Katalog zur Ausstellung
Transcription
Katalog zur Ausstellung
Happy birthday, I(w)an! 2002 Happy birthday, I(w)an! Jan Tschichold wird 100. Wir feiern mit einer Ausstellung. Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig Hochschule für Bildende Künste Braunschweig Kunstacademie St. Joost, Breda Bernd Gruber 8 Dieter Feseke 12 Daniel Pelavin: The ghost of Jan 18 Adriana Walther 9 Christian Ide: Von Kurt zu Jan 14 Sven Hofmann, Kristin Drechsler 19 Sven Hofmann 10 Franziska Kaufmann, Kristin Drechsler 16 Adriana Walther, Susann Seiffert 20 David Steinhäuser 11 Nicole Ballweg 17 Anne Lehmann 21 Ulrike Stoltz: Warum Tschichold? 22 Annika Martin 28 Melanie Köster 35 Anke Erdmann 25 Ute Sauvigny 29 Ian Tyson 36 Alexander Scharlach 26 Sabine Koehnecke 30 Anna Spengler 36 Anke Erdmann 27 Friedrich Forssman: 3 Stunden mit Tschichold 32 Mirella Andruszkiewicz, Linda Becker 37 Indra Kupferschmid: Jan und ich 38 Tilmann Benninghaus 44 Nils Camin 47 Silke Nalbach: ›Von Basel nach Rom‹ 40 Isabelle Remmean 45 Xiang Li 42 Jana Kanaan 46 Wolfgang Rasch: O heiliger Tschichold 48 Dr. Stefan Soltek 56 Susanne Hemmes, Stijn van der Laan 63 Falko Oldenburg 50 Michael Wörgötter: Schuhgröße 49 57 Thomas Dahm 64 Nils Camin 51 Dennis Bebenroth 58 Raoul Postel, Karlijn Muller 65 Janine Rattermann 52 Markus Losleben, Jessica Vogel 59 Mario Pasetto, Janna Meeus 66 Christian Plähn, Janine Rattermann 53 David Quay: Happy birthday Jan 60 Dennis Buster, Marieke Valkenburg 67 Florian Hardwig, Stefanie Bokeloh 54 René Rovers 60 Jutta Eckel, Tobias Tank 55 Danusia Schenke 62 Grit Fischer: Iwan, Ivan und Jan Tschichold 68 Irina Hallmann 72 Gilmar Wendt: Keller und Regal 69 Alexandra Lange: Penguin goes punk 72 Irina Hallmann 74 tung. Es wendet sich an alle, die an seiner ›Neuen Typographie‹ Buch über typographische Gestal- erschienen), in dem er harte Kritik chold (1946 zum ersten Mal Leicht verständlich geschriebenes Maro Verlag, Augsburg, 2001. wie einen Aufsatz von Jan Tschi- sachen durch gute Typographie. Doede und Gerd Fleischmann so- Tschichold, Jan: Erfreuliche Druck- kritische Beiträge von Werner …classics Danksagung 78 etwas mit Typographie zu tun haben wörtlich Zum Katalog 7 übt. Äußerst lesenswert, nachdem schriftlich Impressum 79 wollen oder müssen. persönlich Zu den Autoren 76 man den Hauptband gelesen hat. gestatten Vorwort 6 über Tschichold einen sehr guten lich illustriert. periode und Beiträgen von und zahlreichen Abbildungen verständspiel der ET-Zeichen preis. Es ist mit über die Schriftgeschichte am Beiges von seinem großen Wissen Zeichen. Hier gibt Tschichold einischur über die Geschichte der ETKunst, Dresden, 1981. Kleine Bro- der ET-Zeichen. VEB Verlag der Tschichold, Jan: Formenwandlungen gessenheit geraten würde. befürchtete, El Lissitzky nicht in Verky, damit, wie er damals (1964) seinem langjährigen Freund El Lissitz Tschichold widmete dieses Heft Gerhardt Verlag, Berlin, 1988. sätze von El Lissitzky (1890 –1941). Tschichold, Jan: Werke und Auf- gen aus seiner gesamten SchaffensEs gibt mit den vielen Abbildunzu seinem Tod 1974 mitgearbeitet. graphie hat Tschichold noch bis im Buchdruck erschienenen MonoKunst, Dresden, 1977. An dieser, Jan Tschichold. VEB Verlag der Leben und Werk des Typographen lich bald wieder?). mehr im Handel erhältlich (hoffentÜberblick. Das Buch ist leider nicht Christian Ide Vorwort Zusätzlich zu diesen in der Ausstellung gezeigten Thorsten Kirchhoff Zum Katalog Autoren – Tschichold nicht mehr persönlich erlebt haben. Die Bandbreite der Antworten kann davon Arbeiten sind an der HT WK Leipzig noch ver»Happy birthday, I(w)an!« – einen Arm voller schiedene zusätzliche Projekte entstanden: Als ich die Möglichkeit bekam, den Katalog zur hoffentlich einen Eindruck vermitteln. Geburtstagsgeschenke möchten wir Jan Tschichold eine Multimedia-CD-ROM, die das künstlerische, Tschichold-Ausstellung als Diplomarbeit zu konzi- Die Arbeiten der Studentinnen und Studenten literarische, politische und wissenschaftliche pieren und zu gestalten, mußte ich nicht lange habe ich im Katalog thematisch sortiert: zum 100. Geburtstag am 2. April 2002 in Leipzig überreichen. Umfeld Tschicholds in den zwanziger und drei- überlegen. Seitdem mein Interesse für Typographie Studentinnen und Studenten an drei Hochschulen ßiger Jahren aufbereitet und in einem zusätz- geweckt worden ist, bin ich zwangsläufig immer in Leipzig, Braunschweig und Breda haben sich lichen Dokumentationsteil alle Arbeiten zu wieder auf den Namen Tschichold gestoßen. ein Semester lang mit Jan Tschichold beschäftigt, »Happy birthday, I(w)an!« zeigt. Doch alles, was ich von ihm erfuhr, ergab kein eine Website, die unter www.tschichold.net homogenes Bild. Tschichold hatte immer wieder Arbeiten diskutiert. Viele intelligente, witzige, allen Interessierten erste Informationen zu proklamiert, daß die Grotesk die alleinige Schrift nachdenkliche und schöne Arbeiten sind in dieser Jan Tschichold, seinen Arbeiten und unserer seiner Zeit sei, nur um später eine Serifenschrift zu Zeit entstanden – die besten hat eine Jury für die Ausstellung gibt. schneiden, die Sabon. Als Wegbereiter der ›neuen seine Texte zur Typographie gelesen und seine entstanden sind. ›persönlich‹ zeigt Arbeiten, die sich vor allem mit Tschichold als Person beschäftigen. Die Arbeiten zu ›schriftlich‹ setzen sich mit Kalligraphie und Schriftgestaltung auseinander. Die Entwürfe im Kapitel ›wörtlich‹ setzen vor eine Beilage zur Ausbildungszeitschrift ›Streif- Typographie‹ war er ein Radikalist und wurde band‹, die den Entstehungsprozeß von »Happy später zum Traditionalisten. Er nannte sich Iwan und Kultur Leipzig (FH) haben die Studierenden birthday, I(w)an!« dokumentiert und weitere und dann Jan. Wie paßt das also alles zusammen? Penguin Classics durch Jan Tschichold in den des Studiengangs Verlagsherstellung eine fiktive Informationen zu Tschichold bringt. Die Arbeit an diesem Katalog habe ich auch als Jahren 1946–49 an. allem Zitate von Jan Tschichold um. Und ›classics‹ spielt auf die Neugestaltung der diverse Drucksachen wie Plakate, Postkarten Chance verstanden, mich intensiver mit Jan Während der Arbeit an diesem Katalog und bei den ›wiederbelebte‹ Jan Tschichold bei diversen und ein weiterer Prospekt; diese dienen der Tschichold und damit auch mit Typographie aus- vielen Gesprächen über Tschichold ist mir bewußt Verlagen – passend zu seinem 100. Geburtstag – Werbung für Ausstellung und Katalog. einandersetzen zu können. geworden, daß nicht nur bei mir viele Fragen über ›Akquiseaktion‹ konzipiert, bei der sich der während der Akquiseaktion im Frühjahr 2001 An der Hochschule für Technik, Wirtschaft Ausstellung und diesen Katalog ausgewählt: ›gestatten‹ versammelt die besten Arbeiten, die noch einmal um Aufträge als Buchgestalter Wir möchten Sie in diesem Katalog einladen, Meine erste Überraschung war die Menge an Lite- ihn offen sind. Doch dazu später mehr im Buchteil bemüht hat. mit uns auf Entdeckungsreise zu gehen und dabei ratur, die von und über Tschichold zu finden ist. ›Der Mensch mit den zwei Gesichtern‹. An der Kunstacademie Sint Joost in Breda nicht nur den Gestalter und Typographen Jan Die Freude darüber paarte sich aber schon bald mit (Niederlande) haben die Studierenden verschie- Tschichold zu entdecken, sondern auch einen Ein- der Frage nach dem Inhalt des Kataloges. Weitere dene Zitate von Jan Tschichold typographisch blick zu bekommen, wie vielfältig und spannend Aufsätze über Tschicholds Leben und Werk erschie- animiert und mit diesen Animationen ein sich Studentinnen und Studenten aus unterschied- nen mir als eine Wiederholung der an anderer Video produziert. lichen Ländern und Studiengängen mit diesem Stelle bereits veröffentlichten Beiträge. Stattdessen In Braunschweig an der Hochschule für Bilden- für die Entwicklung der Typographie wichtigen bat ich vor allem Autoren, die noch nicht über de Künste sind im Studiengang ›Visuelle Kom- Menschen auseinandersetzen. Tschichold publiziert haben, um eine persönliche munikation‹ Postkarten und Plakate entstanden, die sich auf originelle und witzige Art und und kritische Auseinandersetzung mit ihm. Die Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Jan! unterschiedlichen Reaktionen auf meine Anfragen Weise mit dem ›praeceptor typographiae‹ Jan zeigten mir, wie sehr Tschichold noch immer die Tschichold auseinandersetzen. Gemüter bewegt, obwohl die – meist jüngeren 6 7 Text über Tschichold sowie über Jan Tschichold erfahren möchte. ist in der neuen Fassung um einen auch etwas über den Menschen mantaren Typographie‹. Der Reprint Es ist interessant zu lesen, wenn man bekannten zehn Punkte der ›ele- sönliches und typographisches. sein soll. U. a. erscheinen hier die Frisch berichten sie hier über per- was die ›Neue Typographie‹ ist und Gerhard Lange bis hin zu Max stalteten Heft zeigt Tschichold, gen von seiner Frau, über Günther 1986. persönlich begegneten, angefan- graphie. Verlag H. Schmidt, Mainz, von Menschen, die Tschichold Tschichold, Ivan: Elementare Typo- Jahresgabe der TGM. Mit Beiträgen In dem auch von ihm ge- zeigt hier die wesentlichen Untermühle, Basel, 1992. Tschichold tafeldruck, technisch. Basler Papierder japanische mehrfarbige Holz- großes Buch von 1928 über die Bose, Berlin, 1987. Tschicholds phie (Reprint). Brinkmann und Tschichold, Jan: Die neue Typogra- Tschichold, Jan: Der chinesische und kennt, sollte es sich unbedingt anweitert worden. Wer es noch nicht Reaktionen auf das Sonderheft er- schaulicht. In der Einleitung weist zahlreiche Abbildungen veranTypographie. Diese werden durch stalterischen Details der neuen fahren. schauen. Tschichold darauf hin, daß ›Die verschiedenen Herstellungsvererklärt sehr anschaulich die beiden nischen Holztafeldruckes auf und schiede des chinesischen und japa- wie die typographischen und ge- beinhaltet zwei interessante und von ›Die neue Typographie‹. Es zusammen mit der zweiten Auflage Berlin, 1987. Das Beiheft erschien phie (Beiheft). Brinkmann und Bose, Tschichold, Jan: Die neue Typogra- schaftlichen Hintergrund genauso, schreibt den damaligen gesellsich später oft distanzierte. Es be›Neue Typographie‹, von dem er eigene Gestaltungsideen dienen soll. lagenbuch denn als Anregung für neue Typographie‹ weniger als Vor- Quellenangaben Kommentar versehen, um dem schriftlich korrigierten Korrektur- beider Tod. sie soll als Quellenangabe für die und finanziellen Gründen erst nach leichtern. Bibliographie zu Tschichold, sondern Das Buch erschien aus politischen den gewünschten Büchern zu er- Diese Liste ist keine vollständige fahnen eines Textes von Hans Arp. interessierten Leser den Zugang zu druckten und von Tschichold hand- Titel wurden mit einem kurzen Buch beinhaltet die als Faksimile ge- auf die verwendeten Ausgaben. Die Arche‹, Zürich, 1978. Die Jahresangaben beziehen sich Der gestiefelte Stern. Verlags AG ›Die Leiste verwendeten Bücher dienen. Arp, Hans und Tschichold, Jan: zur Erstellung der biographischen Dieses In dieser zweibändigen chrono- logischen Schriftensammlung umfangreichste Bibliographie zu Tschichold. haben die Herausgeber aus den zahlreichen von Tschichold verfaßten Texten eine Auswahl zusammen gestellt. Sie ist zum Lesen, Bose, Günther und Brinkmann, Erich (Hg.): Jan Tschichold: Schriften 1925 –1974. Brinkmann und Bose, Berlin, 1991 (Bd.1) und 1992 (Bd. 2). aber auch als Nachschlagewerk für typographische Probleme sehr anregend und hilfreich. Der zweite Band beinhaltet außerdem die wohl von Jan Tschichold. Er beinhaltet biographische Daten, Abbildungen seiner Arbeiten sowie eine Biblio- Kunstgewerbemuseum der Stadt graphie. Zürich (Hg.): Jan Tschichold. Typograph und Schriftenentwerfer 1902–1974. Kunstgewerbemuseum der Stadt Zürich, Zürich, 1976. Dieser Ausstellungskatalog be- schäftigt sich mit dem Lebenswerk Luidl, Philipp (Hg.): J.T., Johannes Tzschichold, Iwan Tschichold, Jan Tschichold. Typographische Gesellschaft München, München, 1976. Dieses kleine Buch erschien als 8 9 Bernd Gruber HT WK Leipzig Adriana Walther HT WK Leipzig Broschüre: Umschlag und Doppelseite 2 Broschüren: Umschlag und Doppelseiten 145 x 200 mm 110 x 180 mm 1973 1974 1976 1977 chold‹ erscheint. Tschichold hat »Er hauste, umgeben von seinen Werk des Typographen Jan Tschi- den Dorfbewohner Tschichold: in Locarno. Alfred Andersch berichtet über Jan Tschichold stirbt am 11. August Die Monographie ›Leben und mitgearbeitet. im grauen Steinhaus, nicht wie seit 1964 bis zu seinem Tod daran Schätzen, im Kastanienwald, Alberich, sondern wie ein stiller Wächter, der ein Geheimnis hütet. Ich bin nie ganz dahintergekommen, wer Jan Tschichold Kalendertitel Foto: Huth eigentlich war.« 10 11 Sven Hofmann HT WK Leipzig David Steinhäuser HT WK Leipzig Broschüre: Umschlag, Doppel- und Einzelseite Broschüre in Briefform mit Klappenumschlag 285 x 85 mm 200 x 270 mm (ohne Klappen) Dieter Feseke programmier-kenntnisse erlernen und anwenden, vergangenheit angehört, sieht der buchgestalter isch-gemässigte und relativ gelangweilte layout- allgemeine logistik und workflow und kaufmän- unserer zeit im photoklischee einen den typen usw. ästhetik durch aussereuropäische kulturelle symbole »durch das hinzutreten des photoklischeees haben nische administrationen – und das alles in verbin- ebenbürtigen bestandteil des schönen buches.« kontrastiert wurde und dadurch einen starken wir uns des raums und seiner dynamik bemäch- dung mit der königsdisziplin: graphic design/ jan tschichold, 1928 in ›die neue typographie‹ charakter erhielt. mac-like auszusehen war eher der tigt.