Forschung, Lehre und Beratung für Europa

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Forschung, Lehre und Beratung für Europa
Center for European
Forschung, Lehre und Beratung
für Europa
Zentrum für Europäische Integrationsforschung
1995 – 2015
Forschung, Lehre und Beratung
für Europa
Zentrum für Europäische Integrationsforschung
1995 – 2015
Inhalt
Vorwort
5
Prof. Dr. Christian Koenig / Prof. Dr. Ludger Kühnhardt
I.
Europa – Strukturen, Prozesse und Identitäten
9
1. Vertragsreformen
2. Regieren in der EU: Entscheidungs- und Handlungsprozesse
3. Identität und Globalität
13
27
45
II. Europäischer Binnenmarkt
63
1.
2.
3.
4.
5.
Wettbewerbs- und Beihilferecht
Regulierung der Pharmaindustrie
Regulierung der Telekommunikations- und Internetmärkte
Regulierung der Energiemärkte
Regulierung der Logistikmärkte
67
77
91
106
117
III. Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
127
1. Geld- und Fiskalpolitik
2. Wirtschaftspolitik
3. Regional- und Strukturpolitik
131
153
165
IV. Europas globale Rolle
173
1.
2.
3.
4.
5.
177
184
206
218
229
Gemeinsame EU-Außen- und Sicherheitspolitik
Erweiterungspolitik
Nachbarschaftspolitik
EU und die Weltmächte
EU und Regionalintegration in aller Welt
V. Aus- und Weiterbildung
261
1. Graduiertenausbildung
2. Sommerschulen
265
269
Vorwort
Das Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI) ist ein
interdisziplinäres Forschungs- und Weiterbildungsinstitut der Rheinischen
Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Das ZEI beteiligt sich seit seiner
Gründung durch Forschungsarbeiten, Politikberatung, Dialoge zwischen
Wissenschaft und Praxis sowie Angebote der Graduiertenausbildung und
Weiterbildungsmöglichkeiten an der Lösung bisher unbewältigter Probleme der
europäischen Einigung und der Gestaltung der Rolle Europas in der Welt.
Das ZEI kann im Mai 2015 auf zwanzig erfolgreiche Jahre seiner Arbeit
zurückblicken. Der Bonn-Berlin-Vertrag vom 29. Mai 1994 sah die Errichtung
eines „Zentrum für Europäische Integrationsforschung“ (ZEI) als zentrale
wissenschaftliche Einrichtung der Universität Bonn vor. Am 4. Mai 1995 hat der
Senat der Universität Bonn die Einrichtung des ZEI beschlossen. Das
Gesamtkonzept wurde in Absprache mit der Bundesregierung und dem Land
Nordrhein-Westfalen erstellt. Es basiert auf einem ursprünglichen Vorschlag des
Senats der Universität Bonn vom 11. Februar 1993. Der Senatsbeschluss vom 4.
Mai 1995 gilt als Gründungsdatum des „Zentrum für Europäische
Integrationsforschung“ (ZEI).
Gemäß dem Gründungsbeschluss des Senats der Universität Bonn vom 4. Mai
1995 lautet die Aufgabenstellung des ZEI wie folgt: „Das ZEI hat als eine fachund fakultätsübergreifende Einrichtung zum Ziel, Problemfelder politischer,
rechtlicher, wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und kultureller Integrationsdisparitäten im regionalen wie gesamteuropäischen Kontext zu untersuchen. Das
ZEI betreibt Grundlagenforschung im konzeptionellen Bereich, regt
Integrationsforschung an und koordiniert diese Bemühungen innerhalb der
Universität sowie nach außen hin. Das ZEI beteiligt sich an der Lösung konkreter
Integrationsprobleme und dient zudem der Praxisberatung. Insgesamt versteht
sich das ZEI als Plattform zur Diskussion grundsätzlicher Fragen, erarbeitet
Konzepte, Hypothesen und Modelle. Als Schnittstelle zwischen Theorie und
Praxis konzentriert sich das ZEI in besonderer Weise auch auf das ‚institution and
capacity building’ auf dem Gebiet der Integrationsforschung in Europa. Seine so
definierte Katalysatorfunktion kann das ZEI nur wahrnehmen durch konsequente
Öffnung nach außen, durch Einbezug von Gastwissenschaftlern sowie durch enge
Kooperation mit außeruniversitären Institutionen der Integrationsforschung, der
Integrationspraxis und der Europäischen Union.“
5
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700 Forschungsprojekte, davon 300 Drittmittelprojekte
640 eigene ZEI Publikationen, dazu unzählige externe Veröffentlichungen
400 Master-Absolventen
100 Doktoranden und Habilitanden
500 Mitarbeiter
200 internationale Gastforscher
32.000 Bücher und 1.500 Zeitschriften in der ZEI Bibliothek
17.000 monatliche Besucher der ZEI Homepage
zeugen von der Vielfalt und Ausstrahlung des ZEI in den bisherigen zwei
Jahrzehnten seiner Tätigkeit.
Seit dem Ende der Bundesfinanzierung 2005 verfügt das ZEI über Mitarbeiter und
Sachmittel, die zu annähernd fünfzig Prozent aus Drittmitteln finanziert werden.
Die anderen Mittel stammen aus dem Haushalt der Universität Bonn. Die
Wissenschaftler des ZEI publizieren Monographien, Beiträge in international
verbreiteten, häufig dem peer review-Verfahren folgenden Büchern und
Zeitschriften und beteiligen sich am Wissenschaftstransfer in wissenschaftlichen
oder praktisch orientierten, dem jeweiligen Publikum angepassten Medien. ZEI
Mitarbeiter haben zahllose Pressegespräche geführt, sowohl als
Hintergrundgespräch wie auch in Form von Interviews in Presse, Funk und
Fernsehen. In großer Zahl haben Wissenschaftler des ZEI öffentliche Vorträge in
aller Welt gehalten, in beratenden Funktionen gewirkt, Feldforschungen betrieben
oder sich zu Forschungsaufenthalten oder Gastprofessuren im In- und Ausland
aufgehalten.
Gemäß seinem Auftrag, innovative Angebote im Bereich der Fort- und
Weiterbildung bereit zu stellen, führt das ZEI ununterbrochen seit 1998 den
international angesehenen, einjährigen Aufbaustudiengang „Master of European
Studies. Governance and Regulation“ (MES) mit Dozenten aus ganz Europa
durch. Der ZEI-Master bietet herausragende Möglichkeiten für eine europäische
Karriere bzw. für eine Karriere mit Bezug zu den europäischen Integrationsentwicklungen.
Seit seiner Gründung 1995 hat sich das ZEI als Exzellenzzentrum in Fragen der
Europaforschung mit weltweiter Ausstrahlung etabliert. Der Nutzen des ZEI für
Wissenschaft, Politikberatung und die öffentliche Erörterung von Fragen der
Regionalintegration, auch in globalem vergleichendem Zusammenhang, ist
weithin anerkannt. Die Nachfrage nach Forschungsleistung, Weiterbildung und
6
Beratung durch das ZEI und seine Mitarbeiter übersteigt seit Jahren die
personellen Kapazitäten des ZEI.
Das ZEI wird auch in Zukunft seinen Beitrag zur europäischen Integration leisten.
Dieser Band gibt Auskunft über das bisher Geleistete, in einer Auswahl der
Forschungen, Publikationen, Beratungen und Ausbildungsaktivitäten des ZEI.
Prof. Dr. Christian Koenig, LL.M.
ZEI Direktor
Prof. Dr. Ludger Kühnhardt
ZEI Direktor
7
I.
Europa – Strukturen, Prozesse, Identitäten
1.
Vertragsreformen
1.1 Der Vertrag von Amsterdam (1997) und der Vertrag von Nizza (2001)
1.2 Europäischer Verfassungskonvent (2001-2003)
1.3 Europäischer Verfassungsvertrag (2003)
1.4 Der Vertrag von Lissabon (2007)
2.
Regieren in der EU: Entscheidungs- und Handlungsprozesse
2.1 Entwicklungen in den EU-Institutionen
2.2 Politische Parteien im Prozess der europäischen Integration
2.3 Europas Krisen – Europas Zukunft
3.
Identität und Globalität
3.1
Europäische Identität
3.2
Dialog der Kulturen
9
I.
Europa – Strukturen, Prozesse, Identitäten
Die Europäische Union steht für den Traum des Kontinents nach Frieden,
Sicherheit und wirtschaftlichem Wohlstand. Um diesen Traum zu verwirklichen,
wurden Verträge unterzeichnet, politische Organe entwickelt und unzählige
Diskussionen geführt, an deren Ende Entscheidungen mit Tragweite für
unterdessen über 500 Millionen Menschen stehen. Phasen der Stagnation und
des Stillstands, aber auch Zeiten, in denen die Integration der Mitgliedsstaaten
rasch voranschritt, prägen das Bild der EU. Wie sehen die europäischen
Strukturen heute aus, die das Handeln der mittlerweile 28 Mitgliedsstaaten auf
europäischer Ebene prägen? Welche Prozesse haben das aktuelle Gesicht der EU
geformt? Welche Vorgänge können ihr zukünftiges Antlitz beeinflussen? Und
wie stehen ihre Bürger zur Europäischen Union?
11
1.
Vertragsreformen
Die politischen Entscheidungen in der Europäischen Union beruhen auf
Verträgen, in denen die Prozesse der Entscheidungsfindung sowie der
Zuständigkeiten zwischen der EU und ihrer Mitgliedsstaaten festgelegt sind. Seit
den ersten Gemeinschaftsverträgen (Europäische Gemeinschaft für Kohle und
Stahl – EGKS 1951, Europäische Wirtschaftsgemeinschaft – EWG und
Europäische Atomgemeinschaft – Euratom 1957) wurden die Verträge immer
wieder überarbeitet, um die EU wirksamer und transparenter zu gestalten sowie
an neue Herausforderungen anzupassen. Am bisherigen Ende eines langjährigen
institutionellen Reformationsprozesses in der EU stand der Vertrag von
Lissabon („Europäischer Verfassungsvertrag“), der am 1. Dezember 2009 in
Kraft trat, um auch mit der gestiegenen Anzahl an Mitgliedsstaaten und neuen
Problemstellungen handlungs- und entscheidungsfähig zu bleiben. Damit kam
eine Verfassungsreformphase zum Abschluss, die 1992 mit dem Vertrag von
Maastricht begonnen hatte. Ihm folgten die Verträge von Amsterdam 1997 und
Nizza 2000. Das ZEI begleitete den Prozess der europäischen Verfassungsreform seit dem Beginn der Arbeit des ZEI.
1.1 Der Vertrag von Amsterdam (1997) und der Vertrag von Nizza (2001)
x Die Prüfung der Rechte des Europäischen Parlaments gemäß den
Bestimmungen des Amsterdamer Vertrages stand im Mittelpunkt des Vortrages
„Der Vertrag von Amsterdam und die Herausforderungen für die Europäische
Union“ des Präsidenten des Europäischen Parlaments, José Maria Gil-Robles,
im Rahmen eines „ZEI-Europaforum“ am 28. Januar 1999. Inmitten der zu
diesem Zeitpunkt voll ausgebrochenen Krise der Europäischen Kommission
forderte Gil-Robles weitere parlamentarische Kontrollfunktionen für das
Europäische Parlament. Darüber hinaus sprach er sich für eine klare
Kompetenzverteilung in der Europäischen Union aus.
José María Gil-Robles, Der Vertrag von Amsterdam: Herausforderung für die
Europäische Union, ZEI Discussion Paper, C37/1999.
x Vor dem Hintergrund noch offener institutioneller Fragen im Vorfeld der
Erweiterung der EU organisierte das ZEI am 25./26. September 2000, in
Zusammenarbeit mit der Europäischen Rechtsakademie (ERA) in Trier, eine
internationale Tagung mit Experten aus verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten.
