahlungen und des Rückzahlungsbetrages den Preis P = z (1 + ireal )n − 1 K0 + . n (1 + ireal ) ireal (1 + ireal )n Für K0 = 100 und z = 100 inom mit nominellen Zinssatz inom ergibt sich der Kurs ( ) 100 inom n C= ((1 + ireal ) − 1) + 1 . (1 + ireal )n ireal (5.4) (5.5) Beispiel 5.3 Eine mit dem nominellen Jahreszins von 6% ausgestatte Zinsanleihe werde nach einer Laufzeit von 10 Jahren zurückgezahlt. Wie lautet der Kurs bei einer realen Verzinsung von 7% bzw. 5,5% ? Für ireal = 0, 07 erhält man mit C = 92, 98 einen Kurs unter pari. Für ireal = 0, 55 erhält man mit C = 103, 77 einen Kurs über pari. 46 KAPITEL 5. KURSRECHNUNG Wird eine Zinsschuld ewig gezahlt, dann gilt C = 100 inom . ireal (5.6) Mit dieser Formel wird der Kurs einer ewigen Rente beschrieben. Bei sehr langen Laufzeiten kann damit auch der Kurs einer Zinsschuld approximiert werden. Für Anleihen mit jährlicher Zinsausschüttung ist oft der Nominalzins, der Kurs und die Laufzeit bekannt. Dann such man den Effektivzinssatz, d.h. die reale Verzinsung ireal dieser Anleihe. Satz 5.3 Ist pnom = 100 inom der Nominalzinsfuß, C der Kurs und n die Laufzeit einer Zinsschuld, dann ist der Effektivzinsfuß preal = 100 ireal = 100 (x − 1) eine Lösung der Gleichung Cxn+1 − (C + pnom ) xn − 100x + (pnom + 100) = 0 . (5.7) Banken verwenden oft ein vereinfachtes Verfahren zur Berechnung des Effektivzinsfuß an: p∗real = 100 pnom 100 − C + C n (5.8) Eine andere, aber sehr ähnliche Näherung erhält man aus (5.7) durch die Approximation (1 + ireal )n ≈ 1 + n ireal und anschließende explizite Auflösung: p̃real = 100 pnom 100 100 − C + · C C n (5.9) Beispiel 5.4 Der Kurs einer in 5 Jahren fälligen, mit 7% ausgestatteten Zinsschuld sei C = 91, 00 . Die reale Verzinsung ist exakt zu bestimmen und mit den näherungsweise berechneten Werten zu vergleichen ! exakt: Näherung: 91x6 − 98x5 − 100x + 107 = 0 p∗real = 700 9 + = 9, 49 91 5 x∗ = 1, 0933391 p̃real = preal = 9, 33 700 100 9 + · = 9, 67 91 91 5 Definition 5.6 Eine Nullkupon-Anleihe, auch Zerobond genannt, ist ein Wertpapier ohne Zinszahlung. Es weist lediglich eine Einzahlung und eine Auszahlung auf. Der Kurs für eine Nullkupon-Anleihe kann formal mit Hilfe von Satz 5.2 bei Festlegung vom z = 0 bestimmt werden. 5.4. KURS EINER ANNUITÄTEN- UND RATENSCHULD 47 Beispiel 5.5 Eine Nullkupon-Anleihe mit einer Laufzeit von 20 Jahren hat bei einer angenommenen Realverzinsung von 6% den Ausgabekurs C0 = 100 = 31, 1805 . 1, 0620 Damit sind jetzt 31,18 e zu zahlen, um in 20 Jahren 100 e zu erhalten. Angenommen, nach 8 Jahren sei die Realverzinsung auf 5,5% gefallen. Für die Restlaufzeit von 12 Jahren erhält man den Kurs C1 = 100 = 52, 5982 . 1, 05512 e = 49, 6969 erhalten.) (Bei unveränderter Verzinsung würde man den Kurs C Verkauft man die Anleihe nach 8 Jahren zum Kurs C1 , so erhält man aus der Gleichung C0 (1 + ief f )8 = C1 den tatsächlich erzielten Effektivzins ief f = 0, 067544, d.h. eine Rendite von 6,75%. Bei fallenden Zinsen steigt der Kurs eine Nullkupon-Anleihe und ein Verkauf ist sinnvoll. 