Der helle Wahnsinn

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Der helle Wahnsinn
 Der helle Wahnsinn;
das Leben jenseits von Normen.
18.05. – 21.09.2014
Klaus Pichler, Just the Two of Us, Krümelmonster, 2013
Materialien zur Vorbereitung und
Vertiefung der Ausstellung im
Unterricht
Konzept: Kasper & Spillmann Kunstvermittlung GmbH; www.k-s-kunstvermittlung.ch
Texte: Kasper & Spillmann Kunstvermittlung GmbH, Vögele Kultur Zentrum, Alexandra Könz
Inhaltsverzeichnis
MS = ab Mittelstufe geeignet
OS = ab Oberstufe geeignet
Informationen zur Ausstellung
S. 2
Vorbereitung und Vertiefung der Ausstellung im Unterricht
S. 3
Einstiegsfragen zum Thema
S. 4
Ideen und Anregungen für den Unterricht
1) Wahnsinn – Der Aufsatz
2) Der umgangssprachliche Wahnsinn
3) Fayçal Baghriche, Le sens de la marche (Facing Forward), 2002
4) Die Regierung – Eine ganz normale Familie
5) Emil Manser – Ein Luzerner Stadtoriginal
6) Aussenseiter der Gesellschaft – Charlie Chaplins The Kid, 1921
7) Portraits von Menschen mit aussergewöhnlichen Ideen
8) Wahnsinnstypen – Wie gestört muss man sein,
um Besonderes zu leisten?
9) A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn
10) Steve Jobs: Visionär, Phänomen, Ikone
11) Mark Lombardi – Kunst und Konspiration
12) Reinhard Mey, Das Narrenschiff
13) Art Brut und Aussenseiterkunst
14) Eva-Maria Bolz, Der Innere Monitor, 2013
15) „Ver-rückte“ Weltliteratur – Lewis Carrolls Alice im Wunderland
16) Klaus Pichler, Just the Two of Us, 2013
17) Wo Blumen wachsen: Versprechen einer anderen Welt...
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Anhang
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Informationen zur Ausstellung
...der helle Wahnsinn!, irre!, spinnsch!, dä Wahn! – Es existieren zahlreiche ähnliche
Ausdrücke und Ausrufe, die je nach Generation variieren, aber stets das Ausserordentliche
meinen. Bei allen geht es um das Überschreiten einer Norm – was zugleich faszinieren wie
beängstigen kann. Die Kraft, die in der Abweichung von der Norm steckt, ist der rote Faden,
der sich thematisch durch die Ausstellung Der helle Wahnsinn; das Leben jenseits von
Normen zieht.
Die Kuratorin Alexandra Könz und das Team des Vögele Kultur Zentrum haben sich mit dem
Thema beschäftigt und dabei keine Antworten, sondern vielmehr schillernde Facetten eines
Zustands gefunden. „Alles, was lebt, lebt in einer Spannung, macht Fehler, muss brechen
können; wird ab und zu irr, irrt ab, geht in die Irre. Es ist etwas zutiefst menschliches und
eine Notwendigkeit. Und der anarchisch positive Kern unseres Themas“, so Alexandra Könz
(Vögele Kultur Bulletin, 96/2014, S. 8).
Primär haben die Ausstellungsverantwortlichen auf die schöpferische Kraft des Andersseins
fokussiert: „Liegt nicht jeglicher bahnbrechenden Entwicklung ein „wahnsinniger Gedanke“
zu Grunde? Wurden nicht alle grossen Erfinder, Revolutionäre, Nobelpreisträger,
Friedenskämpfer et cetera zuerst mal als irr oder verrückt betitelt? Definiert sich nicht ein Teil
unserer Kultur über die Ausgegrenzten, Unverstandenen, unbestechlich ihrem Weg
folgenden – die landläufig „wahnsinnig“ Genannten?“ (Monica Vögele, Vögele Kultur Bulletin,
96/2014, S. 5). So geht es in der Ausstellung Der helle Wahnsinn; das Leben jenseits von
Normen nicht zuletzt um Menschen, die unangepasst und gemäss ihrer eigenen
Vorstellungen agieren – sei es am Rande der Gesellschaft oder als gesellschaftlich
Etablierte.
In Der helle Wahnsinn; das Leben jenseits von Normen werden Biografien von
Menschen, Kunstwerke, Installationen und Objekte gezeigt, die „echt irre!“ sind. Es ist eine
bunte Ausstellung, die dem „Wahnsinn“ sinnlich und kritisch in vier ineinandergreifenden
Bereichen auf die Spur geht: 1. Alltag, 2. Globalisierte Welt, Fokus Finanzwirtschaft,
3. Diagnostik und Psychopathologie sowie 4. Versprechen einer anderen Welt.
Für die Gestaltung der Ausstellung – die Szenografie – zeichnet Daniel Hunziker von „Daniel
Hunziker Design Works“ verantwortlich. Dass Wahnsinn relativ sei und sich die Normalität
auf einer dünnen Linie, einem schmalen Grat bewege, sind die Leitgedanken, die hinter den
gestalterischen Umsetzungen stehen. „Wenn der Besucher die Ausstellung betritt, kann er
sich rechts oder links einer symbolischen Normlinie, einem sich durch den Raum
schlängelnden Spiegelelement, auf den Weg machen. (...) Die „Normlinie“ ist im Vögele
Kultur Zentrum nicht begehbar, kann jedoch zur Änderung der eigenen Perspektiven an
mehreren Stellen überschritten werden. Eine Erkenntnis, die der Besucher auch in den Alltag
mitnehmen kann.“ (Daniel Hunziker, Vögele Kultur Bulletin, 96/2014, S. 11)
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Vorbereitung und Vertiefung der
Ausstellung im Unterricht
Die vorliegenden Unterlagen enthalten eine Sammlung von Ideen und Anregungen, wie ein
Besuch der Ausstellung Der helle Wahnsinn; das Leben jenseits von Normen im
Schulunterricht vorbereitet oder vertieft werden kann. Die Aufgaben lassen sich während
einer oder mehrerer Lektionen in verschiedenen Fächern wie Deutsch, Englisch, Mensch
und Umwelt, Bildnerisches Gestalten usw. durchführen.
Die Unterrichtsmaterialien beziehen sich nicht streng auf die von der Kuratorin Alexandra
Könz vorgesehene Gliederung der Ausstellung in die vier Kapitel: 1. Alltag, 2. Globalisierte
Welt, Fokus Finanzwirtschaft, 3. Diagnostik und Psychopathologie sowie 4. Versprechen
einer anderen Welt. Die Subthemen der Ausstellung wurden aus Gründen der
Verständlichkeit und unter Berücksichtigung des Erfahrungshorizontes von Kindern und
Jugendlichen unterschiedlich gewichtet.
Die Unterlagen richten sich an Lehrpersonen ab der Mittelstufe. Die Aufgaben und Übungen
knüpfen an Biografien, Objekte und künstlerische Arbeiten an, die in der Ausstellung
präsentiert werden oder rücken neue Aspekte ins Blickfeld. Die Fragen, die den Ideen und
Anregungen für den Unterricht vorangestellt sind, sollen das Gespräch in der Klasse
anregen. Bei den einzelnen Aufgaben finden sich Angaben zu Schulstufe, Form und
Material. Im Anhang sind Bild- und Textmaterialien aufgeführt.
Kontakt:
Vögele Kultur Zentrum
Gwattstrasse 14
8808 Pfäffikon SZ
www.voegelekultur.ch
vermittlung@voegelekultur.ch
Öffnungszeiten:
Mittwoch bis Sonntag: 11.00-17.00 Uhr
Donnerstag: 11.00-20.00 Uhr
Konzept und Ausführung der Materialien:
Kasper & Spillmann Kunstvermittlung GmbH
Pflanzschulstrasse 93
8004 Zürich
www.k-s-kunstvermittlung.ch
info@k-s-kunstvermittlung.ch
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Einstiegsfragen zum Thema
Was macht dich wahnsinnig?
Wahnsinn hat viele Auswirkungen. Welche
können sich positiv, welche negativ
äussern?
Warst du schon einmal wahnsinnig verliebt?
