GÖD-Artikel Die Abgeltung von Urlaubsansprüchen
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GÖD-Artikel Die Abgeltung von Urlaubsansprüchen
Dr. Gerd Swohoda Der Autor ist Dienstrechts sekretar inder GOD Die Abueltuna von Urlaubsansprüchen Zum Rechtsanspruch auf Unlaubsentschädigung bei Beamten bei Nichtverbrauch des Urlaubs aus gesundheitlichen Gründen vor dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst verhältnis (Erkenntnis des VwGH vom 27.6 2C13, GZ 0C59/12/2C123 Sachverhalt Ein in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehender Wachebeamter war krankheitsbedingt ab Dezember2010 an der Dienstleistungverhindert und wurde im Jahr 2012 in den Ruhestand versetzt. Er konnte weder in den Jahren 2010,2011 noch 2012 seine Urlaubsansprüche verbrauchen. Kurz nach seinem Ausscheiden beantragte er die Zuerkennung und Bemessung (beitragsmäßige Festle gung) einerfinanziellenAbgeltungfürden wegen der Dienstunfähigkeit nicht angetretenen Resturlaub. Die Richtlinie 2003/86/EG des Europäischen F~rlaments und des Rates vom 4.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitge staltung in Kraft getreten am 2.8.2004, genannt Arbeits zeitrichtlinie—enthält einen Artikel 7 über den Jahresurlaub. Nach Absatz 1 treffen die Mitgliedsstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von 4 Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/ oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgese hen sind. Gemäß Absatz 2 darf der bezahlte Mindestjahres urlaub außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielleVergütung ersetzt werden. Der Beschwerdeführer berief sich bei der Geltendmachung des Anspruchs auf Urlaubsersatzleistung auf die vorhin erwähnte Richtlinie Artikel 7 und ein bereits ergangenes Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofs über den soge nannten Fall Neidel, C-337/10, in dem festgehalten wurde, dass auch Beamte in den Geltungsbereich der Arbeitszeit richtliniefalleri und daherelnen europarechtlichenAnspruch auf Erholungsurlaub im Ausmaß von mindestens 4 Wochen pro Jahr haben. Die Dienstbehörde wies den Anspruch des Beschwerdeführers mit einem Bescheid ab und führte aus, dass weder im BDG 1979 noch im Gehaltsgesetz Rege lungen vorhanden seien, welche eine finanzielle Abgel tung von nicht konsumiertem Erholung~urlaub erlaubten. Artikel 7Absatz 2 der Richtlinie 2003/88 EG sei in das inner staatliche Recht nicht umgesetzt worden und der gesamte vom EuGH entschiedene Fall Neidel betreffe die deutsche Rechtslage, bei der das Dienstverhältnis mit der Pensionie rung ende, während in Österreich das Dienstverhältnis auch nach der Ruhestandsversetzung weiterbestehe. — Ausführungen des VwSH Der Beschwerdeführererhob VwGH-Beschwerde und bean tragte die Aufhebung des abweisenden Bescheides. Der VwGH zitierte zunächst die Bestimmungen des Artikels 7 der erwähnten Richtlinie und Auszüge des EuGH-Erkennt nisses Neidel, der in derstadt Frankfurt Feuerwehrmann und Beamter war. Diesem wurde eine finanzielleAbgeltung von 4Wochen fürein UrlaubsJahr zuerkannt(Mindesturlaub der Europäischen Union). Das Höchstgericht leitete daraus die Schlussfolgerungab, dass auch ein österreichischer Beamter Anspruch auffinanzielleVergütungfüreinen aus Krankheits gründen nicht in Anspruch genommenen Mindestjahres urlaub von 4 Wochen hat. Ob das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis lebenslang besteht oder nicht, ist nicht relevant. Der VwGH zitierte hierzu zwei weitere Urteile des EuGH vom 21.6.2012, C-78/1 1 (ANGED), sowie den BeschlussdesEuGHvom2l .2.201 3,C-1 94/12 (Concepciön —‚ ~aestre Garcfa). Darüber hinausgehendeAnsprüche im Imfang eines mehr als 4-wöchigen Urlaubs unterlie en der freien Disposition des nationalen Gesetzgebers. ies bedeutet, dass die Republik Österreich in ihren inerstaatlichen Rechtsvorschriften den Anspruch auf Prlaubsersatzleistungso weiteinschränken kann, als der ~indesturlaub der Europäischen Union von 4 Wochen zw. 160 Stunden überschritten wird. Bekanntlich ist as höchste Urlaubsausm~~aß im Bereich des öffentlichen ienstes 6 wochen bzw. 240 Stunden pro Kalender ihr. Weiters kritisierte derVwGH, dass der österreichi :he Gesetzgeber die Erfordernisse der Richtlinie nicht ntsprechend umgesetzt