Stereoscopic Storytelling - Online-Archiv für Diplomarbeiten und
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Stereoscopic Storytelling – Eine Analyse vorhandener Gestaltungstechniken und die Suche nach kreativen Einsatzmöglichkeiten im Animationsfilm MICHAELA JINDRA MASTERARBEIT eingereicht am Fachhochschul-Masterstudiengang DIGITALE MEDIEN in Hagenberg im November 2009 © Copyright 2009 Michaela Jindra Alle Rechte vorbehalten ii Erklärung Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und die aus anderen Quellen entnommenen Stellen als solche gekennzeichnet habe. Hagenberg, am 16. November 2009 Michaela Jindra iii Inhaltsverzeichnis Erklärung iii Vorwort vi Kurzfassung vii Abstract viii 1 Einleitung 1 2 Grundlagen der menschlichen Wahrnehmung 3 3 Stereoskopie 7 1.1 Motivation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.2 Vorgehensweise und Struktur der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2.1 Räumliche Tiefenwahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Okulomotorische Tiefenreize. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Monokulare Tiefenreize . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Binokulare Tiefenreize. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 4 5 6 3.1 Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3.2 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3.3 Verschiedene Wiedergabeverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.3.1 Autostereoskopische Displays . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.3.2 Brillengebundene Verfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 3.4 Voraussetzung für die Fusion der Halbbilder. . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3.5 Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.5.1 Die Ursprünge der Stereoskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.5.2 Stereoskopie im Film – Ein historischer Rückblick. . . . . . 18 3.5.3 Stereoskopie im Animationsfilm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.5.4 Der 3D Film heute. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 iv 4 Stereokopie im CG Film – from Technology to Creativity 34 4.1 Unterschiede im Workflow. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 4.1.1 Pre-Production. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 4.1.2 Production . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 4.1.3 Post-Production. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 4.2 Gestaltungsmöglichkeiten und Regeln in der Cinematographie. 39 4.2.1 Grenzen des stereoskopischen Raums . . . . . . . . . . . . . . . . 39 4.2.2 Relevante Eingangsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 4.2.2.1 Der Screen-Size Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 4.2.2.2 Der Viewer-Distance Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 4.2.3 Hyper- und Hypostereoskopie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 4.2.4 Der Konvergenzwinkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 4.2.5 Das Scheinfenster. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 4.2.6 Das schwebende Scheinfenster. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 4.2.6.1 Positionieren des virtuellen Screens . . . . . . . . . . . 51 4.2.6.2 Statisches vs. dynamisches Scheinfenster. . . . . . . 51 4.2.7 Depth of Field. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 4.2.8 Das 3D Volumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 4.2.9 Multi-Rig Kamera-Setups. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 4.2.10 Kontinuität in der Tiefe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 5 Stereoscopic Storytelling 62 6 Schlussbemerkungen 75 A Inhalt der DVD 78 Literaturverzeichnis 80 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 Stereoskopische Tiefe = Emotionale Tiefe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Positionierung im Raum = emotionale Distanz bzw. Nähe . . . . . 66 Kreativer Einsatz der Netzhautrivalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Kombination aus 2D und 3D. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Sound im Stereofilm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 A.1 Masterarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 A.2 Diplomprojekt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 A.3 Online-Literatur und Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 A.4 Videos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 A.5 Bilder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 A.6 stereoskopische Bilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 v Vorwort 3D Filme haben mich schon seit meiner Kindheit fasziniert. Jede Gelegenheit einen solchen Film zu sehen, wurde sofort genutzt. Bei meinem letzten IMAX Besuch wurde in der Vorschau der Film „Fly me to the Moon“ des belgischen Produktionshauses nWave vorgestellt. Dabei handelt es sich um den ersten CG Feature Film, der von der Planung bis zur Umsetzung für die Vorführung in Stereo 3D realisiert wurde. Obwohl in dem Fall nur die Vorschau und nicht der komplette Film zu sehen war, so reichte es dennoch aus, eine bedeutende Inspirationsquelle sowohl für mein Masterprojekt, als auch die Masterarbeit zu werden. Auch wenn die Begeisterung und Faszination für Stereofilme schon lange vorhanden war, so habe ich mir bis zu diesem besagten Kinobesuch nie richtig Gedanken über die Entstehung oder die Technik hinter solchen Produktionen gemacht. Danach war meine Neugierde und das Interesse, hinter die Kulissen des stereoskopischen Films zu blicken, jedoch geweckt und der Anstoß zur intensiven Auseinandersetzung und Recherche zu diesem Thema gegeben. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die mir während der gesamten Entstehungsphase dieser Arbeit zur Seite gestanden sind. Ohne sie wäre diese diese Arbeit nicht möglich gewesen. Ein ganz besonderes Dankeschön gilt Mag. Jürgen Hagler für seine geduldige Betreuung. Auch wenn es mit mir bestimmt nicht immer einfach war, so ist er mir trotzdem jederzeit mit wertvollen Tipps, Anregungen und Ideen zur Seite gestanden. Meiner gesamten Familie und meinen engsten Freunden danke ich für die mentale Unterstützung, die Motivation und die von Zeit zu Zeit notwendige Ablenkung. Zu guter Letzt bleibt mir nur noch, meine Eltern ganz speziell hervorzuheben. Denn sie haben mir dieses Studium erst ermöglicht und mich in all meinen Entscheidungen immer unterstützt - Danke. vi Kurzfassung Noch vor wenigen Jahren war Stereoskopie ein Thema, das in der Öffentlichkeit kaum bis gar nicht wahrgenommen wurde. Jemand, der nichts mit der Film- oder Medienbranche zu tun hatte, konnte mit dem Begriff nur selten etwas anfangen. Das Interesse der breiten Masse war praktisch nicht vorhanden. Die stetig fortschreitenden technischen Möglichkeiten und Innovationen der letzten Jahre und womöglich auch die sinkenden Zahlen der Kinobesucher führten jedoch dazu, dass dem lange ignorierten 3D Stereofilm wieder Beachtung geschenkt wurde und er heute ein großer Hoffnungsträger für die gesamte Filmbranche ist. Ob und in wie fern diese Hoffnungen berechtigt sind und wie die Zukunft des Stereofilms aussehen könnte sind Fragen, denen in dieser Arbeit auf den Grund gegangen wird. Der Fokus liegt dabei speziell auf dem stereoskopischen Animationsfilm. Viele Kapitel, vor allem die theoretischen Grundlagen, haben aber natürlich allgemeine Gültigkeit und können in den verschiedensten Anwendungsgebieten der Stereoskopie zum Einsatz kommen. Die vorliegende Arbeit untersucht sowohl die technischen, aber vor allen die gestalterischen Unterschiede zwischen stereoskopischen und herkömmlichen 2D Produktionen. Anhand von ausgewählten Produktionen werden die technischen Hintergründe näher erläutert und verschiedene Ansätze und Herangehensweisen vorgestellt. Dabei werden die Potentiale und Grenzen der Stereoskopie aufgezeigt, sowie der Frage nach aktuellen und zukünftigen technischen und vor allem kreativen Trends und Möglichkeiten auf den Grund gegangen. vii Abstract Just a few years ago stereoscopy was a topic that was hardly represented in the media or noticed by the public. Most people did not really know what this term meant and even the film and media industry had abandoned this kind of movie making technique for many years. Recently with the advent of digital cinema and the constantly progressing technical possibilities and innovations this fact changed and stereoscopy became an active topic again. It has never been easier to produce 3D contents and the image quality has never been better. The dropping box-office results at the cinemas driven by a number of alternate forms of entertainment technologies may have pushed its revival even more. Today, the entire movie industry is aware of its strong potential to generate revenue; therefore, the industry has very high hopes about its potential success. Studios like Disney, Pixar or Dreamworks are showing a particularly strong interest in this format and are convinced that it is here to stay. This thesis tries to answer the questions if those hopes are justified or not and how the future of stereoscopic movies, especially animation movies, could look like. However, even if the emphasis lies on CG movies, most chapters, particularly the theoretical foundations, apply to any kind of stereoscopic production. Furthermore, the technical and artistic differences between conventional 2D and modern 3D movies are presented. With the help of some examples (from selected stereo productions) the technical backgrounds, creative considerations and different approaches on how a stereo movie is made are demonstrated. The potentials, limitations and necessary creative choices are analyzed. Finally, possibilities on how Stereo 3D can enhance the movie-going experience and how it can be used as an immersive storytelling tool are presented. viii Kapitel 1 Kapitel 1 Einleitung 1.1 Motivation Stereoskopie im Film gibt es seit über 100 Jahren. Doch so faszinierend diese Art von Filmen für manche von uns auch ist, bis heute hat sie es nicht geschafft, einen festen Platz in der Filmbranche einzunehmen und sich so unentbehrlich wie der Ton- oder Farbfilm zu machen. Blickt man in der Geschichte zurück, so lässt sich feststellen, dass es bereits zwei Mal einen regelrechten Hype um dieses Thema gab. Damals wurden innerhalb kürzester Zeit etliche Stereofilme veröffentlicht und es schien, als ob diese Art des Filmemachens und -sehens den Durchbruch geschafft hätte. Doch so schnell das Interesse der Produzenten und Kinobesucher begonnen hatte, so schnell war es auch wieder vorbei. Man könnte sagen, dass sich heute im Jahr 2009 gerade wieder ein solcher Hype anbahnt bzw. wir uns gerade mitten darin befinden. In den letzten Jahren wurde das Interesse an diesem Thema wieder stärker. Hollywoods Größen wie James Cameron, Steven Spielberg, Peter Jackson und viele mehr entdeckten die Stereoskopie für sich. Einige sehen in ihr sogar die Zukunft des Filmemachens und vor allem des Kinoerlebnisses. Darunter sind vor allem Animationsstudios wie Dreamworks oder Disney/Pixar, die angekündigt haben zukünftig alle ihre Produktionen im Stereoformat zu produzieren In dieser Arbeit soll auf die zusätzlichen Möglichkeiten, aber auch auf die Probleme eingegangen werden, die ein Film durch den Einsatz von Stereoskopie mit sich bringt. Einerseits lassen sich dadurch völlig neue Arten des Storytellings und der Einbindung des Publikums in die Handlung erzielen, andererseits ist der Aufwand einer solchen Produktion um einiges höher, als der einer „normalen“. Es gibt viele Regeln, Parameter, Einschränkungen und sonstige Kleinigkeiten, die dabei beachtet werden müssen. Allein mit der Tatsache, dass jede Szene von zwei leicht unterschiedlich positionierten Kameras aufgenommen wurde, ist es noch nicht getan. 1 Einleitung 2 1.2 Vorgehensweise und Struktur der Arbeit Diese Arbeit beschäftigt sich nur am Rande mit der geschichtlichen Entwicklung der Stereoskopie. Vielmehr geht es darum, die Vorteile und auch Nachteile von 3D Stereo-Produktionen zu untersuchen und darzustellen. Es werden sowohl theoretisch, als auch praktisch Wege und Möglichkeiten entwickelt, die es erlauben, Stereoskopie im Film außergewöhnlich, die Handlung unterstützend und neuartig einzusetzen. Durch einen experimentellen Zugang zu dem Thema, wird der Versuch gestartet, eine neue Art des Storytellings im Film zu entwickeln. Die zentrale Frage lautet, ob und wie Stereoskopie im Film anders, als nur als spektakuläres und meist übertriebenes Feature eingesetzt werden kann. Der Einsatz des Stereo-Effekts soll weg von der technischen Perfektion und dem möglichst extremen und übertriebenen Tiefeneffekt, hin zu einem, die Handlung unterstützendem Feature gehen. Die große Herausforderung liegt darin, herauszufinden, ob Stereoskopie mehr als nur ein Gimmick ist und das Potenzial hat, sich zu einem unentbehrlichen Gestaltungsmittel oder sogar einer eigenen Kunstform zu entwickeln. Nach einer einleitenden Darstellung von Motivation und Struktur der Arbeit, geht es im folgenden Kapitel um die Prinzipien der menschlichen Tiefenwahrnehmung. Darauf folgt im dritten Kapitel eine Auseinandersetzung mit den Grundlagen der Stereoskopie und ein Überblick über die verschiedenen Aufnahme- und Betrachtungstechniken. Dies dient dazu, dem Leser einen Einblick in die Thematik zu geben und ein Grundverständnis für die wichtigsten Faktoren der Stereoskopie zu schaffen, das für das bessere Verständnis der restlichen Arbeit von Vorteil ist. Ein kurzer geschichtlicher Rückblick und eine Analyse der momentanen Situation und Relevanz des Stereofilms schließen diesen Abschnitt ab. Im vierten Kapitel werden sowohl die technischen, als auch die gestalterischen Unterschiede in den verschiedenen Produktionsstadien, im Vergleich zu einer 2D-Produktion, untersucht. Im letzten Kapitel folgt eine Abhandlung von Gestaltungsmöglichkeiten und Regeln, die eine solche Stereo-Produktion mit sich bringt. Genau darin liegt auch der inhaltliche Schwerpunkt dieser Arbeit. Es werden vorhandene Regeln erklärt, Wege aufgezeigt, die Grenzen des stereoskopischen Raums bestmöglich auszuloten und Möglichkeiten gesucht, den 3D Effekt möglichst innovativ einzusetzen. Kapitel 2 Kapitel 2 Grundlagen der menschlichen Wahrnehmung Unter „Wahrnehmung“ versteht man den Vorgang der bewussten und unbewussten Informationsaufnahme durch die menschlichen Sinne1. Sie ist das Ergebnis einer Vielzahl an komplexen Vorgängen, die für den Menschen meist automatisch ablaufen. Die Sinneszellen nehmen die Reize aus der Umwelt auf, wandeln diese in elektrische Energie um (Transduktion) und leiten sie durch neuronale Bahnen an das Gehirn weiter, wo sie verarbeitet und interpretiert werden [11, S. 3–8]. Der Mensch besitzt außerdem die Fähigkeit, aus der riesigen Flut an Reizen nur die für ihn relevanten Informationen herauszufiltern. Der für diese Arbeit interessanteste der fünf Sinne, die beim Menschen unterschieden werden, ist der Sehsinn. Bei der Geburt ist der menschliche Sehsinn noch nicht vollkommen entwickelt. Erst mit der Zeit lernt es das visuelle System2, Bilder scharf wahrzunehmen, räumlich zu sehen, bewegliche Objekte zu verfolgen, Entfernungen abzuschätzen oder bekannte Dinge wiederzuerkennen. Die Sehorgane und das Gehirn müssen lernen zusammenzuarbeiten. Diese Entwicklung vollzieht sich in den ersten Lebensjahren. Im Zusammenhang mit stereoskopischem Sehen spielt besonders die Tatsache, dass der Mensch zwei Augen besitzt und deren horizontaler Abstand zueinander eine große Rolle. 2.1 Räumliche Tiefenwahrnehmung Der Mensch nimmt seine Umwelt mit Hilfe seiner beiden Augen wahr. Durch den durchschnittlichen Augenabstand von ca. 65 Millimeter, empfangen das linke und das rechte Auge nie zu 100% identische Bilder. Der seitliche Augenabstand hat zwei leicht unterschiedliche Blickwinkel und somit auch 1 Beim Menschen werden 5 Sinne unterschieden: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten 2 Zu dem visuellen System zählen das Auge, die Netzhaut, der Sehnerv, Teile des Thalamus und des Hirnstamms und die Sehrinde. 3 Grundlagen der menschlichen Wahrnehmung 4 voneinander abweichende Abbildungen auf den Netzhäuten zur Folge. Das faszinierende an der menschlichen Wahrnehmung ist, dass das visuelle System fähig ist, die beiden Netzhautbilder, die zunächst rein in zweidimensionaler, flacher Form vorhanden sind, durch Fusion zu einer dreidimensionalen plastischen Wahrnehmung weiterzuverarbeiten. Das visuelle System bedient sich dabei unterschiedlichster Informationen und Faktoren. Diese reichen von bestimmten physiologischen Fähigkeiten und Eigenschaften des menschlichen Auges, bis hin zu kognitiven Erfahrungswerten und speziellen Merkmalen des visuellen Reizes selbst. Die unterschiedlichen Informationsquellen für räumliche Tiefenwahrnehmung lassen sich in folgende drei Gruppen einteilen [11, S. 4]: • Okulomotorische Tiefenreize • Monokulare Tiefenreize • Binokulare Tiefenreize Im folgenden Abschnitt werden diese drei Arten von Tiefenreizen etwas näher beschrieben. 2.1.1 Okulomotorische Tiefenreize Diese Art von Informationen ergibt sich aus der Fähigkeit der Augen, durch Veränderung der Augenstellung oder der Linsenform auf die Entfernung eines beobachteten Objekts zu reagieren. Zu den Parametern, die zu okulomotorischen Tiefeninformationen führen, zählen die Konvergenz bzw. Divergenz und die Akkomodation. Dabei handelt es sich um angeborene Reflexe, die nicht unserem Willen unterliegen, sondern automatisch von statten gehen. Bei der Betrachtung eines nahen Objektes werden die Augen so weit nach innen gedreht (konvergiert), bis sich die beiden Blicklinien im anvisierten Objekt schneiden (siehe Abbildung 2.1). Die Blicklinien bilden den so genannten Konvergenzwinkel. Dieser ist von der Entfernung des betrachteten Gegenstandes und dem Augenabstand anhängig [43, S. 257]. Um weiter entfernte Dinge wahrzunehmen, müssen die Augen von der zuvor stattgefundenen Konvergenzbewegung wieder dementsprechend nach außen gedreht werden. Ab einer gewissen Entfernung bis hin zum Blick in die unendliche Ferne stehen die Augen parallel. In Extremfällen (z.B. bei fehlerhaften Stereoaufnahmen) kann es sein, dass sie versuchen, eine leicht nach außen gedrehte Position einzunehmen. Diese unnatürliche Augenbewegung wird als Divergenz bezeichnet. Doch alleine die Drehung der Augen lässt noch keine scharfe Betrachtung der Umwelt zu. Hier kommt die Akkomodation ins Spiel. Darunter versteht man die dynamische Anpassungsfähigkeit der Augenlinsen – vergleichbar Grundlagen der menschlichen Wahrnehmung Abbildung 2.1: Je näher sich das zu betrachtende Objekt befindet, umso weiter nach innen müssen die Augen konvergieren. 5 Abbildung 2.2: Akkomodation auf einen entfernten und einen nahen Gegenstand. mit der Autofokus-Funktion eines Fotoapparates. Beim Scharfstellen auf nahe Objekte werden sie dicker, bei weiter entfernten Objekten flacher (siehe Abbildung 2.2). Konvergenz und Akkomodation sind miteinander gekoppelt und werden durch die Augenmuskulatur gesteuert. Anhand der Anspannung der Muskeln kann das menschliche Gehirn Informationen über die Entfernung von Objekten ableiten. Okulomotorische Tiefenreize sind vor allem bei Objekten in geringer Entfernung von Nutzen, da die beschriebenen Parameter besonders in diesen Bereichen stark variieren. Mit steigender Entfernung lässt die Genauigkeit dieser Tiefenreize nach und es kommen andere Faktoren zu tragen. 