Wahnsinnig komisch?
Macht dir Wahnsinn Angst?
Bringt Wahnsinn dich zum lachen?
Was verstehst du unter dem ganz alltäglichen Wahnsinn?
Braucht unsere Gesellschaft
Wahnsinnige?
Was denkst du: Wie hat sich
die Definition, was oder wer
wahnsinnig ist, im Laufe der
Zeit verändert?
Fällt es dir leicht, Norm und Wahnsinn zu unterscheiden?
Wann tut ein bisschen
Wahnsinn gut?
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Ideen und Anregungen für den
Unterricht
1) Wahnsinn – Der Aufsatz
Stufe: Ab Mittelstufe.
Form: Schriftliche Arbeit, Aufsatz.
Material: Papier, Schreibzeug, Zitate (siehe Anhang, S. 17).
Zur Ausstellung Der helle Wahnsinn; das Leben jenseits von Normen haben die Kuratorin
Alexandra Könz und das Team des Vögele Kultur Zentrums verschiedene Zitate rund um
das Themenfeld Wahnsinn gesammelt. Einige dieser Zitate sind im Vögele Kultur Bulletin,
96/2014 abgedruckt. Anhand der Zitate sollen sich die Schülerinnen und Schüler individuell
mit dem Ausstellungsthema auseinandersetzen und ihre Gedanken dazu vorbereitend zu
Papier bringen. Je nach Vorgabe können die Kinder und Jugendlichen vor dem Verfassen
des Aufsatzes die Zitate miteinander diskutieren und Ideen dazu austauschen.
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Wählt aus den aufgeführten Zitaten eines aus, das euch besonders anspricht. Ihr
könnt der Aussage des Zitates zustimmen oder ganz anderer Meinung sein.
Diskutiert in Zweier- oder Dreiergruppen miteinander, wie ein bestimmtes Zitat
gemeint sein könnte! Was versteht ihr unter der jeweiligen Aussage?
Versucht, eure Gedanken zu ordnen und erstellt eine grobe Gliederung mit
Subthemen für einen Aufsatz.
Schreibt einen Aufsatz oder eine Erörterung zu einem der Zitate!
Wenn ihr wollt, könnt ihr euch die Aufsätze gegenseitig vorlesen und die
Diskussionen zu den verschiedenen Zitaten weiterführen.
2) Der umgangssprachliche Wahnsinn
Stufe: Ab Mittelstufe.
Form: Sprachübung in Deutsch, Englisch oder Französisch.
Material: Papier, Schreibzeug, Wörterbücher.
Eine Wahnsinnsparty!, irre!, spinnsch!, dä Wahn!, football-crazy!, l’amour fou! – Es existieren
zahlreiche Ausrufe und Redewendungen im Deutschen, Englischen, Französischen wie im
Schweizerdeutschen, die an die Begriffe „Wahnsinn„ oder „Irrsinn“ anlehnen und dabei stets
das Ausserordentliche, Übersteigerte, Exzessive meinen. Am Sprachgebrauch zeichnet sich
ab, wo der sogenannte „Wahnsinn“ überall Einzug in unseren Alltag gehalten hat. Eine
einfache Übung, die in den Fächern Deutsch, Englisch und Französisch durchgeführt werden
kann, soll dies den Schülerinnen und Schülern bewusst machen.
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Wann braucht ihr in der Umgangssprache die Begriffe „Wahnsinn“ oder „Irrsinn“?
Beschreibt Situationen, die ihr als „wahnsinnig“ empfindet!
Lasst euch fünf Minuten Zeit und schreibt alle Redewendungen und Begriffe auf, die
an die Begriffe „Wahnsinn“ oder „Irrsinn“ anlehnen! (z.B. Am Rande des Wahnsinns,
Das ist der helle Wahnsinn!, Der Wahnsinn hat Methode, Grössenwahn, Der ganz
normale Wahnsinn, sich wahnsinnig freuen...)
Überlegt euch, ob diese Begriffe und Redewendungen etwas Positives oder etwas
Negatives bezeichnen und macht hinter eure Auflistung entsprechende Zeichen (z.B.
ein grünes Plus für positiv und ein rotes Minus für negativ). Ist die Zuschreibung
immer eindeutig?
Wie sieht es in anderen Sprachen aus? Welche Begriffe oder Redewendungen kennt
ihr im Englischen oder im Französischen? Nehmt ein Wörterbuch zur Hilfe und
erstellt eine Liste mit englischen oder französischen „Wahnsinnswörtern“!
3) Fayçal Baghriche, Le sens de la marche (Facing
Forward), 2002
Stufe: Ab Mittelstufe.
Form: Werkbetrachtung und Werkanalyse. Übung, performatives Experiment im Schulhaus.
Material: Video auf http://vimeo.com/60645494
Der franko-algerische Künstler Fayçal Baghriche (*1972) wuchs zwischen zwei Kulturen auf:
der Arabischen, die sein Familien- und Privatleben bestimmte und der Westlichen, die das
öffentliche Leben beherrschte. Auf diesem doppelschichtigen Bewusstsein für seine Umwelt
beruht auch seine künstlerische Sichtweise, die durch zwei sich überlagernde,
unterschiedliche kulturelle Filter geprägt ist. Die Arbeiten von Fayçal Baghriche beruhen oft
auf einfachen Gesten, welche die Normen und Gesetzmässigkeiten, die unsere Gesellschaft
beherrschen, immer wieder in Frage stellen.
Fayçal Baghriche besuchte von 1995 bis 1999 die Kunstakademie Nizza und 2001 die
Kunstakademie in Paris. Seine Arbeiten werden in zahlreichen internationalen Ausstellungen
gezeigt. Gleich am Anfang der Ausstellung Der helle Wahnsinn; das Leben jenseits von
Normen steht mit Le sens de la marche (Facing Forward) aus dem Jahr 2002 eine Arbeit
des Künstlers, die den Normbruch des alltäglichen Gegen-den-Strom-Schwimmens
thematisiert.
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Schaut euch das Video Le sens de la marche (Facing Forward) des frankoalgerischen Künstlers Fayçal Baghriche an!
Was fällt euch auf? Beschreibt die Situation! In welcher Stadt könnte das Video
gedreht worden sein?
Übersetzt den Titel des Videos! Was denkt ihr, könnte im übertragenen Sinne mit
Lauf- oder Marschrichtung gemeint sein?
Welche Aussage möchte der Künstler mit seinem Video wohl machen?
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Was denkt ihr, was könnte dieses Video mit der Biografie des franko-algerischen
Künstlers Fayçal Baghriche zu tun haben?
Was könnte dieses Video mit der Ausstellung Der helle Wahnsinn; das Leben
jenseits von Normen zu tun haben?
Macht mit eurer Klasse ein Experiment! Alle Schülerinnen und Schüler in eurer
Klasse bewegen sich während einer Pause nur rückwärts durch’s Schulhaus! Seid
dabei vorsichtig! Versucht aber auch, die Übung konsequent durchzuhalten. Zwei bis
drei Schülerinnen oder Schüler können die Aktion filmen!
Schaut euch die Filmaufnahmen an: Wie haben die anderen Schülerinnen und
Schüler und die Lehrpersonen im Schulhaus auf euer Verhalten reagiert? War es
schwierig, die Übung konsequent durchzuhalten? Diskutiert, wie es sich angefühlt
hat, euch entgegen der normalen Laufrichtung zu bewegen.
4) Die Regierung – Eine ganz normale Familie
Stufe: Ab Oberstufe.
Form: Textverständnis, Diskussion.
Material: Zeitungsartikel: Walter Aeschimann, „Du bist ja verrückt“, in: NZZ, 23.11.2013
(siehe Anhang, S. 17f.).
In den 1990er-Jahren gründeten Heinz und Helena Büchel-Schmid im St. Gallischen Ebnat
Kappel zusammen mit fünf behinderten Männern in den Gebäuden einer ehemaligen
Textilfärberei eine ganz besondere Grossfamilie, die heute vor allem unter dem Namen Die
Regierung bekannt ist. Die Idee dieser ganz normalen Familie besteht darin, ein
Gegenmodell zu bestehenden sozialen Einrichtungen zu schaffen, die sich um sogenannt
„Behinderte“ kümmern. Helena und Heinz Büchel-Schmid versuchen, so menschlich und
normal wie möglich mit den fünf Männern zusammenzuleben, zu kochen, zu musizieren,
kreativ zu sein und den Alltag zu bestreiten.