« corporate design. jan tschichold notwendigen lernphase geschuldet. als lernende, wer in die bücher der bauhaus-ära zurück- und der brückenschlag von den 20er jahren zu den die noch das handwerk per hand-fotosatz, der assoziationen über tschichold sind zugleich be- hineinschaut ist fasziniert über die saat. als einen 90er jahren ist sinnvoll. eine technologische revo- abstrakten satz-manuskript-auszeichnung bzw. des trachtungen über wahrnehmungen und technolo- möglichen standpunkt zum tschichold-thema lution beeinflusste in unmittelbarster weise mas- bleisatzes gestriffen hatten, konnte der lernprozess gien von gestaltung. ein jahrzehnt des desktop habe ich mir das buch von claudia müller typo- senhaft ästhetik und design. die ökonomischen schnell vorangehen. publishings ist vorüber – ein auf und ab an erfah- foto – wege der typografie zur foto-text-montage und technologischen voraussetzungen gingen ein- ein zusätzlicher gesellschaftlicher, sowie ein ganz rungen und reflektionen. die erste computer- bei laszlo moholy-nagy (gebr. mann verlag, berlin) her mit den politischen umwälzungen des letzten persönlicher aspekt beeinflusste die gestaltung: die generation hat noch keinen abstand – ein anhal- angeschaut. das ergibt einen sinn, weil die ver- jahrzehnts. entscheidende faktoren waren und satzspiegel betonte gestaltung wurde zugunsten tender zustand der verwandlungen, der reaktionen weise bei grappa, so unterschiedliche ergebnisse sie sind: die technologie (technik) wurde für den ein- einer grenz- also beschnittrand-übergreifenden und der weiteren erfahrungen ist zu konstatieren. auch hervorgebracht haben, sich stark am bau- zelnen bezahlbar, die technologien entwickelten gestaltung betont. etwas in den anschnitt zu als unmittelbar erfahrender – aus einer fruchtbaren haus orientieren lassen. in diesem buch ist u.a. das sich in rapiden zyklen, die demokratischen freihei- stellen blieb für lange zeit faszinierend und wurde quelle kommend (grappa design > cyan, -blotto, künstlerische umfeld beleuchtet bzw. sind die ten ermöglichten neue regeln. jeder gestalter war somit ein stilistisches layoutmerkmal. in der bild- -dor) – kann ich mich diesem tschichold-thema rezeption und auswirkungen dargestellt. erkennbar somit aufgerufen, regeln zu ändern, zu entwickeln, auffassung kam die transparenten ineinander- nur in zyklischen annäherungen widmen. wird, wie sich die beiden aktivisten moholy-nagy aufzugreifen oder zu bewahren. ähnlich der leben- montage hinzu. in der schriftauswahl blieben wir die beteiligten dieser desktop-publishing-evolution und tschichold ergänzen und relativieren. digkeit der sprache ist auch die sprache des designs meistens bei den klassikern (akzidenz grotesk, verschiedenen faktoren ausgesetzt. erlaubt ist, futura, bodoni, garamond, univers, venus etc.). die haben sich freiwillig der tortur neu- und selbstgeschaffener und selbstverantworteter professionen »mit dieser definition seines berühmten begriffes was gefällt contra erlaubt ist, was sich bewährt (und layoutmöglichkeiten in verbindung mit der typo- zugeeignet. wer in diesem prozess nicht die lust typofoto, die er in seinem 1925 erschienen bau- bewährt hatte). die notwendige auseinanderset- graphie liessen uns genügend spielraum zur inter- des lernens verinnerlichte, der blieb in diesem ›tri- hausbuch malerei, photographie, film aufstellte, zung von tradition und fortschritt ist immanent. pretation. instinktiv spürten wir, dass nicht die athlon‹ auf der strecke oder fiel zurück. der sport- postulierte laszlo moholy-nagy eine synthese in den arbeiten, bei denen ich involviert war, gibt vielfalt der nun preiswert zu erwerbenden schriften liche vergleich hinkt insofern, als das es sich wohl zwischen typografie und fotografie mit ihren es die genannten merkmale. anfang der 90er jahre, unsere intentionen befriedigte – eher waren struk- um noch weitaus mehr disziplinen handelte und jeweils spezifischen ausdrucksfunktionen text- also zu anfang der desktop-publishing-arbeits- turelle aspekte der layout-organisation (seriell, handeln wird – also doch ein zehnkampf: layout, licher mitteilung bzw. visueller darstellung und weise gab es zunächst einen technologie-typischen dual, mono, zentral etc.) von belang. die überstar- werkzeichnungs-präzision, satzerfassung, mikro- ihren konträren wahrnehmungsformen lesen effekt: alles sah irgendwie mac-like aus. aber auch ke betonung von emotional gewichtigen und und makro-typographie, vektor-grafiken erzeugen bzw. sehen.« die ästhetik von neville brody aus den 80ern überzeugen-sollenden abbildungen (meistens foto- claudia müller und bearbeiten, bitmap-darstellungen erfassen und schwappte hinein. in dessen ästhetik (die noch grafien) hat aber auch zu einer allmählichen bearbeiten, color-management, druckstoff-anmu- »nachdem wir heutigen die abneigung der buch- handgemacht war, aber schon computer-orientiert wandlung in unserer gestaltungshaltung geführt: tungen, druck-kenntnisse und -erfahrungen, web- künstler gegen das photo im buch nicht kennen aussah) ist für mich das stärkste moment, der die sachlicheren elemente, wie fondflächen, linien, site-erstellungen, filmsequenzen/flash-animationen, und auch der luxusbegriff des schönen buches der ethnische charakter – er bewirkte, das die europä- typosatz sind wichtiger geworden. die qualität 12 13 Schuber doch auf seinen Schultern steht. 1483‹ aus dem Italienischen. Namen noch nie gehört hat und des Damianus Moyllus, Parma um ihm bekannt zu machen, die seinen Französischen und ›Das Alphabet es in den Papierkorb. gebührt, und eine Generation mit schaften eines Buches‹ aus dem Wer dieses Machwerk besitzt, werfe neut die Ehre zu erweisen, die ihm Paul Valerys Text ›Die beiden Eigen- Sprache‹. Hunderte von Fehlern. graphischen Monatsblätter‹. satz und seinen Illustrationen er- bambushalle‹. Tschichold übersetzt eine Sondernummer der ›Typo- Grund genug, ihm mit diesem Auf- für ›Die Bildersammlung der Zehn- seines 70. Geburtstages erscheint Bauhaus wie für die Typographie. Buchkunst Ausstellung in Leipzig ihm die Ehrenurkunde. Anläßlich Anreger, sowohl für das Weimarer Goldmedaille der Internationalen Die Maximilian-Gesellschaft verleiht El Lissitzky war einer der großen Er erhält zum zweiten Mal eine 1971 Broschürenumschlag 1972 in eine ihm gleichfalls unbekannte Der Übersetzer ›übersetzte den Text zung einer seiner Texte: Zu einer unautorisierten Überset- einer reinen farbe wurde sehr wichtig. die qualitä- ten von papieren wurden abgewogen. die grappa- Jan (Tschichold) Christian Ide Von Kurt (Schwitters) zu ästhetik war eingebettet in einer strömung, die Sprache auseinander. Mittendrin natürlich immer graphie exemplarisch nachverfolgen, erklären, wieder Tschichold, der Wegbereiter der Neuen, verstehen, auch wenn das bei Tschichold vielleicht der ›elementaren‹ Typographie: Mein erstes ›Fach- nicht so leicht fällt wie bei Schwitters: Tschichold sich den standards von cmyk-farben-ästhetik lange Wenn ich mir die einfallsreichen, originellen und buch‹ zur Typographie, gekauft im Sommer 1986: ist spröde, unzugänglich, absolut in seiner Mei- zeit widersetzte und sonderfarben verwendete kreativen Arbeiten zu Jan Tschichold in diesem der Reprint des Sonderheftes ›elementare typo- nung, manchmal oberlehrerhaft unzugänglich. Das – somit sahen unsere arbeiten auch wie ausnah- Katalog anschaue, freue ich mich vor allem über graphie‹, gestaltet und herausgegeben von Iwan spielerische, witzige, absurde von Schwitters fehlt men aus, wie eine mischung aus alter und neuer das Engagement und die Begeisterung, mit der Tschichold für die ›Typographischen Mitteilungen‹ bei ihm völlig. moderne. ebenso wichtig wurde die produktan- die Studierenden in Leipzig, Braunschweig und des Bildungsverbandes der Deutschen Buchdrucker Um so erfreulicher finde ich die in diesem Katalog mutung selbst – also die wirkung des fertigen Breda sich der Aufgabe gestellt haben, Tschichold 1925. In diesem dünnen Heft von gerade einmal dokumentierten Arbeiten, die mit ironischer produktes als qualitätsmerkmal aus papier, farbe, in die heutige Zeit zu holen. 24 Seiten tat sich für die Setzer der zwanziger Jahre Distanz und kritischem Blick den Tschichold teil- layout und nicht zuletzt buchbinderische end- Und ich erinnere mich daran, wie meine Begeiste- ein revolutionärer Kosmos an neuen und aufregen- weise anhaftenden Staub wegblasen. Es ist nicht fertigung. rung für Typographie begonnen hat: Im Früh- den Möglichkeiten auf. Und auch für mich war leicht, sich von einem großen – oder als groß was hat das alles mit jan tschichold zu tun? un- jahr 1986 besuchte ich im Sprengel-Museum in dieses Heft, gut 60 Jahre später, eine Art Initialzün- empfundenen – Vorbild zu lösen. Manchmal mittelbar gar nichts und mittelbar sehr viel. auch Hannover die Kurt-Schwitters-Ausstellung zu des- dung. Die Begeisterung für Schrift, Typographie schießen die Studierenden dabei ein wenig über das tschichold ist wie gesagt eingebettet gewesen in sen 99. Geburtstag (bei Schwitters war schon und Buchgestaltung war ja schon lange vorher ent- Ziel hinaus oder man entdeckt typographische einer strömung, die anerkannte, was in einer zeit immer alles ein bißchen anders). Für mich öffnete standen und gewachsen. Die theoretische und »Todsünden«, bei denen sich Jan sicherlich unru- an neuem notwendig und richtig ist. und weiter- sich damals eine völlig neue Welt: praktische Auseinandersetzung über Typographie hig im Grab von der einen auf die andere Seite hin: was sich bewährt, hat viel mit dem zu tun, Von den Merz-Bildern bis zur Pelikan-Reklame, fing aber erst mit den hier abgedruckten Texten wälzt. was verantwortliche menschen also auch gestalter von der ›Scheuche mit dem Hut-Chapeau‹ bis zum richtig an und zog, ausgehend von der ›elementa- Das eigentliche Ziel eines solchen Projektes kann für richtig und angemessen anerkennen. der i-Gedicht und der Ursonate – überall zog sich ren typographie‹, immer weitere Kreise. Manifeste nur ein anderes sein: Es geht um die Auseinan- gestaltende mensch als lernendes und vor allem durch Schwitters Werk wie ein roter Faden Schrift von Künstlergruppen, Thesen zur Typographie, dersetzung mit Vorbildern, um die Entwicklung reagierendes subjekt in einer medienüberwuchern- und Typographie. Und von Schwitters war es nicht Beispiele aus angewandter und freier Kunst. Später von Kritikfähigkeit und die Suche nach neuen, den und damit monopolisierend wirkenden weit zu Dada oder dem holländischen Stijl, vom landete ich dann natürlich auch beim älteren kreativen Lösungen. Es geht um die eigentlichen ge-sellschaft. Dadaismus zu den italienischen Futuristen, oder Tschichold, 1933 in die Schweiz emigriert und – Ziele von Ausbildung: Inhalte vermitteln und in diesen wochen ist durch das unfassbare atten- vom Stijl wieder zurück nach Deutschland ins vermeintlich? – ganz anders. Erfreuliche Druck- im Gespräch und der Diskussion von und mit an- tat von new york und pentagon eine zäsur geschaf- Bauhaus. Von dort weiter zur Futura Paul Renners sachen durch gute Typographie, die Arbeiten für deren zu lernen und eine eigene Position zu fen worden – jetzt hat wirklich das neue jahr- oder den russischen Konstruktivisten um El Lis- Penguin und Hoffmann-LaRoche, die vielen von finden. hundert begonnen. elementarste sicherheiten sind sitzky. Und dieser El Lissitzky wiederum war eng ihm publizierten Texte. infrage gestellt – reaktionen darauf werden gegen- befreundet mit Jan Tschichold, der sich 1924 Bei mir hat die Begeisterung für Typographie (und sätzlich und differenziert sein – wahrscheinlich aus Begeisterung für die russische Revolution den später für Buchgestaltung) mit Schwitters begon- gilt ein sowohl als auch und nicht so sehr ein Namen ›Iwan‹ gab. Alle diese Bewegungen und nen, Tschichold kam erst etwas später hinzu. Aber Künstler setzten sich auf die eine oder andere Art vielleicht kann man auch mit Tschichold begin- und Weise mit Typographie, Schrift, Text und nen, kann fast ein ganzes Jahrhundert in der Typo- entweder oder, oder? 15 14 Neujahrswunsch Literatur. schönen und der wissenschaftlichen zum korrespondierenden Mitglied. haben. der Künste in Berlin ernennt ihn Deutschland den Weg bereitet zu täten hält. Die Deutsche Akademie Garamonds und Granjons in die USA, wo er Vorträge an Universi- Verdienst zu, den Schriftschnitten Linotype und Stempel. Er reist in Jakob Sabon kommt also der Die Sabon erscheint für Monotype, Niemand anderem als unserem 1967 gemacht habe, gar keine Rolle. Kommunikation, vornehmlich der paar luxuriösen Bücher, die ich tige und beste Mittel der normalen bewiesen haben, bleiben das gülhunderte hinweg ihre Brauchbarkeit und ihre Varianten, die über JahrDie Antiqua der klassischen Form druck erscheint. über den chinesischen Farbensammlung der Zehnbambushalle‹ Das sechste Buch ›Die Bilder 1970 habe. Neben ihnen spielen die Typographie ich verantwortet Millionen Penguin Books, deren Stolz könnte ich sein auf die 1963 1965 bergpreis der Stadt Leipzig. Er Englischen. for Industry und er erhält den Guten- T. J. Cobden-Sanderson aus dem ernennen ihn zum Royal Designer Buch oder schöne Buch‹ von Die Royal Society of Arts in London Tschichold übersetzt ›Das ideale 1966 Er gibt das Buch ›The penman’s paradise‹ von John Seddon heraus. Die wahre Ursache so vieler Unzulänglichkeiten in Büchern und anderen Drucksachen ist der Mangel an oder der ausdrückliche Verzicht Verachtung der Konventionen. stalter (Thema: W. Shakespeare) auf Tradition und die anmaßende nimmt am Wettbewerb für Buchgeauf der Internationalen Buchkunst Ausstellung in Leipzig teil und erhält eine Goldmedaille. Zeichnung für Sabon-Antiqua Innentitel 16 17 Franziska Kaufmann HT WK Leipzig Kristin Drechsler HT WK Leipzig Nicole Ballweg HT WK Leipzig Briefumschlag Briefumschlag und Broschüre Briefumschlag und Broschüre 218 x 109 mm 200 x 97 mm und 118 x 109 mm 105 x 200 mm und 218 x 109 mm 10437 Berlin be.bra Verlag Herr Ulrich Hopp Kulturbrauerei, Haus 5 Daniel Pelavin The ghost of Jan When I was earning my masters degree in design, I had the great pleasure of also apprenticing to the Master Composer at a very special typographer which served clients of excellent discrimination and taste. We always strived for eloquence in our work and never sacrificed utility for style. When a particularly splendid piece of typography was in the works, the master would become ebullient with delight and declare the “the ghost of Jan must be paying us a visit this day.” Jan Tschichold has the vision to see what typography was destined to become and the courage to admit that he had changed his mind. I am aware of few contemporary typographers who concern themselves with vision and fewer who exhibit courage in the face of their clients. There are, however, many who constantly change their minds but, aren’t willing to admit it. The spirit of Tschichold certainly lives on in a multitude of unknown studios, where designers who are unconcerned with mere sensation or cultivating a high profile, toil on contentedly and anonymously bearing that same look of delight as Herr Tschichold in the photo on the frontspiece of Asymmetric Typography. If he was alive, I’d ask him to knock some of the wind out of Alistair Johnson’s sails. Among well-known living typographers, Guenther Gerhard Lange doesn’t suck. Sven Hofmann HT WK Leipzig Kristin Drechsler HT WK Leipzig Briefbogen 210 x 297 mm Briefbogen 210 x 297 mm 18 19 Umschlag 1928). Foto: Bollinger ›Die Neue Typographie‹ (Berlin jährigen Verfassers frühestes Buch