Wandgemälde und Rektorbüsten
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Wandgemälde und Rektorbüsten
Uni s c i e n t i a h a l e n s i s U N I V E R S I T Ä T S ZEITUNG Martin-Luther-Universität HalleWittenberg Halle, Dezember 1998 ............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... Kustodie am neuen alten Standort Wandgemälde und Rektorbüsten Historischer Sessionssaal Zum Universitätsmuseum gehören nun der wieder entstehende historische Sessionssaal, der sich bis 1945 im Löwengebäude befand, eine ständige Ausstellung zur Geschichte der Universität Halle-Wittenberg, die zur 500Jahr-Feier der Alma mater in Vorbereitung ist, und ein Saal für Sonderausstellungen. Hier werden wie bisher jährlich etwa acht Wechselausstellungen zur Wissenschaftsgeschichte und zur Kunst und Kultur der Universität angeboten. Am 16. Februar 1999 eröffnet die Kustodie die erste Exposition mit einem armenischen Künstler aus Tbilissi, es folgt am 14. April zum Goethe-Jahr eine Ausstellung über Goethe und die Universität Halle und der Luxemburger Künstler Roger Bertemes beschließt mit seinen Werken das Ausstellungsprogramm des Studienjahres 1998/99. Damit ist die Interimslösung im Halleschen Saal in der Burse zur Tulpe beendet. Der neuen Kustodie unterstehen weiterhin im Hauptgebäude neben dem Museum universitatis das rückübertragene Universitätskupferstichkabinett, der Sessionssaal und denkmalpflegerisch auch die bis 2002 restaurierte Aula. Eine zeitweilige Präsenzbibliothek für den Initiativkreis zur Vorbereitung der Jubiläumsausstellung 2002 wird noch im Dezember in der Kustodie eingerichtet. Für die Mitglieder des Initiativkreises wird es auch einen Kurierdienst vom Archiv zum Universitätsmuseum zur Einsicht seltener Archivalien geben. 21 Rektorenbildnisse Der Einrichtung des historischen Sessionssaals des Senats geht bereits voran. Dieser Raum beherbergt in Zukunft einen großen Teil der alten Ausstattung. Die Südwand zeigt in einer dreireihigen barocken Hängung 21 Rektorenbildnisse aus der Zeit von 1694 bis 1798. Die gegenüberliegende Wand schmückt eine Auswahl von Gelehrtenporträts des 19. Jahrhunderts. Zwischen den Fensterpfeilern sind die beiden wichtigsten Vertreter der Wittenberger Universität Luther und Melanchthon zu sehen. An der Innenseite hängen die großformatigen Gemälde der Gründer der Wittenberger und halleschen Universität, die Kurfürsten Friedrich der Weise von Sachsen und Friedrich III. von Brandenburg. Neben Emil August Prinz von Schleswig-Holstein-Sonderburg in Augustenburg, einem Geschenk hallescher Studenten, ist der erste Rector magnificentissimus Friedrich Wilhelm I. vertreten, der sogenannte Soldatenkönig, der zur halleschen Universität eine enge Beziehung pflegte. Marmorbüsten von Jerôme der 1806 erstmalig die Universität als König von Westfalen schließen ließ und von dem großen deutschen Mathematiker Georg Cantor zieren ebenso den Saal wie Jubiläumsvasen und Pokale, Schränke aus dem 18. und 19. Jahrhundert und ein großer runder Empiretisch mit zwölf Stühlen. Gedankt sei an dieser Stelle all den Personen und Einrichtungen, die zur Vervollständigung des Sessionssaales beigetragen haben und die bis dahin diese Kunstwerke aufbewahrten, wie Rektor, Kanzler, Universitäts- und Landesbibliothek, Universitätsarchiv, Theologische Fakultät und Allgemeine Hausverwaltung. Eine grundlegende bauliche Sanierung und Rekonstruktion des Sessionssaales und des Universitätsmuseums sind im Zusammenhang mit der Aula-Restaurierung in den Jahren 2000/2001 vorgesehen. Es ist geplant, im historischen Hörsaal die Wandbemalung wiederherzustellen und eine nachgestaltete Beleuchtung anzubringen. Der Einbau eines Fahrstuhls 1999/2000 wird Behinderten einen guten Zugang zu allen Etagen ermöglichen. Eine seit jeher fehlende Garderobe soll dann auch endlich ihren Platz finden. Mit der Errichtung eines neuen Hörsaalgebäudes am Universitätsplatz wird die Anzahl der Nutzer im Löwengebäude verringert. Bald gibt es eine Hausordnung Nach Abschluß der Restaurierung und Modernisierung stellt das Löwengebäude künftig wieder eine Zierde der Universität dar. Der zur Zeit noch stark beanspruchte und durch unzählige unsachgemäße Benutzungsspuren geplagte denkmalgeschützte Bau wurde stark in Mitleidenschaft gezogen. Unschöne Spuren hinterließen zum Beispiel das Anbringen von selbstklebenden Hinweisschildern für Kongresse und Tagungen und das Ankleben von Vorlesungsankündigungen an den lackierten spätklassizistischen Türen mit Tesafilm. Auch Putz platzte durch herangerückte Tische und Werbeträger im Rahmen verschiedenster Veranstaltungen ab. Dieser Zernutzung des Hauptgebäudes muß Einhalt geboten werden. Eine Hausordnung und das Anfertigen von Aufstellern zur Anbringung von Hinweisschildern wird eine der ersten Aufgaben der Kustodie in ihrem wiedergewonnenen neuen alten Standort sein. Bezugnehmend auf das bevorstehende Goethe-Jahr sei auf einen Ausspruch des großen deutschen Dichters hingewiesen, der das Hauptanliegen eines Kustos nicht besser ausdrücken kann: Manches Herrliche der Welt Ist in Krieg und Streit zerronnen, Wer beschützet und erhält Hat das schönste Los gewonnen. Ralf-Torsten Speler Leiter der Kustodie und des Universitätsarchivs Blick in das Treppenhaus des denkmalgeschützten Hauptgebäudes (Löwengebäude) der halleschen Universität. Foto: Schütze/Rodemann Aus dem Inhalt: Ehrendoktor Hartwich Seite 3 Aktuelle Veranstaltungen... Hilfe durch Tierorgane? Seite 5 ...finden Sie im Internet unter: www.uni-halle.de Informationen aus der Pressestelle .................... Zum 20jährigen Bestehen der Kustodie im Jahre 1999 wird das Universitätshauptgebäude neues Domizil dieser Zentralen Einrichtung. Das Löwengebäude mit seinem imposanten Treppenhaus und der Wandbemalung von Gustav Adolph Spangenberg, die vier klassischen Fakultäten darstellend, dem akademischen Festsaal, der Aula und dem historischen Hörsaal bilden den traditionellen Mittelpunkt der Universität. Mit den geplanten weiteren musealen Einrichtungen, die seit der Eröffnung des Gebäudes am Reformationstag 1834 bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts schon einmal vorhanden waren, wird wieder die ursprüngliche Nutzung als Traditionsgebäude entstehen. Im Jahre 1990 beauftragte der Leiter der Kustodie den halleschen Graphiker und Maler Lothar Grünewald für die Zentrale Kustodie ein neues Logo mit dem Motiv der Portallöwen zu gestalten, das nun seine volle Bedeutung erhält. ............................................................... ............................................................................... ............................. ....................................................................... Studentenwerk im Blick Seiten 6/7 Hornhautbank in Halle Seite 9 Der Rektor zum Haushalt Seite 11 Studenten-Theater Seite 12 2 Neuer Ansprechpartner ....................................................................... Prof. Dr. Isenberg, geboren 1942 in Halberstadt, studierte in Leipzig Medizin und Physik, wurde dort zum Dr. med. promoviert, verließ 1972 die DDR, lehrte und forschte in den folgenden Jahren an der Universität des Saarlandes und in Köln, bis er 1995 an die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg berufen wurde. Zwischen 1978 und 1983 war er Heisenberg-Stipendiat der DFG. Für seine wissenschaftlichen Leistungen erhielt er 1986 den Arthur-Weber-Preis der Deutschen Gesellschaft für Herz- und Kreislaufforschung und 1995 den Max-Planck-Forschungspreis. Ebenfalls 1995 publizierte er (mit fünf anderen Autoren) in SCIENCE 268 (5216): 1483-1487erste Ergebnisse seiner methodischen Arbeit zur Weiterentwicklung der Zellphysiologie. Physiologie im allgemeinen ist die Lehre von der Funktion lebender Systeme. Weil aber komplexe große Systeme (z. B. der Mensch) schwer zu verstehen sind, werden sie auf kleinere (etwa eine Zelle) reduziert. So erzielt man durch Vereinfachung Übersicht und kann im kleinen System mittels moderner Methoden wichtige Fragen detailliert beantworten. Hilfe gegen Bluthochdruck? Viele Patienten leiden an Durchblutungsstörungen. Der Physiologe weiß: Durchblutung braucht weite Gefäße. Die Zellphysiologie untersucht die Ursachen, die die Gefäße verengen und erweitern: Vornehmlich durch die Konzentration von Ca2+-Ionen in der Zelle wird die Gefäßweite reguliert. Durch Ca2+-Antagonisten kann Bluthochdruck gesenkt werden. Doch das Problem ist erst teilweise gelöst, denn die Ca2+-Ionen haben in der Zelle noch andere Funktionen (wie die Kontrolle des Wachstums und des Zelltodes). Bei der Analyse der zellulären Funktion der Ca2+-Ionen ist es wichtig, die Zelle nicht zu beschädigen - nicht die Folgen des Eingriffs auf die Zellfunktion, sondern die Funktion selbst soll ungestört beobachtet werden. Isenberg hat seit 1985 an Gefäßmuskelzellen elektrische Ableitungen zur Ca2+-Bewegung durchgeführt und insbesondere quantifiziert, wie sich Ca2+-Ionen von außen nach innen durch die Zellmembran hindurch bewegen und dann in der Zelle verteilen. Gelöst wurden so spezielle Fragen wie: Was treibt die Ca2+-Bewegung an: der Konzentrationsunterschied, die elektrische Anziehung oder chemische Energie in Form von ATPasen? Welche Rolle spielt die Ca2+-Bindung an Proteine? Auch in den USA hat eine Arbeitsgruppe unter Fred Fay (Worcester, MA) versucht, die Auswirkungen der Ca2+-Bewegungen lichtoptisch zu erfassen. Als Handwerkszeug dienten FluoreszenzIndikatoren, d. h. Farbstoffe, die unter Bestrahlung mit blauem Licht nur dann grünes Licht abgeben, wenn sie Ca2+Ionen gebunden haben. Seit ca. 10 Jahren werden die Fluoreszenz-Signale mit hochauflösenden digitalen Chip-Kameras erfaßt, um mit bildgebenden Verfahren aus den Signalen vierdimensionale Informationen (= Raum plus Zeit) zu errechnen. Per Lichtmikroskop wird die lebende Gefäßmuskelzelle elektrophysiologisch untersucht. Dabei wird Fluoreszenz-Farbstoff aus der Meßelektrode in die Zelle geladen. Üblicherweise liefert die Kamera ein zweidimensionales Bild mit einer auf ca. 1 µm limitierten räumlichen Auflösung. Zur Kompensierung dieses Nachteils wurde die konfokale Mikroskopie entwickelt: Nur der im Focus liegende Punkt der Zelle wird betrachtet, das ihn umgebende Streulicht durch eine kleine Blende abgetrennt. Um ein scharfes Bild zu erhalten, müssen etwa 99 % des von der Zelle ausgesendeten Lichtes verworfen werden. Die notwendige Intensität des Anregungslichtes führt häufig zu Störungen der Zellfunktion, die geringe Lichtausbeute zu langen Meßzeiten. Informationen aus Streulicht Neu aus der Zusammenarbeit von Isenberg mit der Gruppe Fay: Das Streulicht ist in der Zelle entstanden: Es muß Informationen über die Zelle enthalten! Diese zu verwerten, ist das Ziel. Dazu wird die im Streulicht enthaltene Information auf ihren punktförmigen Entstehungsort zurückgerechnet. So kann man die streulichtbedingte Unschärfe aus mikroskopischen Fluoreszenz-Bildern lebender Zellen entfernen. Man eicht die Entstehung des Streulichts im System Zelle-Mikroskop, indem man einen 0.1 µm kleinen fluoreszierenden Punkt (eine Latex-Perle) in die Zelle bringt und die von ihm produzierten Streulicht-Ringe bei variabler Fokussierung mit der Kamera registriert. Mittels dieser Information wird das Streulicht der mit FluoreszenzFarbstoff beladenen Zelle mathematisch aus den Kamera-Bildern entfernt. So wird in 40 ms eine dreidimensionale Aufnahme von der Zelle gewonnen, oder (bei wiederholten Aufnahmen) eine zeitlich-räumliche Information, die das vierdimensionale Verhalten der Ca2+-Ionen beschreibt. Auf diese Weise können Strukturen aufgelöst werden, die ,eigentlich gar nicht sichtbar sein sollten. Denn ein gutes Mikroskop kann im grünen Licht zwei Punkte als getrennt darstellen, wenn sie ca. 0.2 µm weit auseinander liegen. Die mit dem neuen Verfahren gewonnene ,Superresolution trennt noch Punkte mit einem Abstand von 0.06 µm! Analyse lebendiger Zellen Die Abstände von Bauteilen der Zelle, die die Ca2+-Verteilung beeinflussen, sind oft 20 nm klein oder kleiner. Die zellphysiologische Forschung bräuchte also eigentlich die Auflösung des Elektronenmikroskops. Aber: zur Elektronenmikroskopie werden Zellen fixiert (getötet) und in dünne Schnitte zerlegt, Zeitverläufe können also nicht beobachtet werden. In der diskutierten Arbeit wird die Zelle ohne einen solchen großen, die Zellfunktion störenden Eingriff beobachtet. Obwohl die Abstandsauflösung dieser verbesserten optischen Methode noch immer kleiner ist als die des Elektronenmikroskops, hat sie sich doch 10fach verbessert und wird sicher zu weiteren Erkenntnissen wesentlich beitragen. Margarete Wein Detlev Riede Prof. Dr. Detlev Riede ist seit Oktober 1998 Behindertenbeauftragter der Martin-Luther-Universität und wird damit künftig ein wichtiger Ansprechpartner für die Behinderten an der Hochschule sein. Vielschichtige Aufgaben kommen auf den Beauftragten zu, unter anderem ist die behindertengerechte Ausstattung einiger Gebäude zu ver- bessern. Derzeit gibt es rund 320 körperbehinderte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und etwa 30 behinderte Studierende an der Universität, deren Interessen Professor Riede vertreten wird. Mit ihren Problemen und Sorgen können sie sich an die Schwerbehindertenvertretung bzw. den Behindertenbeauftragten der Universität wenden. Riede ist Leiter der Sektion Physikalische und Rehabilitative Medizin. Er studierte in Halle Medizin und arbeitete von 1963 bis 1988 an der Orthopädischen Universitätsklinik in der Saalestadt, anschließend leitete er die Abteilung Physiotherapie am Klinikum Kröllwitz. 