2.1.2 Monokulare Tiefenreize Bei monokularen Tiefenreizen handelt es sich um Informationen, die auch beim Sehen mit nur einem Auge eine räumliche Wahrnehmung zulassen. Dazu gehören visuelle Hinweise wie die relative Größe, die relative Höhe, die gegenseitige Verdeckung von Objekten, die vertraute Größe, die perspektivische Konvergenz, die atmosphärische Perspektive, Licht und Schatten, der Texturgradient und die Bewegungsparallaxe. Mit Ausnahme der Bewegungsparallaxe lassen sich alle diese Faktoren auch aus statischen Szenen wie Fotos oder Malereien herauslesen [11, S. 187–191]. Die Weiterverarbeitung von monokularen Tiefenreizen im Gehirn beruht sehr stark auf Erfahrungen und erfolgt unbewusst. Das Gehirn greift dabei auf empirische Informationen zurück, die sich der Mensch im Laufe seiner Entwicklung angeeignet hat [43, S. 2]). Grundlagen der menschlichen Wahrnehmung Le eye view 6 Right eye view Abbildung 2.3: Die auf den Netzhäuten auftreffenden Bilder sind nicht identisch, sondern weisen leichte perspektivische Unterschiede auf. Aufgrund dieser Unterschiede kann das Gehirn Tiefeninformationen ableiten. 2.1.3 Binokulare Tiefenreize Wie der Begriff „binokular“ bereits sagt, handelt es sich dabei um Tiefeninformationen, die nur mit Hilfe von zwei gesunden Augen wahrnehmbar sind. Der Mensch nimmt seine Umgebung aufgrund der Position seiner Augen aus zwei leicht unterschiedlichen Blickwinkeln wahr. Das führt dazu, dass sich die auf den Netzhäuten auftreffenden Bilder, ebenfalls leicht voneinander unterscheiden (siehe Abbildung 2.3). Diese perspektivische Abweichung wird Querdisparität oder auch binokulare Disparität genannt [11, S. 192]. Das Gehirn besitzt nicht nur die Fähigkeit, die beiden voneinander abweichenden Wahrnehmungen zu einer verschmelzen zu lassen, es ist dem visuellen System aufgrund eben dieser winzigen Unterschiede möglich, einen Tiefeneindruck zu erzeugen und so die räumliche Lage von Objekten zu bestimmen. Die dadurch gewonnenen Tiefeninformationen sind wesentlich stärker, als die monokularen Tiefenreize [43, S. 23]. Binokulares Sehen und die Position der menschlichen Augen machen räumliches Sehen und in Folge dessen auch Stereoskopie erst möglich. Sie bilden die Grundlage der stereoskopischen Aufnahme- und Darstellungsverfahren. Es sind jedoch nicht alle Menschen gleichermaßen fähig, binokulare Tiefenreize zu verarbeiten und 3D zu sehen. Etwa 3 bis 15 Prozent der Menschheit leiden an der so genannten Stereoblindheit [32, S. 24]. Diese Menschen können Tiefeninformationen nur anhand von monokularen Reizen ableiten. Kapitel 3 Kapitel 3 Stereoskopie 3.1 Definition Das Wort Stereoskopie setzt sich aus den altgriechischen Worten “stereos” (=körperlich, solide) und “skopos” (= das Sehen, der Sehvorgang) zusammen [30, S. IX]. Es handelt sich dabei um eine Wissenschaft, deren Ziel es ist, die Wahrnehmung des Menschen zu täuschen, in dem sie einen dreidimensionalen, plastischen Eindruck in flachen zweidimensionalen Bildern erzeugt. Dies gelingt durch Imitation des menschlichen Sehvorgangs. Bei der Aufnahme und Wiedergabe von stereoskopischen Bildern, wird für jedes Auge ein separates, perspektivisch leicht unterschiedliches Bild aufgezeichnet bzw. präsentiert. So wird die Querdisparität, die bei der menschlichen Wahrnehmung aufgrund der Binokularität entsteht, nachgeahmt (vergleiche Abschnitt 2.1). Die normalerweise bei der Betrachtung eines zweidimensionalen Bildes zum Tragen kommenden monokularen Tiefeninformationen werden dadurch um binokulare Tiefeninformationen erweitert. Für das menschliche Auge macht es keinen Unterschied, ob die Disparität durch die Betrachtung eines realen Objekts oder durch zwei Bilder künstlich hervorgerufen wird. Die beiden Halbbilder dürfen sich jedoch nur im horizontalen Versatz unterscheiden. Farbe, Helligkeit, Schärfe, Bildausschnitt, etc. dürfen nur minimale Unterschiede aufweisen, um eine problemlose Fusion gewährleisten zu können [43, S.43]. 3.2 Grundlagen In diesem Abschnitt werden die notwendigen Grundlagen und Parameter beschrieben, die im Zusammenhang mit der Stereoskopie bekannt sein sollten. Ein wichtiger Begriff ist die Parallaxe. Darunter wird in der Stereoskopie der Abstand zwischen zwei korrespondierenden Punkten im linken und 7 Stereoskopie 8 L R L+R L R L+R L R L+R Abbildung 3.1: Parallaxe als Parameter für die Lage eines Objektes in Bezug auf die Projektionsebene – Nullparallaxe, positive und negative Parallaxe. rechten Halbbild bezeichnet [21, S. 24]. Unterschiedliche Parallaxen ahmen die beim Betrachten einer realen Szene natürlich auftretende Disparität nach und indizieren so unterschiedliche Entfernungen der Objekte vom Zuseher. Disparität und Parallaxe beschreiben beide die perspektivischen Differenzen der Halbbilder. Der Unterschied ist lediglich der, dass Disparität anhand der Netzhautbilder und Parallaxe anhand der künstlich hergestellten stereoskopischen Halbbilder gemessen wird. Ein Objekt kann sich abhängig von der Größe und Art der Parallaxe scheinbar vor, auf oder hinter der Projektionsebene befinden. Unter Projektionsebene versteht man das Medium, auf dem das Stereobild präsentiert, projiziert oder gedruckt wurde (z.B. Monitor oder Leinwand). Die Informationen, die aus den unterschiedlichen Parallaxen gewonnen werden, führen dazu, dass in einem zweidimensionalen Bild räumliche Tiefe wahrgenommen werden kann. Größe und Art der Parallaxe können leicht gemessen werden. Dazu legt man die beiden Halbbilder eines Stereobildes übereinander und markiert darin korrespondierende Punkte. Liegen diese auf der gleichen Position, so weisen sie keine Parallaxe auf (Nullparallaxe). Keine Parallaxe bedeutet, dass sich der wahrgenommene Punkt genau auf der Projektionsebene befindet. Diese Situation ist in Abbildung 3.1 links dargestellt. Eine positive Parallaxe bedeutet, dass das Objekt den Anschein macht, Stereoskopie 9 sich hinter dieser Ebene zu befinden. Sie tritt dann auf, wenn der Punkt im Bild für das linke Auge gegenüber dem vom rechten Auge nach links versetzt ist. Im umgekehrten Fall, d.h. der Punkt für das linke Auge befindet rechts von dem für das rechte Auge, wird von negativer Parallaxe gesprochen [42, S. 8–10]. Die zuvor gegangene Beschreibung bezieht sich nur auf eine horizontale Parallaxe. Eine vertikale Parallaxe kommt in der Natur nicht vor und sollte deshalb in stereoskopischen Produktionen dringend vermieden werden. Die Augen der meisten Lebewesen sind horizontal versetzt, befinden sich jedoch auf gleicher Höhe. Aus diesem Grund kann eine vertikale Parallaxe beim alltäglichen Sehen eines gesunden Menschen niemals vorkommen. Das Gehirn könnte solche Informationen nicht ordentlich verarbeiten und ein Verlust des Tiefeneindrucks wäre die Folge. Um stereoskopische Halbbilder erzeugen zu können, müssen die Linsen der Stereokamera um eine bestimmte Distanz versetzt sein. Diese Distanz wird interaxiale Separation, interokulare Distanz oder Stereobasis genannt. Je weiter auseinander die Linsen positioniert sind, umso stärker werden die Parallaxen und dadurch auch der Tiefeneindruck [42, S. 10]. Man sollte stets bemüht sein, es nicht zu übertreiben. Es ist ratsam, die geringst mögliche Linsenentfernung zum Erreichen des gewünschten Tiefeneindrucks zu wählen. Dadurch lassen sich Kopfschmerzen oder unnötige Augenanstrengungen bei den Zusehern vermeiden und die Gefahr, dass das Gehirn die Halbbilder nicht mehr richtig Fusionieren kann, sinkt. Denn ist der Linsenabstand zu groß gewählt, so kommt es beim Betrachter zu irritierenden Doppelbildern. Ist er zu klein, so kann der Tiefeneindruck ausbleiben. Auf die hier beschriebenen Themen wird in Kapitel 4 noch einmal näher eingegangen, wenn es speziell um den Workflow bei stereoskopischen 3D Produktionen geht. Der gravierendste Unterschied zwischen natürlichem und stereoskopischem Sehen ist der, dass der Mensch bei Stereobildern nicht wie in der realen Welt beliebig auf die verschiedenen Objekte in einer Szene fokussieren kann. Beim Betrachten eines Stereobildes werden die Augen dazu gebracht zu konvergieren, als ob sich die einzelnen Elemente tatsächlich in verschiedenen Distanzen befinden, der Fokus muss dabei jedoch jederzeit auf die Bildebene gerichtet bleiben. Im Abschnitt 2.1.1 wurde darauf hingewiesen, dass Konvergenz und Akkomodation miteinander gekoppelt sind und von der Augenmuskulatur automatisch angepasst werden. Deshalb kann es passieren, dass ungeübte Personen beim Betrachten von stereoskopischen Bildern den Fokuspunkt auf das Objekt vor oder hinter der Bildebene verschieben. Dieses Verhalten führt jedoch dazu, dass das Bild unscharf wahrgenommen und der Tiefeneindruck vermindert wird und sollte deshalb vermieden werden. Mit ein wenig Übung kann dieser Vorgang jedoch erlernt und automatisiert werden. Stereoskopie 10 Abbildung 3.2: Die Räumlichkeit der stereoskopischen Halbbilder entsteht beim Kreuz- (links) oder Parallelblick (rechts) durch die besondere Augenstellung. 3.3 Verschiedene Wiedergabeverfahren Um den gewünschten Tiefeneffekt in Stereobildern sichtbar zu machen, gibt es verschiedenste Wiedergabeverfahren. Das grundlegende Prinzip haben jedoch alle gemeinsam. Es muss dafür gesorgt werden, dass die stereoskopischen Halbbilder den Augen der Betrachter getrennt voneinander zugeführt werden. Dieses Problem wird bei den einzelnen Verfahren auf unterschiedliche Art und Weise gelöst. Im Allgemeinen unterscheidet man dabei zwischen Darstellungen, die stereoskopisches Sehen entweder mit oder ohne weitere Hilfsmittel für das Publikum ermöglichen. 3.3.1 Autostereoskopische Displays Autostereoskopische Verfahren ermöglichen es dem Betrachter, den Tiefeneindruck von 3D Bildern oder Filmen auch ohne zur Hilfenahme einer speziellen Brille wahrzunehmen. In diese Kategorie fallen zum Beispiel Bilder, die mit dem Kreuz- oder Parallelblick betrachtet werden können. Dabei müssen die einzelnen Halbbilder nach der Aufnahme nicht weiter ver- oder bearbeitet, sondern einfach nebeneinander abgebildet werden – beim Parallelblick das linke neben dem rechten und beim Kreuzblick das rechte neben dem linken Halbbild. Der Betrachter kann den 3D Effekt mit einer bestimmten Blicktechnik wahrnehmen. Dabei muss er durch die Stellung der Augen selbst dafür sorgen, dass jedes Auge sich nur auf das dafür vorgesehene Bild konzentriert (siehe Abbildung 3.2). Das ist oft nur schwierig zu erlernen und wird durch die unnatürliche Augenposition auf Dauer sehr anstrengend und unangenehm. Aus diesem Grund werden auf Stereoskopie 11 le & right images ver cally interlaced TFT panel prism mask 1 pixel Abbildung 3.3: Illustration der Funktionsweise eines autostereoskopischen Displays mit einem Linsenraster. Quelle: www.seereal.com diese Art meist nur einzelne Bilder und keine Filme betrachtet. Eine Anleitung und einige Tricks wie diese Blicktechniken erlernt werden können, ist unter [6] zu finden. Auch die Vielzahl an verschiedenen autostereoskopischen Displays, die für den Menschen dreidimensional wirkende Bilder erzeugen können, fällt unter diese Kategorie. Dabei übernimmt das Ausgabegerät die Aufgabe, dass jedes Halbbild nur für das entsprechende Auge sichtbar ist. Das geschieht mit Hilfe von so genannten Linsen- oder Streifenrastern, die für die Aufteilung der simultan abgebildeten Halbbilder sorgen. Eine vereinfachte Darstellung des Prinzips nach dem diese Displays arbeiten, ist in Abbildung 3.3 zu sehen. Die Anzahl der möglichen Zuschauer und deren Position sind bei autostereoskopischen Displays momentan noch sehr eingeschränkt. Es gibt jedoch viele Firmen, die auf diesem Gebiet forschen und die Entwicklung dadurch stets vorantreiben. Vor allem aufgrund des teuren Anschaffungspreises und der noch geringen Menge an 3D Content außerhalb des Kinos, hat es diese Technologie noch nicht bis in die heimischen Wohnzimmer geschafft. Aus diesem Grund muss zum Betrachten von stereoskopischen Filmen heute meist noch auf gewisse Hilfsmittel zurückgegriffen werden. Allein das Thema autostereoskopische Displays würde schon genug Stoff für eine Masterarbeit bieten. Aus diesem Grund wird an dieser Stelle nicht näher auf die einzelne Modelle oder die verschiedenen Ansätze eingegangen. Wer Stereoskopie 12 sich intensiver damit auseinandersetzen möchte, der findet in [15], [35] und [36] mehr darüber. 3.3.2 Brillengebundene Verfahren Da der Wunsch nach stereoskopischen Bewegtbildern schon aufkam lange bevor es den Gedanken an autostereoskopische Monitore überhaupt gab, mussten in der Vergangenheit andere Möglichkeiten gefunden werden, um nicht nur stereoskopische Bilder, sondern auch Filme, für den Zuseher so angenehm wie möglich präsentieren zu können. Es wurden mehrere Techniken mit verschiedenen zugehörigen Apparaturen entwickelt, bei denen die Bilder nicht nebeneinander, sondern übereinander abgebildet werden konnten. Die, für die menschlichen Augen notwendige Trennung der Halbbilder, wurde und wird auch heute noch meistens durch 3D Brillen erreicht. Je nach Präsentationstechnik handelt es sich dabei um aktive oder passive Brillen. Die genaue Beschreibung der vielen einzelnen Darstellungsmethoden würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen., deshalb wird an dieser Stelle nur je ein Verfahren näher beschrieben Es sei jedoch erwähnt, dass all die verschiedenen Betrachtungstechniken den Regeln und Grundlagen der Stereoskopie unterliegen und in der Produktion die spätere Präsentationsmethode kaum eine Rolle spielt. Der Unterschied liegt allein in der Präsentation des Materials und der dazugehörigen Sehhilfe. Eine Präsentationstechnik bei der passive Brillen zum Einsatz kommen ist das Anaglyphenverfahren. Dabei werden die beiden Teilbilder vor der Projektion mit Hilfe von Farbfiltern in Komplementärfarben gefärbt und danach überlagert (siehe Abbildung 3.4). Die gängigste Farbkombination ist Rot/ Cyan. Dem Bild für das rechte Auge werden die grünen und blauen Farbanteile und dem Bild für das linke Auge die roten Farbanteile entfernt. Das führt dazu, dass bei Betrachtung der überlagerten Halbbilder mit einer Rot/ Cyan Brille, diese wieder getrennt werden und somit das rechte Auge nur das rote und das linke Auge nur das cyan Bild zu sehen bekommt. Abbildung 3.5 veranschaulicht das Prinzip des Anaglyphenverfahrens. Ein großer Vorteil der Anaglyphendarstellung ist die kostengünstige und einfache Präsentation der Bilder oder Videos. Sie können mit nur einem einzigen Projektor oder auf handelsüblichen Monitoren und TV Geräten dargestellt Abbildung 3.4: Beim Anaglyphenverfahren werden die beiden Halbbilder in jeweils einer von zwei Komplementärfarben dargestellt und überlagert. Stereoskopie 13 Abbildung 3.5: Prinzip der Trennung der beiden überlagerten Teilbilder, bei Betrachtung mit einer Rot/Cyan Brille. werden. Sogar Ausdrucke auf Papier sind mit dieser Technik möglich. Außer den besonders leichtgewichtigen und billig zu produzierenden Farbbrillen, sind keine weiteren Utensilien notwendig. Was man bei der Entscheidung für das Anaglyphenverfahren jedoch immer bedenken muss ist, dass der natürliche Farbeindruck der Aufnahmen bei der Wiedergabe verloren geht. Weiters kann es dabei auch bei noch so exakter Arbeit immer zu gewissen Fehlern kommen, die eine problemlose Fusion der beiden Halbbilder im Gehirn verhindern oder erschweren und so die Qualität des Tiefeneindrucks beeinträchtigen. Ein Vertreter für aktive Bildtrennung ist das Shutterverfahren. Die dafür verwendeten Brillen haben die Aufgabe die stereoskopischen Halbbilder gezielt nur dem jeweiligen Auge zuzuführen. Sie sind meist batteriebetrieben und mit zwei LCD-Gläsern, die einzeln abgedunkelt werden können, ausgestattet. Bei dieser Technik werden die Halbbilder für das linke und rechte Auge in einer hohen Frequenz abwechselnd von einem Projektor auf die Leinwand projiziert. Die einzelnen Shutter-Brillen sind mit diesem Projektor über eine Schnittstelle (meist durch Infrarotsignale) synchron geschalten. So wird erreicht, dass ein LCD-Glas der Brille genau dann abgedunkelt wird, wenn auf der Leinwand das Bild für das andere Auge zu sehen ist (siehe Abbildung 3.6). Dies geschieht durch Flüssigkeitskristalle in den Brillengläsern, die durch elektronische Signale im Takt des Projektorbildes entweder transparent Stereoskopie 14 le eye im age right ey e im age Abbildung 3.6: Prinzip der Trennung der beiden stereoskopischen Halbbilder Teilbilder, bei Betrachtung mit einer Shutter-Brille. oder lichtundurchlässig gemacht werden. Dieses Hin- und Herschalten muss so schnell passieren, dass das Gehirn des Betrachters die beiden Ansichten nicht mehr getrennt wahrnimmt. Nur so entsteht durch die perspektivischen Unterschiede in den einzelnen Halbbildern der gewünschte dreidimensionale Eindruck. Die empfohlene Bildwiederholungsrate des Projektors oder Monitors beträgt mindestens 100Hz [4, S. 22]. 100Hz bedeuten, dass das Bild 100 Mal in der Sekunde neu aufgebaut wird. Da beim Shutterverfahren ein Bild jedoch aus zwei nacheinander abgespielten Halbbildern besteht, halbiert sich diese Wiederholfrequenz für jedes Auge auf 50 Hz. Je höher die Bildwiederholungsrate ist, umso weniger Anstrengung bedeutet das für die Augen des Betrachters. Eine Frequenz von 120 bis 160Hz wäre für die Wiedergabe eines Stereofilms und die Sicherstellung einer flackerfreien Wiedergabe somit besser. Die Vorteile dieser Technik sind, dass dabei keine spezielle Leinwand benötigt wird und die Betrachter in ihren Kopfbewegungen nicht eingeschränkt sind. Denn auch das Drehen des Kopfes in verschiedene Richtungen beeinflusst den 3D Effekt nicht und führt zu keinen störenden Ghosting-Effekten. Ein großer Nachteil ist jedoch, dass nicht nur die Projektoren mit einer solch hohen Bildwiederholfrequenz, sondern auch die dazugehörigen Brillen relativ kostenintensiv sind. Anders als bei anderen Wiedergabeverfahren, müssen die Shutter-Brillen aufgrund des hohen Anschaffungspreises wiederverwendet und nach jedem Einsatz gewartet und gereinigt werden. Diese Zusatzkosten sind nicht zu verachten und sollten bei der Überlegung, ein Kino mit einem solchen System auszustatten, auf jeden Fall berücksichtigt werden. 3.4 Voraussetzung für die Fusion der Halbbilder Damit die Fusionierung zweier Halbbilder funktioniert, dürfen sie keine merkbaren Unterschiede in den Horizontallagen und vor allem keine gegenseitigen Stereoskopie 15 Abbildung 3.7: Fehlersuchbild – mit Hilfe des Kreuz- oder Stereoblicks lassen sich die 6 Fehler besonders schnell entdecken. Rotationen aufweisen. Ist das doch der Fall, so kann es zur Entstehung von Doppelbildern kommen. Doppelbilder können auch entstehen, wenn einzelne Bildelemente außerhalb der maximal wahrnehmbaren Tiefe liegen. Weiters muss der Bildinhalt der beiden Halbbilder weitgehend identisch sein, sonst kann es zu einem Wettstreit der Sehfelder kommen. Diesen beschreibt Otto Vierling wie folgt [43, S. 44]: „Sind einzelne Bildelemente der beiden Halbbilder, die fusioniert werden sollen, oder die Halbbilder in ihrer Gesamtheit hinsichtlich Form, Farbe oder Flächenstruktur wesentlich verschieden, dann tritt anstelle der Fusionierung oft eine Überlagerung der beiden Bildeindrücke, aber sehr häufig auch ein hin und her wechselnder Wettstreit der Eindrücke in den beiden Augen auf, der so genannte Wettstreit der Sehfelder, wobei abwechselnd der eine und dann wieder der andere Bildeindruck vorherrscht.