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Lest den Text „Du bist ja verrückt!“ aus der Neuen Zürcher Zeitung von Walter
Aeschimann durch und beantwortet dazu folgende Fragen:
Als was könnte man die Grossfamilie von Heinz und Helena Büchel-Schmid auch
bezeichnen?
Welches waren die Beweggründe für Heinz Büchel-Schmid, Die Regierung ins Leben
zu rufen?
Im Artikel steht, dass vor 20 Jahren selbst unter fortschrittlichen Pädagogen Zweifel
herrschten, ob Menschen mit einer Behinderung auf einer Bühne auftreten sollen.
Was denkt ihr, weshalb bestanden diese Bedenken? Was ist eure Meinung dazu?
Was versteht man unter dem Begriff „Inklusion“?
Beschreibt, was die Mitglieder von Die Regierung alles machen!
Heinz und Helena Büchel-Schmid bezeichnen sich selbst als Normal-Behinderte.
Was denkt ihr, weshalb wählen sie diese Bezeichnung? Was wollen sie damit
aussagen?
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5) Emil Manser – Ein Luzerner Stadtoriginal
Stufe: Ab Mittelstufe.
Form: Filmlektüre, Diskussion.
Material: Filmbeitrag unter http://www.youtube.com/watch?v=u9GqSqLrfYI, Abbildungen
(siehe Anhang, S. 21) und Vögele Kultur Bulletin, 96/2014, S. 22f., Papier, Schreibzeug.
Der Luzerner Emil Manser war ein richtiges Stadtoriginal! Der Poet, Werber und Performer
war während fast 30 Jahren fester Bestandteil des Luzerner Stadtbildes und kaum mehr
daraus wegzudenken. Mit seinen gesellschaftskritischen, poetischen und witzigen
Botschaften bewegte er das öffentliche Leben. Auf Plakattafeln kommentierte er mit
beissender Ironie, Schalk und Witz gesellschaftliche Themen wie Armut, Gewalt, Intoleranz
oder Ungerechtigkeit. Die Texte, die er auf Karton schrieb und oft mit sich herumtrug,
zeichneten sich durch Auslassungen und Verdichtungen, eine eigentümliche Gross- und
Kleinschreibung und bewusst gesetzte Fehler aus. Manser wurde von manchen als
Aussenseiter und Störenfried wahrgenommen und wurde mehrmals in die psychiatrische
Klinik eingewiesen. Zunehmend wuchs jedoch das Interesse und Wohlwollen gegenüber
seiner Person. Insbesondere, weil Manser seine eigenen Fehler und Macken selbstironisch
reflektierte, regte er Passanten zum Nachdenken und Schmunzeln an. 2004 nahm er sich
aufgrund einer Krebsdiagnose das Leben. An die Stelle, wo er sich von einer Brücke in die
Reuss gestürzt hatte, stellte Manser ein Schild mit der Aufschrift: „Krebs – wählte Abkürzung
in den Himmel“.
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Gibt es in eurer Umgebung auch ein Stadtoriginal? Wo hält sich diese Person auf?
Wodurch fällt sie auf?
Erstellt eine Beschreibung der Person: Wie ist die Person gekleidet, wie verhält sie
sich? In welche Situationen verwickelt diese Person die Passanten? Welche
Reaktionen lösen diese Interaktionen aus? Sind sie positiv oder negativ besetzt?
Schaut euch den kurzen Filmbeitrag über die Ausstellung zu Emil Manser in Luzern
an! Was denkt ihr, waren alle Luzerner dem bekannten Stadtoriginal gegenüber so
aufgeschlossen und positiv eingestellt, wie die Leute, die in diesem Filmbeitrag
befragt wurden?
Schaut euch die Abbildungen zu Emil Manser an! Welche Platkattafel gefällt euch am
besten? Was denkt ihr, welche Gefühle wollte Manser mit seinen Aussagen wecken?
Was denkt ihr, welche Reaktionen hat das Stadtoriginal bei Passanten
hervorgerufen?
6) Aussenseiter der Gesellschaft – Charlie Chaplins The
Kid, 1921
Stufe: Ab Mittelstufe.
Form: Filmanalyse.
Material: Film The Kid von Charlie Chaplin unter:
http://www.youtube.com/watch?v=b7q9hTRcJYQ, Papier, Schreibzeug.
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Chaplins sozialkritische Stummfilm-Tragikomödie The Kid aus dem Jahr 1921 erzählt die
Geschichte eines armen, aber nicht obdachlosen Mannes, der ein ausgesetztes Kind bei
sich aufnimmt und grosszieht. Dabei legte Chaplin grossen Wert auf die Darstellung des
harten Alltags der beiden. Mit der Figur des Tramp hat Charlie Chaplin einen universellen
Charakter dargestellt, der Menschen über Grenzen und Kulturen hinweg berührte.
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Schaut euch den Stummfilm The Kid von Charlie Chaplin an. Beschreibt, wie das
Kind seinen Weg zum Tramp findet. Wie richtet sich der Tramp auf die neue Situation
mit dem Baby ein?
Was denkt ihr, warum hat der Tramp das Kind bei sich aufgenommen?
Beschreibt den Alltag des Tramps und des kleinen Jungen John! Wie bestreiten die
beiden ihren Lebensunterhalt?
Welche Reaktionen lösen die Handlungen des Tramps bei unterschiedlichen
Personen aus? Wie reagieren beispielsweise Autoritäten wie die Polizei oder der Arzt
auf ihn?
Nachdem die Mutter ihr Kind wiedergefunden hat, lernt sie auch den Tramp kennen.
Was wird sie wohl als nächstes tun?
Was denkt ihr, wo wäre das Kind in Zukunft besser aufgehoben: beim Tramp oder bei
seiner leiblichen Mutter? Begründet eure Meinung.
7) Portraits von Menschen mit aussergewöhnlichen Ideen
Stufe: Ab Mittelstufe.
Form: Textlektüre, Kurzvorträge erarbeiten.
Material: Personen-Portraits im Vögele Kultur Bulletin, 96/2014, S. 4, 12, 17, 30, 36.
Wie der Untertitel von Der helle Wahnsinn beschreibt, geht es in der Ausstellung nicht
ausschliesslich um Wahnsinn als Form geistiger Krankheit, sondern um das Leben jenseits
von Normen. In fünf kurzen Portraits werden im Vögele Kultur Bulletin Personen vorgestellt,
deren aussergewöhnliche Ideen von der breiten Masse wie auch von einem
zeitgenössischen Fachpublikum stets angezweifelt und kritisiert wurden. Erst im Laufe der
Zeit und oft nur wegen kämpferischem Geist oder hartnäckiger Überzeugungskraft erreichten
diese „verrückten“ Visionäre Anerkennung für ihre Ideen und Errungenschaften.
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Lest im Vögele Kultur Bulletin die fünf Portraits von Mary Wigman, Werner Munter,
Grigorij Jakowlewitsch Perelman, Marie Curie und Steve Jobs!
Für welche der fünf Personen interessiert ihr euch besonders? Schliesst euch in
Arbeitsgruppen zusammen und erarbeitet zu jeder der fünf Personen pro Gruppe
einen 15-minütigen Vortrag. Recherchiert dafür in der Bibliothek und im Internet, um
weitere Informationen zu beschaffen.
Gestaltet zu jeder Person ein Plakat, auf dem ihr deren wichtigste Ideen,
Erkenntnisse oder Errungenschaften in Wort und Bild darstellt!
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Kennt ihr weitere Persönlichkeiten, die in die Reihe „Portraits von Menschen mit
aussergewöhnlichen Ideen“ passen würden?
Was denkt ihr, ist es schwer, seine eigenen Ideen und Überzeugungen zu verteidigen
und sich für bestimmte Visionen stark zu machen, wenn man von allen anderen nicht
ernst genommen wird? Welche Charaktereigenschaften muss eine Person eurer
Meinung nach mitbringen, die konsequent für ihre Ideen einsteht?