1986 erhielt er die Verdienstmedaille des Behindertensportverbandes der DDR. Im Jahr 1991 wurde der Wissenschaftler zum außerordentlichen Professor für das Fachgebiet Physiotherapie und 1994 zum ordentlichen Professor für Physikalische und Rehabilitative Medizin berufen. Seine Sprechzeit für Behinderte, die Hilfe oder Informationen brauchen, ist jeden Dienstag von 14 bis 16 Uhr in der Schwerbehindertenvertretung, Universitätsring 4. U. O. Internationales Flair Mehr Werbung für Halle im Ausland Neuer Ausländerbeauftragter der Martin-Luther-Universität ist Prof. Dr. Jan Louis, FG-Leiter Theoretische Physik. Künftig steht er den rund 600 ausländischen Studierenden bei der Bewältigung von praktischen und studientechnischen Fragen in enger Zusammenarbeit mit dem Akademischen Auslandsamt der Universität zur Seite. Louis kann selbst auf vielfältige Auslandserfahrungen verweisen. Er studierte Physik in Karlsruhe und London und war von 1985 bis 1988 Doktorand an der University of Pennsylvania, Philadelphia, USA. Längere Studienund Forschungsaufenthalte führten ihn außerdem an die Stanford University, USA und nach Genf in die Schweiz. In den Jahren 1993 bis 1996 arbeitete der Wissenschaftler schließlich an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er sich auch habilitierte. Seit Oktober 1996 hat Jan Louis eine Professur für Quantenfeldtheorie am Fachbereich Physik in Halle inne. Jan Louis sieht als Ausländerbeauftragter auch eine wichtige Aufgabe darin, die Werbung im Ausland für ein Studium an der Martin-Luther zu intensivieren und die Einrichtung neuer internationaler Studiengänge an der Universität zu unterstützen. Damit möchte er zugleich zu einer Erhöhung der Attraktivität der halleschen Univer- Foto: Klett Gerrit Isenberg in Science: Foto: Klett Wissenschaftliche Zeitschriften und Journale gibt es in aller Welt, für sämtliche Disziplinen und in vielen Sprachen. Wenn es aber um die Reputation der AutorInnen geht, fallen einige wenige ganz besonders ins Gewicht. Auch an der MartinLuther-Universität forschen und lehren Professoren, die sich durch Publikationen in international renommierten Fachzeitschriften einen Namen gemacht haben. Wir beginnen in dieser Ausgabe eine Serie, in der wir Ihnen hallesche Wissenschaftler mit ihren bereits in Nature oder Science veröffentlichten Forschungsergebnissen vorstellen wollen. Foto: privat ............................. AKTUELLES F Hallesche Forscher in der Wissenschaftspublizistik der Welt Jan Louis sität beitragen. Ich möchte versuchen, eine größere soziale und kulturelle Integration der ausländischen Studierenden und Gastwissenschaftler in das Leben der Universität und der Stadt Halle zu erreichen, erklärt Louis. Dazu sollten die existierenden Anstrengungen des Akademischen Auslandsamtes (z. B. Tandem-Programm) unterstützt und weiter ausgebaut werden. U. O. Die Überreichung der Ehrenurkunde (v. l. n. r.: Prof. Dr. Richard Saage, Dekan des Fachbereichs Geschichte, Philosophie und Sozialwissenschaften und Prof. Dr. Hans-Hermann Hartwich) ............................. ....................................................................... Die Beschlußvorlage über Ehrenpromotionen für den Akademischen Senat vom 15. 1. 1997 nennt als Grundlage, daß hierfür nur herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Frage kommen, die der Martin-Luther-Universität in besonderer Weise verbunden sind. Für Professor Dr. Hans-Hermann Hartwich, der im November mit der Verleihung des doctor honoris causa geehrt wurde, gilt dies wie für kaum einen anderen. Die politische Wende und damit die Umgestaltung der ostdeutschen Hochschulen als Notwendigkeit begreifend, kam er schon früh nach Halle: Anfang 1991 wurde er Gründungsdekan des neu aufzubauenden Fachbereichs Geschichte, Philosophie und Sozialwissenschaften und engagierte sich als Politikwissenschaftler mit langjähriger Erfahrung in der Lehre und herausragenden Ergebnissen in der Forschung auch mit ganzer Kraft für die Gründung des Instituts für Politikwissenschaften. Eine Aufgabe von besonderer Brisanz, wenn man bedenkt, daß es dieses Fach in der ehemaligen DDR nicht gab. Da kam also jemand nach Halle, der zu dieser Zeit schon ein weit über die Grenzen seines Fachgebiets hinaus bekannter Politologe war. Eine Professur für Innenpolitik an der Freien Universität Berlin, ein (abgelehnter) Ruf nach Bremen und die langjährige Tätigkeit als Professor für Politikwissenschaft und Regierungslehre an der Universität Hamburg sowie viele mit Tatkraft ausgefüllte wissenschaftliche Ämter lagen hinter ihm. Und nun Halle! Daß er bald in die Geschicke der gesamten Universität eingreifen würde, war gewissermaßen vorprogrammiert. So wurde Hans-Hermann Hartwich am 1. April 1992 als Professor für Regierungslehre berufen schon am 12. November des gleichen Jahres zum Prorektor für Strukturreform, Entwicklungsplanung und Studienreform gewählt. Sein Wirken sowohl in diesem Amt als auch im Fach hinterließ tiefe Spuren. Man begegnet ihnen im Universitätsalltag auf Schritt und Tritt. So u. a. im Zuschnitt neuer Fachberei- che. Musik-, Sport- und Sprechwissenschaft ist z. B. ein solcher. Oder in der großen Akzeptanz des Studienfachs Politikwissenschaft. Eine Steigerung der Studierendenzahlen um mehr als 160 Prozent in den letzten fünf Jahren legt davon beredtes Zeugnis ab. Die Interdisziplinären Zentren der Universität neun sind es inzwischen gehen ebenfalls auf seine Initiative zurück. Die alljährlichen wissenschaftlichen Disputationen zum Reformationstag in Wittenberg sind ebenso Hartwichs Kinder wie die vielen Publikationen fünf Bücher allein über die Universität die von ihm verfaßt oder herausgegeben wurden. Nicht zu vergessen die Jubiläumsfeierlichkeiten zum 300. Geburtstag des halleschen Teils der Universität im Jahre 1994. Das sind nur einige Beispiele seines nachhaltigen Wirkens hier, das er immer als Gestaltungsauftrag verstanden hat. Die Universität sollte zukünftig wieder zu den erstklassigen gehören. Für dieses Ideal hat sich Hans-Hermann Hartwich eingesetzt, hat gekämpft, andere mitgerissen. Und natürlich hat er auch in der Lehre Marksteine gesetzt. Von seiner fachlichen Kompetenz als Politologe konnten sich die zur Verleihung der Ehrendoktorwürde zahlreich erschienenen Wissenschaftler, Kollegen, Freunde und Weggefährten einmal mehr überzeugen. Sein Festvortrag bezeichnenderweise mit einem großen Fragezeichen am Ende des Titels Haben die klassischen Staatswissenschaften noch Relevanz für die moderne Politikwissenschaft? regte auch Nichtfachleute zum Nachdenken über diese Thematik an. Unter besonderer Berücksichtigung der klassischen Staatswissenschaften in Halle, schlug Hartwich einen Bogen über mehr als 350 Jahre, bezog die Kameralistik (1827 wurde an der halleschen Universität der erste Lehrstuhl hierfür eingerichtet) ebenso ein wie die Frühaufklärung, den Pietismus August Hermann Franckes oder die Staatsklugheitslehre eines Nikolaus Hieronymus Grundling, um nur einige Gedanken zu nennnen. Die große Frage seines Vortragsthemas beantwortete er am Ende mit einem Ja, denn: Sowohl der interdisziplinäre Denkansatz der alten Staatswissenschaften und ihre Praxisrelevanz als auch die Lehre vom Regieren oder der Wille, an der Gestaltung der öffentlichen Verhältnisse mitzuwirken, die Bildungsaufgabe als Teil jeder öffentlich orientierten Wissenschaft zu verstehen, sind nach Hartwich noch immer von zentraler Bedeutung. Zwei weitere wissenschaftliche Höhepunkte brachte der Abend: Seine neueste Publikation Die Europäisierung des deutschen Wirtschaftssystems, soeben im Verlag Leske + Budrich erschienen, konnte von denen, die zum festliche Empfang gekommenen waren, in Augenschein genommen werden. Ein erstes Blättern vielleicht, ein erstes Gespräch... Überraschend war für den zweifachen Jubilar (er feierte in diesen Tagen auch seinen 70. Geburtstag) sicherlich die Übergabe der eigens hierfür von16 Wissenschaftlerkollegen verfaßten Festschrift Bilanz der Ära Kohl. Christlich-liberale Politik in Deutschland 1982 bis 1998, die ihm vom Herausgeber Göttrik Wewer überreicht wurde. Ein würdiger Abschluß für einen besonderen Tag in der neuesten Geschichte der Martin-Luther-Universität. Monika Lindner Als interkontinentaler Forschungsfreak in Halle Prof. Dr. Ian Lerche und das 7. Jahr ............................. ....................................................................... Halle und das Institut für Geologie an der hiesigen Universität sind für Prof. Dr. Ian Lerche eine eher zufällige, aber nicht unwichtige Station in seinem bewegten Forscherleben. Im Mai 1998 kam er an und wird bis Sommer 1999 bleiben. Denn solange dauert das Sabbat-Jahr (eine ähnlich dem deutschen Forschungs-Freisemester amerikanischen Professoren alle sieben Jahre gewährte Forschungszeit). In den frühen 60ern begann der gebürtige Brite eine Karriere als Astrophysiker in Manchester (1962 Bakkalaureat in Physik, 1965 Promotion in Astronomie). Danach ging er in die USA, an die University of Chicago. In deren Auftrag suchte er 1977 bis 1979 von Australien aus mit Riesenteleskopen den irdischen Himmel nach Novitäten ab. Wenig später nahm er wieder ein Zufall einen ganz anderen Auftrag an: für den Erdölkonzern Gulf Oil in Pittsburgh und Houston mit selbstentwickelten Computerprogrammen neue Erdölquellen zu entdecken. Mit Erfolg: Im Golf von Mexiko, unter 3000 m Wasser und 100 m Salz fand man die von ihm theoretisch errechneten Erdöllagerstätten tatsächlich vor und Ian Lerches künftiges Spezialgebiet stand fest. Die Prognose von Erdöl- und Erdgasgewinnung am Computer ist viel kostengünstiger als Probebohrungen, von denen eine jede durchschnittlich 15 Millionen Dollar kostet (im Meer ca. zehnmal soviel wie an Land). Überdies stehen die Chancen, so Erdöl zu orten, etwa 1:10; nimmt man nur jene, deren Ausbeutung auch ökonomisch wäre, sinkt das Verhältnis auf 1:20 bis 1:30. Schließlich können Rechenmodelle, auf seismische Querschnitte und eine Vielzahl von Daten gestützt, erdgeschichtliche Strukturen und mögliche Wege des Öls in viel größeren Tiefen erfassen, als sie für Bohrungen je erreichbar sind. gical Sciences der University of South Carolina in Columbia ein. Seine Forschungen über die Ausbeutung von Erdöllagerstätten einschließlich geologischer Risiken und über ökonomische Gefahren der Kohlenwasserstoffgewinnung publizierte er u. a. im renommierten Verlag Academic press in San Diego. Ehrungen für Ian Lerche zwischen 1982 und 1997: Levorsen award of the american association petroleum geologists Medal of the ministry of petroleum, China Nordic council professor of petroleum geology US-Sonderpreisträger der Alexander-von-Humboldt-Stiftung French academy of sciences professor of geology USC-foundation award for research and engineering Dupont award for science Gulf oil company special intiative award Allerdings spielen in der Computergeologie auch Unsicherheitsfaktoren mit: Es kann passieren, daß die Berechnungen in soundsoviel Metern Tiefe eine reiche Lagerstätte vermuten lassen, doch eventuell ohne die (in geologischen Dimensionen gedacht) geringfügige Verschiebung des Zeithorizonts in einer Größenordnung von 10 000 oder 1 Million Jahren zu berücksichtigen mit anderen Worten: Wir sind zu spät (oder zu früh) gekommen, um dieses Öl zu fördern! Als 1984 Gulf Oil mit Chevron fusionierte und Lerches künftiger Arbeitsort Los Angeles werden sollte, stieg er dort aus und im Department of Geolo- Nach Halle kam Prof. Dr. Ian Lerche (fast zwei Jahre später als geplant, weil es zuvor einen 1jährigen Forschungsaufenthalt in Frankreich, eine Auszeichnung der Französischen Akademie der Wissenschaften, zu absolvieren galt) durch Vermittlung des US-amerikanischen Physikers und Humboldt-Preisträgers Mike Schutte, der 1994 die Verbindung zu Prof. Dr. Gerhard H. Bachmann herstellte. Mehreren Kurzbesuchen folgte nun die Gastprofessur, in deren erstem Teil Professor Lerche in Vorbereitung und Realisierung der internationalen TRIASKonferenz im September 1998 eingebunden war, u. a. als Mitherausgeber des Exkursionsbandes. Gegenwärtig beschäftigt ihn die Vorbereitung des Tagungsbandes für den Springer-Verlag. Darüber hinaus wirkt er bei der computergeologischen Erkundung des Norddeutschen Beckens mit: Von der Analyse der abgelagerten Sedimente erwarten die Geologen neue Erkenntnisse über die Entwicklung der Erde im allgemeinen und über die untersuchte Region im besonderen. In der Lehre sind im Februar 1999 ein fakultatives Kompaktseminar für Hauptstudenten der Geologie und Paläontologie zum Thema Beckenanalyse und Beckenmodellierung sowie eine reguläre Vorlesung zu Ökonomischen Fragen bei der Erdölgewinnung im Sommersemester 1999 geplant. Auch die computergeologischen Arbeitsprogramme sind Studierenden zugänglich. Für den zweiten Teil der halleschen Zeit von Prof. Dr. Ian Lerche ist u. a. eine Kooperation mit dem Universitätszentrum für Umweltforschung (Prof. Dr. Peter Wycisk) und dem Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle (Prof. Dr. Walter Gläser) vorgesehen. Finanziert wird der Aufenthalt aus drei Quellen: Seine Heimatuniversität zahlt ihm im Forschungsfreijahr die Hälfte des üblichen Salärs; die Alexander-von-Humboldt-Stiftung hat ihm Mittel aus dem Wieder-Einladungsprogramm für frühere Sonderpreisträger zuerkannt; einen Beitrag zahlt auch die Martin-Luther-Universität, die ja am meisten von seinem Hiersein profitiert. Margarete Wein Foto: privat Foto:Bauer Bauer//MZ MZ Foto: Professor Hans-Hermann Hartwich wurde Ehrendoktor der Universität AKTUELLES Schrieb neueste Universitätsgeschichte Der britisch-amerikanische Computergeologe Prof. Dr. Ian Lerche für ein Jahr an der Martin-Luther-Universität zu Gast 3 Dem Ultraschall auf der Spur 4 Als ausgewiesener Ultraschallfachmann und anerkannter Medizinphysiker erfuhr Millner nationale und internationale Anerkennung. Wenn er sich in jüngster Zeit insbesondere der Geschichte des Ultraschalls und im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) dem Aufbau einer Sammlung für das erste Ultraschall-Museum Europas am Hygienemuseum Dresden gewidmet hat, so ist dies eine besonders sinnvolle und für weitere Forschungen spannende Arbeit, die Ausland zu einem Spezialinstitut für Ultraschallphysik und Ultraschalldiagnostik aus. nicht zuletzt gewissermaßen auch seine eigenen wissenschaftlichen Ergebnisse zusammenfaßt und archiviert. 