Kastration von Streunerkatzen - praktischer Ablauf an einer

Transcription

Kastration von Streunerkatzen - praktischer Ablauf an einer
Kastration von Streunerkatzen - praktischer Ablauf an einer Universitätsklinik
und internationaler Vergleich
Ao Prof.in, Dr.in Sabine Schäfer-Somi
Plattform für Künstliche Besamung und Embryotransfer
Vetmeduni Wien
An der Universitätsklinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie werden seit
2006 regelmäßig Kastrationen von Streunerkatzen durchgeführt und die Daten wie
Fangplätze, Geschlecht und geschätztes Alter auch im Computersystem gespeichert.
Die Tiere werden von Februar bis Anfang Dezember – solange noch keine
Minusgrade vorliegen – gefangen und 2 bis 6 Katzen pro Woche operiert. Die Anzahl
der gebrachten Tiere war wie folgt: 2006/35, 2007/38, 2008/91, 2009/102, 2010/38,
2011/59, 2012/50, 2013/43, 2014/59, abhängig von den organisatorischen
Möglichkeiten.
Die Katzen und Kater werden an der Klinik im Rahmen des sogenannten Speziellen
Trainings mit und teilweise auch von StudentInnen kastriert, abhängig vom
Ausbildungsstadium. Die StudentInnen bekommen im Rahmen der klinischen
Übungen, während der sie sich klinische Grundlagen aneignen, die Möglichkeit, mit
geübten AssistentInnen zu operieren. So sind Instrumente und Prozedere sowie die
Grundregeln der Hygiene schon bekannt, wenn sie ein Jahr später nach
theoretischer Einführung aktiv operieren dürfen.
Die Katzen werden zunächst von AssistentInnen und StudentInnen gemeinsam
durch die Käfigstäbe untersucht, dabei wird auf Atmung, Nasen- und Augenausfluss,
Haarkleid und Gesäugeanbildung geachtet. Sind Krankheitssymptome sichtbar, wird
die Katze nicht in Narkose gelegt. Ist eine hochgradige Gesäugeanbildung sichtbar,
wird die Katze an den Fangplatz zurückgebracht, um die Ernährung der Welpen
sicher zu stellen. Die Katze bekommt dann durch die Gitterstäbe eines Zwangskäfigs
eine intramuskuläre Injektion aus Ketamin und Xylazin. In Narkose erfolgt die
weitere, genaue Untersuchung des Tiers: die Hautoberfläche wird nach
Ektoparasiten und Verletzungen abgesucht, die Ohren auf Ohrmilben untersucht, die
Zähne und das Zahnfleisch auf Vollständigkeit bzw. Entzündung. Weibliche Katzen
werden abdominal palpiert und falls verdächtig sonographisch auf Trächtigkeit
untersucht. Tragende Kätzinnen werden ab der Mitte der Gravidität nicht mehr
operiert sondern an den Fangplatz zurückgebracht. Ein Gatter zur Aufnahme und
Beobachtung dieser Tiere ist in Planung, die Geburt kann dann beaufsichtigt werden
und die Katze nach Absetzen der Kätzchen kastriert werden. Die Welpen sollen
vermittelt werden.
Alle Katzen und Kater, die operiert werden, bekommen auch einen Mikrochip, die
Nummer wird auf einem Protokoll vermerkt, das auch weitere Daten wie Alter,
Gewicht, Laktation, Gravidität, Erkrankungen… enthält. Seit 2013 werden sie
zusätzlich gegen Herpes- und Calicivirus- sowie Parvovirusinfektion geimpft. Sie
bekommen zur Injektionsnarkose ein NSAID mit stark analgetischer Wirkung
1
(Tolfedine®) und ein Antibiotikum mit Wirkspiegel über 48 h subcutan verabreicht
(Amoxicillin, Duphamox®). Die Narkose wird mit Isofluran/Sauerstoff Maske
aufrechterhalten. Postoperativ wird seit 2013 ein spot on Präparat gegen
Rundwürmer und Flöhe zwischen die Schulterblätter verabreicht.
Verletzte Tiere werden nach Möglichkeit versorgt – teilweise auch chirurgisch –
kranke Tiere so gut wie möglich behandelt und dann zur Beobachtung noch einige
Tage in der Obhut der Mitarbeiter der 4Pfoten belassen.
Offensichtlich gesunde Katzen und Kater werden in Vollnarkose kastriert. Bei
weiblichen Tieren wird bei veränderter Gebärmutter das gesamte Organ mitsamt den
Eierstöcken entfernt (Ovariohysterektomie), bei gesunder Gebärmutter nur die
Eierstöcke und die Spitze der Uterushörner (Ovarektomie). Gleichzeitig vorhandene
Probleme wie Nabelbrüche oder Leistenhernien werden dabei mitbehandelt,
kommen jedoch sehr selten vor. Die Kater werden bedeckt oder unbedeckt kastriert,
der Hodensack jedoch offen gelassen. Alle Tiere werden nach der Operation
sorgfältig in ihre Körbe zurückgelegt, wobei auf richtige und trockene Lagerung
geachtet wird und werden am nächsten Tag in die Freiheit entlassen.
Eine erste Auswertung der Daten von 2014 ergab, dass die hier operierten 59 Tiere
3,22 ± 0,84 kg schwer waren und das geschätzte Alter 3 Monate bis 6 Jahre betrug.
Sie waren bis auf eine gut genährt. Es waren 30 Tiere weiblich, davon 7 tragend,
davon 2 in der 4. und 5. Woche, so dass sie noch kastriert werden konnten, die
anderen 5 wurden wieder in die Freiheit entlassen. Zwei Kätzinnen waren bereits
kastriert. Insgesamt 27 Kater wurden gebracht, davon waren 2 bereits kastriert.
12 Katzen hatten Ektoparasiten, zwei Milben, sieben Flöhe, eine Zecken und zwei
Katzen Flöhe und Zecken. 15 Tiere hatten Verletzungen (8x Kratzer und Narben, 2x
Schwanzabriss, 3x verletzte Kralle, 1x abgebrochener Zahn). 2 Tiere hatten
Schnupfensymptome. Sehr häufig waren auch bei sehr kleinen Jungtieren (< 2 kg)
schon Follikel auf den Eierstöcken zu sehen. Es wurden keine Erkrankungen des
Reproduktionstraktes oder Gesäuges festgestellt. Sehr selten waren Missbildungen
(nur ein Uterushorn zB, höchstens 1 Fall / Jahr). Kein Tier ist in Narkose gestorben.
Die wissenschaftliche Auswertung aller bis jetzt gesammelten Daten – klinischer,
parasitologischer und serologischer - soll demnächst im Rahmen von Diplomarbeiten
erfolgen.
Anschrift der Autorin:
A.Prof. Dr. Sabine Schäfer-Somi
Plattform für Besamung und Embryotransfer
Vetmeduni Wien
Veterinärplatz 1
A-1210 Wien
Tel +43 1 25077 6416
e-mail: sabine.schaefer@vetmeduni.ac.at
2