auf des damals sechsundzwanzig- mühseligem Tasten ein Ende. Todsünde. und Willkür zurück. In erster Linie frei von aller Willkür und macht Anfängen ist eine typographische mangelhaft begründete Theorien men. Der hier verkündete Kanon ist nennen sollte, gehen auf abwegige, man ihm nicht auf die Spur kom- spiegels‹ erscheint. tesk, die man nicht Experimente ren, und mit dem ›Gefühl‹ konnte nisse der Buchseite und des Satz- Die heutigen Stilübungen in Gro- Man hatte längst das Gesetz verlo- Das Buch ›Willkürfreie Maßverhält- oder nicht. Satz mit stumpfen sache, ob man Einzüge machen soll Es ist durchaus nicht Geschmack- 1961 1962 löst der Gestalter nur Kreuzwort- fällen. schlechthin unerträglich. Vermutlich werden, auch nicht in Ausnahme- Quadratische Bücher aber sind Gemeine dürfen niemals gesperrt rätsel. Schutzumschlag Einband Skizze und Korrekturabzug für Anzeige 20 21 Adriana Walther HT WK Leipzig Susann Seiffert HT WK Leipzig Anne Lehmann HT WK Leipzig Briefbogen 210 x 297 mm Briefbogen 210 x 297 mm Briefbogen 210 x 297 mm Ulrike Stoltz Warum Tschichold? Autoritätsperson und weiß genau, was richtig ist. Aus der Sicht der Hochschulen stellt sich das Pro- wieder zur Diskussion: Soll es ein Buch sein oder An dieser Stelle vergleiche ich natürlich mein blem noch einmal anders dar. Früher konnte man eine Website oder beides? Welche Auswirkungen Als erste Antwort drängt sich auf: weil zwei Jahre Verhältnis zur Lehre mit seinem. Ich stelle ihn davon ausgehen, daß der studierte (Gebrauchs-) hat dies für die Aufbereitung der Inhalte sprachlich vorher Gutenberg dran war. Im Jahr 2000 feierten mir vor einer Gruppe heutiger StudentInnen vor Graphiker in seiner Berufspraxis mit Fachleuten wie typographisch? Und wenn es ein Buch werden wir 600 Jahre Gutenberg, im Jahr 2002 feiern und befürchte das Schlimmste: Tschichold war des Handwerks zusammen arbeiten würde. Im soll: welche Buchform ist angemessen und dem wir 100 Jahre Tschichold. Aber die Waagschalen streng, unerbittlich, autoritär, geradezu päpstlich, Idealfall ergänzte sich beides, übergreifende Kon- Inhalt entsprechend? Fadenheftung? Hardcover? sind schon nach Jahren ungleich belastet, und ist das cool? Die 68er und ihre Nachfolger hätten zepte und Liebe zum Detail, Fernblick und Nah- Broschur? Leporello? Palmblattbindung? Tschichold ist kein Man of the Millennium. Ist er ihn ausgelacht und fortgeschickt, aber die heu- blick ergaben ein harmonisches Ganzes. Das Die Umstände, unter denen wir heute gestalten, ein Man of the Century? tigen StudentInnen? Vielleicht wären sie froh, daß ist nicht mehr so. Der Kommunikationsdesigner sind viel offener geworden, und Unterricht in Ich werde an dieser Stelle nicht noch einmal die einer ihnen mal sagt, wie es geht, wie man es macht auch den Satz, und das heißt nicht nur Typographie muß darauf reagieren. Tschichold, grundsätzliche Bedeutung Tschicholds für die macht, wo es lang geht, was richtig und was falsch den Randausgleich beim Flattersatz und die Korrek- denke ich, war auch schlau: Auf in Aufsätzen und Typographie des 20. Jahrhunderts beschreiben. ist. Anything goes ist auch anstrengend und ver- tur von Hurenkindern und Schusterjungen, son- Büchern publizierte Lehrmeinungen gibt es weni- Statt dessen stelle ich die Frage: was hat Tschichold unsichernd. dern sogar das Zurichten der Schrift selbst, etwas, ger direkten Widerspruch, sie sind allein schon uns heute noch zu sagen? Gibt es etwas, das wir, Ein Streitpunkt wäre sicher die Länge der Texte. Das womit sich die meisten früheren Schriftsetzer durch ihre Schriftform fester, unangreifbarer. Im die wir unter so ganz anderen Bedingungen Argument: »Lange Texte liest doch keiner!« war nie beschäftigen mußten! Die Inhalte einer drei- lebendigen Gespräch dagegen kommt alles auf den Typographie betreiben, von ihm lernen können? Tschichold sicher unbekannt. Und es gäbe wohl jährigen Lehrzeit lassen sich aber in ein Studium Prüfstand. Und auch, wenn in vielen Fällen die Warum sollen sich StudentInnen (zumal an einer auch heftige Auseinandersetzungen über seine nicht integrieren, und ich will meinen Student- typographische Form am Ende doch den tradierten Kunsthochschule) mit Tschichold beschäftigen? Vorschläge zur Anzeigengestaltung. Alles schön Innen die Beschäftigung mit einigen grundlegenden Setzerregeln (die ja alle viel älter sind als Tschi- Tschichold war Praktiker. Seine Arbeiten können leise und höflich, eher unauffällig, möglichst Fragen nicht ersparen: Auf welche verschiedenen chold) im allgemeinen folgt, so gibt es doch genü- wir anschauen, wir können sehen und analysieren, Mittelachse: damit lässt sich kein ADC-Preis Arten läßt sich ein Text typographisch organisieren? gend Fälle von gut begründetem, innerlich not- wie er auf seine Weise die anstehenden typogra- gewinnen. (Denn es gibt niemals eine eindeutige Lösung, wenigem Regelbruch. phischen Probleme gelöst hat. Wir können uns et- Typographie, so wie Tschichold sie verstand, Typographie ist nicht Mathematik.) Welche Noch einmal also die Frage: Warum Tschichold? was abgucken, aneignen, vielleicht inspiriert er uns war Typographie für die Praxis, und das heißt für Wechselwirkungen bestehen zwischen der typogra- Ich lese seine Schriften. Tschichold setzt nicht nur auch. Es ist immer sinnvoll, sich mit den großen Schriftsetzer. Aber diesen Beruf gibt es so nicht phischen Form eines Textes und seiner Rezeption? gut, er schreibt auch gut. Mir gefällt seine präzise, KollegInnen der Vergangenheit zu beschäftigen. mehr. Heute macht man als Lehrling eine Ausbil- (Denn man kann nicht nicht gestalten.) geschliffene Sprache. Über seinen Texten liegt ein Tschichold war Lehrer. Weniger im direkten Sinn dung zum Mediengestalter, und diese beinhaltet, Der Blick auf die mikrotypographischen Details ist Hauch von Altmodisch (es erinnert mich an den einer ausgeübten Lehrtätigkeit an einer Schule. neben der Typographie, viele andere Aspekte, sinnlos, solange Konzept und makrotypographi- Duft von Lavendel, von dem meine Grossmutter Mir scheint es mehr so, daß er eine Art natürlicher die früher Bestandteil anderer Fachausbildungen sche Komposition nicht stimmen (wobei es auch umgeben war); und das hängt nicht nur damit Lehrer war. Er konnte gar nicht anders, als erklä- waren. Der Computer macht aus Fachleuten da natürlich Wechselwirkungen gibt). Die Arbeit zusammen, daß er vom Bleisatz spricht, es ist auch ren, warum er etwas so oder so gemacht hatte. Generalisten. Das kann nur mit einem Verlust am Computer führt leider dazu, daß man sich eine Frage des Stils. Vor allem aber spürt man Mit seinem Temperament und als Kind seiner Zeit an Fachwissen verbunden sein, obschon es auch viel zu schnell in Kleinigkeiten verheddert, und seine Leidenschaft. Tschichold liebt die Typogra- konnte er auch gar nicht anders, als diese Erklä- auf der anderen Seite neue Chancen und Mög- das Ganze aus den Augen verliert. Die Gesamtform phie. Mit dieser Leidenschaft sagt er der alten rungen zu Maximen zu erheben. Der Lehrer ist eine lichkeiten eröffnet. steht aber – und nicht nur im Studium immer – Typographie den Kampf an, fegt er die überladene 22 23 Umschlag wie das Schicksal hinnehmen. auch, man müsse weißes Papier mildert. Viele Leute meinen vielleicht zahl unserer Drucksachen kräftig Malerei Chinas und Japans. die das blendende Weiß der Über- leave Germany. nisch so verschieden wie die phy and art, and so I preffered to nische, sind künstlerisch und techder chinesische und der japa- Schriftkultur entsteht. Jan Tschichold‹. phie – Eine Fibel für jedermann von Drucksachen durch gute Typogra- leicht chamois getönte Brille tragen, glied. Es erscheint ›Erfreuliche müßte eigentlich eine besondere, of creating ›un-German‹ typogra- und Briefe zu lesen gezwungen ist, graphie‹ Hitler came. I was accused des mehrfarbigen Holztafeldruckes, A few years after ›Die Neue Typo- Die beiden ostasiatischen Abarten Wer Drucksachen der Gegenwart 1960 France ernennt ihn zum EhrenmitDie Société Typographique de abnimmt und allmählich eine gewisse ßen- und Bahnhofbeschriftungen burten, der häßlichen Laden-, StraZahl der typographischen Mißgekleinen Buches dazu bei, daß die Vielleicht tragen die Lehren dieses Ornamentik des 19. Jahrhunderts und allen über- Daß wir in unseren visuellen Reaktionen auf flüssigen unfunktionalen Ballast hinweg. Seine Tschichold, die in diesem Katalog dokumentiert Liebe ist eine reine Flamme, und wie alle großen sind, auch ironische, freche Töne anschlagen, Liebenden ist er unduldsam und zornig mit allen, scheint mir gerade im Sinn einer lebendigen Aus- die seine Liebe nicht teilen. Wenn ich Tschichold einandersetzung unabdingbar. »Einen Helden als Liebenden sehe, brauche ich mich über den kann ich nicht lieben«, läßt Christa Wolf ihre Kas- Oberlehrer, Besserwisser, Klugscheißer und Korin- sandra sagen, und Heilige auf Denkmalsockeln thenkacker, der er ja auch ist, nicht mehr so zu gibt es schon genug. Die Beschäftigung mit Tschi- ärgern. Ich verstehe auch seinen Sinneswandel chold muß, wenn sie lebendig bleiben soll, auch vom linksbündigen Flattersatz in Grotesk zu Mittel- Streit beinhalten. Die Arbeiten der StudentInnen achse und Blocksatz in Antiqua besser, den er ja in aus Leipzig, Braunschweig und Breda sind Dis- einem seiner Aufsätze auch begründete. Ihn kussionsbeiträge, die durch Ausstellung und erschreckte die Radikalität seiner Thesen, das Ideo- Katalog nun auch über die jeweilige Hochschule logische, das ihnen anhaftete, und das er mit den hinaus weisen. Sie entstanden völlig unabhängig politischen Ideologien parallelisierte. Mit seiner voneinander, jetzt werden nicht nur Unterschiede, Liebe zur Typographie ließ sich das nicht vereinba- sondern auch Gemeinsamkeiten sichtbar. Wir ren. Eben wegen dieser Liebe übersah er aber auch freuen uns, wenn wir gemeinsam mit Tschichold völlig, daß seine neuen Maximen im Grunde ge- anregend und inspirierend wirken. nau so ideologisch waren. Die äußere Form änderte sich, die zugrunde liegende Haltung, das dahinter stehende Gefühl, blieb das gleiche. Leidenschaft läßt sich nicht lehren, aber vorleben. Die Lektüre von Tschicholds Schriften bringt uns in Kontakt mit diesem Gefühl, und die Lesenden stehen damit indirekt vor der Frage: wo ist meine berufliche, gestalterische Leidenschaft? Die Frage läßt sich nicht von jedem sofort beantworten, aber sie kann einen Prozeß in Gang setzen. Und das Objekt der Leidenschaft muß auch nicht die Typographie sein (schon gar nicht für StudentInnen im Grundkurs). So gesehen, ist die Beschäftigung mit Tschichold auch in Zukunft sicher Anke Erdmann HBK Braunschweig ein Gewinn. Schild 304 x 217 mm 24 25 Umschlag alten chinesische Holztafeldruckes. muß. zeitgenössischen Zeugnisse des Exlibris den Beinen auf der Erde stehen als manch anderer Beruf, mit bei- den, sondern auch die köstlichsten erer Zeit aufs glücklichste verbin- Signet für Hoffmann-La Roche lieferung und die Empfindung uns- ist und daß der Typograph, eher Malerei, in der die kostbare Über- Kunstwerk. graphie eine nützlich Kunst für alle sprechen. Ein gutes Signet ist ein gut sich zu erinnern, daß Typo- und dem Grau der Zeilen ent- bis in die Wolken verlieren, ist es Das Verlagssignet muß leicht sein Wenn sich manche Typographen 1957 1958 Spiegel der neuen chinesischen Gegenwart sind nicht nur ein treuer Die besten Gedichtpapiere der 1959 1955 Tschichold arbeitet bis 1967 als Ärzte richten. passender Einband; … gerade weil sie mit diesem nur so und Bücher, die sich vor allem an ein gediegener, in ein Wohnzimmer als irgendein Zeichen des Alphabets, Typographie, sorgfältiger Druck, Möglichkeiten der Abwandlung schöne, leicht leserliche Schrift, edle noch immer, erstaunlich viel mehr schen Konzern F. Hoffmann-La dem Auge angenehmes Papier, eine völlig kanonisiert und bieten, Typograph für den pharmazeuti- tragen vielerlei Eigenschaften bei: Kursiv sind selbst heute noch nicht Zum guten Aussehen eines Buches Die et-Formen der Antiqua und der lose verknüpft sind. Roche und Co. AG in Basel und gestaltet dort über 300 Broschüren Schutzumschlag und Doppelseite Innentitel 26 27 Alexander Scharlach HBK Braunschweig Anke Erdmann HBK Braunschweig Plakat 422 x 300 mm Plakat 384 x 280 mm 1952 1954 ders gut geeignete. Aber diese Wahl angenehm und schön präsentieren. für alle Bedingungen eine beson- wir haben es gern, wenn sie sich bei sehr sorgfältiger Prüfung wohl sind unsere besten freunde, und medaille. denartigsten Grundschriften und sollte sie fördern; denn bücher Arts verleiht Tschichold die Gold- erscheint. lich große Auswahl der verschie- buches ist nicht fern. Ein jeder Das ›Meisterbuch der Schrift‹ Zum Glück gibt es heute eine ziem- Eine neue blüte der kultur des Das American Institute of Graphic ist nicht ganz einfach. Schutzumschlag und Innentitel 28 29 Annika Martin HBK Braunschweig Ute Sauvigny HBK Braunschweig Plakat 375 x 500 mm Postkarten 105 x 148 mm 1951 eine aufgeregte und laute Stimme. daß es überhaupt verkehrt ist, den men ist eine bessere Empfehlung als oder sind, noch besser, überzeugt, men verwandt. Und gutes Beneh- Dichter tot oder unerreichbar sei, Gute Typographie ist gutem Beneh- Wir nehmen einmal an, daß der Textschreiber um Änderungen Signet für Edith Tschichold Ich habe seit längerm an einer brauchbaren Terminologie der Schriftengruppen gearbeitet und diese auch, wo ich dazu Gelegen- Tschichold gibt das Buch ›Yoricks empfindsame Reise durch Frankreich und Italien‹ von Laurence Sterne heraus. heit hatte, einzuführen versucht. zugunsten eines schöneren typographischen Aussehens zu bitten. Schutzumschlag 30 31 Plakatserie 420 x 297 mm Sabine Koehnecke HBK Braunschweig Friedrich Forssman Meine 3 Stunden (und nur noch drei Stunden. (Und zwölf Minuten.) wir gerade am Teichufer angelangt, und wie sich regeln macht eine Drucksache auf den auch nur Andererseits wieder ganz in Ordnung: was hätte da alles in kitschfreiem Idyll zur Löwenburg hinan- halbwegs Gebildeten eine so lächerliche Wirkung ich fünfzehn Stunden mit Tschichold anfangen zog das war so, nun ja: eben »schön« und dadurch wie etwa ein Text, der ohne Kenntnis der Ortho- Die Methode, Leute, »die das erste Leben und den sollen? Warum ich überhaupt ausgesucht worden ablenkend, daß ich das rasch noch schaler werden- graphie und Grammatik verfaßt wurde.« »Wissen ersten Tod erlitten hatten, auf kurze Zeit wieder war, war mir anfangs noch ganz klar geschienen; de Zitat wiederholen mußte. Er winkte auch nur Sie, diese ewigen Regeln, die hatte ich schon in zurückzurufen«, ist bei Arno Schmidt (»Goethe mit heranrückendem Ereignis ward es zunehmend ab, ohne mich anzusehen: »Unfug.