Spätfolgen nach Frontzahntrauma im Milchgebiss
Transcription
Spätfolgen nach Frontzahntrauma im Milchgebiss
FALLBERICHT / CASE REPORT I.M. Schüler1,2, U. Kraft2, R. Heinrich-Weltzien1 Spätfolgen nach Frontzahntrauma im Milchgebiss – Fallbericht Sequelae after injuries of primary anterior front teeth – Case report Posttraumatische Entwicklungsstörungen der bleibenden Dentition nach Milchzahnverletzungen stellen sowohl diagnostische als auch therapeutische Herausforderungen für den Zahnarzt dar. Der vorliegende Fall zeigt die Spätfolgen eines Frontzahntraumas im Alter von etwa eineinhalb Jahren. Die seit Jahren im Durchbruch stagnierenden mittleren oberen Schneidezähne einer 9-jährigen Patientin wiesen ausgeprägte Formanomalien der klinischen Zahnkrone auf, die Ursache für den Misserfolg der endodontischen Therapie waren. Die langzeitige fachgebietsübergreifende Betreuung der Patientin wird anhand des kieferorthopädisch indizierten orthodontischen Lückenschlusses und der nachfolgenden adhäsiven Umgestaltung der seitlichen Schneidezähne sowie der Eckzähne aufgezeigt. Posttraumatic sequelae of permanent dentition after injuries of primary teeth are challenging the dentist from the diagnostic as well as therapeutically point of view. The presented case shows the late effects after traumatic injuries of primary anterior teeth at the age of one and a half years. The upper central incisors, which stagnated in the process of eruption for years, showed pronounced malformations of the clinical crown. Due to this structural malformations the endodontic treatment was carried out unsuccessfully. Long-term care and cross-departmental approach and collaboration is needed for this complex therapy as shown in this case report in order to close the gap with orthodontic treatment and to remodel the upper lateral incisors and canines with adhesive technique. Schlüsselwörter: Milchzahntrauma; Frontzahntrauma; Spätfolgen nach Milchzahntrauma; Strukturstörung Keywords: dental trauma; primary teeth; developmental disorders; permanent teeth; sequelae 1 Poliklinik fûr Präventive Zahnheilkunde und Kinderzahnheilkunde (komm. Direktor: Prof. Dr. H. Küpper), Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde am Universitätsklinikum Jena Poliklinik für Konservierende Zahnheilkunde (komm. Direktor: PD. Dr. Dr. B. W. Sigusch), Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde am Universitätsklinikum Jena 2 DOI 10.3238/OPKZH.2010.0130 130 © Deutscher Ärzte-Verlag, Köln Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 32 (2010) 3 I.M. Schüler, U. Kraft, R. Heinrich-Weltzien: Spätfolgen nach Frontzahntrauma im Milchgebiss – Fallbericht Sequelae after injuries of primary anterior front teeth – Case report Einleitung Traumatisch bedingte Veränderungen der Milchzähne betreffen vorrangig die Frontzähne des Oberkiefers, etwa fünfmal häufiger als die des Unterkiefers [5]. In der Literatur wird eine Prävalenz bis zu 45 % angegeben [6]. Milchzahnverletzungen und deren Folgeschäden können durch die enge Lagebeziehung zu den Zahnkeimen der bleibenden Dentition die Entwicklung und den Durchbruch bleibender Zähne negativ beeinflussen oder auch verhindern. Speziell intrusive und laterale Dislokationsverletzungen bergen dieses Risiko. Der Erhalt verletzter Milchzähne ist nur dann indiziert, wenn keine Gefahr für die benachbarten Zahnkeime besteht [10]. Die Häufigkeit von Entwicklungsstörungen der bleibenden Zähne als Folge posttraumatischer Milchzahnverletzungen wird in der Literatur zwischen 23 % und 41 % angegeben [9]. Sie umfassen