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15.08.2006 Skript Finanzmathematik WS 2006/07 Prof. Dr. Waike Moos Fachbereich Wirtschaftswissenschaften Hochschule Niederrhein Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Ergänzende Literaturempfehlungen ............................................................................... 4 0. Wofür benötigt man Finanzmathematik?................................................................... 5 1. Mathematische Grundlagen: Arithmetische und geometrische Folgen und Reihen5 1.1 Arithmetische Folgen und Reihen .................................................................................. 7 1.2 Geometrische Folgen und Reihen ................................................................................... 9 2. Zins- und Zinseszinsrechnung .................................................................................. 12 2.1 Einfache Zinsen .............................................................................................................. 13 2.2 Zinseszinsen .................................................................................................................... 14 2.3 Unterjährige Verzinsung ............................................................................................... 19 2.3.1 Unterjährige einfache Verzinsung............................................................................. 19 2.3.2 Unterjährige Verzinsung mit Zinseszinsen ............................................................... 21 2.3.3 Nicht ganzzahlige Laufzeiten in der Praxis............................................................... 22 2.3.4 Effektivzins und Nominalzins – Ein Cartoon .................................................... 23 2.3.5 Effektiver Zins bei unterjähriger Verzinsung............................................................ 23 2.3.6 Konformer unterjähriger Periodenzinssatz................................................................ 25 2.4 Stetige Verzinsung.......................................................................................................... 26 3. Abschreibungsrechnung............................................................................................ 28 3.1 Lineare Abschreibung.................................................................................................... 29 3.2 Arithmetisch degressive Abschreibung........................................................................ 31 3.3 Geometrisch degressive Abschreibung......................................................................... 32 4. Rentenrechnung......................................................................................................... 36 4.1 Begriffe der Rentenrechnung........................................................................................ 36 4.2 Jährliche konstante nachschüssige Rente bei fester Laufzeit .................................... 37 4.2.1 Rentenendwertformel ................................................................................................ 38 4.2.2 Rentenbarwertformel................................................................................................. 39 4.3 Jährliche vorschüssige konstante Rente bei fester Laufzeit....................................... 42 4.4 Unterjährige konstante Raten bei fester Laufzeit und jährlicher Verzinsung......... 44 4.5 Ewige Rente mit konstanten Raten............................................................................... 45 5. Tilgungsrechnung...................................................................................................... 49 5.1 Begriffe der Tilgungsrechnung ..................................................................................... 49 5.2. Jährliche Ratentilgung.................................................................................................. 50 5.3 Jährliche Annuitätentilgung.......................................................................................... 54 5.3.1 Exakte Annuitätentilgung.......................................................................................... 54 5.3.1.1 Formeln für die Restschuld RS k bzw. S k ......................................................... 58 5.3.1.2 Formeln für die Tilgungsrate Tk ........................................................................ 60 2 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 5.3.1.3 Formeln für die Zinsen im Jahre k Z k ............................................................... 61 5.3.2 Prozentannuitäten ...................................................................................................... 63 5.4 Sonderformen der Tilgungsrechnung .......................................................................... 67 5.4.1 Tilgungsfreie Zeiten .................................................................................................. 68 5.4.2 Kreditgebühren.......................................................................................................... 70 6. Investitions- und Finanzierungsentscheidungen ..................................................... 70 6.1 Grundsätzliche Überlegungen....................................................................................... 70 6.2 Kapitalwertmethode....................................................................................................... 73 6.3 Methode des internen Zinssatzes .................................................................................. 79 7. Festverzinsliche Wertpapiere..................................................................................... 84 7.1 Begriffe und Symbole..................................................................................................... 84 7.2 Zusammenhang zwischen Kurswert und Effektivzins bei festverzinslichen Wertpapieren........................................................................................................................ 85 7.3 Festverzinsliche Wertpapiere mit vom Nennwert abweichenden Rückzahlungskurs ................................................................................................................................................ 90 3 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Ergänzende Literaturempfehlungen ....falls das Skript nicht ausführlich genug ist..... Locarek, Hermann: Finanzmathematik, Oldenbourg Verlag Tietze, Jürgen: Einführung in die Finanzmathematik, 6. Auflage, Vieweg Verlag, Wiesbaden. Zur Wirtschaftsmathematik I und II in einem Buch: Peters, Horst: Wirtschaftsmathematik Klausur Intensiv Training. Kohlhammer Stuttgart. Preuß, Wolfgang und Günter Wenisch: Lehr- und Übungsbuch Mathematik in Wirtschafts- und Finanzwesen. Fachbuchverlag Leipzig 4 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 0. Wofür benötigt man Finanzmathematik? Die Finanzmathematik ist ein Teilgebiet der angewandten Wirtschaftsmathematik, insbesondere für Investitions- und Finanzierungsprobleme geeignet rechnet mit Einnahmen und Ausgaben von Geld, rechnet mit der Vergabe, Verzinsung und Rückzahlung von Krediten, beschäftigt sich mit dem Zins, der eine entscheidende Rolle spielt. Das Problem der Unsicherheit von zukünftigen Zahlenströmen wird vernachlässigt. Zahlungsausfälle, Konkurse und Marktzusammenbrüche spielen bei den hier vorgestellten Verfahren keine Rolle (Idealwelt der Ökonomen!). Die Unsicherheit kommt erst in der Statistik II! Mathematisches Handwerkszeug? Potenzen und Logarithmen Summenzeichen Polynome Nullstellenbestimmung und... ...ein paar Grenzwerte 1. Mathematische Grundlagen: Arithmetische und geometrische Folgen und Reihen Definition: Unter einer Zahlenfolge versteht man eine Abbildung a (von der Menge der natürlichen Zahlen in die Menge der reellen Zahlen) a:N → R mit den reellen Werten a(1),..., a(i ),..., a(n ) bzw. a1 , a2 ,..., ai ,..., an , wobei der Wert ai das i -te Glied der Folge ist. r 5 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Man interessiert sich also für den Wert eines Folgengliedes und seine Position bzw. Nummer in der Folge. Üblicherweise fängt man beim 1. Folgenglied an zu zählen Bei Kapitalwachstumsvorgängen fängt man allerdings immer beim 0. Folgenglied an zu zählen, um deutlich zu machen, dass beim 0. Folgenglied noch nichts gewachsen ist. Eigentlich ist es aber egal, ob man beim 1. oder 0. Folgenglied anfängt, da man sich immer nur für die Anzahl der Wachstumsvorgänge zwischen zwei Folgengliedern interessiert. Wenn dieses das 0. Glied ist, ist jenes das 7. Glied. Es liegen 7 Wachstumsvorgänge dazwischen. Wenn dieses das 1. Glied ist, ist jenes das 8. Glied. Es liegen 7 Wachstumsvorgänge dazwischen. Beispiele: 1,3,5,7,9,11,... 20,18,16,14,12,10,... 2,4,8,16,32,... r 6 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 1.1 Arithmetische Folgen und Reihen Definition: Eine Zahlenfolge, bei der die Differenz zweier aufeinanderfolgender Glieder jeweils gleich ist, heißt arithmetische Folge, z.B. a2 − a1 = d oder a2 = a1 + d a3 = a2 + d oder a1 + d + d = a1 + 2 ⋅ d a4 = a3 + d oder a2 + d + d = a1 + d + d + d = a1 + 3 ⋅ d a n = a n −1 + d = a1 + (n − 1) ⋅ d = a0 + n ⋅ d Beachten Sie: an = a1 + (n − 1) ⋅ d aber an = a0 + n ⋅ d je nachdem, ob man beim 0. oder beim 1. Folgenglied zu zählen beginnt. r Bemerkung: Folgen können ansteigend sein bei positivem d oder fallend bei negativem d . r Definition: Als arithmetische Reihe sn bezeichnet man die Summe der Folgenglieder der arithmetischen Folge. Von besonderem Interesse ist die Summe der ersten n Folgenglieder, d.h. die n -te Partialsumme der arithmetischen Folge. n sn = a1 + a2 + a3 + a4 + ... + an = ∑ [a1 + (i − 1) ⋅ d ] i =1 7 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Der Wert der endlichen arithmetischen Reihe berechnet sich als: sn = n ⋅ (a1 + an ) 2 r Beweis: Wie kommt man auf obigen Ausdruck (Gauß’scher Trick)? sn = a1 + (a1 + d ) + (a1 + 2 ⋅ d ) + ... + (a1 + (n − 2) ⋅ d ) + (a1 + (n − 1) ⋅ d ) Schreiben Sie die Summe zweimal untereinander, einmal „von vorne“ und einmal „von hinten“. sn = n ⋅ a1 + d ⋅ (1 + 2 + ... + (n − 1)) sn = n ⋅ a1 + d ⋅ (( n − 1) + ( n − 2) + ... + 2 + 1) 2s n = 2na1 + d ⋅ (1 + 2 + ... + ( n − 1) + ( n − 1) + ( n − 2) + ... + 1) die Summe in der Klammer lässt sich zusammenfassen zu: 2 s n = 2na1 + d ⋅ ( n + n + n... + n) in der Klammer stehen n-1 Summanden. Nun wird alles durch 2 geteilt: s n = n ⋅ a1 + d ⋅ Jetzt wird sn = (n − 1) ⋅ n 2 n ausgeklammert: 2 n ⋅ (2a1 + d ⋅ (n − 1)) 2 = n ⋅ (a1 + a1 + (n − 1) ⋅ d ) 2 = n ⋅ (a1 + a n ) 2 r Bemerkung: Jedes Glied einer arithmetischen Folge ist durch sein Anfangsglied a1 , die konstante Differenz d und die Stellenzahl n bestimmt. Jedes Glied einer arithmetischen Folge ist das arithmetische Mittel seiner beiden direkten Nachbarn, d.h. ak = (ak +1 + ak −1 ) . 2 Eine unendliche arithmetische Reihe besitzt keine Summe, da das Endglied bei ansteigenden Folgen unendlich groß wird, d.h. gegen + ∞ geht (bzw. gegen − ∞ bei fallenden Folgen) Gauß als „Entdecker“ der Formel für die arithmetische Reihe. r 8 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften an Arithmetische Folgen 40 30 20 10 n 23 21 19 17 15 13 11 9 7 5 3 -10 1 0 -20 Folge 1: Folge 2: Folge 3: -30 Folge 1 -40 Folge 2 -50 Folge 3 a1 = −10 , a1 = 5 , a1 = 10 , d =2 d = −2 d = 0,5 1.2 Geometrische Folgen und Reihen Definition: Eine Zahlenfolge, bei der der Quotient zweier beliebiger benachbarter Glieder konstant ist, heißt geometrische Folge. z.B.: a2 =q a1 oder a2 = a1 ⋅ q allgemein: a3 = a2 ⋅ q = a1 ⋅ q 2 a4 = a3 ⋅ q = a2 ⋅ q 2 an = an −1 ⋅ q = a1 ⋅ q 3 bzw. a n = a1 ⋅ q n −1 bzw. a n = a 0 ⋅ q n r 9 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Bemerkung: Jedes Glied einer geometrischen Folge ist durch sein Anfangsglied a1 , den konstanten Faktor q und die Stellenzahl n bestimmt. Jedes Glied einer geometrischen Folge ist das geometrische Mittel seiner beiden direkten Nachbarn, d.h. a k = a k +1 ⋅ a k −1 . r Definition: Bildet man die Summe der Glieder einer geometrischen Folge, so erhält man eine geometrische Reihe sn . sn = a1 + a1 ⋅ q + a1 ⋅ q 2 + ... + a1 ⋅ q (n −1) q ⋅ sn = a1 ⋅ q + a1 ⋅ q 2 + ... + a1 ⋅ q (n −1) + a1 ⋅ q n ___________________________________________ q ⋅ sn − sn = a1 ⋅ q n − a1 bzw. nach Ausklammern ( ) sn ⋅ (q − 1) = a1 ⋅ q n − 1 sn = a1 ⋅ qn −1 für q > 1 q −1 und (aus Konventionsgründen werden Zähler und Nenner mit (-1) multipliziert) sn = a1 ⋅ 1− qn für q < 1 1− q r Bisher wurden nur endliche Reihen betrachtet. Bei unendlichen Reihen, n → ∞ , sind drei Fälle zu unterscheiden: 1) Der Faktor q ist größer als 1 Dann werden die Folgenglieder immer größer. Für n → ∞ werden auch die Folgenglieder unendlich. Solche Reihen besitzen keine endliche Summe. 10 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften q = 2; a1 = 3 Beispiel: a1 ⋅ q1 = 6; a1 ⋅ q 2 = 12; a1 ⋅ q 3 = 24 usw. Die Folgenglieder werden schnell sehr groß. 2) Der Faktor q ist kleiner als 1 und > 0 Dann werden die Folgenglieder immer kleiner. 1 q= ; 2 Beispiel: a1 = 2 a1 ⋅ q1 = 1; 1 a1 ⋅ q 2 = ; 2 a1 ⋅ q 3 = 1 usw. 4 Solche Folgen heißen auch Nullfolgen, in symbolischer Schreibweise: lim n→∞ an = 0 . 3) Der Faktor q ist negativ Dann springen die Werte der Folgenglieder „hin und her“. q = −2; Beispiel: a1 = 1 Die Folge lautet: 1, -2, 4, -8, 16, -32, usw. Solche Folgen spielen in der betriebswirtschaftlichen Praxis keine Rolle. an Geometrische Folgen 25 20 15 Folge 1 10 Folge 2 Folge 3 5 17 15 13 11 9 7 5 3 1 0 n 11 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften q = 0,8 q = 1,1 q = 1,2 a1 = 20 , a1 = 3 , a1 = 1 , an Folge 1 17 15 13 11 9 5 3 1 6 4 2 0 -2 Geometrische Folgen 7 Folge 1: Folge 2: Folge 3: -4 Folge 2 -6 -8 -10 -12 Folge 3 Folge 1: Folge 2: Folge 3: n a1 = −1 , a1 = −10 , a1 = 1 , q = 1,1 q = 0,5 q = −1,1 2. Zins- und Zinseszinsrechnung Zinsen sind der Preis, den ein Schuldner dem Gläubiger für die befristete Überlassung von Kapital bezahlen muss. Der Betrag der Zinsen wird aus dem Zinssatz, der Höhe des überlassenen Kapitals und der Dauer der Überlassung berechnet. Man unterscheidet zwischen jährlicher Verzinsung und unterjähriger Verzinsung. Bei der jährlichen Verzinsung beträgt die Zinsperiode ein Jahr. Die Zinsen werden einmal im Jahr zu einem bestimmten Zeitpunkt gezahlt. Nach §608 BGB ist die Fälligkeit von Zinsen nach einem Jahr erreicht, wenn nichts anderes vereinbart ist. Bei der unterjährigen Verzinsung beträgt die Zinsperiode einen Bruchteil eines Jahres, z.B. 3 Monate, 80 Tage o.