Stari Most – Rekonstruktion der historischen Brücke

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Stari Most – Rekonstruktion der historischen Brücke
Ingenieurbau
Stari Most – Rekonstruktion
der historischen Brücke
Dipl.-Ing. Gregor Stolarski, Nürnberg, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Norbert Meyer, Clausthal-Zellerfeld
Infolge der Kriegshandlungen
wurde im November 1993 die
historische Neretvabrücke in
Mostar (Stari Most), Bosnien,
zerstört. Der Brückenbogen
mit dem Komplex der umliegenden Gebäude ist von
unschätzbarem historischem
Wert. Die Bautechnik mit
Verbindung der Blöcke
untereinander mittels eiserner
Dübel und Klammern ist einmalig auf der Welt. Die Brücke
soll originalgetreu mit den
gleichen Materialien und der
historischen Bautechnik
wieder aufgebaut werden.
Auseinandersetzungen in Bosnien im
Jahr 1993 zerstört. Sie prägte nicht nur
das Stadtbild, sondern war ein bekanntes Wahrzeichen der ganzen Region. Die noch vor dem Krieg gut erhaltene Altstadt von Mostar mit der
Brücke als einem der zentralen architektonischen Merkmale wurde von
der UNESCO als ein Teil des Weltkulturerbes nominiert. Aktuell führt
die Stadt Mostar unter der Mitwirkung der internationalen Organisationen ein aus kultureller und technischer Sicht herausragendes Vorhaben zum Wiederaufbau des historischen Ensembles durch. Eine wichtige Rolle kommt dabei der Rekonstruktion des Brückenbauwerks der
Stari Most zu.
Die bei einer Spannweite von
28,7 m ausgeführte Bautechnik mit
Verbindung der Blöcke untereinander
mittels eiserner Dübel und Klammern
ist einmalig auf der Welt. Der verwendete örtlich anstehende Kalkstein weist technische Besonderheiten auf, welche in dieser Form noch
nicht für ein Bauwerk umfassend untersucht werden mussten: Porosität,
Festigkeit – Steifemodul. Die Rekonstruktion der Brücke wird von der
UNESCO fachtechnisch überwacht
und stellt eine große Herausforderung dar: Der neue Bogen muss sicher
in das alte an den Widerlagern verbliebene Mauerwerk eingefügt werden. Die Problematik der Mauerwerksstatik liegt dabei in der Verformung des neuen Bogens und den Deformationen im Bereich des historischen Widerlagers. Es liegt kein Referenzobjekt mit vergleichbaren Erfahrungswerten vor. Mit dem Projekt
werden Grundlagen für Rekonstruktionsprojekte von Denkmälern geschaffen.
Einleitung
Mit 28,7 m Spannweite und 4 m
Breite gehört die 1566 erbaute Stari
Most zu den größten damals ausgeführten Spannweiten für Natursteinbögen. Als Architekt und Erbauer der
Brücke ist Mimar Hajrudin, ein
Schüler des großen Mimar Sinan,
überliefert. Die Brücke wurde an einem durch die historische Stadtentwicklung vorgegebenen, geologisch
schwierigen Standort errichtet. Der
Name der Stadt, welcher frei übersetzt
als „Wächter der Brücke“ interpretiert
werden kann, unterstreicht die Rolle
dieses historisch wichtigen Übergangs über die Neretva. Im Laufe der
früheren Geschichte mehrfach beschädigt und repariert, wurde die
Brücke im Zuge der kriegerischen
1 Die historische Brücke vor der Zerstörung
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Geschichte
In Mostar öffnet sich das
sonst im oberen Lauf des
Flusses schmale Tal zu einer
weiträumigen, einige Kilometer langen Senke. Die Neretva behält aber auch hier
ihren Charakter eines kräftigen Gebirgsstroms. Bei der
Schneeschmelze im Frühjahr steigt der Wasserspiegel
stark an, obwohl oberhalb
der Stadt mehrere Stauseen
große Wassermengen fassen
können. Die starke Strömung erodiert beständig das
anstehende Felsgestein, und
der Fluss hat sich bereits
mehrere Meter tief in das Relief des Tals eingeschnitten.