Dabei wurden folgende zentrale Themen erörtert: Institutionelle und prozedurale
Neuerungen, politischer und juristischer Reformbedarf der EU-Institutionen
13
(Rolle des Europäischen Gerichtshofes), Einfluss des europäischen
Integrationsprozesses auf die Mitgliedsstaaten und die Beitrittsländer sowie der
Weg zu einem „Europa der Bürger“ (Ansätze und Defizite eines europäischen
Volkes, Regieren und Regierung in der EU). In Beiträgen aus der Politik- und
Rechtswissenschaft sowie der politischen Praxis in den EU-Institutionen und
den Mitglieds- wie Beitrittsländern wurde an die anhaltende Diskussion der
Reform der EU-Institutionen angeknüpft und auch die Idee einer Neugestaltung
der Verträge in vielen Einzelheiten erörtert. Dabei wurden den Prinzipien des
Rechtsstaates, der Demokratie, der Transparenz, der Flexibilität und der
Effizienz besondere Aufmerksamkeit geschenkt.
x Im Rahmen eines internationalen Dialogs zwischen Wissenschaft und
Politik veranstaltete das ZEI am 25. Februar 2000 in Zusammenarbeit mit dem
Auswärtigen Amt in Berlin einen Workshop zur Legitimationsproblematik der
EU: „Die Europäische Union auf dem Weg zu einer Union von Staaten und der
Bürger: Europäische Integration vor der Herausforderung von Legitimation und
Demokratie“. In der kontroversen Diskussion – in Anwesenheit von
Abgeordneten aus dem Europaparlament, darunter Daniel Cohn-Bendit, aus dem
Bundestag, darunter Werner Hoyer, und aus der französischen Nationalversammlung sowie Vertretern aus der EU-Kommission, der Wissenschaft und
des öffentlichen Lebens – wurde insbesondere auf die strukturellen Hindernisse
zur Legitimationsbeschaffung der EU hingewiesen, wie sie sich insbesondere in
der Nichtexistenz eines „europäischen Volkes“ (Demos) und im Mangel an
europäischer Öffentlichkeit äußern. Als grundsätzliche Lösungsansätze wurden
die Erhöhung der Effizienz europäischer Politik (Output-Legitimation) und die
Stärkung der demokratischen Legitimation der europäischen Governance (InputLegitimation) erörtert. Ob eine Europäische Verfassung einen Beitrag zur
Beseitigung des Demokratiedefizits leisten könnte, blieb umstritten. Dagegen
herrschte weitgehend Übereinstimmung über die Notwendigkeit grundsätzlicher
Reformen der EU-Institutionen vor der weiteren Erweiterung um Staaten Mittelund Südosteuropas. Es wurde ausführlich die Frage diskutiert, ob das Referenzmodell des Nationalstaates und dessen enge Kategorien nicht überholt seien.
Schließlich wurde gefordert, dass grundsätzliche Fragenkomplexe wie
Demokratie und Legitimation der EU unbedingt in der europäischen Agenda der
nächsten für 2000/2001 vorgesehenen Regierungskonferenz Beachtung finden
sollten.
x ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig und ZEI Mitarbeiter Matthias
Pechstein unternahmen in dem 2000 erschienenen Lehrbuch „Die Europäische
14
Union“ eine systematische Behandlung der Unionsarchitektur und der
intergouvernementalen Institutionen und Regelungsgegenstände. Ein
Schwerpunkt lag auf der Untersuchung der institutionellen Verklammerung von
intergouvernementalen Unions- und supranationalen Gemeinschaftspolitiken.
Die damit verbundenen Fragen wurzeln zu einem wesentlichen Teil in der durch
den Vertrag von Amsterdam fortentwickelten Unterscheidung von Unionsrecht
und Gemeinschaftsrecht. Die hieraus folgenden Problemstellungen wurden in
dem Lehrbuch einer systematischen rechtlichen Analyse unterzogen. Dabei
wurden nicht nur die Unionsarchitektur sowie die ansonsten vielfach
vernachlässigten Politikbereiche der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sowie der Polizeilichen und Justiziellen Zusammenarbeit in
Strafsachen (PJZS) dargestellt, sondern auch die für die Fortentwicklung der
Union maßgeblichen Fragestellungen behandelt. Dies betraf insbesondere die
Osterweiterung, die Justitiabilität des Unionsrechts und die Problematik des
Verfassungsbedarfs beziehungsweise der Verfassungsqualität der rechtlichen
Grundordnung der Union.
Christian Koenig/Matthias Pechstein, Die Europäische Union. Ein Lehrbuch,
Tübingen: Mohr Siebeck, 2000, 340 Seiten.
x Das Lehrbuch „Europarecht“ umfasst den den Gesamtbestand des
europäischen Integrationsrechts. Behandelt werden insbesondere die
Organisation und die Verfahren der Europäischen Gemeinschaften, die
Wirtschaftsund
Währungsunion,
die
Sozialunion
sowie
die
Unionsbürgerschaft. Ein besonderes Augenmerk gilt den Grundprinzipien der
Europäischen Gemeinschaft. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Darstellung
der Grundfreiheiten des EU-Vertrages, die vor dem Hintergrund der
Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte neu bewertet wurden. In den
mittlerweile neun Neuauflagen wurden Änderungen in der Rechtssprechung
sowie die einschlägige Literatur jeweils grundlegend akualisiert.
Christian Koenig/Andreas Haratsch/Matthias Pechstein, Europarecht. Ein
Lehrbuch, Tübingen: Mohr Siebeck, 9. Auflage, 2014, 775 Seiten.
1.2 Europäischer Verfassungskonvent (2001-2003)
x Als Beitrag des ZEI zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft während des
ersten Halbjahres 1999 fand unmittelbar zu ihrem Auftakt am 21. Januar 1999
eine von großem öffentlichen Interesse begleitete internationale Konferenz zur
Leitfrage „In welcher Verfassung ist Europa – welche Verfassung für Europa?“
statt. Dabei wurde deutlich, dass Europa an einem entscheidenden Wendepunkt
15
steht. Das Europa, das seine wirtschaftliche Einigung so weit vorangetrieben
hat, das „Europa nach dem Euro“, das der französische Minister für europäische
Angelegenheiten Pierre Moscovici entwarf, braucht Visionen, die die politische
Einigung weitertreiben. Dazu gehört, wie EU-Kommissar Günter Verheugen
(SPD) deutlich machte, die gemeinsame Außenpolitik der Europäischen Union.
Dazu gehört aber auch die Legitimation der EU-Politik durch eine regional
gegliederte, dem Subsidiaritätsprinzip verpflichtete und damit handlungsfähigere Union, so der Vorsitzende des Europa-Ausschusses des saarländischen
Landtages Jo Leinen, und die Stärkung des Europäischen Parlaments im
Institutionengefüge der EU, worauf der Vorsitzende der EVP-Fraktion im
Europäischen Parlament Dr. Hans-Gert Pöttering (CDU) hinwies.
2001 folgte ein weiterer Workshop am ZEI, der sich mit der Verfassungsfrage
beschäftigte. Wissenschaftler und Praktiker gingen kritisch der Frage nach der
„Europäischen Verfasstheit“ nach, wie sie sich etwa an der Rolle der
Institutionen, der europäischen Außenpolitik und in Wertefragen zeigt.
Ergebnisse und Analysen beider Workshops flossen in die Publikation „In
welcher Verfassung ist Europa – Welche Verfassung für Europa?“ ein. Die
Autoren zeigten Handlungsmöglichkeiten der EU auf und entwickelten eine
Vision der Zukunft Europas, indem sie insbesondere die Möglichkeiten für eine
Europäische Verfassung beleuchteten. Beteiligte Referenten und Autoren waren
unter anderem Leo Tindemans, der frühere belgische Ministerpräsident,
Bundesaußenminister Joschka Fischer, Pierre Moscovici, französischer Minister
für europäische Angelegenheiten, EU Kommissar Günter Verheugen und
Verfassungsrichter Prof. Dr. Paul Kirchhof.
Frank Ronge (Hrsg.), In welcher Verfassung ist Europa – Welche Verfassung
für Europa? Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung,
Band 15, Baden-Baden: Nomos-Verlag, 2001, 368 Seiten.
x Im Blick auf den 50. Jahrestag der Gründung der EWG im Jahre 2007
analysierte ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt den enormen
Reformbedarf für die Institutionen der EU, der über die Beschlüsse des
Gipfeltreffens von Nizza im Dezember 2000 entscheidend hinausging. Vor
diesem Hintergrund plädierte er für die Erarbeitung einer europäischen
Verfassung. Damit solle der häufig eher unspezifischen Suche nach der
Definition einer europäischen Identität Rahmen und Richtung und dem
politischen Willen der EU-Mitgliedsländer Orientierung und Perspektive
gegeben werden. Es gelte von der Geschichte der USA zu lernen, dass Identität
16
einen politischen Charakter annehmen müsse, wenn sie dauerhaft Wirkung im
öffentlichen Raum entfalten wolle.
Ludger Kühnhardt, Towards Europe 2007. Identity, Institution-Building and the
Constitution of Europe, ZEI Discussion Paper, C85/2001.
x Prof. Dr. Dimitris Tsatsos, MdEP, hielt am 19. Juni 2001 einen
„Europadialog“ zu dem Thema „Der Vertrag von Nizza und die institutionelle
Entwicklung der EU – Bericht aus der Regierungskonferenz 2000 und
Ausblicke“. Der Beschluss von Nizza, im Jahr 2004 eine weitere
Regierungskonferenz abzuhalten, so Tsatsos, habe der Verfassungsdebatte der
Europäischen Union neuen Schub verliehen und verdeutlicht, dass der „PostNizza-Prozess“ auf dem bisher Erreichten aufbauen muss.
x Die Beschlüsse des Europäischen Rates von Nizza 2001 setzten die
Auseinandersetzung über die künftige Ausgestaltung des europäischen
Institutionensystems nachhaltig in Gang. Anders als in Nizza, wo allenfalls
institutionelle Teilanpassungen vollzogen wurden, sollte künftig eine
Regierungskonferenz oder ein Verfassungskonvent einen gründlichen und
umfassenden Verfassungsvertrag entwerfen, unter Umständen im Sinne eines
föderalen Ordnungsmodells. Der von Prof. Dr. Peter Cullen, University of
Bristol, und ZEI Mitarbeiter Dr. Peter Zervakis erarbeitete Sammelband
versuchte, einen konzeptionellen Analyserahmen für die Voraussetzungen eines
solchen Reformprogramms interdisziplinär zu entwerfen. Dabei kamen die
unterschiedlichen Zielsetzungen in den Mitglieds- und Kandidatenländern zur
Sprache. An dem Buch haben Experten aus sechs Ländern mitgearbeitet.
Peter J. Cullen/Peter Zervakis (eds.), The Post-Nice Process. Towards a
European Constitution? Schriften des Zentrum für Europäische
Integrationsforschung, Band 49, Baden-Baden: Nomos-Verlag, 2002, 239
Seiten.
x Die Arbeit des Europäischen Verfassungskonvents unter der Leitung des
ehemaligen französischen Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing wurde von
Seiten der nordrhein-westfälischen Landesregierung durch einen „Expertenrat
der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen zur Begleitung des EUKonvents“ unterstützt, in dem Wissenschaftler und politische Entscheidungsträger Ideen austauschten und konkrete Reformvorschläge entwickelten. In
diesen Expertenrat wurde als einer der Vertreter der Europarechtswissenschaft
ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig berufen. Einen Schwerpunkt der ZEIArbeit im Konvent bildeten Anstrengungen zur Verbesserung des
Rechtsschutzes auf EG-Ebene. Besonderes Augenmerk wurde in diesem
17
Zusammenhang
auf
eine
Verbesserung
des
Rechtsschutzes
im
Beihilfenverfahren gelegt. Darüber hinaus wurden auch grundlegende
Strukturfragen des EG-Beihilfenrechts behandelt, wie etwa das Konfliktfeld der
Regionalförderung.
x Um bei der historischen Weichenstellung, die mit der Einsetzung des
Europäischen Verfassungskonvents 2001 eingeläutet wurde, mitwirken zu
können, hat sich das ZEI 2002 an der Gründung des „European Policy Institutes
Network“ (EPIN) beteiligt, eines großangelegten Netzwerkes von europaweit
tätigen Forschungsinstituten in der EU. Die regelmäßig in Brüssel stattfindenden
EPIN-Meetings zu Themen rund um den Konvent, an denen immer auch zwei
Konventsmitglieder zu Gast waren, dienten zwischen 2002 und 2003 nicht nur
dazu, Informationen aus erster Hand zu erlangen, sondern auch politikberatend
Einfluss zu nehmen. Zugleich garantierte die multinationale Zusammensetzung
von EPIN, dass das gegenseitige Verständnis für jeweilige nationale Interessen
und Debatten in den Herkunftsländern aller EPIN-Mitglieder geweckt wurde.
Seitens des ZEI nahmen ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt und ZEI
Mitarbeiter Dr. Marcus Höreth regelmäßig and den EPIN-Workshops teil.
x Am 13./14. Mai 2003 fand im Rahmen der Kooperation mit EPIN eine
Konferenz „Prospect for a European Constitution – Prospects for more
Legitimacy?“ am ZEI statt. Praktiker und Experten aus allen Regionen der EU
lieferten instruktive Analysen zum aktuellen Stand der Konventsberatungen.