1928 in Gleiwitz geboren, mußte Rudolf Millner nach dem Krieg die Vertreibung aus seiner schlesischen Heimat erleben und kam 1945 nach Halle. In der Saalestadt legte er das Abitur ab und nahm ein Physikstudium auf. Bereits in der damals neu gegründeten Abteilung für Ultraschall am Institut für Experimentelle Physik erwachte seine Begeisterung für die Ultraschallphysik. So schloß sich dem Diplom eine Assistententätigkeit an. Bei seinen Untersuchungen gelangen ihm der experimentelle Nachweis eines von Debye theoretisch vorhergesagten Ultraschall-Effektes in elektrolytischen Lösungen sowie die Aufklärung der Mechanismen dieses Effektes. 1960 wurde Millner promoviert und beschäftigte sich in der Folgezeit insbesondere mit Ultraschallwechselwirkungen in Flüssigkeiten, Festkörpern und biologischem Gewebe. Gemeinsam mit dem Institut von Ardenne in Dresden war er maßgeblich an der Entwicklung des Focoscan-Schnittbildverfahrens und von ersten Funktionsmustern von B-Bildsystemen für den klinischen Einsatz beteiligt. Daneben galt sein Interesse auch anderen Anwendungen der Physik in der Medizin, wie z.B. der Entwicklung von Engagierter Hochschullehrer Foto: Christ ............................. Medizinische Diagnostik oder zerstörungsfreie Werkstoffprüfung ohne Ultraschall kann sich heutzutage niemand vorstellen. Von den vielfältigen Möglichkeiten dieser Technik schon früh fasziniert, widmete Prof. Dr. Rudolf Millner sein Lebenswerk der Ultraschallforschung. Wenn nun der 70ste Geburtstag des emeritierten Professors der halleschen Universität Anlaß gibt, Bilanz zu ziehen, sind es nicht weniger als 20 Patente, auf die der Wissenschaftler und Hochschullehrer verweisen kann. Doch das ist nicht alles, seine wissenschaftlichen Aktivitäten schlugen sich auch in elf Büchern bzw. Buchbeiträgen, 200 wissenschaftlichen Publikationen und rund 450 Fachvorträgen nieder. Mittler zwischen Medizin und Physik Rudolf Millner Herzschrittmachern und der automatischen Isodosenregistrierung. Nach der Habilitation 1966 folgte die Berufung zum Dozenten für experimentelle Physik an das Institut für Angewandte Biophysik der Medizinischen Fakultät. Im Jahre 1977 wurde er zum ordentlichen Professor und gleichzeitig zum Institutsdirektor berufen. Er baute das Institut für Angewandte Biophysik in enger Kooperation mit den Kliniken der Medizinischen Fakultät in Halle und vielen Kollegen aus dem In- und (Rücken-)Schmerz, laß nach! Forschungsverbund Rehabilitationswissenschaften ....................................................................... An Krankheit und Schmerz möchte sich niemand gewöhnen müssen. Ist man krank gewesen, will man möglichst schnell zurück in den Beruf und ins normale (schmerzfreie) tägliche Leben. Wenn es anders nicht geht, müssen Rehabilitationsmaßnahmen dabei helfen; und diese bedürfen optimaler Koordination. Deshalb haben sich Wissenschaftler der Universitäten Halle-Wittenberg, Magdeburg und Greifswald sowie regionale Rehabilitationseinrichtungen und Landesversicherungsanstalten (LVA) im September 1998 zum Forschungsverbund Rehabilitationswissenschaften SachsenAnhalt / Mecklenburg-Vorpommern zusammengeschlossen, der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Rentenversicherung gefördert wird. Schnittstellenprobleme in der medizinischen Rehabilitation Entwicklung und Erprobung praxisorientierter Lösungsansätze bilden für drei Jahre das Leitthema der Arbeit in sechs speziellen Forschungsprojekten und in einem Querschnittprojekt. Die Projekte sind in die Bereiche Koordinierung und Weiterentwicklung des gestuften Systems der Rehabilitation und der beruflichen Wiedereingliederung und Zugangswege und Zuweisungssteuerung zur medizinischen Rehabilitation in der gesetzlichen Rentenversicherung gegliedert. Die Medizinische Fakultät der MartinLuther-Universität ist mit vier Projekten beteiligt: 1. Die Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik untersucht in Zusammenarbeit mit der Sektion Physikalische und Rehabilitative Medizin bei Patienten mit chronischem Rückenschmerz Möglichkeiten einer verbesserten Zuweisung zu Reha-Einrichtungen. 2. Ein Projekt des Instituts für Medizinische Psychologie geht der Bedeutung der Patientenmotivation für das Rehabilitationsergebnis nach. 3. Das Projekt der Sektion Medizinische Soziologie erprobt neue Wege für eine berufsnähere Ausrichtung der medizinischen Rehabilitation und für eine stärkere berufliche Wiedereingliederung. 4. Das Methoden-Querschnittprojekt, an dem u. a. das Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Medizinische Informatik mitwirkt, hat die Aufgabe der Methodenberatung und der methodischen Qualitätssicherung innerhalb des Forschungsverbunds. Neben der wissenschaftlichen Qualität des Gesamtvorhabens sind in allen Teilbereichen Antworten auf reha-ökonomische Probleme sowie praxisrelevante Analysen erhobener Daten hinsichtlich ihrer (möglichen) Auswirkungen auf alle Betroffenen, in erster Linie PatientInnen und RehabilitationsmedizinerInnen, gefragt. Öffentliche und verbundinterne Veranstaltungen und Maßnahmen werden zur Stärkung und Weiterentwicklung reha-wissenschaftlicher Kompetenz und ihrer Strukturen in den beiden Bundesländern beitragen. So wurde auch eine Stiftungsprofessur für Reha-Wissenschaften an der Medizinischen Fakultät der Universität Halle beantragt; und es ist im Zusammenwirken mit den Ärztekammern vorgesehen, das Weiterbildungsangebot für Sozialmedizin zu intensivieren und den Aufbau des Weiterbildungsangebotes Rehabilitationswesen zu beschleunigen. Praxispartner des Verbundes sind sieben Reha-Kliniken und vier Einrichtungen der ambulanten oder teilstationären Rehabilitation der beiden beteiligten Bundesländer. Zur Unterstützung der Arbeit des Verbundes wurde der Verein Regionale Rehabilitationsforschung in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt e. V. gegründet, dem u. a. die LVA der Länder Sachsen-Anhalt, MecklenburgVorpommern und Hessen, ferner die AOK Sachsen-Anhalt angehören. Verbundsprecher ist Prof. Dr. Wolf- gang Slesina von der Sektion Medizinische Soziologie der halleschen Universität, wo auch die Geschäftsstelle des Verbundes eingerichtet wurde. Margarete Wein Hervorzuheben ist besonders Millners Engagement als Hochschullehrer. Viele Generationen hallescher Medizin- und Zahnmedizinabsolventen werden sich an seinen mitreißenden Vorlesungsstil während ihrer Physikausbildung erinnern. Er übernahm auch Gastvorlesungen zu medizinischer Elektronik bzw. Biomedizintechnik an anderen Einrichtungen wie der TU Dresden oder auch noch nach seiner 1995 erfolgten Emeritierung an der Fachhochschule Köthen. Es gelang ihm immer wieder, nicht zuletzt auch durch seine über viele Jahre durchgeführten Doktorandenseminare, jüngere Menschen für medizinische Physik zu begeistern, so daß er mehr als hundert Diplomanden und Doktoranden betreuen konnte. Millner war als Vorstandsmitglied sowie teilweise als Vorsitzender auch in nationalen und internationalen Fachgesellschaften aktiv. An den Übergangsprozessen der Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin und der Gesellschaft für physikalische und mathematische Biologie der DDR in die jeweilige deutsche Gesellschaft nach der Wende wirkte er engagiert mit. Das Institut für Medizinische Physik und Biophysik der Medizinischen Fakultät, dessen Leitung 1994 Prof. Dr. Ulrich Cobet übernahm, ehrte seinen ehemaligen Direktor, Prof. Dr. Rudolf Millner, am 30. Oktober aus Anlaß seines runden Geburtstages mit einem Festkolloquium. Zugleich erfuhren damit seine Leistungen in Forschung Lehre eine Würdigung. Die Universitätszeitung schließt sich mit guten Wünschen für weitere schaffensreiche Jahre an. Andreas Christ Ute Olbertz Projekte, Patente, Perspektiven... 4. Workshop Neue Polymermaterialien ....................................................................... ............................. ............................. aus den fakultäten und fachbereichen Erstes Ultraschall-Museum Europas im Aufbau ....................................................................... Bei blauem Himmel im Pulverschnee die Piste runter wirbeln... eine Bodenwelle, der Sturz das wars. Die Jahreszeit der Knochenbrüche. Voraussetzung der Heilung (bis zur nächsten Saison) ist eine Fixierung des Bruches, gegebenenfalls durch Drähte, Nägel, Schrauben und Platten aus biokompatiblen Metallen und Legierungen. Dabei ist allerdings (bisher) eine zweite Operation zur Entfernung des Implantats nach der Knochenheilung unerläßlich. Deshalb müssen die Anordnung des Implantats und der Zeitpunkt der Entfernung so gewählt werden, daß ein Knochenabbau durch schlechte Kraftübertragung und Dauerentlastung des Knochens vermieden wird. Ist nicht für spezielle Einsatzgebiete ein Material denkbar, das diese Zweitoperation überflüssig macht? Kann man Implantate herstellen, die im Verlaufe der Knochenheilung definiert an Festigkeit verlieren, indem sie synchron zur Knochenneubildung abgebaut werden? Ist es möglich, solche Abbauprozesse zur gezielten Medikamentenfreisetzung zu nutzen? Gibt es bioaktive Werkstoffe, die eine Heilung unterstützen? Diese Fragen wurden im Oktober drei Tage lang von den Doktoranden und Projektleitern des an der Martin-Lu- ther-Universität angesiedelten Innovationskollegs Neue Polymermaterialien während ihres vierten Workshops an der Leucorea zu Wittenberg heftig diskutiert. Dabei wurden unter anderem die in den vergangenen vier Jahren erreichten Ergebnisse bei der Entwicklung und Erprobung neuartiger biokompatibler und partiell resorbierbarer Polymerwerkstoffe vorgestellt. Angesichts der Bedeutung der Forschung auf dem Gebiet der Biomaterialien an unserer Universität und im IWZ Materialwissenschaften wurde ein intensiver Gedankenaustausch über künftige Ziele und Aufgaben auf diesem weltweit einzigartig wachsenden Zweig der Materialwissenschaft geführt. Daraus resultierte letztlich der Wunsch, die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Chemikern, Physikern, Ingenieuren, Pharmazeuten und Medizinern über den Abschluß des Innovationskollegs im September 1999 hinaus weiterzuführen. Das Kolleg startete mit einer positiven Zwischenbilanz in das fünfte und letzte Jahr. Ziel ist nun, die Projekte erfolgreich abzuschließen und Möglichkeiten der Überführung der Resultate in Patente und industrielle Anwendung auszuschöpfen. Sven Henning Tierorgane: Hoffnung für Todkranke bei knappen Ressourcen? Zum sechsten Male seit 1993 fand am 31. Oktober eine Festsitzung des Akademischen Senats der Martin-LutherUniversität in der Luther-Stadt Wittenberg statt. Die jahrhundertealte Tradition des öffentlichen Streitgesprächs war im Vorfeld der 300-Jahr-Feier zum Bestehen der halleschen Fridericiana wiederbelebt worden (initiiert von Prof. Dr. Hans-Hermann Hartwich, vgl. S. 3) und wird seither alljährlich nicht nur von kompetenten WissenschaftlerInnen, sondern ebenso von der interessierten Öffentlichkeit mit Spannung erwartet. Diesmal stand die Xenotransplantation im Mittelpunkt des Disputs. Sechs Wissenschaftler (drei Mediziner, ein Theologe und zwei Juristen) hatten am Podium Platz genommen, um dem zahlreich erschienenen Auditorium in der