Waschechte Experimente
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Waschechte Experimente
86 | STYRIARTE PSALM-PROGRAMM KLEINE ZEITUNG FREITAG, 1. APRIL 2011 Exotische Osterwoche sucht christliche Karwoche KULTUR JAZZ FREITAG, 1. APRIL 2011, SEITE 87 Weltklassegitarrist beehrt Graz: Mike Stern UTRI Garantierte fünf Sterne auf sechs Saiten Das Festival PSALM 2011 stimmt mit „Canto a la vida“ ein lateinamerikanisches Oster-Ereignis an – und begegnet damit einem Kontinent mit viel Passionserfahrung ... nter dem Titel „Canto a la vida“ lädt das Osterfestival PSALM in graz sein Publikum 2011 zwischen Palmsonntag, dem 17. April, und Ostermontag am 25. April ein zu einer musikalischen Spurensuche auf dem lateinamerikanischen Subkontinent. ein Kontinent, der so viel Anlass zu Leid und Trauer hatte wie kaum ein anderer, ist dennoch durchdrungen von einem positiven und lebensbejahenden grundgefühl. Das Festival setzt mit diesem Thema auch politisch wieder ein kräftiges zeichen. es entführt mit sechs Veranstaltungen musikalisch in eine exotische Osterwoche, die aber dennoch der Dramaturgie der christlichen Karwoche zu folgen sucht. Alle Veranstaltungen finden in der Helmut- U ◆ Ganz auf Latino macht heuer das Osterfestival PSALM PSALM Das Mädchen von Guantanamo Palmsonntag, 17. April, 19 Uhr. Erika Pluhar liest Cardenal. HIB.art.chor Liebenau, Maria Jonas, Ismael Barrios u. a. Sensemayá Montag, 18. April, 19 Uhr. Alegre Corrêa Group, recreation unter Christian Muthspiel. El pueblo unido Dienstag, 19. April, 19 Uhr. Christopher Hinterhuber, Klavier. Pachamama y la Virgen Gründonnerstag, 21. April, 19 Uhr. Ensemble Llajtaymanta. Tanz der Götter Karfreitag, 22. April, 19 Uhr. Afoxé Loni. Alleluia mexicana Ostermontag, 25. April, 19 Uhr. Bach Consort Wien, Leitung: Rubén Dubrovsky. Alle Konzerte finden in der Helmut-List-Halle statt. KARTEN & INFORMATIONEN: styriarte Kartenbüro Sackstraße 17, 8010 Graz Tel. (0316) 825 000 www.psalm.at ◆ Barockmusik aus Mexiko mit dem Bach Consort Wien PSALM Anzeige ◆ Afoxé Loni beschwören am 22. April die Dämonen KMeTiTSCH, SeVeR List-Halle statt, die passend zum Thema gestaltet sein wird. Lateinamerika zu Gast Dementsprechend haben auch viele der musikalischen Protagonisten lateinamerikanische Wurzeln. etwa die brasilianischdeutsche gruppe Afoxé Loni, welche eine Performance um den Candomblé-Ritus aufführen wird (22. April). Hierbei handelt es sich um eine Dämonenbeschwörung, die sich in den Kulten afrikanischstämmiger Lateinamerikaner bis heute bewahrt hat. „Tanz der götter“ nennt sich der mystischwilde Abend. ebenfalls gebürtiger Brasilianer ist Allegre Corrêa, der gemeinsam mit Christian Muthspiel und dem Orchester recreation den afro-kubanischen Ritus „Sensemayá“ auf die Bühne bringt (18. April). Tags darauf spielt Christopher Hinterhuber am Klavier die 36 Variationen, welche der US-Amerikaner Frederich Rzewski über das Stück „el pueblo unido“ komponiert hat, das im Jahr 1973 als chilenisches Revolutionslied gegen die Diktatur Augusto Pinochets geschrieben wurde. Pachamama, die Mutter erde, und die Jungfrau Maria in einem verehren die indianer Südamerikas mit Spiel und gesang. in graz führt das ensemble Llajtaymanta aus Buenos Aires dies am gründonnerstag authentisch vor. Höhepunkt zum Abschluss: Rubén Dubrovsky und sein Bach Consort Wien feiern am Ostermontag ein mexikanisches „Alleluja“ mit Barock- und Volksmusik aus Oaxaca. Mike Stern kommt heute mit hochkarätiger Band. Laura Winkler (22) verspricht beim Festival der Jazzwerkstatt Graz eine ungewöhnliche Performance HEIMO BINDER I N T E RV I E W Waschechte Experimente Die junge Sängerin Laura Winkler, das sonnigste Temperament in der hiesigen Jazzszene, ist beim Jazzwerkstatt-Festival