Schmelzhypoplasien, Dilazerationen, Wurzelfehlbildungen bis hin zu Odontomähnlichen Missbildungen [1]. Der Schweregrad ist abhängig vom Alter des Kindes zum Zeitpunkt der Verletzung bzw. dem Stadium der Zahnkeimentwicklung, der Art der Verletzung sowie der Richtung und Intensität der Krafteinwirkung [3, 8]. Zwei Drittel der Kinder, die bis zum 3. Lebensjahr ein Milchzahntrauma erlitten, zeigten Entwicklungsstörungen an den nachfolgenden bleibenden Zähnen [8]. Neben einer primären Keimschädigung kann es durch posttraumatische periapikale Infektionen auch zu sekundären Schädigungen kommen, die entwicklungsbedingt erst Jahre nach dem Milchzahntrauma an den bleibenden Zähnen diagnostizierbar sind. Daher kommt der Diagnostik und Therapie verletzter Milchzähne, gefolgt von klinischen und radiologischen Kontrollen bis zur Einstellung der bleibenden Zähne besondere Bedeutung zu. Der vorliegende Fall zeigt die Folgen und die Behandlungsstrategie eines Frontzahntraumas im Alter von eineinhalb Jahren an den bleibenden mittleren Schneidezähnen bei einer 9-jährigen Patientin auf. Anamnese Abbildung 1 Klinische Situation der 9-jährigen Patientin Abbildung 2 Zahnfilm 11 und 21 bei Erstvorstellung. bei Erstvorstellung. Figure 1 Clinical situation of the 9-year-old patient at first Figure 2 Dental radiography of 11 visit. and 21 at first visit. Abbildung 3 Operative Entfernung des Abbildung 4 Zustand nach operativer Entfer- fehlgebildeten Zahnkeims 11. nung 11, Fistelbildung am Zahn 21 (Pfeil). Figure 3 Extraction of the malformated tooth Figure 4 Clinical situation after extraction of 11. 11, fistula at tooth 21 (Arrow). Abbildung 5 Röntgenmessauf- Abbildung 6 Zustand nach Extraktion des Zahnes 21. nahme des Zahnes 21. Figure 6 Clinical situation after extraction of tooth 21. Figure 5 Radiography for endo- Im Januar 2008 stellte sich die 9-jährige Patientin mit ihrer Mutter im Be© Deutscher Ärzte-Verlag, Köln dontic measurement of tooth 21. Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 32 (2010) 3 131 I.M. Schüler, U. Kraft, R. Heinrich-Weltzien: Spätfolgen nach Frontzahntrauma im Milchgebiss – Fallbericht Sequelae after injuries of primary anterior front teeth – Case report Abbildung 7a Fehlgebildeter Zahnkeim 11 – Frontalansicht. Figure 7a Malformated tooth 11 – frontal view. Abbildung 7b Fehlgebildeter Zahnkeim 11 – Seitenansicht. Figure 7b Malformated tooth 11 – lateral view. Abbildung 7c Saggitalschnitt des fehlgebildeten Zahnkeims 11. Figure 7c Saggital section of the malformated tooth 11. Abbildung 8a Extrahierter Zahn 21; Dentikel aus dem Pulpenkavum des Zahnes 21. Figure 8a Extracted tooth 21; Denticle from the pulpal cavum of tooth 21. Abbildung 8 b Strukturstörung am frakturierten Kronenanteil des Zahnes 21. Figure 8b Developmental disturbance of the fractured crown segment of tooth 21. Abbildung 8c Saggitalschnitt des Zahnes 21. Figure 8c Saggital section of tooth 21. Abbildung 8d Polarisationsmikroskopische Ansicht des Schliffpräparates von Zahn 21. Figure 8d Saggital section of tooth 21 – polarized light microscopic image. reitschaftsdienst des Zentrums für Zahn-, Mund und Kieferheilkunde des Universitätsklinikums Jena mit einer Überweisung aus dem städtischen Notdienst vor. Sie gab an, dass sie den Notdienst einige Tage zuvor mit Schmerzen im Frontzahnbereich und einer Schwellung an der Oberlippe aufsuchte. Laut Überweisung wurde ein Abszess in regio 12–22 inzidiert, eine Drainage für zwei Tage gelegt und ein Antibiotikum verabreicht. Die Mutter der Patientin zeigte sich weiterhin beunruhigt über den persistierenden