Während sich Nikolaus Meyer-Landrut, Sprecher des Konvents, Walpurga
Speckbacher, Kabinettchefin des Konventspräsidenten Giscard d’Estaing, und
das deutsche Konventsmitglied Peter Altmaier (MdB) naturgemäß eher
optimistisch zu den erwarteten Ergebnissen äußerten, waren die EPIN-Experten
etwas skeptischer. Dennoch waren auch diese Experten – unter ihnen Kirsty
Hughes, Center for European Policy Studies in Brüssel, Carlos Closa,
Universität Zaragoza, Christopher Lord, University of Leeds, ZEI Mitarbeiter
Dr. Marcus Höreth und ZEI Senior Fellow Uwe Leonardy sowie Franz
Eichinger, Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union – optimistisch,
dass der Europäische Konvent befriedigendere Resultate präsentieren würde als
dies früher gewöhnlichen EU-Regierungskonferenzen gelungen ist. Diese
Einschätzung konnte sich mit Blick auf den am 20. Juni 2003 letztlich
vorgelegten Verfassungsentwurf des Konvents bestätigt sehen. Diverse
Positionspapiere wurden von ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt, den ZEI
Mitarbeitern Dr. Marcus Höreth und Dr. Hubert Iral sowie anderen
Netzwerkteilnehmern verfasst.
18
x Unter der Leitung von ZEI Mitarbeiter Dr. Peter Zervakis fand am 10./11.
April 2003, in Kooperation mit der Europäischen Rechtsakademie (ERA), eine
Tagung unter dem Titel „Der Konvent zur Zukunft Europas: Erarbeitung einer
Verfassung für die Europäische Union“ statt. Dort wurde eine erste
wissenschaftliche Bestandsaufnahme der Debatten im Konvent vorgenommen
und die Auswirkungen des Verfassungstextes auf das EU-Rechtssystem, die
institutionelle Machtverteilung und die zentralen Politikfelder erörtert. Einigkeit
herrschte bei allen Referenten darüber, dass die „Konventsmethode“ sich wegen
der mehr oder weniger deliberativen Art der öffentlichen Diskussionen im Kreis
der Abgeordneten des Europäischen Parlaments, der nationalen Parlamente und
der Beauftragten der Regierungen der Mitgliedsstaaten sowie der Kommission
und erstmals auch der Vertreter der beitrittswilligen Länder bewährt habe.
x Als Ertrag mehrerer ZEI-Verfassungsseminare, die von Dr. Marcus Höreth
geleitet wurden, konnte ein weiteres ZEI Discussion Paper veröffentlicht
werden. Der in dem Arbeitsprozess des ZEI-Verfassungsseminars entstandene
Kommentar legte das Hauptaugenmerk auf die im ersten Teil des Entwurfs
enthaltenen Strukturentscheidungen. Ihre Bewertung verstand sich als Beitrag
zur Interpretation und Fortschreibung des Verfassungsprozesses. Die Experten
des ZEI stellten fest, dass zwar noch eine Reihe von integrationsfreundlichen
Klarstellungen wünschenswert wären, der Konvent aber dennoch einige
zukunftsweisende Vorschläge unterbreitet habe.
ZEI (Hrsg.), Der Verfassungsentwurf des EU-Konvents, ZEI Discussion Paper,
C124/2003.
1.3 Europäischer Verfassungsvertrag (2003)
x Bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Angelegenheiten der
Europäischen Union des Deutschen Bundestages zum Stand des EUVerfassungskonvents am 21. Mai 2003 hat ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger
Kühnhardt dem Deutschen Bundestag die Einsetzung einer EnqueteKommission zu den Folgen der europäischen Verfassungsgebung für das
politische System Deutschlands und der Europafähigkeit Deutschlands
empfohlen. Kühnhardt regte an, im Bereich der künftigen Gemeinsamen Außenund Sicherheitspolitik der EU einen „Frühwarnmechanismus“ zu installieren,
um künftig Krisen innerhalb der EU, wie jene in der Irak-Frage, rechtzeitig zu
entschärfen. Er plädierte für die doppelte Legitimierung des künftigen EUAußenministers durch den Europäischen Rat und das Europäische Parlament
und empfahl einen Mechanismus für künftige Verfassungsergänzungen auf
19
Basis des Prinzips der qualifizierten Mehrheit im Europäischen Rat. Dadurch
werde das föderale Unionsprinzip gestärkt.
x Mit der Vorlage des „Verfassungsvertrages für Europa“ manifestierte sich
auch für die breitere Öffentlichkeit ein Prozess der Verlagerung des
Nationalbewusstseins hin zu einem europäischen Verfassungspatriotismus,
argumentierte ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt. In einem
wissenschaftlichen Aufsatz legte er die Schritte dieses Entwicklungsweges in
einer Gesamtschau der letzten fünfzig Jahre anschaulich dar.
Ludger Kühnhardt, From National Identity to European Constitutionalism.
European Integration: The first fifty years, ZEI Discussion Paper, C141/2004.
x Ein multidisziplinäres, aus Politikwissenschaftlern, Juristen und Ökonomen
bestehendes Team des Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI)
legte 2005 eine erste wissenschaftliche Bewertung des Europäischen
Verfassungsvertrages vor. Trotz aller Hürden, die der am 29. Oktober 2004 von
den Staats- und Regierungschefs in Rom endlich unterzeichnete „Vertrag über
eine Verfassung für Europa“ noch zu bewältigen hatte – die EU konnte hinter
den wichtigen Reformen, die mit diesem Vertrag beschlossen wurden, nicht
zurück bleiben. Die Studie bietet einen systematischen Einblick in den
Verfassungsvertrag und seine Strukturentscheidungen. In ihrer Analyse kamen
die ZEI Wissenschaftler zu dem Schluss, dass die Verfassung eine wichtige
Errungenschaft für die EU darstelle, auch wenn in den instruktiven
Einzelbeiträgen bereits jene Schwachstellen aufgezeigt wurden, die in Zukunft
zu überarbeiten sein würden.
Marcus Höreth/Cordula Janowski/Ludger Kühnhardt (Hrsg.), Die Europäische
Verfassung. Analyse und Bewertung ihrer Strukturentscheidungen, Schriften des
Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Band 65, Baden-Baden:
Nomos-Verlag, 2005, 301 Seiten.
x ZEI Senior Fellow Prof. Dr. Jürgen Elvert stellte in einer Analyse fest, dass
im Laufe der Erweiterung zunehmend der ursprüngliche Grundkonsens der
Sechsergemeinschaft in Frage gestellt worden sei, weshalb die Frage nach der
finalité politique der Europäischen Union auch weiterhin unbeantwortet bleibe,
wobei die vorhandenen Konzepte weiterhin zwischen einem Europa als
Freihandelszone und der EU als föderal strukturierter politischer Gemeinschaft
oszillieren.
Jürgen Elvert, Zur gegenwärtigen Verfassung der Europäischen Union, ZEI
Discussion Paper, C148/2005.
20
x Die Ablehnung des Verfassungsvertrages in Referenden in Frankreich und
in den Niederlanden im Jahr 2005 leitete turbulente Zeiten für die EU ein.
Öffentliche Diskussionen um die Gemeinschaftswährung und das anschließende
Scheitern des EU-Gipfels am 16./17. Juni 2005 in Brüssel stürzten die EU
endgültig in eine ihrer schwersten Krisen. Der Ratifizierungsprozess zur EUVerfassung wurde in einigen Ländern zunächst ausgesetzt und auch in der
schwierigen Frage der EU-Finanzierung konnte keine Einigung erzielt werden.
In diesen sehr ereignisreichen Wochen waren die Mitarbeiter des ZEI von den
Medien äußerst gefragte Experten. ZEI Master Fellows erarbeiteten eine
Analyse, die sich detailliert mit den Reaktionen in allen EU Staaten und in den
diversen Fraktionen des Europäischen Parlaments auf die Unterzeichnung der
ersten Europäischen Verfassung, die durch die negativen Referenden in
Frankreich und in den Niederlanden ausgebrochene Ratifikationskrise und mit
den Perspektiven einer Überwindung dieser Krise befasste.
Nina Eschke/Thomas Malick (eds.), The European Constitution and its
Ratification Crisis – Constitutional Debates in the EU Member States, ZEI
Discussion Paper, C156/2006.
x Von der deutschen Ratspräsidentschaft, die 2007 mit dem 50. Jahrestag der
Unterzeichnung der Römischen Verträge zusammenfiel, wurde erwartet, dass sie
den Verfassungsgebungsprozess wieder in Gang setzt. Die am 25. März 2007
verabschiedete „Berliner Erklärung“ zeugte von dem Willen, die EU auf eine
erneuerte gemeinsame Grundlage zu stellen. Vor diesem Hintergrund
erarbeiteten ZEI Master Fellows mögliche alternative Verfassungstexte. Das
2007 erschienene ZEI Discussion Paper beinhaltete einerseits eine „visionäre“
Verfassung und andererseits einen „realistischen“ Text, der auf dem im Oktober
2004 unterzeichneten Verfassungsdokument fußt.
Matthieu Bertrand/Ðor .), Reconstructing
Europe. Two Alternative Proposals for a European Constitution, ZEI Discussion
Paper, C171/2007.
x Wie hat die Europäische Union ihre selbst verordnete „Reflexionsphase“
genutzt, um nach der Ablehnung des EU-Verfassungsvertrages in Frankreich
und den Niederlanden im Frühjahr 2005 die Bürger wieder stärker in das
europäische Projekt einzubinden und über das Schicksal des Verfassungstextes
zu entscheiden? Um diese Frage zu beantworten, wurde in einem Paper von ZEI
Master Fellows die offizielle „EU-Reflexionsphase“ zunächst in einen
historischen Kontext eingeordnet und der Frage nachgegangen, welche Gründe
zu den ablehnenden Referenden geführt haben. Anschließend richtete sich das
21
Augenmerk auf die unterschiedlichen Initiativen der drei zentralen EUInstitutionen Rat, Kommission und Parlament während der „Reflexionsphase“.
Ergänzend wurde ein Überblick über die Aktivitäten der Mitgliedsstaaten sowie
einiger zentraler EU-Forschungsinstitute gegeben.
Anna Niemann/Sonja Ana Luise Schröder/Meredith Catherine Tunick (eds.),
Recovering from the Constitutional Failure. An Analysis of the EU Reflection
Period, ZEI Discussion Paper, C182/2008.
1.4 Der Vertrag von Lissabon (2007)
x Mit dem Vertrag von Lissabon 2007 trat die Europäische Union in eine
neue Phase der europäischen Integration ein. Der neue Reformvertrag, der zu
weiten Teilen aus dem zurückgewiesenen Entwurf des Verfassungsvertrags
stammte, versprach Entscheidungsfindung und Politik in der EU transparenter,
effizienter und demokratischer zu machen. In einer ersten wissenschaftlichen
Analyse des Vertrags von Lissabon durch ZEI Mitarbeiter nahmen Dr. Marcus
Höreth und Jared Sonnicksen einen fokussierten Blick auf die Bestimmungen
des Vertrags vor, die am meisten mit der Förderung von Offenheit und
Effektivität in der EU befasst sind und reflektierten darüber, ob aufgrund der
Kompromisse und ausgehandelten Ausnahmen trotz „neuer und verbesserter“
Regeln am Ende nicht doch alles beim Alten bleibe.
Marcus Höreth/Jared Sonnicksen, Making and Breaking Promises. The
European Union under the Treaty of Lisbon, ZEI Discussion Paper, C181/2008.
x Das bilaterale Forschungsprojekt „Deutschland und Frankreich angesichts
der Krise“ wurde zwischen 2008 und 2011 vom Zentrum für Europäische
Integrationsforschung (ZEI) und dem Comité d’études des relations francoallemandes (Cerfa) am Institut français des relations interntionales (Ifri) in Paris
durchgeführt. Ausgangspunkt des seitens der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der französischen Agence nationale de la recherche
finanzierten Projekts bildete die anhaltende Krise der Europäischen Union, die
sich einerseits in einer Krise der Erweiterungspolitik aufgrund zunehmender
Erweiterungsmüdigkeit und einer Verfassungsgebungskrise aufgrund eines
abnehmenden europapolitischen Konsenses andererseits manifestierte. Dem
Projekt lag die Annahme zugrunde, dass eine nachhaltige Überwindung dieser
Doppelkrise nur auf Basis eines deutsch-französischen Ansatzes gewährleistet
werden könne.
Das Projekt verfolgte in einer ersten Hälfte zwei Teilziele, nämlich die
Ermittlung der gegenwärtigen nationalen Grunddispositionen Deutschlands und
22
Frankreichs vor dem Hintergrund der krisenhaften Entwicklungen mittels einer
deutsch-französischen Strukturanalyse sowie die Identifikation und
Interpretation der europäischen Strukturen und Handlungsmodi auf Basis der
neuen primärrechtlichen Grundlagen (Vertrag von Lissabon).