« Na gut, fand den fünfziger Jahren für immer satt. Sind Sie denn und einer seiner Bewunderer«) schon genugsam schleierhaft. Und der Entschluß, auf derlei und ich ja auch. In wieder einträchtigem Schweigen da inzwischen weiter?« »Leider nicht. Das heißt, beschrieben. »Natürlich hatte es mit den Unsterb- sogar viel Harmloseres künftig nur noch mit einem dem Hause zu, und ab mit ihm aufs Sopha (mit ein bißchen schon. Dadurch, daß jeder mit lichkeitstheorien des Christentums nicht das herzlichen »Nein!« zu antworten, mal wieder so ›ph‹, wenn einer so fein & steif darauf sitzt!). Tee Schriftsatz herumprobiert, steigt die allgemeine geringste zu tun; es war wieder mal ›ganz‹ anders. fest wie nie. Und Geld gabs auch keins dafür, nicht und Petits fours! Dazu Geplauder Kenntnis der eigenen Unkenntnis. Und dadurch, Aber wozu die langen Erläuterungen; die Sache mal Spesen. über dies und das. (Wer zur Unterhaltung ein daß jeder herumprobieren kann, ist einiges sehr selbst ist ja jedem Kinde bekannt.« Der große Tag war da, der Apparat stand (»warum« ›Thema‹ braucht, ist streng zu meiden.) Erfreuliches entstanden. Man möchte ja auch Die großen Dichter waren längst ›durch‹ (auch ist egal) im alten Postamt am Wilhelmshöher Und dann doch Bücher herausholen, erst mal nicht die Farben rationieren, damit nur noch die kleinen), die Bildenden Künstler, die Ton- Schloß. Bei meinem Eintreten war die Prozedur des welche von ihm, ›foto-auge‹, ›Colin Ross‹, ›IG akademisch geprüfte Künstler in Öl malen kön- setzer, die Staatsmänner, auch schon Architekten, »Erscheine!« schon im Gange, und bald konnte Deutschland‹. Den Handkuß sparte ich mir, ist ja nen?« »Dieses nicht«, sagte er. »Aber ein Bild kann Köche, Sportler und Generäle. Die Ausbeute an ich den noch leicht Verwirrten hinausführen. nur Typographie. Aber zu einem großen Kompli- man ignorieren. Wenn ein Buch erstmal gedruckt Erkenntnis mikroskopisch: man hätte das längst In den angemessen Goldenen Oktober. Und gleich ment, aus Herzensgrund, reichte es allemal: ist, dann wird es so rasch keine neue Ausgabe sein lassen sollen. Wo aber erst allerhand Gremien quer durch den Park, zu mir nach Hause. (Zum »Schön!«. Er hörte es gern, und fand dann auch geben. Den Ärger hat man für Jahrzehnte, und und verwaltende Instanzen gebildet sind, ist kein beliebten Stadtbummel samt mit-der-Moderne- Selbstgestaltetes, auf seinen höflichen Wunsch kann ihm nicht entgehen.« Ich nickte nur trübe. Halten. Nun also mußten die Typographen an Prahlen war er ja leider selbst noch viel zu modern; Angereichtes, nach kurzer Betrachtung, »schön« Ach je, wir waren uns so einig. »Wissen Sie was, den Tanz, und so viele Große gibt es da zum Glück das entfiel also. Höchstens bißchen Quark am (nur kurz reingesehen). verehrter Meister, ich stelle allerhand Rauchwaren nicht (Gutenberg hatte es übrigens doch nicht Klapprechner? Mal sehen.) So konnte das nicht weitergehen, zumal schon auf den Tisch, und feine Spirituosen. Dazu lesen gegeben, so viel immerhin stellte sich heraus. Und überhaupt mal unauffällig mustern, im eine Stunde herum war. Woher rasch eine wir noch, äh, zwei Stunden und vier Minuten.« Coster hatte ihn sich nur ausgedacht, um Steuern Gehen: grandseigneural, soigniert, ehrgebietend Kontroverse nehmen? Er mußte doch zum Predigen Das war konsensfähig, und so geschah es. Warum zu sparen). Fünfzehn Stunden waren es gewesen, (dafür weiß ich kein französisches Wort). Da er zu bewegen sein! Nur: wo ihm widersprechen? sich plagen? Er nahm sich kurzerhand seine die Schmidt Goethen durch Darmstadt geführt nicht mit dem Reden anfangen mochte, tat ich’s Ich blätterte scheinbar nebenbei (eigentlich aber ›Schriften‹ vom Tisch, blätterte, und lachte immer hatte. (Klar, daß man die vorübergehend wieder eben: Am besten gleich was Typographisches recht verzweifelt) in seinen ›Schriften‹, Brinkmann wieder herzlich. »Was erheitert Sie?« »Sie würden Lebendigen nicht sich selbst überlassen konnte. (ich mußte ja auch noch den ›Bericht‹ abfassen, & Bose. Die er vorher schon gesehen hatte, und es nicht verstehen.« Das war nun wieder frech, Sie hätten zuviel Unfug angerichtet, und was sie und da kann man ja nicht die ganze Zeit übers stirnrunzelnd recht gutgeheißen. »Register?« und so wandte ich mich wieder meinem Buch zu: etwa Bedeutendes äußern mochten, sollten sie vor Wetter geredet haben): »Bald: Band drei!« log ich rasch; wie soll man ›Stücke 2‹ von Jörg W. Gronius und Bernd Rau- Zeugen äußern.) Da, seitdem die Technik Fort- »Gute Typographie ist gutem Benehmen verwandt. aber auch in drei Stunden einem Fremden die schenbach (»Das bißchen, was ich lese, setze ich schritte gemacht hat, aber alles trotzdem-irgendwie Und gutes Benehmen ist eine bessere Empfehlung Wahrheit sagen lernen, verflucht? Da, das Zitat: mir selbst« hatte mir jemand mal in den Mund schlechter geworden ist, waren es inzwischen als eine aufgeregte und laute Stimme«. Da waren »Ohne genaue Kenntnis der überlieferten Setzer- gelegt), und begann meinerseits zu grinsen. 12 Minuten) mit Tschichold 32 33 Skizze für Titelseite beobachten. Schutzumschlag gen Drucksache, im glatten Satz Composition Rules‹, einer vierseitiAuswirkungen meiner ›Penguin Jahr konnte ich die wohltätigen rekord bedeutet. keiten, und schon nach etwa einem vorbereitet, was wohl einen Welt- hatte mit ihnen kaum Schwierig- oder für den künftigen Druck bereit, guten Regeln zu folgen; ich fast jedes Seite für Seite, betreut die Maschinensetzer lenkbar und weniger als etwa 500 Bücher, Zum Glück sind auch in England Ich habe in den 29 Monaten nicht 1950 Namenszug für Rentsch 1954 als Freischaffender. Zurück in Basel arbeitet er bis Schließlich trat er ans Fenster, in Anzug und Fliege, und schaute an Liebermeisters Fichte vorbei in Richtung Thüringen. Der Fernweh-Blick; um das Kommende (was immer es war) konnte ich ihn schier beneiden. Er wurde dann auch transparenter. Und war schließlich: einfach weg. Ich blieb noch einen Moment sitzen (»ohne Tschichold«?: nee, zu pathetisch), im Gefühl des Nichtgenügthabens. Und fraß wenigstens die letzten drei Petits fours. Für den Bericht würde ich allerlei erfinden müssen. Andererseits: »Geld zurück« konnten die schlecht fordern. Aber ein paar neue Kernsätze zu ersinnen würde Spaß machen, für die Regelgläubigen, zum ehrfürchtigen Nachbeten; ›er selbst hat es gesagt!‹. Mal sehen: »Gute Typographie kann nie witzig sein« ... hehe ... »Die Berufung darauf, daß in der gegenwärtigen Typographie ›alles erlaubt‹ sei, ist nicht akzeptabel.« ... Wer möchte da widersprechen? ... »›Sachlichkeit‹ allein ist gar kein Wert.« ... ach, ich könnte stundenlang so weitermachen! Melanie Köster HBK Braunschweig Plakat 420 x 297 mm 34 35 Schutzumschlag und Innentitel drucker in München zu werden. terschule für Deutschlands Buchdas Angebot ab, Direktor der Meis- reitung dazu. Schweiz zurückzukehren. Er lehnt Schaffen, sondern nur eine Vorbe- des zwingt Tschichold, in die tion erfüllt. Aber Reinigung ist kein Die Abwertung des englischen Pfun- damit ihre geschichtliche Funk- ernennt ihn zum Ehrenmitglied. große Reinigung durchgeführt und Der Londoner Double Crown Club Die Neue Typographie hat die 1949 Schutzumschlag und Innentitel Ian Tyson to me to have my own notions on art confirmed by Jan Tschichold e.g. the relationship of the page Dear Thorsten Kirchhoff, your e-mail on the sub- to non-figurative or ‘abstract’ imagery. I have ject of Jan Tschichold arrived a few weeks after I always thought that the division between ‘pure’ had moved back into my recently renovated house. and ‘graphic’ art inappropriate and am therefore I had just unpacked books not seen for nearly in sympathy with artistes like Tschichold, Muller- two years and there on the top of one of the boxes, Brockmann, Gottfried Honegger et al. was Jan Tschicholds ‘asymmetric typography’ Finally I can say that I have been influence by Jan (Typographische Gestaltung) in the English trans- Tschichold not directly but through his immense lation (published 1967 by Faber and Faber Ltd) – influence on others. There is no one question I a coincidence, I probably acquired it sometime late would like to ask him but it would be good if he in the 1970’s. were still here to talk to. Best Wishes, Ian Tyson As an art student in the 1950’s I had come into contact with the typography of the Bauhaus, Russian Futuristes and the unlikely love affair between the Dadaists and Constructivistes. Sometime in the 1960’s I met a printer called Desmond Jeffries and the painter/designer, Ron King. It was from them I learnt the practicalities of typographic practice. I came to Jan Tschichold later but most of the typographic work in Britain that interested me at that time resulted from his work at Lund Humpheries and Penguin Books. It was the influence of this work and his writings that was important. I believe that first and foremost words must be legible and therefore letter forms and their placing on the page is of prime importance. This may be ‘good behaviour,’ it is also necessary in order to communicate. As an artist who makes paintings and sculpture as well as books I approach the layout of a page as an overall image. I do not consider it necessary to keep to a rigid format of either Anna Spengler HBK Braunschweig Mirella Andruszkiewicz HBK Braunschweig Linda Becker HBK Braunschweig symmetry or asymmetry. It was very important Postkarten 105 x 148 mm Postkarte 105 x 148 mm Postkarten 105 x148 mm 36 37 weiterführen zu können. der modernen Massenproduktion Beim Schriftschreiben Innentitel ter den veränderten Bedingungen den sind, aufrechterhalten und under Kalligraphie. von einer Elite wiederbelebt wor- wertvoller ist eine tätige Kenntnis tionen des frühen Buchdrucks, die vollkommener Typographie. Noch imstande sind, die großen Tradi- denen Schnitt nahekommt. eine unabdingbare Voraussetzung lich heruntergekommenen Kultur, nis zugrunde liegen, das dem Gol- in unserer Zeit, innerhalb einer wahr- wohl fast immer ein Seitenverhält- Es scheint mir tröstlich, daß wir Einer schönen Buchseite wird 1947 schichte der Buchdrucklettern sind Gründliche Kenntnisse in der Ge 1948 Indra Kupferschmid Jan und ich und je mehr ich über unser Fach lernte, desto vergnüglicher empfand ich seine Schriften, da man Mit Jan Tschichold machte ich unter unglück- dann herrlich über seine lehrmeisterhaften Formu- lichen Umständen Bekanntschaft. Noch recht am lierungen schmunzeln kann. Anfang meines Studiums besuchte ich ein Typo- Heute verstehen wir uns ausgezeichnet und Tschi- graphie-Seminar, das wie die meisten nur aus Refe- chold beeinflußte mich sichtlich. Auch mir liegt raten von Studenten bestand. Wie es zu dem eher die klassische, wenn auch nicht symmetrische Versehen kam, daß gleich vier von zehn Teilneh- Gestaltung. Ich kann mich unendlich in mikroty- mern ein Referat über Tschichold hielten, kann ich pographischen Details verlieren und habe einen heute nicht mehr sagen. Allerdings blieb bei mir kleinen Hang zu spröden Geliebten – den DIN- kaum Information hängen – nur seinen Namen Normen. Seit einigen Jahren schon beschäftige ich flexibler ist, auf eine historische Einteilung und Renaissance (Garamond), des Barocks (Caslon) behielt ich genervt in Erinnerung. Danach brauch- mich mit der Klassifikation der Schriften und Namensgebung zu verzichten und lieber nach oder der klassizistischen Epoche. Heute haben wir ten wir erst mal ein bißchen Abstand. erarbeitete auch für den Normenausschuß eine Form- und Ausstattungsmerkmalen, wie Strich- noch viel mehr Individualisten-Schriften unter- Abbildung 2 Einteilung nach Formprinzip von Kupferschmid, 1999 Etwas später aber war es Liebe auf den zweiten neue Einteilung. Zu einer Reformation ist es leider kontrast und Serifen zu unterscheiden. zubringen bzw. wiederzufinden, wenn wir davon Blick. Auf der Suche nach der wahren ›reinen‹ Lehre bisher noch nicht gekommen, was aber mich Tschichold sah das 1951 schon sehr ähnlich (was ausgehen, daß eine Klassifikation ja vor allem trafen wir uns natürlich wieder, wer kann Tschi- und Mitstreiter wie Max Bollwage und Hans Peter ich aber zu meiner großen Schande erst viel später die alltägliche Schriftwahl erleichtern und nicht chold schon ungestraft im Studium der Typo- Willberg nicht von Umsortierungen abhält. Da- herausgefunden habe): Die historischen Bezeich- nur die Historiker beglücken soll. graphie umschiffen. Ich verschlang seine Klassiker bei sind wir uns einig, daß es praktikabler und nungen der damals gebräuchlichsten Schriften In der Abbildung 1 ordnete Tschichold die damalige empfand er ebenfalls als sehr irreführend: ›Fraktur‹ Kollektion lateinischer Schriften nach möglichst z.B. stand (und steht auch heute noch oft) für neutralen Begriffen. Er stellte das Merkmal Strich- alle Arten von gebrochenen Schriften, ›Antiqua‹ kontrast voran, gefolgt von einer Unterscheidung bürgerte sich mehr als Begriff für die jüngeren nach Serifen (Endstrichen oder Schraffuren, wie er Antiquaschriften wie Bodoni ein, die wir nun eher sie lustigerweise auch bezeichnete) und Art des als ›klassizistisch‹ bezeichnen. Die damals noch Strichkontrastes. Dieses Prinzip verträgt sich sehr recht neuen Grotesk- und Egyptienne-Schriften gut mit meinem Vorschlag einer Einteilung nach steckte man zu den Bastard-Schriften. Tschichold Formprinzip. plädierte zumindest für eine Untergruppe der In der Abbildung 2 werden alle Schriften in einer ›runden Schriften (römischen Stils)‹, sprach ihnen Richtung nach Strichkontrast und Serifen unter- aber gleichzeitig das ›Recht‹ ab, eine eigenen schieden. Die zweite Achse differenziert nach Art Gruppe zu bilden. Damals sah die Schriftwelt aber des Strichkontrastes, bzw. des ihm zugrunde auch noch gänzlich anders aus; nur wenige neuere liegenden Formprinzip, wenn es sich um lineare Akzidenzschriften ergänzten den überwiegenden Schriften handelt. Ein Strichkontrast mit ›schrägem Gebrauch von klassischen Buchschriften der Druck‹, wie ihn Tschichold bei den Renaissance- Abbildung 1 Klassifikationsvorschlag von Tschichold, 1951 39 38 eignet. Alfred Fairbank vorbereitet wird. sie im allgemeinen völlig unge- neues kleines Schriftbuch, das von der Graphik. Buch, besonders das literarische, ist Mit Spannung erwarten wir ein Überraschung das Streben werben- heraus. vor. und ihre Zweigformen reformiert. wahrer Buchkunst; Neuheit und das ›Chinesische Novellenbuch‹ in London, wo er die Penguin Books drucks an den Inhalt ist das Ziel Tschichold in der