Eine Schlucht mit mächtigen unterhöhlten und unter
Eigengewicht scharfkantig
abgebrochenen Felsplatten
aus Breca, einem porösen
Konglomerat aus zementiertem Geröll und Kies, prägt
2 Die alte Brückenfahrbahn
hier das Erscheinungsbild
der Neretva.
Die abgestürzten Felsbänke und
die Anwohner der damals zum Ottodas brüchige Felsmaterial der Ufer
manischen Reich gehörenden Stadt
stellten für den Brückenbau eine Heden Bau eines festen Übergangs in
rausforderung dar. Nach den aktuelIstanbul gefordert haben. Danach soll
len Nachforschungsergebnissen wurSinan, einer der bedeutendsten Baude zunächst im Zuge des durch die
meister seiner Zeit, selbst in Mostar
Stadt führenden Handelsweges eine
gewesen sein und sich sehr skeptisch
Hängebrücke errichtet. Sie musste
über die Möglichkeit geäußert haben,
hoch genug positioniert werden, um
an dem schwierigen Standort eine
nicht alljährlich vom Hochwasser zerSteinbogenbrücke zu errichten.
stört zu werden. Reste der aus Stein
Aus gesicherten historischen Arausgeführten Widerlager markieren
chivquellen und aus den auf der
ihren Standort zwischen zwei kleinen
Brücke erhaltenen Inschriften ist abmittelalterlichen Festungen knapp
zuleiten, dass Mimar Hajrudin, ein
oberhalb der Mündung des Baches
bekannter Schüler von Sinan, das
Radobolja. Von dieser ersten Brücke
Bauvorhaben geleitet hat. Das Brüberichten die Legenden, dass sie im
ckenbauwerk wurde knapp oberhalb
Wind sehr instabil wurde und mit
der Hängebrücke errichtet und verschweren eisernen Ketten behängt
band die von ihren halbrunden Türwerden musste.
men Halebija und Tara überragten
Es ist verständlich, dass ein so geUferfestungen.
fährlicher Flussübergang bei zunehmendem Handel durch ein größeres
Das Bauwerk
Bauwerk ersetzt werden musste. Dieses wurde vom Sulejman dem Großen
Derzeit schafft eine Behelfsbrücke
in Auftrag gegeben. Von der Entstean der Oberstromseite die notwendihung des außergewöhnlichen Bauge Verbindung an dieser wichtigen
werkes erzählen die Legenden, dass
Stelle der Altstadt.
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Der historische Baumeister hat solide geplant und
seine Handwerker haben gut
gearbeitet. Der Bogen hat
sich gut in die Felsbänke eingefügt. Sichtbare Risse in
den Widerlagern verdeutlichen die schwierigen Baubedingungen. Die elegante
Linienführung der Brücke
über die Neretva in Verbindung mit dem hell leuchtenden Stein machten die Stari
Most zu einem weltweit bekannten vielfach beschriebenen Symbol.
Das Bogenmauerwerk und
die Brüstungen wurden aus
einem leichten und porösen,
elfenbeinfarbenen Kalkstein
(Ooidkalk) ausgeführt. Unter
dem Namen Tenelija in
Mostar bekannt, wurde diese Steinart vielfach beim Bau
von historischen Gebäuden
eingesetzt. Neben der Stari
Most sind vor allem viele
historische Moscheen mit
ihren filigranen Minaretttürmchen aus dem schnitzbaren Stein errichtet worden. Der
Ooidkalk ist, bedingt durch seine Entstehungsgeschichte, in der Region
von Mostar nur in einem sehr begrenzten Vorkommen verfügbar. Bei
einer geneigten Abbaufront im Steinbruch und mit einer geringen
Schichtdicke, die 1 m nicht wesentlich
überschreitet, ist die Suche nach geeignetem Rekonstruktionsmaterial
erschwert. Die Fugen im Mauerwerk
wurden mit zusätzlichen Klammern
gesichert. Der schlanke Bogen selbst
besteht aus massiven Kalkstein-Quadern, die in mehreren Lagen untereinander nicht nur geklammert, sondern auch gedübelt wurden.