In einer zweiten Projektphase wurden mögliche Ansätze für Krisenüberwindungsstrategien in der EU zu erarbeitet. Dies geschah vor dem
Hintergrund möglicher beziehungsweise erwartbarer Entwicklungen der EU in
Abhängigkeit zu ihrem Umfeld, so dass das Projekt nach Entwicklungsszenarien
Europas in einem mittelfristigen Rahmen von zehn Jahren fragte. Nach
Abschluss der primärrechtlichen Reform der EU gelte es, den Rahmen des
Vertrags von Lissabon mit zukunftsweisenden politischen Inhalten zu füllen,
resümierten die Teilnehmer einer von ZEI und Ifri in Zusammenarbeit mit dem
Arbeitskreis Europäische Integration abgehaltenen Tagung „Die Europäische
Union 2020: Entwicklungsperspektiven der Integration“ am 5. Oktober 2009 in
Bonn, die von der DFG und der Europäischen Kommission unterstützt wurde.
Die Projektkoordinatoren, Dr. Louis-Marie Clouet, Ifri, und Dr. Andreas
Marchetti, ZEI, resümierten, dass nur durch ein in der Gesellschaft präsentes
Europa mehr Bürgernähe und damit die erforderliche Akzeptanz geschaffen
werden könne, die für ein „Europa der Projekte“ erforderlich sei.
Die Ergebnisse des Projektes wurden schließlich am 19. Januar 2011 bei der
Abschlusstagung „Europa und die Welt 2020: Deutsche und französische
Visionen der Zukunft Europas“ im Residence Palace, Centre de Presse
International, in Brüssel vorgestellt und diskutiert. Neben politisch
Verantwortlichen und Medienvertretern beteiligten sich Vertreter maßgeblicher
think tanks (unter anderem Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik,
Fondation Robert Schuman, Stiftung Wissenschaft und Politik) an der
Diskussion der Forschungsergebnisse in Brüssel.
Die in Zusammenarbeit mit dem Ifri in Paris edierten Publikationen des
Projektes vereinen Sichtweisen aus den Politik-, Rechts- und
Wirtschaftswissenschaften in interdisziplinärer Perspektive, um den Vertrag
umfassend zu würdigen.
Claire Demesmay/Andreas Marchetti (eds.), Le Traité de Lisbonne en
discussion: quels fondements pour l’Europe?, Note de l’Ifri 60, Paris: Ifri, 2009,
141 Seiten.
Andreas Marchetti/ Claire Demesmay (eds.), La France et l’Allemagne face aux
crises européennes, Pessac: Presses universitaires de Bordeaux, 2010.
23
Andreas Marchetti/Claire Demesmay (eds.), Der Vertrag von Lissabon: Analyse
und Bewertung, Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung,
Band 71, Baden-Baden: Nomos-Verlag, 2010, 289 Seiten.
Andreas Marchetti/Louis-Marie Clouet (eds.), Europa und Welt 2020:
Entwicklungen und Tendenzen, Schriften des Zentrum für Europäische
Integrationsforschung, Band 74, Baden-Baden: Nomos-Verlag, 2011: 310
Seiten.
Louis-Marie Clouet/Andreas Marchetti (eds.), L’Europe et le monde en 2020,
Essai de prospective franco-allemande, Villeneuve d’Ascq: Presses
Universitaires de Septentrion, 2011.
x Eine Studie von ZEI Mitarbeiter Dr. Georg Kristian Kampfer zeigte Stand
und Dynamik der europäischen Integration auf, illustrierte die Neuerungen des
Reformvertrags von Lissabon und legte einen analytischen Fokus auf den
Schlüsselbereich einer Integration hin zu einem europäischen Bundesstaat und
zu einer gemeinsamen Außenpolitik. Mit dem Werk wurden Rückschlüsse aus
der jüngeren Geschichte des bundesdeutschen Föderalismus auf die Entwicklung
der Europäischen Union gezogen und staatsrechtliche Anforderungen an die
Europäische Union von morgen gestellt.
Georg Kristian Kampfer, Die Europäische Union auf dem Weg zu einem
Bundesstaat? Von der föderalen Struktur der Europäischen Union und der
Europäisierung der Außenpolitik, Schriftenreihe des Zentrum für Europäische
Integrationsforschung, Band 73, Baden-Baden: Nomos-Verlag, 2010, 353
Seiten.
x Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Lissabon Vertrag vom 30.
Juni 2009 vertrat die Auffassung, das Europäische Parlament könne auf Grund
seiner Zusammensetzung kein ausreichendes Subjekt demokratischer
Legitimation bei der Gründung eines europäischen Bundesstaates sein, und im
Falle einer solchen Gründung werde Deutschland sich eine neue Verfassung
durch Volksentscheid geben müssen. Ein Aufsatz von ZEI Senior Fellow Uwe
Leonardy untersuchte diese Folgerungen, indem er das Verständnis des Gerichts
von einem europäischen „Staatenverbund“, von der EU als einer supranationalen
Organisation, von den Begriffen der „Verfassungsidentität“ und der
„Souveränität“, von den Erfordernissen demokratischer Repräsentation in der
EU, von der neuen Kategorisierung der EU-Kompetenzen und von den
Notwendigkeiten für ihre Begrenzung analysierte. Im Schlussteil wurden die
judiziellen Aussichten für eine europäische Föderation mit dem Ergebnis
24
geprüft, dass solche Möglichkeiten entgegen der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts nicht als aussichtslos anzusehen sind.
Uwe Leonardy, Is the European Federation a ‘Mission Impossible’? A Critical
Analysis of the German Constitutional Court’s Judgment on the Lisbon Treaty,
ZEI Discussion Paper, C201/2010.
x Die breit angelegte, 2010 erschienene Studie „European Union – The
Second Founding. The Changing Rationale Of European Integration“ von ZEI
Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt analysiert den bisherigen fünfzigjährigen
Entwicklungsprozess der europäischen Integration und seine weltpolitischen und
wissenschaftstheoretischen Zusammenhänge und liefert damit eine
Neuinterpretation von den Anfängen der Einigung bis zum Inkrafttreten des
Vertrages von Lissabon 2009. Die Studie geht von der zweifachen These aus,
dass sich die EU seit einigen Jahren einer zweiten Gründung unterzieht und sich
dabei zugleich die Begründung für die europäische Integration wandelt. Nach
der ersten Gründung 1957 erfolgt seit Ende der achtziger/Anfang der neunziger
Jahre eine stärkere Politisierung der Integration, verbunden mit gesteigertem
Interesse der europäischen Bürger (aber auch stärkerer Kritik) an der
Integration. Zugleich wandelt sich seit dem Ende des Kalten Krieges und der
Überwindung der Teilung Europas die Begründung der Integration: War die
europäische Integration in den ersten Jahrzehnten vorrangig eine Angelegenheit
der inneren Aussöhnung unter den Staaten und Völkern Europas, so richtet sie
sich seit einigen Jahren immer deutlicher aus an der Suche nach einer neuen
globalen Rolle Europas im Zeitalter der Globalisierung. Die Studie rekonstruiert
die zentralen Weichenstellungen der ersten fünf Jahrzehnte der europäischen
Einigung mit einem besonderen Augenmerk auf die Funktion von Krisen, zumal
im Lichte des europäischen Verfassungsbildungsprozesses.
Ludger Kühnhardt, European Union – The Second Founding. The Changing
Rationale of European Integration, Schriften des Zentrum für Europäische
Integrationsforschung, Baden-Baden: Nomos-Verlag 2008, 672 Seiten (zweite,
überarbeitete Auflage 2010).
25
Weitere ausgewählte Publikationen
Christian Koenig/Andreas Haratsch, Lehrbuch: Einführung in das Europarecht,
Tübingen: Mohr Siebeck Verlag, 1996.
Ludger Kühnhardt, Die EU vor grossen Reformerfordernissen. Stark befrachtete
Agenda der Osterweiterung, in: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 163, 17. Juli 1998,
Seite 4.
Peter Zervakis, Das Europäische Parlament und die Parlamente der
Mitgliedsstaaten nach dem Vertrag von Amsterdam, in: Zeitschrift für
Parlamentsfragen, 3, Baden-Baden: Nomos Verlag, 2000, Seite 765.
Ludger Kühnhardt, Gewinnt Europa an Dynamik? Die Europäische Union vor
dem Gipfeltreffen in Nizza, in: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 279, 29. November
2000, Seite 10.
Hubert Iral, Wartesaal oder Intensivstation? Zur Lage der EU nach der
gescheiterten Regierungskonferenz, ZEI Discussion Paper, C133/2004.
Martin Seidel, Die Stellung der Europäischen Zentralbank nach dem
Verfassungsvertrag, ZEI Working Paper, B19/2004.
Nina Eschke/Thomas Malick (eds.), The European Constitution and its
Ratification Crisis. Constitutional Debates in the EU Member States, ZEI
Discussion Paper, C156/2006.
Andreas Marchetti/Louis-Marie Clouet, Leadership by Credibility-FrancoGerman Visions of the Future of the Union, ZEI Discussion Paper, C205/2011.
26
2.
Regieren in der EU: Entscheidungs- und Handlungsprozesse
In Brüssel fällt nichts vom Himmel: keine Verordnung, keine Richtlinie, keine
Entscheidung, keine Mitteilung, kein Grün- und kein Weißbuch. Alles ist das
Ergebnis des EU-spezifischen Willensbildungsprozesses. Dieser Prozess wird
durch Verhandlungen gestaltet. Die Grundlage bilden die drei für die
Politikgestaltung und Rechtssetzung verantwortlichen Organe, die Europäische
Kommission das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union.
Daneben machen aber auch nichtstaatliche Akteure sowie beratende
Einrichtungen und Agenturen ihren Einfluss geltend. Regieren in der EU ist
immer auch ein Wechselspiel zwischen den verschiedenen Politikebenen,
beispielsweise bei der Umsetzung der EU-Richtlinien in den Mitgliedsstaaten.
Die Rahmenbedingungen, die durch die EU gegeben werden, treffen in den
einzelnen Mitgliedsstaaten, und dort wiederum in den einzelnen Regionen, auf
unterschiedliche Voraussetzungen. Es bleibt eine dauerhafte Frage, die
Übereinstimmungen, Unterschiede oder gar offenen Gegensätze zwischen
diesen Ebenen (und auch innerhalb einer Ebene, wie derjenigen des einzelnen
EU-Mitgliedsstaates) zu analysieren.
2.1 Entwicklungen in den EU-Institutionen
x Herausragender Mittelpunkt der Aktivitäten des ZEI zur „Agenda 2000“
der EU-Strategie für die politischen und fiskalischen Prioritäten zu Beginn des
neuen Jahrhunderts war eine zweitägige Konferenz im Mai 1998, die mit einem
weit beachteten und von mehreren hundert Zuhörern besuchten ZEI
Europaforum des Präsidenten der Europäischen Kommission, Jacques Santer,
eröffnet wurde. Am nachfolgenden Tag diskutierten Wissenschaftler, Politiker
und Beamte aus mehreren Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die
Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Reformpaket der Kommission
„Agenda 2000“ für die Europäische Union und für Deutschland. Die
wissenschftlichen Abhandlungen und politischen Vorträge fanden ihren
Niederschlag in einer ZEI Publikation.
Peter Wittschorek (Hrsg.), Agenda 2000. Herausforderungen an die
Europäische Union und an Deutschland, Schriften des Zentrum für Europäische
Integrationsforschung, Band 8, Baden-Baden: Nomos-Verlag, 1999, 403 Seiten.
x Zu den Eigentümlichkeiten der europäischen Integration gehört die
Entwicklung eines Geflechts von regionalen Integrationsgruppen im Laufe der
letzten Jahrzehnte. Diese Gruppen umfassen Mitglieder und Nichtmitglieder der
27
EU (zum Beispiel die Nordische Integration), sowie Teilgruppen der EU (zum
Beispiel das Schengen- Abkommen), oder auch die EU als Vertragspartner
gemeinsam mit anderen Ländern (zum Beispiel im Mittelmeerraum). Die
Vielfältigkeit dieses Geflechts warf die Frage auf, wie die Beziehungen der
Integrationsgruppen untereinander geregelt werden sollten und ob sich eine
Vertiefung der Integration in der Zukunft eher in kleinen Gruppen vollzieht oder
auf der Ebene der EU. Zu diesen Fragen veranstaltete das ZEI am 6./7.