8) Wahnsinns-Typen – Wie gestört muss man sein, um
Besonderes zu leisten?
Stufe: Ab Oberstufe.
Form: Textanalyse.
Material: Zeitungsartikel: Kerstin Bund und Marcus Rohwetter, Wahnsinns-Typen, in: Die
Zeit, Nr. 34, 22. August 2013 (siehe Anhang, S. 21).
Der Artikel Wahnsinns-Typen aus der Wochenzeitung Die Zeit stellt die Frage, wie gestört
man sein muss, um heute Besonderes zu leisten und zeigt auf, wie einige Erfolgsmenschen
in den Chefetagen als psychisch auffällig eingestuft werden könnten. Die Journalisten gehen
den Fragen nach, ob man aussergewöhnlich sein muss, um etwas Aussergewöhnliches zu
leisten und ob die Erfolgsgeschichten dieser Menschen nicht zugleich Krankheitsgeschichten
sind.
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Lest den Artikel und macht euch Notizen zu den darin erwähnten Krankheitsbildern.
Welche Begriffe kennt ihr? Welche versteht ihr nicht? Recherchiert die Begriffe, die
euch nicht vertraut sind! Was könnt ihr herausfinden?
Welche Persönlichkeiten werden im Text beschrieben? Wie lassen sie sich einordnen
und welchen Tätigkeiten gehen sie nach? Fallen euch andere Persönlichkeiten ein,
auf welche die Bezeichnung „Genie und Wahnsinn“ zutrifft?
Am Ende des Artikels kommen die Journalisten zum Schluss, dass „neue Zeiten
vielleicht neue Menschen brauchen“. Was denkt ihr, was ist damit gemeint? Seid ihr
mit dieser Aussage einverstanden?
9) A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn
Stufe: Ab Oberstufe.
Form: Filmanalyse.
Material: DVD A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn von Ron Howard.
Der Film A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn erzählt die Lebensgeschichte des
amerikanischen Mathematikers und Nobelpreisträgers John Forbes Nash. Nash (*1928)
beschäftigt sich mit den Bereichen Spieltheorie und Differentialgeometrie sowie mit dem
Gebiet der partiellen Differentialgleichungen. 1994 erhielt er zusammen mit Reinhard Selten
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und John Harsanyi den Wirtschaftsnobelpreis für die gemeinsamen Leistungen auf dem
Gebiet der Spieltheorie. Nash erkrankte mit dreissig Jahren an Schizophrenie und erholte
sich erst Jahrzehnte später davon. Seine Arbeit und sein familiäres Leben wurden durch die
langjährige tragische Krankheit schwer beeinträchtigt. 2001 hat der Regisseur Ron Howard
das Leben von John Forbes Nash nach der Biographie von Sylvia Nasar im Film A Beautiful
Mind – Genie und Wahnsinn thematisiert.
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Schaut euch den Film A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn an.
Wie verändert sich darin die Hauptfigur John Forbes Nash?
Notiert euch, wie sich bei John Forbes Nash die Krankheit Schizophrenie äussert und
welchen Verlauf sie nimmt.
Welche Konsequenzen hat die Krankheit auf Nashs Berufs- und Familienleben?
Recherchiert die Leistungen von John Nash im Bereich der Mathematik. Womit hat er
sich beschäftigt und wofür hat er den Nobelpreis erhalten?
10) Steve Jobs: Visionär, Phänomen, Ikone
Stufe: Ab Oberstufe.
Form: Recherche, Gruppenarbeit, Diskussion.
Material: Beitrag: Steve Jobs, in: Vögele Kultur Bulletin, 96/2014, S. 36.
Steve Jobs, der 2011 verstorbene, charismatische Chef von Apple, wird gerne als positives
Beispiel für das Phänomen „Genie und Wahnsinn“ angeführt. „Ohne sein Denken jenseits
der Norm wäre die mediale Kommunikationswelt deutlich eingeschränkter.“ (Vögele Kultur
Bulletin, 96/2014, S. 36). Es wird oft erwähnt, dass er mit seinen Erfindungen und
Entwicklungen im Bereich der Neuen Technologien in die Zukunft sehen konnte.
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Lest den Beitrag über Steve Jobs im Kultur Bulletin und recherchiert im Internet die
Geschichte von Apple. Was denkt ihr, inwiefern konnte Steve Jobs in die Zukunft
sehen? Seid ihr mit dieser Aussage einverstanden?
Was denkt ihr, inwiefern war Steve Jobs Genie und Wahnsinniger?
11) Mark Lombardi – Kunst und Konspiration
Stufe: Ab Oberstufe.
Form: Werkbetrachtung und Filmanalyse, gestalterische Übung.
Material: Abbildung (siehe Anhang, S. 22), DVD Marc Lombardi – Kunst und Konspiration
von Mareike Wegener, Zeichenmaterial.
Der 1951 in Syracuse, New York geborene Künstler Mark Lombardi studierte zuerst
Kunstgeschichte, arbeitet dann als Kurator und Bibliothekar, bis er sich schliesslich ab Ende
1993 intensiv mit der internationalen Finanzwelt, Korruption und Machtmissbrauch
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auseinandersetzte. Seine Recherchen verarbeitet er in enthüllenden, in ihrer Komplexität
faszinierenden Diagrammen und Zeichnungen, denen Zeitgenossen eine geradezu
prophetische Weitsicht zuschrieben. „Dass der Mann kein Verschwörungstheoretiker war,
sondern im Gegenteil detektivisch genau recherchierte, beweist die Wirkung seiner Bilder.
Ein Journalist des Wall Street Journal, der über die Bush-bin-Laden-Connection
recherchierte, soll geschlagene vierzig Minuten vor einer Grafik Lombardis verbracht haben
und immer wieder „Oh, mein Gott“ gemurmelt haben.“ (in: Süddeutsche Zeitung, 16. Januar
2004, S. 25) 2012 lief der Dokumentarfilm über Lombardis Lebenswerk Mark Lombardi –
Kunst und Konspiration der deutschen Filmemacherin Mareike Wegener in den deutschen
Kinos an.
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Schaut euch den Film Mark Lombardi – Kunst und Konspiration über den
amerikanischen Künstler Mark Lombardi an.
Was beeindruckt euch an dieser Persönlichkeit am meisten?
Betrachtet die Abbildung in Anhang. Inwiefern offenbart die Zeichnung die
Vorgehensweise und das Denken des Künstlers? Wie stellt Lombardi
Zusammenhänge her? Könnt ihr die Aussagen nachvollziehen, die der Künstler in
seinen Zeichnungen machen will?
Versucht euch selbst darin, einen komplizierten Sachverhalt oder ein Beziehungsnetz
zeichnerisch darzustellen! Worauf kommt es dabei an?
12) Reinhard Mey, Das Narrenschiff
Stufe: Ab Oberstufe.
Form: Liedtext analysieren.
Material: Musikvideo unter http://www.youtube.com/watch?v=8Lz_qPvKCsg&feature=kp;
Liedtext (siehe Anhang, S. 23f.).
Reinhard Mey ist 1942 in Berlin geboren und Sohn einer Lehrerin und eines Juristen. Er ist
bekannt geworden für seine gesellschaftskritischen, poetischen Lieder, in denen viel Gefühl
und häufig eine Prise leisen Humors mitschwingen. Mit dem Lied Das Narrenschiff greift
Reinhard Mey einen alten Topos auf, der auf das gleichnamige Buch von Sebastian Brant
aus dem Jahre 1494 zurück geht. Es handelt sich dabei um das erfolgreichste
deutschsprachige Buch vor der Reformation. Das Narrenschiff ist eine spätmittelalterliche
Moralsatire, die eine verkehrte Welt beschreibt, in der die Narren regieren.
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Hört euch das Lied Das Narrenschiff von Reinhard Mey an. Lest dazu den Liedtext!
Worum geht es in diesem Lied? Wenn es Worte gibt, die ihr nicht versteht,
unterstreicht sie und schlagt sie nach!