5.4 Kurs einer Annuitäten- und Ratenschuld Die Tilgung einer Schuld mit nominellen Zinssatz inom durch Annuitätentilgung bzw. Ratentilgung wurde bereits ausführlich besprochen. Hier sollen jetzt nur die Kurse unter Berücksichtigung des realen Marktzins ireal angegeben werden. Satz 5.4 Für eine in n Jahren rückzahlbare Annuitätenschuld gilt C = 100 · an,real , an,nom (5.10) wobei an,real bzw. an,nom der unter Verwendung des realen Zinssatz ireal bzw. des nominellen Zinssatz inom gebildete Rentenbarwertfaktor ist. Beispiel 5.6 Jemand möchte für eine Annuitätenschuld, rückzahlbar in 5 Jahren bei jährlichen Zinsund Tilgungsleistungen und bei einer Nominalverzinsung von 7%, eine Mindestverzinsung von 8% erreichen. Wie hoch darf der Ausgabekurs höchstens sein ? n=5 inom = 0, 07 C = 100 · ireal = 0, 08 3, 9927102 = 97, 38 4, 1001972 a5,nom = 4, 1001972 a5,real = 3, 9927102 48 KAPITEL 5. KURSRECHNUNG Beispiel 5.7 Für ein nachschüssig rückzahlbares Hypothekendarlehen sind eine Nominalverzinsung von 6%, eine Zinsbindung von 5 Jahren und eine Anfangstilgung von 4% vereinbart. Wie hoch muß der Ausgabekurs gewählt werden, damit eine anfängliche Effektivverzinsung von 7% erreicht wird ? Aufgrund der Zinsbindung wird nach 5 Jahren über die Rückzahlung der Restschuld erneut verhandelt. Deshalb wird für die Berechnung der anfänglichen Effektivverzinsung angenommen, dass das Darlehen nach 5 Jahren vollständig abgelöst wird. Mit K0 = 100 erhält man C = Aa5,real + K5 . (1 + ireal )5 Dabei gilt A = 100 · (0, 06 + 0, 04) = 10 und für die Restschuld K5 = K0 − T1 s5,nom = 100 − 4 1, 065 − 1 = 77, 451628 . 0, 06 Damit erhält man den Kurs C= 10 1, 075 − 1 77, 451628 + ≈ 96, 22 . 1, 075 0, 07 1, 075 Satz 5.5 Für den Kurs einer Ratenschuld gilt ( ) n − an,real C = 100 1 − (ireal − inom ) , n ireal wobei an,real der zum realen Zinssatz ireal gehörige Rentenbarwertfaktor ist. (5.11) Kapitel 6 Effektivzinsberechnung für Bundeswertpapiere Die Bundesrepublik Deutschland benötigt finanzielle Mittel, um Vorhaben im Bereich des Verkehrs oder der Bildung und Forschung verwirklichen zu können. Da die Steuereinnahmen hierfür nicht ausreichen, muss auch die Bundesrepublik Deutschland Geld leihen. Die Bundesregierung legt deshalb im Rahmen ihrer Kreditaufnahme Bundeswertpapiere als Daueremissionen auf, die auch der Vermögensbildung breiter Bevölkerungskreise dienen sollen. Selbstverständlich zahlt der Staat dem, der ihm Geld zur Verfügung stellt, auch Zinsen, die im Zeitpunkt der Auflegung einer Emission marktgerecht sind und im Spitzenbereich der Zinsskala liegen. Gegenstand der Betrachtungen zu den Finanzierungs-Schätzen des Bundes, den Bundesschatzbriefen (Typ A und B) sowie den Bundesobligationen sind: • Emissionsbedingungen • Aktuelle Konditionen • Modellierung • Effektivzinsberechnung Informationen über Bundeswertpapiere kann man sich unter der folgenden Internet-Adresse besorgen: http://www.deutsche-finanzagentur.de Die Bundesrepublik Deutschland - Finanzagentur GmbH ist der zentrale Dienstleister für die Kreditaufnahme und das Schuldenmanagement des Bundes. Sie hat ihren Sitz am Finanzplatz Frankfurt/Main. Die Aufgaben der Deutschen Finanzagentur umfassen Dienstleistungen bei der Emission von Bundeswertpapieren, die Kreditaufnahme mittels Schuldscheindarlehen, den Einsatz derivativer Finanzinstrumente sowie die Geldmarktgeschäfte zum Ausgleich des Kontos der Bundesrepublik Deutschland bei der Deutschen Bundesbank. Dazu gehört auch das Privatkundengeschäft mit Bundeswertpapieren und das Führen des Bundesschuldbuchs. 