“ Dieses Phänomen verdeutlicht Vierling anhand eines besonders eindrucksvollen und gleichzeitig einfachen Beispiels. Jeder kennt die beliebten Fehlersuchbilder aus diversen Zeitungen und Magazinen (siehe Abbildung 3.7). Oft ist es dabei ganz schön knifflig alle Fehler zu entdecken. Hier kann man sich jedoch eines einfachen Tricks bedienen. Versucht man die beiden Bilder mittels Kreuz- oder Parallelblick zu betrachten, so fusioniert das Gehirn sie zu einem einzelnen Bild. Die jeweiligen Unterschiede lösen beim Betrachter den so genannten Wettstreit der Sehfelder aus. Die Bildinhalte, die sich nicht in beiden, sondern nur in einem der beiden Bilder befinden machen den Anschein, als würden sie flackern und lassen sich dadurch leicht erkennen. Stereoskopie 16 Ein weiteres Problem, das beim Betrachten von Stereobildpaaren auftreten und das Seherlebnis mindern kann, ist der pseudoskopische Eindruck [26, S. 257]. Dieser tritt auf, wenn die beiden Halbbilder vertauscht wurden, sodass das linke Auge, das Bild des rechten Auges sieht und umgekehrt. Bei der Betrachtung entsteht zwar ein Tiefeneindruck, dieser weist jedoch eine umgekehrte Tiefenfolge auf. Dieser Fehler ist für den Betrachter sehr irritierend. Deshalb sollte immer doppelt kontrolliert werden, ob die Positionierung der Halbbilder auch korrekt ist. Die bisher beschriebenen Probleme und Fehlerquellen können bei allen stereoskopischen Wiedergabeverfahren auftreten. Es gibt jedoch auch Probleme, die speziell das Anaglyphenverfahren betreffen. Dazu gehört der Farbwettstreit oder die Farbenmischung [43, S. 45]. Dieses Problem tritt beim Betrachten von Anaglyphenbildern auf – jedoch nur bei einigen Personen und dabei in jeweils unterschiedlicher Intensität. Darunter versteht man die Tatsache, dass das Gehirn das Anaglyphenbild nicht richtig fusionieren kann, sondern abwechselnd entweder mehr zu Rot oder mehr zu Cyan tendiert. Ein weiteres Manko der Anaglyphendarstellung sind die so genannten Geisterbilder. Diese entstehen, weil die Rotfilter der Rot-Cyan Brillen den Rotanteil im Bild manchmal nicht vollständig filtern können und es so dazu kommt, dass Teile des einen Halbbildes auch für das andere Auge sichtbar sind. Das liegt auch daran, dass die Farbabstimmung von Brille und Wiedergabegerät nicht immer 100%ig übereinstimmen können. Dieser Effekt wird auch Crosstalking genannt. Ein weiteres Problem stellen die beiden Filterfarben selbst dar. Entsprechen ihnen Teile im Bild, so kann es an diesen Stellen zu ungewollten Fehlern und Störeffekten kommen. Auch wenn Anaglyphenbilder einige Schwierigkeiten und Nachteile mit sich bringen, so darf man deren Vorteile keineswegs aus den Augen verlieren. Mit keiner anderen Methode ist es so einfach möglich, eigene stereoskopische Bilder oder Filme zu realisieren und die Ergebnisse ohne große Zusatzkosten einer möglichst breiten Masse zugänglich zu machen. Große Kinoproduktionen werden der Anaglyphentechnik mit Sicherheit keine großen Vorteile mehr abgewinnen können und diese Technik heute auch hoffentlich nicht mehr für die Präsentation ihrer teuren Produktionen auswählen. Dennoch ist die Anaglyphentechnik nicht tot und vor allem für kleinere Projekte mit Sicherheit eine gute Wahl. Aus diesem Grund fiel die Wahl bei dem dazugehörigen Projekt zu dieser Arbeit auch auf das Anaglyphenverfahren. Doch bevor nun näher auf die genauen Arbeitsschritte und Möglichkeiten einer Stereoproduktion eingegangen wird, soll im folgenden Kapitel kurz die Geschichte und Entwicklung der Stereoskopie im Film erläutert werden. Stereoskopie 17 3.5 Geschichte 3.5.1 Die Ursprünge der Stereoskopie Schon seit jeher war es den Menschen ein Anliegen, ihre Umwelt mit Hilfe von Bildern und Malereien abzubilden und dauerhaft festzuhalten. Die ältesten bekannten Beispiele reichen bis in die Steinzeit zurück. Mit den Jahren wurden die Techniken immer weiter verfeinert und perfektioniert. Von den ersten Höhlenmalereien, über die Bildhauerei, das Malen auf Leinwand, die Fotografie bis hin zum Film verstrichen Jahrtausende. Auch wenn sich Informationen über die räumliche Lage von Objekten auch aus zweidimensionalen, flachen Darstellungen herauslesen lassen (vgl. Kapitel 2), der Mensch war stets bestrebt die Illusion der Realität noch glaubhafter wiedergeben zu können. So ist überliefert, dass bereits in der Antike ein Wettstreit unter verschiedenen Malern stattfand, in dem es darum ging, wer von ihnen mit ihren Malereien die Sinne der Kollegen besser täuschen könne [3, S. 1]. Dass die Tatsache, dass der Mensch die Welt mit seinen zwei Augen betrachtet, für die Wahrnehmung eine besondere Bedeutung hat, war unter anderen schon Euklid (ca. 300 v.Chr.) und Leonardo da Vinci (um 1500) bekannt. Beide wunderten sich, warum wir aufgrund der leicht unterschiedlichen Blickwinkel keine verschwommenen Doppelbilder, sondern ein einzelnes, scharfes Abbild unserer Umgebung wahrnehmen können [42, S. 7]. Es dauerte jedoch bis zum Jahr 1838, bis auf diese Fragestellung eine Antwort gegeben werden konnte. Sir Charles Wheatstone war der erste, der den Zusammenhang zwischen binokularer Disparität, Parallaxe und der menschlichen Tiefenwahrnehmung erkannte und anhand einfacher Beispiele auch beweisen konnte. Durch sein 1838 veröffentlichtes Werk Contributions to the Physiology of Vision. Part I. On some remarkable, and hitherto unobserved, Phenomena of Binocular Vision, gilt er heute als Begründer der Stereoskopie. Darin schreibt er [46, S. 373]: „ It being thus established that the mind perceives an object of three dimensions by means of the two dissimilar pictures projected by it on the two retinæ, the following question occurs: What would be the visual effect of simultaneously presenting to each eye, instead of the object itself, its projection on a plane surface as it appears to that eye? To pursue this inquiry it is necessary that means should be contrived to make the two pictures, which must necessarily occupy different places, fall on similar parts of both retinæ.” Es war auch Wheatstone, der die erste Apparatur zur Betrachtung von stereoskopischen Zeichnungen und Malereien entwickelte – das Wheatston’sche Spiegel-Stereosksop. Dessen prinzipielle Funktionsweise ist in Abbildung 3.8 Stereoskopie 18 mirrors picture 1 picture 2 le eye right eye Abbildung 3.8: Illustration und Funktionsweise des von Charles Wheatstone entwickelten Stereoskops [46]. zu sehen. Mit der Erfindung der Fotografie und vor allem durch Entwicklung des Negativ-Positivverfahrens durch William Henry Fox Talbot um 1840 wurden die handgemalten Zeichnungen durch Fotografien ersetzt. Dank der zunehmenden Verbreitung der Fotografie, waren Stereoskope bald in den meisten Wohnzimmern zu finden. Als Begründer der Stereofotografie gilt Sir David Brewster. Er entwickelte 1849 eine zweiäugige Kamera und das so genannte Linsenstereoskop – eine Apparatur, die weitaus handlicher und kompakter als Wheatstones Stereoskop war [26, S. 26]. Mit der Zeit wurden viele weitere Apparaturen zur Herstellung und Betrachtung von stereoskopischen Bildern entwickelt. Da dieses Themengebiet jedoch keinen essentiellen Teil dieser Arbeit ausmacht und schon in einigen anderen Werken sehr detailliert und gelungen beschrieben wurde, wird an dieser Stelle nicht genauer darauf eingegangen. Wer sich genauer über die Geschichte und Theorie der Stereoskopie in der Fotografie informieren möchte, wird in [21, [26] oder [30] fündig. 3.5.2 Stereoskopie im Film – Ein historischer Rückblick Die Informationen zu diesem Kapitel stammen, so fern nicht anders angegeben zum größten Teil aus den beiden Werken 3-D Movies: A History and Filmo- Stereoskopie 19 graphy of Stereoscopic Cinema von Robert Michael Hayes [9] und Stereoscopic Cinema and the Origins of 3-D Film, 1838–1952 von Ray Zone [12]. Die Geschichte des stereoskopischen Films weist viele Höhen und Tiefen auf und reicht bis in das Jahr 1903 zurück. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Stereoskopie an sich hat natürlich schon viel früher begonnen. Doch L‘arrivée d’un train von den Brüdern Auguste und Louis Lumière gilt offiziell als der erste stereoskopische Kurzfilm. Dieser wurde im Jahr 1903 bei der Weltausstellung in Paris in einer 2D und einer 3D Version erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Er bestand aus genau einer Szene, die einen Zug zeigte, der auf die Kamera bzw. auf das Publikum zufährt. Zur Präsentation der Stereo-Version wurde damals ein umgebautes Stereoskop3 verwendet, das eigentlich zum Betrachten von Stereobildern gebaut wurde. Deshalb konnte der Film jeweils nur von einem einzigen Zuschauer betrachtet werden [10]. Aus den darauf folgenden zwölf Jahren sind heute keine weiteren stereoskopischen Filme mehr erhalten. Die nächste bekannte Veröffentlichung fand im Juni 1915 statt. Die New Yorker Famous Players Film Company, die später als Paramount Pictures Company bekannt wurde, veröffentlichte mit den drei One-Reelern4 Niagara Falls, Rural America und Jim the Penman die ersten amerikanischen Stereoproduktionen. Hinter der Kamera standen William E. Waddell und Edwin S. Porter, der manchen vielleicht als Director von The Great Train Robbery ein Begriff ist. Gefilmt wurde mit einer speziellen DualFilmkamera. Zur Präsentation diente schon damals das Anaglyphenverfahren, wobei zur Farbkodierung der beiden Kameraperspektiven die Farben Rot und Grün gewählt wurden. Es war die erste Vorstellung, bei der das Publikum, den heutigen Anaglyphenbrillen ähnliche, Apparaturen zum Betrachten der Stereofilme getragen hat. Der erste abendfüllende Stereofilm, der einem zahlenden Publikum präsentiert wurde, war The Power of Love. Bei der Premiere im September 1922 wurde wieder das Anaglyphenverfahren eingesetzt. Ob dabei eingefärbtes Filmmaterial oder Farbfilter an den Projektoren zum Einsatz kamen, ist nicht bekannt. Fest steht, dass es der erste dokumentierte Einsatz der Dual-Strip Projektion war [7, S. xii]. Die wirkliche Besonderheit an dieser Vorstellung war allerdings, dass das Publikum dabei zwischen zwei verschiedenen Schlussszenen auswählen konnte. Es hatte die Möglichkeit sich das Ende entweder durch die rote oder die grüne Linse der 3D Brille anzuschauen – der 3D Eindruck ging in dieser Szene jedoch verloren. [25]. Im Jahr 1935 entwickelte Edwin Land das so genannten Polarisationsverfahren, womit es erstmals möglich war, Stereofilme auch in Farbe zu präsentieren. Die Filmspuren für das rechte und linke Auge wurden dabei von zwei synchron geschalteten Projektoren abgespielt, die zusätzlich, so wie die 3 Eine von Sir Charles Wheatstone 1838 entwickelte Apparatur zum Betrachten von Stereobildern. 4 „Reel“ ist die Bezeichnung für eine Rolle Film. Stereoskopie 20 Abbildung 3.9: Das Filmplakat von Bwana Devil und ein Bild des begeisterten Publikums bei der Premierenvorstellung. © J. R. Eyerman dazugehörigen 3D Brillen, mit je einem Polarisationsfilter5 ausgestattet waren. Diese Filter standen senkrecht zueinander – d.h. sie waren gegenseitig um 90 Grad verdreht. Dadurch wurde erreicht, dass jedes Auge nur das dafür bestimmte stereoskopische Halbbild zu sehen bekam und das jeweils andere gesperrt blieb. Lands Demonstration seiner neuen Technik stieß in Hollywood auf kein großes Interesse. Zunächst wurden damit keine weiteren Filme realisiert. Bis Anfang der 50er Jahre wurden zwar ständig kleinere stereoskopische Filme produziert, große Blockbuster und das Interesse der breiten Masse oder der Filmschmieden Hollywoods blieben jedoch aus. Grund dafür war zum einen die Weltwirtschaftskrise, die im Oktober 1929 mit dem „Black Friday“ ihren Anfang hatte, und der zweite Weltkrieg, aber auch die Tatsache, dass das Anaglyphenverfahren und die Präsentationstechniken noch nicht richtig ausgereift waren und es aufgrund schlechter Synchronisation der Projektoren bei den Zusehern oft zu Kopfschmerzen und Unbehagen kam. Das Desinteresse Hollywoods änderte sich schlagartig, als im Dezember 1952 mit Bwana Devil der erste vertonte Farb-Stereofilm in die amerikanischen Kinos kam. Damit wurde das Goldene Zeitalter der Stereoskopie eingeleitet. Das Kino hatte in den Jahren zuvor an Attraktivität verloren und die Kassen blieben aufgrund der immer stärker werdenden Verbreitung des Fernsehens zunehmend leerer. Im Vergleich zu 1950, als nur 9% der Amerikaner ein TV Gerät besaßen, waren es 10 Jahre später schon 87,1%.6 Die Filmindustrie war deshalb verzweifelt auf der Suche nach etwas Neuem, das die Leute wieder in die Kinos locken würde. Da kam Hollywood der überraschende Erfolg von Bwana Devil, der obwohl es nicht den Tatsachen entsprach, als der erste 5 Polarisationsfilter lassen das Licht nur in einer Wellenrichtung durch. Legt man zwei Filter, die gegenseitig um 90 Grad verdreht sind, übereinander, so ist es nicht mehr möglich hindurchzusehen. 6 http://www.tvb.org/rcentral/mediatrendstrack/tvbasics/02_TVHouseholds.asp Stereoskopie 21 stereoskopische Featurefilm beworben wurde (siehe Abbildung 3.9) und innerhalb weniger Wochen seine Produktionskosten wieder eingespielt hatte, natürlich gerade recht. Jeder wollte ein Stück vom Kuchen abhaben und so begannen etliche Studios innerhalb kürzester Zeit mit ihren eigenen Stereoproduktionen. Das zuvor jahrelang ignorierte Polfilter-Verfahren war plötzlich nicht mehr wegzudenken und Stereoproduktionen schossen wie Pilze aus dem Boden. In den Jahren von 1952 bis 1955 wurden über 50 Stereofilme produziert. Darunter Filme wie House of Wax, Man In The Dark, Robot Monster, Creature from the Black Lagoon, I came from Outer Space und viele mehr. So schnell der Boom begonnen hatte, so schnell ebbte die 3D Welle jedoch auch wieder ab. In vielen Berichten, Artikeln und Büchern wird geschrieben, dass das Interesse der Zuseher an 3D Filmen mit der Zeit abnahm und Filmvorführungen in dem damals neuartigen Cinemascope Format bevorzugt wurden. Begründet wird das damit, dass zum einen der Besonderheitsfaktor von Stereoproduktionen nach einigen Jahren stark abgenommen hatte und das Publikum wieder mehr Wert auf ein ungetrübtes Filmvergnügen ohne schmerzende Augen oder unsynchrone Bilder legte. Denn auch in den 50er Jahren waren schlecht synchronisiertes Filmmaterial und ungleich laufende Projektoren keine Seltenheit. Als Hauptgrund für das Scheitern wird immer wieder die Qualität der Filme selbst genannt. Wie zuvor erwähnt, wollte nach der Veröffentlichung von Bwana Devil jedes Filmstudio so schnell wie möglich seine eigene Produktion im Stereoformat auf den Markt bringen. Dabei war vor allem der möglichst intensive Einsatz des 3D Effekts wichtig und auf den Inhalt oder die Qualität der schauspielerischen Leistung selbst wurde des Öfteren vergessen. Hayes erklärt in seinem Werk jedoch, dass es sich dabei um Schilderungen handelt, die schlicht und einfach nicht den Tatsachen entsprechen, sondern von den Medien immer wieder aufgegriffen und weiterverbreitet wurden und so mit der Zeit fälschlicherweise einen fixen Platz in der Geschichte des Stereofilms eingenommen haben. Er schreibt hierzu [9, S. 51]: „With the release of Lumber Jack Rabbit in 1954 the great 3-D ‘revolution’ of the fifties came to an end.... Yet, just why did it end? Hollywood myth, perpetuated to this day by literally every so-called film historian, has it that the poor quality of the films themselves was the main fault... Yet this is just another case of false history... The actual reason 3-D filmmaking ceased is a great deal more complex and ultimately lies at the root of all evil: greed.“ Geldgier deshalb, weil die Studios die Mehrkosten einer StereofilmVorführung auf die Kinos abwälzen wollten und umgekehrt die Kinos – vor allem die kleineren – nicht bereit oder in der Lage waren, diese Kosten zu tragen. Nachdem Hollywood und die einzelnen Filmstudios nicht wirklich auf die Kinobetreiber zugegangen sind und zu keinem Kompromiss bereit Stereoskopie 22 Abbildung 3.10: Stills aus dem IMAX 3D Filme The Universe – We are Born of Stars. © Fujitsu/Dentsu/ToyoLinks/IMAX waren, entschieden sich viele dazu, den, zur Präsentation von Stereofilmen notwendigen Umbau nicht vorzunehmen und stattdessen auf die Vorführung von Farb- oder Tonfilmen im damals neuartigen Widescreen Format zu setzen. Aufgrund der mangelnden Anzahl an Präsentationsmöglichkeiten, verlor Hollywood bald wieder das Interesse daran, 3D Filme zu produzieren. Nur sehr sporadisch fanden doch noch einige den Weg in die Öffentlichkeit. Einer der wenigen erfolgreichen Stereofilme zwischen 1960 und 1980 war der Softporno Stewardesses aus dem Jahr 1969. Dieser kostete in der Produktion lediglich 100.000 Dollar und erzielte allein in Nordamerika Einnahmen von über 27 Millionen Dollar.7 Zu dieser Zeit war der Stereofilm hauptsächlich in den Genres Horror, Soft- bzw. Hardcore Porno oder einer Kombination aus beiden zu finden. Bestes Beispiel dafür ist Paul Morrisey’s Andy Warhol’s Frankenstein aus dem Jahr 1974. Einen zweiten Aufwind erlebte der stereoskopische Film in den 80er Jahren, beinahe 30 Jahre nach der ersten 3D Blütezeit. Auslöser war der dritte Teil der Horror-Saga Friday the 13th, der 1982 in der 3D Version in den Kinos anlief und einen unerwartet großen Erfolg hatte. Dieser erzielte im Vergleich zu seinem Vorgänger doppelt so hohe Einnahmen. Weitere gut besuchte Schocker wie Jaws 3D, Amityville 3D oder Rottweiler folgten. In den 80er Jahren wurden Stereofilme jedoch nicht mehr nur auf Horror oder Porno Szenarien beschränkt. Im Jahr 1985 hatte der erste IMAX 3D Film mit dem Titel The Universe – We are Born of Stars auf der Expo in Tsukuba (Japan) im Fujitsu Pavillon seine Premiere8. Um sich eine Vorstellung davon machen zu können, sind zwei Bildausschnitte daraus in Abbildung 3.10 zu sehen. Viele weitere IMAX Dokumentationen im Stereoformat folgten. Auch in diversen Vergnügungsparks fanden Stereoproduktion als so genannte Thrill Rides oder 4D Adventure ihren Einzug. Bewegte Sitze, Wasserspritzer, Wind der dem 7 http://en.allexperts.com/e/t/th/the_stewardesses.htm 8 http://www.bigmoviezone.com/filmsearch/movies/index.html?uniq=124 Stereoskopie 80 23 3D movie releases 1910 - 2010 70 60 50 40 30 20 10 0 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 Abbildung 3.11: Anzahl an Stereoproduktionen seit 1910 [32, S. 9]. Publikum ins Gesicht weht, usw. verstärkten das Filmerlebnis. Die Geschichte wiederholte sich jedoch schon bald ein weiteres Mal. Wieder war es zu einem großen Teil den Filmstudios und -verleihern zuzuschreiben, dass der Boom ein jähes Ende nahm. Die Folge war, dass Stereofilme größtenteils in Vergessenheit gerieten und bis vor einigen Jahren nur in Spezialkinos (z.B. IMAX), Vergnügungsparks oder zu besonderen Veranstaltungen gezeigt wurden. Zwischen 1983 und 2003 veröffentlichte Hollywood keinen einzigen großen 3D Featurefilm [14]. In diesem Kapitel wurde ein Überblick über die Geschichte der Stereoskopie im Film gegeben. Abbildung 3.11 soll abschließend noch einen Überblick über die Höhen und Tiefen der Stereoproduktionen im Verlauf der Zeit geben [32, S. 9]. 