Was denkt ihr, wofür steht das Narrenschiff? Inwiefern sind im Lied Das Narrenschiff
Anspielungen auf unsere Gesellschaft enthalten? Auf welche Themen?
Macht eine Recherche zum Thema „Narrenschiff“ im Internet! Auf welche Resultate
trefft ihr? Wie hat sich der Topos des Narrenschiffs im Laufe der Zeit verändert?
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13) Art Brut und Aussenseiterkunst
Stufe: Ab Mittelstufe.
Form: Exkursion, Kunstform kennenlernen.
Material: Papier und Schreibzeug.
Der Begriff „Art Brut“ stammt vom französischen Künstler Jean Dubuffet (1901-1985). Er
meinte damit ein “unverbildetes” kreatives Gestalten ausserhalb einer künstlerischen bzw.
kulturellen Bildung, frei von Akademismus und dem Kunstmarkt. Mit „Art Brut“ wollte Dubuffet
Kunst bezeichnen, die oft aus einer existenziellen Notwendigkeit entsteht, ohne Rücksicht
auf irgendwelche ästhetischen oder formalen Kriterien. Der Begriff „Outsider Art“ oder
„Aussenseiterkunst“ meint das Schaffen von Menschen, die der Art Brut nahe stehen, doch
von ihren Lebensumständen her in ein kulturelles Umfeld eingebunden sind. Gleichwohl
kümmern sie sich weder um zeitgenössische künstlerische Strömungen, noch um
irgendwelche technische oder ästhetische Konventionen. Im Grunde umschliesst
Aussenseiterkunst den ganzen Bereich von Naiver Kunst bis Art Brut, zumal die eindeutige
Zuordnung zur einen oder anderen Kategorie oft fragwürdig, manchmal gar unmöglich ist.
Auch in der Ausstellung Der helle Wahnsinn; das Leben jenseits von Normen werden
Werke der Art Brut bzw. Aussenseiterkunst präsentiert – künstlerische Arbeiten also, die
jenseits der Normen von akademischer Kunstausbildung und unabhängig vom
Betriebssystem Kunst entstanden sind. Um das Thema der Art Brut zu vertiefen, bieten sich
Exkursionen in drei weitere Institutionen in der Schweiz an: das Musée Visionnaire Zürich,
das Museum im Lagerhaus St. Gallen und die Collection de L’art Brut Lausanne.
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Überlegt euch: Weshalb entsteht Kunst, weshalb macht jemand Kunst? Habt ihr eine
Idee, was mit Aussenseiterkunst gemeint sein könnte? Macht eine Recherche im
Internet! Welche Definitionen und Beschreibungen findet ihr dazu? Fasst die
wichtigsten Punkte zusammen.
In der Schweiz gibt es mit dem Musée Visionnaire Zürich, dem Museum im
Lagerhaus St. Gallen und der Collecion de L’art Brut Lausanne gleich drei wichtige
Institutionen, die sich dem Thema Art Brut und Aussenseiterkunst widmen.
Recherchiert die drei Museen im Internet!
Organisiert im Klassenverband eine Exkursion zu einer der drei Institutionen! Bucht
auch eine Führung und bereitet für diese Führung gezielt einige Fragen vor.
Nachbereitung: Was hat euch am Museumsbesuch und an der Führung besonders
beeindruckt? Wurden eure Erwartungen erfüllt? Wieso ja? Wieso nein?
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14) Eva-Maria Bolz, Der Innere Monitor, 2013
Stufe: Ab Mittelstufe.
Form: Werkbetrachtung, Diskussion, gestalterische Übung.
Material: Abbildungen (siehe Anhang, S. 25), Zeichenmaterial.
Die deutsche Künstlerin Eva-Maria Bolz ist Synästhetikerin. Der Begriff „Synästhesie“ ist vom
altgriechischen synaisthanomai abgeleitet, was soviel heisst wie „mitempfinden“ oder
„zugleich wahrnehmen“. Man versteht darunter die Koppelung zweier oder mehrerer
Wahrnehmungsempfindungen: Wird eines der Sinnesorgane gereizt, reagiert ein weiteres
und schaltet sich ein. So gibt es zum Beispiel Menschen, die beim Hören von Musik
bestimmte Farben sehen (= auditiv-visuelle Synästhesie) oder beim Schmecken und
Riechen verschiedene Formen vor Augen haben (= Geschmack-Form-Synästhesie).
Eva-Maria Bolz hingegen ordnet Schriftzeichen und Ziffern jeweils einer bestimmten Farbe
zu (= graphemische oder lexikalische Synästhesie). Beim Lesen eines Textes sieht die
Künstlerin vor ihrem inneren Auge also eine farbige Komposition. Für ihre künstlerischen
Arbeiten hat Eva-Maria Bolz deshalb einen Schrifttyp entwickelt, der jeden Buchstaben durch
einen bestimmten Farbton ersetzt. Indem die Künstlerin literarische Texte auf diese Weise in
überaus ästhetische Farbtafeln übersetzt, werden auch für Nicht-Synästhetiker diese
normabweichenden Sinneseindrücke auf faszinierende Art und Weise nachvollziehbar.
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Habt ihr schon einmal vom Begriff „Synästhesie“ gehört? Was wird damit bezeichnet?
Was denkt ihr, ist es angenehm, Synästhetiker/in zu sein? Warum ja? Warum nein?
Schaut euch die Arbeiten von Eva-Maria Bolz an! Eva-Maria Bolz ist Synästhetikerin.
Was denkt ihr, was verbirgt sich hinter den Farbtafeln? Welche Sinneseindrücke
könnten hier aneinander gekoppelt sein?
Überlegt euch ein eigenes Code-System, indem ihr z.B. ein Musikstück nach Noten in
farbige Formen überführt oder eine mathematische Gleichung nach bestimmten
Formen codiert usw. Wie geht ihr als Nicht-Synästhetiker/innen dabei am besten vor?
Macht euch an die Umsetzung einer eigenen gestalterischen Arbeit, die das Thema
Synästhesie aufgreift!
15) „Ver-rückte“ Weltliteratur – Lewis Carrolls Alice im
Wunderland
Stufe: Ab Oberstufe.
Form: Textlektüre in Deutsch oder Englisch, Literaturanalyse; Filmanalyse.
Material: Ausgabe von Lewis Carroll, Alice im Wunderland (unter anderem siehe auch.
http://de.wikisource.org/wiki/Alice_im_Wunderland); Alice im Wunderland bzw. Alice in
Wonderland von Tim Burton, 2010; Artikel: Andrina L. Vögele, „Daddy, am I crazy?“..., in:
Vögele Kultur Bulletin, 96/2014, S. 37.
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Kaum jemand, der nicht schon von Alice im Wunderland gehört hätte: Kein Wunder, ist doch
der 1865 mit dem englischen Originaltitel Alice’s Adventures in Wonderland benannte
Kinderbuchklassiker des Schriftstellers Lewis Carroll unzählige Male illustriert, als
Bühnenstück verarbeitet, in künstlerischen Werken aufgegriffen und filmisch umgesetzt
worden. Die britische Zeitung The Guardian nahm 2009 sowohl Alice im Wunderland als
auch die 1871 erschienene Fortsetzung Alice hinter den Spiegeln in die Liste der 1000
Romane auf, die jeder gelesen haben sollte. In Zusammenhang mit einem
Ausstellungsbesuch von Der helle Wahnsinn; das Leben jenseits von Normen im Vögele
Kultur Zentrum und als wertvolle Allgemeinbildung eignet sich Alice im Wunderland sehr gut
als deutsche oder englische Klassenlektüre.
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Bestimmt habt ihr schon vom Literaturklassiker Alice im Wunderland gehört! Widmet
euch über einen längeren Zeitpunkt dem Buch, lest es auf Deutsch oder Englisch!
Teilt eure Klasse in Gruppen auf und teilt jeder Gruppe eines der Kapitel des Buches
zu. Jede Gruppe soll den Inhalt eines Kapitels zusammenfassen und für die anderen
einen kurzen Vortrag dazu halten.
Inwiefern unterscheidet sich Alice im Wunderland von anderen Büchern, die ihr
bisher gelesen habt? Was denkt ihr, ist Alice im Wunderland ein Buch für Kinder oder
ein Buch für Erwachsene? Begründet eure Meinung.