ä.. Zinsperioden von mehr als einem Jahr spielen in der Praxis keine Rolle. 12 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Im weiteren wird nur die nachschüsssige Verzinsung betrachtet, bei der die Zinsen am Ende der Zinsperiode fällig werden. Die vorschüssige Verzinsung ist in der Praxis unüblich. Symbole Bedeutung Beispiel K0 Anfangskapital Endkapital ganzzahlige Laufzeit Zins (nominaler) Prozentzinssatz 100 € 105 € 1 Jahr 5€ 5% (nominaler) Zinssatz 0,05 Aufzinsungsfaktor 1+0,05=1,05 Kn n Z p p 100 q = 1+ i 1 q i= f 1 = 0,9524 1,05 180 für ein halbes Jahr 360 Abzinsungsfaktor gebrochene Laufzeit= Zinstage der Laufzeit Zinstage pro Jahr Anlagedauer 2.1 Einfache Zinsen Bei der einfachen Verzinsung werden die Zinsen bei längerer Anlagedauer nicht wieder mitverzinst, sondern ausgezahlt. K1 = K 0 + K 0 ⋅ i = K 0 ⋅ (1 + i ) K 2 = K 0 + K 0 ⋅ 2i = K 0 ⋅ (1 + 2i ) K 3 = K 0 + K 0 ⋅ 3i = K 0 ⋅ (1 + 3i ) K 4 = K 0 + K 0 ⋅ 4i = K 0 ⋅ (1 + 4i ) Satz: Das Endkapital bei einfacher Verzinsung und ganzjähriger Laufzeit nach n Jahren erhält man als Kn = K0 + K0 ⋅ i ⋅ n = K 0 ⋅ (1 + i ⋅ n ) r 13 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Beispiel: Ein Betrag von 100 € wird bei einer einfachen Verzinsung von 2% genau drei Jahre lang ausgeliehen. Die Zinszahlung soll am Ende der Laufzeit erfolgen. Wie groß ist die am Ende der Laufzeit angesammelte Summe aus Kapital und Zinsen? n = 3; K 0 = 100; i = 0,02; p = 2 K 3 = 100 + 100 ⋅ 0,02 ⋅ 3 = 106 € oder K 3 = 100 ⋅ (1 + 0,02 ⋅ 3) = 100 ⋅ (1 + 0 ,06) = 100 ⋅1,06 = 106 € r Beispiel: Eine Mutter verspricht ihrer Tochter ihr nach Ende des Studiums, d.h. in drei Jahren, 5.000 € zu zahlen. Was muss Sie heute anlegen, um in drei Jahren über diesen Betrag verfügen zu können (4%, einfache Verzinsung). K0 = 5.000 5.000 = = 4.464,29 € 1 + 0,04 ⋅ 3 1,12 r 2.2 Zinseszinsen Bei der Zinseszinsrechnung erfolgen während der mehrjährigen Laufzeit einer Kapitalanlage Zinszahlungen jeweils am Ende eines Jahres. Diese Zinsen werden sofort wieder angelegt und zum Kapital dazu addiert, so dass ab dem Zeitpunkt der Wiederanlage auch die Zinsen mitverzinst werden. K1 = K0 + K0 ⋅ i = K 0 ⋅ (1 + i ) K2 = K1 + K1 ⋅ i = K1 ⋅ (1 + i ) = K 0 ⋅ (1 + i ) K3 = K2 + K2 ⋅ i = K 2 ⋅ (1 + i ) = K 0 ⋅ (1 + i ) K4 = K3 + K3 ⋅ i = K 3 ⋅ (1 + i ) = K 0 ⋅ (1 + i ) Kn = K n −1 + K n −1 ⋅ i = K n −1 ⋅ (1 + i ) = 2 3 4 K 0 ⋅ (1 + i ) n Satz: Das Endkapital bei zinseszinslicher Verzinsung und ganzjähriger Laufzeit nach n Jahren erhält man als Kn = K 0 ⋅ (1 + i ) n = K0 ⋅ qn r 14 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Erinnern Sie: Geometrische Folgen an = a1 ⋅ q (n −1) Zinseszinsrechnung: K n = K 0 ⋅ (1 + i ) ⋅ q (n −1) K n = K 1 ⋅ q ( n −1) Die Kapitalbeträge stellen also Glieder einer geometrischen Folge mit konstantem Quotienten (1 + i ) bzw. q und dem Anfangsglied K 0 ⋅ (1 + i ) = K1 dar. Beispiel: Eine Spareinlage von 100 € wird für 4 Jahre angelegt und mit 6% verzinst. Welche Höhe hat das Kapital bei zinseszinslicher Verzinsung nach 4 Jahren? n=4 ; K 0 = 100 ; p=6 ; i = 0,06 ; q = 1,06 Kn = K0 ⋅ qn K 4 = 100 ⋅1,06 4 = 126,25 € Bei einfacher Verzinsung beträgt die Kapitalsumme: K n = K 0 ⋅ (1 + n ⋅ i ) K 4 = 100 ⋅ (1 + 0 ,24 ) = 124 ,00 € Bei einfacher Verzinsung ist die Kapitalsumme am Ende des mehrjährigen Anlagezeitraums kleiner als bei der Zinseszinsrechnung. r Satz: Die Zinsen Z k des Jahres k berechnen sich als Zk = K k − K k −1 = K k −1 ⋅ i r 15 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Tabelle 1: Kapital und Zinsen bei Zinseszinsrechnung 1 k Kk 2 3 4 .... 106,00 112,36 119,10 126,25 Zk 6 6,36 6,74 7,15 98 99 100 ... 30.197,76 32.009,63 33.930,21 ... 1.709,31 1.811,87 1.920,58 Im o.g. Beispiel werden unter Berücksichtigung von Zinseszinsen nach 100 Jahren 1.920,58 € Zinsen gezahlt. Die Kapitalsumme beträgt am Ende der Laufzeit 33.930,21 €. Tabelle 2: Kapital und Zinsen bei einfacher Verzinsung k Kk Zk 1 2 3 4 ... 106,00 112,00 118,00 124,00 6,00 6,00 6,00 ... 6,00 98 99 100 688,00 694,00 700,00 ... 6,00 6,00 6,00 Beispiel: Ein bei der Gründung der Stadt Mönchengladbach angelegter Cent soll 2.000 Jahre später wieder abgehoben werden. Wie lautet der auszuzahlende Betrag, wenn der vereinbarte Zinssatz 1% bzw. 4% beträgt und das Geld mit einfacher Verzinsung zinseszinslich angelegt wurde? p =1 ; i = 0,01 ; K 2.000 = 0 ,01⋅ (1 + 0,01⋅ 2.000 ) = 0,21 € p=4 ; i = 0,04 ; K 2.000 = 0,01⋅ (1 + 0 ,04 ⋅ 2.000) = 0 ,81 € p =1 ; i = 0 ,01 ; K 2.000 = 0 ,01 ⋅ (1 + 0 ,01) p=4 ; i = 0 ,04 ; K 2.000 = 0 ,01 ⋅ (1 + 0 ,04 ) 2 .000 = 4.392.862,05 € 2 .000 ≅ 1,17 ⋅1032 € r 16 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Tabelle 3: Aufzinsungsfaktoren n in Jahren 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 p in % 1 1,0100 1,0201 1,0303 1,0406 1,0510 1,0615 1,0721 1,0829 1,0937 1,1046 2 1,0200 1,0404 1,0612 1,0824 1,1041 1,1262 1,1487 1,1717 1,1951 1,2190 3 1,0300 1,0609 1,0927 1,1255 1,1593 1,1941 1,2299 1,2668 1,3048 1,3439 4 1,0400 1,0816 1,1249 1,1699 1,2167 1,2653 1,3159 1,3686 1,4233 1,4802 5 1,0500 1,1025 1,1576 1,2155 1,2763 1,3401 1,4071 1,4775 1,5513 1,6289 6 1,0600 1,1236 1,1910 1,2625 1,3382 1,4185 1,5036 1,5938 1,6895 1,7908 7 1,0700 1,1449 1,2250 1,3108 1,4026 1,5007 1,6058 1,7182 1,8385 1,9672 8 1,0800 1,1664 1,2597 1,3605 1,4693 1,5869 1,7138 1,8509 1,9990 2,1589 9 1,0900 1,1881 1,2950 1,4116 1,5386 1,6771 1,8280 1,9926 2,1719 2,3674 10 1,1000 1,2100 1,3310 1,4641 1,6105 1,7716 1,9487 2,1436 2,3579 2,5937 Tabelle 4: Abzinsungsfaktoren n in Jahren 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 p in % 1 0,9901 0,9803 0,9706 0,9610 0,9515 0,9420 0,9327 0,9235 0,9143 0,9053 2 0,9804 0,9612 0,9423 0,9238 0,9057 0,8880 0,8706 0,8535 0,8368 0,8203 3 0,9709 0,9426 0,9151 0,8885 0,8626 0,8375 0,8131 0,7894 0,7664 0,7441 4 0,9615 0,9246 0,8890 0,8548 0,8219 0,7903 0,7599 0,7307 0,7026 0,6756 5 0,9524 0,9070 0,8638 0,8227 0,7835 0,7462 0,7107 0,6768 0,6446 0,6139 6 0,9434 0,8900 0,8396 0,7921 0,7473 0,7050 0,6651 0,6274 0,5919 0,5584 17 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 7 0,9346 0,8734 0,8163 0,7629 0,7130 0,6663 0,6227 0,5820 0,5439 0,5083 8 0,9259 0,8573 0,7938 0,7350 0,6806 0,6302 0,5835 0,5403 0,5002 0,4632 9 0,9174 0,8417 0,7722 0,7084 0,6499 0,5963 0,5470 0,5019 0,4604 0,4224 10 0,9091 0,8264 0,7513 0,6830 0,6209 0,5645 0,5132 0,4665 0,4241 0,3855 kann nach jeder in ihr Bemerkung: Die Zinseszinsformel K n = K 0 ⋅ q n enthaltenen Variablen durch einfache Umformung aufgelöst werden. K0 = Auflösung nach K 0 : Kn qn Erinnern Sie: q = 1 + i ist der Aufzinsungsfaktor, 1 ist der q Abzinsungsfaktor. Für Fragestellungen, wenn nach dem Barwert eines Verzinsungsvorganges gefragt ist: Wie viel muss heute angelegt werden, damit in Zukunft ein gewisses Endkapital erreicht wird? Auflösung nach i : Wegen q n = Kn K K , gilt q = n n und i = n n − 1 mit q = 1 + i K0 K0 K0 Für Fragestellungen der Form: Welcher Zinssatz muss geboten werden, damit sich das Kapital nach n Jahren vervielfacht (z.B. K n doppelt so groß wie K 0 nach 8 Jahren)? Auflösung nach n : Der Ausdruck q n = Kn muss logarithmiert werden. Mit den K0 Rechenregeln für den Logarithmus erhält man: K ln q n = ln n K0 ( ) ⇔ n ⋅ ln q = ln K n − ln K 0 18 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Daraus folgt: n = ln K n − ln K 0 . ln q Achtung: Die Lösung n ist in der Regel nicht mehr ganzzahlig, so dass man entsprechend auf- oder abrunden muss und besser x schreibt Für Fragestellungen: Wie lange dauert es, bis sich ein mit 5% angelegter Betrag verdreifacht? i = 0,05 n= ; q = 1,05 ln 3K 0 − ln K 0 ln 3 + ln K 0 − ln K 0 ln 3 = = = 22,52 Jahre, d.h. bei ln 1,05 ln 1,05 ln 1,05 nachschüssiger, jährlicher Verzinsung 23 Jahre. 2.3 Unterjährige Verzinsung Bei der unterjährigen Verzinsung beträgt die Anlagedauer des Kapitals weniger als ein Jahr. In Deutschland ist es üblich zu rechnen: 1 Zinsjahr = 360 Zinstage = 12 Zinsmonate mit jeweils 30 Zinstagen Wenn nichts anderes angegeben ist, berechnet man die Anlagedauer immer vom folgenden Tag bis zum Tag der Abhebung: z.B. Anlage am 16.3, Abhebung am 30.3. umfasst 14 Zinstage, Anlage am 16.3., Abhebung am 30.10 umfasst 14 Tage und 7 Monate (7 mal 30 Tage) also insgesamt 224 Tage. Auch hier kann man die einfache Verzinsung von der Verzinsung mit Zinseszinsen unterscheiden. 2.3.1 Unterjährige einfache Verzinsung Bei der einfachen unterjährigen Verzinsung werden die Zinsen mehrmals im Jahr ausgezahlt und neben dem Kapital unverzinslich angesammelt. Satz: Das Endkapital bei unterjähriger einfacher Verzinsung berechnet sich als: K f = K 0 ⋅ (1 + i ⋅ f ) 19 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften r Woran erinnert Sie diese Formel? Beispiel: f= 180 = 0,5 für eine halbjährige Anlage, 360 f= 90 1 = für eine quartalsweise Anlage 360 4 f= 30 1 = für eine monatliche Anlage 360 12 r Beispiel: Für kurzfristige Festgeldanlagen gewährt die Schweizer Bank „Tobler&One“ 8% einfache Zinsen pro Jahr. Ein Unternehmen zur Herstellung von Schokolade möchte 100.000 € für 36 Tage anlegen. K0=100.000, einfacher Jahreszins=0,08 f = 36 = 0,1 360 K "0 ,1" = 100.000 ⋅ (1 + 0,08 ⋅ 0,1) = 100.800 r Beispiel: Das Schokoladen-Unternehmen benötigt die 100.000€ erst in drei Jahren. Das Geld wird zu 4% einfachen Halbjahreszinsen angelegt. K0=100.000, einfacher Halbjahreszins=0,04 , Anlagedauer 6 Halbjahre K 3 = 100.000 ⋅ (1 + 0,04 ⋅ 6) = 124.000 r Bei „krummen“, nicht ganzzahligen Laufzeiten bei einfacher Verzinsung, die über ein Jahr hinausgehen, muss die Laufzeit der Kapitalanlage in der Einheit „[in Jahren]“ angegeben werden, wobei die Laufzeit dann keine natürliche „ganze“ Zahl mehr, sondern eine reelle, („krumme“) ist. Beispiel: Die Studentin Viola Knete hat 100.000€ übrig, die sie für die Dauer ihres Hauptstudiums (zwei Jahre, 4 Monate und 17 Tage lang) zu 8% einfachen Jahreszinsen anlegt. K0=100.000, Anlagedauer: = 2 + 4 17 + = 2,3806 12 360 einfacher Jahreszins i=0,08 20 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften K "2 ,3806" = 100.000 ⋅ (1 + 0,08 ⋅ 2,3806 ) = 119.044,80€ r 2.3.2 Unterjährige Verzinsung mit Zinseszinsen Bei der unterjährigen Verzinsung mit Zinseszinsen bestehen allgemein m Zinsperioden pro Jahr (z.B. 2 für die halbjährliche, 4 für die quartalsweise Verzinsung,12 für Monate, 360 für Tage usw.). Am Ende einer Zinsperiode werden die Zinsen ausgezahlt und dem Kapital zugerechnet, so dass die gezahlten Zinsen bereits in der nächsten Zinsperiode mitverzinst werden. Bei m Zinsperioden pro Jahr kann der relative Periodenzinssatz aus i∗ = i m berechnet werden mit i ∗ der relative Periodenzinssatz , i der nominale Jahreszinssatz. Satz: Das Endkapital eines Zinseszinsvorgangs, bei dem mehrmals jährlich ( m mal jährlich) Zinsen gezahlt und im weiteren mitverzinst werden berechnet sich als ( K n = K0 ⋅ 1 + i∗ ) m ⋅n r Achtung: Der Exponent beträgt m ⋅ n , (anstatt n bei der jährlichen Verzinsung). Allerdings ist auch der relative Zinssatz i ∗ = i kleiner als der m Jahreszinssatz i . Beispiel: Die Bank „Bank360“ bietet eine tägliche zinseszinsliche Verzinsung zu einem jährlichen Nominalzins von 6%, (i=0,06). Auf wie viel wachsen 100 € an, die ein Jahr lang angelegt werden? K 1 = 100 ⋅ (1 + 0,06 360⋅1 ) = 106,183 360 r 21 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 2.3.3 Nicht ganzzahlige Laufzeiten in der Praxis Bei „krummen“, nicht ganzahligen Laufzeiten in der Praxis muss die übliche Bankenpraxis berücksichtigt werden, dass für das noch nicht abgelaufene Jahre nur einfache Verzinsung vorgenommen wird. Es wird dann eine gemischte Verzinsung durchgeführt mit Zinseszinsrechnung für die abgelaufenen Jahre und einfacher Verzinsung für das noch nicht abgelaufene Jahr. Man zerlegt die gesamte Anlagedauer in eine Dauer n, für die mit Zinseszinsen gerechnet wird, und eine Anlagedauer f, für die mit einfachen Zinsen gerechnet wird. Satz: Das Endkapital bei gemischter Verzinsung ist: K gemischt = K 0 ⋅ (1 + i ) ⋅ (1 + i ⋅ f ) n r Beispiel: Das Kapital von Viola Knete in Höhe von 100.000 wird zwei Jahre, 4 Monate und 17 Tage lang zu 8% Jahreszinsen angelegt. Zinseszinsen werden erst bei einer Anlagedauer ab einem Jahr gezahlt. K0=100.000, Anlagedauer: n = 2 und f = 4 17 + = 0,3806 12 360 K gemischt = 100.000 ⋅ (1 + 0,08) ⋅ (1 + 0,08 ⋅ 0,3806) =120.191,45 2 r 22 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 2.3.4 Effektivzins und Nominalzins – Ein Cartoon Hohoho! Ich bin ein Nominalzins von 8%! Das sagt noch gar nichts! Vielleicht bis du tatsächlich nur ein Effektivzins von 6%..... 2.3.5 Effektiver Zins bei unterjähriger Verzinsung Bemerkung: Solange noch keine unterjährige Verzinsung auftrat, erhöhte sich das Kapital nach einem Jahr Anlagedauer gemäß des angegebene Zinssatzes. Der „Name“ bzw. die Größenordung des Zinssatzes gab exakt die Vergrößerung des Kapitals nach einem Jahr an. Deswegen werden solche Zinssätze auch als nominale Zinssätze bezeichnet. Sobald irgendein Sachverhalt eintritt, der zu einem abweichenden Kapitalwachstum führt, als der „Name“ des Zinssatzes bzw. der nominale Zinssatz verspricht, spricht man vom effektiven Zinssatz1. Der effektive Zinssatz gibt die Kapitalvergrößerung an, die effektiv (=tatsächlich) nach einem Jahr aufgetreten ist. 1 Vom nominalen Zinssätze abweichende effektive Zinssätze treten auf bei Unterjähriger, zinseszinslicher Verzinsung, Geschenken in Form von Startguthaben, Aufschlägen bei der Rückzahlung des angelegten Kapitals, .... 23 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Frage: Ist der effektive Zinssatz bei unterjähriger zinseszinslicher Verzinsung größer oder kleiner als der nominale Zinssatz? Beispiel: 100 € werden bei jährlicher Verzinsung zu 6% angelegt. Alternativ wird eine monatliche zinseszinslicher Verzinsung zu. i ∗ = i 0,06 = = 0,005 relativem m 12 Zinssatz geboten. Das Kapital beträgt bei der jährlichen Verzinsung nach einem Jahr 106 €. Bei monatlicher Verzinsung beträgt das Kapital ( K n = K0 ⋅ 1 + i∗ ) m ⋅n = 100 ⋅ (1 + 0,005) = 106 ,17 € , so dass – hier kann man das 12 Ergebnis direkt ablesen – der effektive Prozentzinssatz 6,17 % beträgt, während der nominelle Zinssatz nur 6% beträgt. r Satz: Allgemein gilt für die Berechnung des effektiven Jahres-Zinssatzes j aus dem relativen Zinssatz i ∗ : ( j = 1 + i∗ ) m −1 r Beweis: Wenn der effektive Zinssatz j gesucht ist, muss die Gleichung nach j aufgelöst werden. ( ) = K ⋅ (1 + j ) (1 + i ) = (1 + j ) (1 + i ) = (1 + j ) j = (1 + i ) − 1 K 0 ⋅ 1 + i∗ m⋅n n 0 ∗ m⋅ n n ∗ m ∗ m r Beispiel: In obigem Beispiel ergibt sich nun rechnerisch für den Effektivzinssatz: j = (1 + 0,005) − 1 = 0,0617 , d.h. 6,17% Effektivzins. 