49 50 KAPITEL 6. EFFEKTIVZINSBERECHNUNG FÜR BUNDESWERTPAPIERE Kapitel 7 Investitionsrechnung Die Investitionsrechnung stellt Methoden zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Investitionen bereit. Hier werden die dynamischen Verfahren betrachtet, die bei Ein- und Auszahlungen auch ihren jeweiligen Zeitpunkt berücksichtigen. Definition 7.1 Eine Investition ist die Bindung von Kapital im produktiven Bereich eines Unternehmens. Definition 7.2 Der Mindestzinssatz, den ein Investor bezüglich der Verzinsung ausstehender Gelder aufwenden muss, heißt Kalkulationszinssatz. Es werden im wesentlichen drei endliche Folgen betrachtet: (e0 , e1 , . . . , en ) Folge der Einzahlungen (a0 , a1 , . . . , an ) Folge der Auszahlungen (t0 , t1 , . . . , tn ) Folge der Zahlungszeitpunkte Zur Vereinfachung der Darstellung wird tj = j , j = 0, 1, ..., n, gesetzt. Einzahlungen und Auszahlungen finden zum gleichen Zeitpunkt statt. Für den Zeitpunkt 0 sei nur eine Anschaffungszahlung vorgesehen. Damit gilt e0 = 0. Für den Endzeitpunkt n muss eventuell ein sogenannter Liquidationserlös Ln berücksichtigt werden. Er ist dann ein Bestandteil der Größe en . Definition 7.3 Die Größen cj = ej − aj , j = 0, 1, ..., n, heißen Periodenüberschüsse (cash flow). Definition 7.4 Der Nettobarwert oder Kapitalwert einer Investiton ist der mit dem Kalkulationszinssatz diskontierte Barwert sämtlicher Periodenüberschüsse. Ist der Kapitalwert nichtnegativ, dann heißt die Investition nach der Kapitalwertmethode vorteilhaft. Bei nichtnegativen Kapitalwert ist die Investion zumindest so vorteilhaft wie eine Geldanlage zum Kalkulationszinssatz. Stehen mehrere Investitionen zur Auswahl, wird derjenigen mit dem höchsten Kapitalwert der Vorzug gegeben. 51 52 KAPITEL 7. INVESTITIONSRECHNUNG Satz 7.1 Für den Kapitalwert C0 einer Investition bei nachschüssiger exponentieller Verzinsung mit Kalkulationszinssatz i gilt C0 = n ∑ j=0 cj . (1 + i)j (7.1) Definition 7.5 Derjenige Zinssatz einer Investition, der beim Diskontieren der Periodenüberschüsse den Kapitalwert Null ergibt, heißt interner Zinssatz. Die Investition ist bezüglich der internen Zinssatzmethode vorteilhaft, wenn der interne Zinssatz eine vorgegebene Mindestverzinsung nicht unterschreitet. Bei Verwendung des internen Zinssatzes entspricht der Barwert aller Einnahmen dem Barwert aller Ausgaben. Stehen mehrere Investitionen zur Auswahl, wird derjenigen mit dem höchsten internen Zinssatz der Vorzug gegeben. Satz 7.2 Der interne Zinssatz iint einer Investition ist bei nachschüssiger exponentieller Verzinsung eine Lösung der Gleichung n ∑ cj (1 + iint )n−j = 0 . (7.2) j=0 Beispiel 7.1 Zwei Investitionsobjekte haben die gleiche Nutzungsdauer von drei Jahren und verursachen den gleichen Kapitaleinsatz von 500.000 e . Die folgende Tabelle enthält die Zeitwerte der Periodenüberschüsse: Zeitwerte der Periodenüberschüsse Jahr Objekt 1 Objekt 2 1 100.000 400.000 2 200.000 200.000 500.000 100.000 3 Vergleichen Sie beide Investitionen nach der Kapitalwertmethode bei einem Kalkulationszinssatz von 11% und nach der internen Zinssatzmethode ! C01 = 118.010 C02 = 95.804 iint,1 = 21, 15% iint,2 = 24, 86% Nach der Kapitalwertmethode ist das Objekt 1 dem Objekt 2 vorzuziehen. Nach der internen Zinssatzmethode ist Objekt 2 günstiger als Objekt 1. Kapitel 8 Abschreibung Rohstoffe werden bei einem Produktionsprozess sofort verbraucht. Gebäude, Maschinen, Fahrzeuge usw. besitzen eine technische Lebensdauer, begrenzt durch Verschleiss, Alterung. Die