imposanten Aula des Melanchthon-Gymnasiums ihre Pro- und Kontra-Argumente zu präsentieren. Menschen die Gefahr von Virusinfektionen, die als unerwünschte Nebenwirkung der Xenotransplantation Tierkrankheiten auf den Menschen übertragen könnten, noch nicht genau untersucht oder gar gebannt. Entgegnungen wurden aus der Sicht eines Mediziners, eines Theologen und eines Juristen vorgetragen. Prof. Dr. med. Rolf-Edgar Silber aus Würzburg lenkte die Aurmerksamkeit u. a. auf die geringe Lebensdauer im Tierversuch, den sehr unterschiedlichen Alterungsprozeß und das Problem der ganz andersgearteten Belastung durch den aufrechten Gang. Die Wittenberger Disputationen der Nach-Wendezeit: 1993 1994 1995 1996 1997 Bindungsverlust und Zukunftsangst Leben in der Risikogesellschaft Leben ohne Arbeit? Arbeit als Los? Nachwachsende Rohstoffe Bildung in Verantwortung vor Gott und den Menschen Wer hält die Universität auf Kurs? Selbstbestimmung, Leitung und Kontrolle vor neuen Herausforderungen Chancen, Risiken, Prognosen müssen abgewogen werden, um zu entscheiden, ob transgene Tiere, vor allem Schweine, in absehbarer Zeit als Organspender für den Menschen in Frage kommen oder nicht. Doch selbst wenn das, medizinisch betrachtet, jemals in großem Maßstab möglich sein sollte, bleibt die Frage, ob der Mensch das Recht hat, dafür Tiere zu töten. Prof. Dr. Hans Lilie als Moderator der Disputation verwies auf die lange Geschichte des Problems (schon 1905 wurde erstmals allerdings erfolglos versucht, Kaninchenorgane auf einen Menschen zu übertragen) und auf die Fragwürdigkeit der Jagd nach der Spenderquote, die auch in der jüngsten Ausgabe des FOCUS kritisch untersucht worden sei. Ob sich daraus aber ableiten lasse, daß der Xenotransplantation eine große Zukunft bevorstehe, sei vorerst ungewiß. Denkbar für die Zuweisung eines Spenderorgans sind verschiedene Kriterien: Dringlichkeit, Gleichheit, Zufall, Wartezeit, prognostische Erwägungen, familiärer und sozialer Status des Empfängers. Nach deutschem Recht gibt es keine Einschränkungen für die Empfänger von Spenderorganen im Hinblick auf ihr Alter oder gar ihr soziales Prestige. Folglich kann, so das Fazit von Professor Fuchs, die Organknappheit nur durch den Einsatz von Tierorganen behoben werden. Eine Stellvertreterdiskussion? Prof. Dr. Bruno Reichart, Direktor der Herzchirurgischen Klinik, Klinikum Großhadern, München Die Begrüßungen des Wittenberger Oberbürgermeisters und des Prorektors für Forschung der Universität ließen die Brisanz des Themas deutlich werden. Der verständlichen Hoffnung auf segensreiche Hilfe stehen moralische Bedenken entgegen, denn seit Dolly sei klar, wohin die Reise gehen kann, betonte Eckhard Naumann. Prof. Dr. Frank Janowski sieht die Universität in der Pflicht, das intellektuelle Gewissen der Gesellschaft zu sein. Lange leben aber wie? Die medizinische Möglichkeit der Xenotransplantation, also der Übertragung von Tierorganen auf den Menschen, wirft eine Vielfalt ethischer, juristischer und medizinischer Probleme auf. Nach der Nahrung ist die Gesundheit das zweitwichtigste Grundbedürfnis menschlichen Daseins (es folgen Kleidung, Wohnung und Kommunikation). Das klingt einfach und plausibel, doch vor dem Hintergrund der Tatsache, daß es rund 30.000 verschiedene Krankheiten gibt, von denen nur ein Drittel mit Medikamenten geheilt werden kann, ist es nichts weniger als selbstverständlich. Außerdem ziehen Wunsch und Wirklichkeit der Lebensverlängerung ja zugleich die Forderung nach verbesserter Lebensqualität und die Kostenfrage nach sich. Das Thema Tierorgane: Hoffnung für Todkranke bei knappen Ressourcen? bezieht sich indessen nicht nur auf das Fehlen menschlicher Spenderorgane in genügender Zahl, sondern ebenso auf eine Reihe ganz anderer Ressourcen: Pflegekräfte, soziale Dienste in der poststationären Betreuung, menschliche Zuwendung und Kompetenz. Im Kontext der Wechselbeziehungen zwischen medizinischem Fortschritt, Lebenserwartung und Kosten (die nur in Ausnahmefällen niedriger werden) sprach der Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer in Köln, Prof. Dr. med. Christoph Fuchs, von einer Fortschrittsfalle und stellte die These auf, daß unser Gesundheitswesen (wie jedes andere auch) unersättlich sei. Die steigenden Anforderungen, auch im Bereich der notwendigen Anzahl von Spenderorganen, führen dazu, daß an die Stelle bedarfsgerechter Verteilung nunmehr eine Zuteilung tritt, für die gerechte Kriterien nur schwer bestimmt werden können. Es ist also nicht die Frage, ob es eine Rationierung geben müsse, sondern wie diese erfolgen kann. Anders ausgedrückt: Allgemeine anerkannte Standards können in Teilbereichen nicht mehr ein- bzw. durchgehalten werden. Im Spannungsfeld zwischen Sorgfaltsstandards und Budget muß festgelegt werden, worauf sich das Hauptaugenmerk der Betrachtung richten soll: auf individuelle oder statistische Daten, auf Arzthaftung (ex post!) oder Sozialrecht (ex ante), auf Wirtschaftlichkeit oder Menschlichkeit wie immer sie interpretiert werden mag. Auf die Schere zwischen vorhandenen und nötigen Spenderorganen bezogen, sieht Professor Fuchs im Dilemma zwischen Zuteilung und Entzug sogar die Einheit der Rechtsordnung in Gefahr. Statistische Angaben zur Transplantation: ca. 40.000 Transplantationen jährlich weltweit 1997: 3.839 Transplantationen in Deutschland (davon 562 Herzen, 762 Lebern, 2.249 Nieren) Allein in Deutschland ist die Warteliste dreimal so lang! (12.000 Organe, darunter 10.000 Nieren, würden gebraucht) 2010: Pharmafirmen prognostizieren einen Umsatz von 6 Mrd. Dollar für die Verpflanzung von Tierzellen, -geweben oder -organen auf Menschen. Foto: privat Nicht nur Organe fehlen! Foto: privat ............................. ....................................................................... Prof. Dr. Christoph Fuchs, Hauptgeschäftsführer des Bundesärztekammer Köln Professor Dr. Bruno Reichart, Direktor der Herzchirurgischen Klinik und Poliklinik im Klinikum Großhadern in München, sieht die Xenotransplantation als letzten Ausweg in einer Hierarchie von Lösungsmöglichkeiten für das Grundproblem Organknappheit. An erster Stelle steht für ihn die Notwendigkeit, die Zahl der Organspender anzuheben. Zweitens plädiert er für eine bessere und längere Nutzung verpflanzter Spenderorgane. Schließlich möchte er, bevor die Frage der Übertragung von Tierorganen zu entscheiden ist, die Alternative der Entwicklung und Verpflanzung künstlicher Organe prüfen. Ein Mensch ist kein Schwein Reicharts Bedenken wurzeln nicht zuletzt in der Unterscheidung zwischen konkordanter und diskonkordanter Xenotransplatation. Die konkordante (und deshalb für den Menschen mit vergleichsweise geringeren Risiken behaftete) Xenotransplantation wäre nur mit Organen großer Affen, zum Beispiel Pavianen, zu realisieren. Daraus würde jedoch ein gravierendes ethisches Problem erwachsen. Man könnte dies zwar bei diskonkordanter Xenotransplantation (ganz überwiegend die Transplantation von Organen des Schweins) umgehen, würde aber damit eine Reihe anderer Schwierigkeiten provozieren: Dem oft genannten Vorteil der anatomischen Größe von Schweineherzen steht vor allem die stärkere, hyperakute Abstoßung entgegen. Ob dagegen Entwicklung und Einsatz von Anti- und Anti-Antikörpern helfen können, wird noch erforscht. Schließlich ist und das gilt für alle Formen der Verpflanzung tierischer Organe, Gewebe oder Zellen auf den Prof. Dr. theol. Klaus Tanner aus Halle räumte ein, daß es zwar keine Verdammung der Xenotransplantation durch die evangelische Kirche gebe, sieht aber den wichtigsten Ansatz zur Lösung des Problems ganz woanders, nämlich bei der besseren Prävention im Alltag. Eigentlich sei das ganze aber eine Stellvertreterdiskussion, denn im Grunde gehe es um die Frage Was macht die moderne Apparate-Medizin mit dem Menschen? und in diesem Kontext um die Entscheidung, ob das Vertrauen in die Medizin gestärkt oder untergraben wird. Mit seinen Reflexionen über die Definition eines guten Lebens, die Utilitarismus als Argumentationsstrategie ausschließe, ging er dann weit über den vorgegebenen Themenrahmen hinaus. Ass. Stefan Jungeblood aus Göttingen analysierte das Problem aus juristischer Sicht. Mit Blick auf Artikel 1 des Grundgesetzes Die Würde des Menschen ist unantastbar hält er diese zumindest dann für verletzt, wenn der Mensch zum bloßen Objekt degradiert wird. Deshalb sind zurzeit Versuche am Menschen nicht vertretbar; nur am Tiermodell dürfe weitergeforscht werden. Schließlich wies er darauf hin, daß das Ende 1997 in der Bundesrepublik Deutschland verabschiedete Transplantationsgesetz auf die Xenotransplantation keinesfalls anwendbar sei. Die Stirnwand des Festsaals ziert ein Bildnis Martin Luthers vor dem Reichstag in Worms, wo er nach seinem Verhör gesagt haben soll: Ich bin hindurch! doch nach der diesjährigen Disputation dürfte keiner der Anwesenden, weder im Podium noch im Publikum, dieser Meinung gewesen sein . Das Thema wird Mediziner und Juristen, Philosophen und Theologen, Betroffene, ihre Angehörigen und viele andere noch lange beschäftigen ein Ende der Diskussion ist nicht in Sicht. Aspekte Öffentliche Disputation zum Reformationstag 1998 in Wittenberg: Margarete Wein Impressum Herausgeber: Der Rektor Prof. Dr. Reinhard Kreckel Redaktion und Layout: Jens Gerth, Dr. Monika Lindner, Ute Olbertz, Stefan Schwendtner (Koordination), Dr. Margarete Wein Anschrift: Rektorat der Martin-Luther-Universität 06099 Halle/Saale Ruf: (0345) 5 52 14 20/22/24, 5 52 10 08 Telefax: (0345) 5 52 70 82, 5 52 72 08 e-mail-Adressen: m.lindner@zuv.verwaltung.uni-halle.de m.olbertz@zuv.verwaltung.uni-halle.de m.wein@zuv.verwaltung.uni-halle.de Internet-Adresse: www.verwaltung.uni-halle.de/dezern1/presse/welcome.htm Grafik-Design: Barbara und Joachim Dimanski, Halle Druckvorstufe: Satz & Grafik Halle Druck: Union Druck Halle 5 Foto: Studentenwerk Halle Die Studierenden von morgen heute von ihren studentischen Eltern der Obhut der Kindereinrichtungen des Studentenwerks anvertraut, machen sich rechtzeitig mit den einschlägigen Örtlichkeiten bekannt. ............................. ....................................................................... Die Studentenwerke blicken auf eine lange Geschichte zurück. Die Wurzeln für ihr Entstehen sind in der allgemeinen Mangelsituation nach dem ersten Weltkrieg zu suchen. Die Versorgungslage war schlecht, die Kosten für ein Studium stiegen immer mehr an, die beginnende Inflation tat ein übriges ... So bildeten sich an verschiedenen Orten studentische Selbsthilfegruppen, die ihrerseits die Basis für die Studentenwerke waren, die nach und nach in vielen deutschen Universitätsstädten ihre vielseitige Arbeit aufnahmen. Nach dem zweiten Weltkrieg taten wiederum private Initiativen an den Hochschulen not, um auf dieser Grundlage die Studentenwerksarbeit wiederzubeleben. Die wichtigsten Aufgaben: Verpflegung bereitstellen, Notunterkünfte schaffen, Werksarbeit vermitteln. In Halle schlossen sich am 6. Mai 1931 die Hilfsorganisationen Akademische Speiseanstalt und Hallesche Studentenhilfe e. V. zum Studentenwerk Halle zusammen. Während die Studentenwerke in den alten Bundesländern in den 60er und 70er Jahren in Anstalten öffentlichen Rechts umgewandelt wurden, da sie Ausbildungsförderung als Verwaltungsaufgabe nur in dieser Rechtsform wahrnehmen konnten, mußten sie in der DDR ihre Tätigkeit einstellen. Hier hatten die Hochschulen die sozialen Probleme der Studierenden in eigener Verantwortung bzw. analog zu den ansonsten üblichen staatlichen Vorgaben zu regeln. Die Vereinigung von 1990 folgerichtiger Schritt nach der politischen Wende im Jahr 1989 eröffnete auch im östlichen Teil Deutschlands Möglichkeit und Notwendigkeit für das aus dem universitären Leben (einschließlich dem der Fachhochschulen) nicht wegzudenkenden Wirken der Studentenwerke. Gegenwärtig sind es insgesamt 65 Studentenwerke in der Bundesrepublik Deutschland (in den neuen Bundesländern zwölf), die nach den Grundsätzen der Gemeinnützigkeit und der Selbstverwaltung arbeiten. Die verschiedenen Leistungen des Studentenwerkes werden im wesentlichen aus eigenen Erträgen, Landeszuschüssen und Semesterbeiträgen finanziert. Die Semesterbeiträge der Studierenden betrugen bisher 25,00 DM pro Student(-in). Per Studentenwerksgesetz vom 30. September 1991 ermöglichten sie dem Studentenwerk, ein gleichbleibend gutes und kostenfreies Angebot an Serviceleistungen im sozialen und kulturellen Bereich für Studierende zu garantieren, denn sie müssen nicht wie in anderen Bundesländern üblich für den Ausgleich von Defiziten verwendet werden. Um diesen Vorteil zu verstetigen, hat der Verwaltungsrat der Erhöhung der Semesterbeiträge von 25,00 DM auf 35,00 DM ab Sommersemester 1999 zugestimmt und rechnet fest damit, daß auch seitens der Studierenden das notwendige Verständnis für diese Maßnahme aufgebracht werden wird. Verpflegungsbetriebe In erster Linie für die Studierenden, aber auch für die Beschäftigten der Hochschulen ist eine ernährungsphysiologisch