12 r 24 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 2 m i 0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06 0,07 0,08 0,09 0,1 0,01002 0,02010 0,03022 0,04040 0,05062 0,06090 0,07122 0,08160 0,09202 0,10250 Effektivzinssatz j bei m unterjährigen Zinsperioden 4 6 12 52 Effektivzinssatz j 0,01004 0,01004 0,01005 0,01005 0,02015 0,02017 0,02018 0,02020 0,03034 0,03038 0,03042 0,03045 0,04060 0,04067 0,04074 0,04079 0,05095 0,05105 0,05116 0,05125 0,06136 0,06152 0,06168 0,06180 0,07186 0,07207 0,07229 0,07246 0,08243 0,08271 0,08300 0,08322 0,09308 0,09344 0,09381 0,09409 0,10381 0,10426 0,10471 0,10506 360 0,01005 0,02020 0,03045 0,04081 0,05127 0,06183 0,07250 0,08328 0,09416 0,10516 In der Tabelle für die Effektivzinssätze bei unterschiedlichen nominellen Zinssätzen i und unterschiedlicher unterjähriger Periodenanzahl m ist erkennbar, dass der Effektivzins j nicht beliebig weit wächst, sondern gegen eine Obergrenze konvergiert. 2.3.6 Konformer unterjähriger Periodenzinssatz Oft wird in der Praxis gewünscht, dass trotz mehrfacher Zinszahlungen pro Jahr bei unterjähriger Verzinsung ein nominaler Jahreszinssatz nicht überschritten wird. Der durch die unterjährige Verzinsung erreichte Effektivzinssatz für das Jahr soll also den nominellen Jahreszinssatz nicht überschreiten. Unter diesen Bedingungen kann für die unterjährige Verzinsung nicht der relative Zinssatz vergütet werden, sondern ein anderer, etwas geringerer, den man konformen unterjährigen Zinssatz k nennt. Satz: Bei unterjähriger Verzinsung ist der konforme unterjährige Zinssatz k zum nominalen Jahreszinssatz i k = m1+ i −1 r Beweis: Zur Berechnung des konformen unterjährigen Zinssatzes k gilt die Bedingung, dass ein Endkapital, das in einem jährlichen 25 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Verzinsungsvorgang mit dem nominellen Jahreszinssatz i erreicht wird, gleich sein muss einem Endkapital eines unterjährigen Verzinsungsvorgangs mit dem konformen unterjährigen Periodenzins k : K 0 ⋅ (1 + i ) = K 0 ⋅ (1 + k ) n m⋅n Wenn der konforme unterjährige Zinssatz gesucht ist, muss die Gleichung nach k aufgelöst werden. (1 + i )n = (1 + k )n⋅m (1 + i ) = (1 + k )m k = m 1+ i −1 r Beispiel: In obigem Beispiel würde der konforme unterjährige Periodenzinssatz k = 12 (1 + 0,06 ) − 1 = 0,00487 (statt dem relativen Periodenzinssatz von i∗ = 0,06 = 0,005 ) betragen. 12 r Vervollständigung der Symbolliste: Symbole Bedeutung i m i∗ j k nomineller Jahreszins Anzahl unterjährige Perioden relativer Periodenzins effektiver Zinssatz (jährlich) konformer unterjähriger Periodenzins Beispiel 0,06 12 Monate 0,005 0,0617 0,00487 2.4 Stetige Verzinsung Eine stetige Verzinsung resultiert, wenn bei der unterjährigen Verzinsung die Periodenzahl m immer weiter erhöht wird, so dass die einzelnen Zinsperioden infinitesimal klein werden. Probleme dieser Art spielen in der Finanzmathematik eine untergeordnete Rolle. Sie sind jedoch wichtig für demographische, ökologische, physikalische, chemische und biologische Fragestellungen. 26 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Auch bei besonderen Problemen der Investitionsrechnung, wie z.B. der Bestimmung des optimalen Ersatzzeitpunktes einer Maschine oder bei der Frage nach der optimalen Nutzungsdauer kommt die stetige Verzinsung zur Anwendung. Herleitung der Formel für die stetige Verzinsung: Starten Sie mit der Formel für die unterjährige Verzinsung i K n = K 0 ⋅ 1 + m Setzen Sie m ⋅n i 1 m = bzw. = v .....dann rechnet es sich leichter m v i Aus dieser Definition folgt: m = v ⋅i Setzt man diesen Ausdruck für m in die obige Gleichung ein, dann ergibt sich: 1 K n = K 0 ⋅ 1 + v v⋅i ⋅n 1 v bzw. durch geeignetes Klammersetzen K n = K 0 ⋅ 1 + v i ⋅n Wenn nun angenommen wird, dass die Länge der unterjährigen Zinsperioden immer kleiner wird, dann wird m (die Anzahl der unterjährigen Zinsperioden) immer größer (z.B. 360 Tage, 8.640 Stunden usw.). Aus der Beziehung m = v ⋅ i folgt, dass bei Anwachsen von m auch v anwachsen muss. Wenn die Länge der Zinsperioden infinitesimal klein wird, d.h. wenn man bspw. die Kapitalanlage für Tage, Stunden oder gar Minuten betrachtet, wird die Zahl m der Zinsperioden pro Jahr (1 Jahr = 360 Tage = 8.640 Stunden = 518.400 Minuten usw.) und damit auch der Koeffizient v unendlich groß. Der Mathematiker Euler hat nachgewiesen, dass für diesen Fall gilt: 1 v lim v→∞ 1 + = 2,718281828459... . Das ist die Eulersche Zahl e . v Die Gleichung für den Endwert eines Verzinsungsvorgangs bei unterjähriger Verzinsung mit infinitesimal kleinen Perioden wird dann zu K n = K 0 ⋅ e i ⋅n r 27 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Diese Gleichung wird auch als Wachstumsfunktion (siehe Wirtschaftsmathematik I) und Verzinsungsvorgänge dieser Art als stetige Verzinsung bezeichnet. Wachstumsfunktionen dienen der Beschreibung des Bevölkerungswachstums oder anderer volkswirtschaftlicher Fragestellungen, des Wachstums von Kulturen von Zellen, Viren Bakterien o.ä. Die Bedeutung der Wachstumsfunktion liegt darin, dass hierbei in infinitesimal kleinen Abständen zu einem Bestand etwas hinzukommt, dass schon im nächsten Moment selber wieder zu einer weiteren Vermehrung beiträgt. 3. Abschreibungsrechnung Abschreibungen sind die buchmäßige Erfassung der Wertminderung eines Wirtschaftsgutes während der Nutzungsdauer (AfA = Absetzung für Abnutzung). Stichworte: Verbrauchsbedingter oder wirtschaftlicher Verschleiß führt zu Wertminderung Begrenzte Nutzungsdauer Die Wertminderung wird auf die Nutzungsdauer verteilt Das EStG enthält Rahmenvorschriften für die anzusetzende Nutzungsdauer Erinnerungswert oder Schrottwert Symbole Bedeutung Beispiel K0 Neuwert 100 € Kn Restwert, Schrottwert n ganzzahlige Nutzungsdauer 10 Jahre Am Abschreibungsbetrag in Periode m 10 € 1€ z.B. in Periode m = 5 pm = Am ⋅100 K m −1 Abschreibungsprozentsatz vom Restwert (nach m − 1 Perioden) m = 1,..., n, hier m − 1 = 4 28 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften p = p1 Abschreibungssatz bei lin. Abschreibung p = pm Abschreibungssatz bei geo. degr. Abschreibung p mN = Am ⋅ 100 K0 Abschreibungsprozentsatz vom Neuwert 3.1 Lineare Abschreibung Eine Art der Wertminderung ist die Bildung gleicher Abschreibungsbeträge für jede Periode der Nutzungsdauer. Formal lässt sich diese lineare Abschreibung folgendermaßen darstellen: Am = d = const., für m = 1,..., n Daraus ergeben sich die Restwerte K m am Ende der Abschreibungsperioden m : K1 = K0 − d K2 = K1 − d = K0 − 2 ⋅ d K3 = K2 − d = K0 − 3 ⋅ d Kn = K n −1 − d = K1 − (n − 1) ⋅ d = K0 − n ⋅ d Allgemein ergibt sich für eine beliebige Abschreibungsperiode m : Km = K0 − m ⋅ d . Bei der Folge der Buchwerte K m handelt es sich also um Glieder einer arithmetischen Folge. Der Abschreibungsbetrag d ist bei gegebenem Neu- und Restwert und gegebener Abschreibungsdauer: d= K0 − Kn n Die Abschreibungsprozentsätze lassen sich folgendermaßen herleiten: 29 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften d ⋅100 K m −1 Abschreibungsprozentsatz vom Restwert: pm = Abschreibungssatz: p = p1 = Abschreibungsprozentsatz vom Neuwert: p mN = Beispiel: d ⋅100 K0 d ⋅ 100 K0 Eine Maschine zur Herstellung von Nickelnieten für Jeanskleidung mit Anschaffungskosten von 50.000 € soll nach 10 Jahren auf einen Restwert von 10.000 € abgeschrieben werden. Wie lauten die jährlichen Abschreibungen, die Abschreibungsprozentsätze und wie sieht der Abschreibungsplan aus? m 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Km 50.000 46.000 42.000 38.000 34.000 30.000 26.000 22.000 18.000 14.000 10.000 Am=d 4.000 4.000 4.000 4.000 4.000 4.000 4.000 4.000 4.000 4.000 pmN 8,00 8,00 8,00 8,00 8,00 8,00 8,00 8,00 8,00 8,00 pm 8,00 8,70 9,52 10,53 11,76 13,33 15,38 18,18 22,22 28,57 r 30 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 3.2 Arithmetisch degressive Abschreibung Die Abschreibungsbeträge Am sollen jedes Jahr um einen festen Betrag d fallen. Beispiel: m 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Km 50.000 44.875 40.000 35.375 31.000 26.875 23.000 19.375 16.000 12.875 10.000 Am 5.125 4.875 4.625 4.375 4.125 3.875 3.625 3.375 3.125 2.875 pmN 10,25 9,75 9,25 8,75 8,25 7,75 7,25 6,75 6,25 5,75 pm 10,25 10,86 11,56 12,37 13,31 14,42 15,76 17,42 19,53 22,33 Die Abschreibungsbeträge fallen jedes Jahr um d=250 €. r Der Abschreibungsbetrag im Jahr m ist: Am = A1 − ( m − 1) ⋅ d Beispiel: A5 = 5.125 − (5 − 1) ⋅ 250 = 4.125 r Um nach n Jahren vom Neuwert K0 auf den Restwert Kn zu gelangen, muss für den Veränderungsbetrag d gelten: d = 2⋅ Beispiel: n ⋅ A1 − ( K 0 − K n ) n( n − 1) Man will die Maschine für Nickelnieten nach 10 Jahren von 50.000 auf 10.000 abschreiben. Der erste Abschreibungsbetrag A1 soll 5.125 € sein. 31 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften d = 2⋅ 10 ⋅ 5.125 − (50.000 − 10.000 ) 10(10 − 1) = 250 r Damit die arithmetisch degressive Abschreibung „funktioniert“, d.h., damit die Abschreibungsraten fallen und auch in Periode n noch etwas abgeschrieben werden kann, muss für den ersten Abschreibungsbetrag folgende Bedingung gelten: K0 − Kn K − Kn < A1 < 2 ⋅ 0 n n Beispiel: Der Abschreibungsbetrag könnte im gewählten Beispiel der Maschine für Nickelnieten zwischen 50.000 − 10.000 10 < A1 < 2 ⋅ 50.000 − 10.000 10 , d.h. zwischen 4.000 und 8.000 liegen. r 3.3 Geometrisch degressive Abschreibung Manchmal ist es sachlich nicht einzusehen, dass ein immer größerer Anteil vom Buchwert abgeschrieben wird. Im Beispiel der linearen Abschreibung der Nickelnietenmaschine werden im 10. Jahr fast 30% des Buchwertes aus dem 9. Jahr in Höhe von 14.000 € abgeschrieben. Bei der geometrisch degressiven Abschreibung wird erzwungen, dass der Abschreibungsbetrag Am ein fester Prozentsatz pm des Buchwertes der Vorperiode ist. pm = p = Am ⋅ 100 = const. K m −1 Setzt man für Am = K m −1 − K m ein, löst die Gleichung nach K m auf und ersetzt K m −1 schrittweise, bis man nur noch K 0 auf der rechten Gleichungsseite hat, so erhält man die Folge der Restwerte bei geometrisch degressiver Abschreibung. 32 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften p K m = K 0 ⋅ 1 − 100 m für m = 1,..., n Für die Abschreibungsbeträge bei geometrisch degressiver Abschreibung ergibt sich: Am = K m −1 − K m = K m −1 ⋅ p 100 bzw. p Am = K 0 ⋅ 1 − 100 m −1 ⋅ p 100 Die Abschreibungsbeträge einer geometrisch degressiven Abschreibung bilden eine geometrische Folge, und zwar eine Nullfolge. Der Restwert 0 kann zwar durch die geometrisch degressive Abschreibung nie ganz erreicht werden, man kann aber immer nach einer gewissen Anzahl von Perioden auf eine andere Abschreibungsart umstellen, so dass der Restwert von 0 doch noch erreicht wird. Beispiel: Im o.g. Beispiel der Maschine für Nickelnieten ergibt sich bei geometrisch degressiver Abschreibung und einer vorgegebener Nutzungsdauer von 10 Jahren: m 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Km 50.000 42.567 36.239 30.852 26.265 22.361 19.037 16.207 13.797 11.746 10.000 Am 7.433 6.328 5.387 4.586 3.905 3.324 2.830 2.409 2.051 1.746 p mN 14,87 12,66 10,77 9,17 7,81 6,65 5,66 4,82 4,10 3,49 pm 14,87 14,87 14,87 14,87 14,87 14,87 14,87 14,87 14,87 14,87 r 33 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Vergleich von linearer, arithmetisch degressiver und geometrisch degressiver Abschreibung Km 50.000 45.000 40.000 35.000 30.000 25.000 20.000 15.000 10.000 m 0 1 2 3 4 5 6 7 Restwerte lineare Abschreibung Restwerte arithmetisch degressive Abschreibung Restwerte geometrisch degr. Abschreibung 8 9 10 Die Gleichung der Folge der Restwerte bei geometrisch degressiver Abschreibung p K m = K 0 ⋅ 1 − 100 m lässt sich nach allen in ihr vorkommenden Variablen auflösen, um unterschiedliche Fragestellungen zu beantworten. Auflösung nach p : Bei vorgegebenen Werten für die Nutzungsdauer n , den Neuwert K 0 und den Restwert K n ergibt sich für den Abschreibungsprozentsatz p : K p = 1 − n n ⋅100 K0 Beispiel: Im Beispiel der Maschine für Nickelnieten ergibt sich bei einer Nutzungsdauer von 10 Jahren ein Abschreibungsprozentsatz 10.000 p = 1 − 10 ⋅ 100 = 14,87% 50.000 r 34 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Auflösung nach n : Bei vorgegebenen Werten für den Abschreibungsprozentsatz p , den Neuwert K 0 und den Restwert K n ergibt sich für die Anzahl der erforderlichen Abschreibungsperioden oder die Nutzungsdauer n (Achtung: da n oft nicht ganzzahlig ist, schreibt man besser x für n !) x= Beispiel: ln K n − ln K 0 p ln1 − 100 Im Beispiel der Nickelnieten ergibt sich für die Nutzungsdauer x= ln 10.000 − ln 50.000 = 10 , d.h. 10 Jahre. 14,87 ln1 − 100 r Beispiel: In spätestens wie vielen Jahren ist eine Fabrikeinrichtung für die Herstellung von Linkshänder-Nähmaschinen mit einem Anschaffungswert von 600.000 € bei geometrisch degressiver Abschreibung mit einem Abschreibungssatz von 15% auf einen Restwert von 40.000 € abgeschrieben? x= ln 40.000 − ln 600.000 = 16,66 , d.h. 17 Jahre 15 ln1 − 100 r Nach dem EstG berechnet sich der maximale Abschreibungssatz bei der geometrisch degressiven Abschreibung aus dem kleineren Wert zwischen - dem Doppelten des Abschreibungssatzes bei linearer Abschreibung - aber maximal 20%. Beispiel: Eine Maschine mit Anschaffungskosten von 100.000€ und 20 Jahren Laufzeit soll geometrisch-degressiv mit dem maximalen Abschreibungssatz abgeschrieben werden. 35 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Abschreibungssatz bei linearer Abschreibung: 100.000 − 0 = d = 5.000 20 d 5.000 ⋅100 = ⋅100 = p = 5% K0 100.000 Min{2⋅5%;20%}=10%. r 4. Rentenrechnung 4.1 Begriffe der Rentenrechnung Definition: Unter eine Rente versteht man einen Zahlungsstrom, in gleichen Abständen in gleicher Höhe regelmäßig wiederkehrend Die Gesamtheit der Zahlungen heißt Rente. Die einzelne Zahlung heißt Rentenrate. r Definition: Der Abstand zwischen zwei Rentenzahlungen heißt Rentenperiode (z.B. 1 Monat bei „Rentnern“, 1 Jahr bei den meisten hier verwendeten Beispielen). Es gibt nachschüssige Renten am Ende (üblicher Fall) und vorschüssige Renten am Anfang der Rentenperiode. r Bemerkung: Wenn das Kapital länger als eine Zinsperiode angelegt wird, wird zinseszinslich verzinst. Wenn das Kapital kürzer als eine Zinsperiode angelegt wird, wird einfach verzinst. 