Schweiz. Er gibt scher Leiter für Penguin Books Anpassung des typographischen Aus- Books, und Oliver Simon besuchen Er arbeitet bis 1949 als künstleri- Vollkommenheit, vollkommene Allan Lane, Verleger von Penguin 1946 schrift ragt Alfred J. Fairbank herHüter der echten Kunst der HandAus der kleinen Zahl der heutigen Signets für Penguin Books und andere Drucksachen. Für das erwiesenermaßen nur für Werbenoch nicht überholt, eignet sich aber Die Neue Typographie ist zwar schriften identifiziert, geht auf das Schreiben mit der Breitfeder zurück, die man immer in einem Jan Tschicholds typographischer Weg Silke Nalbach ›Von Basel nach Rom‹ bestimmten Winkel führt. Setzt man den Strich- Anfangsjahren, in denen ich alles verschlang, was starren Forderungen Max Bills, die ›Neuen Typo- mir den Weg zur Freiheit in der Typographie öffnete. graphie‹ auf jedem Gebiet anzuwenden, hart ins Was hat Tschicholds Werk bewirkt? Wen hat er Gericht geht, entdecke ich, daß er sehr wohl noch kontrast herab, ergeben sich Buchstabenformen Von Basel nach Rom – mit diesen Worten mußten, beeinflußt und wie? Was ist aus der ›Neuen Typo- viele Möglichkeiten und Ausdrucksformen in wie etwa bei der Gill Sans oder Syntax. Dieses oder durften wir Anfang der neunziger Jahre, zu graphie‹ geworden? der Typographie offen ließ, nur eben wohl überlegt Formprinzip kann man auch als ›dynamisch‹ Beginn meiner Studienzeit an der Schule für Einer, der wohl bedacht auf Tschicholds Spuren und am richtigen Ort. bezeichnen. Gestaltung in Basel, den Versalienausgleich üben wandelte, war sicherlich Wolfgang Weingart, Tschicholds Aufgabengebiet hatte sich zu Beginn Die klassizistischen Schriften (jüngere Antiqua) und es gab kein Entrinnen, bis alle Zeichen ins der gegen Ende der sechziger Jahre in Basel zu un- seiner Basler Zeit stark verändert. Er wandte sich beruhen auf dem Schreiben mit der Spitzfeder, die richtige Lot gebracht waren. terrichten begann. Weingart experimentierte frei ab vom Akzidenzsatz und der Werbegestaltung, gerade gehalten wird und immer gleichdünne Von Basel nach Rom, so sollte sich später her- mit jeglichem typographischen Material, dessen er hin zur Buchgestaltung, die völlig neue Anforde- Striche produziert. Nur wenn man beim ›Nach- ausstellen, steht für mich auch als Metapher für habhaft werden konnte und so entstanden, wie rungen stellte. unten-Ziehen‹ Druck ausübt, spreizt sich die die immerwährende Entscheidung zwischen ›Hel- vierzig Jahre vorher bei Jan Tschichold, wiederum Deshalb differenzierte er in ›Glaube und Wirklich- Feder und wird der Strich dicker – es entsteht ein vetica und Capitalis Monumentalis‹, die Ent- völlig neue, überraschende Schriftbilder mit denen keit‹ klar, gab der ›Neuen Typographie‹ zwar wei- Strichkontrast mit ›unvermittelten senkrechten scheidung zwischen Grotesk und Antiqua, zwischen er weltweites Aufsehen erregte. Bei all dem war terhin ihren Raum, jedoch nicht in der Buch- Druck‹. Dieses Prinzip ist auch in den linearen moderner und klassischer Typographie. jedoch für ihn die Beherrschung des typographi- typographie, zumindest nicht in literarischen Wer- Schriften mit eher geschlossenen Buchstabenfor- In Basel, der einstigen Wirkungsstätte Jan Tschi- schen Handwerks immer eine Grundvoraussetzung. ken, wohl aber fand er dem Thema entsprechend men sichtbar, z.B. der Helvetica oder Univers. cholds, begann ich mich intensiv mit seinem Später, Ende der achtziger, Anfang der neunziger für ein Architekturbuch eine sachliche Typo- Sie wirken eher ›statisch‹. bedeutenden Frühwerk und danach unweigerlich Jahre darauf aufbauend, folgten Neville Brody und graphie, für einen Band zur Barocklyrik hingegen Neben diesen zwei großen ›Schriftwelten‹ gibt es auch mit seinem mir damals völlig unverständ- David Carson, die beide auf ihre Weise eine Art eine Barocktypographie angebracht. noch die geometrischen Schriften und die vielen lichen ›Rückschritt‹ von der neuen zur klassischen ›Crash-Typographie‹ entwickelten, welche von Diesem stillen Aufruf Tschicholds, sich zu Beginn dekorativen Fonts, die man mehr oder weniger Typographie zu beschäftigen. ihren Anhängern kopiert wurde und bald im chao- einer Konzeption mit den Themen und Inhalten glücklich den einzelen Gruppen und Formmerk- Tschichold, der Wegbereiter der modernen Typogra- tischen Nirwana endete, weil plötzlich alles hip der Texte auseinanderzusetzen, und diese Inhalte malen zuordnen kann. Dafür bietet aber der phie, der uns mit seiner Publikation ›Die Neue war, was Grenzen und Regeln durchbrach, ohne angemessen und mit den notwendigen Mitteln zu Verzicht auf historisch gewachsene Gruppen die Typographie‹, 1928, alle Türen und Tore geöffnet Rücksicht auf Verluste. Verlierer waren meist die gestalten, die sowohl klassischen als auch experi- nötige Offenheit, auch zukünftige noch nicht hatte, Unmögliches möglich gemacht und sich Inhalte der Texte, mit denen grob und unverständ- mentellen Charakter haben können, kann und ahnbare Schriftentwürfe aufnehmen zu können. unbeirrt einer großen Anhängerschaft, aber auch lich hantiert wurde. will ich mich auch heute noch gerne anschließen. Leider ist mir keine Äußerung Tschicholds zur großer Kritik ausgesetzt hatte, begann 1938 vehe- Ist Tschicholds Idee der ›Neuen Typographie‹ also In diesem Sinne bewegte sich Jan Tschichold zeit- Klassifikation nach 1951 bekannt. Ich würde zu ment wieder die alten Werte der damals verpöhnten letztendlich im kreativen Chaos gestrandet? Hat lebens in einer Spannung zwischen neuer und gerne wissen, wie er etwa in den 60er/70er Jahren Mittelachsen-Typographie zu proklamieren und er dies damals vorausgeahnt und deshalb eine klassischer Typographie, auf seinem eigenen Weg all die neuen Schriftentwürfe eingeteilt hätte. distanzierte sich endgültig von der Typographie der absolute Kehrtwende in seiner Arbeit vollzogen? ›von Basel nach Rom‹, von der modernen zur klas- Er wird sie aber wahrscheinlich so spärlich benutzt zwanziger Jahre. Entsetzlich! Wenn ich heute nach vielen gestalteten und durch- sischen Typographie. haben, daß er kein erweitertes Ordnungssystem Zu dieser Sichtweise kam ich jedenfalls, wie viel- lebten Büchern wieder seinen Aufsatz ›Glaube und leicht auch manch anderer, allzu leicht in diesen Wirklichkeit‹ von 1946 lese, in dem er mit den vermißte. Sabon paßt immer. 40 41 Umschlag Korrekturabzug für Titelseite einem kleinen Raum voller Bücher, im Tal Onsernone. Dort saß er in dem Dörfchen Berzona hoch oben sames Tessiner Granithaus 500 m vor denke, dann denke ich an sein ein»Wenn ich heute an Tschichold statt. Kurt Seelmann erinnert sich (1976): de zu werden.« veränderte wieder, ohne dabei mü- ›schönsten Bücher‹ der Schweiz nach, verbesserte, entwarf und kleines Haus in Berzona (Tessin). findet die erste Prämierung der Die Familie Tschichold baut sich ein Auf Anregung von Tschichold 1943 1944 las, dachte, schrieb, korrigierte, sann 1945 1941 anderen geschieden. bewundern diese Holzschnitte und Gesamtkomposition wird klar vom wort zu schreiben. Meine Freunde ser Verlag in Basel. erreichen. Jeder einzelne Teil der ist mir eine Freude, dieses Vor- bis 1946 als Typograph im Birkhäu- der Farbwerte und der Bewegung zu Ich bin von ihnen entzückt, und es wird verlegt. Tschichold arbeitet wird versucht, deutlich Kontraste frühe chinesische Farbendruck‹: ›Die Geschichte der Schrift in Bildern‹ In der unsymmetrischen Satzweise Tschichold über die Publikation ›Der 1942 Tschichold erhält das Basler Bürgerrecht und sein kleines Buch ›Schriftkunde, Schreibübungen und Skizzieren‹ wird veröffentlicht. Signet für den Birkhäuser Verlag erwarten jene, die gute Augen Signet für den Burg-Verlag haben und ihren Wert beurteilen können. 42 43 Kalligraphien 210 x147 mm Xiang Li HBK Braunschweig Ausstellungsplakat 1938 1940 erscheint ›Der frühe chinesische schreiben geschichtlicher Schriften den chinesischen Farbendruck sollte einige Kenntnisse im Schrift- Buchtypographie. Als erstes von sechs Büchern über Jeder Setzer, ja jeder Gebildete, Tschichold widmet sich ganz der von Jan Tschichold. men mehr oder minder deutlich den Farbendruck‹ mit einem Vorwort haben. Da alle frühen Schriftforformbestimmenden Einfluß federartiger Schreibgeräte zeigen, wird er dann die Formen besser verstehen und gute von schlechten Schriften zu unterscheiden wissen. Briefpapier 44 45 Tilmann Benninghaus HBK Braunschweig Isabelle Remmean HBK Braunschweig Plakat 396 x 285 mm Plakat 420 x 297 mm veröffentlichen. Aus politischen und Double Crown Club in London. Arps ›Der gestiefelte Stern‹ zu approach to typography‹ vor dem Tschichold und Hans Arp planen Er hält einen Vortrag über ›A new 1938 Hans Arp schrieb: »lieber tschichold, du hast mir vor einigen wochen Tschichold gestaltet das ›Penrose Annual‹. schriftlich ein grosses wort gelassen schönen leib nackt wie es fräulein ihm bearbeiteten Korrekturfahnen. hast habe ich daraufhin meinen Nachlaß als Faksimile der von für den drucker geld . da du recht dies aber erst 1978 aus Tschicholds ausgesprochen nämlich schicke mir finanziellen Gründen geschieht Seine Frau Edith beschafft ihm ein vollständiges Exemplar einer Ausgabe der ›Zehnbambushalle‹ von 1715. Tschichold ist schon lange von der fernöstlichen Kunst begeistert. danae getan hat auf einen pfühl ausgegossen aber der goldene regen Einband ist nicht auf mich niedergegangen.« 46 47 Jana Kanaan HBK Braunschweig Nils Camin HBK Braunschweig Plakat 420 x 297 mm Plakat 420 x 297 mm O heiliger Tschichold schon mal von seiner eigenen Unfehlbarkeit über- nicht ahnen. Es ist müßig zu fragen, wie er reagiert zeugt (Anmerkung des Verfassers für Eingeweihte: hätte, wie er damit fertig geworden wäre. Es ist Damit keine Mißverständnisse entstehen, gebe Ich stamme aus Halle). gut, wenn man sein Auge an Tschicholds Arbeiten ich vorab eine Erklärung ab: Jan Tschichold war Zudem waren seine typographischen Anweisungen schult, im übrigen aber Gegebenheiten nutzt, die einer der ganz großen Typographen des vorigen oft nach allen Richtungen auslegbar, vor allem in es damals noch gar nicht gab. Die Grundlagen, die Jahrhunderts. späteren Jahren. Ich zitiere aus ›Willkürfreie Maß- er geschaffen hat, sind wichtig. Die aber stammen Im Jahre 1960 kam ich als junger Hersteller in verhältnisse der Buchseite und des Satzspiegels‹, aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. einen bedeutenden literarischen deutschen Verlag, Basel 1962: »Gute Typographie ist gutem Beneh- Tschicholds Name beginnt zu verblassen. Bei der der bei den Wettbewerben um die schönsten men verwandt. Und gutes Benehmen ist, wie gute jetzt tätigen Generation ist er nicht mehr all- deutschen Bücher gar nicht so schlecht abschnitt. Typographie, eine bessere und eindringlichere gegenwärtig. Als ich 1997 die große Ausstellung, Es wurde Wert auf gute Typographie gelegt, und Empfehlung als eine aufgeregte und laute Stimme.« die die Buchgestaltung des 20. Jahrhunderts besich- das Team von vier jungen Herstellern bemühte Oder: »Gute Typographie heißt nicht modische tigte, ›O heiliger Tschichold‹ nennen wollte, riet sich nach Kräften, gut gestaltete Bücher vorzulegen. Typographie; modische oder modisch sich gebär- mir alle Welt wegen Unverständlichkeit davon ab. Der Name Tschichold war uns suspekt und das dende Typographie ist nicht immer gut.« Die Ausstellung hieß dann ›Typen & Macher‹, – kam so: Wir hatten einen Abteilungsleiter, der ein Was ist gutes Benehmen? Was ist modisch, gar was modisch ist. guter Kaufmann, vor allem aber schwach in Typo- modisch sich gebärdendes? Zum Abschluß, falls nun doch Mißverständnisse graphie war, was er aber ums Verrecken nicht zu- All dies demontiert den großen Typographen Jan aufgetreten sind, wiederhole ich mich: Jan Tschi- geben konnte. Beinahe täglich kritisierte er unsere Tschichold nicht. Kein Mensch ist ausschließlich chold war einer der ganz großen Typographen des Arbeit und fand immer wieder Zitate bei Jan gut. Was ich lächerlich finde, ist die bedingungs- vorigen Jahrhunderts! Tschichold, die unsere Entwürfe als Machwerke lose Gefolgschaft mittelmäßiger Buchgestalter übler Art entlarvten. bis lange über seinen Tod hinaus. Fürchterlich, Nun ist es leicht, bei Tschichold für alle Gelegen- diese Epigonen! heiten Zitate zu finden. Da er seine Meinung Als ich 1983 die Geschäftsführung der Stiftung immer mal wieder änderte (was normal ist, wenn Buchkunst und damit die Moderation des Wett- es sich um Weiterentwicklung handelt), kann bewerbs ›Die schönsten deutschen Bücher‹ über- man sogar positive wie negative Bemerkungen für nahm, wurde dies besonders deutlich. Immer ein und dieselbe Typo finden. Ärgerlich fanden wieder kam, auch bei den unglaublichsten Gurken, wir nur, daß Tschichold alle seine Thesen jedesmal das Argument: »Aber ich habe mich doch genau vortrug, als seien sie Gottes Gebot – und das tat an Tschichold gehalten!