Alice im Wunderland wird auch dem Genre des literarischen Nonsens zugeordnet.
Informiert euch darüber, was mit Nonsens-Literatur gemeint ist. Inwiefern trifft diese
Klassifizierung auf Alice im Wunderland zu? Welche Aspekte der Geschichte
sprechen für, welche gegen eine Zuteilung zu Nonsens-Literatur?
Schaut euch zum Abschluss der Lektüre den Disney-Film Alice im Wunderland von
Tim Burton aus dem Jahre 2010 an! Wie stark hat sich der Film am Buch orientiert?
Vermisst ihr im Film Szenen, die im Buch eurer Meinung nach besonders wichtig ist?
Lest auch den Artikel von Andrina L. Vögele aus dem Vögele Kultur Bulletin und
diskutiert miteinander ihre These!
16) Klaus Pichler, Just the Two of Us, 2013
Stufe: Ab Mittelstufe.
Form: Werkbetrachtung, gestalterische Übung.
Material: Abbildungen (siehe Anhang, S. 25), Kostüme und Fotokameras.
In seiner Fotoserie Just the Two of Us thematisiert der 1977 in Österreich geborene Künstler
Klaus Pichler die verbreitete Sehnsucht, in eine andere Haut zu schlüpfen, zeitweise jemand
oder etwas anderes zu sein. Sich zu verkleiden ist eine Möglichkeit, ein Alter Ego zu
kreieren. Für seine Fotos setzte Pichler Menschen, die sich durch Masken und
Verkleidungen verwandeln und eine neue Identität anzunehmen, in ihren eigenen vier
Wänden in Szene. Dadurch sind irritierende, teils lustige, teils beängstigende Portraits von
Menschen und ihren Wunsch-Charakteren entstanden, die, obwohl sie die Identität der
Abgebildeten nicht im herkömmlichen Sinne wiedergeben, vielschichtige psychologische
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Deutungen zulassen.
- Schaut euch die Fotoserie Just the Two of Us von Klaus Pichler an!
- Wie wirken die Fotografien auf euch? Findet ihr sie seltsam, lustig, irritierend?
Beschreibt die Bilder und vergleicht sie untereinander!
- Was denkt ihr, was für Leute verbergen sich wohl hinter den aufwendigen Kostümen
und ungewöhnlichen Masken? Was könnte die abgebildeten Personen dazu verleitet
haben, sich in ihrer Freizeit so zu verkleiden?
- Was lässt sich anhand der Wohnungen über die abgebildeten Personen aussagen?
- Der Reiz von Pichlers Fotografien entsteht dadurch, dass sie ungewöhnliche und
unwirkliche Figuren und Wesen in absolut alltäglichen Wohnungen abbilden. Zwei
Welten prallen aufeinander. Erarbeitet ein eigenes fotografisches Projekt! Sucht dafür
verschiedene Settings, die möglichst alltäglich wirken (Pausenhof, Spielplatz,
Wohnung, Supermarkt). Überlegt euch, auf welche Art der Kostümierung ihr Lust
habt und verkleidet euch entsprechend. Macht euch in Teams (Verkleidete und
Fotografierende) auf und schiesst eure Bilder.
- Berichtet einander, wie die Reaktionen von Passanten und anderen Leuten auf eure
Fotoaktion ausgefallen sind.
- Stellt eure Fotoserien im Klassenzimmer oder im Schulhaus aus!
17) Wo Blumen wachsen: Versprechen einer anderen
Welt...
Stufe: Ab Mittelstufe.
Form: Diskussion.
Material: Zitat von Vincent van Gogh, Kurzinformationen zur Biografie des Malers (siehe
Anhang, S. 26).
„Die Normalität ist eine gepflasterte Strasse; man kann gut darauf gehen – doch es wachsen
keine Blumen auf ihr.“ So lautet ein Zitat des bedeutenden niederländischen Künstlers
Vincent van Gogh (1853-1890). In die Kunstgeschichte eingegangen ist er nicht nur als
Maler und Zeichner faszinierender, von eigenständiger Expressivität geprägter Gemälde,
sondern auch als Getriebener, Rastloser, der sich 1888 nach einem Streit mit dem Maler
Paul Gaugin sogar ein Ohr abgeschnitten haben soll. Dieser Vorfall – über den verschiedene
Theorien kursieren – sowie seine Tagebuchaufzeichnungen brachten dem Maler den Ruf
des „wahnsinnigen Genies“ ein. Van Gogh hinterliess um die 860 Gemälde und über 1000
Zeichnungen, die alle in seinen letzten zehn Lebensjahren entstanden sind.
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Informiert euch anhand von Büchern und im Internet über den Künstler Vincent van
Gogh und diskutiert vor dem Hintergrund seiner Biografie über das vorliegende Zitat!
Was könnte der Künstler mit dieser Aussage gemeint haben?
Schaut euch in Büchern oder im Internet Werke von Vincent van Gogh an. Was denkt
ihr, inwiefern kann ein Kunstwerk Spiegel eines Zustands oder einer Befindlichkeit
sein? Inwiefern öffnet uns die Kunst von Vincent van Gogh die Augen und wofür?
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Anhang
1) Wahnsinn – Der Aufsatz
„Genie und Wahnsinn liegen oft dicht beieinander.“
(Deutsche Redensart)
„Den Wahn erkennt natürlich niemals, wer ihn selbst noch teilt.“
(Sigmund Freud (1856-1939), österreichischer Psychiater und Begründer der Psychoanalyse)
„Die häufigste Krankheit ist die Diagnose.“
(Karl Kraus (1874-1936) österreichischer Schriftsteller)
„Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen
gebracht haben.“
(George Bernard Shaw (1856-1950), irisch-britischer Schriftsteller)
„In jeder grossen Trennung liegt ein Keim von Wahnsinn; man muss sich hüten, ihn
nachdenklich auszubrüten und zu pflegen.“
(Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), deutscher Dichter)
„Ich schreibe so lange, bis der Leser davon überzeugt ist, in der Hand eines erstklassigen
Wahnsinnigen zu sein.“ (Stephen King (*1947), US-amerikanischer Schriftsteller)
4) Die Regierung – Eine ganz normale Familie
In der Fabrik leben «normale» und behinderte Menschen als Grossfamilie
zusammen. Neben vielem anderem widmen sie sich der Malerei und musizieren
unter dem Bandnamen «Die Regierung». (Bild: Giorgia Müller / NZZ)
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„Du bist ja verrückt!“
in: NZZ, 23.11.2013; von Walter Aeschimann
Inklusion ist ein neueres gesellschaftliches Modell. Es anerkennt die Vielfalt als normal. Im
Toggenburg gibt es eine Grossfamilie, welche nach diesem Ansatz seit rund dreissig Jahren
lebt.
Massimo Schilling zeichnet nur mit Tusche und Tintenfeder. Kleine, ovale Striche, die er
geduldig aneinanderreiht. Bis sich unzählige dieser Miniaturen zur geheimnisvollen Struktur
verbinden. „Komm her! Wenn du lange auf das Bild schaust, bewegt es sich“, sagt er stolz.
Fünf Männer, jeder in sein Werk vertieft, arbeiten im Atelier, durch dessen Fenster fahles
Herbstlicht drängt. Franco Scagnet entwirft perspektivisch grandiose Grossstadtbilder,
Hanspeter Dörig tupft Tausende von farbigen Punkten auf den weissen Untergrund, Martin
Baumer ist vom Thema Alpaufzüge fasziniert, und Roland Altherr hat sich der naiven Malerei
verschrieben. „Jeder hat seinen Stil entwickelt. Es ist schön, dass sie einander nicht
kopieren“, sagt Heinz Büchel.
Wir sind zu Gast bei der Grossfamilie, die vom Ehepaar Heinz und Helena Büchel-Schmid
geleitet wird und in Ebnat-Kappel eine ehemalige Textilfärberei bewohnt. Möglich sind auch
andere Definitionen: sozialpädagogisches Modell, Künstlerkollektiv, Musikband,
Theatergruppe, sozialtherapeutische Wohngemeinschaft oder Gastrounternehmen. Sicher
ist, dass es sieben Menschen sind, jeder mit einer individuellen, nach gängigen Kriterien fünf
mit einer geistigen und zwei mit einer „ganz normalen Behinderung“.