Die hohen Flügelwände der Widerlager wurden aus dem direkt vor Ort
gewonnenen Breca (Konglomerat) errichtet. Breca bildet die Uferbänke der
Neretva in der Stadt. Das Konglomerat entstand durch eine nachträgliche
Zementation von aus den benachbarten Bergen antransportierten Geröllmassen. Breca ist grobkörnig und
stark porös. Er lässt sich leicht als Baustein abbauen, muss aber relativ auf-
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wändig bearbeitet werden,
Brückenfahrbahn ist trepwenn gleichmäßige Quaderpenförmig gebaut und eigformen erforderlich sind.
net sich nicht unbedingt für
Durch die Verwendung von
Wagen und Karren. Sie steigt
Breca entstand ein natürvon beiden Seiten nahezu
licher Bezug der Brücke zum
gleichmäßig zur Mitte der
Standort. Das Mauerwerk
Brücke.
scheint mit den am Ufer
Die Widerlager der Brücke
sichtbaren Felsbänken verwurden für die ingenieurwachsen. Die Gesteinstechnischen und denkmalvarietäten werden noch eine
pflegerischen Untersuchungroße Rolle bei der Regen eingerüstet. Viele der
konstruktion der Bauwerke
Originalsteine des Bauwerspielen.
kes konnten aus dem Fluss
Die Brückenfestungen, die
geborgen werden. Sie werdeutlich älter als Stari Most
den sorgfältig auf einer
sind, wurden aus grob gehochwassersicheren Plattbrochenem Kalkstein und
form zwischen Radobolja
3 Geschmiedete Klammern zum Verbinden der Bogenquader
Konglomerat errichtet.
und Neretva aufbewahrt.
Für den Belag der Brücke
Nach einer ersten Untersuwurden harte Kalksteinplatten verchung konnte die ursprüngliche
Erde verlegt wurden. Diese „Abdichwendet, die in einer Mörtelmischung
Funktion der meisten Steine betungsschicht“ sollte das Bogenmauaus feinem Splitt und spezieller roter
stimmt werden. Durch den direkten
erwerk vor Feuchtigkeit schützen. Die
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Beschuss und nach dem
Sturz aus großer Höhe sind
die fragilen Quader stark beschädigt. Die Steinoberflächen wurden teilweise
vom Flusssediment geschliffen und verändert. Die Option zur Wiederverwendung
dieser Steine ist daher mit
umfangreichen Überlegungen und Untersuchungen
verbunden.
Eiserne Bewehrung
des Mauerwerks
Das markanteste technische Detail des Bogens stellen die eisernen Verbindungen zwischen den Steinen
4 Bleigefüllte untere Nische einer Dübelverbindung
dar. Über den Bogenrücken
liefen in der Längsrichtung
vier parallel geführte Bänder aus anBogenrundung weisen, bilden die „raeinander grenzenden Klammern. Die
dialen“ Fugen. Für die Verbindung der
handgeschmiedeten Klammern folgSteine in diesen Fugen sorgte der Bauten der Krümmung des Bogens und
meister Hajrudin auf besondere Weiwurden in die Steinoberfläche eingese. Eiserne handgeschmiedete Verdüsenkt. Die im Winkel von 90° gebogebelungen wurden dort als das dritte
nen Enden der Klammern wurden
Bewehrungselement in die Bogentrapezförmig aufgeweitet (Schwalstruktur eingefügt.
benschwanzform) und in Nischen im
Die in der Mitte verjüngten und im
Stein mit flüssigem Blei fixiert. Zwei
Querschnitt nahezu quadratischen
benachbarte Klammern teilen sich
Dübel wurden in der Baustellendabei jeweils eine Nische. So entstanschmiede gefertigt. Die Quaderverden die durchlaufenden, nur an den
bindung wurde in zwei Etappen herEnden der Klammern unterbrochenen Eisenbänder.