3.5.3 Stereoskopie im Animationsfilm Über die Geschichte der Stereoskopie speziell im Animationsfilm wurde leider nur sehr wenig überliefert. Gesammelte Informationen darüber und vor allem Filmbeispiele aus der damaligen Zeit sind heute kaum noch zu finden. Oft sind die Filmrollen über die Jahre verloren gegangen oder aufgrund falscher Lagerung, Abnutzung oder mangelnder Sorgfalt bei der Verwendung zerstört worden. Viele der ersten 3D Cartoons sind, falls überhaupt, nur noch in der 2D Version vorhanden. Der Grund dafür ist, dass die Filmspuren für das linke und rechte Auge des Öfteren versehentlich voneinander getrennt wurden und eine von beiden irgendwann nicht mehr auffindbar war. In diesem Fall Stereoskopie 24 ist der Stereo-Effekt verloren und nicht mehr reproduzierbar. Heute sind nur noch äußerst wenige gut erhaltene Exemplare aus der Anfangszeit des stereoskopischen Animationsfilms vorhanden. Diese werden in diversen Archiven gelagert und nur äußerst selten auf speziellen Film Festivals, wie zum Beispiel der, vom 3-D Film Preservation Fund veranstalteten, 3-D Film Expo9, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Auf Videokassette oder DVD sind diese beeindruckenden Filmbeispiele nicht zu bekommen. Da, wie zuvor erwähnt, leider keine gesammelten Informationen speziell über den stereoskopischen Animationsfilm und dessen Geschichte existieren, basieren die Daten zu diesem Abschnitt auf sehr vielen unterschiedlichen Quellen. Bei der Recherche ist aufgefallen, dass Informationen wie Erscheinungsjahr, Titel oder Director zwischen den einzelnen Quellen oft variieren und manche Werke Mal als stereoskopisch aufscheinen und ein anderes Mal nicht. Es wurde versucht für alle Fakten, die hier erwähnt werden, zumindest zwei Quellen zu finden, um die Richtigkeit bis zu einem gewissen Maße garantieren zu können. Eine 100%ige Garantie kann natürlich nicht gewährleistet werden, da dieses spezielle Thema leider zu wenig dokumentiert ist und vieles nur durch mehrfache Überlieferungen bekannt ist. Auch wenn Norman McLaren und Evelyn Lambart nicht die ersten waren, die auf die Idee kamen, Stereoskopie auch im Animationsfilm einzusetzen und Experimente damit veranstalteten, so waren sie dennoch die ersten, die ihre 3D Cartoons auch veröffentlichten und einem großen Publikum präsentierten. Diese Aussage wird durch einen Absatz im, vom National Film Board of Canada veröffentlichten, Bericht Technical Notes by Norman McLaren (1933–1984) gefestigt. Darin sind von ihm selbst verfasste Notizen und technische Informationen zu vielen seiner Werke zusammenfasst. Im Abschnitt über die stereoskopischen Arbeiten schreibt er, dass seines Wissens nach bis zu dem Zeitpunkt, als er zusammen mit Evelyn Lambart mit der Produktion von Around is Around startete, noch kein stereoskopischer Zeichentrickfilm produziert wurde [31, S.87]. Heute ist jedoch bekannt, dass Künstler wie Dwinell Grant10 (Composition #4, 1945), Hy Hirsch11 (Come Closer, 1951 und Eneri, 1953) oder Harry Smith12 (Film #6, 1950) schon vorher stereoskopische Animationen erstellten. Diesen wurde damals jedoch nicht besonders viel Aufmerksamkeit zuteil und sie wurden nie der Öffentlichkeit präsentiert [9, S.19]. McLaren und Lambart produzierten im Auftrag des National Film Board of Canada für das Festival of Britain im Jahr 1951 die beiden stereoskopischen Animationen Around is Around und Now Is the Time (To Put on Your Glasses). Dieses Festival dauerte vom 3. Mai bis zum 30. September und diente als eine Präsentationsplattform für die britischen Errungenschaften in der 9 10 11 12 http://www.3dfilmpf.org/ http://www.iotacenter.org/visualmusic/articles/moritz/moritz_nonobjective http://www.iotacenter.org/visualmusic/articles/moritz/hirshbio http://www.harrysmitharchives.com/1_bio/index.html Stereoskopie 25 Abbildung 3.12: Standbilder eines rechten und linken Halbbildes aus dem 3D Animationsfilm Around is Around. © Norman McLaren Wissenschaft und der Kunst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts [14, S.176]. Speziell dafür wurden insgesamt vier 3D Produktionen realisiert. Um eine gewisse Vielfalt zu bieten und eine Abgrenzung zu den beiden britischen Real-Stereofilmen (Royal River, A Solid Explanation) zu gewährleisten, wurden von den Amerikanern extra zwei 3D Cartoons angefordert. Diese kamen bei den Vorstellungen besonders gut an und erzielten beim Publikum den meisten Applaus [45]. Für die Produktion von Around is Around erstellten die beiden zunächst etliche Fotografien von so genannten Oszillogrammen13. Um in den Animation den gewünschten Stereo-Effekt zu erzielen, wurden diese Aufnahmen jeweils aus zwei leicht unterschiedlichen Perspektiven gemacht. Die so entstandenen Bilder wurden dann per Hand auf die einzelnen Filmrollen gezeichnet und so animiert, dass sie sich zum Takt der Musik bewegten. Bei Now Is the Time gingen die beiden ähnlich vor. Zuvor fotografierte Papier Cut-Outs und gemalte Bilder wurden ebenfalls Frame für Frame direkt auf das Filmband übertragen. Beide Filme wurden mit Stereo-Soundtracks unterlegt [45]. Ein Stereobild aus Around is Around ist in Abbildung 3.12 zu sehen. Ein weiterer Pionier des stereoskopischen Animationsfilms war der Deutsche Oskar Fischinger. Nach der Fertigstellung seines wahrscheinlich bekanntesten Films Motion Painting No. I14 im Jahr 1947, begann er, sich mit dem Thema Stereoskopie und der Stereo-Malerei zu beschäftigen. In den folgenden vier Jahren studierte er die menschliche Wahrnehmung sehr intensiv und entwarf etliche Ölgemälde, in denen er jeweils eine Ansicht für das linke und das rechte Auge nebeneinander positionierte [14, S.174]. Mit dem Parallel- oder Kreuzblick betrachtet, wurde der 3D Effekt in den Malereien sichtbar. Eine 13 Oszillogramme sind die Verlaufsgraphen eines Oszilloskopes. Ein Oszillopskop ist ein elektronisches Messgerät, dass Spannungen und deren zeitlichen Verlauf in einem zweidimensionalen Koordinatensystem optisch darstellen kann. 14 Motion Painting No.I ist Oskar Fischingers bekanntestes Werk. Darin animierte er grafische Formen zu der Musik von Johann Sebastian Bachs Brandenburgischem Konzert Nr.3. Er malte die Bilder dafür Frame für Frame mit Ölfarben auf eine Plexiglasscheibe und fotografierte diese ab. Die Arbeit daran dauerte acht Monate und nahm neun Stunden täglich in Anspruch [http://www. fh-wuerzburg.de/Petzke/oskar.html]. Stereoskopie 26 Abbildung 3.13: Eines von Oskar Fischingers vielen Stereo-Gemälden. © Oskar Fischinger (http://www.oskarfischinger.org) davon ist in Abbildung 3.13 zu sehen. Nach dieser „Einarbeitungszeit“ fühlte er sich bereit, Stereo-Effekte auch in einem seiner Filme zum Einsatz zu bringen. Er begann mit der Produktion von Stereo Film. William Moritz, der Autor von Fischingers Biografie schreibt über dessen Arbeitsweise [14, S.175]: „The technique is basically that of ‚Motion Painting I‘, except that Fischinger had built a special apparatus to accommodate two sideby-side paintings, and by now he could freely paint from his head 3-D images – this square would sit here and this here – for he had completely mastered mathematics, the formulas, the calligraphy of depth.“ William Moritz Fischinger erstellte zunächst nur eine 30-sekündige Demo, mit der er sich auf die Suche nach potenziellen Geldgebern für sein Projekt machen wollte. Trotz des durchaus beeindruckenden Ergebnisses, blieb die Suche erfolglos. Der Film wurde nie fertig gestellt und damals nicht öffentlich präsentiert [33, S.135]. Auch die großen Animations-Studios experimentierten in den 50er Jahren mit Stereoanimationen und veröffentlichten eine Handvoll 3D Cartoons. Darunter waren zum Beispiel Lumberjack Rabbit (1953) von den Warner Bros. Pictures, Popeye – The Ace of Space (1953) und Boo Moon (1954) der Famous Studios, Woody Woodpecker – Hypnotic Hick (1954) von Walter Lantz Productions und einige mehr15. Die Walt Disney Studios veröffentlichten im 15 http://www.wittkowsky.net/3d-film/docu.htm Stereoskopie 27 Abbildung 3.14: Die Filmplakate von Disneys ersten beiden 3D Zeichentrickfilmen Melody und Working for Peanuts. © Walt Disney Studios Jahr 1953 mit Adventures in Music:Melody (Mai.1953) und dem Donald Duck Film Working for Peanuts (November 1953) ihren ersten beiden 3D Animationen16. Die dazugehörigen Filmplakate sind in Abbildung 3.14 zu sehen. Die hier erwähnten Trickfilme der größeren Filmstudios wurden, im Gegensatz zu den Kurzfilmen von McLaren und Fischinger, nicht direkt auf das Filmband gezeichnet, sondern mittels der so genannten Cel-Animation erstellt. Dabei wurden die einzelnen Frames in Vor-, Mittel- und Hintergrund aufgeteilt und, auf mehrere Layer verteilt, auf durchsichtige Folien gezeichnet. Der große Vorteil dabei war, dass dadurch nicht jedes einzelne Element in jeden Frame neu gezeichnet werden musste. Layer mit statischen Elementen konnten so einfach über mehrere Frames eingesetzt werden. Die fertigen Ebenen wurden übereinander gelegt und mit einer Kamera abfotografiert. Trotz der Arbeitserleichterung, die durch diese Technik erzielt werden konnte, wurden damals, im Vergleich zu den stereoskopischen Realfilmen, eher wenige 3D Cartoons produziert. Dabei handelte es sich außerdem meist um relativ kurze Filme, die kaum länger als 10–12 Minuten waren. Ein Grund dafür war die Tatsache, dass ein 3D Trickfilm, im Vergleich zum ohnehin schon erhöhten Aufwand einer Stereoproduktion, noch eine Reihe weiterer Herausforderungen mit sich brachte. Für die Produktion eines solchen Kurzfilms musste die Anzahl der einzelnen Layer, auf die die verschiedenen Objekte eines Frames gemalt wurden, erhöht werden. Denn dadurch hatte man beim späteren Abfotografieren mehr Spielraum und die Möglichkeit, die Elemente entsprechend der Ansicht für das linke und rechte Auge leicht zu verschieben. Doch alleine dieser Arbeitsschritt war noch nicht ausreichend. Hätte man nur diese Technik 16 http://afilmla.blogspot.com/2008_07_01_archive.html Stereoskopie 28 Abbildung 3.15: Stereo-Sequenzen von a) einem zufällig generiertem Linien-Muster. b) eines animierten vierdimensionalen Hypercubes. c) einer Strichmännchen Animation, die menschliche Bewegungen simuliert [34]. © A. Michael Noll eingesetzt, so hätte die Szene zwar eine gewisse stereoskopische Tiefe aufgewiesen, die Objekte selbst, wären jedoch wie flache Pappfiguren, ohne jegliches 3D Volumen, im Bild gestanden (vgl. Cardboarding, Abschnitt 4.2.8). Deshalb war es notwendig, dass der Animator zusätzlich einzelne Objekte oder Charaktere Frame für Frame perspektivisch korrekt malte – und zwar für jedes Auge extra. Das erforderte nicht nur besonders talentierte und konzentrierte Animatoren, sondern führte auch zu einem enorm erhöhten Arbeitsaufwand. Mit der Erfindung des Computers und den rasanten Fortschritten und Innovationen auf diesem Gebiet, wurde das händische Malen auf transparenter Folie zunehmend durch den Einsatz digitaler Zeichenprogramme oder virtueller, animierbarer 3D Modelle abgelöst. Mitarbeiter der Bell Labs in New Jersey waren in den 60er Jahren unter den ersten, die Forschungen auf diesem Gebiet anstellten und Versuche starteten, animierte Filme digital am Computer zu erstellen. Es war Michael A. Moll, der die wohl ersten, komplett am Computer generierten, stereoskopischen Animationen realisierte. Im Jahr 1965 entstanden seine Werke Computer-Generated Ballet, Four-Dimensional Hyperobjects und 4-D Hyper Movie17. Abbildung 3.15 zeigt einige grafischen Formen aus diesen animierten Sequenzen. Es sind jeweils beide Stereohalbbilder zu sehen. 17 http://noll.uscannenberg.org/ Stereoskopie 29 Abbildung 3.16: Ausschnitte aus Pixars erstem stereoskopischen Animationsfilm Knickknack. © Pixar Die ersten computergenerierten 3D Animationen, die kommerziell vermarktet und öffentlich präsentiert wurden, waren The Universe – We are Born of Stars und Plan 3-D from Outer Space. Diese Kurzfilme wurden im Jahr 1985 speziell für den Fujitsu Pavillion auf der Science Expo in Tsukuba (Japan) produziert [19, S.11] und [12, S.48]. Einige weitere, heute größtenteil unbekannte, Animationen folgten. Darunter zum Beispiel Starchaser: The Legend of Orion, der einzige animierte Featurefilm aus der damaligen Zeit. Dieser wurde von den Kritikern hoch gelobt und war sowohl inhaltlich als auch technisch eine sehr gelungene Produktion. Dennoch bleibt der große Erfolg aus. Robert Michael Hayes schreibt in seinem Buch 3-D Movies: A History and Filmography of Stereoscopic Cinema [9, S.111] darüber: „This was actually a groundbreaking film but came too late in the period to make any kind of box office showing, if for no other reason than poor distribution.“ Mit dem jähen Ende des zweiten 3D Booms Anfang 1986, wurde auch den stereoskopischen Trickfilmen und Animationen schon bald keine große Aufmerksamkeit mehr zuteil. Die Kinobetreiber und das Publikum hatte den Stereofilm schon bald wieder vergessen. Eine Animation, die an dieser Stelle jedoch noch erwähnt werden soll, ist Knickknack (siehe Abbildung 3.16). Dabei handelt es sich um die erste stereoskopische Produktion aus dem Hause Pixar. Diese hatte 1988 auf der SIGGRAPH Animation Show Premiere18. 2003 wurde dieser Kurzfilm überarbeitet19, neu gerendert und bei den Kinovorstellungen von Findet Nemo (2003, in 2D) und The Nightmare before Christmas (2006, in 3D) im Vorspann gezeigt. 18 http://www.collider.com/dvd/reviews/article.asp/aid/6010/tcid/3 19 Bei der Überarbeitung des Kurzfilms wurden die Brüste der Meerjungrau und der sonnenbadenden Schönheit verkleinert (http://www.pixartalk.com/shorts/knick-knack). Stereoskopie 30 Abbildung 3.17: Filmplakate einiger der in den letzten Jahren im Kino veröffentlichten 3D Animationsfilme. Während Trickfilme und Animationen in den 80er Jahren noch weitaus aufwändiger zu produzieren waren, als stereoskopische Realfilme, so ist das heute eher umgekehrt. Mit der digitalen Filmtechnik und den immer komplexeren 3D Software-Tools, hat man am PC weitaus mehr Freiheiten und Möglichkeiten, als bei Realaufnahmen. Am Computer kann man alle Elemente einer Szene und vor allem die einzelnen Kameras genau auf seine Wünsche und Anforderungen anpassen. Auch in den Kamerabewegungen und dem Aufbau des virtuellen Kamera-Rigs gibt es kaum Einschränkungen. Das ist der Grund dafür, warum im momentan stattfindenden, neuerlichen „Stereo-Hype“, weitaus mehr Animationen als Realfilme veröffentlicht werden. Seit 2005 kamen weit mehr als ein Dutzend 3D Animationen in die Kinos. Darunter Filme wie Chicken Little, Bolt, Up, Monsters vs. Aliens, Ice Age: Dawn of the Dinosaurs, Cloudy with a Chance of Meatballs, etc. (siehe Abbildung 3.17). Und es sieht danach aus, als ob 3D Filme auch 2010 noch auf dem Vormarsch sein werden und sich die Zahl der Veröffentlichungen weiterhin steigern wird. 3.5.4 Der 3D Film heute Wenn heutzutage von einem „3D Film“ gesprochen wird, so kann man nicht immer sicher sein, wovon genau die Rede ist. Es kann sich dabei um einen Stereoskopie 31 computergenerierten (CG) Animationsfilm à la Toy Story oder Findet Nemo handeln, worin die Charaktere und die gesamte Filmwelt auf virtuellen 3D Modellen basiert. Es kann damit jedoch auch ein Film gemeint sein, der, wenn er mit den richtigen Brillen betrachtet wird, einen 3D Effekt beim Zuseher hervorruft. Eine allgemein gültige Begriffsdefinition, die Verwirrungen vermeiden könnte, gibt es (noch) nicht. Ist von stereoskopischen 3D Filmen die Rede, so wird oft die Abkürzung S3D benutzt. Man findet jedoch auch Bezeichnungen wie „Stereo 3D“, „3DS“, „S3D“, „s-3D“, „3D(S)“, „3D-s“ etc. In dieser Arbeit wird entweder der Ausdruck „Stereo 3D“ oder die Abkürzung S3D verwendet. Bernard Mendiburu hat für dieses Namensproblem eine recht einfache Hoffnung bzw. Wunschlösung parat. In seinem Buch 3D Movie Making schreibt er dazu [32, S. 2]: „At some point in the near future, you will go to see a `flattie´ for nostalgia’s sake, just as you sometimes watch black-and-white movies on TV today.“ Ob er mit dieser Aussage recht behält, wird die Zukunft zeigen. Im Moment sieht es jedoch nicht schlecht aus. Es bahnt sich gerade ein erneuter Boom des Stereofilms an. Die großen Einspielerfolge von Spy Kids 3-D (2003), Der Polarexpress 3-D (2004) und Chicken Little (2005) brachten den Ball ins Rollen und sorgten dafür, dass dieser Art des Filmemachens von Seiten der großen Studios wieder mehr Aufmerksam zu Teil wurde. Kennt man die historische Entwicklung der Stereoskopie, so fallen schnell einige Gemeinsamkeiten und vor allem ähnliche Begleitumstände wie im Jahr 1952 auf. Denn wie damals musste die Kinobranche auch in den letzen Jahren starke Einbrüche in den Besucherzahlen und fallende Einspielerträge in Kauf nehmen. War es damals der Fernseher, der die Lichtspielhäuser bedrohte, so sind es heute die qualitativ immer besser werdenden Heimkino Systeme und das Internet TV. Die Menschen bevorzugen es, sich die neuesten Blockbuster gemütlich zu Hause vor dem Fernseher anzusehen und dabei Geld zu sparen. Ein weitaus größerer Konkurrent aber ist die Filmpiraterie. Ein Film ist oftmals noch nicht im Kino angelaufen, da schwirren schon die ersten illegalen Raubkopien in den diversen Internet Tauschbörsen herum. Deshalb scheinen die Beweggründe der Filmemacher und Kinobetreiber relativ einleuchtend. Stereofilme sollen die Zuschauer von der heimischen Couch wieder in die Kinos treiben und dadurch die Kassen füllen. Ein sehr erwünschter Nebeneffekt dabei ist, dass Stereofilme nicht einfach abgefilmt und somit keine Raubkopien davon angefertigt werden können. Ein großer Unterschied zu den bisherigen Blütezeiten des Stereofilms ist die digitale und daher gestochen scharfe 3D Qualität. Denn statt den, wie in der Vergangenheit üblich, von zwei Projektoren parallel abgespielten Filmrollen, kommt 3D heute überwiegend von der Festplatte. Der Film läuft dadurch nur noch durch einen Projektor, wo Stereoskopie 32 ein Splitter das Bild in zwei versetzt laufende Filme teilt und auf eine speziell reflektierende Leinwand wirft. Ohne die entsprechenden 3D Brillen wirken die Bilder unscharf. Ein Mitfilmen ist somit nicht möglich. Die digitale Technik bringt jedoch nicht nur den Studios und Kinobetreibern durch die vereinfachten Distributions- und Abspielmodalitäten eine Erleichterung. Denn dadurch kann auch das Publikum eine perfekte Bildqualität und vor allem einen nie dagewesenen 3D Eindruck genießen. Kopfschmerzen und Unbehagen nach dem Kinobesuch gehören damit der Vergangenheit an. Hollywood investiert momentan massiv in das Thema Stereofilm. Animationsschmieden wie DreamWorks oder Disney/Pixar haben angekündigt, dass alle ihre Produktionen zukünftig auch in einer 3D-Version auf den Markt kommen werden. James Camerons Science Fiction Epos Avatar20 wird bereits ungeduldig erwartet und soll mit seinem über 250 Millionen Dollar Budget und einer Vielzahl an eigens entwickelten Technologien und Geräten das 3D Kinoerlebnis revolutionieren. Die Website FilmDrunk21 betitelt einen Artikel darüber sogar mit „The most important movie of all times“. Bis ins Jahr 2012 sind bereits über 80 3D Produktionen angekündigt [4]. Der Teufelskreis „Keine 3D Filme, weil es zu wenig 3D Kinos gibt“ und „Keine 3D Kinos, weil es zu wenig 3D Filme gibt“ scheint durchbrochen und eine dauerhafte und regelmäßige Versorgung mit hochwertigen Stereofilmen somit gesichert zu sein. Diese Tatsache ist für Kinobetreiber von sehr hoher Bedeutung und könnte viele, die noch am Zweifeln sind, davon überzeugen, den sehr kostenintensiven Wechsel22 von analoger zu digitaler Technik zu wagen. Das größte Problem der Filmverleiher momentan ist, dass es einfach zu wenige Screens für 3D Filme gibt. Ein Stereofilm kann, ungeachtet seines Erfolgs, heute oft nur wenige Wochen in den Kinos laufen, bevor er der nächsten Stereo-Produktion Platz machen muss. Bestes Beispiel dafür ist die 3D Stop-Motion Produktion Coraline, die trotz voller Kinosäle, dem Konzertfilm Jonas Brothers: The 3D Concert Experience weichen musste. Ein weiteres Argument für die Umrüstung der Kinos ist die Tatsache, dass bei vielen Produktionen die 3D Versionen weitaus mehr Geld einspielen, als die 2D Versionen und das obwohl sie, aufgrund des zuvor genannten Problems, meist auf weitaus weniger Screens gezeigt werden können (siehe Abbildung 3.18). Die Zuschauer sind außerdem bereit, mehr für ihr Ticket zu bezahlen, um den Film in 3D zu sehen. Während es laut dem Artikel Web 2.0 aus dem c’t Magazin vom Juli 2008 hieß, dass es in Österreich 11 Kinos gibt, die 3D Filme abspielen können, so zeigt ein Blick ins aktuelle Kinoprogramm, dass sich die Zahl ziemlich genau ein Jahr danach bereits mehr als verdreifacht hat. Im Juli 2009 sind es mittlerweile schon 37 Kinos, die den aktuellen 3D Kassenschlager Ice Age: Dawn of the Dinosaurs in ihrem Programm haben. Der Trend ist also positiv und lässt 20 Geplantes Release-Datum ist Dezember 2009 21 http://filmdrunk.uproxx.com/2009/06/avatar-footage-from-cinexpo 22 Der Wechsel von analoger zu digitaler Technik kann pro Kinosaal je nach Größe ca. 150.000200.000 Dollar betragen [9] Stereoskopie 33 2D vs. 3D - number of screens and release’s total earnings for North America Bolt Coraline Monsters vs. Aliens My Bloody Valenne Journey to the Center of the Earth 0% 3D 3D 20 % 2D 2D 40 % 60 % 80 % 100 % % of screens % of total earnings Abbildung 3.18: Obwohl die 3D Vorstellungen, im Vergleich zu den 2D Versionen, auf deutlich weniger Screens laufen, so machen sie prozentual gesehen meistens trotzdem den größeren Teil der Einnahmen aus. Die Daten für diese Grafik wurden aus [44] und [29] gewonnen. Number of digital 3D screens 16000 12000 8000 4000 0 2005 2006 Worldwide North America Europe* Western Europe 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 *Includes Central and Eastern Europe Abbildung 3.19: Entwicklung der Anzahl an digitalen Kinosälen, in denen 3D Filme gezeigt werde können von 2005 bis heute, plus den vermuteten Anstieg bis 2013. Die Daten für diese Grafik wurden aus [44] gewonnen. darauf hoffen, dass das Publikum noch lang seine Freude an 3D Kinoerlebnissen haben kann. Abbildung 3.19 zeigt die Zunahme an digitalen 3D Screens seit 2005 und liefert gleichzeitig eine Vorschau für die zukünftige Entwicklung bis zum Jahr 2013. Kapitel 4 Kapitel 4 Stereokopie im CG Film – from Technology to Creativity Die Zeiten in denen die Stereoskopie als reine Effekthascherei eingesetzt wurde, sind passé. Heute soll den Zuschauern viel mehr das Gefühl vermittelt werden, hautnah am Geschehen zu sein. Der Einsatz und vor allem die Intensität des Tiefeneindrucks sind genau überlegt und dosiert, denn Filmemacher möchten ihre Geschichten durch den Einsatz von 3D bereichern und damit nicht von der eigentlichen Handlung ablenken. Man hat erkannt, dass allein der Einsatz von Stereoskopie noch keinen guten Film ausmacht. Die Entscheidung für eine Produktion in 3D bringt jedoch auch immer gewisse Risiken und Probleme mit sich. In diesem Kapitel, wird zunächst beschrieben, wie sich der Workflow einer stereoskopischen Produktion, gegenüber dem einer monoskopischen unterscheidet. Nach einer Darstellung der verschiedenen technischen Aspekte, auf die bei einem Stereofilm zu achten ist, folgt ein Blick auf die ästhetischen und gestalterischen Entscheidungen, die während der Produktion getroffen werden müssen. 