36 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Übersicht über die verwendeten Rentenformen Abschnitt 4.2 Abschnitt 4.3 Abschnitt 4.4 Rentenperiode 1 Jahr 1 Jahr m unterjährige Perioden Vor- oder nachschüssige Zahlung nach vor nach Verzinsung Zinseszins Zinseszins bis zu einem Jahr: einfach, danach zinseszinslich Laufzeit Bemerkungen begrenzt begrenzt Standardfall mit Verschiebung RBF und REF sämtlicher Zahlungen um eine Periode nach vorne Abschnitt 4.5 1 Jahr nach Zinseszins begrenzt ewig zuerst Umrechung in Euler hypothetische, konforme Jahresrente, dann "Standardfall" 4.2 Jährliche konstante nachschüssige Rente bei fester Laufzeit Die Rentenrate wird zum Ende der jeweiligen Rentenperiode (des Jahres) ausgezahlt. Ab diesem Zeitpunkt werden die Rentenraten mit dem Zinssatz i zinseszinslich mitverzinst. Bei einer Laufzeit von n Rentenperioden werden n Rentenraten gezahlt.. Beispiele: (1) Theo Knapp bringt 5 Jahre lang einmal jährlich am Jahresende 100 € zur Bank, die diese Einzahlungen bei 5% Zinseszinsen ansammelt. Welcher Betrag wird Theo nach Ablauf von 5 Jahren zur Verfügung stehen (Rentenendwert)? (2) Aus einem Lottogewinn stehen Berta Gierig für die nächsten 10 Jahre jährliche Zahlungen in Höhe von je 10.000 € zu. Welchen Wert hat dieser Lottogewinn heute, wenn von 6% Zinseszinsen ausgegangen wird, d.h. mit welchem Betrag könnte Berta heute ihre Rente kapitalisieren lassen (Rentenbarwert)? (3) In 18 Jahren sollen dem neugeborenen Kind Benjamin der Familie Ver’Wöhn 25.000 € zur Verfügung stehen. Wie hoch müssen die jährlichen Raten sein, die die Ver’Wöhns während der nächsten 18 Jahre bei 5% Zinsen einzahlen müssen, damit nach 18 Jahren exakt der gewünschte Betrag für Benjamin zur Verfügung steht? (4) Dem selbständigen Marktforscher Kain Risiko werden aus einer Lebensversicherung an seinem 65. Geburtstag 100.000 € ausgezahlt. Diesen Betrag möchte Kain Risiko verrenten. Er legt ihn zu 6% Zinseszinsen bei einer Bank mit der Maßgabe an, ihm jährlich 10.000 € 37 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften auszuzahlen. Wie lange dauert es, bis das Kapital aufgezehrt ist (Rentendauer)? Symbole r n i R0 Rn Bedeutung konstante Rentenrate ganzzahlige Laufzeit Zinssatz Barwert der nachschüssigen Rente Endwert der nachschüssigen Rente R0 ' Barwert der vorschüssigen Rente Rn ' Endwert der vorschüssigen Rente Beispiel 1.000 € 10 Jahre 0,04 25.000 € 37.006 € 4.2.1 Rentenendwertformel Beispiel: Theo Knapp bringt am Ende eines jeden Jahres 100 € zur Sparkasse, die diese Einzahlungen mit 5% verzinst. Welcher Betrag wird Theo nach Ablauf von 5 Jahren zur Verfügung stehen? Herleitung der nachschüssigen Rentenendwertformel (REF): Allgemein gilt: Rn = r + r ⋅ q + r ⋅ q 2 + ... + r ⋅ q n −1 , Ausklammern von r liefert: ( Rn = r ⋅ 1 + q + q 2 + ... + q n −1 q = 1+ i ) n Glieder einer geometrischen Reihe mit dem Anfangsglied a1 = 1 und dem konstanten Faktor q ! Für die Berechnung der Summe der geometrischen Reihe Summenformel verwenden! Nachschüssige REF: Rn = r ⋅ qn −1 q −1 qn −1 Der Ausdruck wird als nachschüssiger Rentenendwertfaktor q −1 bezeichnet. 38 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Beispiel: In o.g. Beispiel erhält Theo 100 ⋅ 1,055 − 1 = 552,56 € . 1,05 − 1 r nachschüssige Rentenendwertfaktoren n 2 p=1% 2,0100 3,0301 4,0604 5,1010 6,1520 7,2135 8,2857 9,3685 10,4622 p=2% 2,0200 3,0604 4,1216 5,2040 6,3081 7,4343 8,5830 9,7546 10,9497 3 2,0300 3,0909 4,1836 5,3091 6,4684 7,6625 8,8923 10,1591 11,4639 4 2,0400 3,1216 4,2465 5,4163 6,6330 7,8983 9,2142 10,5828 12,0061 5 2,0500 3,1525 4,3101 5,5256 6,8019 8,1420 9,5491 11,0266 12,5779 6 2,0600 3,1836 4,3746 5,6371 6,9753 8,3938 9,8975 11,4913 13,1808 7 2,0700 3,2149 4,4399 5,7507 7,1533 8,6540 10,2598 11,9780 13,8164 8 2,0800 3,2464 4,5061 5,8666 7,3359 8,9228 10,6366 12,4876 14,4866 9 2,0900 3,2781 4,5731 5,9847 7,5233 9,2004 11,0285 13,0210 15,1929 10 2,1000 3,3100 4,6410 6,1051 7,7156 9,4872 11,4359 13,5795 15,9374 3 4 5 6 7 8 9 10 Erhält man eine Rente für die Dauer von 5 Jahren bei 6% Zinseszinsen, so beträgt der Rentenendwert das 5,6371-fache der Rentenrate. 4.2.2 Rentenbarwertformel Neben dem Endwert einer Rente interessiert auch häufig deren Barwert. Beispiel: Berta Gierig möchte bereits heute über den Gesamtwert ihrer Rente abzüglich der zu zahlenden Zinsen verfügen. Aus dem errechneten Endwert Rn des Rentenvorgangs, der Laufzeit n und der Verzinsung mit p % bzw. i kann der Rentenbarwert ermittelt werden. 39 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Man zinst den zum Endzeitpunkt feststehenden Rentenendwert auf den Anfangszeitpunkt, d.h. den Beginn der Rente ab. R0 = Rn ⋅ 1 qn Der Endwert muss im o.g. Beispiel noch errechnet oder die Rentenendwertformel eingesetzt werden. Die nachschüssige Rentenbarwertformel (RBF) lautet: R0 = r ⋅ Beispiel: qn −1 1 ⋅ q −1 qn Der Endwert von Berta Gierigs Lottogewinn beträgt 10.000 ⋅ 1,0610 − 1 = 131.807 ,95 € . 1,06 − 1 Der Barwert Bertas Lottogewinns beträgt 131.807 ,95 = 73.600 ,87 € . 1,0610 Sie könnte sich also 73.600,87 € sofort auszahlen lassen. r nachschüssige Rentenbarwertfaktoren n 2 3 4 5 6 7 8 9 10 p=1% 1,9704 2,9410 3,9020 4,8534 5,7955 6,7282 7,6517 8,5660 9,4713 P=2% 1,9416 2,8839 3,8077 4,7135 5,6014 6,4720 7,3255 8,1622 8,9826 3 1,9135 2,8286 3,7171 4,5797 5,4172 6,2303 7,0197 7,7861 8,5302 4 1,8861 2,7751 3,6299 4,4518 5,2421 6,0021 6,7327 7,4353 8,1109 5 1,8594 2,7232 3,5460 4,3295 5,0757 5,7864 6,4632 7,1078 7,7217 6 1,8334 2,6730 3,4651 4,2124 4,9173 5,5824 6,2098 6,8017 7,3601 7 1,8080 2,6243 3,3872 4,1002 4,7665 5,3893 5,9713 6,5152 7,0236 40 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 8 1,7833 2,5771 3,3121 3,9927 4,6229 5,2064 5,7466 6,2469 6,7101 9 1,7591 2,5313 3,2397 3,8897 4,4859 5,0330 5,5348 5,9952 6,4177 10 1,7355 2,4869 3,1699 3,7908 4,3553 4,8684 5,3349 5,7590 6,1446 Erhält man eine Rente für die Dauer von 8 Jahren bei 8% Zinseszinsen, so beträgt der Rentenbarwert das 5,7466-fache der Rentenrate. Man könnte sich also heute das 5,4766-fache der Rentenrate auszahlen lassen. Beispiel: Eine Steuerberaterin kauft die Praxis eines älteren Kollegen und muss als Kaufpreis 10 Jahre lang jährlich nachschüssig 12.500 € an ihn zahlen. Durch welchen Betrag könnte sich die Steuerberaterin sofort „freikaufen“, wenn mit 8% Zinseszinsen kalkuliert wird? Mit dem 6,7101-fachen der Jahresrate, 6,7101⋅12.500 = 83.876,25 € könnte sich die Steuerberaterin sofort „freikaufen“. Alternativ kann man mit der Rentenbarwertformel rechnen: R0 = 12.500 ⋅ 1,0810 − 1 1 ⋅ = 83.876,02 € 1,08 − 1 1,0810 (Die Beträge weichen durch Rundungsfehler voneinander ab. Der korrekte Rentenbarwertfaktor lautet eigentlich 6,7100813989) r Beispiel: Familie Ver’Wöhn fragt nach den Raten der Rentenzahlung. Dazu muss die Rentenendwertformel nach r aufgelöst werden. r = Rn ⋅ r = 25.000 ⋅ q −1 qn − 1 1,05 − 1 = 888,66 € . 1,0518 − 1 Familie Ver’wöhn müsste jährlich 888,66 € einzahlen, damit Benjamin nach 18 Jahren über 25.000 € verfügen kann. r Beispiel: Die Rentendauer für Kain Risiko errechnet sich aus der Auflösung der Rentenbarwertformel nach n bzw. nach x , da nicht immer ganzzahlig. Man rechnet aus, zu welchem Zeitpunkt die letzte Rentenzahlung erfolgen kann. 41 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Aus R0 = r ⋅ qn −1 1 ⋅ folgt q −1 qn r ⋅ q n − r = R 0 ⋅ q n ⋅ (q − 1) r ⋅ q n = R0 ⋅ q n ⋅ i + r r = − R0 ⋅ q n ⋅ i + r ⋅ q n r = q n ⋅ (− R 0 ⋅ i + r ) qn = r r − R0 ⋅ i r ln r − R0 ⋅ i x= ln q 10.000 ln 10.000 − 100.000 ⋅ 0,06 ln 2,5 x= = = 15,73 Jahre ln 1,06 ln 1,06 Nach gut 15 Jahren ist das Kapital von Kain Risiko aufgebraucht! r 4.3 Jährliche vorschüssige konstante Rente bei fester Laufzeit Die Rentenrate wird zu Beginn der jeweiligen Rentenperiode (des Jahres) ausgezahlt. Ab diesem Zeitpunkt werden die Rentenraten mit dem Zinssatz i zinseszinslich mitverzinst. Bei einer Laufzeit von n Rentenperioden werden n Rentenraten gezahlt (genau wie bei der nachschüssigen Rente). Jede Zahlung erfolgt genau eine Periode früher als im nachschüssigen Fall. Die vorschüssige Rentenrate errechnet sich aus der nachschüssigen durch r' = r ⋅ q mit r’ die jährliche vorschüssige Zahlung und r die jährliche nachschüssige Zahlung. Die vorschüssige Rentenendwertformel ergibt sich als: 42 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften q n +1 − q Rn = r ⋅ q −1 ' mit r die vorschüssige Rentenrate. Die vorschüssige Rentenbarwertformel lautet dann: ' R0 = r ⋅ q n +1 − q 1 ⋅ q −1 qn mit r die vorschüssige Rentenrate. Bemerkung: Auch bei der vorschüssigen Rentenbarwertformel wird genau n Perioden abgezinst! r Beispiel: Durch eine geschickte Einkommensteuererklärung erhält Herr Ausgefuchst jeweils zum Jahresanfang 1.000€ Einkommensteuerrückzahlung. Wie viele Jahre muss er bei 6% Zinsen jährlich das Geld anlegen, bis das angewachsene Kapital samt Zinsen 100.000 € übersteigt? Auflösen der vorschüssigen Rentenendwertformel nach n: ' Rn ( q − 1) = r ( q n +1 − q ) ' Rn i r ' Rn i r = ( q n +1 − q ) + q = q n +1 Rn ' i ln + q r −1 = n ln q 100000 ⋅ 0,06 ln + 1,06 1000 − 1 = 32,54 ln 1,06 Nach 33 Jahren hat Herr Ausgefuchst die 100.000€ überschritten. r 43 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 4.4 Unterjährige konstante Raten bei fester Laufzeit und jährlicher Verzinsung Der typische „Rentner“ erhält seine Rente nicht einmal im Jahr sondern monatlich. Bei der unterjährigen Rente werden periodisch in jedem Jahr m Rentenraten gezahlt (z.B. m = 4 Quartale oder m = 12 Monate). Theoretisch können eine nachschüssige und eine vorschüssige Zahlung der Rente unterschieden werden. Darüber hinaus unterscheidet man eine jährliche Verzinsung von einer unterjährigen Verzinsung. - - Übereinstimmung von Zins- und Rentenperiode (z.B. Monatszinsen und monatliche Rente) Abweichung von Zins- und Rentenperiode (z.B. Quartalszinsen und monatliche Rente oder Monatszinsen und Quartalsrente.) Im weiteren wird nur eine nachschüssige Rente mit m Raten pro Jahr bei jährlicher Verzinsung betrachtet. Wichtige Anwendungsbeispiele sind: Rechnungen zur Wirtschaftlichkeit von Investitionen Analyse von Betriebsrenten Die m mal jährlich nachschüssig fließenden Rentenraten sind bei einer jährlichen Zinsperiode durch Aufzinsen in eine konforme nachschüssige Jahresrente re umzuwandeln. Erinnern Sie: Bei jährlichen Zinszahlungen werden innerhalb des Jahres keine Zinseszinsen berechnet! Daraus folgt: Die Aufzinsung der m unterjährigen Rentenraten erfolgt wie bei der einfachen Verzinsung! Erläuterung:Die Bank gewährt die Zinszahlungen pro Jahr, die Einzahlungen erfolgen jedoch m mal unterjährig. Die im Laufe des Jahres eingezahlten Beträge werden deshalb nicht mit Zinseszinsen sondern nur mit einfachen Zinsen verzinst. Die erste Rentenrate eines Jahres ist bei bspw. Monatsraten noch für 11 Monate angelegt, die zweite für 10 Monate usw. und die letzte, die 44 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften genau zum Jahresende eingezahlt wird, wird im betrachteten Jahr gar nicht mehr verzinst. Die Summe der m aufgezinsten unterjährigen Rentenraten r entspricht der nachschüssigen konformen Jahresrente re. re = i (m − 1) ⋅ i 3⋅i 2⋅i r + r ⋅ 1 + + r ⋅ 1 + + ... + r ⋅ 1 + + r ⋅ 1 + m m m m i⋅r ⋅ (1 + 2 + 3 + ... + m − 1) m i ⋅ r ( m − 1) ⋅ m = r ⋅m + ⋅ m 2 = r ⋅m + re = Interpretation: Beispiel: i ⋅ (m − 1) r ⋅ m + 2 Aus den m unterjährigen Zahlungen werden konforme (=gleichwertige) jährliche Ersatzzahlungen errechnet. Ein Fußballspieler erhält von seinem ehemaligen Verein 5 Jahre lang eine vierteljährliche nachschüssige Rente von 100 €. Welches Kapital besitzt der Spieler bei 6% jährlichen Zinseszinsen nach 5 Jahren? Die konforme (jährliche) Ersatzrentenrate beträgt: 0,06 ⋅ (4 − 1) re = 100 ⋅ 4 + = 409 € 2 Durch Addition der konformen Ersatzrentenraten ergibt sich der Endwert der Rente (das Endkapital) Rn : Rn = re ⋅ qn −1 i ⋅ (m − 1) q n − 1 = r ⋅ m + ⋅ q −1 2 q −1 Alternativ: Aus Tabelle der Rentenendwertfaktoren: qn −1 = 5,6371 q −1 Rn = 409 ⋅ 5,6371 = 2.305,57 € r 4.5 Ewige Rente mit konstanten Raten 45 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Definition: Wird für die Rente kein Endtermin und damit bei den jährlichen Renten kein endlicher Wert für n vereinbart, so bezeichnet man die Rentenverpflichtung als ewige Rente. r Der Endwert einer ewigen Rente ist unendlich groß! Man kann also sinnvollerweise nur den Barwert und die Höhe der Rentenrate einer ewigen Rente betrachten. Üblicherweise wird von jährlichen nachschüssigen Rentenraten ausgegangen. Bei einer ewigen Rente kann man sich vorstellen, dass sie aus den Zinsen eines sehr großen Kapitalbestands gezahlt wird. Der Kapitalbestand muss so groß sein, dass man aus den darauf entfallenden Zinsen unbegrenzt viele Perioden lang Rentenraten zahlen kann. Offensichtlich ist das nur dann der Fall, wenn durch die Rentenzahlungen der ursprüngliche Kapitalbestand nicht geschmälert wird. Das bedeutet, dass die Rentenzahlungen ausschließlich aus den Zinsen finanziert werden. Beispiel: Wird zwischen den beiden Grundstückseigentümern Herr Zufuß und Frau Mitweg vereinbart, dass Herr Zufuß für ein Wegerecht jährlich nachschüssig je 100 € auf unbegrenzte Zeit an Frau Mitweg zahlen muss, ist der Barwert der ewigen Rente der Kapitalbetrag, mit dem Herr Zufuß die gesamte Rentenverpflichtung sofort ablösen kann. Frau Mitweg könnte diesen Barwert zu einem vereinbarten Zinssatz i bei einer Bank anlegen, die ihr aus dem Zinserlös am Ende eines jeden Jahres 100 € auszahlt. Herr Zufuß wird dabei den zu zahlenden Kapitalbetrag so bemessen, dass dessen Zinserträge nach einem Jahr genau 100 € ausmachen. r Herleitung: Zur Ermittlung des Barwertes müssen alle zukünftigen Rentenraten auf den Anfangszeitpunkt der Betrachtung abgezinst werden. Aus den abgezinsten Beträgen wird dann die Summe gebildet. 2 3 1 1 1 R0 = r ⋅ + r ⋅ + r ⋅ + ... 1+ i 1+ i 1+ i Ausklammern von r ergibt: 1 1 2 1 3 R0 = r ⋅ + + + ... 