« er mit erhobenem Zeigefinger, keinen Widerspruch Jan Tschichold starb 1974. Die Kinderschuhe duldend. Vielleicht lag das daran, daß er gebür- des Fotosatzes hat er noch besichtigen können. tiger Leipziger war, dort studierte und bis 1933 Daß der Computer einen solchen Siegeszug arbeiete. Da ist man in der sächsischen Metropole antreten würde, konnte damals niemand, auch er 49 48 Ausstellungsplakat standene Schriftstile zu einen. zwei zu verschiedenen Zeiten enterfrischend. erzeugten Gemeinen zu schaffen, fältig gewählter Gegensatz wirkt graphischen Arbeiten eröffnet. formen und den mit der Feder wird eine Ausstellung seiner typo- mit dem Meißel gebildeten Versal- doner Druckerei Lund Humphries erziehung. darin, eine formale Einheit aus den eines der besten Mittel der Selbst- wieder neu gestellt wird, besteht ist auch im symmetrischen Satz die heute noch unverändert immer Das Studium guter Drucksachen Die Schwierigkeit dieser Aufgabe, 1934 Wolfgang Rasch 1938 tragsreihe in Dänemark. In der Lontung‹ erscheint. Er hält eine VorDas Buch ›Typographische Gestal- lichkeiten. Ein lebhafter, doch sorgfür schwächlich und unnötig‹. aber eine ›stilgetreue Anordnung sie bieten eine Reihe neuer Mögtigen Typographie von Bedeutung; Weiterentwicklung der gegenwär- sische Schriften einzuwenden, halten Die Schriftmischungen sind für die Wir haben nichts gegen gute klas- 1937 1933 Die Tschicholds emigrieren nach Grotesk allein auszukommen. der Kündigung seiner Lehrtätigkeit. len, daß es nicht möglich ist, mit der haft gesetzt. Dort erfährt er von wart erklärt. Heute ist festzustel- Jan und Edith Tschichold in Schutz- als die ›alleinige‹ Schrift der Gegen- Von den Nationalsozialisten werden Ursprünglich wurde die ›Grotesk‹ Basel. Tschichold erhält bis 1940 eine Halbtagsstelle im Verlag Benno Schwabe und einen kleinen Lehrauftrag an der Allgemeinen Gewerbeschule in Basel. Daneben zeichnet er bis 1936 ca. acht Schriften für die Lichtsetzmaschine Uhertype. Umschlag Schutzumschlag 50 51 Falko Oldenburg HBK Braunschweig Nils Camin HBK Braunschweig Plakat 210 x 297 mm Plakat 198 x 277 mm 1932 verhältnismäßig große lücke. and negative plane surfaces which schlossen . es bildet sich dann eine taining simpler outlines of positive punkt wird wie ein Wort ausge- using existing type materials; main- üblichen Weise setzen. Der Schluß- the new typographic poster aims at Man darf Kleinschrift nicht in der Against these antiquated methods promote comprehension and ‘legibility’ in the fullest sense; consciously employing every possible kind of contrast and tone-variations to increase the effect. Umschlag Plakatentwurf 52 53 Janine Rattermann HBK Braunschweig Christian Plähn HBK Braunschweig Janine Rattermann HBK Braunschweig 2 Postkarten 105 x 148 mm Postkarte 105 x148 mm Postkarte 105 x 148 mm 1931 und Zeus erscheinen. Irrtum, die neue Typographie sei Die Schriftschnitte Saskia, Transito Allmählich verschwindet auch der eine Art verschobenen Blocksatzes. Die Zeit jedweden Blocksatzes sollte seit 1910 vorüber sein. Signet für den Insel-Verlag Broschürenumschlag Signet für ›Der Bücherkreis‹ Schutzumschlag 54 55 Florian Hardwig HBK Braunschweig Stefanie Bokeloh HBK Braunschweig Jutta Eckel HBK Braunschweig Tobias Tank HBK Braunschweig Postkarte 105 x 148 mm Postkarte 105 x 148 mm Postkarte 105 x 148 mm Postkarte 105 x 148 mm Dr. Stefan Soltek und dem lichten minimalismus von zero. und Michael Wörgötter Schuhgröße 49 die re-vision anschließen, es hätte den durchschuß sehr geehrter Thorsten Kirchhoff, der maßlosen, brutalen nazi-lauthalsigkeit, ihr danke für die information zum tschicholdprojekt. überfrachten, vereinnahmen, abtöten nicht gege- ihre frage nach einem beitrag zu beantworten, ben. damit verglichen scheue ich allerdings fällt mir offen gestanden nicht leicht. ich sehe mich zurück, tschichold irgendwelche markigen begriffe so gar nicht als spezialist für differenzierte analy- zuzuweisen, sondern möchte die seiten von ihm sen von schriften, die mir mitunter als selbstver- sehen, die betonten freiraum, mut zur experimen- liebte formalistische sätze um die (schwarz)goldene tellen proportion, feinsinn, und die latent unter- letter erscheinen. andererseits fasziniert mich sehr legte frage signalisieren: was bedeutet das, was da die beobachtung von schriftbild (oder sollte ich gesetzt steht? vorsichtiger, wichtiger noch: was besser sagen schriftanwendung) als ausdrucksform deutet es, was mutet es an? und daraus folgt meine einer durch sie durchscheinenden inneren hal- vorstellung von der anbindung tschicholds an tung. und da könnte ich versuchen anzusetzen. schriftgestaltung heute und morgen: wesentlich manches im typographischen umgang tschicholds erscheint sein weglassen und sein freilassen. sieht sich heute verhärtet, gar pedantisch an, weglassen von vor-gesetztem, freilassen für das zumal mit einem immer noch durch die sublimie- selbst-verständnis, für das autonome sich einfinden rungen der schweizer typographie der fünfziger des betrachters und lesers. wenn derart gestal- und von der rezeption (und re-produktion) der teter freiraum als typologie des respekts sich gegen sechziger jahre geglätteten blick auf die zwanziger. leerfelder der attitude oder bleiwüsten der agita- aber hat tschichold nicht eigentlich innovativ tion behauptet, dann wäre von tschichold das überkommenes aufgebrochen, hat er nicht etwa bei- beste fortgesetzt. mit besten wünschen für mehr spielhaft den satzspiegel verkratzt – und zum als ›eine stunde druck gestaltung‹, nutzen einer reflexiven klarheit? ich erlaube mir ihr stefan soltek einen radikalen kurzschluß und reduziere ihn einerseits auf die titelei zu seinem protoglobalisierenden standardwerk ›DIE NEUE TYPOGRAPHIE‹ (1928) mit dem schockierenden monochrom schwarzen ›Vorsatz‹; und dann, andererseits, auf sein neun jahre späteres, bahnbrechendes plakat ›konstruktivisten‹ für die basler kunsthalle. und so würde ich ihn gerne als transistor verstehen zwischen dem geistgeladenen schwarz malewitschs 56 57 Gebiet des reinen Satzes. Plakat Druckwesens, nicht nur das engere methoden das Gesamtgebiet des Privatdrucksache rigens durch ihre GestaltungsDie neue Typographie umfaßt übschen Verfahren charakteristisch. in Zusammenarbeit mit Franz Roh. die Bevorzugung der neuen techni- Bücherkreis in Berlin aus. Das Buch ›foto-auge‹ erscheint lung ist für die Neue Typografie gestaltung‹ erscheint. große Anzahl von Büchern für den wuchs: Sohn Peter wird geboren. Das Buch ›Eine Stunde Druck- Tschichold stattet bis 1933 eine Die Tschicholds bekommen Nach- 1930 Neben ihrer unhistorischen Einstel- haben. radikale ›kleinschreibung‹ wäre etwas vollkommenes gestaltet zu ›rechtschreibung‹ verknüpft ist. die chen . ich erhebe nicht den anspruch mit dem einer neuen, gesünderen anders und vielleicht besser ma- das problem einer neuen schrift eng zweifellos könnte man einzelnes notwendig ist, zu erkennen, dass der erste schritt auf dem wege zu Versuch einer neuen Schrift mit phonetischer Variante einer besserung. Umschlag 58 59 Dennis Bebenroth HBK Braunschweig Markus Losleben HBK Braunschweig Jessica Vogel HBK Braunschweig Postkarte 105 x 148 mm Postkarte 105 x 148 mm Postkarte 105 x 148 mm David Quay Happy birthday Jan doing extensive research was that Jan Tschichold exciting time in the studio, a lot of heated debate, had a very big influence on Dutch typographic especially with the selection of quotes and of It was with great pleasure that I was invited along design. This was due to his publication ‘Die Neue course the usual aggravating problems when trying with my students in Breda to participate in the Jan Typographie’, where he set down his views syste- to cope with the final production when translat- Tschichold celebration at the Leipzig Buch Messe matically and this became a Bible for many aspi- ing ideas onto the computer. this Spring. ring avant-garde typographers in the Nederlands. The final result hopefully brings the excitment The students responded strongly to the invitation, The brief I gave the students was very open, “How and commitment from the students in Breda to the most of them were aware of Tschichold but in would you express Tschichold in today’s world?”, Jan Tschichold celebration. Happy birthday Jan the Nederlands he is not as well known here as he The only restriction I gave them was that they from all at St. Joost. is in Germany or England. The Dutch have many could only use Tschichold’s universal alphabet of their own heroes, Piet Zwart, Paul Schuitema from 1929 and his later Sabon. After several weeks and Cesar Domela who were developing their own the students decided to take an important quota- brand of modernist typography in the late 1920s tions from his writing and after even longer dis- and early 1930s. What the students found after cussion to produce these as a video. This was an René Rovers Academy St. Joost, Breda Videostills 61 60 Einband Umschlag reinen Erscheinung. dar. Klarheit und Wahrheit, nach der digkeit der modernen Typographie durch ein allgemeines Streben nach rum eine integrierende Notwen- Unsere Zeit ist gekennzeichnet buchgewerblichen Normen stellt da- erzeugnisse früherer Zeit imitieren. sie zu lösen. Die Anwendung der Postkarte Zeit tragen und darf nicht Druck- Romane 176 mm hoch). hervorgebracht hat, und versucht wird, muß die Kennzeichen unserer cher dieser Art zu normen (etwa Notwendigkeiten, die unsere Zeit Art, das in unserer Zeit geschaffen beschränken, nur die Höhe der Bü- welchen Gebieten erwuchs aus Alles Druckwerk, gleichviel welcher Vielleicht sollte man sich darauf Auch die Normung, gleichviel auf 1928 1928 verständnissen und neuen Fehlern Deutschen Buchdrucker in Berlin. ›elementare typographie‹ nur zu Miß- des Bildungsverbandes der genau wie bei dem Sonderheft Typographie‹ erscheint im Verlag Das bloße Durchblättern würde, Sein erstes Lehrbuch ›Die neue Ausdruck unseres Weltbildes. bei. Typographie ist auch ein geistiger deten ›Ring neuer Werbegestalter‹ führen. Die ›Form‹ der Neuen Tschichold tritt dem neugegrün- Haupttitel 2 Filmplakate 62 63 Videostills Danusia Schenke Videostills (oben) Academy St. Joost, Breda Susanne Hemmes Videostills (unten) Academy St. Joost, Breda Stijn van der Laan Academy St. Joost, Breda dynamik bemächtigt. er sich amtlich als Jan (slaw. für Jo- wir uns des raumes und seiner statt. Aufgrund äußeren Drucks läßt Palast in München. hinzutreten des fotoklischees haben u. a. mit Arbeiten von Tschichold reiche Kinoplakate für den Phoebus- der vergangenheit an . durch das die Ausstellung ›Neue Typographie‹ Tschichold gestaltet bis 1928 zahl- die bloß flächige typografie gehört Im Gewerbemuseum Basel findet hannes) Tschichold eintragen. Filmplakat Werbeprospekt 64 65 Videostills Thomas Dahm Academy St. Joost, Breda Raoul Postel Academy St. Joost, Breda Karlijn Muller Academy St. Joost, Breda Videostills (oben) Videostills (unten) 1926 an die Meisterschule für Deutsch- 1926 seine Frau Edith heiratet. graphie wird er von Paul Renner fender Zeichner in Berlin, wo er Als Lehrer für Typographie und Kalli- Er arbeitet bis 1926 als freischaf- 1927 daß es bisher nur ganz vereinzelt unmöglich! berufen. schrift‹ bald in das buch einzieht; ivan, seit münchen! ivan ist hier lands Buchdrucker nach München form der gegenwart, auch als ›brot- türlich kampf ... jetzt jan statt als vorläufig relativ beste schrift- betrifft, sehr erfreulich, der weg na- es ist anzunehmen, daß die grotesk, die tätigkeit hier ist, was das ziel geschah, ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, daß die druckereien grotesk in den notwendigen Umschlag und Rückseite des Haupttitels mengen nicht besitzen. 66 67 Mario Pasetto Academy St. Joost, Breda Janna Meeus Videostills (oben) Videostills (mitte) Academy St. Joost, Breda Dennis Buster Academy St. Joost, Breda Marieke Valkenburg Videostills (unten) Videostills (rechts) Academy St. Joost, Breda Grit Fischer Text in Antiqua. Faszinierend ist der Umgang zweiten Tschichold-Buch fehlt die Spontanität, auch mit den Abbildungen. Jeweils nur ein Foto steht mit die Aggressivität, die das ›Fahrten- und Abenteuer- viel Raum auf einer gesonderten Seite, versetzt buch‹ ausstrahlt. Es ist aber in sich geschlossener. In meinem Regal steht ein wunderschönes Buch Natürlich kannte ich den Namen, auswendig ge- oder auf Linie mit dem gegenüberliegenden Bild, Und der Klassiker Tschichold? Es gibt leider nach der Büchergilde,1925 von Jan Tschichold gestaltet. lernt für die Prüfung (Nennen Sie einige bedeu- immer anders, immer neu. Die Bildlegenden dem Krieg keine weitere Arbeit von ihm in der Das nehme ich gerne in die Hand und die Gestal- tende Schriftkünstler unseres Jahrhunderts.), ohne konsequent ebenfalls in der fetten Grotesk mal Büchergilde Gutenberg. Das ist schade. Natürlich tung, obwohl 76 Jahre alt, ist immer noch modern seine Bedeutung so richtig verstanden zu haben. unter, mal über und mal neben dem Bild. Der habe ich mich zu dem Rebell hingezogen gefühlt und eine Inspiration für mich. Ich besitze auch Dann, Jahre später, die Beschäftigung mit der Leineneinband ist grün, die Prägung, eine Kombi- und kann seinen 180 Grad Schwenk nicht ver- ein paar Bücher, von Jan Tschichold geschrieben, Firmengeschichte der Büchergilde Gutenberg; 1924 nation von Schrift (fette Grotesk) und Balken stehen. Aber, verdammt nochmal, auch in klas- und die stehen bei mir im Keller in einer Kiste Subjektiv: Iwan, Ivan und Jan Tschichold Gilmar Wendt Keller und Regal gegründet vom Bildungsverband der Deutschen ist schwarz und gold, das Vorsatz altgold. Sehr klar sischer Typographie war er meisterhaft. mit anderen Büchern, die ich behalten will, aber Buchdrucker, jenem Verband, der auch die und übersichtlich, das Ganze, aber reine Zweck- Hat Tschichold, hat der Kreis um ihn mich beein- kaum je lese. ›Typographischen Mitteilungen‹ herausgab. Das mäßigkeit (mit goldenem Vorsatzpapier)? flußt? Bestimmt, wenn auch nicht bewußt. Ich Mein Verhältnis zu Tschichold ist zwiespältig. Sonderheft ›elementare typographie‹ erschien im 1930 erscheint ein weiteres Buch in Tschichold- bin von einem konservativen Verlag zur Bücher- Als Gestalter beeindruckt die enorme Vielfalt seines Oktober 1925. Gestaltung: ›Hermann Drechsler, Aus der Werkstatt gilde Gutenberg gekommen und wurde dort sofort Schaffens, seine Fähigkeit, sich selbst in Frage zu Im 10. Heft ›Die Büchergilde‹ (November 1925) der Natur‹. Inzwischen ist seine ›Neue Typogra- mit seinen 10 Richtlinien zur elementaren Typo- stellen, sich weiterzuentwickeln und dabei immer ist das erste Buch angekündigt, das Tschichold für phie‹ erschienen, Tschichold ist weiterhin umstrit- graphie konfrontiert. Für mich eine völlig neue wieder Herausragendes zu produzieren. die Buchgemeinschaft ausgestattet hat: ›Colin ten, aber anerkannt. »Typographie und Einband: und in ihrer Radikalität fast bedrohliche Sprache. Seine theoretischen Arbeiten bereiten mir Kopf- Roß, Das Fahrten- und Abenteuerbuch‹. »Das Fahr- Jan Tschichold« heißt es nun im Impressum. Zeitgenossen, die ich sprach, schildern Tschichold schmerzen – sie sind mir zu dogmatisch und ten- und Abenteuerbuch wird vor Weihnachten Das Sachbuch kommt der neuen Gestaltung ent- als einen dominierenden und beherrschenden teilweise halte ich sie sogar für falsch: Ist die gene- an unsere Mitglieder verschickt,« heißt es da. »In gegen. Leiser ist die Typographie diesmal, der Kon- Kollegen, Eigenschaften, die ihn mit weiteren Gro- relle Kleinschreibung wirklich effizienter und einer neuen Form, frei von jeder großsprecheri- trast zwischen fetter Grotesk und Antiqua nicht ßen seiner Zunft verbinden … besser lesbar? Warum darf ich keine Sperrung als schen Aufmachung, spricht Ausstattung und so hart. Wieder besticht die Übersichtlichkeit. Das Aber da ist ja noch die 10. These seiner ›elemen- Auszeichnung benutzen? Es gibt genügend her- Stil dieses Werkes in reinster Zweckmäßigkeit zu Inhaltsverzeichnis ist zweispaltig: den Kapitelüber- taren typographie‹: »Elementare Gestaltung ist vorragende Beispiele wo das funktioniert. Warum den Lesern.