4.1 Unterschiede im Workflow „Going into 3D production means leaving the well-known area of 2D movie making for the dangerous, mostly uncharted land of 3D.“ Bernard Mendiburu [32, S. 2] Dieser Satz stammt aus dem Buch 3D Movie Making von Bernard Mendiburu. Er trifft die heutige Situation, wenn es darum geht einen Stereofilm zu produzieren, ziemlich auf den Punkt. Die verschiedensten Arbeitsschritte und 34 Stereokopie im CG Film 35 Gestaltungsregeln, die sich bei der Entwicklung von monoskopischen Filmen im Laufe vieler Jahre etabliert haben, können keineswegs eins zu eins übernommen werden. Schnitttechniken, Kamerabewegungen und verschiedenste Effekte, die sonst sehr gut funktionieren, können sich bei einer 3D Produktion störend auswirken und den Tiefeneindruck beim Betrachter drastisch verringern. Aus diesem Grund ist der Workflow einer Stereoproduktion etwas anders, als der einer 2D Produktion. Die grundlegenden Unterschiede werden im folgenden Abschnitt zusammengefasst. 4.1.1 Pre-Production Die Entscheidung einen Film in Stereo 3D zu produzieren, sollte im besten Fall schon ganz zu Beginn der Planungsphase getroffen werden. Nur ein Film, der von Anfang an mit dem Thema Stereoskopie im Hinterkopf konzipiert wurde, kann den Tiefeneffekt gezielt und bestmöglich in die Handlung integriert einsetzen. Schon in der Phase der Entwicklung von Script und Storyboard sollte man sich überlegen, an welchen Stellen und in welcher Intensität stereoskopische Effekte eingesetzt werden sollen. Eine Stereo-Produktion benötigt deshalb, als Unterstützung des Storyboards, zusätzlich ein so genanntes Depth Script. Darin wird für jede Szene definiert welche räumliche Tiefe eine Szene später haben wird und an welchen Stellen sich nahe und ferne Objekte befinden werden. Anhand eines fertigen Depth Script kann man ablesen, wie sich die Intensität des Stereoeffekts im Verlauf der Handlung verändert. Dabei sollte man darauf achten, dass die Werte nicht durchgehend gleichbleibend sind, sondern immer leichte Veränderungen aufweisen. Dadurch kann verhindert werden, dass sich die Augen der Zuseher zu sehr an einen gleichbleibenden Tiefeneindruck gewöhnen, und diesen mit der Zeit so gut wie gar nicht mehr wahrnehmen. Wenn die Intensität immer wieder leicht variiert, müssen sich die Augen von Zeit zu Zeit neu orientieren und der Stereoeffekt bleibt dadurch den ganzen Film über erhalten. Außerdem kann man anhand eines solchen Scripts frühzeitig problematische Sprünge in der Raumtiefe zwischen den einzelnen Szenen erkennen. Denn die Filmemacher müssen bedenken, dass das menschliche Auge etwas Zeit benötigt, um sich auf veränderte Kameraeinstellungen oder Raumtiefen einzustellen und die Illusion des Raumes zu genießen zu können. Die beim 2D Film üblichen sprunghaften Wechsel zwischen Close-Up, Halbtotale und Totale, wirken bei einem Stereofilm deshalb sehr schnell störend. Längere Einstellungen und ruhige Kamerabewegungen sind zu bevorzugen. Ein sehr anschauliches und detailliertes Beispiel, wie ein solches Depth Script aussehen kann, ist in Abbildung 4.1 zu sehen. Es stammt aus einem Stereokopie im CG Film 36 Depth (Pixels of 2K Parallax) 130 110 90 70 50 30 10 Screen -10 -30 -50 0 100 200 300 400 500 Time (Frames) Char. Near Far Sky Cuts Proximity Abbildung 4.1: Beispiel eines detaillierten Depth Scripts [10]. 700 600 500 400 300 200 100 0 -100 -200 -300 Depth Effect towards audience Screen Time behind screen Abbildung 4.2: Beispiel eines vereinfachten Depth Scripts [32, S. 88]. Artikel von Brian Gardner von der bekannten Website Creative COW23. Die etwas dickere horizontale schwarze Linie repräsentiert die Kinoleinwand. Alles was darüber abgebildet ist, befindet sich im Zuseherraum. Alles darunter, erscheint hinter der Leinwand. Die senkrechten gestrichelten Linien markieren die einzelnen Cuts in der Sequenz. Die obere, mit Kreisen versehene, Linie markiert die Position des Objekts, auf das das Publikum fokussieren soll, in der Tiefe. Meistens handelt es sich dabei um den Hauptcharacter einer Szene. Die gestrichelte orange Linie steht für das Objekt, welches sich am weitesten im Zuseherraum befindet. Die Linie mit den Dreiecken markiert die Position des am weitesten vom Zuschauer entfernten Objekts. Dabei handelt es sich meistens um Berge, Häuser, Bäume oder die hintere Wand eines Raumes. Die beinahe identische gestrichelte Linie repräsentiert, falls sichtbar, den Himmel oder Horizont in der jeweiligen Szene. Anhand des Abstands zwischen den beiden gestrichelten Linien kann man für jede Szene die Intensität der ausgenutzten Tiefe ablesen. Der jeweils unterschiedliche Versatz nach oben und unten lässt erkennen, wo genau im Raum, im Bezug zur Kinoleinwand, sich eine Szene abspielen wird [7]. Natürlich muss nicht jedes Depth Script im Voraus immer so detailliert geplant sein. Eine vereinfachte Form könnte wie in Abbildung 4.2 aussehen. 23 http://www.creativecow.net Stereokopie im CG Film 37 Es gibt noch eine Vielzahl an weiteren Möglichkeiten, ein Depth Script zu erstellen. Man kann die zuvor erwähnten Beispiele anwenden, rein in Textform arbeiten oder aber sein grafisches Storyboard mit Hilfe von unterschiedlichen Farben oder Pinselstärken in die Bereiche vor, auf und hinter der Leinwand aufteilen. Auch eine grafische Szenenansicht von oben oder von der Seite ist möglich. Für welche Art man sich entscheidet ist relativ egal, wichtig ist nur, dass für jede Szene schon in der Pre-Production ein Depth Script angelegt wird und man sich frühzeitig Gedanken über die räumlichen Tiefen in den einzelnen Szenen macht. 4.1.2 Production Was die technische Seite einer CG Stereoproduktion angeht, so ist zu beachten, dass im Vergleich zu einem 2D Film jeder einzelne Frame zwei mal gerendert werden muss. Das bedeutet doppelt so lange Renderzeiten, doppelt so viel Rohmaterial und in Folge dessen auch der doppelte notwendige Speicherplatz. Große Festplatten, eine leistungsstarke Renderfarm und Highend Hardware in den einzelnen Workstations sind deshalb unumgänglich. Weiters sollten die Mitarbeiter jederzeit die Möglichkeit haben, ihre Arbeit auch in 3D zu betrachten. Die Betonung liegt hierbei auf „auch“. Natürlich gibt es in einer Stereoproduktion Arbeitsschritte, die keinen Tiefeneindruck erfordern und besser in der üblichen 2D Ansicht erledigt werden. Ein ständiges Arbeiten „in stereo“ würde sich somit oftmals eher störend auswirken und die Augen mit der Zeit nur unnötig anstrengen oder überlasten. Aus diesem Grund ist ein Arbeitsplatz, bei dem zwischen einer 2D und einer 3D Ansicht gewechselt werden kann (z.B. zwei verschiedene Monitore), die beste Lösung. Je nachdem, wo in der Produktions-Pipeline man sich befindet, werden unterschiedlich aufwändige Stereo-Setups benötigt. Diese können dabei von einfachen Anaglyphen-Lösungen, bis hin zu eigens eingerichteten 3D-Stereo-fähigen Kinosälen reichen. In Abbildung 4.3 sind einige Beispiele zu sehen, die zeigen, wie die verschiedenen Setups bei der Produktion von Monsters vs. Aliens im Hause DreamWorks Animation aussahen. Dieser Film ist auch ein gutes Beispiel, um den hohen technischen Aufwand und die besonderen Anforderungen an die Hardware mit Hilfe einiger Zahlen zu verdeutlichen. Die Renderzeit von Monsters vs. Aliens betrug insgesamt mehr als 45 Millionen Stunden. Eine einzelne Workstation hätte dafür über 1000 Jahre benötigt. Bei DreamWorks wurde diese Arbeit jedoch von einer Renderfarm mit 9000 Prozessorkernen übernommen und letztendlich in der gleichen Zeit erledigt, die bei der Produktion von Shrek 1 im Jahr 2001 für ca. 5 Millionen Renderstunden benötigt wurde. Am Ende belegte der gesamte Film beinahe 100 TeraByte an Speicherplatz [3]. Der erhöhte Produktionsaufwand spiegelt sich auch in den Kosten wieder. Diese betragen durchschnittlich 10 Stereokopie im CG Film 38 Abbildung 4.3: Mitarbeiter von DreamWorks bei der Produktion von Monsters vs. Aliens. Je nach Notwendigkeit sind die einzelnen Arbeitsplätze mit unterschiedlichen Stereo-Technologien ausgerüstet. © DreamWorks bis 25 Prozent mehr als die einer reinen 2D Produktion [32, S. 9]. Bei Monsters vs. Aliens machte das ein Plus von etwa 15 Millionen Dollar (8,5%)24 aus. Da es, was die gestalterischen Entscheidungen vor und während einer Stereoproduktion betrifft, eine Menge zu beachten gibt, ist ihnen später ein eigenes Unterkapitel (siehe Abschnitt 4.2) gewidmet. Aus diesem Grund wird an dieser Stelle nicht näher auf den eigentlichen Produktionsablauf eingegangen. 4.1.3 Post-Production Vor allem die Post-Production stereoskopischer Szenen ist sehr zeitaufwändig und erfordert von den verantwortlichen Personen extreme Genauigkeit. Durch die digitale Technik wurden verschiedene Arbeitsschritte zwar deutlich erleichtert, es treten jedoch immer wieder Probleme auf, die nur durch das 24 http://www.fearnet.com/news/b14080_monsters_vs_aliens_in_3d_looks_like.html Stereokopie im CG Film 39 „Trial and Error“-Prinzip oder „Learning by Doing“ gelöst werden können. Das ist äußerst zeit- und kostenintensiv, lässt sich aber nicht vermeiden, da es noch keine standardisierten Tools oder über die Jahre entwickelte und bewährte Arbeitsabläufe gibt. Ein großes Problem bei der Nachbearbeitung von stereoskopischem Material ist, dass eine Echtzeit-Stereo-Ansicht nur selten möglich ist. Dinge wie das richtige Schnitttempo, die Tiefenwirkung der gerade bearbeiteten Szenen, die Bildgestaltung oder die Farbtreue können deshalb nie unmittelbar überprüft werden. Der digitale Stereofilm steht noch am Beginn seiner Entwicklung. Deshalb sind vor allem in der Post Produktion besondere Geduld aber auch Experimentierfreudigkeit gefragt. Man kann davon ausgehen, dass sich in diesem Bereich in der nächsten Zeit einiges tun wird und viele arbeitserleichternde Hard- und Softwaretools entwickelt werden. 4.2 Gestaltungsmöglichkeiten und Regeln in der Cinematographie Während der Produktion eines 3D Films sind viele Entscheidungen zu treffen, die das finale Erscheinungsbild einer Szene betreffen. Die Filmemacher haben die Möglichkeit, durch die Variation und Intensität des Stereoeffekts das Publikum zu lenken und tiefer in die Handlung zu integrieren. Dazu ist es allerdings notwendig, einige Parameter, Regeln und Prinzipien zu kennen. Eine Auswahl davon wird im folgenden Abschnitt näher beschrieben. 4.2.1 Grenzen des stereoskopischen Raums Wie im Abschnitt 3.2 erwähnt, hat man beim Arbeiten an einem stereoskopischen Film die Möglichkeit, Bildelemente so zu platzieren, dass sie entweder vor, auf oder hinter der Projektionsfläche erscheinen. Vor allem, wenn die Szenen aus dem Computer stammen, hat man, was dieses Thema angeht, große Freiheiten. Um jedoch keine Fehler zu machen, die die spätere Fusionierung der beiden Halbbilder beim Betrachter stören könnten, muss man sich der Grenzen des scheinbaren Raumes bewusst sein. Bernard Mendiburu führt dafür den Begriff Stereoscopic Comfort Zone ein [32, S. 3]. Wie sich diese Komfort Zone auf den stereoskopischen Raum verteilt, ist in Abbildung 4.4 zu sehen. Die roten Bereiche stehen für Gefahrenzonen. Dort ist es für die Augen nur unter starker Muskelanstrengung möglich, die richtigen Positionen einzunehmen, um die beiden Halbbilder noch fusionieren zu können. In diesen Bereichen sollten sich Objekte, falls unbedingt notwendig, nur sehr kurz befinden, damit es bei den Zuschauern nicht zu Augenschmerzen oder Unwohlsein kommt. Die Farbe Gelb markiert Bereiche, in denen eine Stereokopie im CG Film 40 renal rivalry areas Screen space Screen Theater space painful re nal rivalry areas comfortable 3D painful 3D L R Abbildung 4.4: Verteilung der verschiedenen Bereiche in der so genannten Comfort Zone [32, S. 3]. Fusion nicht problemlos möglich ist und es zum Auftreten von Geisterbildern kommen kann. Die grünen Bereiche können bedenkenlos ausgenutzt werden. Diese befinden sich nahe vor bzw. hinter oder exakt auf der Ebene der Leinwand. 4.2.2 Relevante Eingangsparameter Wenn man einen Stereofilm produzieren möchte, sollten schon zu Beginn zwei wichtige Parameter bekannt sein. Diese spielen für die spätere Präsentation eine große Rolle und sollten unbedingt beachtet werden. Die Rede ist von der Größe der Leinwand auf der der Film später präsentiert werden soll und die ungefähre Entfernung des Publikums davon. Stereokopie im CG Film 41 Effect of screen size on posive parallaxe, or behind the screen = human interocular distance ∞ on negave parallaxe, or in front of the screen stereoscopic infinity = human interocular distance wow! small screen small screen ! Pain zone! > human interocular distance big screen > human interocular distance ?!? big screen Abbildung 4.5: negative Auswirkungen einer Hochskalierung bei positiver und negativer Parallaxe für den Betrachter [32, S. 77]. 4.2.2.1 Der Screen-Size Effekt Ein 3D Film sollte immer für eine spezielle Screen-Größe konzipiert werden. Ein einfaches Hoch- oder Runterskalieren ist dabei nicht möglich. Schon während der Produktion sollten die einzelnen Szenen immer wieder in der finalen Größe betrachtet und getestet werden, da sich nur so der spätere Stereoeindruck kontrollieren lässt. Wie genau sich die Präsentationsgröße auf den Tiefeneindruck auswirken und was sie dabei anrichten kann, ist in Abbildung 4.5 zu sehen. 3D Material, das für eine bestimmte Auflösung realisiert wurde und später auf einer größeren Leinwand abgespielt wird, führt zu unerwünschten und für den Betrachter unangenehmen Nebeneffekten. Ein Objekt mit positiver Parallaxe, das bei normaler Größe, den gewünschten Effekt erzeugt und hinter der Leinwand erscheint, weist bei einer Hochskalierung eine vergrößerte Parallaxe auf. Das kann dazu führen, dass das Objekt eine zu extreme Parallaxe aufweist, die maximale Stereotiefe überschreitet und nicht mehr fusionierbar ist, da die Augen des Betrachters dazu divergieren müssten. Divergenz ist bekanntlich einer der schlimmsten und unangenehmsten Fehler in der Stereoskopie und sollte unbedingt vermieden werden. Im umgekehrten Fall – bei negativer Parallaxe – erscheint das betroffene Objekt durch eine Vergrößerung der Leinwand noch weiter im Zuseherraum und kann dem Betrachter dadurch gefährlich nahe kommen und ein angenehmes Stereoerlebnis zerstören [32, S. 77]. Aus diesen Gründen sollte eine nachträgliche Hochskalierung des Filmmaterials unter allen Umständen verhindert werden. Eine Verkleinerung führt zwar zu weniger drastischen Folgeerscheinungen, kann den Tiefeneindruck jedoch merklich reduzieren. Stereokopie im CG Film 42 Effect of screen distance screen screen Abbildung 4.6: Auswirkungen bei unterschiedlicher Entfernung des Publikums von der Leinwand bei der Vorführung eines Stereofilms. 4.2.2.2 Der Viewer-Distance Effekt Auch die Entfernung des Publikums von der Leinwand spielt beim Stereofilm eine wichtige Rolle. Je größer diese Entfernung ist, umso größer ist auch die maximal erlaubte Parallaxe, da mit zunehmender Distanz der Konvergenzwinkel schrumpft und eine Fusion der Bildpunkte somit auch bei großer Parallaxe noch möglich ist. Man kann sagen, dass ein fixer Parallaxenwert der beiden Halbbilder auf der Netzhaut des Betrachters zu einer geringeren Querdisparität (Abweichung korrespondierender Bildpunkte auf den Netzhäuten) führt, je weiter dieser von der Leinwand entfernt ist [42, S. 22]. In der Praxis bedeutet das, dass ein Objekt mehr Tiefe entlang der z-Achse aufweist (scheinbar in die Länge gezogen wird), je weiter der Betrachter davon entfernt ist und näher beim Betrachter erscheint, je näher dieser der Leinwand ist (siehe Abbildung 4.6). Objekte die hinter der Leinwand erscheinen, werden mit größerer Entfernung der Betrachter weiter nach hinten versetzt und Objekte mit negativer Parallaxe erscheinen weiter im Zuseherraum. In beiden Fällen wird der 3D Effekt dadurch intensiviert. 4.2.3 Hyper- und Hypostereoskopie Einer der wichtigsten Parameter in der Stereoskopie ist die Stereobasis (siehe Abschnitt 3.2). Diese ist direkt proportional zur wahrgenommenen Tiefe [1, S. 3] Der Augenabstand beim Menschen ist unveränderlich und beträgt durchschnittlich 65 Millimeter. Bei stereoskopischen Aufnahmen kann man den Linsenabstand der beiden Kameras jedoch beliebig verkleinern oder vergrößern. Natürlich sollte man sich bei der Wahl der Stereobasis, um ein möglichst realistisches Ergebnis zu erzielen, in den meisten Fällen an Vorgaben aus dem realen Leben halten. Ein wenig Experimentierfreudigkeit ist dabei aber auf Stereokopie im CG Film 43 Screen L out of screen R Screen L out of screen R Screen L R out of screen Abbildung 4.7: Durch Variation der Stereobasis wird der Tiefeneindruck entweder vermindert oder intensiviert. Dieser Effekt kann in der richtigen Dosierung zu einem guten Stereoeindruck beitragen. jeden Fall erlaubt. Denn durch eine unnatürliche Variation der Stereobasis können durchaus interessante, hilfreiche und positive Effekte erzielt werden. Wird die Entfernung der beiden Kameras größer, so wird auch der Abstand zwischen korrespondierenden Punkten größer und der Tiefeneindruck somit intensiviert (siehe Abbildung 4.7). Das kann zum Beispiel bei der Aufnahme einer entfernten Landschaft von großem Nutzen sein. Denn bei einer normalen Stereobasis von 65 Millimetern würde ab einer Entfernung von 50 bis 100 Metern in der aufgenommenen Sequenz kaum noch ein wahrnehmbarer Tiefeneindruck auftreten. Dieser Effekt beizeichnet man als Infinity Flatness [23]. Durch einen variablen Abstand der Kameralinsen können solche Probleme leicht beseitigt werden. Wird die Stereobasis stark vergrößert, spricht man von Hyperstereoskopie oder Liliputismus. Die Objekte in der Szene erscheinen kleiner, als sie eigentlich sind und der Zuseher hat das Gefühl, im Vergleich zur abgebildeten Szene ein Riese zu sein. Dieser Effekt funktioniert natürlich auch umgekehrt. Wird die Stereokopie im CG Film 44 L a) R R L R L R L R b) L L c) R Abbildung 4.8: a) normale Stereo Ansicht eines Würfels, b) Hypo-Stereo Ansicht eines Würfels, c) Hyper-Stereo Ansicht eines Würfels [32, S. 19]. Stereobasis deutlich verkleinert, so wird der wahrgenommene Tiefeneindruck reduziert und der Zuschauer bekommt den Eindruck, er sei geschrumpft. Man spricht von Hypostereoskopie oder Gigantismus. Da die einzelnen Objekte dadurch auch flacher erscheinen, wird hier auch oft der Begriff Cardboarding verwendet. In Abbildung 4.8 ist die prinzipielle Funktionsweise dieser Effekte anhand eines einfachen Würfel-Beispiels auf leicht verständliche Art und Weise illustriert. Je weiter die beiden Kameras bei der Aufnahme horizontal versetzt sind, umso mehr sieht die linke Kamera von der linken Seite des Würfels (Augenanzahl 3) und die rechte Kamera von der rechten Seite des Würfels (Augenanzahl 4). Wenn diese Bilder nun den menschlichen Augen präsentiert werden, so schließt, das menschliche Gehirn daraus, dass es sich um ein kleines Objekt handeln muss, da bei einem Augenabstand von 65 Millimeter beide Seiten gut sichtbar sind. Im umgekehrten Fall – d.h. es ist kaum etwas von den seitlichen Flächen zu sehen – wird der Eindruck vermittelt, dass man selbst, im Vergleich zu dem betrachteten Würfel, winzig sein muss. Dieses „Riesig-“ oder „Winzig-Fühlen“ beruht sehr stark auf Erfahrungswerten. Aufgrund des fixierten Augenabstandes, ist der Mensch beim Betrachten bekannter Objekte eine gewisse Querdisparität in den auf den Netzhäuten auftreffenden Bildern gewohnt. Wird diese Erwartung nicht erfüllt, so geht das Gehirn nicht davon aus, dass der Augenabstand geändert wurde, sondern davon, dass das Objekt eine unnatürliche Größe haben muss Eine Geschichte, die für den Einsatz dieser beiden Techniken prädestiniert scheint, ist Alice im Wunderland. Lewis Carrolls bekannter Kinderroman wird momentan von Tim Burton produziert und soll im März 2010 in die amerikanischen Kinos kommen25. Man wird sehen, ob er diese besondere Art der Tiefeneffekte erfolgreich einsetzen kann. Ein gutes Beispiel für einen bereits 25 http://www.imdb.com/title/tt1014759/ Stereokopie im CG Film 45 Abbildung 4.9: Standbilder aus Monster vs. Aliens bei denen der Größenunterschied zwischen Susan, die später zur riesigen Ginormica mutiert und ihrem Mann besonders deutlich zum Vorschein kommen. © DreamWorks veröffentlichten Film ist Monsters vs. Aliens. Die Szene vor dem Traualtar, als Susan zu Ginormica mutiert, konnte damit sehr glaubhaft umgesetzt werden. Durch die 3D Brille betrachtet wirkt Susan für den Zuseher gigantisch und man hat das Gefühl sie sei wirklich überdimensional groß. Da der Film leider nicht in der 3D Version auf DVD erschienen ist, sind in Abbildung 4.9 lediglich einige 2D Standbilder aus Szenen zu sehen, in denen der Hyperstereo Effekt erfolgreich eingesetzt wurde. Stereokopie im CG Film 46 Screen L out of screen R into screen Screen out of screen L R into screen Screen L R Abbildung 4.10: Auswirkungen verschiedener Konvergenzwinkel auf die scheinbare Position der Szene in der z-Achse. 