Luigi Lucheni – Der Mann hinter der Feile

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Luigi Lucheni – Der Mann hinter der Feile
Luigi Lucheni – Der
Mann hinter der Feile
Über die Ermordung Kaiserin Elisabeths sind wir bis zu
ihrem letzten Atemzug, den sie auf dem Schiff am
Genfer See tat, bestens informiert. Ungleich
spannender ist, was mit ihrem Mörder geschah und
wieso er erst im Jahr 2000 beigesetzt wurde. Sein Kopf
zumindest.
Elisabeth fiel am 10. September 1898 einem Attentat zum
Opfer. Ein Mann erstach die Kaiserin in ihrem 61. Lebensjahr
mit einer Feile.
Was trieb den jungen Mann zu einer solchen Tat? Lucheni
wurde im April 1873 als Sohn einer Arbeiterin italienischer
Abstammung in Paris geboren. Er wuchs in einem Waisenhaus
auf und musste seit seinem zehnten Lebensjahr hart arbeiten.
Mit 20 Jahren trat Lucheni in den Militärdienst, nahm am
Abessinienfeldzug teil und hatte danach für kurze Zeit eine
Anstellung beim Fürsten von Aragon. Zumeist aber lebte
Lucheni mehr schlecht als recht von Gelegenheitsarbeit. Sein
Hass gegen die Aristokratie wuchs beständig, bis Lucheni
beschloss, seiner Verbitterung durch ein Attentat Ausdruck
zu verleihen.
Seiner Verhaftung widersetzte Lucheni sich nach der Tat nicht
und forderte für sich die Todesstrafe, um als politischer
Märtyrer in die Geschichte einzugehen. Doch sein Antrag auf
Auslieferung nach Italien, wo dies möglich gewesen wäre,
wurde abgelehnt, und Lucheni wurde nach den Gesetzen des
Kantons Genf zu lebenslanger Kerkerhaft verurteilt. Zwölf Jahre
später fand man ihn erhängt mit einem Gürtel in seiner
Dunkelzelle. „Selbstmord“ lautete die offizielle Version, über die
es freilich eine Reihe von Unklarheiten gibt; jedenfalls war das
Gefängnispersonal erleichtert, den als unbequem und
hinterhältig geltenden Insassen nicht mehr in Gewahrsam
zu haben.
Sieht man dem Gehirn eines Mörders seine Veranlagung an?
Um dieser Frage nachzugehen, untersuchten Wissenschaftler
Teile von Luchenis Leichnam, ohne jedoch Abnormitäten
festzustellen. Danach verschloss man die Schädeldecke und
konservierte den Kopf des Mörders in einem Glasbehälter mit
Formaldehyd. „Durch die nicht ganz klare Flüssigkeit, die seinen
Kopf ein wenig verformt, hat er etwas Grauenerregendes. Die
Augen sind halb geöffnet und der leicht verzerrte Mund gibt
den Blick auf einwandfreie Zähne frei“, wird 1920 berichtet.
1985 kam das Objekt auf Ansuchen Österreichs nach Wien zur
Aufbewahrung im Narrenturm, einem Teil des pathologischanatomischen Bundesmuseums. Prinzipiell war keine öffentliche
Ausstellung des Kopfes vorgesehen; doch wurde der
Narrenturm speziell an Gedenktagen belagert. So entschloss
man sich 2000, der Neugier ein Ende zu setzen und den Kopf
von Sisis Mörder in den Anatomiegräbern am Wiener
Zentralfriedhof zu bestatten. Die Mordwaffe jedoch, die sich in
Gewahrsam des Museums für gerichtliche Medizin befand, ist
heute im Sisi-Museum in der Wiener Hofburg zu sehen.
Autor
Sonja Schmöckel
Literatur
Lichtscheidl, Olivia: „Luigi Lucheni – der Mörder der Kaiserin“, in:
Schönbrunn Journal, September 2008, S. 5