« schriften stehen die Angaben der dazugehören- auch in der Typographie nie absolut oder endgül- muß eine Überschrift in einem bestimmten Tschichold muß also zeitgleich bzw. unmittelbar den Abbildungen gegenüber. Feine Linien trennen tig, da sich der Begriff elementarer Gestaltung Größenverhältnis zur Textschrift stehen? Gut zu- nach der Veröffentlichung der ›elementaren typo- die Kapitel. Absolut souverän ist auch hier der mit der Wandlung der Elemente (durch Erfindun- sammenpassen müssen sie, das bedingt sich, aber graphie‹ an der Buchgestaltung gearbeitet haben Umgang mit den Bildern. Die Fotos sind diesmal gen, die neue Elemente typographischer Gestaltung eine Überschrift kann kleiner sein als die Text- und konnte so seine gelobten und heftig um- nicht auf gesonderten Seiten, sondern sie stehen schaffen – wie z. B. die Photographie) notwendig schrift und trotzdem funktionieren. strittenen Gesetze direkt in die Praxis umsetzen. beim Text, meist unten oder seitlich angeschnitten, ebenfalls ständig wandelt.« Einen großen Teil meines Vergnügens im Umgang »Typographie und Einband: Ivan Tschichold«, die Legenden mit fetter Ziffer und leichter Grotesk. Stellen Sie sich vor, der junge Iwan Tschichold mit Schriften beziehe ich aus dem Ansatz, immer steht auf der Rückseite des Haupttitels. Titelei, Der braune Leineneinband (das Braun ist in den würde eine website gestalten! Darauf wäre ich neu- neue Kombinationen von Schriften zu finden, Inhaltsverzeichnis, Überschriften, Pagina und verschiedenen Auflagen heller oder dunkler ausge- gierig. Hinweisziffern sind in fetter Grotesk gesetzt, der fallen) ist schwarz und gold geprägt. Diesem die miteinander klingen. Das können auch zwei Groteskschriften sein. Zum Beispiel habe ich kürz- 68 69 Plakat für den Verlag Philobiblon mus vermittelt. diesem Aufsatz, ... , vertreten sein. insbesondere die des Konstruktivis- Nun muessen Sie aber unbedingt in ländischen Neoplastizismus und ueberhaupt etwas zu beschaffen. russischen Suprematismus, des hol- mir bekannt gewordenen Arbeiten die die konsequente Arbeit des ist es mir nicht gelungen, von ihren sich Tschichold Iwan (russ. Syno- baut sich auf den Erkenntnissen auf, phie. Trotz grosser Anstrengung revolutionäre Bewegung nennt phischen Mitteilungen‹ widmet, phischen Mitteilungen‹ erscheint. ueber konstruktivistische Typogra- Aus Begeisterung für die russische graphie‹ der Leipziger ›Typogra- ich veröffentliche gerade eine Arbeit ter dem Einfluß des Bauhauses. Das Sonderheft ›Elementare Typo- Sehr geehrter Herr Lissitzki, Es entstehen die ersten Arbeiten un- nym für Johannes). 1924 Signet für Philobiblon 1925 dieses Sonderheft der ›TypograDie Neue Typographie, der sich lich entdeckt, daß die Versalien der Antique Olive und Lesegewohnheiten, von der Technik ganz süchtig. Hat man ersteinmal ein Markenzeichen, schreiten, der die Fähigkeit besaß, sich zu hinter- Nord und der Normalschnitt der Fago Extended wunderbar zusammenpassen. Eine ebenso große zu schweigen. ist die Gefahr groß, daß man sich einfach wieder- fragen und seine Meinung zu ändern. Diese Eigen- Gestaltungsregeln sind ein Ausgangspunkt. Wenn holt. »Das hat ja letztes mal auch geklappt.« schaften und die Vielfalt und Qualität seiner Herausforderung ist es, mit nur einem Schnitt ich sie nicht brechen darf, kann ich mich nicht Bis ein Gestaltungsstil völlig ›out‹ ist, vergehen gut Arbeiten machen ihn zu einem der bedeutenden einer Schrift auszukommen – aber ich möchte die weiterentwickeln. Wenn ich mich nicht weiter- und gerne drei, vier, manchmal mehr Jahre. Aber Gestalter des 20. Jahrhunderts. Seine theoretischen Wahl haben. Tschichold sagt erst ›Nur Grotesk!‹ entwickle, bleibe ich stehen und das ist das Ende was kommt dann? Es gibt wenige Gestalter, die, Werke empfehle ich mit Vorsicht zu genießen, und dann ›Nur Antiqua!‹. Mir wäre es lieber, er der Kreativität. nachdem sie einen Stil geprägt haben, noch einmal für seine gestalteten Bücher wird immer ein Platz würde sagen ›Nur gut!‹. Ironischerweise ist Tschichold selbst das beste Bei- Akzente setzen mit völlig anderen Arbeiten. Tschi- sein in meinem Regal. In seiner Typolemik schreibt Hans Peter Willberg, spiel für meine These. Denn er hat seine eigenen chold ist einer davon und das zeichnet ihn aus. eigentlich sei Tschichold nur auf der Suche nach Regeln gebrochen, sogar widerrufen. Daß er es Wer aber sind die heutigen Tschicholds? Wer Ordnung gewesen, in der ›neuen Typographie‹ mehrmals geschafft hat, aus grundsätzlich verschie- von den Gurus der neunziger Jahre beeindruckt wie in seiner klassischen Phase. Ich halte das für denen Ansätzen heraus etwas Bahnbrechendes uns heute noch? Neville Brody hat eine ganze plausibel. In dieser Hinsicht funktionieren seine zu schaffen, macht ihn zum herausragenden Ge- Generation von Studenten inspiriert. Von seinen Ansätze auch: Wenn man sich an Tschicholds stalter. Die ›neue Typographie‹ ist ebenso richtungs- Research Studios sehe ich jetzt immer mal wieder Regeln hält, kann man ein ganz solides Buch weisend wie die Gestaltungskonzeption für die etwas Interessantes, aber es reißt mich nicht so gestalten. Es ist der Anspruch, daß es nur so und Penguin Books und beide haben viele Nachfolger mit wie seine früheren Arbeiten. Ein weiterer Guru, nicht anders geht, den ich für gefährlich halte. gefunden. Es sind nicht seine Theorien sondern ein weiteres Beispiel: David Carson. Der hat ähn- – Warum? Weil ich nicht glaube, daß es ›eine‹ rich- seine Arbeiten, die für mich von Bedeutung sind. lich viele Studenten beeinflußt und mit seinem tige Typographie gibt. Jede Arbeit verlangt nach Denn das Ringen um die eigene kreative Ent- radikalen Ansatz – und dem Starkult, der um ihn neuen Lösungen und jeder Gestalter findet seine wicklung ist ein zentrales Thema eines jeden dau- getrieben wurde – die Gestalterwelt aufgemischt. eigene. Es gibt stets mehrere Lösungen, die genau erhaft guten Gestalters. Das ist jetzt ein paar Jahre her und die Gemüter richtig sein können. Gestaltung, die immer vom Nicht immer steht die Gestaltung im Vordergrund. haben sich beruhigt. David Carson fährt weiter gleichen Lösungsansatz ausgeht, wird vorhersehbar Im Studium sicherlich, da dreht sich alles um Ab- durch die Lande und hält Vorträge und Workshops. und langweilig. Man kann mir entgegnen, daß stände, Durchschüsse, Inhalte vielleicht und Ideen. Als ich neulich eine Arbeit von ihm sah, dachte sich Tschicholds Regeln auf Buchtypografie bezie- Auf die Diplomarbeit folgt ein vielversprechender ich, ›irgendwie waren seine Arbeiten doch ganz hen, in der die Typographie dem Lesen dient und Berufseinstieg. Man arbeitet hart, erntet die ersten schön – damals‹. Dann sah ich das Entstehungs- nicht vor den Inhalt treten sollte. Dem stimme Erfolge, bekommt Geld und Verantwortung und datum: 2001. ich zu. Dennoch glaube ich, daß ein Roman plötzlich geht es um Neukunden, Präsentationen, Bruce Rogers hat einmal gesagt, man solle seine von Nabokov nicht so aussehen muß wie einer von Vorträge und Auszeichnungen. Und nun? Viel- Theorien für sich behalten, dann könne man sie Thomas Mann. Selbst eine andere Ausgabe vom leicht hat man inzwischen Angestellte, die die ändern und müsse sich nicht ständig selbst wider- selben Roman Nabokovs kann komplett anders kreative Arbeit erledigen, möglicherweise hat man sprechen. Nehmen wir einmal an, Tschichold gestaltet und ebenso schön sein und genauso gut auch ein Rezept gefunden, wie man schöne Ge- hätte nichts geschrieben – was bliebe? Es bliebe funktionieren. Zudem verändern sich Schriften staltung macht. Erfolg schmeckt süß und macht ein Gestalter, der den Mut hatte, neue Wege zu be- 71 70 Umschlag Inserat Schriftblatt und der Kunst der Typographie. Briefwechsel über Fragen der Form ginnt ein intensiver internationaler Freundschaft. Rodtschenko, Malewitsch u. a. be- beiden entwickelt sich eine enge graphischer Entwerfer und Kalligraph Weimarer Bauhauses. Mit Lissitzky, Nagy kennen. Zwischen den Tschichold arbeitet als freier typo- Er besucht die erste Ausstellung des Tschichold lernt Laszlo Moholy 1923 in Leipzig (bis 1925). 1924 Alexandra Lange Penguin goes punk to have fallen down) to double vision (Compton then froze the film under a thin layer of ice. For MacKenzies’ Whisky Galore features, appropriately, Junky, Hamilton rejected needle tracks or syringes, Using wraparound eyes, X rays of poppies, and a pint with all four colors out of register). insisting that former Raygun designers Amanda red Raj elephants, young designers are extending Adrian Shaughnessy, creative director of Intro, a Sissons and Chris Ashworth use a dental X ray of the shelf life of classic U.K. paperbacks. design firm whose typical clients are cult labels poppies instead. And A Passage to India, for once, “The whole concept is rather vulgar,” admits and hip recording artists like Talvin Singh and Roni features neither proper ladies and gents, nor dusty Penguin U.K. art director John Hamilton. “It’s just Size, was one of the first outside designers to landscapes: Penguin’s in-house design team picked an attempt to make money.” In the past, designers sign on. Intro did the covers for George Orwell’s a lush textile motif, red Raj elephants floating on a who wanted to refashion Modernist monuments Down and Out in Paris and London, Hunter green field. were usually selling historicizing cloaks – just S. Thompson’s Hell’s Angels, and Robert Graves’ Pentagram’s Angus Hyland also took an honest think of the way Michael Graves’ proposed Whit- Goodbye to All That. approach for his update of Capote’s In Cold Blood. ney “addition” overpowered poor Marcel Breuer’s Hamilton gave the firm carte blanche. “He asked He used the only known photograph of the Clut- cube. But Hamilton has overthrown Modern great us to try to capture the essence of the book,” ters (the murdered family) as his base. “I just filte- Jan Tschichold’s iconic orange classic Penguin Shaughnessy says. “I hate the sort of jackets that red the picture to give it a sense of unease and im- covers with hardly a nod to Gutenberg, or even cram every reference point onto the cover. pending violence, which is juxtaposed against William Morris. Since 1998, he’s used a motley as- Publishers should be designing better covers rather the macabre innocence of a child’s toy,” he says. sortment of outside designers – both big-name and than turning them into point-of-sale items, which The blown-up typography was chosen for its lurid, emerging – and in-house talent to perk up 60 of is what most book jackets look like.” Fifties dime-novel look. Penguin’s warhorse titles, quadrupling the sales of Intro’s cover for Graves is, in fact, radically under- Now that sales have taken off, the whole concept twentieth-century greats like Fitzgerald, Forster, stated, made out of burnt-out black-and-white seems like a no-brainer. But when Penguin’s sales and Camus and bringing literature in close proxi- war photos and several shades of gray. Thompson director brought Hamilton a list of five titles to mity to Backstreet Boy biographies. “The Virgin gets a brash typographic treatment, chopped-up face-lift, it was a shot in the dark. The first to re- store took a whole set of them,” he says proudly. capitals bursting out of what looks like the re- ceive a makeover was Jack Kerouac’s On the Road, It’s no accident that the books looked right at mains of a Lucky Strike package. It’s a mood, not a closely followed by Lady Chatterley’s Lover, Ani- home on Virgin’s shelves. Hamilton recruited his narrative, because Shaughnessy thinks publishers mal Farm, and Breakfast at Tiffany’s. On the Road, team by cold-calling the designers of his favorite shouldn’t sell the youth market short. “This is not done in-house and featuring a photograph taken CD covers and magazines, including people at a calculating ‘Let’s grab the kids’ approach,” he from the point of view of a car tire, gets its mo- Tomato and Raygun. Eighty percent of his calls says. “Media-literate young people don’t need dern kick from two tones of purple, no-nonsense bore fruit, primarily, he says, because it’s hard to groovy covers; they need honesty of expression.” typography, and a front that wraps around the turn down a chance to spin In Cold Blood or A Allusiveness produced crystallizations (sometimes spine, turning the book into a three-dimensional Clockwork Orange for a new generation. Anarchic literally) of the books’ themes. In-house designer object. Designer Darren Haggar used this technique Irina Hallmann HBK Braunschweig tendencies ran the gamut from chopped-up titles Robert Kester printed up Kurt Vonnegut’s Cat’s to even greater effect on Orwell’s Nineteen Eighty- Broschüre 147 x 195 mm (on William S. Burroughs’ Junky, the ‘y’ seems Cradle to look like the cover of a science manual, Four: A blue TV image of a man’s face wraps 73 72 Foto: Havemeister Kalligraphischer Neujahrswunsch Johannes Tzschichhold vor.« Handschuhe aus und stellte sich als Platz neben mir, zog seine seidenen zug trat ein, ging zum noch freien Gesicht und hellgrauem Sommerankehrt er zurück nach Leipzig. fort. Mann mit asiatisch anmutendem von Hermann Delitsch (bis 1923) der Kunstgewerbeschule Dresden klopfte es an der Tür, ein junger Tiemann (bis 1922) und Assistent künstler Heinrich Wieynck an mann berichtete 1976: »Eines Tages Als Meisterschüler von Walter Er setzt sein Studium beim Schrift- Der Studienkollege Heinrich Huss 1920 1921 Die ersten freien Arbeiten entstehen. 