Nach der Verlegung einer
kompletten Reihe der Bogenquader auf dem Lehrgerüst wurden in den „Stirnseiten“ der Steine zusätzliche Klammern über die „vertikalen“ Fugen gesetzt. Als
vertikal bezeichnet man dabei die Fugen, die in senkrecht gerichteten Ebenen in
der Bogenrichtung verlaufen. Der als Halbkreis geplante Bogen hat sich sicherlich bereits während der
Bauzeit und speziell in den
späteren Jahrhunderten verformt. Die Steinflächen der
Bogenquader, die auf gedachten verlängerten Ebenen in Richtung der Mittelpunkte der polyzentrischen 5 Original Dübelverbindung
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gestellt. Zunächst wurde der
Dübel in einem Quader am
Ufer einseitig mit Blei befestigt. Nach dem Transport
des Quaders auf das Lehrgerüst wurde am vorher
platzierten Quader auf der
nach oben weisenden Seite
Maß genommen und eine
Nische gemeißelt. Die Nischen wurden dabei mit der
gleichen Aufweitung, wie bei
den Dübelenden vorhanden
(Schwalbenschwanz), mit hoher Genauigkeit und in einem sauberen Schnitt gefertigt. Von der Nische zum Bogenrücken wurde ein fingerdicker gerader Kanal in die
Oberfläche des Steines geschnitzt und poliert. Nachdem die Steine zusammengefügt waren, haben die Handwerker
die untere Kammer mit flüssigem Blei
gefüllt und den Dübel fixiert. Das
Bild 5 zeigt einen Schnitt durch eine
bleigefüllte untere Nische einer Dübelverbindung. Diese Technologie
soll bei dem Wiederaufbau zur Anwendung kommen.
Materialtechnische
Untersuchungen für den
Wiederaufbau
Um die materialtechnischen Grundlagen für den
Wiederaufbau der Brücke
zu erhalten, wurden in
Deutschland zahlreiche Untersuchungen zur Identifikation der historischen Baumaterialien wie Steine, Mörtel, Metalle und vergleichende Studien zur Wahl von
adäquaten Materialien für
die Rekonstruktion durchgeführt.
Im
Einzelnen
umfassten die Untersuchungen:
■ die Analyse der Blöcke aus
dem Tenelija-Steinbruch
■ die Untersuchungen der
Oberflächenschäden der Steine in den noch stehenden
Wänden
■ die Probenahme und Untersuchung von allen Ge-
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steinsvarietäten des historischen
Bauwerkes
■ mineralogische,
metallografische
und physikalische Untersuchungen
der Baumaterialien
■ Studien im Maßstab zum Tragverhalten des Mauerwerks
■ technologische Experimente mit
historischen Bautechniken (Steinverbindungen, Blei)
■ Studien zur historischen steinmetzmäßigen Fertigung der Steinflächen in Fugen, insbesondere im
Bogenbereich; Nachbau von Geräten
anhand von Spuren im Stein
■ digitalisierte Katalogisierung der
neuen Blöcke aus dem Steinbruch
■ Impact-Echo Spezialuntersuchung
der Schäden an historischen Quadern, Ortung von nicht sichtbaren
Rissen und Schäden
■ Entwurf eines Systems zur Beobachtung des Last-Verformungsverhaltens des Mauerwerks und des Bo-
gens während und nach der Fertigstellung.
Ein erster „Wiederaufbau“ hat bereits im Labor mit einem modellhaften Aufbau des Mauerwerks stattgefunden, wobei der Ablauf für die Herstellung der Verbindungen untersucht wurde. Es wurden im Maßstab
1 : 4 Tenelija-Blöcke mit der Dübeltechnik verbunden, um sie später
in zerstörenden Belastungsuntersuchungen als Mauerwerkselemente zu
verwenden. Die Experimente dienten
der Bestimmung des Aufwandes, welcher bei manueller Technik mit den
Arbeiten verbunden ist. Ferner wurde
dokumentiert, welchen Einfluss die
Temperatur, die Wassersättigung der
Steine sowie die Länge und die Neigung des Gießkanals im Stein auf die
Qualität der erreichten Bleiumhüllung des Dübels haben. Besonderes
Augenmerk wurde auf die möglichen
thermischen Einflüsse des Bleimate-
rials auf die Kontaktfläche zum Tenelija gerichtet. Das Meißeln der Nischen (Zapflöcher) und die Gusstechnik mit Blei wurden in Anlehnung an
den Befund ausgeführt.