4.2.4 Der Konvergenzwinkel Unter dem Konvergenzwinkel versteht man den Winkel, in dem sich die Achsen der beiden Kameralinsen schneiden. Er ist nach der Stereobasis der zweitwichtigste Parameter in der Stereoskopie, denn er legt die Position einer Szene in der Tiefe fest. Verschiebt sich der Konvergenzpunkt (Schnittpunkt der Kameraachsen), so verschiebt sich die Szene entlang der z-Achse. Entscheidet man sich dafür, die beiden Kameras parallel nebeneinander zu platzieren, so verlaufen deren Achsen parallel und es gibt keinen Schnittpunkt. Ohne eine nachträgliche Bearbeitung in der Post-Production, macht eine so aufgenommene Szene den Anschein, als würde sie sich komplett vor der Projektionsleinwand befinden. Je weiter die beiden Kameraachsen nach innen rotiert werden, dass heißt je näher deren Konvergenzpunkt bei den Kameras liegt, umso weiter „in die Leinwand“ wird die Szene verschoben (siehe Abbildung 4.10). Diese Methode wird auch als Toe-In Methode bezeichnet. Stereokopie im CG Film 47 vercal parallax: irritang and unfusable le camera image right camera image Abbildung 4.11: Bei leicht nach innen rotierten Kameras, kann es zu perspektivischen Verzerrungen in den Halbbildern kommen, die eine Fusion deutlich erschweren [24]. Abbildung 4.12: Aufgenommene Bildausschnitte der einzelnen Kameras bei der Toe-In Methode und bei parallel angeordneten Kameras [1, S. 5]. Auch wenn diese Herangehensweise in Bezug auf die Kamerapositionierung zunächst durchaus logisch erscheint, da sie dem natürlichen Sehvorgang beim Konvergieren auf nahe Objekte ähnelt, sollte man sie trotzdem nur äußerst vorsichtig einsetzen. Denn wenn die beiden Kameras zu stark zueinander rotiert werden, kann es in den stereoskopischen Halbbildern durch perspektivische Verzerrungen zu einem ungewünschten Nebeneffekt, dem so genannten Keystoning kommen (siehe Abbildung 4.11). Dabei tritt an einigen Stellen im Bild ein vertikaler Versatz von korrespondierenden Bildpunkten auf – der größte Feind eines funktionierenden Stereobildes. Keystoning kann in der Post-Production nur sehr eingeschränkt eliminiert werden. Aus diesem Grund ist darauf zu achten, es von vorn herein so gut es geht zu vermeiden und eine parallele Positionierung der Kameras zu bevorzugen. Im Unterschied zu nach innen gedrehten Kameras befinden sich dabei die Projektionsflächen der Kameras, wie in Abbildung 4.12 zu sehen, auf einer Ebene. Die horizontalen Parallaxen können dabei nachträglich so verändert werden, dass die Szene in der gewünschten Tiefe positioniert ist. Dieser Vorgang wird Horizontal Image Translation oder abgekürzt HIT genannt. Besonders bei der Produktion von CG Filmen hat man dabei großen Spielraum, da die verschiedenen Objekte, so fern sie mit Hilfe von mehreren Render Passes gerendert wurden, separat bearbeitet und in der Tiefe positioniert werden können. An den Seiten überschüssiges Bildmaterial, das im linken und rechten Kameraausschnitt nicht überlappend ist und jeweils nur in einem Halbbild zu sehen ist, wird üblicherweise abgeschnitten. Diesen Arbeitsschritt, den man auch Cropping nennt, sollte man schon vor dem Rendering bedenken und die horizontale Auflösung Stereokopie im CG Film 48 schon vorher ein wenig größer wählen, als eigentlich benötigt (Overshooting). Damit wird erreicht, dass ein gewisser Spielraum für das spätere Beschneiden der Halbbilder besteht und das finale Bild trotzdem die gewünschte Auflösung aufweist [32, S. 130]. 4.2.5 Das Scheinfenster Selten macht es beim Betrachten von Bildern oder Filmen den Anschein, als würde man sich wirklich mitten im Geschehen befinden. Viel mehr hat man dabei das Gefühl, durch ein Fenster in eine andere Welt zu blicken. Speziell beim Stereofilm spielt dieses „Fenster“ eine große Rolle. Es ist der Bereich in der Tiefe (z-Achse), wo die Punkte des rechten und linken Halbbildes überlappen und keinen Versatz aufweisen. Diese Ebene, die man sich als Verbindung zwischen dem Zuseher- und dem Bildraum vorstellen kann, ist meist mit der Leinwand gleichzusetzen und wird Scheinfenster genannt. Schon bei der Aufnahme sollte man sich Gedanken darüber machen, wo es sich später befinden soll. Der Abstand zwischen dem gedachten Scheinfenster und der Kamera wird als Scheinfensterweite bezeichnet [21, S. 23]. Bei Bildern oder Szenen wo einzelne Elemente aus dem Scheinfenster herausragen, ist darauf zu achten, dass sie dessen Ränder nicht berühren. Ist das doch der Fall, so kommt es zu einer Situation, die für das Gehirn nicht nachvollziehbar und folgedessen nicht zu verarbeiten ist. Die Augen sehen ein Objekt, dass vor der Leinwand erscheint, aber dennoch von ihren Rändern abgeschnitten wird – sich also eigentlich dahinter befinden müsste – man spricht von einer Window Violation (siehe Abbildung 4.13a). Beim Betrachten solcher Bilder stellt sich zwar ein gewisser 3D Effekt ein, dieser ist jedoch relativ flach und instabil – man hat das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmt. Diese Situation tritt so in der Umwelt nie auf und sollte deshalb auch in der Stereoskopie so gut als möglich verhindert werden. Objekte mit negativer Parallaxe, die teilweise von den Seiten des Scheinfensters verdeckt sind, sind dabei für den Menschen irritierender, als Überlappungen am oberen oder unteren Rand [42, S. 18]. 4.2.6 Das schwebende Scheinfenster Lässt sich eine Beschneidung von Objekten im Zuseherraum nicht vermeiden und kann die betroffene Szene nicht einfach zurück „in den Screen“ verschoben werden, so kann man sich eines Tricks bedienen – dem schwebenden Scheinfenster oder Floating Window. [42, S. 3] Dabei wird das Scheinfenster, wie in Abbildung 4.13b illustriert ist, in Richtung des Zuseherraums verschoben, so dass sich der Screen korrekterweise scheinbar vor der Handlung befindet. Stereokopie im CG Film a) Screen into screen 49 b) Screen into screen out of screen out of screen Floa ng win dow no window violaon window violaon Abbildung 4.13: a) Da sich das Haus auf gleicher Ebene mit dem Scheinfenster befindet, führt dessen Überlappung mit den Screen-Rändern zu keiner Verminderung des Stereoeffekts. Die Beschneidung des Baumes liefert jedoch Tiefeninformationen, die für das Gehirn nicht logisch erklärbar sind. Der im Vordergrund befindliche Baum, wird durch das dahinter liegende Scheinfenster beschnitten – der Stereoeffekt wird negativ beeinträchtigt. b) Wird das Scheinfenster ebenfalls leicht in Richtung des Zuseherraums verschoben, so wird das Problem der „Window violation“ behoben und der Zuseher kann das Stereobild uneingeschränkt und ohne irritierende Fehler genießen. Dies wird durch eine symmetrische oder unsymmetrische Maskierung der beiden Halbbilder an den beiden Rändern erreicht. Dieser Vorgang ist mit dem Aufbau eines Rahmens vor der Kinoleinwand gleichzusetzen. Ein praktisches Beispiel dafür, ist in Abbildung 4.14, anhand eines Stereobildes aus dem Film Fly me to the Moon, zu sehen. Ein großer Teil des oberen Stereobildes befindet sich vor dem Scheinfenster, das erzeugt an den Rändern Irritationen beim Betrachter. Im unteren Bild sind diese Fehler durch ein schwebendes Scheinfenster behoben – es macht den Anschein, als würde die gesamte Szene von einem leicht nach vorne versetzten, weißen Rahmen umgeben sein. Der Einsatz eines Floating Windows kann jedoch nur leichte Fälle von Window Violations beheben, da das Scheinfenster nicht beliebig weit in Richtung der Zuseher verschoben werden kann und darf. Dennoch handelt es sich dabei um ein unverzichtbares und äußerst kreatives „Werkzeug“ für den Filmemacher. Bernard Mendiburu schreibt in seinem Werk 3D Movie Making sehr treffend [32, S. 182]: „Floating the window turns the almighty flat screen into an obedient volume that can be shaped and moved all around the place at the cinematographer‘s will. A deadly trap is turned into a creativity Stereokopie im CG Film Abbildung 4.14: oben: Ein Großteil der Szene erscheint vor dem Scheinfenster. An den Rändern kann das zu Irritationen führen. unten: Durch Maskierung der Ränder macht es den Anschein, als wäre dem Bild ein weißer Rahmen vorgesetzt. © nWave 50 Stereokopie im CG Film 51 tool.“ Der virtuelle Screen kann nicht nur hin und her verschoben, sondern durch diagonale Maskierungen auch verbogen, verdreht, gekippt, rotiert oder sogar animiert werden. 4.2.6.1 Positionieren des virtuellen Screens Versetzt man den virtuellen Screen in den Zuseherraum, so erreicht man dadurch eine Vergrößerung der maximal ausnutzbaren Raumtiefe hinter dem Scheinfenster – d.h. der Bereich, bei dem man nicht auf Überschneidungen mit den Bildkanten achten muss, wird größer. Außerdem wird die Handlung dadurch näher zum Betrachter gebracht. Im Gegensatz dazu, sorgt ein Bewegen des virtuellen Screens hinter die Kinoleinwand dafür, dass die gesamte Szene weiter vom Publikum entfernt erscheint. Das führt dazu, dass mehr Raum für Off-Screen Effekte vorhanden ist und diese intensiver eingesetzt werden können. Die Bildkanten erfordern in diesem Fall jedoch besondere Aufmerksamkeit und Kontrolle. 4.2.6.2 Statisches vs. dynamisches Scheinfenster Floating Windows müssen innerhalb einer Szene keine statische Position einnehmen, sondern können je nach Notwendigkeit auch dynamisch platziert und animiert werden. Dadurch können Window Violations, die durch einzelne Objekte oder Kamerafahrten entstehen, eliminiert werden. Ein Beispiel für einen solchen Fall ist in Abbildung 4.15 dargestellt. Darin bewegt sich ein Character, der zunächst eine negative Parallaxe aufweist, von der linken Seite ins Bild. Wenn er die Bildmitte erreicht hat, befindet er sich genau auf der Screen-Ebene. Um in dieser Szene eine Window Violation zu verhindern, wird das Scheinfenster folgendermaßen animiert. Sobald der Character im Bild erscheint, wird der virtuelle Screen auf der linken Seite leicht nach vorne verschoben – das geschieht durch eine breitere Maskierung des linken Randes im linken Halbbild. Ist der Charakter in der Mitte angekommen wird diese Maskierung reduziert oder wieder komplett entfernt – je nachdem, ob sich der Character exakt auf der Leinwand oder leicht davor befindet. Dadurch befindet sich der zunächst seitlich abgeschnittene Character zu keiner Zeit vor dem Scheinfenster und dem Publikum ist ein fehlerfreies Betrachten der Szene möglich Wie Robert Neuman, der Stereoscopic Supervisor des Animationsfilms Bolt in seiner Präsentation ‚Bolt‘ 3D: Integrating Monoscopic and Stereoscopic Pro- Stereokopie im CG Film 52 cropping zone cropping zone floang window L R L R L R Abbildung 4.15: Beispiel eines Szenarios für den Einsatz des animierten Floating Windows [32, S. 185]. duction auf der diesjährigen FMX26 erzählte, kam bei den Disney Animations Studios für die Positionierung und Animation des Floating Windows ein eigenes Maya-Plugin zur Verwendung. Dieses bietet für jede Ecke des Scheinfensters einen Regler an, womit man diese beliebig positionieren kann – das Maskieren der seitlichen Ränder fällt somit weg und wird von dem Plugin automatisch übernommen. Über der genauen Aufbau oder die Funktionsweise dieses besonders hilfreichen Plugins wurden leider keine detaillierten Informationen präsentiert. Man kann nur hoffen, dass es bald auch außerhalb der großen Animationsstudios erhältlich ist, da es auf jeden Fall eine große Arbeitserleichterung bedeuten würde. 4.2.7 Depth of Field Im täglichen Leben sieht der Mensch jene Objekte scharf, auf die er fokussiert. Je weiter Elemente von diesem Fokuspunkt entfernt sind, umso unschärfer werden sie wahrgenommen. Das fällt jedoch nicht auf, da die Augen die 26 FMX – International Conference on Animation, Effects, Games and Digital Media – Stuttgart, Germany – www.fmx.de Stereokopie im CG Film 53 Fähigkeit besitzen, sprungartig scharfzustellen, sobald der Fokus auf ein anderes, näheres oder entfernteres Objekt verlagert wird. Das liegt daran, dass Akkomodation und Konvergenz miteinander gekoppelt sind und weitestgehend automatisiert passieren (siehe Abschnitt 2.1.1). Dadurch ist sichergestellt, dass jene Position im Raum, auf die der Blick gerichtet ist, auch jederzeit unverschwommen und ohne Probleme wahrgenommen werden kann. Die Tatsache, dass Elemente außerhalb des Fokusbereichs verschwommen und unscharf wirken, kommt auch im Film gerne zum Einsatz. Dabei wird der Effekt der gestauchten Tiefenschärfe (engl. Depth of Field) eingesetzt, um die Augen des Publikums zu steuern und gewisse Objekte aus dem Geschehen herauszuheben. Außerdem soll dadurch ein besserer Tiefeneindruck im eigentlich flachen Medium entstehen. In der Stereoskopie kann diese Herangehensweise jedoch nicht einfach übernommen werden. Es ist sogar fraglich, ob sie überhaupt zum Einsatz kommen sollte, da sie nur funktioniert, so lange sich das Publikum auf das Objekt im Fokus konzentriert und nicht versucht auf den Hintergrund scharfzustellen. Bei diesem Thema scheiden sich die Geister. Während die Produzenten des Animationsfilms Fly me to the Moon von der Firma nWave anscheinend davon überzeugt waren, dass unscharfe Hintergründe und scharfe Vordergründe auch einen 3D Film bereichern können, ist zum Beispiel Hugh Murray, der Vice President of Technical Production der Firma IMAX ganz anderer Meinung. In einem Interview dazu sagte er [17]: „We do a few other things to make the 3D experience better. One of them, we tend to dial back on the use of depth of field and blur. Everything is a little sharper in the 3D version, and that allows the viewers to look at things in the foreground and background, instead of having a narrow depth of field where they’re only able to look at one object in the scene. The result is that it becomes a more immersive experience. People are less aware that they’re watching a movie and feel more a part of the world... With the stereoscopic film, if something in the foreground is soft, it looks wrong. Depth of field can feel like a mistake in the stereoscopic film.“ Bei diesen beiden Beispielen ist jedoch zu beachten, dass die Herangehensweise für einen IMAX Film und einen Stereofilm für „normale“ 3D Kinos etwas unterschiedlich sind. Bei IMAX Filmen geht es meistens darum, den Zuschauer in die Filmwelt eintauchen zu lassen. Da die Leinwand das komplette Blickfeld einnimmt, hat man das Gefühl, sich mitten im Geschehen zu befinden. Deshalb ist es in diesem Fall natürlich wünschenswert, sich auf jedes beliebige Objekt in der Szene konzentrieren zu können. Aus diesem Grund kommt in IMAX Produktionen – dabei handelt es sich meistens um Dokumentationen – Depth of Field kaum zum Einsatz. Stereokopie im CG Film 54 Bei Stereofilmen in denen die Handlung im Vordergrund steht und die Montage eine große Rolle spielt, kann der Einsatz der gestauchten Tiefe jedoch durchaus Sinn machen. Man muss jedoch äußerst vorsichtig damit umgehen, da man den Stereoeindruck einer Szene damit leicht ruinieren kann. Das zuvor erwähnte Filmbeispiel Fly me to the Moon ist eher ein Negativbeispiel (siehe Abbildung 4.16). Die unscharfen Hintergründe sind flach und weisen keinerlei Parallaxen auf – d.h. heißt sie erscheinen exakt auf der Leinwand. Um ein korrektes 3D Bild zu erstellen, müssen deshalb alle weiteren Objekte eine negative Parallaxe aufweisen und sich in Folge dessen im Zuseherraum befinden. Diese Tatsache ist nicht sehr wünschenswert, da bekannt ist, dass mit so genannten „In your Face“-Effekten eher vorsichtig und sparsam umgegangen werden sollte. Eine positive Parallaxe würde in diesem Beispiel dafür sorgen, dass sich die betroffenen Objekte scheinbar hinter dem Screen und somit hinter dem Bildhintergrund befinden – eine falscher 3D Eindruck beim Publikum wäre die Folge. Um jedoch zu verdeutlichen, dass es für den Einsatz der Tiefenschärfe im Zusammenhang mit der Stereoskopie nicht nur negative Beispiele gibt, soll an dieser Stelle noch der Stop-Motion Film Coraline erwähnt werden. Darin kommt Depth of Field in etwa 30% der Szenen zum Einsatz [10]. Kein einziges Mal hat man dabei das Gefühl, dass dieser Effekt störend oder irritierend wirkt – natürlich ist das nur eine subjektive Wahrnehmung und kann von Person zu Person variieren. Brian Gardner, der bei der Produktion von Coraline als Stereoscopic Advisor tätig war, begründet den Einsatz von Depth of Field auch im Stereofilm folgendermaßen [10]: „I use 3D to create similar perceptual associations. If I want to show that one person‘s life is deeper than someone else‘s, then I actually make the space around them deeper. You associate that person with depth. I can put another person in a shallower space, and you automatically think that that person has a shallower life.“ In Abbildung 4.17 sind einige Beispiele aus Coraline zu sehen, in denen Depth of Field erfolgreich zum Einsatz kam. In den ersten beiden Bildern ist der Vordergrund unscharf, wodurch das Interesse des Publikums auf den Hintergrund der Szene gelenkt wird. Die anderen beiden Bilder weisen den umgekehrten Effekt auf – durch den unscharfen Hintergrund wird der Fokus auf den Vordergrund gelegt. 