ausgewogene und preisgünstige Verpflegung an allen Werktagen eine wichtige Voraussetzung, um ihre tägliche Pflichten und Aufgaben optimal zu bewältigen. In Mensen und Nebenmensen bekommt man deshalb täglich vor allem abwechslungsreiche Mittagsmahlzeiten. Das Studentenwerk Halle Dem Studentenwerk Halle obliegt festgeschrieben im Studentenwerksgesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 30. September 1991 die soziale, wirtschafliche, gesundheitliche und kulturelle Förderung von derzeit rund 20.000 Studierenden an vier Hochschulen in fünf Städten des Landes: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Burg Giebichenstein Hochschule für Kunst und Design, Fachhochschule Merseburg und Hochschule Anhalt in den Standorten Köthen, Bernburg und Dessau. Drei Organe, in denen sowohl Hochschulangehörige als auch Studierende vertreten sind, tragen die Verantwortung für die Wirtschaftsführung: der Verwaltungsrat, der Vorstand und der Geschäftsführer. Klein, aber fein: das Wohnheim 1 in Merseburg Aus eigenen Erträgen und Landeszuschüssen werden die Bereiche studentisches Wohnen und Verpflegungsbetriebe finanziert. Förderprogramme (Kredite) stehen für Investitionen baulicher Art zur Verfügung, die bestimmte Bedingungen erfüllen und vom Studentenwerk zurückgezahlt werden müssen. Das Aufgabenprofil des Studentenwerkes umfaßt die Betreuung der Studierenden in der gesamten Breite sozialer Belange; gleichzeitig ist das Studentenwerk Partner der Hochschulen. Für sein allseitiges Funktionieren als Unternehmen sorgen die Bereiche Personalwesen, Finanz- und Rechnungswesen, Investitions-/Bau- und Bertriebsverwaltung, Innenrevision, Justitiariat und der eigene EDV-Bereich. BAföG Foto: Studentenwerk Halle Mannigfache Ursachen bedingen jedoch eine Rückläufigkeit der Ausbildungsförderung und lassen eine grundlegende Reform als unumgänglich erscheinen. Bisher haben die verschiedenen Modelle noch nicht zu einem positiven Ergebnis geführt, so daß viele Studierende im verstärktem Maße auch in der Vorlesungszeit eine Erwerbstätigkeit suchen und annehmen müssen. Foto: Klett Aspekte Das Studentenwerk Halle Es ist empfehlenswert, daß jeder Studierende einer Hochschule einen Antrag auf Förderung stellt. Die Entscheidung darüber erfolgt auf der Grundlage des 18. BAföG-Änderungsgesetzes: Jeder Einzelfall wird im BAföG-Amt von kompetenten Fachleuten gewissenhaft geprüft und geklärt. Für den kleinen Hunger zwischendurch gibt es in Mensen und Cafeterien vormittags und nachmittags ein ergänzendes Angebot. Studierende bezahlen durchschnittlich 2,00 bis 5,00 DM für das Mensaessen. Durch den Landeszuschuß ist es möglich, das Sortiment zu akzeptablen und stabilen Preisen bereitzuhalten. Eine Umfrage ergab, daß die MensaBesucher bewußt auf Produkte aus ökologischem Anbau oder Lebensmittel regionaler Herkunft achten. Wird dies auch im Speiseplan ausgewiesen, darf die Portion Salzkartoffeln auch gern 10 Pfennige mehr kosten. Im Jahr 1997 wurden vom Studentenwerk Halle 1.200.000 Portionen ausgegeben. Dabei sind Küchenleiter und Mitarbeiter unserer 15 Einrichtungen (Mensen, Nebenmensen, Cafeterien) an allen Standorten stets bemüht, ihre Gäste nicht nur satt zu machen, sondern auch alles geschmackvoll und appetitlich anzurichten. Schrittweise werden die einzelnen Einrichtungen saniert und es wird moderne Küchentechnik installiert, so daß auch für die nächsten Jahre beste Voraussetzungen bestehen. 6 Foto: Klett Hoffentlich wird später mal mein Studium nicht genau so anstrengend! Schwerstarbeit bei der Sanierung des Küchentrakts in der Mensa am Weinbergweg Das Studentenwerk selbst organisiert in jedem Semester eine Veranstaltung, die einfach ein Gaudi ist und/oder sportliche Fitneß verlangt etwa beim Sommerspektakel mit Trabi-Wettschieben oder, am Studentenwerkstag im Wintersemester, die Küchen-Künste der Verpflegungsbetriebe präsentiert. Natürlich ist immer Musik dabei. Bestimmte Trends leichte Kost, vegetarische oder saisonbedingte Gerichte werden zunehmend in die Speisepläne aufgenommen, um den Studierenden auf der Basis verbesserter Ernährungskonzepte eine möglichst große Auswahl an Komponentenessen zu bieten. Durch die Möglichkeit der Zahlung mit der Giro-Vend-Karte, die überall erhältlich ist, werden überdies die Wartezeiten an den Kassen minimiert. Foto: Klett Internationales Der Andrang in den Mensen beweist alle Tage wieder: Freundlich angeboten, schmeckts besonders gut! Beratungsdienste Studentisches Wohnen Wie die Mehrzahl der BürgerInnen wollen auch Studierende attraktiver wohnen als das bisher, zum Beispiel in den DDR-uniformen Einheits-Internaten möglich war. Unter Berücksichtigung neuer Raumkonzepte und vielfach geäußerter Wohnwünsche wurden dafür 1997 ca. 3,7 Mio. DM ausgegeben. Da aber die Miete sozial vertretbar bleiben soll und muß, waren der Kühnheit baulicher Veränderungen natürliche Grenzen gesetzt. Studierende zahlen je nach Sanierungsgrad, Ausstattung und Wohnform jetzt zwischen 108,00 und 401,00 DM Bruttowarmmiete pro Person und Monat; in derzeit 34 Wohnheimen können sie von 3.600 Wohnplätzen individuell Passendes aussuchen. Außerdem übernimmt das Studentenwerk in zunehmendem Maße die Vermittlung von Privatzimmern an allen Standorten. im Studienumfeld; dort berät man sie auch bei finanziellen, sozialrechtlichen und im Bedarfsfall bei persönlichen Problemen. Es stehen materielle Mittel für Darlehen, Beihilfen und Freitische zur Verfügung, die aus den Semesterbeiträgen der Studierenden vergeben werden können. Behinderte Studierende, solche mit Kindern, aber auch ausländische Studentinnen und Studenten finden hier kompetente Ansprechpartner. Einen besonderen Service bietet das Studentenwerk mit seinen Beratungsstellen, die im Harz 41 ihren Sitz haben. Die psychologische Beratungsstelle (Dr. Reinhard Palussek) bietet den Studierenden die Möglichkeit, sich psychologisch beraten zu lassen und erfüllt damit eine wichtige präventive Funktion. Sie gibt hilfreiche Unterstützung zur Bewältigung von Lern- und Arbeitsstörungen, Prüfungsangst und Selbstwertproblemen. Mit Selbstsicherheitstraining oder Streßbewältigungstraining kann man in Gruppenkursen oder Einzelsitzungen das mangelnde Selbstvertrauen oder soziale Gehemmtheit und Ängstlichkeit abbauen lernen. Methoden der Selbstentspannung (z. B. Autogenes Training oder Progressive Muskelrelaxation) tragen dazu bei, die Konzentrationsfähigkeit zu erhöhen und gelassener in die Phasen der Prüfungsvorbereitung zu gehen. An die Sozialberatungsstelle (Verena Buchholtz und Helmut Lenz) wenden sich die Studierenden bei Unklarheiten Ansprechpartner Studentenwerk Besucheranschrift Studentenwerk Halle Selkestraße 9, 06122 Halle (Saale) Tel.: 0345 / 218 09 102 Fax 0345 / 218 09 148 e- mail SW Halle @ T-online.de Postanschrift Studentenwerk Halle PF 1105 41, 06019 Halle (Saale) Kindereinrichtungen Zur Betreuung der Kinder studentischer Eltern gibt es an allen fünf Standorten Kindereinrichtungen des Studentenwerks, die speziell auf die Bedürfnisse der Eltern eingestellt sind. Beispielsweise werden die Öffnungszeiten an Vorlesungszeiten und Praktika orientiert und Kinder von Studierenden bevorzugt aufgenommen. Aspekte Anstalt Öffentlichen Rechts Im Rahmen des Deutsch-Französischen Jugendwerkes baut das Studentenwerk Halle eine Partnerschaft zum C.L.U.O.S. Chambery auf. Die Studierenden können Sprache, Land und Leute kennenlernen: Fachlicher Wissensdurst und Freizeitinteressen werden zu moderaten Preisen optimal kombiniert. Seit vier Jahren betreut das Studentenwerk Tutoren der Robert-Bosch-Stiftung, die aus Amerika, Frankreich und Polen kommen, zwei Semester bleiben, um Sprache und Landeskultur zu vermitteln. Sie sind einerseits in die Fachbereiche der Universität integriert, organisieren aber auch (je nach Wunsch der Studierenden) in eigener Regie Gesprächsrunden, Stammtische und Kino-Abende. Pavillon am Uniplatz Am 6. Mai 1997 wurde aus Anlaß der Feier zum 66. Geburtstag der Gründung des Studentenwerkes in Halle der PAVILLION STUDENTENWERK am Universitätsplatz eröffnet. In diesem gläsernen Rundbau kann man sich über alle Leistungen des Studentenwerkes informieren und direkten Kontakt aufnehmen. Nicht zuletzt die Registrierung für die studentische Job-Vermittlung und die unentgeltliche Hilfe bei der Job-Suche sind hier sehr gefragt. Jutta Uebeler Margarete Wein Sommerspektakel vor der Weinberg-Mensa: Trabi-Wettschieben am 14. Juli 1998 Für kulturelle Projekte oder Initiativen stellt das Studentenwerk ebenfalls Fördermittel zur Verfügung, die aus den Semesterbeiträgen der Studierenden stammen. So sehen sich die Hochschulen in der Lage, studentischen Bedürfnissen im Bezug auf Kleinkunst und Kultur mit einem vielfältigen Angebot, das sich als gleichwertige Ergänzung mit den Angeboten der Städte durchaus messen kann, entgegenzukommen. Foto: Studentenwerk Halle Foto: Studentenwerk Halle Kultur Der gläserne Pavillon am Uni-Platz: Hier gibt es Infos über das Studentenwerk aus erster Hand. 7 ....................................................................... Auf der 5. Sitzung des Akademischen Senats der Martin-Luther-Universität am 11. November 1998 standen folgende Themen, Beschlüsse und Informationen im Mittelpunkt: Haushaltssituation Viel Raum nahm in der Senatssitzung die Diskussion um die sich zuspitzende Haushaltssituation ein. Prorektor Gerhard von Lengerken erläuterte zunächst Aspekte des Mittelabflusses, ehe die vom Land angekündigten Haushaltskürzungen für 1999 aufgegriffen wurden. Für Sachkosten der Fachbereiche und Fakultäten werde zwar voraussichtlich die gleiche Summe wie 1998 zur Verfügung stehen, im Gerätebereich jedoch, bei Bibliotheksund Berufungsmitteln sei mit drastischen Kürzungen zu rechnen. Der Prorektor gab desweiteren bekannt, daß die Struktur- und Finanzkommission im Interesse einer größeren Transparenz über die Änderung der Kriterien für die Mittelaufteilung nachdenkt. Vor allem jedoch im Hinblick auf die Personalsituation bereiten dem Senat der Haushaltsplanentwurf der Landesregierung für 1999 und die möglichen Konsequenzen für die Universität große Sorgen. Rektor Reinhard Kreckel erklärte: Wenn die Haushaltszahlen nicht noch deutlich korrigiert werden, sind wir in unserer Substanz bedroht. Im Personalbereich sieht der Haushalt Kürzungen in Höhe von 16 Mio DM vor. Wenn es bei diesem schmerzhaften Einschnitt bleibe, könne im kommenden Jahr keine einzige der auslaufenden Stellen wissenschaftlicher Mitarbeiter nachbesetzt werden. Die Folge wäre, daß bis Ende des nächsten Jahres von den 650 Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter und Assistenten etwa 280 unbesetzt bleiben müßten. Gerade jedoch der wissenschaftliche Nachwuchs sei der Nerv der Universität, so Kreckel. Im Internet können die Zahlenangaben zur Personalsituation unter Stabsabteilung Öffentlichkeitsarbeit, Aktuelle Meldungen/Pressemitteilungen nachgelesen werden. Angesichts der vorläufigen Haushaltszahlen kündigte der Senat öffentlichen Protest an und regte die Einberufung einer öffentlichen Hochschulversammlung an, um den Mitgliedern der Universität die Finanzlage zu erläutern. Diese berief das Rektorat für den 30. November ein. In der Einladung wies Kreckel darauf hin, daß die schlimmsten Folgen der geplanten Haushaltskürzungen noch verhindert werden könnten, wenn in das neue Haushaltsgesetz zumindest eine Klausel aufgenommen würde, die die Wiederbesetzung von freiwerdenden Qualifikationsstellen für den wissenschaftlichen Nachwuchs und die Nachbesetzung von Professuren garantiere. Entsprechenden Forderungen könne größerer Nachdruck verliehen werden, wenn sie von einem breiten Kreis der Universität mitgetragen würden. Die gegenwärtige Haushaltssperre, die durch das Finanzministerium per Runderlaß vom 12. Oktober 1998 angeordnet wurde, hat eine Wiederbesetzungssperre nicht nur bei Ausscheiden aus Altersgründen, sondern auch für Vertretungen bei Erziehungsurlaub und Mutterschutz verhängt. Der Senat verabschiedete dazu eine Stellungnahme, die den Finanzminister auffordert, diese Maßnahme umgehend wieder aufzuheben. Das Land Sachsen-Anhalt habe sich im Frauenfördergesetz verpflichtet, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besonders zu fördern. Die Wiederbesetzungssperre laufe diesem Ziel direkt entgegen, denn bei den unbefristeten Mitarbeiterstellen an der Hochschule vermittle sie den Instituten das falsche Signal, daß es sicherer wäre, doch eher Männer einzustellen. Zusätzlich informierte der Kanzler die Senatsmitglieder, daß aufgrund der Haushaltssituation keine Lehrlinge an der Hochschule mehr aufgenommen werden könnten. Aber auch auf Dienstleistungen wie Heizung, Telefon und Reinigung der Gebäude (z.B. des Biozentrums oder des Juridicums) wirke sich die Kürzung der Mittel drastisch aus. Ausschreibung Ein Ausschreibungstext zur Besetzung der C4-Professur Theoretische Physik (Quantenphysik) lag dem Akademischen Senat zur Beschlußfassung vor und wurde einschließlich der Zusammensetzung der Berufungskommission zur Weiterleitung an das Kultusministerium