Detaillierte metallurgische und
metallografische Studien dienten der
Bestimmung der Parameter des
historischen Eisens für die Dübel und
Klammern. Das Bild 6 zeigt eine Original- Dübelverbindung, wie sie zur
Entnahme von Blei- und Eisenproben
im Labor zerlegt wurde.
Im Zuge der Mauerwerksuntersuchungen wurden die Dauerhaftigkeit
und die Funktion der Klammerund Dübelverbindungen im Mauerwerk sichtbar. Die generelle Festigkeit
des Mauerwerks wird bei den sehr
dünnen Fugen maßgebend von der
Festigkeit der Steine selbst bestimmt.
Die beobachteten Bruchmechanismen zeichneten sich vor allem durch
die von den Bewehrungselementen
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6 Schertests an verdübelten Mauerwerkssteinen
(Fotos: die Autoren)
herrührenden großen erreichten Verschiebungen aus.
Scherversuche an den
Mauerwerksdübeln
Im Zuge der Untersuchungen für
die Rekonstruktion der Brücke über
die Neretva wurden 3 Scherversuche an Originalproben des Tenelija
von 40 · 20 · 20 cm durchgeführt. Der
Wassergehalt der Blöcke betrug beim
Test ca. 3 %, die Druckfestigkeit betrug im Mittel 23 MN/m2. Beim Impact-Echo-Versuch zeigten sie keine
Risse.
Für die Versuche wurden zahlreiche Voruntersuchungen durchgeführt, um die Eigenheiten des Werkstoffes kennen zu lernen:
■ komplexe Studien zum Gießverfahren des geschmolzenen Bleis (ver-
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schiedene Gießwinkel, Oberflächenvariationen des Vergusskanals)
■ Mörtel muss mit Sicherheitsabstand zum Vergusskanal aufgebracht
werden
■ Temperatureffekte auf Stein und Eisen und die Qualität der Verbindung.
Die Dübel bestehen aus nicht korrosivem Stahl und haben Abmessungen von 4 · 4 cm und 10 cm Länge und
entsprechen damit ungefähr den ursprünglichen Dübeln der Brückenkonstruktion. Auf Grund der Abmessungen der Probekörper und der
Schmiedbarkeit des verwendeten
Stahls für die Dübel kann die Originalform nicht maßstabsgerecht (1:1) aufgebaut werden. Alle anderen Werte
entsprechen denen, die bei der Rekonstruktion verwendet werden sollen. Sie wurden im Stein durch Eingießen von Blei fixiert und bilden da-
durch einen festen Verbund, die Lage
des Dübels ist nach dem Eingießen
des Bleis nicht mehr veränderbar. Die
zentrale axiale Lage wurde durch endoskopische Betrachtungen überprüft.
An Mörtelproben von 4 · 4 · 16 cm
mit einem Größtkorn von 1,5 mm
(2/3 des Sandes war Original TenelijaSand) wurde nach 28 Tagen eine einaxiale Druckfestigkeit von 3,2 MN/m2
gemessen.
Zur festen Verbindung von Mörtel
und Stein wurden die Oberflächen,
auf die der Mörtel aufgebracht wurde,
vorgenässt, um ein zu schnelles Austrocknen des Mörtels zu verhindern.
Zu viel Wasser an der Kontaktfläche
von Blei und Stein verhindert jedoch
einen ausreichenden Kontakt, sodass behutsam vorgegangen werden
musste. Nach dem Vornässen wurde
der Mörtel mit ausreichendem Sicherheitsabstand zur Aushöhlung um
den Dübel herum aufgebracht. Danach wurden die Steine zusammengefügt. Zum Aushärten wurden die
Proben 28 Tage gelagert.
Das Modell wurde so gewählt, dass
mit Ausnahme der Größe des Dübels
der Versuch ähnlich der realen Belastung beim Einbau in der Brücke ist.