in Graz zu hören. ächste Woche gastieren Sie mit neuer Band in Graz. Was ist „Zum Beispiel: Binder“? LAURA WINKLER: Ein waschechtes Jazzwerkstatt-Projekt, das für das heurige Festival gegründet wurde. Ich habe fünf Musiker zusammengeführt, die sich vorher nicht kannten. Wir haben uns im Café Binder getroffen, daher der Name. Das Ganze ist auf Texten von Stefanie Lehrner aufgebaut, die Spoken Poetry macht. Teils werden diese gesprochen, teils habe ich sie vertont, teils wird das Textmaterial vom Elektroniker verwurstet, indem er etwa Stefanie live sampelt, teilweise singe N ZUR PERSON Laura Winkler, geb. 1988 in Graz, aufgewachsen in Krieglach. Studium Jazzgesang in Graz bei Dena DeRose. Bands: aura:L sculptures, Musicact, LokoBrass, The Funky Eggs, Bärbel. Mitglied des Musiker-/Veranstalterkollektivs Fat Tuesday. www.laurawinkler.com auch ich ihre Texte. Da geht’s mehr in Richtung Performance. Wie steht’s im Moment mit Ihrer Gruppe aural:L sculptures? WINKLER: Das ist halt meine Band, in die ich am meisten Arbeit investiere. Wir haben schon einiges in Österreich abgeklappert, ein paar Spielplätze fehlen uns noch. Man kann sagen, es ist meine Working Band, womit ich auch neue Dinge ausprobieren kann. Sie sind auch Mitglied von Fat Tuesday, dem Veranstalter der Jazzwerkstatt Graz. Funktioniert die viel zitierte Vernetzung? WINKLER: Ja, vor allem mit den Schweizer Kollegen. Die Wiener arbeiten mittlerweile etwas anders und haben auch nicht mehr diese Festivalstruktur, eher Kooperationen. Die Vernetzung ist ja gerade das große Potenzial dieser Werkstätten und wir wollen sie noch viel stärker ausbauen. Was sind die Schwerpunkte der Jazzwerkstatt Graz? WINKLER: Seit Anfang an geht es um eigenständige Projekte mit eigener Musik und wie heuer auch um solche, die interdisziplinär sind. Da gibt’s neben meinem etwa jenes der Sängerin und Pianistin Angela Tröndle, die etwas mit Tanz macht. Oder das Projekt des Pianisten Michi Lagger, der heuer mit seinem Großensemble Akrostichon und einem Chor auftritt. Zudem sind natürlich internationale Bands mit europäischem Zeitgeist gern gesehen. INTERVIEW: OTMAR KLAMMER 5. Jazzwerkstatt Graz: 5. bis 10. April, Orpheum Extra. U. a. mit Laura Winkler und „Zum Beispiel: Binder“, 6. April, 19.30 Uhr. Karten: Tel. (0 31 6) 8008-9000. www.jazzwerkstattgraz.com GRAZ. „Das Leben ist dem Jazz ziemlich ähnlich: Am besten ist, man improvisiert“, sagt Mike Stern. Der Mann aus Boston muss es wissen, ist er doch ein 5-Sterne-Garant auf den sechs Saiten. Seine Diskografie ist breit gefächert, denn Stern wird für seine technische Brillanz und Virtuosität als Sideman wie als Solokünstler weltweit geschätzt. Das blieb 1981 auch einem gewissen Miles Davis nicht verborgen. Der innovative Trompeten-Gigant holte den jungen Stern in seine Band. Zweifellos ein Ritterschlag. Vor dem Engagement bei Davis spielte der aufstrebende Gitarrist bereits mit der Drummerlegende Billy Cobham und bei den Jazzrock-Pionieren Blood, Sweat & Tears. Seit seinem ersten Soloalbum 1983 hat sich dem 58-jährigen Amerikaner eine treue Fangemeinde rund um den Erdball angeschlossen. Neben dem Veröffentlichen neuer Kompositionen tourt Stern, schon mehrfach für einen Grammy nominiert, unermüdlich und macht heute auch einen Abstecher nach Graz. In seiner Begleitband agieren nicht minder bekannte Könner wie etwa Schlagzeug-Heroe Dave Weckl, der selbst über eine beachtliche Solokarriere verfügt, und Bassist Tom Kennedy. Gerade live können diese ausgefuchsten Techniker mit höchstem Niveau beeindrucken. Hin, hören! SAM SCHLAGENHAUFEN Mike Stern Band: Heute, 20 Uhr, Generalmusikdirektion Graz. Karten: Tel. (0 31 6) 871 871 11. CD-Tipp: „Big Neighborhood“ Heads Up (2009). www.mikestern.org