befürwortet. Studien- und Promotionsordnungen Der Senat verabschiedete einige Änderungen in der Studienordnung für das Fach Evangelische Theologie mit dem Studienabschluß Erstes theologisches Examen (Diplomprüfung). Die Studiendauer wurde an das Bundesgesetzblatt 1997/70 angepaßt, d. h. die Regelstudienzeit wird für jede zu erlernende Altsprache um ein Semester erhöht. Um die Bereiche Pflicht-, Wahlpflicht- und Wahlfach genauer zu definieren, wurde der Paragraph 5 Lehrveranstaltungen neu aufgenommen. enthielt die neue Ordnung aufgrund der Anpassung an das Hochschulgesetz LSA als Neuregelung die Möglichkeit der Promotion für Fachhochschulabsolventen sowie die Publikation der Dissertation in elektronischen Medien. Voraussetzung für die Promotion der Fachhochschulabsolventen ist nach der Ordnung jedoch ein positives Gutachten der Fachhochschule. Der Einwand einiger Senatoren bezog sich hier auf eine gewisse Abhängigkeit der Universität vom Urteil der Fachhochschule. Mit knapper Mehrheit wurde die Ordnung schließlich verabschiedet, jedoch mit der Auflage, daß in einem Jahr über den Verlauf ihrer Anwendung berichtet werden soll. Berufsbegleitende Studiengänge Der Senat entschied, eine Reihe (insgesamt dreizehn) berufsbegleitende Studiengänge und einen Weiterbildungskurs für Lehrerinnen und Lehrer jeweils unter bestimmten Bedingungen an der Universität einzurichten. Eine Übersicht dazu ist im Internet nachzulesen. Ordnungen Die vorgelegte Ordnung der Philosophischen Fakultät passierte ohne Probleme den Akademischen Senat. Auch den geänderten Verwaltungs- und Benutzungsordnungen der Institute des Fachbereichs Biologie (Genetik, Pflanzen- und Zellphysiologie, Geobotanik und Botanischer Garten, Mikrobiologie, Zoologie sowie der Abteilung Biologiedidaktik) stimmte der Senat zu. Kuratorium des Allgemeinen Stiftungsfonds Das Kuratorium des Allgemeinen Stiftungsfonds gehört zu den Gremien, die nach den Uni-Wahlen neu zu besetzen waren. Folgende Zusammensetzung fand Zustimmung im Senat: Kraft Amtes gehören der Rektor Reinhard Kreckel, der Prorektor für Forschung, Frank Janowski sowie Kanzler Wolfgang Matschke zu dem insgesamt fünfköpfigen Kuratorium. Dr. Petra Kaltwaßer wird aus der Gruppe der wissenschaftlichen MitarbeiterInnen in dem Gremium mitwirken. Ein Mitglied aus der Gruppe der Studierenden soll noch vorgeschlagen werden. Zusammenkunft mit den Dekanen Der Rektor teilte unter Verschiedenes mit, daß er künftig die Dekane der Fakultäten und Fachbereiche in halbjährlichen Abständen zu einem Treffen einladen werde, um anstehende Probleme gemeinsam zu erörtern. Ute Olbertz Foto: Klett ............................. Aus dem Senat 8 Haushalt bereitet Sorgen Der Akademische Senat in historischen Talaren am Reformationstag 1998 in Wittenberg mit dem Oberbürgermeister der Lutherstadt, Eckhard Naumann. Sowohl im Grund- als auch im Hauptstudium wurde der Pflichtbereich zugunsten des Wahlpflichtbereichs eingeschränkt, um den Studierenden einen größeren Spielraum bei der Auswahl der Lehrveranstaltungen zu gewährleisten. Auch eine Satzungsänderung der Promotionsordnung der Theologischen Fakultät fand Zustimmung im Senat. Die Änderung bezieht sich auf die Erweiterung des Paragraphen 14 Veröffentlichung der Ordnung, in dem die Möglichkeit einer elektronischen Publikation der Dissertation aufgenommen wird. Um die ebenfalls vorgelegte geänderte Promotionsordnung der Juristischen Fakultät entfachte sich im Senat eine Diskussion darüber, ob bei einer Promotion grundsätzlich ein Außengutachter herangezogen werden sollte oder nicht. Die Ordnung sieht entgegen der Praxis an anderen Fakultäten keine Außengutachter vor. Außerdem Professor Dr. Gernot Duncker richtete in Halle eine Hornhautbank ein Um kein anderes Sinnesorgan rankt sich ein so geheimnisvolles Flair wie um das Auge, den Spiegel der Seele. Ob es Tränen sind oder strahlender Glanz über die Gemütsverfassung eines Menschen geben die Augen in jedem Fall Auskunft. Auch wer Kontakt mit einem anderen Lebewesen aufnimmt, schaut ihm zunächst tief in die Augen... und oft verrät uns dieses kompliziert gebaute Sinnesorgan, ob das Gegenüber Gutes oder Böses im Schilde führt. Überaus differenziert und nahezu unbegrenzt sind die Ausdrucksmöglichkeiten der Augen. Wenn jedoch Krankheit die Sehkraft beeinträchtigt oder gar das Augenlicht in Gefahr gerät, treten rationale Aspekte in den Vordergrund. Um die Heilung erkrankter Augen kümmert sich Prof. Dr. Gernot Duncker, Direktor der UniversitätsAugenklinik in Halle. Die Universitätszeitung sprach mit dem Arzt, Wissenschaftler und Hochschullehrer über seine Arbeit. Foto: Olbertz ............................. ....................................................................... Gernot Duncker Noch nicht lange seit August 1997 sind Sie Universitätsprofessor für Augenheilkunde an der Medizinischen Fakultät in Halle. Wo haben Sie vorher geforscht und gelehrt? An der Universität Kiel absolvierte ich von 1972 bis 1979 ein Medizinstudium und nahm dort eine wissenschaftliche Assistenz auf. Seit 1984 bin ich Facharzt für Augenheilkunde. Studienaufenthalte führten mich nach Pakistan, an die Mayo Clinic, Rochester, Minnesota, USA und an die Lions Eye Bank, Minneapolis, Minnesota. 1994 wurde ich leitender Oberarzt und stellvertretender Direktor der Klinik für Ophthalmologie der Universität Kiel, 1995 apl. Professor sowie 2. Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft deutscher Hornhautbanken. 1997 folgte ich dem Ruf auf eine Professur für Augenheilkunde nach Halle. Fiel Ihnen der Schritt von Kiel nach Halle an die Saale schwer? Nein, Halle hat mir von Anfang an gefallen. Besonders das reiche Kulturangebot, das Musikleben und die alten Bauwerke begeistern mich. Sicher wird die Stadt im Laufe der nächsten Jahre noch schöner werden, denn es herrscht ja überall Aufbruchstimmung. Der Neuaufbau geht sichtbar voran. Im Juli 1997 bin ich mit meiner Frau und drei Kindern nach Halle gezogen. Ein ansprechendes Wohnhaus fanden wir im Paulusviertel. Auch meine Familie fühlt sich hier wohl. Vorurteile gegen die Saalestadt sind in den alten Bundesländern leider noch weit verbreitet. So haben mich viele meiner Kollegen bedauert, als sie hörten, daß ich den Ruf nach Halle angenommen habe. Sie stellten sich vor, ich würde auf eine Braunkohlenhalde ziehen... Der Entschluß, in den neuen Bundesländern zu arbeiten, begann bei mir eigentlich schon mit der Wiedervereinigung Deutschlands zu reifen. Ich bin froh, daß daraus Wirklichkeit geworden ist, die ich als Herausforderung empfinde. Inwiefern eine Herausforderung? Da wären gleich mehrere Aspekte zu nennen. Kurz: Es gab und gibt einfach viel zu tun. Zum Beispiel war und ist das reizvolle alte Gebäude der Augenklinik in der Magdeburger Straße nicht nur sanierungsbedürftig, es mußte auch auf den neuesten Stand augenärztlicher Technik gebracht werden. Gegenwärtig ist noch eine Reihe von Umbauarbeiten im Gange, unter anderem wird der gesamte OperationsTrakt neu gestaltet und modernisiert. Die Augenklinik verfügt über 60 Betten. Bevor ich nach Halle kam, gab es hier auch noch keine Hornhautbank (Corneabank). Es lag mir besonders am Herzen, in dieser großen Stadt eine solche Corneabank einzurichten, mit deren Aufbau ich sofort begann. Im April 1998 wurde sie eröffnet. Die Mitteldeutsche Corneabank (MCH) hat sich zum Ziel gesetzt, Patienten mit Schäden an der Augenhornhaut ein passendes Hornhaut-Transplantat zu verschaffen. Oft ist in den Medien die Rede von Transplantation innerer Organen wie Herz, Niere oder Leber. Aber von einer Übertragung der Hornhaut des Auges ist seltener zu hören. Bei welchen Augenkrankheiten empfiehlt es sich, Hornhaut zu verpflanzen? Es gibt bereits bei jungen Menschen vererbte, also angeborene Hornhauttrübungen oder -verkrümmungen, die sich erheblich auf die Sehkraft auswirken und bis zur Erblindung führen können. Bei Trübung der Hornhaut gelangt nicht genügend Licht in das Auge. Doch eine normale Sehschärfe kann sich nur entwickeln, wenn das Licht ungehinderten Zugang erhält. Darüber hinaus sind erworbene Entzündungen und Infektionen zu nennen, zum Beispiel mit dem Herpesvirus. Aber auch Verletzungen und extreme Verdünnungen der Hornhaut können eine Transplantation notwendig machen. Die getrübte bzw. geschädigte Cornea wird bei den Patienten entfernt und durch die gesunde, klare Hornhaut eines Spenders ersetzt. Bedeutet eine Hornhautspende also neues Augenlicht für einen Patienten? Ja, das kann man so sagen. Viele Patienten können nach der Transplantation überhaupt zum ersten Mal sehen. Andere sind nach der Operation endlich schmerzfrei, erlangen erstmals volle Sehschärfe bzw. sind möglicherweise auch vor einer endgültigen Erblindung bewahrt. Kann jeder nach seinem Tode Hornhaut spenden? Spielen dabei Gewebeverträglichkeit und Alter eine gewisse Rolle? Im allgemeinen gilt: Jeder Verstorbene, der zu Lebzeiten einer Organentnahme zugestimmt hat und einen Organspendeausweis besitzt, kann für jeden anderen spenden. Selbst eine Hundertjährige kann einem Kind ihre gesunde Hornhaut zur Verfügung stellen. Bei etwa 80 Prozent der Transplantate kommt es auch nicht auf die Blutgruppe an, weil die Cornea normalerweise keine Blutgefäße hat. Nur bei komplizierteren Fällen, zum Beispiel wenn die Hornhaut nach Verletzungen mit Gewebe durchzogen ist, sind annähernd identische Merkmale erforderlich. Die gespendete Hornhaut wird vor einer Transplantation unter dem Mikroskop geprüft. Infektionen des Spenders können jedoch zum Ausschluß einer Verpflanzung führen, das betrifft Krankheiten wie Hepatitis B oder C, Syphilis oder Aids. Solche ungeeigneten Hornhäute können aber dann noch wertvolle Dienste für die wissenschaftliche Arbeit leisten. Wieviele Hornhäute haben Sie schon verpflanzt, seit Sie in Halle sind? Vor dem Aufbau der Cornea-Bank habe ich 20 Hornhaut-Transplantate von Bio Implant Services/Eurotransplant aus dem niederländischen Leiden verpflanzt. Über 60 Transplantationen folgten schließlich mit sachsenanhaltischen Hornhäuten. Dennoch gibt es eine Warteliste, weil nicht genügend Hornhäute da sind. Die Bereitschaft zur Organspende steigt zwar an, ist aber leider immer noch zu gering. Es gilt viel Überzeugungsarbeit zu leisten. In Deutschland warten derzeit rund 5 000 Patienten auf eine Hornhaut-Spende. Bei Herz- und Nieren-Transplantationen ist größte Eile angesagt. Wie lange sind Hornhäute haltbar? Nach dem eingetretenen Tod durch Herz-Kreislauf-Versagen haben die Augenärzte drei Tage Zeit, die Cornea bzw. die Augäpfel zu entnehmen. Entnommene Hornhäute können anschließend in der Cornea-Bank noch bis zu vier Wochen im Brutschrank bei 37° Celsius aufbewahrt werden, bevor eine Transplantation erfolgt. Wie groß ist die Erfolgsrate nach einer Hornhautverpflanzung? Sie ist enorm hoch, die Cornea-Transplantation ist die erfolgreichste Verpflanzung eines Gewebes überhaupt. Der menschliche Organismus toleriert die fremde Hornhaut meist Jahrzehnte lang. Medikamente als Augentropfen gegen eine Abstoßungsreaktion müssen nur vorübergehend genommen werden. Nun gibt es ja noch eine ganze Reihe weiterer Augenkrankheiten... welche Erkrankung tritt am häufigsten auf? Die häufigste Augenkrankheit, zugleich meist unkompliziert zu behandeln, ist die Bindehautentzündung. Fast jeder hat sie schon einmal gehabt, nicht zuletzt weil auch die Zahl der Allergien zunimmt, vielleicht eine Folge der Umweltverschmutzung. Aber auch eine Reihe anderer Ursachen spielt dabei eine Rolle. Zu den schweren Augenkrankheiten dagegen gehören Netzhautablösungen. In Halle haben wir bereits über 400 komplizierte Netzhautablösungen operiert. Zur Netzhaut-Chirurgie veranstaltet die Uni-Augenklinik in Halle übrigens am 15. und 16. Januar 1999 ein Symposium mit direkter Videoübertragung von Operationen in den Hörsaal der Augenklinik. Untersuchung nach einer Augenoperation. Dazu haben Ärzte und Wissenschaftler, niedergelassene Kollegen, Kliniker und Assistenten aus ganz Deutschland ihre Teilnahme angemeldet. Als häufig auftretende Augenkrankheit vor allem bei älteren Menschen ist noch der graue Star zu nennen, der schon ein bißchen von seinem Schrekken verloren hat, gibt es doch gute Erfolge mit der künstlichen Linse. 