Der Versatz der Steine untereinander
wurde so gewählt, dass große Deformationen des mittleren Steins möglich sind.
Während des Tests wurden die auf
den mittleren Stein aufgebrachte Last
sowie die vertikale Verschiebung des
mittleren Steins gemessen. Die Last
wurde weggesteuert mit einer Geschwindigkeit von 2 mm/min bis zum
Bruch der Probe aufgebracht. Während des Tests wurden die Blöcke kontinuierlich beobachtet, um die Fehlermechanismen zu ermitteln.
Durch die hohe Qualität der Steine
ergeben sich ähnliche Versuchsergebnisse. Die Versagenscharakteristik besteht aus unterschiedlichen Typen:
Unter dem Dübel führen die extremen Druckspannungen zu einem
Versagen, sichtbar durch einen Riss
unter 45° am unteren Rand des Dübels. Bei symmetrischer Anordnung
der Steine und nahezu gleicher Qualität der Bleifüllung ergibt sich eine
Vertikalverschiebung; die Last wird
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einheitlich zum tieferen Teil des Steines bis zum Versagen
geleitet. Dabei ergeben sich symmetrische Bruchrisse in
beiden Steinen, mit zwei Rissen unter jedem Dübel.
Kleine Inhomogenitäten im Stein, asymmetrische Ausbildungen der Bleifüllung sowie kurze, harte Dübel führen
zu einem translatorischen oder rotationsähnlichen Versagen. Bei diesem Versagen treten diagonale Risse über dem
Dübel auf.
Bei den Tests konnten große Verformungen erreicht werden, da der Kontakt zwischen Stein, Blei und Dübel sehr gut
war. Selbst bei zahlreichen Rissen im Stein hält der Dübel
die Steine zusammen. Der Mörtel hat auf die Tragfähigkeit
der Verbundkonstruktion so gut wie keinen Einfluss, das
Gleiche trifft für das für den Dübel verwendete Material zu,
da das Versagen zwischen Dübel und Stein das Gesamtversagen der Konstruktion bestimmt.
Messtechnische
Überwachung der Brücke
Wie beschrieben, muss der neue Bogen sicher in das alte
an den Widerlagern verbleibende Mauerwerk eingefügt
werden. Die Problematik der Mauerwerksstatik liegt dabei,
neben vielen herstellungstechnisch bedingten Unwägbarkeiten, in der Verformung des neuen Bogens und den Deformationen im Bereich des historischen Widerlagers. Geplant ist daher eine messtechnische Überwachung des
Bauwerkes im Sinne der Beobachtungsmethode, da bisher
kein Referenzprojekt mit vergleichbaren Erfahrungswerten
vorliegt. Mit dem Projekt können so Grundlagen für
Rekonstruktionsprojekte von Denkmälern geschaffen werden.
Es ist eine umfangreiche Messinstrumentierung des
Bauwerkes vorgesehen, so dass die Verschiebungen und
Setzungen des Widerlagers, die Verformungen des neuen
Brückenbogens, die Spannungen und Verformungen im
Inneren des Mauerwerks sowie die Bewegungen der Risse
erfasst werden können.
Schlussbemerkung
Der Umfang der in Mostar von verschiedenen Experten
für Architektur, Denkmalpflege, Archäologie, Baumaterialien, Ingenieurwesen durchgeführten Untersuchungen ist
sehr groß und stellt eine einmalige Möglichkeit dar, ein Objekt von so hohem Rang detailliert zu studieren.
Die vorgestellten Untersuchungen sind nur als ein „Mosaiksteinchen“ in der gesamten Struktur dieses Großprojektes zu betrachten.
Ein multinationales Committee of Experts führt unter
der Leitung der UNESCO Regie bei den Vorbereitungs- und
Rekonstruktionsarbeiten. Die Stadt Mostar verwaltet und
koordiniert das Projekt über eine eigens zu diesem Zweck
ins Leben gerufene PCU (Project Coordination Unit). Beide
Gremien berichten über das Internet über die aktuellen Arbeiten.
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