November 1998 unter der Leitung von ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen
in Zusammenarbeit mit dem Centre for Economic Policy Studies (CEPR),
London, und der Yvrö Jahnsson Stiftung, Helsinki, eine Tagung zu dem Thema
„Regionalism in Europe: Geometries and Strategies after 2000“. Prof. Dr. Bruno
Frey (Zürich) stellte sein Modell einer Verfassung für Europa vor. In diesem
Modell steht es allen Mitgliedsstaaten frei, für bestimmte Bereiche der
Wirtschaftspolitik „Integrationsfoci“ zu bilden, das heißt Gruppen, die sich
selbst Regeln der Zusammenarbeit definieren und untereinander im Wettbewerb
stehen können. Andere Teilnehmer kritisierten, dass eine spontane Bildung von
„Foci“ die Integration in anderen Bereichen behindern könne und daher eine
Ordnung des Wettbewerbs nötig sei, die die EU insgesamt als Kern des
organisierten Europa anerkenne. Ergebnisse dieser Tagung wurden dann 2001
veröffentlicht.
Jürgen von Hagen/Mika Widgren (eds.), Regionalism in Europe. Geometries
and Strategies after 2000, ZEI Studies in European Economics and Law, Vol. 4,
Dordrecht: Kluwer Academic Publisher, 2001, 284 Seiten.
x Am 29. April 1999 hielt der nordrhein-westfälische Ministerpräsident
Wolfgang Clement am ZEI einen Vortrag über die wachsende Bedeutung der
Regionen in Europa. Dabei wurde deutlich, dass er Nordrhein-Westfalen enger
mit den Nachbarländern Belgien, Niederlande und Luxemburg verbunden sieht,
als beispielsweise mit anderen entfernter liegenden deutschen Bundesländern.
Ministerpräsident Clement forderte, die wirtschaftspolitischen Handlungsspielräume der Regionen und Kommunen auszubauen. Nordrhein-Westfalen
trete für eine grenzüberschreitende Harmonisierung der indirekten Steuern und
für eine gemeinsame Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik ein, um
Bedingungen für einen fairen Wettbewerb in der EU zu schaffen. Die
europapolitische Perspektive Nordrhein-Westfalens lasse sich am besten durch
Stichworte wie Dezentralisierung, Subsidiarität und Eigenverantwortung
umschreiben.
Wolfgang Clement, Perspektiven nordrhein-westfälischer Europapolitik, ZEI
Discussion Paper, C48/1999.
28
x Der Vorsitz im Rat der Europäischen Union, kurz als Ratspräsidentschaft
bezeichnet, rotiert gemäß Art. 16 Abs. 9 EU-Vertrag nach einem gleichberechtigten Turnus zwischen den EU-Mitgliedsstaaten. Alle sechs Monate
wechselt die Ratspräsidentschaft zwischen den EU-Mitgliedsländern nach einer
festgelegten Reihenfolge. In Vorträgen und Publikationen des ZEI wurden
zwischen 1998 und 2007 unterschiedliche Ratspräsidentschaften begleitet und
analysiert.
Doug Henderson, The British Presidency of the EU and British European
Policy, ZEI Discussion Paper, C7/1998.
Dietrich von Kyaw, Prioritäten der deutschen EU Präsidentschaft unter
Berücksichtigung des Europäischen Rates in Wien, ZEI Discussion Paper,
C33/1999.
Günter Verheugen, Germany and the EU Council Presidency. Expectations and
reality, ZEI Discussion Paper, C35/1999.
Hendrik Voss/Emilie Bailleul, The Belgian Presidency and the post-Nice process
after Laeken, ZEI Discussion Paper, C102/2002.
José Manuel Martínez Sierra, The Spanish Presidency. Buying more than it can
choose? ZEI Discussion Paper, C112/2002.
Finn Laursen/Berenice L. Laursen, The Danish Presidency 2002: Completing
the Circle from Copenhagen to Copenhagen, ZEI Discussion Paper, C123/2003.
Dimitris K. Xenakis/Dimitris N. Chryssochoou, The 2002 Hellenic Presidency of
the European Union. Mediterranean Perspectives on the ESDP, ZEI Discussion
Paper, C128/2003.
Wolfgang
Hilz,
Deutschlands
EU-Ratspräsidentschaft
2007.
Integrationspolitische Akzente in schwierigen Zeiten, ZEI Discussion Paper,
C164/2006.
Andreas Marchetti/Martin Zimmek, Annäherungen an Europa. Beiträge zur
deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2007, ZEI Discussion Paper, C175/2007.
x Der Premierminister des Großherzogtums Luxemburg, Jean-Claude
Juncker, hielt am 26. Oktober 1999 im Rahmen des ZEI Europaforums einen
Vortrag über die Rolle der kleinen Staaten in Europa. Juncker sagte, die Union
könne aus den Erfahrungen der kleinen Staaten in Europa lernen. Er wies in
diesem Zusammenhang insbesondere auf den Grenzverkehr, die grenzüberschreitende regionale Zusammenarbeit und die Währungsunion hin.
Premierminister Juncker ging im Verlauf seiner Rede auch auf die
Regierungskonferenz 2000 ein und betonte eindringlich, dass der
Integrationsprozess nicht nur die großen, sondern auch die kleinen
29
Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft einbinden müsse. Die Union, so warnte
Juncker, dürfe nicht zu einer Veranstaltung der Desintegration werden.
x Die Lage der Gerichtsbarkeit in der Europäischen Union war Thema eines
Symposiums, das das ZEI im November 1999 in Zusammenarbeit mit dem
Bonner Zentrum für Europäisches Wirtschaftsrecht (ZEW) veranstaltete. Die
Anzahl komplizierter, profunde sachspezifische Kenntnisse erfordernder
Verfahren nimmt ständig zu und die dadurch bedingte massive Arbeitsbelastung
führt zu einer unerträglichen Verlängerung der Verfahrensdauer. Im Rahmen der
Diskussion unter Anwälten und Ministerialbeamten, die in der Vorbereitung
oder Führung von Prozessen unmittelbar mit dem Europäischen Gerichtshof
(EuGH) oder dem europäischen Gericht erster Instanz (EuG) zu tun haben,
sowie Rechtswissenschaftlern wurde deutlich, dass eine notwendige Reform des
gemeinschaftlichen Gerichtssystems mit einer durchgreifenden Zuständigkeitsverlagerung vom EuGH zum EuG einhergehen muss. Die Funktion des EuGH
sollte, so herrschte weitgehender Konsens, dabei auf die eines
„Verfassungs“gerichts beziehungsweise einer reinen Revisionsinstanz
beschränkt werden. Gleichzeitig wurde die Bildung von Spezialkammern beim
EuG oder die Schaffung von Fachgerichten etwa für das Kartellrecht für
notwendig erachtet.
x In einer Grundsatzrede zur „Rolle der Europäischen Union bei der
Entwicklung Europas von der Industriegesellschaft zur Wissen- und
Informationsgesellschaft“ rückte EU-Kommissarin Viviane Reding, zuständig
für die Bereiche Bildung und Kultur, die Bedeutung des Lernens für die
zukünftige Entwicklung der europäischen Gesellschaft ins Zentrum. Im Rahmen
eines ZEI Europaforum konnten die Zuhörer am 7. März 2001 die Position der
EU-Kommissarin in dieser zentralen Frage kennen lernen. Lebenslanges Lernen
schaffe das notwendige Fundament für den Übergang zur Informationsgesellschaft. Angesichts der rasanten technologischen Veränderungen sei es
unverzichtbar, auch über den schulischen und universitären Bereich hinaus
eigene Kenntnisse und Qualifikationen besonders im „neuen Wissen“
kontinuierlich zu aktualisieren. Es sei an der Zeit, junge und fähige Menschen
endlich als knappe Ressource zu begreifen. Internetzugänge für alle Schüler und
Jugendlichen, umfassende Lehrerfortbildung im Bereich der Informations- und
Kommunikationstechnologie (IKT) sowie eine Erweiterung des Angebots
europäischer Dienstleistungen im Bildungsbereich seien unverzichtbar, um dem
wachsenden Arbeitskräftemangel in vielen Zukunftsbranchen entgegenzuwirken. Der Vertrag von Nizza habe viel bewegt, indem die Annahme der
30
„Sozialagenda Bildung“ als soziales Grundrecht in der künftigen europäischen
Gesellschaft als konstitutiv verankert worden sei.
Viviane Reding, Die Rolle der EG bei der Entwicklung Europas von der
Industriegesellschaft zur Wissens- und Informationsgesellschaft, ZEI Discussion
Paper, C84/2001.
x Mit dem Erscheinen des so genannten Weißbuchs zum europäischen
Regierungshandeln („European Governance“) am 25. Juli 2001 nahm sich die
Europäische Kommission viel vor: Sie wollte das Problem der demokratischen
Verantwortlichkeit und der Verbesserung des demokratischen Entscheidungsprozesses in der EU angehen. Im Weißbuch zählt die Kommission dazu fünf
Prinzipien
„guten
Regierungshandelns“
auf:
Offenheit,
Teilhabe,
Rechenschaftspflicht, Handlungsfähigkeit und Transparenz. Obwohl ein
beachtlicher, wenn auch verspäteter Versuch zur Verbesserung europäischen
Regierungshandelns unternommen werde, scheitere das Weißbuch an dem
Anspruch, eine substantielle Lösung für den demokratischen Legitimationskonflikt in der Europäischen Union anzubieten. Trotz der genauen Analyse der
Quellen wachsender Entfremdung zwischen EU-Politik und EU-Bürger gehe das
Dokument nur unzureichend auf die Herausforderungen von Transparenz und
Bürgernähe der europäischen Institutionen ein, so der überwiegende Tenor einer
Diskussionsveranstaltung, organisiert vom Zentrum für Europäische
Integrationsforschung in Zusammenarbeit mit Europa 2020 und der
Landesvertretung Nordrhein-Westfalens am 13. November 2001 in Brüssel. Am
Forum nahmen unter anderem teil: Vertreter europäischer Forschungsinstitute
und der gegenwärtigen belgischen EU-Präsidentschaft, ein Mitglied des
Kabinetts von Kommissionspräsident Romano Prodi sowie Teilnehmer aus den
Vertretungen der europäischen Regionen und verschiedener Institutionen in
Brüssel, darunter der Abgeordnete des Europäischen Parlaments und frühere
französische Europaminister Alain Lamassoure.
x In dem von ZEI Mitarbeiter Dr. Marcus Höreth geleiteten und von der
Fritz-Thyssen-Stiftung 2002/2003 finanzierten interdisziplinären Projekt
„Politische Integration durch Rechtsprechung“ wurde integrationspolitische
Rolle des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Prozess der politischen
Integration Europas vor dem Hintergrund föderaler Vergleichserfahrungen
analysiert. Das Projekt untersuchte die Analogisierungsthese, das heißt der
EuGH wurde als ein europäisches Verfassungsgericht konzeptualisiert, welches
prinzipiell mit Verfassungsgerichten in anderen sich föderal organisierenden
Mehrebenensystemen vergleichbar ist. Ziel des Forschungsprojektes war es zu
31
zeigen, dass die Entwicklungstrends im Hinblick auf politische Integration durch
Rechtsprechung in den untersuchten Mehrebenensystemen zwar durchaus
unterschiedlich weit fortgeschritten sind, gleichwohl aber funktional einem
ähnlichen Entwicklungspfad folgen. Während der Projektarbeit wurde ein
systematischer Vergleich der Verfassungsgerichtsjudikatur des U.S. Supreme
Court, EuGH und BVerfG empirisch durchgeführt.
x Erstmals wurde 2002 in den Schriften des ZEI eine wissenschaftliche
Würdigung der Außen- und Europapolitik Hans Dietrich Genschers vorgelegt,
der den ZEI Beirat von 1999 bis 2004 leitete. In insgesamt 18 Beiträgen
beleuchteten namhafte Historiker, Politikwissenschaftler, Publizisten und
Diplomaten die Hauptfelder der Außen- und Europapolitik Genschers, der als
deutscher Außenminister so lange wie kein anderer Politiker des 20.
Jahrhunderts deutsche Außenpolitik geprägt hat. Dabei ging es nicht nur um die
Entspannungs-, Ost- und Abrüstungspolitik Genschers, sondern auch um bislang
weniger beachtete Aspekte wie etwa seine Politik gegenüber dem südlichen
Afrika, sein Konzept interregionaler Kooperation der EG mit anderen
Weltregionen oder seine Politik in der Jugoslawienkrise 1991/92. Über die
Würdigung der außenpolitischen Lebensleistung Genschers hinaus ist der Band
zugleich ein Beitrag zur Analyse der deutschen Außen- und Europapolitik von
der Mitte der siebziger Jahre bis zur „großen Wende“, die Genscher als
„Außenminister der Einheit“ entscheidend mitgestaltet hat.