1 + i 1 + i 1 + i 46 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Der Ausdruck in der eckigen Klammer ist eine unendliche geometrische Reihe mit dem Anfangsglied a1 = 1 1 und dem konstanten Faktor < 1. 1+ i 1+ i Verwendet man für die Umrechnung die Formel für die geometrische Reihe mit dem konstanten Faktor 1 < 1: 1+ i 1 1− 1+ i s n = a1 ⋅ 1 1− 1+ i n n 1 wird für n → ∞ Null), , ( 1+ i so erhält man 1 1 1 1 ⋅ = ⋅ = 1 1+ i 1+ i 1+ i i − 1+ i 1+ i 1+ i Durch Einsetzen des Wertes der eckigen Klammer 1 i 1 in die Formel für R0 ergibt sich i als Barwert der ewigen Rente: R0 = r i r Beispiel: Für die Verpachtung des Audimax an einen Sportverein für Papierschwalbenweitflug muss der Verein der Hochschule eine ewige Rente von 2.000 € jährlich nachschüssig zahlen. Wie groß ist der Barwert dieser Rente, wenn mit 8% Jahreszinsen gerechnet wird? R0 = 2.000 = 25.000 € 0 ,08 r Beispiel: Der Barwert einer ewigen Rente, die jährlich nachschüssig fällig ist, betrage 50.000 €. Wie hoch sind bei 7,5% Jahreszins die Rentenraten? 50.000 = r , 0 ,075 r = 3.750 € r 47 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Beispiel: Ein reicher Erbonkel hat 25.000 € übrig. Bei welchem Jahreszins kann er seiner arbeitslosen Nichte, jährlich nachschüssig eine ewige Rente in Höhe von je 1.500 € finanzieren, damit sie trotz knapper Kasse jedes Jahr für 4 Wochen nach Mallorca fliegen kann? 25.000 = 1.500 , i i = 0,06 r 48 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 5. Tilgungsrechnung 5.1 Begriffe der Tilgungsrechnung Gegenstand der Tilgungsrechnung ist ein von einem Gläubiger (z.B. Bank) an einen Schuldner (z.B. Bankkunde) ausgeliehener Geldbetrag S (Schuld, Darlehen, Kredit). Der Geldbetrag soll in regelmäßigen Beträgen (Annuitäten Ak) schrittweise zurückgezahlt werden. In jeder Annuität ist ein Rückzahlungsbetrag (Tilgungsanteil Tk) und ein Zinsbetrag Zk enthalten. „Gezahlt wird immer die Annuität!“. Je größer der Tilgungsanteil in einer Annuität ist, umso schneller wird die Schuld zurückgezahlt. Je größer der Tilgungsanteil in einer Annuität ist, umso kleiner ist der Schuldenstand Sk nach einer gewissen Laufzeit k. Symbole Bedeutung n Tk RS k Laufzeit des Kredits in Jahren Tilgungsrate am Ende des Jahres k , k=1,...,n Zinszahlung für das Jahr k (nachschüssig) Annuität für das Jahr k , Ak = Tk + Z k Schuldenstand zu Beginn des Jahres k Sk S i iT Schuldenstand am Ende des Jahres k Gesamtschuld, Schuldenstand am Ende des Jahres 0 Nominalzinssatz des Kredites Tilgungssatz (bei Prozentannuitätentilgung) Zk Ak Außerdem gilt: Der Schuldenstand zu Beginn des ersten Jahres stimmt mit dem Betrag der Schuld überein: RS1 = S Am Ende des Jahres n ist die Schuld getilgt und es fallen keine weiteren Zahlungen mehr an. S n = 0 = RS n +1 Die Restschuld verringert sich um die jeweiligen Tilgungszahlungen RS k = S − (T1 + T2 + T3 + ... + Tk −1 ) = S − ( A1 − Z 1 ) − ... − ( Ak −1 − Z k −1 ) Der Tilgungsplan ist eine tabellarische Darstellung von Restschuld RS k , Zins Z k , Tilgung Tk und Annuität Ak für jede Periode k . 49 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Beispiel eines Tilgungsplanes: k RS k Zk Tk Ak Sk 1 2 3 S S − T1 S ⋅i (S − T1 ) ⋅ i T1 T2 T1 + Z1 T2 + Z 2 S − T1 S − T2 − T1 S − T3 − T2 − T1 n n +1 Tn Tn ⋅ i Tn Tn + Z n 0 0 Zu Beginn des Jahres 2 hat der Schuldenstand den Wert der Gesamtschuld minus der Tilgung aus dem Jahr 1. Die Zinszahlungen betragen den Wert des Schuldenstandes mal Zinssatz. Die Annuität des Jahres 2 setzt sich aus der Tilgung und der Zinszahlung des Jahres 2 zusammen. Der Schuldenstand am Ende des Jahres 2 entspricht der Gesamtschuld minus den Tilgungen aus den Jahren 1 und 2. Zu Beginn des letzten Jahres n beträgt der Schuldenstand noch genau eine Tilgung. Wenn man im Laufe des letzten Jahres noch einmal tilgt (plus den entsprechenden Zinsen), ist man schuldenfrei. Im letzten Jahr fallen Zinszahlungen in Höhe von einer Tilgung mal Zinssatz an. Die Annuität des letzten Jahres n setzt sich zusammen aus der Tilgung und der Zinszahlung des letzten Jahres. Der Schuldenstand am Ende des letzten Jahres ist 0, weil man im Laufe des letzten Jahres die letzte Tilgung und die letzten Zinsen gezahlt hat. Zu Beginn des neuen Jahres n + 1 ist man schuldenfrei. 5.2. Jährliche Ratentilgung Im Falle der Ratentilgung sind alle Tilgungsraten gleich hoch (ähnlich wie bei den Abschreibungsbeträgen der linearen Abschreibung), T1 = T2 = T3 = ... = Tn = T 50 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften wobei die Summe aller Tilgungen der Schuld S entsprechen muss, damit der n Schuldenstand zu Beginn des Jahres n + 1 = 0 ist, d.h. ∑ Tk = S . k =1 Es wird also die Forderung aufgestellt: Tk = T = S n für k = 1,..., n Die zu zahlenden Zinsen berechnen sich, indem der Zinssatz auf die Restschuld bzw. den Schuldenstand angewendet wird: Z k = RS k ⋅ i Die Schuld am Ende einer Periode bzw. die Restschuld am Anfang einer Periode errechnet sich über die Tilgungszahlung der Periode. S k = RSk − T oder S k = T ⋅ (n − k ) oder k S k = S ⋅ 1 − n Unter Verwendung von RS k = S k −1 k − 1 RS k = S ⋅ 1 − = T ⋅ (n − k + 1) n Durch die Festlegung der Tilgungsraten kann nun die jährliche Annuität berechnet werden. Ak = T + Z k Einsetzen von obigen Formeln T = Ak = S + RS k ⋅ i n Ak = S S + ⋅ (n − k + 1) ⋅ i n n S und Z k = RS k ⋅ i ergibt n 51 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Nach Umformen ergibt sich Ak = S ⋅ [1 + (n − k + 1) ⋅ i ] n Satz: Die gesamte Zinsbelastung bei der Ratentilgung ist: n n k =1 k =1 Z = ∑ Z k = i ⋅ ∑ RS k = i ⋅ n ⋅ (n + 1) n +1 ⋅T = i ⋅ S ⋅ 2 2 r Beweis: n n n k =1 k =1 k =1 i ⋅ ∑ RS k = i ⋅ ∑ T ⋅ (n − k + 1) = i ⋅ T ⋅ ∑ (n − k + 1) = i ⋅ T ⋅ [(n − 1 + 1) + (n − 2 + 1) + ... + (n − (n − 1) + 1) + (n − n + 1)] = i ⋅ T ⋅ [(n − 0 ) + (n − 1) + ... + (n − (n − 2 )) + (n − (n − 1))] = i ⋅ T ⋅ (1 + 2 + 3 + ... + n ) n = i ⋅ T ⋅ ⋅ (1 + n ) 2 Weil T = S n S n gilt: i ⋅ T ⋅ ⋅ (1 + n ) = i ⋅ ⋅ ⋅ (1 + n ) . n 2 n 2 r Für konkrete Vorgaben für die Schuld S , den Zinssatz i und die Laufzeit des Kredits n , kann nun ein konkreter Tilgungsplan aufgestellt werden. Beispiel: Der Student Anton Mobil benötigt 36.000 € für den Kauf eines Kleinwagens. Er nimmt zu Jahresbeginn zu 10% einen entsprechenden Kredit auf, der nach drei Jahren zurückgezahlt werden muss. Wie sieht der Tilgungsplan aus? Bleibt Anton noch Geld für den Kauf von MathematikLehrbüchern übrig? 52 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften k RS k Zk Tk Ak Sk 1 36.000 3.600 12.000 15.600 24.000 2 24.000 2.400 12.000 14.400 12.000 3 12.000 1.200 12.000 13.200 0 4 0 Σ=7.200 Die Zeile für das Jahr 4 kann man weglassen, da man am Ende des Jahres 3 (ebenso wie am Anfang des Jahres 4) bereits schuldenfrei ist. r Beispiel: Eine Schuld von 120.000 € soll bei einer jährlichen Verzinsung von 9,5% in 6 Jahren durch jährlich gleich hohe Tilgungsraten getilgt werden. Erstellen Sie den Tilgungsplan. Wie ändern sich die Annuitäten A5 und A6 , wenn im 5. und 6. Jahr der Zins plötzlich auf 10,5% steigt? k RS k Zk Tk Ak Sk 1 120.000 11.400 20.000 31.400 100.000 2 100.000 9.500 20.000 29.500 80.000 3 80.000 7.600 20.000 27.600 60.000 4 60.000 5.700 20.000 25.700 40.000 5 40.000 3.800 20.000 23.800 20.000 6 20.000 1.900 20.000 21.900 0 Fall der plötzlichen Zinserhöhung 5 40.000 4.200 20.000 24.200 20.000 6 20.000 2.100 20.000 22.100 0 r 53 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 5.3 Jährliche Annuitätentilgung Wie in den Beispielen der jährlichen Ratentilgung zu sehen ist, wird der Schuldner durch die Zahlung der Annuitäten in den ersten Jahren viel stärker belastet als in den späteren Jahren. Das liegt daran, dass zwar die Tilgungszahlungen in jedem Jahr gleich hoch ausfallen, die Zinszahlungen im Laufe der Zeit aber abnehmen, da die Restschuld im Laufe der Zeit ebenfalls kleiner wird (Erinnern Sie: Die Zinszahlungen errechnen sich aus Restschuld mal Zinssatz). Diese ungleichmäßige Belastung eines Schuldners in den unterschiedlichen Jahren, in denen er die Schuld zurückzahlt, kann unerwünscht sein. Bei der Annuitätentilgung ist die Belastung des Schuldners in jeder Tilgungsperiode gleich hoch. Nicht die Tilgungsraten, sondern die Annuitäten als Summe aus Tilgung und Zinsen sind in jeder Periode gleich hoch. Man unterscheidet exakte Annuitäten und Prozentannuitäten. 5.3.1 Exakte Annuitätentilgung Bei der exakten Annuitätentilgung (ebenso wie bei der Prozentannuitätentilgung) ist die Annuität konstant A1 = A2 = ... = An = A Wie hoch muss diese Annuität nun sein, damit am Ende der Laufzeit genau die Schuld einschließlich Zinsen zurückgezahlt wird? Dazu geht man von folgender Überlegung aus: Am Anfang der Kreditlaufzeit steht die ausgezahlte Schuldsumme S . Sie stellt damit einen Barwert dar: Idee: Interpretieren Sie die Schuld S als Rentenbarwert einer jährlich nachschüssigen Rentenzahlung in konstanter Höhe A , wobei die Laufzeit der Rente genau n Jahre beträgt. n Jahre lang wird eine Annuität A gezahlt. Wenn man diese Zahlungen addieren und aufzinsen würde, hätte man den Rentenendwert. 54 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Ohne Tilgung würde die Schuld bis zum Ende der Kreditlaufzeit auf einen bestimmten Endwert anwachsen Gesucht ist nun der konstante, in mehreren Raten zu zahlende gleichbleibende Betrag A , der im Laufe der n Jahre exakt auf dieselbe Summe wie der Endwert der Schuld S anwächst. Idee: Zur Veranschaulichung stelle man sich vor, dass die Schuldsumme auf einem Konto einschließlich der Zinsen auf einen Endwert anwächst. Auf einem anderen Konto sammelt der Schuldner seine Tilgungszahlungen verzinslich an. Am Ende der Kreditlaufzeit müssen die Beträge auf beiden Konten übereinstimmen, so dass das Guthaben des Schuldners gerade ausreicht, um die Schuld auf dem anderen Konto zu decken. Die Berechnung der konstanten Annuität entspricht also der Bestimmung einer qn −1 1 ⋅ nach r Rentenrate bei vorgegebenem Barwert (Erinnern Sie: R0 = r ⋅ q −1 qn q −1 auflösen ergibt: r = R0 ⋅ q n ⋅ n ). q −1 r entspricht hier der gesuchten Annuität A , der Rentenbarwert R0 entspricht der Schuldsumme S . Daraus folgt für die konstante Annuität A : A = S ⋅ qn ⋅ Der Annuitätenfaktor q n ⋅ q −1 qn −1 q −1 ist der Kehrwert des nachschüssigen qn −1 Rentenbarwertfaktors. Man kann nun auch folgende Fragestellung beantworten: Jemand kann eine jährliche Annuität A für einen Kredit aufbringen, der bei p % in n Jahren getilgt werden soll. Wie hoch kann der Kreditbetrag S gewählt werden? Solche Fragestellungen sind bspw. für Bauwillige interessant, die wissen möchten, welche Kredithöhe sie zur Finanzierung ihres Bauvorhabens aufnehmen können. Die Lösung erhält man, indem man die Formel A = S ⋅ qn ⋅ q −1 nach S auflöst. qn −1 55 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften qn −1 1 S = A⋅ ⋅ q −1 qn Man erhält: Übrigens: Letztgenannte Formel ist – bis auf die abweichende Symbolik - identisch qn −1 1 mit der nachschüssigen Rentenbarwertformel R0 = r ⋅ ⋅ q −1 qn Die Auflösung der o.g. Formel für die Annuität nach der Laufzeit n bzw. x lautet: x= ln A − ln T1 ln q Beweis: S ( q − 1) = A ⋅ ( q n − 1) ⋅ Z 1 = A ⋅ ( q n − 1) ⋅ 1 qn für die linke Seite gilt: S ( q − 1) = S ⋅ i = Z 1 1 qn Z 1 ⋅ q n = A ⋅ ( q n − 1) A ausmultiplizieren q n ⋅ Z1 = A ⋅ q n − A q n ⋅ Z1 − q n ⋅ A = A q n ausklammern ( A − Z1 )q n = A weil A − Z 1 = T1 gilt qn = A T1 Logarithmieren n ⋅ ln q = ln A − ln T1 bzw. n = ln A − ln T1 ln q r 56 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Annuitätenfaktoren bei verschiedenen Kreditlaufzeiten und Zinssätzen n 2 3 4 5 6 7 8 9 10 i 0,01 0,5075 0,3400 0,2563 0,2060 0,1725 0,1486 0,1307 0,1167 0,1056 0,02 0,5150 0,3468 0,2626 0,2122 0,1785 0,1545 0,1365 0,1225 0,1113 0,03 0,5226 0,3535 0,2690 0,2184 0,1846 0,1605 0,1425 0,1284 0,1172 0,04 0,5302 0,3603 0,2755 0,2246 0,1908 0,1666 0,1485 0,1345 0,1233 0,05 0,5378 0,3672 0,2820 0,2310 0,1970 0,1728 0,1547 0,1407 0,1295 0,06 0,5454 0,3741 0,2886 0,2374 0,2034 0,1791 0,1610 0,1470 0,1359 0,07 0,5531 0,3811 0,2952 0,2439 0,2098 0,1856 0,1675 0,1535 0,1424 0,08 0,5608 0,3880 0,3019 0,2505 0,2163 0,1921 0,1740 0,1601 0,1490 0,09 0,5685 0,3951 0,3087 0,2571 0,2229 0,1987 0,1807 0,1668 0,1558 0,1 0,5762 0,4021 0,3155 0,2638 0,2296 0,2054 0,1874 0,1736 0,1627 Beispiel: Bei einem Zinssatz von 7% ( i = 0,07 ) und einer Kreditlaufzeit von 5 Jahren muss der Schuldner 5 Jahre lang das 0,2439-fache der Schuld zurückzahlen. Bei einer Schuld von 10.000 € zahlt er fünf Jahre lang jeweils 2.439 € zurück. Probe: Insgesamt werden 5 ⋅ 2.439 € = 12.195 € gezahlt. Der Barwert dieses Betrags (abgezinst über 5 Jahre bei 7% Zinsen ist: R0 = r ⋅ 1,07 5 − 1 1 qn −1 1 ⋅ n , d.h. 2.439 ⋅ ⋅ = 2.439 ⋅ 4,1 = 10.000 . 1,07 − 1 1,07 5 q −1 q Der Barwert entspricht also exakt der ursprünglich ausgeliehenen Summe. r Beispiel: Einem Bauherrn wird eine Hypothek von 100.000 € bei 100% Auszahlung und 8,5% Jahreszins angeboten, die in 16 Jahren durch exakte Annuitätentilgung zurückgezahlt werden soll. Wie hoch ist die Annuität? 57 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Es gilt: S = 100.000, n = 16, p = 8,5%, i = 0,085, q = 1 + i = 1,085 Verwenden Sie: A = S ⋅ q n ⋅ A = 100.000 ⋅1,08516 ⋅ q −1 qn −1 1,085 − 1 = 100.000 ⋅ 0 ,1166135 = 11.661,35 € 1,08516 − 1 Der Bauherr muss jedes Jahr 11.661,35 € zurückzahlen, damit er nach 16 Jahren schuldenfrei ist. Der Tilgungsplan sieht wie folgt aus: Jahr k (1) RS k 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 100.000 96839 93409 89687 85649 81268 76514 71357 65761 59689 53101 45953 38198 29783 20654 10748 (2) Zk Tk 8.500 8.231 7.940 7.623 7.280 6.908 6.504 6.065 5.590 5.074 4.514 3.906 3.247 2.532 1.756 914 3.161 3.430 3.722 4.038 4.381 4.754 5.158 5.596 6.072 6.588 7.148 7.755 8.415 9.130 9.906 10.748 (3) (4) (3) = (2) ⋅ 0,085 (4) = (5) − (3) Ak Sk (5) (6) (6) = (2) − (4) 11.661,35 11.661,35 11.661,35 11.661,35 11.661,35 11.661,35 11.661,35 11.661,35 11.661,35 11.661,35 11.661,35 11.661,35 11.661,35 11.661,35 11.661,35 11.661,35 96.839 93.409 89.687 85.649 81.268 76.514 71.357 65.761 59.689 53.101 45.953 38.198 29.783 20.654 10.748 0 r 5.3.1.1 Formeln für die Restschuld RS k bzw. S k Hat man einen Tilgungsplan aufgestellt, kann man für jedes Jahr die Restschuld RS k bzw. S k −1 nach k Jahren, die Tilgungsrate Tk und die Zinsbelastung Z k im k -ten Jahr ablesen. Um diese Werte auch ohne Tilgungsplan ermitteln zu können, sind bestimmte Formeln nötig. 