800 bis 1 000 entsprechende Operationen werden im Jahr an der Uni-Augenklinik durchgeführt. Die Einpflanzung einer künstlichen Linse ist, auch bei verschiedenen Augenverletzungen, schon fast eine Routineoperation. Auf welchen Gebieten forschen Sie? Da müssen wir wieder auf die Hornhäute zurückkommen, auf die ich mich spezialisiert habe. So interessiert mich unter anderem die Frage, wie Hornhautkonservierungen noch verbessert werden können. Ebenso beschäftigen mich die Immunologie der Transplantatabstoßung und die refraktive Hornhautchirurgie. Zum Beispiel gehören Hornhautoperationen, die Brillenkorrekturen überflüssig machen, zu meinem Forschungsfeld. Ein weiteres Untersuchungsprojekt widmet sich der Problematik, wie man Kurzsichtigkeit mit Eximer-Lasersystemen behandeln kann. Wollen viele der Studierenden Augenarzt oder -ärztin werden? Nachfrage und Interesse sind so groß, daß leider viele diesem Wunsch nicht nachgehen können. Die Bewerberzahl für Assistenzarztstellen übersteigt derzeit bei weitem unsere Möglichkeiten. Es sind bereits fünfzehn Assistenzärzte/ innen an der Augenklinik tätig. Was halten Sie von farbigen Kontaktlinsen, zum Beispiel Katzenoder Schlangenaugen, die zur Zeit in sind und gern auf Partys getragen werden? Sie sollten auf jeden Fall nicht ohne augenärztliche Betreuung benutzt werden, weil sie bei unkontrollierter Anwendung Infektionen der Hornhaut auslösen können. Wie oft sollte man zum Augenarzt gehen? Häufig suchen Patienten erst dann den Augenarzt auf, wenn sie Beschwerden haben. Das ist oft schon zu spät. Viele Krankheiten sind heilbar, wenn man sie frühzeitig erkennt. Zu einer augenärztlichen Kontrolle pro Jahr würde ich jedem raten. Die Universitätszeitung bedankt sich für das Interview. interview Ein tiefer Blick in die Augen Menschenaugen! In deren Licht wie unter dem Spiegel des unergründlichen Meeres all das Geheimnisvolle des Wissens und Nichtwissens verborgen lag, alle Fehler und Irrungen des Herzens, alles Verstehen und Begreifen, und alle Liebe. Bruno Apitz Das Gespräch führte Ute Olbertz. Foto: Olbertz 9 Kultur in unserer Nachbarschaft das Puppentheater der Stadt Halle das Ensemble an die 350 Vorstellungen im Jahr vor immerhin mehr als 25 000 Zuschauern. Das Repertoire umfaßt Märchen, Kinderbuchbearbeitungen, klassische Stoffe und viele eigene Stücke. Das Märchen war schon immer eng mit dem Puppenspiel verbunden. Vor allem Kinder fesselt diese Beziehung. Nicht zuletzt deshalb gehören Der gestiefelte Kater oder der Kleine Muck immer wieder zu den Publikumsmagneten. Pünktlich zum ersten Advent hatte denn auch ein neues altes Märchen Premiere: Der standhafte Zinnsoldat, Hans Christian Andersens zauberhafte Geschichte von jener einbeinigen Zinnfigur und ihrer großen Liebe zur wunderschönen Tänzerin. Und die Erwachsenen? Für sie hebt sich an vielen Abenden um 20.30 Uhr der Vorhang. Shakespeares Ein Sommernachtstraum, Romeo und Julia, Münchhausen oder Der Untergang des Hauses Usher von Edgar Allan Poe, Faust. Eine Höllenfahrt in 13 Bildern oder das Roadmovie, ein eigenes Stück, bestehend aus drei szenischen Miniaturen, stehen beispielsweise auf dem Abendspielplan. Kooperation, die bereichert Foto: Schlüter Szene aus Ein Sommernachtstraum von William Shakespeare ............................. ....................................................................... Eigentlich ist das Puppentheater der Stadt Halle einer von zwei Teilen des Theaters für Satire und Figuren. Über dessen andere Hälfte das Kabarett Die Kiebitzensteiner wollen wir demnächst auf dieser Seite berichten. Regiert werden beide Theater von dem gemeinsamen Intendanten Rolf Voigt. Dem Puppentheater selbst steht der künstlerische Leiter Christoph Werner vor. Doch damit genug des Organisatorischen. Lassen wir uns vielmehr in die eigentümliche Welt der Puppen, der Figuren entführen, mit denen die Menschen spielen... Oder die vielleicht sogar selbst mit den Menschen spielen? Wundersame Welt der Puppen Seit 44 Jahren gibt es dieses Theater schon. 1954 gegründet, hat es seither in unzähligen Vostellungen kleine und mehr und mehr auch große Leute durch tausende von Puppenspielen erfreut. Die Puppe ist immer der Mensch an sich. Diese Worte eines berühmten russischen Puppenspielers sind für Christoph Werner von besonderer Bedeutung. Erst der Puppenspieler erweckt die auf der Bühne agierenden Figuren zum Leben vor allem aber unsere Fantasie. Vielleicht erkennen wir uns deshalb in den Puppen wieder, und vielleicht auch ist deshalb die Puppenspielkunst so unvergänglich. Umgestaltung des Ensembles 10 Diese ständige Kommunikation zwischen Mensch und Puppe, die Verknüpfung zwischen Puppenspiel und Schauspiel, ist seit der konsequenten Umgestaltung des Theaters vor ca. drei Jahren zu seinem Markenzeichen geworden. Die sechs PuppenspielerInnen (alle sind AbsolventInnen der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin) agieren auf der Bühne ganz offen mit den Figuren. Man sieht, was beide der Mensch und die Puppe Überhaupt Faust: Er war schon seit jeher ein lohnendes Thema für Puppenbühnen. Aber ob er jemals so frech, so komisch und so aktionsreich dargeboten wurde? Der eigentliche Teufel, der den Doktor Faustus durch die Welt treibt das begreift man bei diesem Spiel ist seine eigene Unzufriedenheit, seine Lebensgier und nicht zuletzt auch sein Wissensdurst. Überdies steht der Faust noch für eine weitere Neuerung am Puppentheater: Drei Fragen an den künstlerischen Leiter Was ist der Grund für die neuen Co-Produktionen, ich denke da z. B. an Münchhausen oder Faust? Je kleiner das Ensemble, um so größer die Gefahr der Erstarrung, des Stillstands. Interessante Konstellationen sind nur möglich, wenn man sich neue Partner sucht. Deshalb pflegen wir die Kontakte zu anderen Theatern und zur Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin. Die genannten Inszenierungen sind aus diesen Kontakten entstanden. Sie haben eine neue Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen, die Loge. Was ist deren Anliegen? Die Loge ist eine Veranstaltungsreihe, in der monatlich ein Mal interessante Gastspiele anderer Theater gezeigt werden. Experimente sind gefragt. Grenzgänger, internationale Stars, aber auch vielversprechende Neulinge finden hier ihr Podium. Das Theater also als Labor künstlerischen Gestaltungswillens. Wie steht es um das Publikum aus der Universität? Sind Sie mit ihm zufrieden? Gibt es vielleicht sogar richtige Fans? Wir haben von Gästen, die in unserem Hause spielen oder sich Vorstellungen bei uns anschauen, oft gehört, daß Halle ein wunderbares vor allem ein junges Publikum habe. Tatsächlich setzen sich die Besucher unseres Abenspielplans zu etwa 75 Prozent aus StudentInnen und Studenten zusammen. Ich glaube schon, daß darunter echte Fans sind, Leute, die sich eine Vorstellung mehrmals anschauen, Gesichter, die uns bekannt vorkommen... Man kann ohne Übertreibung sagen, daß die Studierenden der Universität den Abendspielplan erst möglich machen. Das freut uns natürlich! miteinander tun. Die Puppenspieler führen die Puppen nicht nur. Nein, sie sind gleichberechtigte Partner im Spiel. Das hat einen ganz besonderen Reiz. Die Puppen sind keine Dinge sie leben vielmehr. Gefragt nach den Gründen für diese offene Spielweise, nennt der künstlerische Leiter Lust an der Verwandlung, Spielfreude, Verführung, Überraschung, Demaskierung, Verfremdung, Zuspitzung als Mittel dieser Art des Theaterspielens. die Co-Produktionen. Diese Inszenierung wurde gemeinsam mit der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin erarbeitet. Auch Münchhausen entstand in Kooperation hier mit dem neuen theater. Faszinierend vor allem die schon erwähnte Begegnung von Menschen und Puppen, von Realität und Fiktion. Ein Stück für Kinder, die verstehen wollen und für Erwachsene, die ihre Kindheit noch im Herzen haben so steht es im Programmheft, und so empfinden es die Zuschauer. Theater auch anderswo Natürlich ist das Puppentheater vor allem ein Stadttheater. Gespielt wird zuallererst für das hallesche Publikum. Trotzdem: Unwichtig ist die Gastspieltätigkeit im Theateralltag keineswegs. Mit vielen Inszenierungen gastiert das Ensemble bei nationalen und internationalen Theaterfestivals, so beim Kinder- und Jugentheaterfestival in Frankfurt/Main, zum Winterthurer Theaterfrühling in der Schweiz oder bei szene bunte wähne in Österreich, um nur einige Gastspielreisen zu nennen. Und mit Kannst Du pfeifen, Johanna? geht es im Mai 1999 in die USA zum Seattle International Childrens Festival und nach Kanada zum Calgary International Childrens Festival. Theaterpädagogik ein Angebot Noch einmal zurück zu den Kindern in Halle und zu allen, die mit ihnen arbeiten. Für sie hält das Theater einen umfangreichen Service bereit. Die MitarbeiterInnen des Theaters gehen nach Vereinbarung z. B. in die Schulen, stellen dort den Spielplan vor, geben Anregungen für die Einbeziehung der Stücke in den Deutschunterricht, führen in die Thematik ein, machen mit den Autoren bekannt und vieles mehr. LehrerInnen und ErzieherInnen haben die Möglichkeit, sich bereits vor der Premiere die entsprechende Probe anzusehen. Außerdem werden vom Theater die Projekttage an den Schulen unterstützt, so u. a. durch Hilfen bei der Regie oder der Anfertigung von Figuren. Sind Sie neugierig geworden auf die Puppen und ihre Menschen? Dann entscheiden Sie sich schnell, denn viele Stücke sind bereits lange im voraus ausverkauft. Monika Lindner Bild unten: Szene aus Faust. Eine Höllenfahrt in 13 Bildern; in der Mitte Tilla Kratochwil als Margarete Vom Märchen bis zur Klassik Etwa sechs neue Produktionen werden in jeder Spielzeit neu erarbeitet. Vier davon sind für Kinder und zwei für Erwachsenen gedacht. Insgesamt spielt Foto: Schlüter K KUULL TT U R UR Lust an der Verwandlung Hiobsbotschaften im Herbst Der Hochschulhaushalt 1999 soll um 7% gekürzt werden Der Haushalt der Martin-Luther-Universität soll nach den Vorstellungen der Landesregierung im Jahr 1999 von 260 Mio* auf 242 Mio DM, das heißt um 7% gekürzt werden. Eine derartig dramatische Reduzierung der Mittel können wir nicht ruhig hinnehmen. Angesichts der schwierigen Haushaltslage in Sachsen-Anhalt habe ich als Bürger und als Rektor für einen seriösen und maßvollen Sparkurs durchaus Verständnis. Das erfordert allerdings langfristige Vorgaben und verläßliche Rahmenbedingungen. Beides ist im Augenblick nicht gegeben. Die momentane Haushaltspolitik führt schon kurzfristig zu untragbaren Verhältnissen in der Lehre und zur Reduzierung der Forschungsleistung. Ungünstigster Zeitpunkt Die Kürzungen treffen die Universität zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Wir befinden uns noch immer in einer Phase des Aufbaus und der Neustrukturierung. Von den 333 Professuren sind im Augenblick lediglich 261, das heißt 78 % besetzt. In vielen Instituten fehlen wichtige Eckprofessuren. Selbstverständlich können für einen begrenzten und absehbaren Zeitraum Vertretungen organisiert werden. Auch mit vorübergehenden Engpässen können wir leben. Aber wenn der Aufbau der Universität durch das schleppende Berufungsgeschehen insgesamt in Frage steht, wird die Lage ernst. Das wissenschaftliche Profil eines Fachbereichs wird sehr sorgfältig erwogen und mit den Empfehlungen des Wissenschaftsrats abgestimmt. Die einzelnen Professuren ergänzen sich in Forschung und Lehre. Sie sind nicht einfach gegeneinander austauschbar oder nach Belieben wegzustreichen. Eines der gravierendsten Probleme unserer Universität ist der große Altbaubestand, der viele Jahrzehnte lang ungenügend gepflegt worden ist. Wichtige Bau- und Sanierungsmaßnahmen, die dazu dienen, unseren 13.300 Studierenden geeignete Lernbedingungen und den Wissenschaftlern wettbewerbsfähige Forschungsmöglichkeiten zu schaffen, müßten jetzt gestoppt werden, wenn die erforderlichen Mittel verweigert werden. Darüber hinaus verfügt die Universität Halle über zahlreich architektonisch wertvolle Gebäude. Dieses städtebaulich bedeutsame kulturelle Erbe muß, in Verantwortung für künftige Generationen, sorgsam gepflegt werden. Die fehlenden Baumittel stellen auch dies in Frage. Der Buchbestand unserer Universitätsund Landesbibliothek ist gerade in den sozial- und geisteswissenschaftlichen Bereichen zum Teil immer noch äußerst lückenhaft. Die Ergänzung des Büchergrundbestandes ist keineswegs schon abgeschlossen, und die fortlaufende Anschaffung der aktuellen Fachliteratur ist unerläßlich. Dennoch sollen 1999 die Mittel stark heruntergefahren werden. Aufgrund dieser Kürzungen müßte jede dritte Zeitschrift abbestellt und der Kauf von Fachliteratur stark reduziert werden. Bibliotheken sind aber in ganz besonderem Maße auf Kontinuität angewiesen. Zeitschriftensammlungen, bei denen einzelne Jahrgänge fehlen, verlieren ihre wissenschaftliche Bedeutung. Bei unserer Universität verhält es sich zur Zeit, so könnte man sagen, wie bei einem Flugzeug im Steigflug: Es braucht beim Aufstieg mehr Treibstoff, um dann, in größerer Höhe, sehr viel gelassener und sparsamer dahingleiten zu können. Wenn jetzt die Zufuhr gedrosselt wird, dann ist alles gefährdet. Wer denkt an den Nachwuchs? Wir sollen 1999 mit 16 Mio DM weniger Personalmittel auskommen, als wir für die Finanzierung unseres von der Landesregierung beschlossenen Stellenplanes eigentlich bräuchten (Bedarf: 212,7 Mio - Entwurf: 196,5 Mio). Selbst wenn wir nur das zur Zeit vorhandene Personal halten wollen, wären schon etwa 201,5 Mio DM erforderlich - also rund 5 Mio DM mehr, als uns zur Verfügung gestellt werden sollen. Diese 5 Mio DM könnten wir nur erwirtschaften, indem alle freiwerdenden oder jetzt schon vakanten Stellen für die Nachwuchswissenschaftler nicht wiederbesetzt würden. Von den 650 im Haushaltsplan vorgesehenen Stellen für den wissenschaftlichen Nachwuchs wären auf diese Weise Ende 1999 nur noch rund 170 (oder 26,5%) plangemäß besetzt. Weitere 200 Nachwuchsstellen sind zur Zeit dauerhaft blokkiert; etwa 280 Stellen, über 40%, müßten aus Geldmangel unbesetzt bleiben. Auch für unsere jüngsten Mitarbeiter, die studentischen Hilfskräfte und die Azubis, wäre nicht mehr genug Geld da. Dies liefe auf einen völlig planlosen, zufälligen und unstrukturierten Personalabbau hinaus, gegen den wir uns energisch zur Wehr setzen müssen. (Weitere und detailliertere Informationen zum Personalhaushalt 99 finden Sie im Internet: http://www.verwaltung. uni-halle.de/dezern1/presse/aktuell/ haushalt.htm.) Investitionen für die Zukunft Bildungsinvestitionen sind Investitionen für die Zukunft. Ein Land wie Sachsen-Anhalt, in dem die traditionellen industriellen Strukturen weggebrochen sind, muß sich als Wissenschafts- und Dienstleistungsstandort einen Namen machen. In Anbetracht des momentanen Haushaltsentwurfes sehe ich nicht, wie dies geschehen soll. Wer an den Hochschulen spart und sie schon wieder zwingt, von der Substanz zu leben, der gefährdet die Zukunft des ganzen Landes. Es wäre kurzsichtig, hier nur akademische Eigeninteressen bedroht zu sehen. Die Universität HalleWittenberg ist mit über 6 000 Mitarbeitern ein entscheidender Wirtschaftsfaktor im Süden Sachsen-Anhalts. Sie ist die wichtigste Stätte der Forschung im Land, und sie ist die einzige Volluniversität in Sachsen-Anhalt, die über 13 000 Studierenden - überwiegend Landeskindern - ein breites Lehrangebot liefert. Mit ihrer fast 500jährigen Tradition hat sie wichtige Teile der Geschichte des Landes mitgeschrieben. Von den Hochschulen werden auch in Zukunft wertvolle Impulse ausgehen - wenn man ihnen Luft zum Atmen läßt. Weiter verhandeln Weit über 1000 Studierende, Mitarbeiter und Professoren haben am 30. November die Hochschulversammlung besucht und diese Hiobsbotschaften mit großem Ernst aufgenommen. Sie haben keinen Zweifel daran gelassen, daß sie der Universitätsleitung bei ihren weiteren Verhandlungen mit der Landesregierung und dem Parlament nachhaltig den Rücken stärken werden. Reinhard Kreckel * ohne Medizinische Fakultät und Klinikumshaushalt Vierundzwanzig Fragezeichen Miniaturporträt Klaus Friedrich Niemand weiß, wieviele Varianten jenes Fragebogens, der durch die Antworten von Marcel Proust so berühmt geworden ist, inzwischen existieren. Der ganz eigene Reiz dieses Spiels wird in den Medien immer wieder neu entdeckt, denken wir nur an das FAZ-Magazin, an Forschung & Lehre oder auch ans UNICUM. scientia halensis spielt ebenfalls mit. Diesmal heißt unser Match-Partner Klaus Friedrich. 1. Warum sind Sie in Halle und nicht anderswo? Berufungsorte haben immer etwas mit Zufall zu tun. In meinem Fall führte er mich in die Region meiner Kindheit zurück. 2. Wenn nicht Professor für Sozialgeographie, was wären Sie dann geworden? Lehrer. 3. Was war an Ihrer Studienzeit am besten? Die Leichtigkeit des Seins. 4. Wer war für Sie der/die wichtigste Lehrer/in? Professor Eugen Kogon. 5. Welchen Rat fürs Leben geben Sie Ihren KollegInnen? Da Wissenschaftler durch ihr Handeln nicht Wahrheit, sondern bestenfalls Erkenntnisfortschritt erreichen, sollten sie unbefangener mit Kritik umgehen und anderen ein Recht auf Irrtum zugestehen. 6. Welchen Rat fürs Überleben geben Sie Ihren StudentInnen? Neben den notwendigen Mühen des studere darf die Freude an der Sache nicht zu kurz kommen. 7. Wenn Sie Rektor dieser Alma Mater wären was würden Sie als erstes tun? Den wahrscheinlich erfolglosen Versuch unternehmen, die Bürokratie abzubauen. 8. Wenn Sie Bundesminister für Forschung wären was würden Sie niemals tun? Das bißchen Hochschulautonomie noch mehr beschneiden. 9. Was ist Ihrer Meinung nach die erste Aufgabe der Wissenschaft? Einen sinnvollen Beitrag zur Daseinsbewältigung zu leisten. 10. Was haben Intelligenz und Menschlichkeit miteinander zu tun? Häufig scheinen sie Gegensätze zu sein. Glücklich kann sich jedoch derjenige nennen, der beides in sich vereint. 11. Welchen bedeutenden Menschen unserer Zeit hätten Sie gern als Gesprächspartner(-in)? Astrid Lindgren, um mit ihr über das Altern nachzudenken. 12. Wie schätzen Sie das Verhältnis zwischen Mensch und Technik ein? Technik ist Menschenwerk und deshalb mit Stärken und Schwächen behaftet. 13. Was halten Sie von Werbung? Es gibt Verführungen, gegen die nichts einzuwenden ist. 14. Wie reagieren Sie, wenn Sie sich schrecklich ärgern? Nicht immer mit der richtigen Strategie. 15. Worüber haben Sie sich in Ihrem Leben am meisten geärgert? Über Menschen, die meinen, sich aufgrund ihrer Position über andere erheben zu können. Foto: Meise ............................. ....................................................................... 16. Wenn Sie sich sehr freuen, was tun Sie dann? Dann drücke ich jemanden ganz fest oder werfe meine Mütze in die Luft. 17. Was hat Sie bisher am meisten erfreut? Viele Mützen in der Luft. 18. Wo sehen Sie Ihre Schwächen? Ich schaffe es einfach nicht, meinen Schreibtisch aufzuräumen und nehme mir meist zuviel vor. 19. Wo sehen andere Ihre Stärken? Das können andere besser beurteilen. 20. Was erwarten Sie von der Jahrtausendwende? Um ehrlich zu sein: keine grundlegenden Veränderungen. 21. Welchen Ort der Welt möchten Sie unbedingt noch kennenlernen? Die Quellen des Amazonas. 22. Womit verbringen Sie Ihre Freizeit am liebsten? Gemeinsam mit meinen beiden Töchtern und meiner Frau. 23. Wie lautet Ihre Lebensmaxime? Bleib Dir treu. 24. Was halten Sie von Interviews? Sie geben einem manchmal außerplanmäßig Gelegenheit zum Nachdenken über sich selbst und sein Tun. Aus der Vita: 1945 geboren in Ermsleben am Harz, 19661971 Studium der Geographie und Wissenschaftlichen Politik von an der TH Darmstadt, 19711995 dort als wiss. Mitarbeiter und nach der Habilitation als Privatdozent in Forschung und Lehre tätig, längere Forschungsaufenthalte in Kalifornien und Hong Kong, 1995 Vertretungsprofessur in Halle, 1996 Ruf auf die Professur für Sozialgeographie am FB Geowissenschaften der Martin-Luther-Universität, seit 1981 verheiratet mit Mary-Louise Friedrich, zwei Töchter (Insa und Anne). MUROF FORUM ............................. ....................................................................... 11 Das Studententheater der Martin-Luther-Universität ....................................................................... Brecht Himmel, Sterne kracht, spritzt schwefelblaue Flammen...! Am 14. November präsentierte das Studententheater der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg seine neue Inszenierung Doktor Faustus. Nach zwei ausverkauften Vorstellungen im Tintenfaß des neuen theaters, einer Menge Aufregung und Spaß, Lampenfieber, vielen Proben und harter Arbeit stellt sich nun bei uns langsam doch das befriedigende Gefühl ein, etwas geleistet und es nicht umsonst geleistet zu haben. Drei gelungene Produktionen Foto: Scholz Wir sind Studierende verschiedenster Fachbereiche der Martin-Luther-Universität, die auf unterschiedlichen Wegen, aber sicher alle geleitet von der Lust am Theater, am Neuen, am Ausprobieren, den Weg zu diesem ständig wechselnden Ensemble fanden. 1994 als Eigeninitiative einiger StudentInnen gegründet, blickt das Studententheater mittlerweile auf bereits drei gelungene Produktionen zurück: 1995 KleinbürSzene aus Dr. Faustus. Mitte: Sven Fritsch als Faust; links u. rechts: Anke Schäfer und Julia Kiesler als (männl.!) Studenten Ansprechpartnerin für alle Fragen rund ums Studententheater der Martin-Luther-Universität: Anna Siegmund-Schultze, Regisseurin, Tel.: 0345/550 7300 gerhochzeit (Bertolt Brecht), 1996 Cosi fan tutte (Lorenzo da Ponte) und 1997 König Hirsch (Carlo Gozzi). Für die künstlerisch-organisatorische Leitung konnte von Anfang an die Regisseurin Anna Siegmund-Schultze gewonnen werden. Und so saßen auch wir vor etwa einem Jahr mit ihr zusammen, um den Stoff des neuen Stückes auszuwählen. Die Wahl fiel auf das Faustthema, doch wir wollten keine auf ein Studententheater zugeschnittene Goetheadaption spielen, sondern die Chance nutzen, mit unseren Möglichkeiten und Fähigkeiten etwas Eigenständiges zu schaffen. Das Ergebnis war ein komplett neues Textbuch, überwiegend basierend auf Christopher Marlowe er schrieb die früheste Theaterfassung nach dem Volksbuch des Doktor Fausten und diversen Puppenspielen. Keine einfache Aufgabe, daraus ein dramaturgisches Ganzes zu schmieden. Doch das blieb natürlich nicht die einzige Schwierigkeit, denn nun begann ja erst die eigentliche Arbeit: das Probieren. Die Lokalfrage ließ sich glücklicherweise relativ leicht klären. Das Studentenwerk stellte uns eine Mensa für die Probenarbeit zur Verfügung und auch die Katholische Studentengemeinde im Mühlweg half freundlicherweise mit Probenräumen aus. An dieser Stelle muß an das nt ein herzlicher Dank gehen, welches uns auch dieses Mal das Tintenfaß für die Endproben und mehrere Vorstellungen zur Verfügung stellte. Harte Arbeit bis zur Premiere Studententheater klingt das nicht wie eine Mischung aus Wissenschaft und Kunst? Texte zu lernen und zu sprechen, so sollte man meinen, ist keine Kunst. Es ist wohl eher eine Wissenschaft. Einen Text mehr oder weniger gut vorsprechen kann jeder. Aber ihn auch dem Zuschauer des Stückes so nahe zu bringen und wohlgemerkt: man Ebenfalls Dr. Faustus; links: Sven Fritsch ( Faust), rechts: Heinz Barth (Mephosto) spricht nicht nur auf der Bühne, sondern bewegt sich auch daß er über den tieferen Sinn nicht erst lange nachdenken muß, beziehungsweise mit seinen Gedanken beim Stück bleibt, das ist dann wirklich eine Wissenschaft für sich. Die Kunst daran wiederum ist es, nicht zu verzweifeln, wenn man ständig ............................. ....................................................................... 12 tung widmet, so entschädigt dann eine gelungene Vorstellung auf jeden Fall und für alles. gesagt bekommt, man müsse das aber so und so betonen, obwohl man das manchmal etwas anders sieht. Nicht zuletzt hat ja fast jeder auch eine gewisse Scheu, sich vor zunächst Unbekannten sprachlich und körperlich viel übertriebener zu äußern, als man das sonst gewohnt ist. Um solche Hemmungen abzubauen und zu lernen, sich auch in öffentlichen Situationen frei und sicher zu bewegen, war das Kooperation ist wichtig Foto: Scholz ............................. studentisches Spaß, Lampenfieber und harte Arbeit wöchentliche Bewegungstraining mit dem Choreographen für dieses Stück, ,Matthias Möller, sehr wichtig. Und so kämpft man sich, behindert durch Studienbetrieb wie Semesterferien (alles wieder vergessen?) mit immer stärkerer Nervosität, aber auch immer größerem Enthusiasmus und Freude am Zusammenspiel, denn Fortschritte sind erkennbar und die Mitspieler auch nicht mehr fremd, der Premiere entgegen. Die letzte Probenphase hält stets noch Überraschungen bereit. Jetzt gibt es plötzlich mehr Requisiten, Kostüme, ein Bühnenbild und technische Proben. Erstaunt stellt man fest, daß Umbauten, Standorte der Spieler hinter der Bühne und das Bereitlegen der jeweiligen Requisiten, genauso geprobt werden müssen wie das Stück an sich. Aber wenn bereits die Proben eine durchaus kreative, fordernde, lehrreiche und amüsante Nutzung der Zeit darstellen, die man nicht seiner Bildung an der universitären Einrich- Das Studententheater bietet ein großes Potential für die Zusammenarbeit von Studierenden aus vielen Fachbereichen der Martin-Luther-Universität. Für die historische, kunstgeschichtliche und gesellschaftswissenschaftliche Erschließung von Werken könnten StudentInnen einen Beitrag leisten, auch wenn sie nicht unbedingt auf der Bühne stehen wollen. Eigene Übersetzungen von Stücken, die Mitarbeit von Musikstudenten, Kommunikations- und Medienwissenschaftlern, Sprechwissenschaftlern und der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein könnten dazu dienen, den eigenen Stil des Studententheaters weiterzuentwikkeln und zu manifestieren. Die Liste der Möglichkeiten ließe sich noch lang fortsetzen. Doch wie wird das finanziert? Auch so eine Wissenschaft! Eine Angliederung an die Universität war bisher leider nicht möglich. Doch die Universitätsleitung ist bemüht, Mittel und Wege zu finden, dieses Studentenprojekt zu unterstützen. So konnten auch diesmal Gelder bereitgestellt werden, die dringend benötigt wurden, um Material, Maske, Kostüme, Bühnenbild, Choreographie und Regie zu bezahlen. Denn eine professionelle Anleitung und ein stimmiger Rahmen sind absolut notwendig für das Gelingen einer Produktion. Noch ein Wort zum Abschluß: Studententheater ist nicht nur Ereignis mit Menschen, was ja an sich schon eine hinlänglich lobenswerte Sache wäre, denkt man nur an all die positiven Einflüsse auf die Persönlichkeitsentwicklung, Sozialisation usw., die solch ein gruppendynamischer Prozeß auslösen kann. Nein, es ist auch ein Ereignis für Menschen. Kommen Sie doch einfach mal vorbei, und schauen Sie sich eine Vorstellung an. Christian Schulz Die nächsten Vorstellungen des Faust: am 18. und 19. Januar 1999, jeweils 20.00 Uhr im Tintenfaß des neuen theaters