Hans-Dieter Lucas (Hrsg.), Genscher, Deutschland und Europa. Hans-Dietrich
Genscher und die deutsche Außen- und Europapolitik 1974-1992, Schriften des
Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Band 50, Baden-Baden:
Nomos-Verlag, 2002, 444 Seiten.
x Das Europaministerium in der Staatskanzlei des Landes NordrheinWestfalen bat ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt im Jahr 2006 um die
Abfassung eines Gutachtens über die Möglichkeiten einer verstärkten
europäischen Zusammenarbeit zwischen Nordrhein-Westfalen und den BeneluxLändern. Das Gutachten kam in seiner Bestandsaufnahme zu folgendem
Schluss: Das bevorstehende Auslaufen des Benelux-Vertrages von 1958 eröffnet
die Möglichkeit, eine Erneuerung der intensiven europapolitischen
Zusammenarbeit zwischen den ursprünglichen Benelux-Partnern unter
Einbeziehung von Nordrhein-Westfalen anzustreben. Ziel sollte es sein, dem
weiteren Fortgang der europäischen Integration durch weitsichtig angelegte und
kohärent auf die Benelux-NRW-Region konturierte Initiativen vorzuarbeiten.
32
x „50 Argumente für Europa“ – so lautete der Titel eines
Diskussionsleitfadens der deutschen Bundesregierung zur Ratspräsidentschaft
Deutschlands im ersten Halbjahr 2007. Der Leitfaden wurde vom Auswärtigen
Amt
in
Zusammenarbeit
mit
dem Zentrum für
Europäische
Integrationsforschung (ZEI) erarbeitet. Bei der Broschüre handelte es sich um
eine Textsammlung, die als Hilfe für all jene gedacht war, die bei politischen
Diskussionen mit Fakten überzeugen wollen und dazu Argumentationshilfen
suchen. Sie zeigte anhand von nachprüfbaren Fakten auf, welche Vorteile die
europäische Integration für die Bürgerinnen und Bürger Europas mit sich bringt.
In einer interdizsiplinären Arbeitsgruppe unter der Leitung von ZEI Direktor
Prof. Dr. Christian Koenig erarbeiteten Dr. Cordula Janowski (CoProjektleiterin), Andreas Marchetti, Ulrike Steiner und Martin Zimmek fünfzig
Antworten auf die Frage, welchen Nutzen den Bürgern die Europäische Union
heute in ihrem täglichen Leben bringt. Sie zeigten Bereiche, in denen die
europäische Integration Ergebnisse hervorgebracht hat, die sich direkt auf das
Leben der Menschen auswirken. Einige dieser Ergebnisse, wie das Überqueren
von Staatsgrenzen ohne Kontrollen und Schlagbäume innerhalb des SchengenRaums oder das Reisen ohne lästigen und teuren Geldumtausch in der Eurozone,
werden zwar mit der europäischen Integration verbunden; sie sind jedoch
zugleich selbstverständlich geworden. Andere Vorteile hingegen bringen viele
Bürger häufig gar nicht mit der EU in Zusammenhang, so zum Beispiel
günstigere Telefontarife und billigere Flüge oder Rechtssicherheit bei Käufen im
Internet. Die Sammlung „50 Argumente für Europa“ rief diese Erfolge, die die
europäische Integration für ihre Bürger erzielt hat, in Erinnerung, erläuterte
Einzelheiten und untermauert alle Angaben in rechts-, wirtschafts- und
politikwissenschaftlich fundierter Weise. Sie griff außerdem gelegentlich
geäußerte Befürchtungen auf und zeigte, wie die EU die zentralen
Herausforderungen des 21. Jahrhunderts – Globalisierung, Migration, innere
Sicherheit, internationale Konflikte - bereits heute vorausschauend angeht.
Am 6. Dezember 2006 stellte Bundeskanzlerin Angela Merkel im Berliner
Bundeskanzleramt im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung zu den
Perspektiven der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2007 in Anwesenheit von
Vizekanzler Müntefering, Außenminister Steinmeier und Wirtschaftsminister
Glos, die Publikation vor und hob die Mitarbeit des ZEI lobend hervor. Der
Diskussionsleitfaden sei der zentrale Informationstext der Bundesregierung zur
deutschen EU-Ratspräsidentschaft, sagte die Kanzlerin zu Beginn der vom
Fernsehen übertragenen Diskussion im Kabinettssaal, zu der auch ZEI Direktor
Prof. Dr. Ludger Kühnhardt gebeten worden war.
33
x Unter dem Motto „Europa gelingt gemeinsam“ übernahm die
Bundesrepublik Deutschland von Januar bis Juni 2007 den Vorsitz im Rat der
Europäischen Union. In Koordination mit der Stadt Bonn begleitete das Zentrum
für Europäische Integrationsforschung (ZEI) die deutsche Ratspräsidentschaft
mit einer Vortragsreihe mit renommierten Experten aus Theorie und Praxis.
Referenten waren der Historiker Prof. Dr. Franz Knipping, Dr. Thomas
Gutschker, Leiter des außenpolitischen Ressorts des „Rheinischer Merkur“ und
Autor weit beachteter Analysen zur europäischen und deutschen Politik, Dr.
Dirk Rochtus, Vize-Kabinettchef für Außenpolitik des flämischen
Außenministers, Dr. Romain Kirt, Conseiller de Gouvernement (Luxemburg)
und ehemaliges Kabinettsmitglied des Europäischen Kommissionspräsidenten
Jacques Santer sowie Michael Mertes, NRW-Staatssekretär für Bundes- und
Europaangelegenheiten.
x Aus Anlass der französischen EU-Ratspräsidentschaft 2008 luden die
Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, die DeutschFranzösische Gesellschaft Bonn und Rhein-Sieg, die Europa Union Deutschland
(Bonn-Rhein/Sieg) und das Zentrum für Europäische Integrationsforschung
(ZEI) am 21. Oktober 2008 zu einer deutsch-französischen Podiumsdiskussion
in das Haus der Geschichte in Bonn ein. Einig waren sich die Diskutanten über
das herausragende Krisenmanagement der französischen Ratspräsidentschaft
angesichts des „Nein“ der Iren zum Vertrag von Lissabon sowie des Krieges in
Georgien und der Finanzkrise. Ergebnis der knapp zweistündigen
Podiumsdiskussion: Die derzeitigen Krisen in der EU sollten als Chance zum
Neuanfang genutzt werden. Früher wie heute sei der „deutsch-französische
Motor“ für die europäische Integration entscheidend.
x Das Ende des Ost-West-Konflikts führte zu einer wahren „StaatenInflation“ in Europa. Von den seit 1990 neu gegründeten 22 Staaten in Europa
können die meisten der Kategorie „Kleinstaat“ zugeordnet werden. Europa, das
laut OSZE nunmehr aus 53 Staaten besteht, ist innerhalb weniger Jahre zu einem
Kleinstaaten-Kontinent par excellence avanciert. Viele dieser neuen –
beziehungsweise neu gegründeten – Staaten wollen Mitglied der EU werden.
Von den zwölf Beitrittskandidaten der neunziger Jahre waren – nach EUMaßstab – neun Kleinstaaten. Diese Tatsache stellte nicht nur diese Staaten
selbst, sondern auch die Organisation, der sie beitreten wollen, vor eine ganze
Reihe von Problemen: Dies war der Ausgangspunkt für ein ZEIForschungsprojekt über „Europas Kleinstaaten im 21. Jahrhundert“. Das
Forschungsprojekt
leistete
einen
Beitrag
zur
Förderung
des
34
Erfahrungsaustausches zwischen den Kleinstaaten Westeuropas und den nach
1989 in Mittel- und Osteuropa neu gegründeten kleinen Staaten, die auf dem
Weg waren Mitglied der EU zu werden. Dabei, so wurde deutlich, könnten die
kleinen Beitrittskandidatenländer von den Erfahrungen, die andere Kleinstaaten
gemacht haben, profitieren. Ein erster Erfahrungsaustausch hierzu fand am
16./17. März 2000 im Rahmen der von ZEI Senior Fellow Romain Kirt in
Luxemburg veranstalteten Konferenz „Europa – ein Kleinstaaten-Kontinent?“
statt.
Romain Kirt, Arno Waschkuhn (Hrsg.), Die Rolle der Kleinstaaten in Europa,
Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Band 35, BadenBaden: Nomos Verlag, 2001, 304 Seiten.
2.2 Politische Parteien im Prozess der europäischen Integration
x Zu einer ergiebigen wissenschaftlichen Kooperation zwischen dem ZEI
und dem Jean-Monnet-Lehrstuhl (Prof. Dr. Wolfgang Wessels) der Universität
Köln kam es im Kontext einer Studie über die Rolle der nationalen Parlamente
im Prozess der europäischen Integration seit dem Vertrag von Maastricht. Ziel
des mehrjährigen Forschungsprojektes war es, nach dem Inkrafttreten des
Vertrags von Amsterdam, die Rolle der Parlamente in den Mitgliedsstaaten im
Mehrebenen-Regierungssystem
der
Europäischen
Union
und
die
interparlamentarische Kooperation zwischen dem Europäischen Parlament und
den nationalen Parlamenten zu analysieren. Zu diesem Zweck trafen sich am
07./08. Juli 2000 Experten aus Wissenschaft und Praxis aus allen 15 EUMitgliedsländern sowie Vertreter der EU-Kommission, der nationalen
Parlamente und der Medien im Rahmen eines ZEI-Workshops zu einem
Meinungsaustausch in der Landesvertretung von Nordrhein-Westfalen in
Brüssel. Die Veranstalter bilanzierten die institutionellen und prozeduralen
Entwicklungen sowohl in den Mitgliedsstaaten wie auf EU-Ebene. Die
Ergebnisse des Workshops mündeten in einen Sammelband, in der die Autoren
unter anderem die Möglichkeiten einer effektiven Rückbindung der
europäischen Entscheidungszyklen beleuchten. Besonderes Augenmerk richtete
das Buch auf die Chancen und Defizite der Europaausschüsse in den
Parlamenten der Mitgliedsstaaten.
Andreas Maurer/Wolfgang Wessels (eds.), National Parliaments on their Ways
to Europe: Losers or Latecomers? Schriften des Zentrum für Europäische
Integrationsforschung, Band 44, Baden-Baden: Nomos-Verlag, 2001, 521
Seiten.
35
x Als Ergebnis einer mehrjährigen Forschungsarbeit veröffentlichten Prof.
Dr. Wolfgang Wessels und Dr. Andreas Maurer eine weitere Publikation in den
Schriften des ZEI, die die Aussagekraft der integrationswissenschaftlichen
Ansätze einer marginalen Bedeutung des Parlaments und seiner gewachsenen
Rolle als eigenständiger und schlagkräftiger Akteur im institutionellen Gefüge
der EU untersucht sowie seine Funktion als Arena, in der die wesentlichen
sozioökonomischen Konflikte gespiegelt und in Form parteipolitischer
Auseinandersetzung manifestiert werden. Mit der „Politikgestaltungsfunktion“
soll hierbei der Einfluss des Parlaments im EU-Politikzyklus erfasst werden; bei
der „Systemgestaltungsfunktion“ wurde geprüft, ob und wie es eine Rolle als
Architekt bei der Gestaltung der Verträge übernimmt. Schließlich wurden unter
dem Blickwinkel der „Interaktionsfunktion“ die Beziehungen zwischen
Abgeordneten, Bürgern und intermediären Gruppierungen untersucht.
Andreas Maurer/Wolfgang Wessels, Das Europäische Parlament nach
Amsterdam und Nizza: Akteur, Arena oder Alibi, Schriften des Zentrum für
Europäische Integrationsforschung, Band 38, Baden-Baden: Nomos-Verlag,
2003, 251 Seiten.
x Politische Parteien gehören zu den effektivsten Institutionen in den
parlamentarischen Systemen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.
Besonders die „Volksparteien“ aus den relevanten europäischen
Parteienfamilien üben beträchtlichen Einfluss aus auf die Entscheidungsbildungsprozesse im Mehrebenen-Regierungssystem der EU. Dieses Phänomen
ist ebenso in den sich entwickelnden demokratischen Systemen der
osteuropäischen Reformstaaten zu bemerken. Große Parteien, die sich
ideologisch am links/rechts-Schema ausrichten, übernehmen dort immer
häufiger die Regierungsverantwortung. Das ZEI führte zwischen 2000 und 2002
gemeinsam mit namhaften Forschungsinstituten in Ost- und Westeuropa ein
Forschungsprojekt zu diesem Thema durch.
Am 2./3. Juni 2000 veranstaltete das ZEI den Workshop „The Impact of the
Model of ‘catch-all’-Parties (Volksparteien, major parties) in Selected Memberand Accession States for the Enlargement Process of the EU. Mediating by
Cross-Bordering Party Networks?”, auf dem die Forschungsansätze erarbeitet
wurden, um so zu neuen Erkenntnissen über die europapolitische Betätigung der
Parteien und über ihre transnationalen Initiativen für eine vertiefte und
erweiterte Integration zu gelangen.