Zahndurchbruch der mittleren Schneidezähne im Oberkiefer. Sie berichtete, dass seit Jahren der Durchbruch des linken Schneidezahnes stagnierte und der rechte noch gar nicht durchgebrochen sei, obwohl die Schleimhaut in dieser Region aufgetrieben ist. Auf Nachfragen berichtete sie 132 von einem Frontzahntrauma ihrer Tochter im Alter von etwa eineinhalb Jahren durch einen Sturz auf den Rollerlenker. An den Zeitraum zwischen Unfall und Extraktion der verfärbten Milchzähne 51 und 61 konnte sich die Mutter nicht erinnern; auf jeden Fall hätten einige Monate zwischen dem Sturz und der Extraktion gelegen. Nach Aussagen der Mutter hatte der Hauszahnarzt bisher keine Behandlungsmaßnahmen auf Grund des fehlenden Zahnes 11 und des seit Jahren stagnierenden Durchbruchs des Zahnes 21 ergriffen. Befund Das klinische Bild zeigte eine leichte Schwellung der Oberlippe, einen © Deutscher Ärzte-Verlag, Köln noch nicht durchgebrochenen Zahn 11 und ein nach labial abgeknicktes Kronenfragment des Zahnes 21, das weniger als ein Drittel der gesamten klinischen Kronenlänge maß. Die seitlichen Schneidezähne waren regelrecht und dem Alter entsprechend durchgebrochen (Abb.1). An den Zähnen 74 und 75 wurden kariöse Läsionen diagnostiziert. Der von der Patientin mitgebrachte Zahnfilm ließ in regio 11 einen fehlgebildeten Zahnkeim und in regio 21 einen regelrecht ausgebildeten Zahn mit einem hartgeweblich verbundenen abgewinkelten Kronenfragment erkennen, welcher auch klinisch sichtbar war. Das koronale Pulpenkavum wies einen röntgendichten kugelförmigen Schatten auf; eine apikale Aufhellung lag nicht vor (Abb. 2). Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 32 (2010) 3 I.M. Schüler, U. Kraft, R. Heinrich-Weltzien: Spätfolgen nach Frontzahntrauma im Milchgebiss – Fallbericht Sequelae after injuries of primary anterior front teeth – Case report aufbereitet. Nach der Röntgen-Messaufnahme (Abb. 5) wurde die Arbeitslänge um minus 0,5 mm korrigiert. Der Wurzelkanal wurde mit 2%igem Wasserstoffperoxid und 3%igem Natriumhypochlorit gespült und mit einer medikamentöAbbildung 9 Eingegliederte temporäre Kinderprothese zum Ersatz von sen Einlage (wässri11 und 21. ge KalziumhydroFigure 9 Clinical situation after prosthetic replacement of teeth 11 xidsuspension) versehen. Der Zahn and 21. wurde provisorisch mit einem sterilen Schaumstoffpellet, Cavit als Zwischenschicht und Glasionomerzement verTherapieplanung schlossen. Nach fünf Tagen wurde eine erneute Nach Absprache mit den Kieferchirurgen sollte der fehlgebildete Zahnkeim leichte Schwellung und Pusentleerung beobachtet. Unter dem Operationsin regio 11 operativ entfernt werden, da als Abszessursache eine Schlupfwinkelmikroskop wurde ein Dentikel (Abb. 8a) aus dem Pulpenkavum mit Hilfe von Ulinfektion mit dem Ursprung vom Zahn traschall entfernt. Das Kanalsystem wur11 vermutet wurde und dieser Zahn keide mit 3%igem Natriumhypochlorit gene Aussicht auf einen regelrechten spült und nachfolgend eine wässrige Durchbruch hatte. Die Lücke 11 sollte Kalziumhydroxidsuspension appliziert. bis zur prothetischen Versorgung mit einem Einzelzahnimplantat mit einer Beide Prozeduren wurden nach weiteren vier Tagen wiederholt. Die Patientin war einseitig verankerten Adhäsivbrücke ofinzwischen beschwerdefrei, der Fistelfen gehalten werden. Für den Zahn 21 gang persistierte jedoch. Da auch 14 Tawurde die adhäsive Umgestaltung der ge nach der Wurzelkanalaufbereitung Zahnkrone avisiert. der Fistelgang noch immer persistierte, wurde nach Rücksprache mit dem KieTherapie ferorthopäden die Indikation zur Extraktion des Zahnes 