Freie Leichtketten im Serum
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Freie Leichtketten im Serum
12 akademie INHALT 12 –13: Monoklonale Gammopathien 14 –15: Neuer Biomarker: Leptin 16 –19: von-Willebrand-Syndrom Monoklonale Gammopathien Freie Leichtketten im Serum Aktuelle Leitlinien empfehlen eine Kombination aus Serumtests für die Diagnostik des Multiplen Myeloms und anderer Plasmazellerkrankungen. Das Multiple Myelom Treten entartete Plasmazellen an mehreren Stellen im Skelett auf, spricht man vom Multiplen Myelom. Bei nur einer befallenen Stelle wird die Erkrankung auch als Plasmozytom bezeichnet. Die Multiplen Myelome können je nach Art des sezernierten M-Proteins in drei Gruppen unterteilt werden: Den größten Anteil (etwa 80 %) machen die Multiplen Myelome mit Produktion von monoklonalen intakten Immunglobulinen aus. Diese Myelome bilden in zirka 90 % der Fälle zusätzlich auch monoklonale Freie Leichtketten (z. B. IgG-Kappa und Freies Kappa). Bei 15 bis 20 % der Multiplen Myelome handelt es sich um reine LeichkettenMyelome, die als Tumorprodukt aus- schließlich Freie Leichtketten bilden. Im Urin werden die Freien Leichtketten nach Ihrem Entdecker auch als BenceJones-Proteine bezeichnet. Die dritte und seltenste Untergruppe (1-5% der Myelome) stellen die nonsekretorischen Myelome dar, die kein elektrophoretisch nachweisbares Paraprotein bilden. Seit Einführung des Serumtests für Freie Leichtketten (Freelite®) konnte gezeigt werden, dass bei zwei Drittel der ursprünglich als Nonsekretoren eingestuften Myelome Freie Leichtketten messbar sind. Das revolutionierte die Verlaufskontrolle bei diesen Patienten, da nun ein einfacher Serumtest als Verlaufsparameter zur Verfügung stand. Symptome des Multiplen Myeloms Die Erkrankung beginnt oft symptomarm und schleichend. Leitsymptome für das Multiple Myelom sind Knochenschmerzen und Osteolysen, im fortgeschrittenen Stadium auch Wirbelkörperfrakturen oder Spontanfrakturen der Röhrenknochen. „Osteoporose“ wird deshalb häufig als Fehldiagnose gestellt. Da Freie Leichtketten ein nephrotoxisches Potential haben, liegt bei 30 bis 50 % der Patienten mit Multiplem Myelom bei Diagnosestellung eine Niereninsuffizienz vor. Häufigste Ursache für ein Nierenversagen (und häufigste Todesursache bei Myelom-Patienten in den ersten drei Monaten) ist die CastNephropathie („Myelomniere“). Daher sollte bei ungeklärter Nierenfunktionsstörung das Vorliegen monoklonaler Freier Leichtketten überprüft werden. Bei Myelom-Patienten kommt es durch das beim Knochenabbau freigesetzte Kalzium und durch die Verdrängung der normalen Blutbildung im Knochenmark oft zum Auftreten einer Hyperkalzämie und/oder Anämie. Das Wachstum der Plasmazellen führt zu Knochenschmerzen und Auflösung der Knochen bis zu spontanen Knochenbrüchen. 1_2011 Foto: Kaulitzki/Fotolia Monoklonale Gammopathien, wie z. B. das Multiple Myelom, sind Erkrankungen des Knochenmarks und gehen mit der Vermehrung monoklonaler Plasmazellen einher. Diese Plasmazellen bilden als M-Proteine monoklonale intakte Immunglobuline und/oder monoklonale freie Immunglobulin-Leichtketten. Die Freien Leichtketten können dabei vom Typ Kappa (κ) oder vom Typ Lambda (λ) sein. Die Labordiagnostik spielt – neben der klinischen Befundstellung – eine wichtige Rolle beim Nachweis und der Differenzialdiagnose Monoklonaler Gammopathien. Die klinisch bedeutsamste maligne Monoklonale Gammo-pathie ist das Multiple Myelom. 