Der interdisziplinäre Workshop „The Constitution of European Political
Parties“, den ZEI Mitarbeiter Dr. Peter Zervakis zusammen mit Dr. Karl
36
Magnus Johansson, Södertörns Högskola Stockholm, am 13./14. Oktober 2000
in Stockholm durchführte, beschäftigte sich mit dem Prozess der komplexen
Herausbildung europäischer politischer Parteien auf der Ebene der EU. Als
Ergebnis der Diskussionen kristallisierte sich heraus, dass die europäischen
politischen Parteien bereits einen wesentlichen Einfluss auf die Gestaltung der
europäischen Politiken ausüben. In einer ZEI Publikation erstellten die beiden
Wissenschaftler einen konzeptionellen Analyserahmen für das Wirken von
europäischen politischen Parteien. Es wurde sowohl auf die verfassungsrechtlichen und institutionellen Voraussetzungen eingegangen, als auch auf die
praktischen Organisationsabläufe in den vier bedeutendsten europäischen
Parteien. Die Autoren versuchten, die EU-Integrationsprozesse mit den
Ergebnissen der nationalen Parteienforschung zu verbinden sowie ihre
jeweiligen Wechselwirkungen im Europäischen Parlament vergleichend zu
analysieren.
Karl Magnus Johansson/Peter Zervakis (eds.), European Political Parties
between Cooperation and Integration, Schriften des Zentrum für Europäische
Integrationsforschung, Band 33, Baden-Baden: Nomos-Verlag, 2002, 239
Seiten.
x Zu einer Bestandsaufnahme der Formierung und Stellung christlich
demokratischer Parteien in den Ländern West- und Mitteleuropas „Christliche
Demokratie und die Transformationsprozesse in Mittelosteuropa“ stieß das
Zentrum für Europäische Integrationsforschung in Verbindung mit der KonradAdenauer-Stiftung und der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Sozialstelle
ein Forschungsvorhaben an, in dessen Rahmen Wissenschaftler aus zwölf
europäischen Ländern am 8./9. November 2002 in Budapest zusammentrafen.
Die Planungen fußten auf einer vorbereitenden Konferenz der beteiligten
Institutionen am 6./7. November 2001 am ZEI. Gemeinsam suchte man nach
Antworten auf die Herausforderungen der europäischen Transformationsgesellschaften. Der Spannungsbogen zog sich dabei von der historischen
Analyse christlich-demokratischer Entwicklungsmuster in den „alten“ Ländern
(Frankreich, Belgien Niederlande, Italien, Österreich und Deutschland) bis hin
zu den aktuellen Fragen von Entwicklung und Verortung solcher Parteien in den
sich rasch verändernden politischen Landschaften Ostmitteleuropas (Polen,
Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Rumänien). Die
schwierige Situation christlich-demokratischer Parteien in diesen „jungen“
Ländern, in denen (post-) sozialistische, liberale und häufig auch
nationalistische Kräfte im Widerstreit liegen, wurde deutlich. Spektakuläre
Parteiaustritte führen häufig zu Parteienspaltungen, die das völlige
37
Verschwinden bisher starker Gruppierungen nach sich ziehen können. Ein
besonders krasses Beispiel hierfür ist die ehemalige polnische Gewerkschaft
olidarität), die in etwa 260 Einzelgruppierungen zerfallen ist.
Günter Buchstab/Rudolf Uertz, Christliche Demokratie im zusammenwachsenden Europa. Entwicklung, Programmatik, Perspektiven, KonradAdenauer-Stiftung, Freiburg: Herder-Verlag, 2004, 414 Seiten.
2.3 Europas Krisen – Europas Zukunft
x Die Perspektiven der spanischen und deutschen Vorstellungen für die
Ausgestaltung der Europäischen Union während der nächsten zehn Jahre
standen im Mittelpunkt eines Workshops, den das ZEI zusammen mit der
führenden außenpolitischen Zeitschrift Spaniens, Política Exterior, dem
außenpolitischen Forschungsinstitut Instituto de Cuestiones Internacionales y
Política Exterior (INCIPE) und der Deutschen Botschaft im Oktober 1998 unter
der Schirmherrschaft und in Anwesenheit des spanischen Kronprinzen Felipe in
Madrid durchführte. Wissenschaftler, Beamte und Politiker beider Länder,
darunter EU Kommissar Marcelino Oreja Aguirre, Berlins Regierender
Bürgermeister Eberhard Diepgen und der Präsident der Generalität von
Katalonien Jordi Pujol i Soley, diskutierten die Grundparameter des Entwicklungsweges der Europäischen Union in den nächsten zehn Jahren.
Ludger Kühnhardt/Dario Valcárcel (Hrsg.), Spanien und Deutschland als EUPartner, Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Band
11, Baden-Baden: Nomos-Verlag, 1999, 188 Seiten (Eine spanische Version
erschien im Institut INCIPE, El Instituto de Cuestiones Internacionales y
Política Exterior).
x Zu den konzeptionellen Neuansätzen der Neuordnung Europas nach dem
Zerfall des Kommunismus und der Überwindung des Kalten Krieges gehört das
„Weimarer Dreieck“, das mit einem Außenministertreffen 1991 in Weimar
durch die damaligen Außenminister Frankreichs, Deutschlands und Polens,
Roland Dumas, Hans-Dietrich Genscher und Krysztof Skubiczewski initiiert
wurde. Vor dem Hintergrund der bisherigen Entwicklung der Arbeit des
„Weimarer Dreiecks“ und im Blick auf die Frage nach seinen Perspektiven
beschäftigte sich die vom ZEI initiierte Studiengruppe „Weimarer Dreieck“
zwischen 1999 und 2001 mit der Erarbeitung einer Perspektivkonzeption für die
Entwicklung der französisch-deutsch-polnischen Beziehungen als künftiger
Motor der europäischen Integration. Prof. Dr. Ludger Kühnhardt (ZEI), Prof. Dr.
Henri Menudiér (Sorbonne, Paris) und Botschafter Janusz Reiter (Institut für
38
Internationale Beziehungen, Warschau) verfassten ein gemeinsames ZEI Paper,
das vor allem die Entwicklung der politischen Institutionen, der außen- und
sicherheitspolitischen Zusammenarbeit sowie die Möglichkeiten einer
europäischen Verfassungsordnung, wie sie sich aus den Perspektiven einer
polnischen EU-Mitgliedschaft ergeben werden, behandelte.
Ein Workshop der Studiengruppe am 7./8. Dezember 2001 in Warschau führte
die Perspektiven der deutschen, französischen und polnischen Orientierung für
das gemeinsame Europa in einem breiten, fachkundigen Kreis weiter aus. Die
Frage nach den Auswirkungen der Terroranschläge vom 11. September 2001 auf
die zukünftigen Aufgaben Europas standen im Mittelpunkt der Diskussion über
die zukünftige Rolle der deutsch-französisch-polnischen Zusammenarbeit. Die
Konferenz befasste sich auch mit Fragen der Migrationsproblematik und dem
Potenzial der Jugendförderung im Rahmen des „Weimarer Dreieck”. In der
Diskussion wurden die Erfordernisse einer gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik im Lichte der terroristischen Herausforderung analysiert.
Ludger Kühnhardt, Henri Menudiér, Janusz Reiter, Das Weimarer Dreieck, ZEI
Discussion Paper, C72/2000.
x In Zusammenarbeit mit der luxemburgischen Regierungsverwaltung
untersuchten Experten verschiedener Wissenschaftsdisziplinen, aber auch der
Schweizer Diplomat Dr. Dieter Chenaux-Repond, auf Einladung des ZEI im
Jahr 2000 die Bedeutung von Krisen für die Entwicklung der Europäischen
Union. Die Geschichte der Europäischen Integration ist zugleich eine
Geschichte von Krisen und Erfolgen. Zahlreiche integrationspolitische
Fortschritte wären ohne die ihnen vorausgegangenen Spannungen gar nicht
möglich gewesen. Insofern sind Krisen also „die großen Einiger“, wie Jean
Monnet einmal treffend bemerkt hat. Krisen und insbesondere das
Krisenmanagement sind also ein inhärenter Bestandteil der europäischen
Integration.
Romain Kirt (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Krisen, Schriften des
Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Band 30, Baden-Baden:
Nomos-Verlag, 2001, 347 Seiten.
x Seit 2002 führt der Historiker und ZEI Senior Fellow Prof. Dr. Michael
Gehler, Universität Hildesheim, umfangreiche Zeitzeugengespräche mit
ehemaligen deutschen EU-Kommissaren, die die Europäische Integration aus
historischer Erfahrung nahe bringen und epochenübergreifende und
globalhistorische Vergleiche darlegen. Daneben werden Persönlichkeit und
39
Politik der Befragten deutlich gemacht. Die Gespräche werden als ZEI
Discussion Paper veröffentlicht.
Bisher erschienen sind Zeitzeugengespräche mit Hans von der Groeben
(C108/2002), Fritz Hellwig (C129/2004), Karl-Heinz Narjes (C135/2004), Peter
M. Schmidhuber (C210/2012); Michaele Schreyer (C220/2013), Günter
Verheugen (C221/2014) und Monika Wulf-Mathies (C227/2015). Weitere
Papiere sind bis 2019 geplant.
x Während die positiven Höhepunkte der bisherigen europäischen Integration
gut erforscht sind und wichtige Aspekte des Narrativs über die europäische
Integrationsentwicklung ausmachen, haben die wichtigsten Krisen des
bisherigen Integrationsverlaufs bisher nicht besonders ausführliche
Aufmerksamkeit gefunden – vor allem hinsichtlich der Frage nach ihren
wesentlichen Folgen. Gemeinsam mit Kollegen des European Studies Centre des
St. Antony’s College Oxford (Timothy Garton Ash, Jane Caplan, Jan Zielonka)
führte ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt im dortigen Hilary Term 2006
eine Seminarreihe zum Thema „European Crises 1945-2005: Challenge and
Response in European Integration” durch.
Die Reihe führte einige der führenden deutschen Europawissenschaftler aus der
Geschichts-, Wirtschafts- und Politikwissenschaft nach Oxford, wo sie die
Erträge ihrer Forschung zu ausgewählten zeitgeschichtlichen Aspekten der
europäischen Integration präsentierten und zur Diskussion stellten. Damit
konnte ein wichtiger Beitrag zur Präsenz deutscher zeitgeschichtsorientierter
Wissenschaft in Großbritannien geleistet werden. Während die positiven
Höhepunkte der bisherigen europäischen Integration gut erforscht sind und
wichtige Aspekte des Narrativs über die europäische Integrationsentwicklung
ausmachen, haben die wichtigsten Krisen des bisherigen Integrationsverlaufs
nicht besonders ausführliche Aufmerksamkeit gefunden – vor allem hinsichtlich
der Frage nach ihren wesentlichen Folgen. Das Seminar und die daraus
erwachsene wissenschaftliche Veröffentlichung stellte die Frage nach Funktion
und Folgen von Krisen im europäischen Integrationsprozess in den Mittelpunkt
der Untersuchungen. Die nur zunächst paradox erscheinende Hypothese fand
Bestätigung, der zufolge Krisen in vielen Fällen Motoren des
Integrationsfortschritts in Europa gewesen sind. Gefördert wurde dieses Projekt
vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft.
Ludger Kühnhardt (ed.), Crises in European Integration. Challenges and
Responses, 1945-2005, New York/Oxford: Berghahn Publishers, 2009.
40
x Die allgemeine Zielsetzung der von Prof. Dr. Kühnhardt betreuten
Dissertation „Energiepolitik und der europäische Integrationsprozess – EU
Energiepolitik von der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und
Stahl bis zur Vorstellung der Roadmap 2050“ von Carola Gegenbauer ist die
Analyse der Bedingungsfaktoren für die gesamteuropäische Energiepolitik als
nächstes „großes“ Integrationsprojekt der Europäischen Union. Hierbei werden
generelle Voraussetzungen für ein „großes“ Integrationsprojekt untersucht,
sowie beschleunigende Faktoren und Grenzen im Integrationsprozess.