58 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Untersucht werden soll die Höhe der Restschuld S k zum Ende des k -ten Jahres, k ≤ n mit n =die Gesamtlaufzeit (Erinnern Sie: RS k = S k −1 ). Satz: Die Restschuld Sk ist identisch mit dem auf den Zeitpunkt k bezogenen Barwert aller noch zu zahlenden Annuitäten. Sk = A ⋅ 1 q n−k ⋅ q n−k − 1 q −1 Die Restschuld Sk in Abhängigkeit von der Startschuld S ist: qn − qk Sk = S ⋅ n q −1 oder Sk = S ⋅ q k − A ⋅ qk −1 q −1 r Beweis: Die Restschuld zum Ende des Jahres k beträgt: 1 1 1 S k = A ⋅ + A ⋅ 2 + ... + A ⋅ n − k q q q 1 1 1 = A ⋅ + 2 + ... + n − k q q q Beispiel: (siehe o.g. Tilgungsplan) k = 14, n − k = 16 − 14 = 2, S k = der Barwert der zwei noch zu zahlenden Annuitäten aus dem 15. und 16. Jahr. 1 1 1 1 S k = A ⋅ + 2 = 11.661,35 ⋅ + = 11.661,35 ⋅1,7711 = 20.653,58 € 2 1,085 1,085 q q r Die Summe der geometrischen Reihe in der eckigen Klammer ergibt unter Verwendung der Formel für die geometrische Reihe für den konstanten Faktor < 1: 1 1 1 1 q n−k − 1 + + ... + = ⋅ . q q2 q n − k q n − k q − 1 59 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Obigen Ausdruck kann man statt der eckigen Klammer in die Formel für S k einsetzen und erhält S k = A ⋅ 1 q n−k ⋅ q n−k − 1 . q −1 Setzt man nun für A den Ausdruck A = S ⋅ q n ⋅ q −1 von weiter vorne ein, so ergibt sich qn −1 die Restschuld zum Ende des Jahres k in Abhängigkeit von der Schuld S Sk = S ⋅ qn − qk qn −1 r Alternativ kann man die Formel auch für die Restschuld zu Beginn des Jahres k aufstellen (Erinnern Sie: S k = RS k +1 bzw. S k −1 = RS k ): RS k = S k −1 = S ⋅ Beispiel: q n − q k −1 qn −1 Die Restschuld zu Beginn des Jahres 12 (entspricht der Restschuld zum Ende des Jahres 11) beträgt: RS12 = S11 = 100.000 ⋅ 1,08516 − 1,08512−1 = 45.953,22 € . 1,08516 − 1 r 5.3.1.2 Formeln für die Tilgungsrate Tk Die Tilgungsrate in der k -ten Periode ist gleich der Annuität minus Zinsen, wobei sich die Zinsen errechnen als Zinssatz mal Restschuld RS k zu Beginn des Jahres k . Formal bedeutet das: Tk = A − Z k = A − RS k ⋅ i Setzt man nun für A und RS k die entsprechenden Formeln ein, so erhält man: Tk = S ⋅ q n ⋅ q −1 q n − q k −1 q n ⋅ i − q n ⋅ i + q k −1 ⋅ i − S ⋅ ⋅ i = S ⋅ qn −1 qn −1 qn −1 60 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Tk = S ⋅ Beispiel: q k −1 ⋅ (q − 1) qn −1 Aus dem o.g. Beispiel sei die Tilgungsrate des Jahres 9 zu bestimmen. Es gilt: T9 = 100.000 ⋅ 1,0859−1 ⋅ 0 ,085 = 6.071,71 € 1,08516 − 1 r 5.3.1.3 Formeln für die Zinsen im Jahre k Z k Die Zinsen, die in der k -ten Periode zu zahlen sind, ergeben sich aus der Annuität, vermindert um die Tilgungsrate Tk der k -ten Periode: Z k = A − Tk Setzt man für A und Tk die Formeln von weiter oben ein, so erhält man: Zk = S ⋅ qn ⋅ = q −1 q k −1 ⋅ (q − 1) − S ⋅ qn −1 qn −1 S ⋅ i ⋅ q n − S ⋅ i ⋅ q k −1 qn −1 Vereinfachung ergibt: Zk = S ⋅i ⋅ Beispiel: q n − q k −1 qn −1 Aus o.g. Beispiel sollen die Zinsen der 7. Periode bestimmt werden. Es gilt: Z 7 = 100.000 ⋅ 0 ,085 ⋅ 1,08516 − 1,0857 −1 = 100.000 ⋅ 0 ,085 ⋅ 0 ,7651 = 6.503,71 € 1,08516 − 1 r 61 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Beispiel: Ein Entwicklungsland erhält am 1.1.1986 einen Kredit in Höhe von 10.000.000 € zu 2,5% Zinsen. Dieser Kredit soll durch exakte Annuitätentilgung in 25 Jahren zurückgezahlt werden. Wie hoch ist die Annuität? Wie hoch ist die Restschuld am 1.1.1996? Wie hoch ist die Tilgungsrate des Jahres 1995? Wie hoch ist die Zinszahlung des Jahres 1998? Verwenden Sie: A = S ⋅ qn ⋅ q −1 , qn −1 Verwenden Sie: 10.000.000 ⋅1,02525 ⋅ RS k = S k −1 = S ⋅ RS11 = 10.000.000 ⋅ Verwenden Sie: Tk = S ⋅ T10 = 10.000.000 ⋅ Verwenden Sie: 1,025 − 1 = 542.759,21 € 1,02525 − 1 q n − q k −1 , qn −1 k = 11 1,02525 − 1,02510 = 6.720.106,80 € 1,02525 − 1 q k −1 ⋅ (q − 1) , qn −1 k = 10 1,0259 ⋅ 0,025 = 365.616,14 € 1,02525 − 1 q n − q k −1 Zk = S ⋅ i ⋅ n , q −1 Z13 = 10.000.000 ⋅ 0 ,025 ⋅ k = 13 1,02525 − 1,02512 = 149.030,62 € 1,02525 − 1 Die vier Formeln für Annuität, Restschuld, Tilgung und Zinszahlung hängen alle nur von der Gesamtschuld S , der Laufzeit n , der betrachteten Periode k und dem Zinssatz i ab. 62 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Jahr k RS k 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 10.000.000 9.707.241 9.407.163 9.099.582 8.784.313 8.461.161 8.129.931 7.790.420 7.442.422 7.085.723 6.720.107 6.345.350 5.961.225 5.567.496 5.163.924 4.750.263 4.326.261 3.891.658 3.446.190 2.989.586 2.521.566 2.041.846 1.550.133 1.046.127 529.521 (1) (2) Zk Tk 250.000 242.681 235.179 227.490 219.608 211.529 203.248 194.761 186.061 177.143 168.003 158.634 149.031 139.187 129.098 118.757 108.157 97.291 86.155 74.740 63.039 51.046 38.753 26.153 13.238 292.759 300.078 307.580 315.270 323.151 331.230 339.511 347.999 356.699 365.616 374.757 384.125 393.729 403.572 413.661 424.003 434.603 445.468 456.604 468.020 479.720 491.713 504.006 516.606 529.521 (3) (4) (3) = (2) ⋅ 0,025 (4) = (5) − (3) Ak Sk (5) (6) (6) = (2) − (4) 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 542.759 9.707.241 9.407.163 9.099.582 8.784.313 8.461.161 8.129.931 7.790.420 7.442.422 7.085.723 6.720.107 6.345.350 5.961.225 5.567.496 5.163.924 4.750.263 4.326.261 3.891.658 3.446.190 2.989.586 2.521.566 2.041.846 1.550.133 1.046.127 529.521 0 r 5.3.2 Prozentannuitäten Bei der Annuitätentilgung wird in jeder Tilgungsperiode eine gleich hohe Annuität gezahlt. Diese Annuitäten machen i.d.R. keine glatten Beträge aus. Zur Buchungsvereinfachung wird es jedoch oft gewünscht, dass die Annuitäten „runde“ Beträge ausmachen. 63 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Um diese runden Beträge der Annuitäten zu erhalten, bedient man sich der Tilgung mit Prozentannuitäten. Dabei legt man die Höhe der Annuität als bestimmten Prozentsatz von der ursprünglichen Gesamtschuld fest. A = (i + iT ) ⋅ S mit i der Nominalzinssatz des Kredits und iT der Tilgungssatz. Bei den Prozentannuitäten ergibt sich nach einer bestimmten Anzahl von Tilgungsperioden eine Restschuld, die kleiner ist als der Annuitätenbetrag. Diese Restschuld wird entweder zum gleichen Zeitpunkt bezahlt wie die letzte Annuität oder sie wird im darauffolgenden Jahr unter Berechnung von Zinsen getilgt. Satz: Die Tilgungsrate des Jahres k errechnet sich als: Tk = T1 ⋅ q k −1 = iT ⋅ S ⋅ q k −1 r Satz: Die Zinsen des Jahres k berechen sich als: Z k = A − Tk = (i + iT ) ⋅ S − iT ⋅ S ⋅ q k −1 r Satz: Für die Restschuld zum Beginn des Jahres gilt: ( ) i RS k = S ⋅ 1 − T q k −1 − 1 i r Satz: Die Restschuld am Ende eines Jahres k ist2: Sk = S ⋅ qk − A ⋅ qk −1 q −1 r Satz: Die Laufzeit des Kredites bei gegebenen Nominalzinsen i und Tilgungsprozentsätzen iT errechnet sich als3: 2 Die Formel ist dieselbe die, die bei der exakten Annuitätentilgung verwendet wird. 64 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften x= ln(i + iT ) − ln iT ln(1 + i ) Alternativ kann man auch die Formel für die Laufzeit aus der exakten Annuitätentilgung verwenden. x= ln A − ln T1 ln q r Frage: Kann man bei der Prozentannuitätentilgung eigentlich grundsätzlich die Formeln für die exakte Annuitätentilgung verwenden? Beispiel: Familie R.&E. Lax erhalten für den Anbau eines Wintergartens mit Swimming-Pool und Saunalandschaft ein Bauspardarlehen in Höhe von 80.000 €, das mit 5% jährlichem Darlehenszins belastet wird. Es wird eine nachschüssige Prozentannuität in Höhe von 12% der Ursprungsschuld vereinbart. Der Tilgungssatz beträgt also iT=0,07, der Nominalzins i=0,05. Damit ergibt sich als Annuität A = 80.000 ⋅ (0,05 + 0,07 ) = 9.600 € Familie R.&E. Lax muss pro Jahr 9.600 € zurückzahlen. Die Tilgungsraten nehmen im Laufe der Jahre immer mehr zu, die Zinsen auf die Restschuld nehmen im Laufe der Jahre immer mehr ab. Am Ende der Laufzeit besteht noch eine Restschuld in Höhe von 441,99€. Da die Belastung mit den Annuitäten gleichmäßig über die Jahre verteilt ist, kann sich Familie R.&E. Lax schon in frühen Jahren nach der Baumaßnahme neue Badehosen und Saunatücher leisten. 3 Man verwendet die Bedingung RSk+1=0 in der Formel RS k = S ⋅ 1 − ( ( ) iT k −1 q − 1 . Es reicht i ) i ⋅ 1 − T q k −1 − 1 =0 zu setzen. Daraus folgt nach Auflösen nach der Laufzeit x durch Umstellen und i Logarithmieren die o.g. Formel. 65 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Restschuld zu Beginn des Jahres Annuität k RS k = 0,12 ⋅ 80.000 Ak 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 80.000,00 74.400,00 68.520,00 62.346,00 55.863,30 49.056,47 41.909,29 34.404,75 26.524,99 18.251,24 9.563,80 9.600,00 9.600,00 9.600,00 9.600,00 9.600,00 9.600,00 9.600,00 9.600,00 9.600,00 9.600,00 9.600,00 Jahr (1) (2) Zinsen auf Restschuld die am Ende Tilgungsrate Restschuld des Jahres Abschlusszahlung (3) (4) = (3) − (5) (5) (6) = 0,05 ⋅ (2 ) = (2 ) − (4 ) Tk Zk Sk 5.600,00 5.880,00 6.174,00 6.482,70 6.806,84 7.147,18 7.504,54 7.879,76 8.273,75 8.687,44 9.121,81 4.000,00 3.720,00 3.426,00 3.117,30 2.793,17 2.452,82 2.095,46 1.720,24 1.326,25 912,56 478,19 74.400,00 68.520,00 62.346,00 55.863,30 49.056,47 41.909,29 34.404,75 26.524,99 18.251,24 9.563,80 441,99 (7 ) 441,99 r Beispiel: Gesucht ist nun die Tilgungsrate, die Zinsen des Jahres 8 und die Restschuld zum Beginn des des Jahres 8. Die Tilgungsrate des Jahres 8 beträgt: T8 = 0,07 ⋅ 80000 ⋅ 1,058−1 = 7879,76 Die Zinsen des Jahres 8 betragen: Z 8 = 9600 − 7879,76 = 1720,24 Die Restschuld zu Beginn des 8. Jahres beträgt: ( ) 0,07 RS 8 = 80000 ⋅ 1 − 1,058−1 − 1 = 34404,75 0,05 r Beispiel: Gesucht ist die Schuld zum Ende des Jahres 7. S 7 = 80000 ⋅ 1,05 7 − 9600 ⋅ 1,05 7 − 1 = 34404,75 1,05 − 1 66 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Der erste Summand gibt an, auf wie viel die Schuld S nach k Jahren angewachsen wäre. Der zweite Summand gibt den Endwert aller gezahlten Annuitäten an. r Beispiel: Gesucht ist die Laufzeit des Kredits Für das Beispiel mit dem Bauherrn ergibt sich eine Laufzeit x von x= ln( 0,12) − ln( 0,07 ) ln 9.600 − ln 5.600 = 11,047 oder x = = 11,047 . Die ln(1,05) ln 1,05 Tilgung erfolgt in 11 ganzen Jahren. Danach bleibt eine geringe Abschlusszahlung übrig. r Für die Bestimmung der Höhe der Abschlusszahlung zerlegt man die Laufzeit in einen ganzzahligen4 und einen nicht ganzzahligen Bestandteil. Bis zum Ende der ganzzahligen Periode sind nur volle Annuitäten zu zahlen. Die Abschlusszahlung ergibt sich als qn −1 AZ = S ⋅ q − A q −1 n Beispiel: 1,0511 − 1 AZ = 80.000 ⋅ 1,05 − 9.600 = 441,99 . 1,05 − 1 11 r 5.4 Sonderformen der Tilgungsrechnung In der Praxis ist die Gestaltung der Darlehen vielfältig durch Tilgungsfreie Zeiten Kreditgebühren Unterjährige Tilgung (nicht behandelt) Zinsverrechnungen (nicht behandelt) Zinsbindung und Disagio-Splitting (nicht behandelt) Diese Gestaltungsspielräume ermöglichen es den Banken einen Effektivzinssatz zu erzielen, der über dem Nominalzinssatz liegt. 4 Die Nachkommazahlen werden einfach abgeschnitten. 67 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 5.4.1 Tilgungsfreie Zeiten Bei manchen Darlehen gibt es zu Beginn einige tilgungsfreie Jahre, um den Schuldner zu Beginn der Laufzeit zu entlasten. Nach der tilgungsfreien Zeit läuft das Darlehen ganz normal als Ratenkredit oder als Annuitätendarlehen weiter. Die Gesamtlaufzeit beträgt dann n+ n~ mit n~ die tilgungsfreien Jahre. Wenn während der tilgungsfreien Zeit auch keine Zinsen gezahlt werden, erhöht ~ ~ sich die Schuld auf S = S (1 + i ) n . Wenn zumindest die Zinsen während der tilgungsfreien Jahre bezahlt werden, erhöht sich die Schuldensumme nicht. Die ersten n~ Annuitäten betragen dann: Ak = Z k = S ⋅ i für die tilgungsfreien Jahre 1 bis n~ . Beispiel: Frankreich gibt einem afrikanischen Entwicklungsland einen Kredit in Höhe von 20 Mio. € zu 2% Zinsen. Die Tilgung erfolgt nach 6 zahlungsfreien Jahren (keine Tilgungszahlungen, keine Zinszahlungen) ab dem 7. Jahr als Prozentannuitäten in Höhe von 10% der Ursprungsschuld. a) Wie groß ist die Schuld zu Beginn des 7. Jahres? b) Erstellen Sie den Tilgungsplan c) Nach wie vielen Jahren ist die Schuld getilgt? ~ ~ a) S = S (1 + i ) n = 20.000.000 ⋅ (1,02) 6 = 22.523.248,38 b) 68 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften k 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 Summe c) x = RSk 20.000.000 20.400.000 20.808.000 21.224.160 21.648.643 22.081.616 22.523.248 20.973.713 19.393.188 17.781.051 16.136.672 14.459.406 12.748.594 11.003.566 9.223.637 7.408.110 5.556.272 3.667.398 1.740.745 Zk 400.000 408.000 416.160 424.483 432.973 441.632 450.465 419.474 387.864 355.621 322.733 289.188 254.972 220.071 184.473 148.162 111.125 73.348 34.815 5.775.560 Tk Ak 1.549.535 1.580.526 1.612.136 1.644.379 1.677.267 1.710.812 1.745.028 1.779.929 1.815.527 1.851.838 1.888.875 1.926.652 1.965.185 2.000.000 2.000.000 2.000.000 2.000.000 2.000.000 2.000.000 2.000.000 2.000.000 2.000.000 2.000.000 2.000.000 2.000.000 2.000.000 Sk 20.400.000 20.808.000 21.224.160 21.648.643 22.081.616 22.523.248 20.973.713 19.393.188 17.781.051 16.136.672 14.459.406 12.748.594 11.003.566 9.223.637 7.408.110 5.556.272 3.667.398 1.740.745 -224.440 ln A − ln T1 ln 2.000.000 − ln 1.549.535 = = 12,89 . Kurz vor Ende des 12. Jahres ab ln q ln 1,02 Tilgungsbeginn ist die Schuld getilgt. Tilgungsbeginn ist erst im 7. Jahr, so dass noch 6 Jahre dazu addiert werden müssen. Die gesamte Schuld ist kurz vor Ende des 18. Jahres getilgt. Im 19. Jahr (aufrunden) ist die Schuld komplett getilgt. Man hat sogar etwas zu viel gezahlt. Der effektive jährlichen Zins5 bezogen auf die gesamte Laufzeit für den Kredit ist: 19 20.000000 + 5.775.560 − 224.440 − 1 = 0,013 . 20.000.000 Alleine bezogen auf die aufgerundeten 13 Jahre, in denen tatsächlich getilgt wird, beträgt er 13 20.000.000 + 5.775.560 − 224.440 − 1 = 0,019 . 20.000.000 r 5 Erinnern Sie: effektiver Zins= n das, was man nach n Jahren " rausbekommt" −1 das, was reingesteckt wurde 69 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 5.4.2 Kreditgebühren Um einen niedrigeren Zinssatz angeben zu können, werden die Darlehensnehmer mit Kreditgebühren belastet. Gebühren können einmalig am Beginn der Laufzeit, als konstante regelmäßige Gebühren, oder als Gebühren in Abhängigkeit von der Annuität, der Tilgung oder der Restschuld berechnet werden. Bei einmaligen Gebühren werden bspw. die Gebühren von der Kreditsumme ~ abgezogen, so dass der Schuldner nur den verminderten Betrag S = S − G erhält, obwohl er den Betrag S zurückzahlen muss. Oder bei einmaligen Gebühren werden die Gebühren auf die Kreditsumme ~ aufgeschlagen S = S + G . Der Schuldner erhält zwar S ausbezahlt, muss jedoch ~ S zurückzahlen. 