Schweizerische Zeitschrift für Obst und Weinbau
Transcription
Schweizerische Zeitschrift für Obst und Weinbau
BAUMNUSS Baumnuss ist nicht gleich Baumnuss Wer hätte gedacht, dass es auch bei der Baumnuss verschiedene Sorten gibt? An der Hauptversammlung des Vereins Obstsortensammlung Roggwil berichtete Ralph Bachmann über Baumnüsse, ihre Eigenschaften und ein Fructus-Projekt. Michael Götz, LBB-Landwirtschaftliche Bauberatung-GmbH, Eggersriet SG migoetz@paus.ch Mit Baumnuss ist die Walnuss mit dem lateinischen Namen «Juglans regia» gemeint. Ralph Bachmann, Projektleiter bei Fructus, beschreibt den Nussbaum als sehr vielfältig: Einerseits ist er ein Waldbaum, dessen Holz (s. Foto oben) vor allem früher für feine Möbelstücke, aber auch für Schiffsmasten und Karabinerschäfte sehr gesucht war. Andererseits aber auch ein «Obstbaum», der viel Sonne braucht und dessen Früchte, die Nüsse, sehr beliebt sind. «Baumnüsse sind kerngesund und gut für Herz und Hirn», liest man in der Werbung, denn sie enthalten wertvolle Omega-3-Fettsäuren. Baumnussöl dient auch zur Körperpflege und zur natürlichen Holzbehandlung. Die Preise liegen bei etwa 80 Franken pro Liter. Interessant auch, dass Landwirte den Nussbaum früher häufig nahe bei ihren Ställen pflanzten, da er ein Gas verströmt, das Fliegen vertreibt. Aus wärmeren Gefilden bach, Fructus) Der Nussbaum ist kein einheimischer Baum, obwohl er schon seit Jahrhunderten in der Schweiz wächst. Seine ursprüngliche Heimat ist Kleinasien. Im Englischen spricht man von der «Persischen Walnuss», im Russischen von der «Griechischen Nuss». Die Baumnuss gedeiht vor allem in Gebieten, in denen es nicht sehr kalt ist. Bei den starken Frösten in unseren Breiten kommt es vor, dass die Rinde aufreisst und der Baum später abstirbt. Warme Reblagen seien ideal für Nussbäume, sagt der Nussbaumexperte. Während in der Schweiz Nussbäume 12 S C H W E I Z E R I S C H E Z E I T S C H R I F T F Ü R O B S T- U N D W E I N B AU 1 0 / 1 0 150-jähriger Nussbaum«Methusalem» in Meinier, GE. (Foto: Klaus Gers- BAUMNUSS Die glattschalige Kalam Nuss und die extrem gefurchte Bad Ragazer Nuss. (Fotos S. 13 und 14: Umweltwerkstatt Rosenberg) Der schwer lösliche Kern der Grübelnuss. meistens vereinzelt oder in kleinen Gruppen, zum Beispiel auf Weiden vorkommen, werden sie im Ausland vermehrt als Plantagen angelegt (s. Abb. S. 16). Sie gleichen Halbhochstammanlagen unserer Obstbäume. Intensive Anbaugebiete finden sich im französischen Grenoble (s. SZOW 1/2010) oder in Chile.Von dort werden die meisten unserer Nüsse importiert. Oft handelt es sich um die Sorte «Franquette». In den letzten 100 Jahren hat der Nussbaumbestand in der Schweiz stark abgenommen und die Inlandproduktion kann den Schweizer Bedarf an Nüssen nur zu einem kleinen Teil decken. Sogar für die Bündner Nusstorte müssen Nüsse aus dem Ausland verwendet werden. Hinzu kommt, dass in der Schweiz die Nüsse oft wenig professionell behandelt werden. Man müsse vermehrt darauf achten, die Nüsse täglich aufzulesen und sie gut zu trocknen, damit sie nicht grau werden, mahnt der Experte. Verschiedene Sorten Während bei Obstbäumen offensichtlich ist, dass es verschiedene Sorten gibt, muss man beim Nussbaum etwas genauer hinsehen.Wer die Nüsse selbst knackt, dem S C H W E I Z E R I S C H E Z E I T S C H R I F T F Ü R O B S T- U N D W E I N B AU 1 0 / 1 0 fällt auf, dass es Sorten gibt, die sich sehr leicht, mittel oder sehr schwer knacken lassen. Wie Ralph Bachmann ausführt, unterscheiden sich die Nüsse auch in der Grösse.Während die grössten, zum Beispiel die Hägglinger Nuss, bis zu 5 cm lang werden, bringen es die kleinsten, wie die Giswiler Nuss, nur auf eine Länge von knapp 3 cm. Es gibt Nüsse mit glatter und solche mit stark gefurchter Schale . Für die Wirtschaftlichkeit