21 gestellt; 13 Tage später wurde der Zahn vom KieferchirurDer fehlgebildete Zahnkeim in Form von drei verbackenen Kronenanteilen gen unter Lokalanästhesie entfernt. Die Wundheilung verlief problemlos und in regio 11 wurde unter Lokalanästhesie operativ entfernt. Am Zahn 21 wurdie Fistel bildete sich zurück. (Abb. 6) de der mittlere Kronenanteil infolge der Gingivaretraktion nach der WundHistologische Aufarbeitung heilung sichtbar (Abb. 3). Die Patientin zeigte eine sehr gute Compliance. und Befundung Zwölf Tage post operationem konnte eine gute Wundheilung beobachtet Der fehlgebildete Zahnkeim 11 sowie der Zahn 21 konnten nach Zustimwerden. Am Zahn 21 trat eine Fistelbilmung der Patientin bzw. deren Eltern dung ein (Abb.4). Über die Fistel kam histologisch aufbereitet werden. es zur Pusentleerung, so dass eine endodontische Therapie umgehend einDie Herstellung der Längsschnitte geleitet wurde. und der planparallelen Dünnschnitte Der Zahn 21 wurde unter Lokalanäs(ca. 100 µm) erfolgte mit dem Sägemithesie trepaniert, das Pulpengewebe entkrotom LEICA 1600 (Leica Microsysteme, Bensheim). Die Schnitte wurden fernt und der Wurzelkanal manuell bis mit dem Stereomikroskop Stemi 2000 ISO 60 mit einer Arbeitslänge von 21 mm © Deutscher Ärzte-Verlag, Köln Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 32 (2010) 3 und dem Polarisationsmikroskop JENAPOL b und der digitalen Fotoeinrichtung AxioCam/AxioVision (Carl Zeiss MicroImaging GmbH, Jena) unter Verwendung des Imbibitionsmediums Ethanol (100%) bzw. Aqua bidest. ausgewertet und dokumentiert. Die Aufbereitung des fehlgebildeten Zahnkeims von regio 11 lässt eine irreguläre Struktur der Zahnhartsubstanzen erkennen. Im koronalen Bereich befindet sich ein Schmelzmantel, ein Dentinkern und ein rudimentäres Pulpenkavum; daran schließt sich eine zementoid-ossäre Struktur an (Abb. 7a, 7b, 7c). Zentral erstreckt sich ein unregelmäßiger Hohlraum, ein weiteres Pulpenkavum, das sich bis in den apikalen Bereich fortsetzt. Labial an der apikalen Verengung dieses Hohlraumes lässt sich eine weitere inselförmige zementoidossäre Struktur in Dentin eingebettet erkennen. Der apikale Bereich des Mehrfachgebildes zeigt ein nach labial offenes glockenförmiges, ca. 100° nach labial abgewinkeltes Anhängsel. Die Fraktur des abgeknickten Kronenanteils am Zahn 21 offenbarte eine strukturgestörte Zahnhartsubstanz entlang der Frakturlinie (Abb. 8a, 8b, 8c, 8d). An beiden Präparaten sind Strukturstörungen und zementoid-ossäre Einschlüsse an der Verbindungsregion der verschiedenen Kronenanteile sichtbar. Die therapierefraktäre Fistelbildung und die Auswertung der histologischen Schnittpräparate lassen vermuten, dass mikrostrukturelle Kommunikationen zwischen dem Pulpakavum und der Mundhöhle bestanden haben, die weder klinisch noch radiologisch diagnostizierbar waren. Therapieziel Die durch den Behandlungsverlauf revidierte Therapieplanung zielt nunmehr auf einen orthodontischen Lückenschluss mit nachfolgender adhäsiver Umgestaltung der seitlichen Schneide- und der Eckzähne, sowie die erforderlichen Ausgleichsextraktionen im Unterkiefer ab. Um bis zum Beginn der orthodontischen Behandlung die Ästhetik, Abbeißfunktion, sowie Sprach- und Lautbildung der Patientin zu gewährleisten, wurde eine Kinderprothese zum Ersatz der oberen mittleren Schneidezähne 133 I.M. Schüler, U. Kraft, R. Heinrich-Weltzien: Spätfolgen nach Frontzahntrauma im Milchgebiss – Fallbericht Sequelae after injuries of primary anterior front teeth – Case report Abbildung10 OPG: Strukturstörung an den Zahnwurzeln aller ersten