4.2.8 Das 3D Volumen Die in einem Stereobild enthaltenen Objekte können entweder sehr flach erscheinen, oder aber den Anschein machen, ein richtiges Volumen zu Stereokopie im CG Film Abbildung 4.16: Zwei Ausschnitte aus dem Film Fly me to the Moon. Dabei wurde der Effekt der gestauchten Tiefenschärfe sehr intensiv eingesetzt. Für die 3D Wahrnehmung ist das eher störend. Meist sieht man einen flachen unscharfen Hintergrund von wenigen richtigen 3D Elementen, die oft einige Regeln der Stereoskopie (z.B. Window Violations) brechen. © nWave 55 Stereokopie im CG Film 56 Abbildung 4.17: Beispiele für den Depth of Field Einsatz im Film Coraline. Sowohl unscharfe Hintergründe, als auch unscharfe Vordergründe funktionierten auch in der Stereoversion einwandfrei. © LAIKA Studio besitzen. Das 3D Volumen, auch Roundness genannt, hängt sehr stark mit der Wahl der Kameralinse zusammen. Allgemein kann man sagen, dass Weitwinkel Objektive gutes 3D und Teleobjektive schlechtes 3D erzeugen. Teleobjektive erzeugen zwar eine extreme Gesamttiefe in einer Szene, führen jedoch zu unerwünschtem Cardboarding (siehe Abbildung 4.18). Um diese störenden Effekte ein wenig zu verringern, ist es möglich mit der Entfernung der beiden Kameras zu experimentieren. Dies erhöht jedoch auch die Gesamttiefe der Szene und kann dazu führen, dass einzelne Elemente im finalen Stereobild nicht mehr fusionierbar sind. Für das so genannte Roundness Measurement stellte Robert Neuman während seines zuvor erwähnten Vortrags ‚Bolt‘ 3D: Integrating Monoscopic and Stereoscopic Production auf der diesjährigen FMX ebenfalls ein eigens kreiertes Maya-Plugin vor – den Head Roundness Report. Dieses Plugin untersucht jedes beliebige Objekt einer Szene und liefert anhand verschiedener Berechnungen einen Bericht über dessen Plastizität. Wie genau dessen Aufbau aussieht, ist ein gut gehütetes Geheimnis und wurde während des Vortrages leider nicht näher erläutert. Laut Neuman hat es während der Produktion von Bolt extrem viel Arbeitersparnis gebracht und überraschend gute und exakte Ergebnisse geliefert. Jeder, der dieses Plugin nicht zur Verfügung hat, und die Plastizität der Objeke in seinem Film dennoch überprüfen möchte, kann dabei folgendermaßen vorgehen. Zunächst schließt man ein Auge und sieht sich die jeweilige Szene auf einer großen Leinwand an. Dabei konzentriert man sich speziell auf das Objekt, das evaluiert werden soll. Man stellt sich die Szene in 3D vor Stereokopie im CG Film 57 wide lens NO WASTE waste long lens WASTE Abbildung 4.18: Weitwinkelobjektive erzeugen ein gutes 3D Ergebniss und lassen die einzelnen Objekte rund und voluminös erscheinen. Teleobjektive hingegen führen zu eher schlechtem 3D und lassen die Bildelemente wie flache Pappfiguren wirken. und führt sich vor Augen, welches Volumen man bei diesem Objekt erwarten würde. Danach öffnet man sein anderes Auge, um zu sehen welches Volumen es durch die 3D Brille betrachtet wirklich aufweist. Das Verhältnis zwischen dem erwarteten und dem tatsächlich wahrgenommenen Volumen wird als Roundness Factor bezeichnet [32, S. 118]. 4.2.9 Multi-Rig Kamera-Setups Teleobjektive führen zu unzufriedenstellenden 3D Ergebnissen. Dennoch kann nicht jede Szene immer mit einem Weitwinkelobjektiv aufgenommen werden. Um in solchen Fällen trotzdem alles richtig ins Bild zu bekommen und die gewünschte Rundheit der einzelnen Objekte zu erreichen und somit Cardboarding Effekte zu vermeiden, wurde das so genannte Multi-Rig KameraSetup oder Multirigging entwickelt. Dieses Verfahren ist für CG Produktionen besonders gut geeignet, findet aber auch bei Realaufnahmen – zum Beispiel Green Screen Aufnahmen – seinen Einsatz. Die genaue Funktionsweise ist in Abbildung 4.19 illustriert. Um Multirigging erfolgreich anzuwenden, muss die Szene eindeutig in Vorder- und Hintergrund aufgeteilt werden können. Außerdem muss Stereokopie im CG Film 58 “Flat” 3D FRONT Image L L L R R R cardboarding effect round man BACK Image shaped house Composion faked 3D world single 3D rig FRONT 3D rig BACK 3D rig screen Abbildung 4.19: Prinzip eines Multi-Rig Kamera-Setups [32, S. 129]. dazwischen ein gewisser Abstand vorhanden sein. Eine Szene in der über die gesamte Raumtiefe viele einzelne Elemente verteilt sind, würde dafür nicht in Frage kommen. Ist eine CG-Szene für den Multirigging Aufbau geeignet, ist der erste Schritt der, die einzelnen Objekte für den Vordergrund auszuwählen und den Rest unsichtbar zu machen – d.h. die betroffenen Layer auszublenden. Diese Elemente werden dann, samt Alpha-Channel, mit einer eigens dafür angepassten virtuellen Kamera gerendert. Das gleiche passiert danach mit den Hintergrundelementen. Dabei muss die Stereobasis meist um einiges vergrößert werden, um auch bei den entfernten Objekten die gewünschte Rundheit zu erreichen. Vorder- und Hintergrund werden anschließend im Compositing zusammengefügt. Szenen aus dem Film Bolt in denen Multirigging eingesetzt wurde, sind in Abbildung 4.20 zu sehen. 4.2.10 Kontinuität in der Tiefe Im Abschnitt 4.1 wurde erwähnt, dass die über viele Jahrzehnte entwickelte Filmsprache nicht so einfach auf den Stereofilm übertragen werden kann. Dies gilt besonders für schnelle Schnittfolgen und rasante Kamerafahrten. Im Gegensatz zum 2D Film muss dem Publikum dabei etwas Zeit gegeben werden, um sich einerseits auf die jeweilige Tiefe einzustellen (Hunting Time), und andererseits die Möglichkeit zu haben, sich etwas in der Szene umschauen zu können. Denn meistens betrachtet der Zuschauer beim 3D Film zuerst die gesamte Umgebung, bevor er sich auf die eigentliche Handlung konzentriert. Aus diesen Gründen sind beim Schneiden eines Stereofilms einige Dinge zu beachten. Stereokopie im CG Film Abbildung 4.20: Drei Stills aus dem Animationsfilm Bolt, in denen Multirigging zur Anwendung kam, um die gewünschte Tiefe und Roundness in der Szene zu garantieren. © Disney 59 Stereokopie im CG Film 60 Zwischen den einzelnen Szenen einer Stereoproduktion kann es leicht zu so genannten Depth Jumps kommen. Diese treten zum Beispiel dann auf, wenn eine Szene eine negative Parallaxe aufweist und sich teilweise im Zuseherraum abspielt, während die darauffolgende vollständig hinter der Leinwand positioniert ist. Solche Sprünge in der Tiefe können beim Betrachter ein irritierendes Gefühl erzeugen, lassen sich aber meist nicht gänzlich vermeiden. Denn dies hätte zur Folge, dass sich der gesamte Film an der gleichen Position entlang der z-Achse abspielt und dabei keine Ausnutzung des stereoskopischen Raumes stattfindet. Da dies nicht unbedingt wünschenswert ist, musste eine andere Lösung für dieses Problem gefunden werden – das Depth Grading oder Depth Matching. Was genau darunter zu verstehen ist erklärt David Seigle von InThree27 in seinem Artikel Depth Grading in 3D Creation folgendermaßen [37]: „Depth grading means adjusting the depth of an individual object, a group of objects or the whole scene in a 3D shot. Properly used depth grading can help achieve ‚perfect 3D‘, that is, 3D that conveys a director’s vision with no distracting disparities.“ Wie genau beim Depth Grading vorgegangen wird, soll anhand eines einfachen Beispiels erklärt werden. Dazu stellt man sich einen Übergang von einer Landschaftsszene zu einer Szene in einem geschlossenen Raum vor. Während die eine Ansicht eine große Tiefe aufweist, um die Weite der Umgebung zu unterstreichen, soll der geschlossene Raum eher eng und klein wirken. Würde man diesen beiden Szenen einfach mit einem harten Schnitt kombinieren, so würde das beim Publikum dazu führen, dass sich die Augen innerhalb kürzester Zeit komplett umstellen und ständig neu konvergieren müssen. Das würde auf Dauer nicht nur unangenehm sein, sondern die 3D Illusion immer wieder unterbrechen und vor allem von der eigentlichen Handlung ablenken und den Zuseher daran erinnern, dass er sich gerade einen Film ansieht. Die Schwierigkeiten die man beim schnellen Wechsel der Konvergenz haben kann, werden auch als Dash Board Effekt28 bezeichnet [40]. Um diese „Nebenwirkungen“ zu vermeiden und trotzdem eine gewisse Freiheit beim Schneiden eines Stereofilms zu haben, hat man sich überlegt, die Tiefe der Szenen zu animieren. Der Depth Grader nimmt dabei, um bei dem vorigen Beispiel zu bleiben, den Landschafts-Shot, der sich komplett hinter der Leinwand abspielt und animiert dessen Position in der Tiefe innerhalb der letzten 10 Frames. Das heißt beim zehntletzten Frame befindet sich die Szene noch hinter der Leinwand. Mit jeden weiteren Frame wird sie ein Stück nach vorne versetzt. Das geschieht so lange bis die Tiefenposition des darauffolgenden Shots beinahe erreicht ist. Danach wird mit den ersten 10 Frames der folgenden Szene 27 www.in-three.com 28 Dash Board = Armaturenbrett. Der Name kommt daher, weil beim Autofahren beim schnellen Wechsel des Blicks in die Ferne und zum Armaturenbrett spürbar wird, dass die Augen immer wieder einen Bruchteil einer Sekunde benötigen um sich auf den neuen Fokuspunkt einzustellen. Stereokopie im CG Film 61 das gleiche gemacht. Das führt dazu, dass die beiden Shots beim deren Übergang von einem eine ähnliche Tiefe aufweisen und ein Schnitt zwischen ihnen somit unbedenklich und angenehm für den Zuschauer ist. Der Einsatz des Floating Windows spielt bei diesen Arbeitsschritten oft eine große Rolle. Es ist dabei nicht notwendig, dass sich die gesamten Szenen an der gleichen Position entlang der z-Achse befinden, sondern ausreichend, wenn dies auf diejenigen Objekte oder Charaktere zutrifft, die gerade im Mittelpunkt stehen bzw. das Interesse der Zuschauer auf sich ziehen. Essentiell dabei ist vor allem, dass das Publikum von der Manipulation nichts bemerkt. Kapitel 5 Kapitel 5 Stereoscopic Storytelling Um Stereoeffekte im Film erfolgreich einsetzen zu können, ist es sehr hilfreich, die im vorigen Kapitel vorgestellten Parameter, Gestaltungsmöglichkeiten und Regeln zu kennen. Ein 3D Film erfordert von den beteiligten Personen jedoch mehr, als nur das grundsätzliche technische Verständnis der Materie. Allein die Tatsache, dass ein Film im Stereoformat produziert wird, macht ihn noch nicht zu einem guten Film. Während der ersten beiden Blütezeiten des Stereofilms in den 50er und 80er Jahren waren die Filmemacher davon überzeugt, dass so genannte „Off-Screen“ oder „In your Face“-Effekte das sind, was das Publikum sehen möchte. Diese Sichtweise hat sich mittlerweile jedoch glücklicherweise geändert. Heute ist man sich einig, dass der Einsatz von stereoskopischen Effekten im Film einen Grund haben und keinesfalls übertrieben werden sollte. Wird der Tiefeneffekt zu intensiv eingesetzt, führt das nur dazu, dass das Publikum aus der Handlung gerissen und unnötig abgelenkt wird. Ziel des modernen Stereofilms ist es jedoch, die Handlung durch die zusätzliche Dimension zu bereichern und den Zuschauer dadurch noch stärker in das Geschehen zu integrieren. Denn nur so hat die Stereoskopie die Chance, weg vom Gimmick-Image zu kommen und eines Tages vielleicht ein anerkanntes Stilmittel der Filmsprache, genau wie die Montage, das Color Grading oder der Sound zu werden. Da diese Sichtweise im Zusammenhang mit der Stereoskopie jedoch noch relativ jung ist und es viele Personen gibt, die davon überzeugt sind, dass der momentane Stereo-Hype schon bald wieder vorbei sein wird, sind an dieser Stelle vor allem experimentierfreudige und kreative Köpfe gefragt, die ihrer Fantasie freien Lauf lassen, die bereit sind neue Wege zu gehen und dem Stereofilm so zu neuen Höhen verhelfen. Die zuvor beschriebenen Regeln sind keinesfalls in Stein gemeißelt, sondern da um gebrochen zu werden. Als Reaktion auf negative Äußerungen oder Meinungen zum Thema Stereoskopie wird gerne auf die Geschichte des Tonfilms verwiesen. Brian Gardner erklärt es in seinem Artikel Perception and the Art of 3D Storytelling [10] folgendermaßen: 62 Stereoscopic Storytelling 63 „When sound first came out, a lot of people complained that it was a gimmick. ‚So, what’re you gonna do, have every movie be a musical now?‘ They didn’t think about the emotional impact of hearing just regular dialogue’s nuances, nor of a full soundtrack. They were so used to working another way that it never occurred to them to ask, what becomes possible now that wasn’t possible before? That’s where we are with 3D. It has been treated like a gimmick, but we are starting to think about how it can be used as a creative tool.“ Einige Möglichkeiten wie der Stereoeffekt auf innovative und die Handlung unterstützende Art und Weise eingesetzt werden kann, werden im folgenden Abschnitt anhand von Filmbeispielen aber auch theoretischen Überlegungen dargestellt. 5.1 Stereoskopische Tiefe = Emotionale Tiefe Diese „Gleichung“ wird in sehr vielen aktuellen Stereoproduktionen angewandt. Stereoskopische Tiefe steht dabei meist in direkter Relation zur emotionalen Tiefe der Handlung. Wie beim Soundtrack eines Films, werden dabei die Stereoeffekte dazu eingesetzt, um romantische Momente noch romantischer oder beängstigende Szenen noch beängstigender zu machen – d.h. eine Steigerung der durch die Handlung transportierten Emotionen zu erzielen. Außerdem kann das Publikum durch unterschiedliche Intensität des 3D Effekts dazu gebracht werden, sich einem Character entweder verbunden oder eher distanziert zu fühlen. Auch gewisse Charaktereigenschaften können auf diese Art und Weise vermittelt werden. Disneys Animationsfilm Bolt ist ein gutes Beispiel dafür, wie die zusätzliche Dimension zwar in Maßen aber dennoch kreativ zum Einsatz kommen kann. Dabei ist Bolts Gefühlslage sehr stark mit der Intensität der vom Publikum wahrgenommenen Tiefe gekoppelt. Die Szenen, in denen er als Superhund im Einsatz ist und noch im Glauben ist, unbesiegbar zu sein, weisen einen eher starken 3D Effekt auf. Nachdem Bolt das Filmstudio versehentlich verlassen hat und auf sich selbst gestellt ist, wird der Tiefeneindruck drastisch reduziert. Seine Enttäuschung darüber, dass sein bisheriges Leben auf einer Lüge basiert, und dass all seine Kräfte nur Einbildung waren, wird durch die reduzierte Gesamttiefe in den einzelnen Szenen unterstützt. Erst langsam, als Bolts Reise voranschreitet, er Penny immer näher kommt und er den Glauben an sich und seine neuen Freunde langsam wieder gewinnt, wird auch die Stereo-Intensität wieder verstärkt. Dieser Film ist ein besonders gutes Beispiel dafür, wie die Gefühlslage eines Characters durch die Stereoskopie unterstützt werden kann. Stereoscopic Storytelling 64 Coraline 3-D: Depth Script Real World Other World towards audience 120 Depth (in 2K Pixels) 100 80 60 40 20 0 Screen -40 -60 Time behind screen -20 Near Far POA Abbildung 5.1: Beispiel eines Depth Script aus einer Szene aus dem Film Coraline. In dieser Szene findet ein Wechsel zwischen der realen und der Fantasiewelt statt. Dieser Wechsel lässt sich durch den intensiveren Einsatz des Stereoeffektslässt deutlich erkennen [10]. Das Publikum nimmt diese subtilen Veränderungen nicht bewusst wahr. Dennoch wird besonders diese Geschichte in der 3D Version weitaus besser transportiert und ein besserer Bezug zu der Hauptfigur Bolt aufgebaut, als in der 2D Version. Diese Wahrnehmung ist natürlich rein subjektiv und kann von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein. Auch der Stop-Motion Abenteuerfilm Coraline ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Handlung eines Films durch den Einsatz von 3D Effekten maßgeblich unterstützt und bereichert werden kann. Die Unterschiede zwischen Coralines normalem Alltag, der sich in einer eher tristen, trostlosen und langweiligen Gegend abspielt, und der interessanten, aufregenden, farbenprächtigen Fantasiewelt werden durch unterschiedlich intensive Tiefeneffekte unterstützt. Die eine Welt erscheint flach und der 3D Effekt fällt kaum ins Auge, wodurch eine Art klaustrophobische Stimmung geschaffen werden soll. Sobald Coraline jedoch durch die Pforte in die Parallelwelt hinüberschreitet, wird der Tiefeneindruck intensiviert und die Lebhaftigkeit und Besonderheit dieser irrealen Umgebung dadurch hervorgehoben. Wie massiv der Unterschied zwischen den beiden Welten ist, lässt sich am Depth Script für eine solche Szene leicht ablesen (siehe Abbildung 5.1). Zu Beginn der Szene ist der Stereoeffekt noch relativ milde und ohne große Sprünge eingesetzt. Die ausgenutzte Tiefe ist insgesamt eher gering. Sobald sich das Geschehen in die Fantasiewelt verlagert, kommt der Tiefeneffekt weitaus sprunghafter und intensiver zum Einsatz. Da leider keine Stereo-Standbilder des Films verfügbar sind, sind in Abbildung 5.2 Stereoscopic Storytelling 65 Abbildung 5.2: Stills aus dem Stop Motion Film Coraline, die den Unterschied zwischen der realen und der Fantasiewelt besonders gut wiederspiegeln. © LAIKA Studio lediglich 2D Stills zu sehen. Diese sollen verdeutlichen, wie sich die einzelnen Welten auch optisch voneinander unterscheiden. Auch die Kamerafahrten in dem Film unterstützen die 3D Intensität der jeweiligen Szene maßgeblich. In Coralines richtigem zu Hause sind die Kamerabewegungen sehr eingeschränkt und meistens statisch. Dadurch wird dem Zuseher das Gefühl vermittelt, ein Theaterstück zu sehen. Im Gegensatz dazu sind die Kamerafahrten in der Fantasiewelt viel lebendiger, aufwändiger und zum Geschehen passend gestaltet. Das führt beim Betrachter zu einem intensiveren Filmerlebnis. Die Szenen in der Parallelwelt erscheinen dadurch realer und greifbarer, als die eher gestellt wirkenden tristen Alltagsszenen. Pixar hat in dem neuen Animationsfilm Up29 ebenfalls Lösungen dafür gefunden, Stereoskopie auf kreative Art und Weise anzuwenden. In Europa ist der Film zwar noch nicht angelaufen, laut dem Artikel Finding the Language of Stereo 3D von Matt Armstrong worin er Bob Whitehill, den Stereoscopic Supervisor von Pixar zitiert, hat man sich dabei für den Einsatz des 3D Effekts jedoch etwas besonders überlegt. Whitehill wird darin folgendermaßen zitiert [1]: „We used long lenses on the square sequences and wider lenses on the circle ones, and had a relatively shallow space in the square scenes and deep space in the circle scenes... In the beginning when the character is happy there is a deep space, then it flattens out when he loses his wife and then it slowly increases throughout the film. Just like the lack of color in dark scenes make the vibrant images stand out more, so do the flat scenes enhance the scenes where you are more aggressive with the 3D.” Hier sei angemerkt, dass die visuelle Sprache von Up sehr stark auf Kreisen und Quadraten basiert (siehe Abbildung 5.3). Der grimmige alte Mann 29 Starttermin in Österreich: 17. September 2009 Stereoscopic Storytelling 66 Abbildung 5.3: „Russel“ und „Carl Fredricksen“ die beiden Hauptcharaktere aus Pixars Animationsfilm Up. Der grimmige alte Mann basiert grafisch auf quadratischen und rechteckigen Formen, während der junge, aufgeweckte Pfandfinder aus Kreisen aufgebaut ist. © Disney/Pixar besteht hauptsächlich aus Quadraten, während der junge, lebendige und abenteuerlustige Pfadfinder ein sehr rundlicher Character ist. Diese geometrischen Unterschiede, ebenso wie die emotionalen Veränderungen während der Handlung werden durch den 3D Effekt noch verstärkt. Anhand dieser drei Filmbeispiele lässt sich erkennen, dass Stereoskopie ein sehr geeignetes Stilmittel ist, um Emotionen im Film zu intensivieren. Stereoeffekte haben die Fähigkeit, das Publikum unbewusst in bestimmte Richtungen zu lenken. Sie können Mitgefühl oder Ablehnung gegenüber einem Character erzeugen, emotionale Momente verstärken, Beziehungen zwischen den einzelnen Darstellern unterstreichen und vieles mehr. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt und hängen allein von der Kreativität der verantwortlichen Personen ab. Jemand, der die Materie versteht, kann damit äußerst beeindruckende und intensive Filmmomente erzeugen, die im reinen 2D Medium niemals möglich wären. 