6. Investitions- und Finanzierungsentscheidungen 6.1 Grundsätzliche Überlegungen Äquivalenzprinzip der Finanzmathematik: Benötigt man, wenn man Kapitalbeträge oder Zahlungen zu verschiedenen Zeitpunkten miteinander vergleichen will. Besagt, dass zwei Zahlungen A und B , wobei A im Zeitpunkt m und B im Zeitpunkt k erfolgt, dann gleichwertig sind, wenn ihre Zeitwerte zum gleichen Bezugszeitpunkt übereinstimmen6: A ∼ B ⇔ A ⋅ q k −m = B Um die Gleichwertigkeit zu beurteilen, muss immer ein gemeinsamer Bezugszeitpunkt festgelegt werden. Häufig ist das das Jahr 0 oder das Jahr n. 6 Mit Hilfe des Äquivalenzprinzips lässt sich auch noch eine neue (bessere?) Definition des Effektivzinssatzes finden: Derjenige nachschüssige Jahreszinssatz, für den zwei Zahlungsreihen aus Leistung und Gegenleistung äquivalent werden, heißt Effektivzinssatz. Beispiel: Sie legen 92,01 € an und erhalten nach 5 Jahren 135,20 € (43,18 € Zinsen + 92,10 € Kapital). Das ergibt einen Effektivzins von 8%. Denselben Effektivzins erzielen Sie, wenn Sie 92,01 € anlegen und 5 mal 6 € jährliche Zinsen erhalten und am Ende des 5. Jahres 100 € zurückbekommen. Das Beispiel finden Sie in Kapitel 7.2 wieder. 70 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften ~ A B 2008 Beispiel: 2012 Zu welcher Zahlung B , die nach 6 Jahren erfolgen soll, ist eine Zahlung A von 100 € nach zwei Jahren gleichwertig? i betrage 0,07. A = 100, q = 1,07, B = A ⋅ q k −m , m = 2, k =6 B = 100 ⋅ 1,07 6− 2 = 131,07 € Eine Zahlung von 131,07 € nach sechs Jahren ist genauso viel wert wie eine Zahlung von 100 € nach zwei Jahren. r Bemerkung: Das Äquivalenzprinzip gilt nur bei der Zinseszinsrechnung. r Beispiel: Die Studentin F. Leißig soll von ihrer Mutter zum Abschluss des Studiums 1.000€ erhalten, wenn sie von heute an gerechnet noch ein Jahr braucht. Sie soll 1.100€ erhalten, wenn sie noch zwei Jahre benötigt und vorher ein Jahr ins Ausland geht. Die Tante, die sich schon immer in die Erziehung eingemischt hat, bietet 950€ sofort. Welches Angebot sollte F. Leißig bei einem Kalkulationszins von 5% annehmen? Der gemeinsame Bezugszeitpunkt ist das Jahr 2. 950⋅1,052=1047,38 1.000⋅1,051=1.050 1.100⋅1,050=1.100 F. Leißig sollte noch zwei Jahre studieren und dann die 1.100€ annehmen. r Beispiel: Beim Verkauf eines Hauses werden 4 Angebote gemacht: A: 280.000 € sofort in bar B: 200.000 € sofort in bar, 90.000 € in drei Jahren C: 240.000 € sofort in bar, 60.000 € in fünf Jahren 71 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften D: 100.000 € sofort in bar, 100.000 € in einem Jahr und 100.000 € in zwei Jahren Der Kalkulationszinssatz betrage 6%. Welches Angebot ist für den Käufer am günstigsten? Als gemeinsamer Bezugszeitpunkt wird hier das Jahr 0 gewählt. Die Barwerte sind: A0 = 280.000 €, B0 = 275.565,74 €, C0 = 284.835,49 €, D0 = 283.339,27 € B0 hat den niedrigsten Barwert, ist also für den Käufer am günstigsten. r Symbole Bedeutung Beispiel Et Einnahme am Ende des Jahres t Ausgabe am Ende des Jahres t Anschaffungsausgabe am Ende des Jahres 0 Periodenüberschuss des Jahres t Pt=Et-At Barwert der Investition Endwert der Investition Kapitalwert der Investition interner Zinssatz, q ∗ = 1 + i ∗ 1.000 € 600 € 20.000 € 400 € 21.000 € 30.000 € 1.000 € 0,0635 At A0 Pt K0 Kn G i∗ Definition: Investition = Verwendung und Wiedergewinnung finanzieller Mittel Finanzierung = Beschaffung und Rückzahlung von Geld. Investitionen und Finanzierungen führen zu Einnahmen und Ausgaben, die innerhalb einer bestimmten Zeitspanne zu verschiedenen Zeitpunkten anfallen. r Am Anfang einer Investition steht eine Ausgabe oder Auszahlung, At ≥ 0 . Am Anfang einer Finanzierung steht eine Einnahme oder Einzahlung Et ≥ 0 Es genügt häufig, die Periodenüberschüsse Pt =Et-At zu betrachten. Vor dem Treffen einer bestimmten Investitions- bzw. Finanzierungsentscheidung ist zu prüfen, welche unter verschiedenen Alternativen die beste ist. Dabei müssen die Kosten verschiedener alternativer Investitionen oder der Wert verschiedener Finanzierungsmöglichkeiten vergleichbar gemacht werden. 72 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Vergleichbarkeit ist aber nur gegeben, wenn man vom gleichen Planungszeitraum und vom gleichen Kapitaleinsatz ausgeht. 6.2 Kapitalwertmethode Die Kapitalwertmethode ist ein Verfahren, verschiedene Investitions- bzw. Finanzierungsalternativen vergleichbar zu machen. Beispiel: Ein Taxiunternehmen möchte einen zusätzlichen Wagen anschaffen. Die Anfangsausgaben dieser Investition betragen 20.000 €. Der Unternehmer rechnet damit, den Wagen drei Jahre lang nutzen zu können. Im ersten Jahr rechnet er mit Ausgaben für Versicherung, Kraftstoff und Reparaturen in Höhe von 42.500 €. Im zweiten Jahr rechnet er mit Ausgaben in Höhe von 45.200 € und im dritten Jahr mit Ausgaben in Höhe von 50.700 €. Er prognostiziert Einnahmen in Höhe von 46.500 € für das erste Jahr, von 59.200 € für das zweite Jahr und 55.700 € für das dritte Jahr. Alle Zahlungsströme finden jeweils am Ende des Jahres statt! Es wird angenommen, dass Periodenüberschüsse zum Kalkulationszins angelegt werden können. Zeitstrahl der Investition "Kauf eines Taxis" Ausgabe At t0 t1 t2 t3 20.000 42.500 45.200 50.700 46.500 59.200 55.700 4.000 14.000 5.000 Einnahme Et Periodenüberschuss Pt -20.000 73 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Da ab Jahr 1 nur positive Periodenüberschüsse entstehen, handelt es sich um eine Normalinvestition. Der Unternehmer möchte wissen, ob es sich lohnt die Investition zu tätigen oder als Alternative die 20.000 € zu 6% bei der Bank anzulegen. Die Anlage bei der Bank würde nach drei Jahren K 3 Bank = K 0 ⋅ (1 + i ) bzw. 20.000 ⋅1,063 = 23.820 ,32 € bringen. 3 Achtung: Die Periodenüberschüsse der Investitionsalternative “Taxi” fallen zu verschiedenen Zeitpunkten an, so dass ein Vergleich mit der Geldanlage bei der Bank erst möglich ist, wenn ein identischer zeitlicher Bezugspunkt gewählt wurde und die Beträge entsprechend auf- oder abgezinst wurden. Einnahmen sind umso „wertvoller“, je früher sie erfolgen, da mit dem Geld in der Zwischenzeit gewinnbringend gearbeitet werden kann. Um die Investitionsalternative mit der Geldanlage bei der Bank zu vergleichen, werden die Periodenüberschüsse ebenfalls auf das Jahr 3 aufgezinst. Der gemeinsame Bezugszeitpunkt ist das Jahr 3. K 3Taxi = 4.000 ⋅1,06 2 + 14.000 ⋅1,06 + 5.000 = 24.334,40 € . Wenn der Unternehmer die genannten Überschüsse tatsächlich erzielt und er sie, sobald er sie erzielt hat, zur Bank bringt und zu 6% anlegt, hat er am Ende des Jahres 3 insgesamt 24.334,40 €. Das ist mehr als beim Verzicht auf die Investition und der kompletten Überweisung an eine Bank. Die Investition sollte durchgeführt werden. r Bisher: Als identischer Bezugszeitpunkt wurde der Endwert gewählt. Die Zahlungsströme wurden aufgezinst. Der Endwert der Investition (Summe der aufgezinsten Periodenüberschüsse) wurde mit dem Endwert der alternativen Anlagemöglichkeit (aufgezinstes Anfangskapital) verglichen. Jetzt: Die Endwerte der beiden alternativen Anlagemöglichkeiten können auch auf ihre Barwerte abgezinst werden. Der Barwert K0 der Investition ist die Summe der abgezinsten Periodenüberschüsse. 74 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften K 0Taxi = 24.334 ,40 ⋅ 1 = 20.431,63 € 1,063 (= 4000 14000 5000 ) + + 1,06 1,06 2 1,06 3 Der Barwert der Alternativanlage ergibt genau die Anschaffungsausgaben, denn dieser Betrag ist ja zur Ermittlung des Endwertes aufgezinst worden. K 0 Bank = 20.000 € Bemerkung: Statt den Vergleich von Investitions- oder Finanzierungsalternativen über Vergleich der Endwerte bzw. den Vergleich der Barwerte7 (=Summe der abgezinsten Periodenüberschüsse) vorzunehmen, kann man auch den Kapitalwert (net present value) ausrechnen. r Definition: Der Kapitalwert G ist die Differenz zwischen dem Barwert der Einnahmen und dem Barwert der Ausgaben. Dabei werden die jeweiligen Barwerte durch Abzinsen mit dem Kalkulationszinssatz ermittelt. Die Investition mit dem größten Kapitalwert ist am vorteilhaftesten r Satz: Die allgemeine Formel für den Kapitalwert ist: n G = ∑ (Et − At ) ⋅ t =1 n G = ∑ Et ⋅ t =1 1 − A0 qt 1 n 1 − ∑ At ⋅ t + A0 t q t =1 q Da A0 = A0 ⋅ n 1 gilt q0 G = ∑ Et ⋅ t =1 1 n 1 − ∑ At ⋅ t t q t =0 q . Der Kapitalwert errechnet damit sich als: n G = ∑ (Et − At ) ⋅ t =0 n 1 1 Pt ⋅ t = ∑ t q q t =0 r 7 Dabei ist der „Barwert“ der Anlage bei der Bank immer gleich dem Anfangskapital. 75 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Beispiel: Der Kapitalwert der Taxi-Investition ist: G = −20.000 + 4.000 ⋅ 1 1 1 + 14.000 ⋅ + 5.000 ⋅ = 431,63 € 2 1,06 1,06 1,063 Der Kapitalwert ist positiv, also ist die Investition vorteilhaft. r Bisher wurde bei der Investition Eigenfinanzierung unterstellt. Das Anfangskapital ist vorhanden. Die Alternativanlage ist die Anlage des vorhandenen Kapitals bei der Bank, das dort mit dem Habenzins als Kalkulationszinssatz verzinst wird. Wenn statt der Eigenfinanzierung die Fremdfinanzierung vorliegt (wohl in der Praxis der häufigere Fall), ändert sich die Fragestellung über die Durchführung der Investition. Hier lautet die Frage: Durchführung der Investition und zugleich der dazu notwendigen Fremdfinanzierung zu einem bestimmten Sollzinssatz. Die „Alternativanlage“ ist die Unterlassung der Investition, wodurch auch die Finanzierungskosten gespart werden. Als Kalkulationszinssatz dient hier der Sollzinssatz der Fremdfinanzierung der Investition. Es wird angenommen, dass sowohl Überschüsse zum Kalkulationszins angelegt als auch Defizite zum Kalkulationszins aufgenommen werden können. Finden Sie die letzte Annahme realistisch? Rechnerisch spielt es bei der Kapitalwertmethode keine Rolle, ob Eigenfinanzierung oder Fremdfinanzierung vorliegt. Es wird immer mit dem Kalkulationszins gerechnet. Beispiel: Nehmen Sie an, dass die Investition in das Taxi zu 8% fremdfinanziert werden müsste. Die Kreditrückzahlungen werden aus den Periodenüberschüssen geleistet. Auf die Restschuld auf dem Kreditkonto werden 8% Zinsen berechnet. 76 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Für Periode 1 ergibt sich: − 20.000 + 4.000 − 0,08 ⋅ 20.000 = −17.600 € Für Periode 2 ergibt sich: − 17.600 + 14.000 − 0,08 ⋅17.600 = −5.008 € Für Periode 3 ergibt sich: -5.008+5.000-0,08⋅5.008= -408,64 Rückzahlung Restschuld in Höhe der Zinsen auf Restschuld zu Beginn Periodenüber die am Ende des Jahres schüsse Tilgungsrate Restschuld des Jahres (2) (3) (4) (5) (6) =(3)-(5) =0,08*(2) =(2)-(4) Jahr (1) 1 2 3 20.000,00 17.600,00 5.008,00 4.000,00 14.000,00 5.000,00 2.400,00 12.592,00 4.599,36 1.600,00 1.408,00 400,64 17.600,00 5.008,00 408,64 Am Ende der Periode 3 ist die Kreditschuld noch nicht getilgt. Die Einnahmen reichten also nicht aus, um den Kredit bei 8% Zinsen zurück zu zahlen. Das hätte man auch schneller rechnen können! Der gleiche Betrag hätte sich ergeben, wenn man den Endwert der Investition zum Kalkulationszinssatz von 8% errechnet hätte. K 3 = −20.000 ⋅1,083 + 4.000 ⋅1,082 + 14.000 ⋅1,08 + 5.000 = −408,64 € Alternativ hätte man den Kapitalwert ermitteln können. Über die Kapitalwertmethode ergibt sich zu einem Kalkulationszinssatz von 8%: n G = ∑ Et ⋅ t =1 1 n 1 − ∑ At ⋅ t t q t =0 q G = −20.000 + 4.000 ⋅ n 1 = ∑ (Et − At ) ⋅ t q t =0 1 1 1 + 14.000 ⋅ + 5.000 ⋅ = −324,39 < 0 . 2 1,08 1,08 1,083 Der Kapitalwert ist negativ, also sollte die Investition zugunsten des Nichtstuns unterlassen werden. Nichtstun bringt nichts, kostet aber auch nichts! 77 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Im Falle der Fremdfinanzierung ist die Investition nicht vorteilhaft, da der Gewinn nach der Kapitalwertmethode negativ ist. Es tritt ein Verlust auf. Bei Nichtdurchführung tritt weder ein Gewinn noch ein Verlust auf. r Beispiel: Die Brauerei Hopfenglück kann in Eigenfinanzierung in zwei verschiedene Abfüllanlagen M I und M II investieren, um die Produktion zu erhöhen. Als Kalkulationszinssatz wird ein Zinssatz von 4% unterstellt. Die erwarteten Einnahmen und Ausgaben während der Nutzungsdauer der Abfüllanlagen sind: Periodenüberschüsse Pt t0 t1 t2 t3 MI -60.000 40.000 20.000 10.000 M II -60.000 10.000 20.000 40.000 a) Wie sollte sich die Brauerei entscheiden? b) Was passiert bei Fremdfinanzierung zum Kalkulationszinssatz von 4%? a) Nach der Kapitalwertmethode ergibt sich für die Kapitalwerte der Investitionen MI : G = −60.000 + 40.000 ⋅ M II : G = −60.000 + 10.000 ⋅ 1 1 1 + 20.000 ⋅ + 10.000 ⋅ = 5.842 ,63 € 2 1,04 1,04 1,043 1 1 1 + 20.000 ⋅ + 40.000 ⋅ = 3.666 ,36 € 2 1,04 1,04 1,043 Der Kapitalwert der ersten Abfüllanlage M I ist größer als der der Abfüllanlage M II , so dass die Investition in M I vorzuziehen ist. b) Die Ergebnisse bleiben unverändert. r 78 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 6.3 Methode des internen Zinssatzes Bei der Methode des internen Zinssatzes gelten dieselben Voraussetzungen und Bezeichnungen wie bei der Kapitalwertmethode. Gegeben sind hier jedoch nicht Einnahmen und Ausgaben und ein Kalkulationszinssatz, für die dann der Kapitalwert berechnet werden muss. Vielmehr soll bei gegebenen Einnahmen und Ausgaben gerade der Kalkulationszinssatz errechnet werden, bei dem der Kapitalwert gleich Null wird. Definition: Der interne Zinssatz i*, q*=1+ i* ist derjenige Zinssatz, bei dem der Kapitalwert G = 0 wird. Es soll also die Nullstelle der Gleichung für den n 1 t =0 q∗ Kapitalwert errechnet werden 0 = ∑ Pt ⋅ t . Der interne Zinssatz einer Investition stellt die Verzinsung des eingesetzten Kapitals dar. Er entspricht der Rendite einer Investition. Wenn i*> i (Kalkulationszinssatz) ⇒ Investition ist vorteilhaft. Wenn i*< i (Kalkulationszinssatz) ⇒ Investition ist nicht vorteilhaft. Wählen Sie immer die Investition mit dem größten i*! Beispiel: Das neue Mensa-Eiscafe möchte in eine neue Eismaschine investieren. Die Investoren rechnen mit folgenden Periodenüberschüssen: Periodenüberschuss Pt t0 t1 t2 -100 50 60 a) Welche Rendite wird erzielt? b) Lohnt sich die Investition bei Bankzinsen von 6%? c) Stellen Sie den Kapitalwert in Abhängigkeit von verschiedenen Zinsen grafisch dar. 79 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften a) Gesucht ist der interne Zinssatz i ∗ , bei dem der Kapitalwert der Investition gleich Null wird. 0 = −100 + 50 ⋅ 1 1 + 60 ⋅ ∗2 ∗ q q bzw. 2 0 = −100q ∗ + 50q ∗ + 60 Mit der „p-q-Formel“ ergeben sich die Nullstellen q ∗1, 2 = 0,25 ± 0,0625 + 0,6 q ∗1 = 1,06394, q ∗ 2 = −0,5639 Es interessieren nur Nullstellen > 0 . Der interne Zinssatz bzw. die Rendite ist i ∗ = 0,06394 . b) Die Rendite ist größer als 6%, also lohnt sich die Investition. 