Abbildung11a OK-Übersicht: Zahnkronen 16 und 26 klinisch unauf- bleibenden Molaren erkennbar. fällig. Figure 10 Orthopantomography with visible malformations of all roots- Figure 11a Clinical view of the upper jaw: crowns of 16 and 26 without of the first permanent molars. any visible abnormality. eingegliedert (Abb. 9). Die Patientin hat den temporären Zahnersatz gut inkorporiert. Als Zufallsbefund wurden im Orthopantomogramm (Abb. 10) pfahlartige Wurzeln aller 6-Jahr-Molaren beobachtet, die als eine Form von Taurodontismus [2] interpretiert wurden. Das klinische Bild der Zahnkronen ist unauffällig (Abb. 11a, 11b). Da im Unterkiefer Ausgleichsextraktionen notwendig sind, wird die Entfernung der Zähne 36 und 46 mit nachfolgendem kieferorthopädischen Lückenschluss der zweiten Molaren diskutiert. Für den orthodontischen Lückenschluss im Frontzahngebiet des Oberkiefers müssen die verbliebenen Zähne über eine relativ weite Distanz bewegt werden. Als alternative Therapiemöglichkeit wurde auch die Eingliederung einer Klebebrücke zum Ersatz der fehlenden mittleren Schneidezähne im Oberkiefer in Betracht gezogen. Bei dieser Option ist aber mit einer raschen Rückbildung des Alveolarknochens auf Grund des jungen Alters der Patientin zu rechnen, sodass diese Option als eine ungünstige Lösung angesehen wurde. Vor der Implantatinsertion wäre eine lokale Augmentation von Knochen unumgänglich. Um den Knochenverlust bis zu einer Implantatversorgung zu reduzieren, wurde auch eine Transplantation der Milcheckzähne diskutiert. Jedoch lässt die über längere Zeit persistierende In- 134 fektion der periapikalen Gewebe am Zahn 21 und die ungünstige Form der postoperativen Alveole nach Entfernung des missgebildeten Zahnkeimes 11 eine ungünstige Prognose der transplantierten Milcheckzähne erwarten [7]. Unter Abwägung des Verhältnisses AufwandNutzen der möglichen Therapievarianten wurde dem orthodontischen Lückenschluss der Vorzug gegeben. Abbildung11b UK-Übersicht: Zahnkronen 36 und 46 klinisch unauffällig. Figure 11a Clinical view of the lower jaw: crowns of 36 and 46 without any visible abnormality. Alle Abbildungen: Schüler Schlussfolgerung Der Fall verdeutlicht die schwerwiegenden Spätfolgen eines Frontzahntraumas im Milchgebiss für die bleibenden mittleren Frontzähne sowie die erforderlichen komplexen und fachgebietsübergreifenden Therapieoptionen. Bei dieser Patientin dürfte neben der primären traumatischen Zahnkeimschädigung auch eine sekundäre Schädigung durch die posttraumatische(n) Infektion(en) vorgelegen haben, die sich therapierefraktär erwiesen. Mehrere kli© Deutscher Ärzte-Verlag, Köln nische Befunde wurden bei der Patientin nicht ausreichend beachtet: 1. der Vitalitätsverlust der traumatisierten Milchzähne mit nachfolgender infektiöser Komplikation, 2. der über viele Monate im Durchbruch stagnierende Zahn 21 und 3. der nicht durchbrechende Zahn 11. Durch ein adäquates leitlinienbasiertes Recall [3] wäre die periapikale Infektion und Abszedierung einschließlich der späteren Fistelbildung an den beiden Schneidezähnen vermeidbar gewesen. Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 32 (2010) 3 I.M. Schüler, U. Kraft, R. Heinrich-Weltzien: Spätfolgen nach Frontzahntrauma im Milchgebiss – Fallbericht Sequelae after injuries of primary anterior front teeth – Case report Interessenkonflikte: keine angegeben Literaturverzeichnis 5. 