5.2 Positionierung im Raum = emotionale Distanz bzw. Nähe Der Übergang zwischen dem Zuseherraum und der Welt, die sich hinter der Leinwand auftut, kann im Stereofilm ebenfalls eine tragende Rolle spielen. Stereoscopic Storytelling 67 Das ist der Fall, wenn die Leinwand als eine Art Grenze gesehen wird – egal ob real oder auf emotionaler Basis. Je nachdem in welcher Position in der Tiefe Objekte oder Charaktere positioniert sind, können dadurch beim Publikum verschiedene Assoziationen oder Reaktionen hervorgerufen und die Dramaturgie sowie der Spannungsbogen des Films dadurch unterstützt werden. Die kreative und handlungsunterstützende Positionierung entlang der z-Achse während eines Films kann dabei als Choreographie gesehen werden. Schon in der Planungsphase sollte man sich bewusst sein, was man in einer Szene erreichen oder transportieren will und dieses Vorhaben durch gezielt eingesetzte Stereoeffekte unterstreichen. Im Film Monster vs. Aliens von DreamWorks Animations wurde dieser Effekt unter anderem bei der Hauptfigur Susan und ihrer charakterlichen Entwicklung während des Films angewandt. Sobald sie die Transformation zur 15 Meter großen Riesenfrau namens Ginormica vollzogen hat, erscheint sie in vielen Sequenzen vor der Leinwand – also näher beim Publikum. Ihr Verlobter, ihre Familie und Freunde befinden hingegen weiterhin hinter dem Stereofenster. Diese bewusst getrennte Anordnung soll dem Zuschauer unbewusst eine unüberwindbare Distanz zwischen den einstigen Freunden vermitteln. Durch ihre Mutation ist Susan für ihre Freunde kein Mensch mehr. Ihre Angst und Abneigung wird durch die Barriere des Scheinfensters noch intensiviert. Auch in Produktionen wie Coraline, Bolt oder Ice Age: Dawn of the Dinosaurs sind Szenen zu finden, in denen auf diese Technik zurückgegriffen wurde. An dieser Stelle soll jedoch zur Abwechslung keine große Stereoproduktion, sondern ein Kurzfilm mit dem Titel Broken30 als zweites Beispiel herangezogen werden. Dadurch soll verdeutlicht werden, dass nicht nur die großen Filmschmieden aus Hollywood fähig sind gute 3D Filme zu produzieren, sondern durchaus auch in studentischen Kurzfilm-Projekten mit dem Thema experimentiert und beeindruckende Ergebnisse erzielt werden können. Broken wurde schon auf Events und Filmfestivals in New York, Las Vegas und Stuttgart präsentiert und machte beim diesjährigen „Invazion Contest“31 den 3. Preis in der Kategorie „Stereoscopic Storytelling“. Darin geht es um zwei Roboter, die in einem Fernsehgerät zu Hause sind. Als das Gerät kaputt geht und das Glas zerspringt, tut sich vor ihnen eine völlig neue Welt auf. Der kleinere der beiden möchte diese erkunden. Da er an einem Kabel hängt, ist ihm dies jedoch unmöglich. Die vertraute Umgebung des Geräteinneren befindet sich dabei hinter bzw. auf der Screen-Ebene. Jedes Mal wenn er einen Versuch startet, um aus seiner Welt auszubrechen, erscheint er kurzzeitig vor der Leinwand und im Zuseherraum. Die für ihn unüberwindbare Grenze zwischen Fernseher und der realen Welt, wird auch hier durch die Leinwand als Grenze verstärkt (siehe Abbildung 5.4). 30 Der Film Broken und Informationen darüber sind zu finden unter: http://www.svoigt.net/index. php/broken 31 www.invazion.org Stereoscopic Storytelling 68 Abbildung 5.4: Still aus dem Film Broken von David Shelton und Stefan Voigt der als Projekt an der FH Mainz entstanden ist. © Shelton & Voigt 5.3 Kreativer Einsatz der Netzhautrivalität Die Netzhautrivalität oder auch binokularer Wettstreit oder Wettstreit der Sehfelder genannt, ist in der Stereoskopie eigentlich ein unerwünschter Effekt, der so gut es geht vermieden werden sollte. Dieser tritt auf, wenn sich auf korrespondierenden Netzhautstellen über einen längeren Zeitraum unterschiedliche und folgedessen nicht fusionierbare Reize abbilden. Dabei kann es sich um Farbdifferenzen, unterschiedliche Konturen oder verschiedene Muster in den betroffenen Szenen handeln. Beim Betrachter führt dieser Effekt meist zu sehr irritierenden und fehlerhaften Wahrnehmungen. Im Gehirn findet keine Fusion oder Mischung der beiden unterschiedlichen Halbbilder statt. Stattdessen kommt es zu einem pulsierenden Wechsel, bei dem abwechselnd das rechte und linke Halbbild dominiert [18, S. 114–115]. Abbildung 5.5 zeigt drei einfache Beispiele, die beim Betrachten mit dem Parallel- oder Kreuzblick einen Wettstreit der Sehfelder hervorrufen. Wie es oft der Fall ist, kann man sich diesen Fehler, durch den gezielten und überlegten Einsatz aber durchaus auch zu Nutzen machen. Ein beliebtes Beispiel, um den positiven Effekt der Netzhautrivalität hervorzuheben, ist das Feuer. Will man eine Stereoaufnahme eines offenen Kamins mit nur einer Kamera machen, so lässt sich nicht vermeiden, dass sich das Feuer zwischen den einzelnen Aufnahmen bewegt. Da die Kontur des Feuers in den Aufnahmen nicht perfekt übereinstimmt, ist eine korrekte Fusion der Flamme im Stereobild nicht möglich. Diese winzigen Unterschiede führen beim Betrachter zu einer Art Flackern, da das Gehirn einmal der Wahrnehmung des linken Stereoscopic Storytelling 69 Abbildung 5.5: Drei einfache Beispiele, die beim Betrachten mit dem Kreuz- oder Parallelblick beim Betrachter einen Wettstreit der Sehfelder hervorrufen. und dann der des rechten Auges den Vorrang lässt. Auch wenn ein Flackern in Bildern meistens unerwünscht ist, so kann es in diesem speziellen Beispiel durchaus einen wünschenswerten Effekt erzielen. Feuer ist niemals ruhig und ständig in Bewegung. Dieser Effekt lässt sich durch eine Stereoaufnahme auch in einem statischen Bild reproduzieren. Auch bei zeitlich versetzten Aufnahmen des Sternenhimmels kann dadurch ein durchaus positiver Effekt erzielt werden. Diese Technik funktioniert jedoch nicht nur in statischen Bildern. Der erste kommerzielle Einsatz des binokularen Wettstreits im Bewegtbild fand schon im Jahr 1953 im Film Robot Monster statt [27]. Dabei wurde dem linken Auge für einige Sekunden ein komplett anderer Film, als dem rechten Auge präsentiert. Während das eine Auge tobende Wirbelstürme zu sehen bekam, Stereoscopic Storytelling 70 wurden dem anderen einstürzende Bauten und Zerstörung präsentiert. Dieser Effekt ist sehr verwirrend und irritierend für den Betrachter. Doch genau diese Gefühlsregung wollen Filmemacher bei ihrem Publikum ab und zu erreichen. Die Stereoskopie ist dabei ein Medium, das wie dafür gemacht scheint. Auch für diese kreative Einsatzmöglichkeit des Stereoeffekts soll ein Beispiel einer Independent Produktion herangezogen werden. Tina Braun, die Siegerin des diesjährigen „Invazion Contests“ – ihr Film Deconstruct32 wurde mit dem Titel „Best Overall Film“ ausgezeichnet – setzt diese Technik äußerst gelungen und auf beeindruckende Art und Weise ein. Darin sind verschiedenen Aufnahmen einer belebten Stadt zu sehen. Ansichten von überfüllten Straßen, Autos die an roten Ampeln halten, Menschen auf dem Weg zur Arbeit, verschiedenste Hochhäuser, usw. wechseln sich dabei ab. Die einzelnen Menschen und Autos sind dabei entweder in beiden Halbbildern oder jeweils nur für ein Auge sichtbar. Tina Brauns Ziel war es, die Sehgewohnheiten des Publikums zu brechen und deren Erwartungen bewusst nicht zu erfüllen. Je länger die Handlung andauert, umso extremer und unnatürlicher wird der Stereoeffekt eingesetzt. Die Veränderungen werden im Verlauf des Films immer auffälliger, bis hin zur völligen Auflösung des ursprünglichen Bildes. In Abbildung 5.6 sind einige Stills aus dem Film zu sehen. Während im ersten Bild der 3D Effekt noch relativ simpel und den Erwartungen entsprechend angewendet wird, ist er in den beiden anderen Ansichten viel extremer und kreativer eingesetzt. 5.4 Kombination aus 2D und 3D Auch durch den Einsatz von Depth Grading kann eine durchgehende Kontinuität in der Tiefe nicht immer gewährleistet werden. In solchen Fällen und vor allem für Szenen, in denen eine schnelle Schnittfolge notwendig ist, bietet sich oftmals eine Kombination aus 2D und 3D an. Ein Stereofilm muss, wie man aus den vorherigen Kapiteln weiß, nicht immer die gleiche Intensität an Tiefeneffekten haben. Je nach Stimmung kann diese variiert werden. Doch dabei kann man nicht nur zwischen starken und leichtem 3D wechseln, sondern durchaus auch Szenen einbauen, in denen der 3D Effekt sehr reduziert bzw. nicht vorhanden ist. So können auch im Stereofilm schnelle Schnitte oder rasante Kamerafahrten realisiert werden. Natürlich müssen diese Wechsel zwischen 2D und 3D Szenen fließend von statten gehen, damit der Betrachter davon nichts bemerkt und nicht aus der Handlung gerissen wird. Phil McNally, der Global Stereoscopic Supervisor von DreamWorks Animation erklärt diese Herangehensweise folgendermaßen [37]: 32 Deconstruct kann auf folgender Website im Anaglyphenverfahren betrachtet werden: http://tinabraun.de/deconstruct.html Stereoscopic Storytelling Abbildung 5.6: Stills aus dem Film Deconstruct. Je weiter der Film fortgeschritten ist, umso intensiver und experimentierfreudiger wird der 3D Effekt eingesetzt © Tina Braun 71 Stereoscopic Storytelling 72 “I tend to think of it as having a choice between 2D motion and 3D depth. Imagine it like a slider: as you go more toward 2D motion, the further you go from 3D depth.” Die hier beschriebenen Möglichkeiten, um einen Film durch den Einsatz von Stereoeffekten zu bereichern sind natürlich bei weitem nicht vollständig. Speziell auf diesem Gebiet gibt es noch sehr viel zu entdecken. Solange man sich dessen bewusst ist, dass die oberste und wichtigste Regel bei der Produktion eines Stereofilms die ist, dass der Stereoeffekt keinen Schaden anrichten darf – weder beim Kinoerlebnis für den Betrachter noch für die Handlung – hat die Stereoskopie durchaus eine Chance, die Filmsprache maßgeblich zu revolutionieren. 5.5 Sound im Stereofilm Mehrkanal-Tonsysteme im Kino oder in den heimischen Wohnzimmern sind seit vielen Jahren Standard. Die Bilder hinkten dem Sound in diesem Thema lange Zeit hinterher. Jetzt wo die Bildtechnik dabei ist, mit dem 3D Effekt des Tons aufzuschließen, stellt sich die Frage, wie und ob sich Stereo Sound und Stereo Bilder vereinbaren lassen. Stellt man sich die Wirkungsbereiche von 3D Ton und Bild als 3D Volumina vor und legt diese übereinander, so lässt sich feststellen, dass diese nicht perfekt überlappen (siehe Abbildung 5.7). Während der Ton, aufgrund der Anordnung der einzelnen Lautsprecher, das Volumen eines Rechtecks aufweist und den gesamten Raum ausfüllt, ist der Wirkungsbereich des Stereobilds der Comfort Zone (vgl. Abschnitt 4.2.1) nachempfunden – d.h. das eher pyramidenartige Volumen füllt zwar nicht den gesamten Raum aus, reicht jedoch ein gutes Stück hinter die Leinwand [32, S. 155–156]. Die Tatsache, dass die beiden Volumina so stark voneinander abweichen, lässt darauf schließen, dass auch die Arbeit des Tonmischers, nicht einfach vom 2D Film auf den Stereofilm übertragen werden darf. Es muss ein Weg gefunden werden, den 3D Sound auf die 3D Bilder abzustimmen. Da dieses Thema bisher kaum öffentlich behandelt wurde, ist es äußerst schwierig Informationen und Meinungen darüber zu finden. Ein äußerst beeindruckendes Experiment dazu wird in der Zeitschrift Digital Production in dem Artikel 3D für alle Sinne beschrieben [22]. Darin geht es um ein Forschungsprojekt, das bereits im Jahr 2006 an der Fachhochschule Schmaldalken verwirklicht wurde. Ziel war die Realisierung des stereoskopischen Mixed-Reality-Films Man nennt mich Frieden mit 3D-Raumklang. Für die Audiodarstellung kam dabei die Technologie IOSONO zum Einsatz. Dabei handelt es sich um ein am Fraunhofer IDMT33 entwickeltes Soundsystem, 33 Fraunhofer Institute for Digital Media Technology – http://www.idmt.fraunhofer.de Stereoscopic Storytelling L LFE L 73 CL R LS L RS R L LS RS R screen L R R LS RS L LS sound Space R RS LFE C le/right front center le/right surround low-frequency effects Abbildung 5.7: Die Wirkungsbereiche von Stereo-Sound und Stereo-Bild sind nicht überlappend [32, S. 155]. das sich die Wellenfeldsynthese zu Nutze macht. Im Gegensatz zu bisherigen Audiowiedergabe Systemen, wie zum Beispiel Dolby Digital 5.1, ist es damit möglich, das Klangfeld der Aufnahmesituation exakt und realitätsgetreu zu reproduzieren, sowie Richtung und Distanz des Schalls punktgenau zu steuern. Dies gelingt mit Hilfe eines linearen Lautsprecherarrays – d.h. der gesamte Wiedergaberaum ist von Lausprechern umgeben (siehe Abbildung 5.8). Die genauere Funktionsweise von IOSONO soll anhand eines kurzen Ausschnitts aus einem Artikel des Fraunhoferinstitus erklärt werden [8]: „Bei der Wiedergabe über Wellenfeldsynthese wird das Signal für jeden einzelnen Lautsprecher abhängig von der Position der einzelnen virtuellen Schallquellen unterschiedlich berechnet. Somit kann das Klangfeld der Aufnahmesituation exakt reproduziert werden. Es ist möglich, sowohl Punktquellen als auch ebene Wellen nachzubilden. Auch gemessene oder simulierte Raumreflexionen werden bei der Wiedergab über das Wellenfeldsynthese-System berücksichtigt... Bei der praktischen Umsetzung werden Pegel, Position und Abstand der Schallquellen getrennt von den Schalleigenschaften des Raumes aufgezeichnet und verarbeitet. Durch diese getrennte Stereoscopic Storytelling 74 Abbildung 5.8: Annordnung des Lautsprecherarrays beim IONOSO-System. © 2005 Fraunhofer IDMT Erfassung ist es möglich, Schallquellen unabhängig voneinander zu manipulieren.“ Eine für den Stereofilm besonders wichtige Tatsache ist die, dass dem Zuschauer mit dem IOSONO-System eine größere Entfernung zwischen einem selbst und den Schallquellen (Lautsprecher) vorgetäuscht werden kann – d.h. auch Geräusche hinter der Leinwand können damit realisiert werden. Kapitel 6 Schlussbemerkungen Schlussbemerkungen Ob dem Stereofilm in den nächsten Jahren der entgültige Durchbruch gelingt, oder ob der Zusatz „3D“ schon bald wieder von der Bildfläche verschwindet, ist heute nicht absehbar. Aufgrund des momentan sehr großen Interesses von namhaften Hollywood Regisseuren und Studios wie zum Beispiel James Cameron, Steven Spielberg, Disney/Pixar oder DreamWorks, stehen die Chancen für eine Zukunft des 3D Films jedoch nicht schlecht. Ich persönlich glaube, dass die Etablierung des 3D Kinos als Standard noch einige Jahre auf sich warten lassen wird. Denn die Vorurteile gegenüber dieser Art von Filmen, die in der Vergangenheit oft in einem Atemzug mit den Worten Unbehagen, Kopfschmerzen oder Fehlerhaftigkeit genannt wurden, haben sich in den Köpfen der Menschen eingebrannt. Auch die immer noch notwendigen und für manche störend wirkenden 3D Brillen tragen nicht unbedingt positiv zu deren Siegeszug bei. Wie beim Wechsel vom Schwarz-Weiß zum Farbfilm oder vom Stumm- zum Tonfilm, braucht das Publikum eine gewisse Zeit, sich an diese Form des Filmerlebnisses zu gewöhnen. Doch nicht nur die Zuschauer, sondern auch die Filmemacher brauchen eine gewisse Eingewöhnungs- und Einarbeitungszeit. Auch wenn der erste stereoskopische Film schon im Jahr 1903 produziert wurde, so befindet sich der digitale Stereofilm noch in seinen Kinderschuhen. Es handelt sich dabei um ein Medium, das erst noch erforscht werden muss, um sein wirkliches Potenzial zu zeigen. Stereoskopie kann keine Wunder vollbringen. Ein Film wird immer nur dann gut sein, wenn die Macher ihr Handwerk verstehen und wissen, wie sie es einzusetzen haben. Es ist von absoluter Notwendigkeit, die verschiedenen Möglichkeiten aber auch die Grenzen und Probleme einer Stereoproduktion zu kennen. Obwohl diese, im Vergleich zu 2D Produktionen, momentan noch um einiges komplexer, aufwändiger und meist teurer sind, so wird sich dieser Mehraufwand in den meisten Fällen durchaus rechnen. Wichtigste Voraussetzung dafür ist natürlich, dass neben dem Handwerk auch die Dramatur- 75 Schlussbemerkungen 76 gie stimmt. Bernard Mendiburu bringt diese Tatsache gut auf den Punkt. Er schreibt [32, S. 3]: „There will be no 3D cinema without these two elements: stories really benefiting from 3D and fully developed 3D cinematography. On one hand, this may not happen soon, just like not all movies have to be in color and people have enjoyed black-and-white movies for decades.“ Die Möglichkeiten der Stereoskopie eröffnen für Spielfilme aber auch für Werbungen, Imagefilme oder Musikvideos kreative und beeindruckende Bilderwelten, die einerseits für das Publikum sehr ansprechende und interessante Inhalte liefern, andererseits für die Produzenten eine Vielzahl an neuen Herausforderungen darstellen. Während der Ausarbeitung dieser Arbeit und der theoretischen, sowie praktischen Auseinandersetzung mit dem Thema Stereoskopie konnte ich einen guten Einstieg in diese interessante und trotz des Alters noch relativ „junge“ Materie gewinnen. Mein Ziel war es, die geschichtliche Entwicklung der Stereoskopie in Film aufzuarbeiten und ihre zukünftigen Möglichkeiten zu untersuchen. Hierfür wurden sowohl die technischen, als auch kreativen Aspekte einer Stereoproduktion analysiert und der Frage nachgegangen, ob Stereoskopie das Potential hat, mehr als nur ein effektvolles Gimmick zu sein. Diese Frage ist meiner Meinung nach eindeutig mit „Ja“ zu beantworten. Stereoskopie hat das Potential, sich zu einem Massenmedium zu entwickeln und zu einem anerkannten Stilmittel der Filmsprache zu werden. Sowohl die nötige Technik als auch die erforderliche Software und interessierte Filmemacher sind vorhanden. 3D Filme können dem Publikum ein komplett neues Filmerlebnis bieten. Nach der intensiven Auseinandersetzung mit etlichen unterschiedlichen Stereoproduktionen – darunter sowohl große Hollywoodproduktionen, als auch kleinere Studentenprojekte – ist mir einerseits bewusst geworden, wie kreativ und innovativ diese Technik eingesetzt werden kann, aber auch wieviele Fehler und Störeffekte damit produziert werden können. Dabei kann man keinesfalls sagen, dass die großen Filmschmieden perfekte und Privatpersonen eher fehlerhafte Ergebnisse abliefern. Oft strotzen gerade kleinere Produktionen nur so an Kreativität und Entdeckergeist. In der Stereoskopie sind experimentierfreudige Köpfe gefragt, die bereit sind, vorhandene Regeln zu brechen, Grenzen auszuloten und neue, unerforschte Wege zu gehen. Denn damit der 3D Film auch nach der erneuten Begeisterungswelle nicht wieder von der Bildfläche verschwindet, muss neben der neuartigen und effektvollen räumlichen Tiefe auch eine gewisse narrative Tiefe gefunden werden. So einfallsreich und gelungen „In your Face“ Effekte, die zuckende Körper oder vor das Gesicht geworfene Hände zur Folge haben, auch eingesetzt werden, auf die Dauer wirken sie relativ eintönig und die Zuschauer werden Schlussbemerkungen 77 von dramaturgischer Seite her etwas mehr von den Produzenten fordern. Stereoskopie kann, sofern sie richtig eingesetzt wird, ein nie dagewesenes Filmerlebnis erzeugen. Sie bietet unendlich viele Möglichkeiten, die Handlung eines Films zu bereichern und den Zuschauer richtig in das Geschehen zu integrieren. Genau dafür soll diese Arbeit einen Anreiz bieten. Abschließen möchte ich meine Arbeit mit den Worten von Rob Engle, dem 3D & Visual Effects Supervisor von Filmen wie G-Force, Beowolf, Monster House oder The Polar Express 3D: “We have three hurdles to overcome. One, audience acceptance among adults as much as kids. Two, filmmaker acceptance—not every filmmaker is as excited as Burton, Spielberg, Zemeckis, and Cameron. It remains to be seen at what stage everyone jumps onboard, and that may never happen. And three, making the decision a nobrainer. We’re not there yet. We have a lot of work to do with tools, but what we’re really missing right now is experience. The visual language is still evolving.” Rob Eagle, [38] Anhang A Inhalt der DVD Inhalt der DVD File System: Joliet Mode: Single-Session (DVD) A.1 Masterarbeit Pfad: /Masterarbeit masterarbeit.pdf���������� Masterarbeit A.2 Diplomprojekt Pfad: /Diplomprojekt workaholic.mov���������� Diplomprojekt „Workaholic“ A.3 Online-Literatur und Berichte Pfad: /Quellen *.pdf ���������������������������� Technische Berichte, Artikel und Online-Literatur A.4 Videos Pfad: /Videos *.mov und *.flv ����������� Sammlung diverser in der Arbeit erwähnter oder zusätzlicher 3D Videos 78 Inhalt der DVD 79 A.5 Bilder Pfad: /Bilder *.eps ����������������������������� alle in der Arbeit verwendeten Bilder und Grafiken im EPS-Format A.6 stereoskopische Bilder Pfad: /stereoskopischeBilder *.jpg ����������������������������� eine Auswahl an stereoskopischen Bildern, die den Einsatz des Floating Windows besonders gut zum Einsatz bringen Literaturverzeichnis [1] Armstrong Matt: Finding the Language of Stereo 3D, Studio Daily, August 2009. http://www.studiodaily.com/main/searchlist/Findingthe-Language-of-Stereo-3D_11198.html. 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