1922 horizontally from front to back. Wherever the book Carson’s view of Death in Venice by Thomas Mann, “It’s a woman in profile, done in warm colors. It’s led Penguin U.K. to devise a new look for hundreds is in a room, it seems to be watching you. for example. “The estate wouldn’t let us re-jacket a really hot-looking cover. I thought we could sell of the books in its Penguin Classics series, adding “I had lots and lots of arguments about keeping the book. That’s happened quite often,” Hamilton it all over again as a gift, a valentine, anything.” much more material to what Hamilton sees as the orange spine,” Hamilton says. “The orange says. “We’ve also had to send the visuals to authors American publishing, Fader feels, is coasting on the graphic design equivalent of a rave. “I wanted spine and the penguin were fantastic original in hospitals and we hear back, ‘Oh, no. I loved backlist purchases by educational institutions, the design to flavor the classics,” Hamilton says. things, but lines and lines of orange spines on the the jacket I had 35 years ago.’” The American which don’t care that 1984 has had the same “I felt I was like DJ Shadow, taking one bit and shelf do not entice readers. I don’t think they know market, as well, has not been opened to the insur- meaningless typographic cover for – seemingly – mixing it with another.” or care.” gents, and Hamilton doesn’t know if it ever will ever. He contends that in the U. S., new classic There’s one sample Hamilton knew not to mess Hamilton’s new classics throw old-fashioned be. (Sneaky American design lovers can, however, covers are usually cheesy movie tie-ins; just take a with: Tschichold’s upright, bean-shaped penguin. ideas about brand consistency out the window in order many of the titles from Amazon.co.uk – most look at the latest edition of Graham Greene’s End Safely housed in an oval, the mascot wanders the favor of the new, diversified language of CD covers, are even pictured on the site.) of the Affair, for example. “That A &E movie look new covers, turning up under ice, out of register, sneaker ads, and movie titles. All of entertainment, One New York bookseller was so enamored of the is instantly dated,” Fader says. Or Restoration, by and even, on Jerome K. Jerome’s Three Men in a he says, is the real competition for reading, not new Penguins that he special-ordered several Rose Tremain: “Five years later there’s a picture Boat, as part of the faux-instructional cover. Ever just other books. dozen for a store opening. “I was really struck by of Robert Downey Jr. on the cover, and the movie dignified, the little bird seems perfectly at home There are still holdouts. Hamilton has done 50 The Great Gatsby,” says Robert Fader, the buyer didn’t do the book justice.” The success of the in his amplified new surroundings. new covers, but he’s also commissioned at least for Posman Books’ three Manhattan locations. redesigned titles (sans movie stars in lockup) has 10 more that will never see the light of day: David Irina Hallmann HBK Braunschweig Postkartenserie 105 x 148 mm 75 74 Schriftstudie, vermutlich nach Granjons Kursiv chold umändern. Schrift. den Familiennamen später in Tschi- Geschichte des Buches und der geborene Zapff. Die Eltern lassen Dort macht er sich vertraut mit der hold und Maria Tzschichhold, Buchkunst und Graphik in Leipzig. des Schriftenmalers Franz Tzschich- Internationale Ausstellung für 2. April in Leipzig geboren als Sohn Als 12jähriger besucht er häufig die Johannes Tzschichhold wird am 1902 1914 er sich weiterhin mit Schrift. tig ab (1919). Nebenher beschäftigt Buchgewerbe zu Leipzig. werden, bricht dieses aber vorzei- mie für Graphische Künste und Grimma teil, um Zeichenlehrer zu Delitsch an der Staatlichen Akade- nimmt er am Lehrerseminar in Schriftklasse von Prof. Hermann Nach Beendigung seiner Schulzeit 1916 Tschichold studiert bis 1921 in der 1918 1919 ihn weder schreiben noch zeichnen. erforscht und verstanden hat, kann einzelnen Buchstabens nicht Wer die Entstehung der Form jedes Zu den Autoren Dieter Feseke, geboren 1957, studierte von 1981 lungsleiter bei Wagenbach. Seit 1999 an der Hoch- Daniel Pelavin studierte Graphik-Design in Detroit. Ulrike Stoltz, geboren in Frankfurt am Main, Buch- schule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig Seit 1979 Arbeit als Illustrator und Typograph in künstlerin und Gestalterin, Professorin für Typo- als Professor für Verlagsproduktion. New York. Er entwarf die ITC Anna. Betreibt für graphie von 1991 bis 1999 an der FH Mainz und seine Illustrationen eine eigene Bildagentur und ist seit 1999 an der Hochschule für Bildende Künste Vorsitzender des Type Directors Club, New York. Braunschweig. Zahlreiche Ausstellungen im In- bis 1985 an der Fachschule für Werbung und Gestaltung, Berlin-Schöneweide. Von 1985 bis Thorsten Kirchhoff, geboren 1973, studiert Verlags- 1988 bei der Deutschen Werbeagentur Berlin. 1989 herstellung an der HTWK Leipzig. Absolvierte Gründung von grappa design. 1997 Gründung Praktika bei Wagenbach, Berlin und powerHouse David Quay ist Schriftenentwerfer für The Foundry Internationalen StudentInnen-Wettbewerbs ›Love von grappa.dor gestaltungsbüro. Er unterrichtete Books, New York. Neben dem Studium u. a. als in London und unterrichtet Typographie an der Letter to Gutenberg‹ Mainz 2000. in der Schweiz und Japan und erhielt mit grappa freier Mitarbeiter bei monade, Leipzig und Kunstacademie St. Joost, Breda. Er lebt und arbeitet design mehrere Auszeichnungen. Wagenbach, Berlin. in Amsterdam. Momentan arbeitet er an einem Ian Tyson, geboren 1933, studierte Malerei an der Buch über die Schriftgestaltung von Wim Crouwel. Birkenhead School of Art (Royal Academy Schools) und Ausland. Initiatorin und Organisatorin des Grit Fischer, geboren 1939, Ausbildung zur Verlags- Indra Kupferschmid, geboren 1973, studierte buchhändlerin in einem belletristischen Verlag Visuelle Kommunikation an der Bauhaus-Univer- Wolfgang Rasch, geboren 1934, Verlagsbuch- Ron King für Circle Press. 1970 gründete er Tetrad (München), Werbe- und Herstellungsassistentin in sität Weimar und spezialisierte sich in Typo- händler. Von 1960 bis 1977 Hersteller und Lektor Press. Seine Arbeiten sind in vielen großen Samm- einem Taschenbuch-Verlag (München), Buchher- graphie und Schriftgestaltung u.a. bei Fred Smeijers bei S. Fischer in Frankfurt am Main. Von 1977 lungen vertreten. stellerin in einem Fachbuch-Verlag (Stuttgart). Ab in den Niederlanden. Sie arbeitet in Hamburg bis 1982 freier Hersteller. Von 1983 bis 2000 Ge- 1966 als Herstellerin und von 1985 bis 1999 zusammen mit Iris Farnschläder, unterrichtet schäftsführer der Stiftung Buchkunst in Frankfurt Gilmar Wendt, geboren 1969, Studium Graphik- Leiterin der Buchherstellung in der Büchergilde Typographie u.a. in Weimar und an der Fachhoch- am Main (seit 1991 auch in Leipzig), Moderator der Design und Buchgestaltung bei Hans Peter Willberg Gutenberg, Frankfurt am Main. schule Bielefeld. Autorin des Fachbuchs ›Buch- Wettbewerbe ›Die schönsten Bücher Deutschlands‹ und Ulrike Stoltz in Mainz. 1996 bis Ende 1998 staben kommen selten allein‹. und ›Die schönsten Bücher aus aller Welt‹. bei Groothuis+Malsy in Bremen. 1998/99 Art in London. Von 1966 bis 1970 arbeitete er mit Director bei Groothuis & Consorten in Hamburg. Friedrich Forssman, geboren 1965, 1982 Gymnasium abgebrochen, 1984 Lehre abgebrochen, 1986 Alexandra Lange, geboren 1973, Journalistin, Dr. Stefan Soltek, geboren 1956, Studium mittel- Seit November 1999 in London bei der Design- Heirat und erste Tochter, 1988 zweite Tochter, schreibt für Metropolis und New York Magazine. alterlicher und jüngerer Kunstgeschichte in Bonn, und Multimedia Agentur SAS. 1990 Abschluß bei Hans Peter Willberg in Mainz. Sie promoviert über Architekturgeschichte des Museumsvolontariate im In- und Ausland, Kurator Seit 1990 für die Arno Schmidt Stiftung und 20. Jahrhunderts am Institute of Fine Arts der NYU. für Buchkunst und Graphik am mak.frankfurt, Michael Wörgötter, geboren 1962, Studium der selbständig im Büro ›Forssman de Jong‹ mit Ralf de zahlreiche Ausstellungen zu alter und neuer Buch- Germanistik und der Philosophie, danach Aus- Silke Nalbach, geboren 1964. Nach einer Ausbil- und Plakatkunst, ab 2002 Leiter des Klingspor bildung zum Lithographen. Von 1988 bis 2001 dung zur Verlagsbuchhändlerin mehrjährige Tätig- Museums Offenbach. Begeistert für und von Verlagshersteller und Buchgestalter mit gelegent- Christian Ide, geboren 1964, nach dem Jura- keit als Buchherstellerin. 1990 Weiterbildung zur Interaktion. lichen Ausflügen ins Graphik-Design, seit Sep- Studium Gründung der Alinea-Presse. Als Typo- Typographischen Gestalterin an der Schule für tember 2001 Lehrer für Typographie und Gestalt- graph und Buchgestalter Autodidakt. Von 1994 Gestaltung, Basel. 1993 Gründung eines Büros für ung an der Städtischen Berufsfachschule für bis 1995 Hersteller beim Altberliner Verlag (Kinder- Buchgestaltung in Stuttgart. Graphik und Werbung in München. Jong tätig. und Jugendbücher), von 1996 bis 1999 Herstel76 77 werfen kann. äußerst freiheitsliebender Mensch. Er hatte nicht nur eine Vorliebe klären oder auch neue Frage auf- Nagy und war darüber hinaus ein als diese zwei bekannten Gesichter? vielleicht die eine oder andere Frage Hans Arp, El Lissitzky, Laszlo Moholy- Doch hat er nicht eigentlich mehr Einblick in sein Leben geben, der schaften zu vielen Künstlern wie den späteren klassischen Tschichold. ständigkeit, sondern ich will einen schnitten, pflegte intensive Freund- lutionären Tschichold, manche auch Es geht mir dabei nicht um Voll- nesischen und japanischen Holz- schen kennen nur den jungen revo- Leiste in den Katalog zu integrieren. leidenschaftlicher Sammler von chi- Viele typographie-interessierte Men- wichtig, noch eine biographische zer und Autor vieler Bücher, war licher zu machen, erschien es mir sondern war Herausgeber, Überset- Um Tschichold ein wenig verständ- für Detailfragen der Typographie, Mensch mit den zwei Gesichtern Thorsten Kirchhoff Der dem Datum der Erstpublikation. Einordnung der Zitate erfolgte nach verdeutlichen. Die chronologische net, um Tschicholds Entwicklung zu nung schien mir am besten geeiggibt. Eine chronologische AnordAuseinandersetzung mit Tschichold es auch weiterhin eine kritische zum Nachdenken anregen, damit Die biographische Leiste möchte Weiterlesen anregen. Quellenangaben, die vielleicht zum men. Im Anschluß stehen einige aus den Originaltexten übernomDie Orthographie der Zitate wurde Danksagung Der Passavia-Druckerei in Passau möchten wir für Impressum Druck und Weiterverarbeitung der Beilage unserer Die Realisierung der Ausstellung »Happy birthday, Ausbildungszeitschrift ›Streifband‹ danken. Christian Ide und Thorsten Kirchhoff: Happy Konzept und Idee des Katalogs sind von Thorsten I(w)an!« und des vorliegenden Katalogs, ebenso Die Herstellung der CD wäre ohne das großzügige birthday, I(w)an! Katalog zur Ausstellung von Kirchhoff unter Betreuung durch Prof. Christian Ide wie der anderen Projekte rund um Tschicholds Entgegenkommen der Firma OH! Datenservice in Studentenarbeiten zum 100. Geburtstag Jan als Diplomarbeit im Studiengang Verlagsherstellung Geburtstag im April 2002 wäre ohne vielfältige Wedemark nicht möglich gewesen. Tschicholds auf der Leipziger Buchmesse 2002 vom entwickelt worden. Hilfe und Unterstützung nicht möglich gewesen. Lilo Tschichold-Link in Zürich und der Verlag Brink- 21. bis 24. März 2002 und im Haus des Buches in Wir möchten uns herzlich bei allen bedanken, die mann & Bose in Berlin haben uns freundlicherweise Leipzig vom 5. April bis 6. Mai 2002. uns – materiell, ideell wie auch mit Rat und Tat – den Abdruck der vielen Arbeiten von Jan Tschi- bei den verschiedenen Projekten geholfen haben. chold gestattet. © 2002 Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gesetzt aus der Linotype Stone Serif und Stone Sans Ein ganz besonders herzlicher Dank geht an alle Ein ganz besonderer Dank geht an Oliver Zille Kultur Leipzig (FH), Fachbereich Polygraphische sowie der von Jan Tschichold entworfenen Sabon. Sponsoren, die durch ihr finanzielles Engagement und Karla Neschke von der Leipziger Buchmesse für Technik, Gutenbergplatz 2 – 4, 04103 Leipzig Reproarbeiten von City-Repro, Berlin. die unterschiedlichen Aktivitäten überhaupt erst die kompetente, freundliche und geduldige Be- © für ›Penguin goes punk‹ bei Metropolis, Andrucke durch das H + E Andruckstudio, Berlin. ermöglicht haben. Vor allem Herrn Dr. Bob vom ratung bei allen Fragen der Ausstellungsgestaltung Bellerophon Publications, Inc., 2000 Gedruckt von Clausen & Bosse, Leck auf Bibliographischen Institut/F. A. Brockhaus AG in Mann- auf der Messe und für den großzügig dimensio- © für die Arbeiten zu »Happy birthday, I(w)an!« PhoeniXmotion Xantur 135 g/m2 der Papierfabrik Gestaltung, Satz und Umbruch von Thorsten Kirchhoff. heim/Leipzig danken wir für die besonders generöse nierten Stand. Ebenfalls danken möchten wir Doris bei den jeweiligen Studenten, für die Texte bei Scheufelen, Oberlenningen. Spende. Ebenfalls großzügig unterstützt wurden Fuhrmann vom Kuratorium Haus des Buches in den Autoren Gebunden im Fachbereich Polygraphische Technik wir von der Verlagsgruppe RandomHouse in Mün- Leipzig für die Möglichkeit, die Ausstellung im © für alle Abbildungen von Jan Tschichold bei der HTWK Leipzig. chen, den Verlagen C. H. Beck in München und April 2002 auch noch an diesem Ort zeigen zu Brinkmann & Bose, Berlin und Lilo Tschichold- eichborn in Frankfurt am Main, dem Ernst Klett Verlag können. Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Link, Basel. Die Abbildungen sind den folgenden Die beiliegende CD-ROM wurde als Projektarbeit in Stuttgart/Leipzig und dem Midas Verlag in an der HTWK sowie den beteiligten Professoren Büchern entnommen worden: von Kathleen Bernsdorf, Katja Göthel, Martina Zürich. möchten wir für die kontinuierliche Hilfsbereit- S. 60, 62, 63, 64 aus: Tschichold, Jan: Die neue Heuer, Pia Lipinski, Andreas Preising, Angelika Die Herstellung des Katalogs wäre ohne die ebenso schaft und die geduldige Betreuung aller Projekt- Typographie (Reprint). Brinkmann und Bose, Sagner Kerstin Schröer und Thomas Schreiter im großzügige Förderung mit Material und Technik arbeiten ganz besonders herzlich danken. Berlin, 1987. Studiengang Verlagsherstellung entwickelt und in dieser Form nicht möglich gewesen: Die Lithos Für das textliche Engagement möchten wir uns S. 18, 19, 27, 33, 36, 48, 59, 65, 67 aus: Bose, programmiert. wurden von City-Repro in Berlin angefertigt und bei allen Autoren und für das Korrekturlesen bei Günther und Brinkmann, Erich (Hg.): Jan vom H + E Andruckstudio angedruckt. Der Druck des Eva Jaeschke bedanken. Tschichold: Schriften 1925–1974. Brinkmann und Katalogs erfolgte durch Clausen & Bosse in Leck, das Und last but not least: das wichtigste Dankeschön Bose, Berlin, 1991 (Bd.1) und 1992 (Bd. 2). Papier PhoeniXmotion stellte uns die Papierfabrik gilt den Studentinnen und Studenten des Studien- Alle anderen Arbeiten aus: Leben und Werk des Scheufelen in Oberlenningen zur Verfügung. Die ganges Verlagsherstellung: In unzähligen Arbeits- Typographen Jan Tschichold. VEB Verlag der Kunst, Buchbindearbeiten wurden in der Hochschule für stunden haben sie Ausstellung, CD-ROM, Dresden, 1977. Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig realisiert. Auch Website, Plakate, Postkarten, Flyer und ›Streifband‹ dafür möchten wir uns herzlich bedanken. konzipiert, geplant, gestaltet und realisiert. www.fbp.htwk-leipzig.de www.tschichold.net Vertrieb: Verlag Hermann Schmidt Mainz www.typografie.de Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. ISBN 3-87439-605-3 79 78 1902 –1974 Jan Tschichold 1902 –1974