13 Zudem treten häufig Allgemeinsymptome wie Müdigkeit, Fieber, Gewichtsverlust, nächtliches Schwitzen oder Übelkeit auf. Eine vermehrte Infektanfälligkeit resultiert aus einer Immunsuppression bzw. der Produktion monoklonaler, nicht funktionstüchtiger Immunglobuline. Zur Definition einer Organschädigung und als Erinnerungshilfe für die häufigsten Komplikationen wird oft das englische Akronym „CRAB“ verwendet. CRAB-Kriterien: C – Calcium erhöht, R – Renale Dysfunktion/Niereninsuffizienz, A – Anämie, B – Bone disease/Knochenbeteiligung. Labordiagnostik des Multiplen Myeloms In der aktuellen Leitlinie „Multiples Myelom“ (Stand: 6/2010) der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) wird bei Verdacht auf Multiples Myelom unter anderem die Bestimmung der Freien Leichtketten empfohlen. Zum Ausschluss von bzw. bei Verdacht auf Monoklonale Gammopathien empfehlen die Leitlinien der International Myeloma Working eine Kombination aus drei Serumtests: Bestimmung der Freien Leichtketten im Serum plus Serumproteinelektrophorese (SPE) plus Immunfixation (IFE) im Serum. Mit dieser Testkombination wird die maximale Sensitivität im Nachweis des Multiplen Myeloms und anderer Plasmazellerkrankungen erreicht. Der Freelite-Test zur quantitativen Bestimmung der Freien Leichtketten im Serum ist seit 2001 verfügbar und ersetzt die Untersuchung des 24-Stunden-Urins. Nur bei Verdacht auf AL-Amyloidose wird zusätzlich die UrinIFE empfohlen. Der Nachweis der Freien Leichtketten im Serum ist aufgrund der weitgehenden Unabhängigkeit von der Nierenfunktion sinnvoller als der Nachweis im Urin. Außerdem kann es im Urin zu unspezifischen Reaktionen und Schwankungen der Ergebnisse kommen, da der Urin ein relativ instabiles Medium ist, welches eine große physiologische Variabilität aufweist. Der Freelite-Test setzt sich aus zwei immunologischen Tests zusammen: Die Konzentration an Freiem κ und λ wird bestimmt und anschließend das Verhältnis von κ zu λ, die κ/λ-Ratio, berechnet. Ein wichtiger analytischer Vorteil der Freien-Leichtketten-Bestimmung gegenüber den herkömmlichen Methoden – wie der SPE, IFE und Gesamt-Leichtketten-Bestimmung – liegt in der deutlich höheren Sensitivität und in der hohen Spezifität des Tests. Durch Freelite lässt sich die Diagnose, Therapie- und Verlaufskontrolle vieler Monoklonaler Gammopathien deutlich optimieren. MG unbestimmter Signifikanz MGUS ist eine asymptomatische, prämaligne Monoklonale Gammopathie. MGUS-Patienten haben ein lebenslanges Risiko einer Progression zum Multiplen Myelom oder zu einer anderen Plasmazellerkrankung. Das Progressionsrisiko beträgt zirka ein Prozent pro Jahr. Diagnostisch lässt sich die MGUS vom Multiplen Myelom dadurch unterscheiden, dass hier weniger als 10 % Plasmazellen im Knochenmark und M-Protein-Konzentrationen von < 3.0 g/dl vorliegen. Wichtigstes Kriterium für eine MGUS ist, dass keine durch das M-Protein bedingten Organschäden nachweisbar sind. Eine abnormale κ/λ-Ratio der Freien Leichtketten ist bei MGUS-Patienten ein unabhängiger Risikofaktor für eine Progression zu einer malignen Erkrankung. Anhand einer Risikobeurteilung können verschiedene Risikogruppen unterschieden werden. Unabhängige Risikofaktoren sind der Typ des M-Proteins (ein Nicht-IgG-Typ ist mit höherem Risiko verbunden), ein Serum M-Protein ≥ 1.5 g/dl, und eine abnormale κ/λ-Ratio. In aktuellen Leitlinien der DGHO und der International Myeloma Working Group wird die Durchführung der Risikostratifizierung bei jeder MGUS-Diagnose empfohlen. Die Zeitpunkte der Nachuntersuchung sind abhängig von der Risikoeinstufung. Fazit Um eine verspätete Diagnose zu vermeiden, sollte bei den typischen Beschwerden immer auch an ein Multiples Myelom gedacht werden. Durch eine umfassende Labordiagnostik ist eine sichere und frühe Diagnose des Multiplen Myeloms und anderer maligner Plasmazellerkrankungen möglich. Dadurch kann das Risiko für schwere oder irreversible Komplikationen (z.B. Nierenversagen oder Frakturen) verringert und damit die Prognose für den Patienten verbessert werden. Kontakt Gudrun Danzl Fachärztin für Laboratoriumsmedizin synlab MVZ Augsburg Telefon: 08 21 – 2 27 80 49 E-Mail: gudrun.danzl@synlab.com 1_2011