wirtschaftliche Nutzungsdauer ist diejenige Zeit, in der ein Wirtschaftsgut ökonomisch zweckmäßig eingesetzt werden kann. Das in das Wirtschaftsgut investierte Kapital wird allmählich abgebaut. Im allgemeinen ist die wirtschaftliche Nutzungsdauer kleiner als die technische Nutzungsdauer. Nach § 7(4) EStG können unbewegliche Wirtschaftsgüter nur linear abgeschrieben werden oder nach einer besonders gestaffelten Gebäudeabschreibung nach § 7(5). Dabei wird der gesamte Zeitraum in einzelne Zeitabschnitte mit gesonderten Abschreibungssätzen unterteilt. Nach § 7(2) können bewegliche Wirtschaftsgüter geometrisch-degressiv abgeschrieben werden. Nach § 7(3) ist zum Zwecke der Erzielung größtmöglicher Abschreibungsraten ein Übergang von geometrisch-degressiver zu linearer Abschreibung möglich. Definition 8.1 Der Vorgang der zeitabhängigen Wertminderung heißt Abschreibung. Die Differenz aus dem Anschaffungswert und den jährlichen Abschreibungen ergibt den jeweiligen Buchwert für das betreffende Wirtschaftsgut. Folgende Bezeichnungen werden verwendet: K0 Anschaffungswert eines Wirtschaftsguts n wirtschaftliche Nutzungsdauer in Jahren Qj , j=1,...,n Abschreibungsrate im Jahr j Kj , j=1,...,n Buchwert am Ende des Jahres j Kn = 0: vollständige Abschreibung Kn > 0: Schrottwert pj = 100 Qj , j=1,...,n K0 Abschreibungsprozentsatz bezogen auf den Anschaffungswert pBj Qj = 100 , j=1,...,n Kj−1 Abschreibungsprozentsatz bezogen auf den jeweiligen Buchwert 53 54 KAPITEL 8. ABSCHREIBUNG Definition 8.2 Bei linearer Abschreibung wird der Anschaffungswert abzüglich eines eventuellen Restwertes am Ende der Nutzungsdauer in gleichen Jahresraten abgeschrieben. Satz 8.1 Bei linearer Abschreibung gilt: Qj = K0 − Kn , n j = 1, ..., n (8.1) K0 − Kn , j = 1, ..., n n K0 − Kn , j = 1, ..., n pj = 100 nK0 Kj = K0 − j (8.2) (8.3) Definition 8.3 Bei geometrisch-degressiver Abschreibung wird in jedem Jahr der gleiche Prozentsatz vom jeweiligen Buchwert aus dem Vorjahr abgeschrieben. Satz 8.2 Bei gegebenen Abschreibungssatz iB = schreibung Qj = K0 (1 − iB )j−1 iB , Kj = K0 (1 − iB )j , pB 100 erhält man bei geometrisch-degressiver Ab- j = 1, ..., n , (8.4) j = 1, ..., n . (8.5) Bei geometrisch–degressiver Abschreibung gilt stets Kn > 0. Damit kann bei dieser Methode keine vollständige Abschreibung erfolgen. Ist der Schrottwert Kn > 0 bekannt, dann gilt ( ) √ K n pB = 100 1 − n . (8.6) K0 Anderenfalls rechnet man mit einem Erinnerungswert in Höhe Kn = 1. Satz 8.3 pB Bei gegebenen Abschreibungssatz iB = 100 gilt für das Abschreibungsjahr J, in der die lineare Abschreibungsrate die geometrisch–degressive Abschreibungsrate bei gleichem Abschreibungszeitraum erstmalig übertrifft, die Beziehung ⌉ ⌈ 1 . (8.7) J = n+1− iB 55 Beispiel 8.1 Eine Anlage mit Anschaffungswert 80.000 e soll in 9 Jahren zuerst geometrisch-degressiv und dann zum frühesten Zeitpunkt linear vollständig abgeschrieben werden. Der Abschreibungsprozentsatz wird mit 30% vorgegeben. Stellen Sie einen Abschreibungsplan auf ! ⌈ ⌉ 1 n=9 p = 30 J = 9+1− =7 0.3 Der Übergang zur linearen Abschreibung erfolgt im 7. Jahr. j 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Kj−1 Qj 80.000, 00 24.000, 00 56.000, 00 16.800, 00 39.200, 00 11.760, 00 27.440, 00 8.232, 00 19.208, 00 5.762, 40 13.445, 60 4.033, 68 9.411, 92 3.137, 31 6274, 61 3.137, 31 3.137, 30 3.137, 31 −0, 01