Bedenken von Pädagogen
Die Grossfamilie entstand aus unterschiedlichen Notwendigkeiten, vor allem aber aus dem
Drang, einen eigenen Weg zu gehen. Nach der Ausbildung zum Koch studierte Heinz Büchel
Sozialpädagogik. Er arbeitete als Praktikant in einem Wohnheim für geistig behinderte
Jugendliche und betreute eine Gruppe Buben. Obwohl damals eine durchaus progressive
Institution, zweifelte er bald an deren Ausrichtung. Die fixen Tagesabläufe störten ihn, es
existierte kein Entwurf, was mit den Buben in Zukunft geschehen sollte. „Üblich war, sie in
ein Heim zu stecken und mit künstlicher Beschäftigung zu therapieren, ein Leben lang.“ Als
er seine „Jungs“ im Hochsommer wieder einmal um halb neun Uhr abends ins Bett schicken
sollte, hängte es ihm aus. Er nahm die Buben mit und gründete 1981 eine eigene soziale
Institution direkt an der Thur im Toggenburg.
„Ich glaube, sie haben ein interessantes Leben“, sagt das Ehepaar Büchel-Schmid. Ein
Leben, das sie zusammen aufgebaut und gestaltet haben. Ein Leben auch, in dem sich
eines aus dem anderen ergeben hat: von der Musik über die Malerei bis zur Gastronomie.
„Martin Baumer ist mit der Handorgel und Massimo Schilling mit der Gitarre auf die Welt
gekommen“, sagt Heinz Büchel. Er selber hat in verschiedenen Bands gespielt, ein
Musiklehrer brachte den anderen das Spiel auf den Instrumenten näher. Als Musikgruppe
Die Regierung tourten sie durch die Schweiz, waren in München, Berlin und Hamburg, auf
Festivals in Genf, eine Woche in Paris. Sie traten mit bekannten Künstlerinnen wie Irène
Schweizer auf. Mit der Sängerin Vera Kaa nahmen sie eine CD auf. Einmal, 2003, als der
Kanton St. Gallen seinen Beitritt zur Schweizerischen Eidgenossenschaft vor 200 Jahren
feierte, inszenierten sie mit der richtigen Regierung ein Projekt. Ein Regierungsrat kam für
einen Tag in die Fabrik. Dessen Regierungsstuhl in der Altstadt von St. Gallen besetzte
jemand aus der Grossfamilie.
Nach der Musik kam die Malerei hinzu. Bald interessierten sich Galeristen und
Museumsdirektoren intensiv für die Werke, hefteten ihnen das Etikett „Art brut“ an und
wollten die etablierte Kunstwelt damit bereichern. Das war nicht die Idee der Büchels. Die
Bilder hängen nun als permanente Ausstellung in den grossen Fabrikräumlichkeiten, ins
Oberlicht getaucht, umrahmt von einer aussergewöhnlichen Pflanzenwelt, von
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selbstgestalteten Skulpturen, von Lichtgirlanden aus roten „Handy“-Plastic-Flaschen und
sonst noch allerlei. Exklusiv für die Fotografin und den Schreibenden gibt Die Regierung ein
kurzes Live-Konzert auf der kleinen Bühne in der Fabrik, arabische Lieder, Tanzmusik,
experimentelle Appenzellerklänge, alles Eigenkompositionen. Franco Scagnet streichelt mit
den Schlegeln über das Xylofon und den Gong. Er kann nicht sprechen, auch nicht hören,
und trotzdem fügen sich die weichen Töne harmonisch ins ganze Klangbild ein. Heinz
Büchel gibt mit seiner Bassgeige den Rhythmus vor, Helena Büchel nimmt diesen mit dem
Zimbal auf, und langsam steigen die anderen mit ihren Instrumenten ein, ehe Martin Baumer
das Mikrofon ergreift und zum arabisch inspirierten Gesang anhebt.
„Als wir vor 20 Jahren begonnen haben, gab es kritische Bedenken, ob Menschen mit einer
Behinderung auf die Bühne dürfen – selbst unter progressiven Pädagogen“, erzählt das
Ehepaar Büchel-Schmid. Über sozialpädagogische Konzepte reden sie auch heute nicht so
viel. Lieber sprechen sie von einem „normalen, ehrlichen Leben“: „Wir leben unsere
Leidenschaft für die Musik, Kunst und Kulinarik. Davon profitieren auch die Jungs, weil wir
sie damit für die Arbeit motivieren und begeistern können. Wir nehmen sie mit und lassen sie
nach ihren Fähigkeiten teilhaben an dem, was uns interessiert.“
Wenn diese Grossfamilie einem modernen sozialpädagogischen Entwurf entspricht, dann
wohl jenem der Inklusion. Inklusion beschreibt ein Konzept, wie Menschen in der
Gesellschaft zusammenleben. Wesentlich ist dabei, die Vielfalt als normal zu akzeptieren,
keine Unterschiede zwischen „normal“ und „nicht normal“ zu definieren. Die Gesellschaft hat
sich derart einzurichten, dass alle am täglichen Leben teilhaben können. Inklusion geht somit
viel weiter als Integration. Das Prinzip ist in der Uno-Konvention über die Rechte von
Menschen mit Behinderung von 2008 nicht nur festgehalten. Es hat einen zentralen
Stellenwert. Bisher haben 128 Staaten das Übereinkommen ratifiziert. Die Schweiz ist nicht
dabei. Das Geschäft wird derzeit fast unbemerkt im Bundesparlament behandelt.
Verzicht auf Staatsbeiträge
Inklusion, sagen Kritiker, sei als gesellschaftliches Gesamtkonzept nicht durchführbar und zu
teuer. Heinz und Helena Büchel reden auch nicht über den Begriff. Sie haben ihre Ideen und
Anliegen aber ständig vor Behörden und Expertengremien vorgetragen. Die Reaktionen
waren immer wohlwollend, öfters gar begeistert. Projekte mit einem ganzheitlichen Ansatz
gibt es trotzdem kaum. Unterdessen halten sie keine Vorträge mehr. „Wir reden nicht mehr
davon, wir leben es lieber vor.“ Weil die Grossfamilie selbst heute nicht in Normen passt, die
soziale Dachorganisationen definieren, haben sie sich vor sieben Jahren auch abgekoppelt
vom „Sozialkuchen“. Sie verzichten auf kantonale Betriebsbeiträge, auf die sie Anspruch
hätten. Auflagen müssen sie weiterhin erfüllen, wie andere Heime auch. Aber einen grossen
Teil des Lebensunterhaltes wollten sie selbst verdienen.
Und definierten sich deshalb neu als Gastronomen. Die Leute kommen seither in die Fabrik,
wenn sie die Bilder, die Musik und selbstgemachte Teigwaren geniessen wollen. Im
Restaurant „Die Fabrikkantine“ bieten sie Gesellschaften ein Gesamterlebnis vom Apéro bis
zum Dessert an. Nach dem Hauptgang bittet Die Regierung jeweils zum Konzert. Das Team
ist eingespielt. Heinz und Helena Büchel kochen, Altherr hilft beim Vorspülen, Baumer ist ein
ausgezeichneter Kiwi-Schäler und zerkleinert die Kartonschachteln, Dörig hackt das Holz,
Schilling richtet die Kerzenleuchter auf den Tischen und assistiert beim Apéro. Scagnet
schliesslich hilft in der Küche. Künftig will die Grossfamilie den Gastrobetrieb und das
Konzept erweitern und weitere Arbeitsplätze schaffen. „Wir möchten uns vermehrt um die
Gäste kümmern. Das kam zu kurz.
Um die Ideen umzusetzen, reduzieren sie die externen Konzertauftritte. Dies ist mit Wehmut,
aber auch mit einer Spur Erleichterung verbunden. Obwohl sich die „Jungs“ noch immer
freuen über das Hotelzimmer mit Fernseher, ist die Reiserei nicht mehr nur die reine Lust.