1 q c) Die Kapitalwertfunktion heißt: G( q ) = −100 + 50 ⋅ + 60 ⋅ 1 q2 G(q) 20 15 10 5 0 -5 1 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 1,1 -10 -15 -20 q r Exkurs: Das Newton-Verfahren ist ein Näherungsverfahren zur Bestimmung der Nullstellen von Polynomen höherer Ordnung: Betrachten Sie G (q ∗ ) = −100q ∗ + 50q ∗ + 60 2 1. Geben Sie einen realistischen Startwert vor, z.B. q ∗ = 1,06 und setzen ihn in G (q ∗ = 1,06) ein; G (1,06 ) = 0,64 2. Bestimmen Sie die erste Ableitung ( ) G′ q ∗ = −200q ∗ + 50; ( ) G′ q ∗ = 1,06 = −162 80 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 0,64 = 1,06395 − 162 3. q ∗1 = 1,06 − 4. G (1,06395) = −0,00156 ≈ 0 . Der interne Zinssatz über das Newton-Näherungsverfahren ist 6,395%. Das entspricht fast der exakten Lösung von 6,394%. Beispiel: Berechnung des internen Zinssatzes über das Newton-Verfahren für die Taxi-Investition: ( ) G′(q ) = −60.000q 3 2 ∗2 + 8.000q ∗ + 14.000 G q ∗ = −20.000q ∗ + 4.000q ∗ + 14.000q ∗ + 5.000 ∗ 3 2 0 = −20.000q ∗ + 4.000q ∗ + 14.000q ∗ + 5.000 Wählen Sie den Startwert q = 1,07 G (1,07 ) = 58,74 G′(1,07 ) = −46.134 58,74 q ∗1 = 1,07 − = 1,07127 − 46.134 G (1,07127 ) = −0,09764 ≈ 0 . Die Investition in das neue Taxi ist bei Eigenfinanzierung sinnvoll, da der Kalkulationszinssatz 4,5% beträgt und der interne Zinssatz mit 7,127% größer ist. Bei Fremdfinanzierung ist bei einem Kalkulationszinssatz von 8% die Investition nicht vorteilhaft, da der interne Zinssatz mit 7,127 kleiner ist als der Kalkulationszins. Würde die Bank ihre Zinsen auf 7% senken, ergäbe sich im Falle der Fremdfinanzierung ein Kapitalwert von G = −20.000 + 4.000 ⋅ 1 1 1 + 14.000 ⋅ + 5.000 ⋅ = 47 ,95 € . 2 1,07 1,07 1,07 3 Die Investition bringt einen zwar geringen aber immerhin positiven Kapitalwert und sollte durchgeführt werden. 81 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Die Methode des internen Zinssatzes kommt zu exakt demselben Ergebnis, da der interne Zinssatz mit 7,127 knapp über dem Kalkulationszinssatz von 7% liegt. r Zusammenfassung: Bei der Methode des internen Zinssatzes kommt es zu einer Aufzinsung bzw. Abzinsung aller Periodenüberschüsse einer Investition und zwar zum internen Zinssatz. wird unterstellt, dass alle Periodenüberschüsse auch zum internen Zinssatz bei einer Bank angelegt werden können. wird unterstellt, dass bei Vorliegen eines Defizits in einer der Perioden ( Pt < 0 ), zum Ausgleich dieses Defizits ein Kredit zum internen Zinssatz aufgenommen werden kann. unterstellt – wie bei der Kapitalwertmethode – die Gleichheit von Soll- und Habenzinsen. Eine Investition ist vorteilhaft für i* > i. Beispiel: Eine Investition in eine Luxus-Pommesbude am Nordpark verlangt Anschaffungsausgaben von 10.000 € und liefert folgende Periodenüberschüsse: P1 = 12.000 €, P2 = −1.600 € . a) Wie groß ist der Kapitalwert der Investition? b) Wie hoch ist die Rendite der Investition? c) Stellen Sie den Kapitalwert in Abhängigkeit von verschiedenen Zinssätzen grafisch dar. a) G = −10.000 + 12.000 1.600 − = 59,17 1,04 1,04 2 b) 0 = −10.000 + 12.000 1.600 − *2 q* q 82 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 0 = −10.000q *2 + 12.000q * − 1.600 0 = q *2 − 1,2q * + 1.600 q1*.2 = 0,6 ± 0,36 − 0,16 q1* = 1,0472 q 2* = 0,1529 Der interne Zinssatz bzw. die Rendite beträgt 4,72%. Solange Geld bei der Bank zu einem kleineren Zinssatz ausgeliehen werden kann, ist die Investition in die Luxus-Pommesbude sinnvoll. c) Die Kapitalwertfunktion lautet: G(q) 200 100 0 1 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 1,1 -100 -200 q 83 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 7. Festverzinsliche Wertpapiere 7.1 Begriffe und Symbole Symbole Bedeutung Beispiel K0 Nominalkapital, Nennwert 100 € C0 Kurswert, Emissionskurs 92 €, 92% Cn Rückzahlungswert, Rückzahlungskurs 103 €, 103% i Nominalzinssatz 0,06 p Nominalzinssatz in % 6% j Effektivzinssatz 0,08 q eff Aufzinsungsfaktor zum Effektivzins 1+j 1,08 Beim Kauf eines Wertpapiers erwirbt der Investor die Forderung auf finanzielle Gegenleistung in Form von Zahlungen zu bestimmten Zeitpunkten. Von der Vielzahl an Finanzanlagen (Wertpapiere, Aktien, Optionen) werden hier nur die festverzinslichen Wertpapiere (Anleihen, Bonds, Schuldverschreibungen, Obligationen, Pfandbriefe, Bundesschatzbriefe Typ B) behandelt. Eigenschaften festverzinslicher Wertpapiere: Zwischen der Ausgabe (Emission) und der Rückgabe gibt es bestimmte vertraglich fixierte Leistungen und Gegenleistungen. Im Emissionszeitpunkt (t=0) zahlt der Investor pro K 0 = 100 € Nennwert (Nominalwert) einen Preis von C 0 (Kurswert, Emissionskurs). Häufig wird der Emissionskurs als Prozent-Wert des Nennwertes angegeben. Beispiel: Bei einem Emissionskurs von 99% kostet ein Wertpapier von 100 € Nennwert genau 99 €. Die emittierende Unternehmung gewährt dem Investor während der vorgegebenen Laufzeit (jährlich nachschüssige) Zinsen und Rückzahlung am Ende des letzten Jahres der Laufzeit. 84 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Die Zinsen (Kuponzahlung) werden durch Anwendung des nominellen Zinssatzes i auf den Nennwert berechnet. Angefallene Zinsen werden bis zum Ende der Laufzeit zinseszinslich angelegt. Beispiel: Bei einem Nominalzins von 6% für ein Wertpapier zum Nennwert 100 €, erhält man am Ende jeden Jahres genau 6 € Zinsen. Beispiel: Es gibt auch Nullkuponanleihen (Zerobonds)! Am Ende der Laufzeit nimmt der Emittent das Wertpapier zum Rücknahmekurs C n zurück. Häufig wird der Rücknahmekurs als Prozentwert des Nennwertes angegeben. Beispiel: Bei C n =103% bekommt man an Ende der Laufzeit 103 € ausgezahlt. 7.2 Zusammenhang zwischen Kurswert und Effektivzins bei festverzinslichen Wertpapieren Wichtige Frage: Lohnt sich der Kauf eines Wertpapiers? Stehen bei der gegebenen Ausstattung eines Wertpapiers, der Preis des Papiers C 0 mit der Leistung Zinszahlungen und Rückzahlung C n in angemessenem Verhältnis? Wie groß ist die Rendite oder der Effektivzins8 des Wertpapiers? Dazu muss man nach dem Äquivalenzprinzip sämtliche Zahlungsströme aus den unterschiedlichen Zeitpunkten auf einen gemeinsamen Vergleichszeitpunkt abzinsen, z.B. auf den Zeitpunkt t=0, (Barwert berechnen!) 8 Die Begriffe Effektivzins, Rendite und interner Zins sind synonym. Der Effektivzins und Rendite wird häufig bei Kapitalanlagen und Wertpapieren verwendet, der interne Zins dagegen eher bei Investitionen. Eine alternative Definition von Effektivzins = n das, was man nach n Jahren " rausbekommt" − 1 ist: Der im Zeitablauf das, was reingesteckt wurde konstante nachschüssige Jahreszins, bei dessen Anwendung Leistung und Gegenleistung finanzmathematisch äquivalent sind. 85 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Beispiel: Der Student Onno Moos hat ein Wertpapier erworben, das ihm 5 Jahre lang jeweils am Ende des Jahres 6% Zinsen auf den Nennwert von 100 € und am Ende des fünften Jahres eine Rückzahlung zum Nennwert bringt. Die Nominalverzinsung des Wertpapiers beträgt also 6%. Für Onno ergeben sich folgende Einnahmen: t0 t1 t2 t3 t4 t5 6 6 6 6 6 100 106 Zur Berechnung des Barwerts dieser Einnahmen muss 1.) der Barwert der 5 Rentenraten in Höhe von 6 € berechnet (mit dem Rentenbarwertfaktor) und 2) die Zahlung von 100 € im Jahr 5 auf das Jahr 0 abgezinst werden. qn −1 1 1 C0 = i ⋅ K 0 ⋅ ⋅ n + Cn ⋅ n q −1 q q C0 = 6 ⋅ 1,06 5 − 1 1 1 ⋅ + 100 ⋅ = 25,27 + 74 ,73 = 100 € . 5 1,06 − 1 1,06 1,06 5 Es ist nicht überraschend, dass nach dieser Konstruktion der Barwert der Zinszahlungen und des Rückzahlungswertes des Wertpapiers genau 100 € entspricht. Welchen Zinssatz hat Onno bei diesem Wertpapier effektiv erzielt? j=n Kn 133,82 −1 = 5 − 1 = 0,06. C0 100 Der Effektivzins stimmt hier genau mit dem Nominalzins überein. Falls Onno eine höhere effektive Verzinsung als 6% wünscht, wird er das Wertpapier nicht zum Nennwert von 100 € kaufen, sondern er wird nur einen billigeren Kaufpreis akzeptieren. Wünscht er eine Effektivverzinsung von 8%, so wird er für das Wertpapier nur C 0 bezahlen, mit 86 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften C0 = i ⋅ K 0 ⋅ C0 = 6 ⋅ n qeff −1 1 1 ⋅ n + Cn ⋅ n mit q eff = 1 + j und j der Effektivzins qeff − 1 qeff qeff 1,08 5 − 1 1 1 ⋅ + 100 ⋅ = 92 ,01 € . 5 1,08 − 1 1,08 1,08 5 Beachten Sie, dass nach wie vor die jährlichen Zinseinnahmen nach wie vor bei bei 6 € liegen. Die Zinseinnahmen beziehen sich auf den Nennwert. r Wenn Kurswert < Nennwert ⇔ Effektivzins > Nominalzins Der Kurs als Preis für den Käufer eines Wertpapiers, einer Anleihe oder ganz allgemein einer Kapitalschuld ist ein Instrument, eine von der Nominalverzinsung abweichende Effektivverzinsung zu erzielen. Mit Hilfe eines bestimmten Kurses ist es möglich, trotz Verwendung von „glatten“ Nominalverzinsungen kleinste Abstufungen der Effektivverzinsung zu erreichen. Durch den Nominalzins wird die „Grobeinstellung“, durch den Emissionskurs wird die „Feineinstellung“ bei der Rendite vorgenommen. Bei gegebenem Nennwert, Nominalverzinsung und Effektivverzinsung kann der Kurswert errechnet werden. Bei gegebenem Nennwert, Nominalverzinsung und Kurswert kann die Effektivverzinsung errechnet werden. (rechnerisch aufwändig). Beispiel: Der Emittent möchte Onno nur eine Effektivverzinsung von 5% gewähren. Zu welchem Kurs kann der Emittent das Wertpapier anbieten? C0 = 6 ⋅ 1,05 5 − 1 1 1 ⋅ + 100 ⋅ = 104 ,33 € . 5 1,05 − 1 1,05 1,05 5 r Beispiel: Der Emittent eines Pfandbriefes zur Finanzierung des Lehrbuches „Finanzmathematik für Abzocker“ bietet für die Dauer des Studiums 5 Jahre lang jeweils am Jahresende Zinszahlungen von 5% auf den 87 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften Nennwert von 100 € an. Zusätzlich erfolgt nach 5 Jahren eine Rückzahlung der Schuld zum Nennwert. t0 t1 t2 t3 t4 t5 5 5 5 5 5 100 5 C0 = 5 ⋅ 5 5 5 5 1,05 5 − 1 1 1 ⋅ + 100 ⋅ = 21,64 + 78,35 = 100 € 5 1,05 − 1 1,05 1,05 5 r Beispiel: Ein Bond der Privatbank „Rei&Bach“ besitzt bei jährlicher Zinszahlung eine Nominalverzinsung von 6,5% und wird nach 8 Jahren zum Nennwert zurückgezahlt. Zu welchem Kurs muss die Zinsschuld ausgegeben werden, wenn sie über eine Effektivverzinsung von 8% verfügen soll? C 0 = 6,5 ⋅ 1,088 − 1 1 1 ⋅ + 100 ⋅ = 91,38 € . 8 1,08 − 1 1,08 1,08 8 r Bisher wurde immer der Kurs eines Wertpapiers ausgerechnet, wenn der Effektivzins gegeben ist. Oft stellt sich für den Käufer einer Anleihe – insbesondere beim Vergleich mehrerer Anlagemöglichkeiten – das umgekehrte Problem: Es ist jene Rendite zu bestimmen, die ein Wertpapier bei gegebener Nominalverzinsung liefert. Zur Bestimmung dieser Effektivverzinsung ist die Kursformel C0 = i ⋅ K 0 ⋅ n q eff −1 q eff 1 1 + 100 ⋅ n nach q eff = 1 + j aufzulösen, wobei der Quotient der n − 1 q eff qeff ⋅ Wert einer geometrischen Reihe ist, also 88 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften C0 = 1 q n eff ( [ ] 2 n −1 ⋅ p ⋅ 1 + q eff + q eff + ... + q eff + 100 ) Nach einigen Umformungen ergibt sich folgende Gleichung (Polynom n -ten Grades): n n −1 n−2 C 0 q eff − pq eff − pq eff − ... − pq eff − p − 100 = 0 Ab n > 4 gibt es für diese Gleichung nur noch Näherungslösungen! Ausweg: lineare Interpolation bzw. Ausprobieren Verwendung einer geeigneten Software Bankenformel Beispiel: Angenommen, ein Wertpapier besitze eine Nominalverzinsung von p = 5,5% , eine Laufzeit von 10 Jahren und einen Kurs von 94 €. Wie hoch ist der Kurs? Die Bankenformel9 lautet: p Näherung = j Näherung ⋅ 100 = C − C0 p ⋅ 100 + n C0 n Gute Annäherungen nur bei langen Laufzeiten und niedrigen Zinssätzen. Schnelle Berechnung „mit der Hand“ möglich. Liefert einen guten Ausgangspunkt für die lineare Interpolation. Beispiel (Fortsetzung): p Näherung = j Näherung ⋅ 100 = 5,5 100 − 94 ⋅ 100 + = 6,45 . 94 10 Der Effektivzins beträgt 6,45%. r 9 Die Bankenformel bezieht als Näherung für den effektiven Zins den Nominalzins auf den Emissionskurs bzw. Kaufpreis. Damit wird noch nicht berücksichtigt, dass der Rücknahmekurs ein anderer als der Emissionskurs sein kann. Deshalb wird noch die Differenz zwischen Rücknahme- und Emissionskurs addiert und auf die Laufzeit verteilt. Der Rückzahlungsgewinn wird also linear auf das eingesetzte Kapital verteilt, vernachlässigt also Zinseszinseffekte. 89 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften 7.3 Festverzinsliche Wertpapiere mit vom Nennwert abweichenden Rückzahlungskurs Viele festverzinsliche Wertpapiere haben einen vom Nennwert K 0 abweichenden Rückzahlungskurs C n . Der Rückzahlungskurs wird in Prozent vom Nennwert des Wertpapiers angegeben. Beispiel: Ein Wertpapier zum Nennwert 100 € wird zum Rücknahmekurs von 110% zurückgenommen, d.h. man erhält 110 € nach Ablauf der Laufzeit. Die Formel zur Berechnung des Kurses ändert sich nicht. Es gilt also wieder: C0 = i ⋅ K 0 ⋅ n −1 q eff q eff 1 1 + Cn ⋅ n n − 1 q eff q eff ⋅ Die Bankenformel ist wieder: p Näherung = j Näherung ⋅ 100 = Beispiel: C − C0 p ⋅ 100 + n C0 n Die Ich-AG von Maike Woos benötigt dringend frisches Kapital. Sie will ein festverzinsliches Wertpapier (Nominalwert 100 €) emittieren, das dem Käufer während der Laufzeit von 10 Jahren eine Effektivverzinsung von 11% garantiert. Der Emissionskurs soll 97,5% betragen, der Rücknahmekurs 101%. Mit welchem Nominalzins muss das Wertpapier ausgestattet werden? C0 = i ⋅ K 0 ⋅ n −1 q eff q eff 97,5 = i ⋅ 100 ⋅ 1 1 + Cn ⋅ n n − 1 q eff q eff ⋅ 1,1110 − 1 1 1 ⋅ + 101 ⋅ 10 1,11 − 1 1,11 1,1110 97,5 = i ⋅ 100 ⋅ 5,889 + 35,57 61,929 = i ⋅ 588,9 i = 0,10516 90 Finanzmathematik Prof. Dr. Waike Moos FB Wirtschaftswissenschaften r Beispiel: Welche Rendite erzielt ein Wertpapierkäufer beim Kauf eines festverzinslichen Wertpapiers, das zu 96,5% emittiert wird, eine Laufzeit von 12 Jahren hat, einen Rücknahmekurs von 105% und einen Nominalzins von 7,25% hat? p Näherung = j Näherung ⋅ 100 = 7,25 105 − 96,5 ⋅ 100 + = 8,22% 96,5 12 r ENDE 91