der Nussproduktion sind die Vollkernigkeit und Auskernbarkeit von grosser Bedeutung. «Die Grübelnuss könnt ihr für den Erwerbsanbau vergessen», sagt Ralph Bachmann. Sie hat nur einen kleinen Kern, den man regelrecht aus der Schale «grübeln» muss. Dagegen hat die Sorte Castasegna einen vollen, leicht löslichen Kern. Auch der Nahtschluss ist nicht bei jeder Sorte gleich. Sorten, deren Naht schlecht schliesst, sind nicht wasserdicht und haben oft graue Kerne. Auch im Geschmack unterscheiden sie sich. Jede Sorte kombiniert die verschiedenen Geschmacksrichtungen süss, bitter und ölig in unterschiedlicher Ausprägung. Es gibt auch botanische Kuriositäten, zum Beispiel die rotkernige Rote Donau-Nuss (Geisenheim 1239), die Aufhausener Pferdeblutnuss oder die Gubler-Nuss. Vermehrung meist über Sämlinge Die Sortenabgrenzung ist bei Nussbäumen nicht so einfach wie bei Obstbäumen, was vor allem daran liegt, dass sich Nussbäume meistens über Sämlinge vermehren. Wer eine Nuss in den Boden steckt, weiss nicht, welche Eigenschaften der zukünftige Baum haben wird. Oft sind seine Früchte denjenigen des Mutterbaums ähnlich, aber eine Garantie für bestimmte erwünschte Eigenschaften gibt es bei dieser Art der Vermehrung nicht. Sicherheit erhält man nur, wenn man gezielt einen Baum aussucht und davon Reiser nimmt. Mit diesen kann man dann andere Bäume veredeln oder neue Bäume heranziehen. Das Veredeln von Nussbäumen sei aber nicht einfach und eine grosse Kunst, gibt Ralph Bachmann zu bedenken (s. SZOW 1/2010, S. 28). 13 BAUMNUSS Eine Nussbaumplantage bei Grenoble. Fructus-Engagement zur Erhaltung von Baumnusssorten «Wir wollen die wertvollsten Schweizer Sorten evaluieren und in regionalen Sortengärten als Mutterbäume für die Vermehrung erhalten.» Siehe unter www.fructus.ch (Nussprojekt). Biologische Vielfalt erhalten Nachdem der Verein «Fructus» in den vergangenen Jahren im nationalen Aktionsprogramm NAP alte Obstund Beerensorten inventarisiert und weitervermehrt hatte, macht er seit dem Jahr 2007 dasselbe mit Nussbäumen. Ziel ist, die biologische Vielfalt auch dieser vom Menschen genutzten Baumart zu erhalten. Denn wer heute in der Baumschule einen Nussbaum kaufe, dem werde ein Sämling oder eine Auswahl aus zwei bis Toutes les noix ne se ressemblent pas Il existe en effet des divergences considérables entre les variétés: la taille, la coque, le goût, tout peut être différent. L’association «Fructus» a répertorié des variétés anciennes de noix dans toute la Suisse et s’emploie à en préserver environ 100 dans des vergers 14 drei veredelten Sorten ausländischer Herkunft angeboten. Die einst bestehende Genvielfalt, die in der Schweiz vorhanden war, drohe zu einem «Franquette-Einerlei» zu verkümmern. Fructus möchte nicht nur klassische Tafelnüsse, sondern auch Nüsse mit biologischen Besonderheiten erhalten. In den Jahren 2007 und 2008 wurden Nüsse gesammelt, bewertet und Mutterbäume ausgewählt. Es entstanden Namen wie «Ingenbohl», «Babenthal», «Euggelberg», «Hinterforst» oder «Lidwien von Räfis». Etwa 100 verschiedene Nusstypen sollen erhalten werden und von jeder Sorte möchte Fructus mindestens 15 Bäume pflanzen. Das Aufwendige an der Arbeit mit Nussbäumen ist, dass die jungen Bäume erst nach etwa zehn Jahren Früchte tragen und man sie erst dann beurteilen kann. Ein Zentrum für Nussbäume bildet die Obstbaumschule von Heini Gubler in Hörhausen, die über 100 Sorten anbietet. ■ R É S U M É conservatoires. Le projet cherche entre autres à encourager la culture des noix en Suisse qui a fortement régressée au cours des 100 dernières années. La grande majorité des noix, surtout celles utilisées dans la transformation industrielle, proviennent de l’étranger. S C H W E I Z E R I S C H E Z E I T S C H R I F T F Ü R O B S T- U N D W E I N B AU 1 0 / 1 0