Eine letzte Tournee an jene Orte, an denen sie am liebsten aufgetreten sind, wollen sie noch
verwirklichen. Im nächsten Jahr vielleicht.
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Franco Scagnet ist aufgeregt, weil der Winter naht. Er hat sich eine Modelleisenbahn gebaut,
die sein Zimmer fast zur Hälfte füllt. Wenn draussen der erste Schnee gefallen ist, kleidet er
diese Miniaturlandschaft in Weiss. Im Frühling lässt er den Schnee wieder schmelzen. Weil
wir seine Modelleisenbahn besichtigen durften, sind wir ihm auch etwas schuldig. Er macht
von der Fotografin und mir ein Polaroidbild. Dann schreiben wir Namen und Alter darauf. Das
Bild kommt in sein Archiv. Das macht er mit allen Besuchern so.
Im Wohnhaus, ans Fabrikgebäude angelehnt, hat jeder ein eigenes Zimmer nach seinen
eigenen Bedürfnissen eingerichtet. Das Gelände ist ideal für die Erfordernisse der
Grossfamilie. Wohnen und arbeiten am gleichen Ort, die Freizeit können sie von der
Haustüre aus gestalten. Täglich eine Stunde walken, bei schlechtem Wetter geht es in den
Fitnessraum, im Sommer baden sie im privaten Pool der Thur. Selbst in ferner Zukunft
brauchen sie nicht wegzuziehen, wenn sie eine Alters-WG gründen. Für die Büchels eine
realistische Idee. „Vielleicht müsste man baulich ein paar Dinge ändern. Ein Aussenlift wäre
nicht so schlecht“, sagt Helena Büchel. Ganz zum Schluss erzählt Heinz Büchel seinen
„Jungs“, dass ich mit dem Fahrrad von Zürich nach Ebnat-Kappel gekommen sei. „Was?“,
ruft Massimo Schilling aus: „Du bist ja verrückt!“ „Genau“, sage ich. Wir geben uns die Hand.
Quelle: http://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/du-bist-ja-verrueckt-1.18190646
20
5) Emil Manser – Ein Luzerner Stadtoriginal
Quelle:
https://www.google.ch/search?q=emil+manser&client=safari&rls=en&tbm=isch&tbo=u&sourc
e=univ&sa=X&ei=T1ZaU_f0OMP17AaplICYDg&ved=0CCsQsAQ&biw=1920&bih=1040
8) Wahnsinns-Typen – Wie gestört muss man sein, um
Besonderes zu leisten?
Artikel abrufbar unter:
http://www.zeit.de/2013/34/psychopaten-irre-erfolgreich-manager
21
11) Marc Lombardi – Kunst und Konspiration
Mark Lombardi, Global International Airways and Indian Springs State Bank, Kansas City, ca. 1977-83 (4th
version), 1999, Buntstift und Graphit auf Papier, Courtesy the Galerie Thomas Schulte, Berlin.
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12) Reinhard Mey – Das Narrenschiff
Das Quecksilber fällt, die Zeichen stehen auf Sturm
Nur blödes Kichern und Keifen vom Kommandoturm
Und ein dumpfes Mahlen grollt aus der Maschine
Und Rollen und Stampfen und schwere See
Die Bordkapelle spielt: Humbatätärä
Und ein irres Lachen dringt aus der Latrine
Die Ladung ist faul, die Papiere fingiert
Die Lenzpumpen leck und die Schotten blockiert
Die Luken weit offen und alle Alarmglocken läuten
Die Seen schlagen mannshoch in den Laderaum
Und Elmsfeuer züngeln vom Ladebaum
Doch keiner an Bord vermag die Zeichen zu deuten
Der Steuermann lügt, der Kapitän ist betrunken
Und der Maschinist in dumpfe Lethargie versunken
Die Mannschaft, lauter meineidige Halunken
Der Funker zu feig um SOS zu funken
Klabautermann führt das Narrenschiff
Volle Fahrt voraus und Kurs aufs Riff!
Am Horizont Wetterleuchten - die Zeichen der Zeit:
Niedertracht und Raffsucht und Eitelkeit
Auf der Brücke tummeln sich Tölpel und Einfallspinsel
Im Trüben fischt der scharfgezahnte Hai
Bringt seinen Fang ins Trockne, an der Steuer vorbei
Auf die Sandbank bei der wohlbekannten Schatzinsel
Die andern Geldwäscher und Zuhälter, die warten schon
Bordellkönig, Spielautomatenbaron
Im hellen Licht, niemand muss sich im Dunklen rumdrücken
In der Bananenrepublik wo selbst der Präsident
Die Scham verloren hat und keine Skrupel kennt
Sich mit dem Steuerdieb im Gefolge zu schmücken
Der Steuermann lügt, der Kapitän ist betrunken
Und der Maschinist in dumpfe Lethargie versunken
Die Mannschaft, lauter meineidige Halunken
Der Funker zu feig um SOS zu funken
Klabautermann führt das Narrenschiff
Volle Fahrt voraus und Kurs aufs Riff!
Man hat sich glattgemacht, man hat sich arrangiert
All die hohen Ideale sind havariert
Und der grosse Rebell, der nicht müd wurde zu Streiten
Mutiert zu einem servilen, giftigen Gnom
Und singt lammfromm vor dem schlimmen alten Mann in Rom
Seine Lieder, fürwahr! Es ändern sich die Zeiten
Einst junge Wilde sind gefügig, fromm und zahm
Gekauft, narkotisiert und flügellahm
Tauschen Samtpfötchen für die einst so scharfen Klauen
Und eitle Greise präsentieren sich keck
Mit immer viel zu jungen Frauen auf dem Oberdeck
Die ihre schlaffen Glieder wärmen und ihnen das Essen vorkauen!
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Der Steuermann lügt, der Kapitän ist betrunken
Und der Maschinist in dumpfe Lethargie versunken
Die Mannschaft, lauter meineidige Halunken
Der Funker zu feig um SOS zu funken
Klabautermann führt das Narrenschiff
Volle Fahrt voraus und Kurs aufs Riff!
Sie rüsten gegen den Feind, doch der Feind ist längst hier
er hat die Hand an deiner Gurgel, er steht hinter dir
Im Schutz der Paragraphen mischt er die gezinkten Karten
Jeder kann es sehen, aber alle sehen weg
Und der Dunkelmann kommt aus seinem Versteck
Und dealt unter aller Augen vor dem Kindergarten
Der Ausguck ruft vom höchsten Mast: Endzeit in Sicht!
Doch sie sind wie versteinert und sie hören ihn nicht
Sie ziehen wie Lemminge in willenlosen Horden
Es ist als hätten alle den Verstand verloren
Sich zum Niedergang und zum Verfall verschworen
Und ein Irrlicht ist ihr Leuchtfeuer geworden
Der Steuermann lügt...
lalalalala...
Der Steuermann lügt...
Quelle: http://www.songtexte.com/songtext/reinhard-mey/das-narrenschiff-23da04d3.html
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14) Eva-Maria Bolz, Der Innere Monitor, 2013
Eva-Maria Bolz, Der Innere Monitor (Die Nachtigall und die Rose, Oscar Wilde), (Die kahle Sa ngerin 1. und 11.
Szene, Eugène Ionesco), (Gegen den Strich 1. Kapitel, Joris-Karl Huysmans), 2013, Courtesy the artist.
16) Klaus Pichler, Just the Two of Us, 2013
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Klaus Pichler, Aus der Serie: Just the Two of Us, 2013, Inkjet Print auf Hahnemühle, Courtesy the artist and
Anzenberger Gallery, Wien.
17) Wo Blumen wachsen: Versprechen einer anderen
Welt...
Vincent van Gogh, Selbstportrait mit abgeschnittenem Ohr, 1889, Öl
auf Leinwand, 51 x 45 cm, Sammlung Mr. and Mrs. Leigh B. Block,
Chicago.
„Die Normalität ist eine gepflasterte Strasse; man kann gut darauf gehen – doch es wachsen
keine Blumen auf ihr.“ (Vincent van Gogh (1853-1890), niederländischer Maler und Zeichner,
gilt als einer der Begründer der Modernen Malerei.)
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