habe. Insbesondere sehen die 64 if. des BDG 1979 keinen einer Urlaubsentschä igung im Sinn privatrechtlicher Dienstverhältnisse ver [eichbaren Anspruch von Beamten vor. Der Anspruch uf Urlaubsersatzleistung ist in Artikel 7 der Richtlinie inreichend bestimmt und nach der Rechtsprechung es EuGH unmittelbar wirksam. Da europarechtliche estimmungen unmittelbarVorrang vor innerstaatlichen echtsvorschriften haben, verdrängt Artikel 7 Absatz 1 nd 2 der erwähnten Richtlinie die innerstaatlichen echtsvorschriften, die unangewendet bleiben müssen, ‘eil sie eine Urlaubsersatzleistung nicht vorsehen. Ichlussfolgerungen für Betroffene us dem Urteil desVwGH ist somit unmittelbar abzulei n, dass Beamte einen Rechtsanspruch auf eine finan elleAbgeltungvon Urlaubsansprüchen (Urlaubsersatz istung) dann haben, wenn sie in den Kalenderjahren 011 bis 2013 aus gesundheitlichen Gründen entweder en vollen Urlaubsanspruch oder einen Resturlaub nicht erbrauchen konnten und aus dem Dienststand ausge :hieden sind. Die Urlaubsverfallbestimmungen des 69 BDG, wonach ein aus dienstlichen odergesundheit chen Gründen nicht konsumierter Erholungsurlaub in nem Kalenderjahr auf die zwei folgenden Kalenderjah übertragen werden kann, sind anzuwenden und euro arechtlich unbedenklich. Es wird dahervor allem jenen eamtinnen und Beamten (Verwaltung, Exekutive, Heer, stiz, Landesdienst, ausgegliederte Einrichtungen, nicht doch Lehrer) empfohlen, soweit ihr Ausscheiden aus em öffentlichen Dienst schon länger zurückliegt (2011 der 201 2), einen Antrag auf bescheidmäßige Zuerken ung einer Urlaubsersatzleistung bei der ehemaligen ienstbehörde, gestützt auf das Erkenntnis des VwGH ~m 27.6.201 3, GZ 0059/12/1 3, zu stellen, wobei fol ende alternativeVoraussetzungen gegeben sein müssen: Dergesamte Urlaubsanspruch konnte in einem Kalen derjahr nicht konsumiert werden. 2.Teilweise konnte der Erholungsurlaub nicht konsu miert werden, der Resturlaub, der nicht konsumiert werden konnte, muss bei einem Gesamturlaubs anspruch von 6 Wochen mehr als 2 Wochen betragen (mehr als 50 Stunden). 3. Die Urlaubsersatzleistung ist für maximal 160 Stun den Erholungsurlaub im Kalenderjahr (4 Wochen) zu bezahlen. Ist dieser in diesem Ausmaß bereits ver braucht, besteht kein Ersatzanspruch auf Urlaubsentgelt in diesem Urlaubsjahr. Diejenigen Personen, die im Jahr 2013 in den Ruhe stand getreten sind und aus gesundheitlichen Gründen Erholungsurlaube nicht konsumieren konnten, sollten durchaus zuwarten, bis eine geplante Novellierung des Gehaltsgesetzes, die sich mit dieser Materie befasst, in Kraft treten wird. Aliquotierung: Weiters ist hierbei das Datum der Ruhe staridsversetzung im letzten Urlaubsjahr zu beachten. Erfolgte die Ruhestandsversetzungwährend des Urlaubsjahres, so ist, soweit noch ein Anspruch auf Urlaubser satzleistung besteht, diese zu aliquotieren (Beispiel: Versetzung in den Ruhestand am 1.12., in diesem Urlaubsjahr konnte aus gesundheitlichen Gründen kein Urlaubsanspruch konsumiert werden, die Urlaubser satzleistung von 160 Stunden wird mit 11/12 aliquotier~. Noch ein Hinweis: Wenn die ausgeschiedenen Beam tInnen nicht mehr wissen, welche Urlaubsansprüche im letzten Urlaubsjahr oder in den vergangenen Urlaubsjahren nicht konsumiert werden konnten, sollten die davon betroffenen Personen diesbezügliche Erkundi gungen bei der ehemaligen Dienstbehörde einholen. Weiter als drei Jahre zurückliegende Urlaubsansprüche können grundsätzlich nicht abgegolten werden. Da es jedoch im Bereich des Möglichen liegt, dass im Gesetz der Erholungsurlaub für das Urlaubsjahr 2010 ebenfalls noch finanziell abgegolten wird, sollten alle dienstunfähigen Beamten, die frühestens 2010 in den Ruhestand versetztwurden, ebenfalls rasch einenAntrag auf bescheidmäßigeAbgeltung einer Urlaubsentschädi gung für 2010, gestützt auf das vorhin zitierte VwGH Erkenntnis vom 27. 6.2013, Zl. 0059/12/2013, stellen, soweit der beschriebene Sachverhalt auf sie zutriffl! Eine derartige Regelung würde den Abgeltungszeitraum von 3 auf höchstens 4 Urlaubsjahre rückwirkend anheben. Sobald der endgültige Gesetzestext einer Dienstrechts novelle 2013 vorliegt, werden wir in einer der nächsten Ausgaben der Gewerkschaftszeitung über den genauen Inhalt der Gesetzesnovelle berichten.