6. Heidemann D, Schopf P: Stellungnahme der 10. Sleiter R, von Arx T: Posttraumatische Entwick- DGZMK: Wie lange soll ein Milchzahn erhal- lungsstörungen bleibender Zähne nach Milch- ten werden? Dtsch Zahnärztl Z 51, 96 (2003) zahntrauma: Eine retrospektive Studie. Schweiz Hergenröther K: Traumatogene Keimschädi- Monatsschr Zahnmed 112, 214–219 (2002) gungen bleibender Zähne und Häufigkeit 1. Arenas M, Barberia E, Lucavechi T, Maroto M: traumatischer Gebissverletzungen bei Kin- Severe trauma in the primary dentition – diag- dern und Jugendlichen. Med. Dissertation, nosis and treatment of sequelae in permanent Justus-Liebig-Universität Giessen 2002 Kirschner H, Pohl Y, Filippi A, Ebeleseder K: Un- Dr. medic (RO) Ina Manuela Schüler Cichon P, Grimm WD: Zahnheilkunde für be- fallverletzungen der Zähne. Urban und Fischer Poliklinik fûr Präventive Zahnheilkunde hinderte Patienten, Schlütersche Verlag, Han- Verlag, München 2005, 60–63 und Kinderzahnheilkunde, Zentrum für Kirschner H, Pohl Y, Filippi A, Ebeleseder K: Un- Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde am Flores MT, Andersson L, Andreasen JO: Guide- fallverletzungen der Zähne. Urban und Fischer Universitätsklinikum Jena lines for the management of traumatic dental Verlag, München 2005, 91–93 Bachstr.18 Sennhenn-Kirchner S, Jacobs HG: Traumatic 07743 Jena 196–202 (2007) injuries to the primary dentition and effects on Tel.: 03641 / 934570 Heidemann D: Endodontie, Urban und Fischer the permanent successors – a clinical follow- Fax: 03641 / 934573 Verlag, München 2001, 200–203 up study. Dent Traumat 22, 237–241 (2006) E-Mail: Ina.Schueler@med.uni-jena.de dentition. Dent Traumat 22, 226–230 (2006) 2. nover, 1989, 92 3. 7. 8. injuries. III. Primary teeth. Dent Traumat 23, 4. ■ Korrespondenzadresse 9. NOTIZEN / NOTES Ausschreibung: Wrigley Prophylaxe Preis 2011 Wrigley Oral Healthcare Programs stiftet für 2011 wiederum den mit 10.000 Euro dotierten Wrigley Prophylaxe Preis! Wissenschaftler und Praktiker, die sich mit der Prävention oraler Erkrankungen sowie mit der Erforschung der Zusammenhänge zwischen Mundund Allgemeingesundheit befassen, sind zur Bewerbung aufgerufen. Der Preis steht traditionell unter der Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) und ist eine in zahnmedizinischen Kreisen hoch angesehene Auszeichnung. Einsendeschluss ist der 1. März 2011. „Für uns Juroren ist es jedes Jahr eine Freude, thematisch oft sehr heterogene und gleichzeitig qualitativ hochwertige Arbeiten beurteilen zu dürfen, auch wenn die Entscheidung dadurch nicht leicht fällt“, so Professor Joachim Klimek aus Gießen, Vorsitzender der fünf- © Deutscher Ärzte-Verlag, Köln Ärzten und Zahnmedizinern können sich auch Wissenschaftler aus anderen naturwissenschaftlichen Fakultäten bewerben. Arbeiten aus der Gruppenprophylaxe sowie Zusammenfassungen von Dissertationen sind ebenfalls willkommen. Die Preisverleihung findet auf der nächsten DGZ-Jahrestagung vom 5. bis 7. Mai 2011 in Düsseldorf statt. Die aktuellen Teilnahmebedingungen können Sie im Internet abrufen unter www.wrigley-dental.de oder anfordern bei: kommed Dr. Bethcke, Ainmillerstraße 34, 80801 München, Fax: 089 / 33 03 64 03, info@kommed-bethcke.de. köpfigen unabhängigen Fachjury, am Rande der Preisverleihung auf der letztjährigen DGZ-Jahrestagung in Hannover. Verliehen wird die Auszeichnung seit 1993 für neue Erkenntnisse im Bereich der Forschung und der Umsetzung der zahnmedizinischen Prävention in der Praxis oder im öffentlichen Gesundheitswesen. Neben Praktikern, Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 32 (2010) 3 ■ Wrigley Oral Healthcare Programs Biberger Str. 18 82008 Unterhaching Tel.: 0 89 / 66 51 00 Fax: 0 89 / 6 65 10–457 E-Mail: infogermany@wrigley.com www.wrigley-dental.de 135