Vergleichsweise werden die gemeinsame europäische Agrarpolitik und der
interne Markt sowie die Währungsunion herangezogen, um Attribute und
Kriterien für ein „großes“ Integrationsprojekt zu ergründen. Im Rahmen der
Dissertation wird auch eine umfangreiche geschichtliche Skizzierung der
Energiepolitik in Europa erstellt, die Aufschluss geben soll über die wechselnde
Motivation der Mitgliedsstaaten zur Kooperation in Energiefragen. Zeitlich
eingegrenzt wird diese Analyse von der Gründung der Europäischen
Gemeinschaft für Kohle und Stahl (1951) bis hin zur Vorstellung des
Energiefahrplans (2011) gehen. Der Abschluss der Dissertation ist für 2016
vorgesehen.
x Im Fokus eines seit 2012 laufenden und bis 2019 angelegten Forschungsprojekts des ZEI steht die Frage nach der politischen und rechtlichen
Problemlösungsfähigkeit der Europäischen Union. Diesem interdisziplinären
Forschungsprojekt, das die seit 2014 laufende Wahlperiode des Europäischen
Parlaments und die ebenfalls bis 2019 laufende Amtszeit der EU-Kommission
unter Präsident Jean-Claude Juncker begleitet, liegt die Betrachtung der EU als
System von „Multi-Level-Governance“ zu Grunde. In diesem System nehmen
unterschiedliche Akteure auf unterschiedlichen Ebenen und mit
unterschiedlichen Motivationen, Interessen und Identitäten am Prozess der
europäischen Politikformulierung teil. Auf der Basis seiner bisherigen
Forschungsarbeit (insbesondere der umfassenden Begleitung der verschiedenen
Prozesse der Vertragsrevision vom Vertrag von Maastricht über den Vertrag
über eine Verfassung für Europa bis hin zum Vertrag von Lissabon) analysiert
das ZEI einerseits die im heutigen EU-Rechtsrahmen stattfindende
Formulierung und Umsetzung strategischer Zielvorgaben und andererseits die
Reaktion der EU auf neu entstehende politische Herausforderungen. Mit dem
Vertrag von Lissabon – in Kraft seit dem 1. Dezember 2009 – wurden über
neunzig Prozent der EU-Gesetzgebung dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (Art. 294 AEUV) übertragen. Dies bedeutet einerseits einen Gewinn
41
an Mitspracherechten für das Europäische Parlament. Andererseits bleiben
jedoch die Mitgliedsstaaten auch weiterhin sowohl durch ihr Stimmrecht auf
europäischer Ebene im Rat der Europäischen Union als auch mittels der
Umsetzung europäischer Beschlüsse auf nationaler Ebene für den politischen
Prozess maßgeblich. An diesen beiden Eckpunkten des Systems von „MultiLevel-Governance“ setzt die Forschungsarbeit des ZEI an. Die Daten und
Informationen, die das ZEI aggregiert, sollen sowohl der europäischen Politik
als Orientierungshilfe dienen als auch weitere Forschungen anregen. Das ZEI
hat hierzu 2012 eine Website freigeschaltet, auf der Quellen, Texte, Daten und
Analysen zur Zukunft der Europäischen Union zur Verfügung gestellt werden.
Seit 2014 wurde die Website um die Publikation „ZEI-Insights“ erweitert, die
das Zusammenspiel der verschiedenen EU-Akteure analysiert und sich kritisch
mit den Fortschritten bei der Umsetzung der Kommissionsziele
auseinandersetzt. Das Projekt dient als Informationsquelle und liefert
Hintergrundinformationen zu den Grundlagen und Entscheidungsabläufen in der
Europäischen Union. Auf diese Weise trägt es zu einem besseren Verständnis
der Bestimmungsfaktoren europäischer Innenpolitik bei. „ZEI Insights“ bieten
Kommentare und kritische Analysen zu Fragen des Regierens und Regulierens
im Kontext der zehn Prioritäten der Juncker-Kommission und ihres
Zusammenwirkens mit dem Europäischen Parlament und dem Europäischen
Rat. Verfasst werden die „ZEI Insights“ von ZEI Wissenschaftlern, Master of
European Studies Fellows und Ehemaligen (Alumni).
Projektbegleitend analysiert der „Future of Europe Observer“ (FEO) regelmäßig
seit 2012 mit drei Ausgaben pro Jahr die EU-Innenpolitik aus der Sicht der
Partner des europäischen Wissenschaftsnetzwerkes sowie von Alumni des ZEI
Master of European Studies Program (MES). 2014 wurde der Fokus auf die ZEI
Alumni gelegt, die so ihre Erfahrung und ihr Wissen, dass sie in ihren Karrieren
im Anschluss an den MES gesammelt haben, vermitteln können. In den ersten
Monaten seiner Präsidentschaft (2014-2019) hat EU-Kommissionspräsident
Jean-Claude Juncker bemerkenswerte Änderungen in der Organisation der
Europäischen Kommission eingeführt und für sich und sein Team politische
Richtlinien gesetzt, verbunden mit der Verpflichtung, diese auch zu erfüllen.
Der erste FEO des Jahres 2015 gibt einen Einblick in die Arbeit von JeanClaude Juncker und zeigt Ziele und Prioritäten der neuen EU-Kommission auf.
„ZEI Insights“ und „Future of Europe Observer“ können auf der Homepage des
ZEI heruntergeladen werden.
42
Weitere ausgewählte Publikationen
Marcus Höreth, Die Europäische Union im Legitimationstrilemma, Zur
Rechtfertigung des Regierens jenseits der Staatlichkeit, Schriften des Zentrum
für Europäische Integrationsforschung, Band 10, Baden-Baden: Nomos- Verlag,
1999, 387 Seiten.
Jörg Monar, EU Justice and Home Affairs and the Eastward Enlargement: The
Challenge of Diversity and EU Instruments and Strategies, ZEI Discussion
Paper C91/2001.
Thorsten Faas/Tapio Raunio/Matti Wiberg, The Difference Between Real and
Potential Power: Voting Power, Attendance and Cohesion, ZEI Discussion
Paper C130/2004.
Hubert
Iral,
Im
Spannungsfeld
zwischen
Normalzustand
und
Legitimationsfragen. Die Wahlen zum Europäischen Parlament 2004 vor dem
Hintergrund der EU-Erweiterung und des Verfassungsgebungsprozesses, ZEI
Discussion Paper C139/2004.
Ashkaan Rahimi, The Evolution of EU Asylum Policy, ZEI Discussion Paper C
142/2005.
Hansjörg Eiff, Zum Problem des Kosovo-Status, ZEI Discussion Paper,
C144/2005.
Cordula Janowski, Die nationalen Parlamente und ihre Europa-Gremien
Legitimationsgarant der EU?, Schriften des Zentrum für Europäische
Integrationsforschung, Band 66, Baden-Baden: Nomos Verlag, 2005, 278
Seiten.
Swetlana Pogorelskaja, Die Bedeutung der deutschen parteinahen Stiftungen für
die EU-Politik gegenüber den MOE und GUS-Staaten, ZEI Discussion Paper
C163/2006.
Christina Tings, The new German European Policy – Challenges to
Decentralised EU Policy Coordination, ZEI Discussion Paper C166/2006.
Wolfram Hilz, Deutschlands EU-Präsidentschaft 2007 – Integrationspolitische
Akzente in schwierigen Zeiten, ZEI Discussion Paper C164/2006.
Valeria Marziali, Lobbying in Brussels – Interest representation and Need for
Information, ZEI Discussion Paper C155/2006.
Andreas Marchetti/Martin Zimmek (Hrsg.), Annäherungen an Europa. Beiträge
zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2007, ZEI Discussion Paper C175/2007.
43
Frauke Muth, When Sleeping Dogs Wake up. Norway and Justice and Home
Affairs in the European Union, ZEI Discussion Paper C172/2007.
Klaus-Jörg Heynen, Negotiating EU Law. Particularities and Conclusions, ZEI
Discussion Paper C 207/2011.
Martin Seidel, Optionen für die europäische Integration, ZEI Discussion Paper C
179/2008.
Sonja Schröder, The 2007-2013 European Cohesion Policy. A new Strategic
Approach by the Commission? ZEI Discussion Paper C190/2008.
Frank Decker/Jared Sonnicksen, The Direct Election of the Commission
President. A Presidential Approach to Democratising the European Union, ZEI
Discussion Paper C192/2009.
Ina Hommers, Die Migrationspolitik der EU. Herausforderung zwischen
nationaler Selbstbestimmung und europäischer Konvergenz, ZEI Discussion
Paper C196/2009.
Ludger Kühnhardt, Regieren in der europäischen Föderation, ZEI Discussion
Paper C212/2012.
Thorsten Kim Schreiweis, Die Demokratisierung der Europäischen Union, ZEI
Discussion Paper C219/2013.
Martin Seidel, Die deutsche Europapolitik unter den Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts, ZEI Discussion Paper C218/2013.
Marc Jan Eumann, Current Challenges in EU Politics. A Perspective from North
Rhine-Westphalia, ZEI Discussion Paper C216/2013.
Ludger Kühnhardt Die proto-konstitutionelle Etablierung der europäischen
Innenpolitik, ZEI Discussion Paper C225/2014.
Christina Wunder, Communication and Campaigning in European Citizens‘
Initiatives, ZEI Discussion Paper, C224/2014.
44
3.
Identität und Globalität
Die 2007 begonnene Finanz- und Wirtschaftskrise hat nicht nur Arbeitsplätze
und Vermögen vernichtet sowie die Staatsschulden ansteigen lassen, sondern
auch Fragen nach einer gemeinsamen europäischen Identität neue Relevanz
verliehen: Gibt es eine gemeinsame Identität der Europäer? Wenn ja, wie sieht
diese aus? Und wenn nein, brauchen wir sie überhaupt? Nun sind kollektive
Identitäten äußerst diffuse Gebilde. Sie beschreiben eine Zugehörigkeit, von der
der Einzelne oft selbst nicht genau weiß, warum man sie fühlt. Entsprechend
schwierig ist eine Annäherung an die komplexen Phänomene der europäischen
Identität. Aber gerade die Präsenz dieser Fragen in der öffentlichen Debatte
signalisiert das Bedürfnis nach Antworten. Europa ist kein einheitlicher,
homogener Raum. Vielmehr ist gerade eine große Pluralität der Interessen in
Gesellschaften und Staaten kennzeichnend. Worauf wird also der Zusammenhalt
der Europäischen Union beruhen? Und wie wird sich das Verhältnis zwischen
dem politischen Konstrukt Europa und seinen Bürgern entwickeln?
3.1 Europäische Identität
x Der Bau des „gemeinsamen Hauses“ Europa soll sich an Ideen und Zielen,
Wünschen und Visionen, Werten und Maßstäben orientieren. Eine einheitliche
Währung allein reicht nicht aus, um eine europäische Einigung zu vollenden.
Die geschichtliche Identität des Kontinents ist eng mit dem Christentum, aber
auch mit dem Judentum und dem Islam verknüpft, darüber hinaus mit
bestimmten säkularen Werten, etwa den Menschenrechten. Die Autoren eines
von ZEI Senior Fellow Prof. Dr. Walter Schweidler, Ruhr-Universität Bochum,
herausgegebenen ZEI-Sammelbandes, betrachteten interdisziplinär die
Wertproblematik unter dem philosophischen Gesichtspunkt der Frage nach
Begründung und Richtigkeit von Werten. Gestellt wurden Fragen nach dem
Wert der Wissenschaft, nach dem Verhältnis von Wissenschaft, Medizin und
Gesellschaft, nach den Folgen der globalen Durchsetzung der Menschenrechte,
nach Ideologien vor dem Hintergrund gegenwärtiger Wertsetzungen, nach der
gesellschaftlichen Funktion von Werten, nach dem Verhältnis europäischer und
nichteuropäischer Werte im Prozess der Globalisierung, sowie nach der
menschlichen Selbsterfahrung in der Zeit sich beständig beschleunigender
Lebensvorgänge.
Walter Schweidler (Hrsg.), Werte im 21. Jahrhundert, Schriften des Zentrum für
Europäische Integrationsforschung, Band 27, Baden-Baden: Nomos Verlag,
2001, 292 Seiten.
45
x In einem weiteren Sammelband, herausgegeben von ZEI Mitarbeiter Dr.
Ralf Elm, stellten 15 namhafte Europaexperten, Wissenschaftler und
Philosophen, darunter Rémi Brague, Wilfried Loth und Walter Brandmüller, die
Frage nach der europäischen Identität aus kulturgeschichtlicher und
methodischer Perspektive. Im Zentrum steht dabei die Suche nach den
Paradigmen europäischer Identität. Im Spannungsfeld von Globalisierung und
ihren Erfordernissen auf der einen Seite und Nationalismus und Regionalismus
mit tiefverwurzelten Konfliktpotentialen auf der anderen Seite sucht Europa
nach einem Weg, die Vielheit von Staaten und Interessen zu einer Einheit
zusammenzuführen. Wie der zukünftige Weg zu welcher Gestalt Europas und
entsprechender europäischer Identität aussieht, ist noch nicht entschieden. Umso
wichtiger ist die kritische Untersuchung der Leitbilder und Paradigmen
europäischer Identität, der dabei verwendeten Methoden, Kategorien und
Implikationen: Was kann europäische Identität über europäischen Gleichschritt
in der Wirtschafts- und Währungsunion sowie über eine gemeinsame
Sicherheitspolitik hinaus ausmachen? Europa kann nicht auf eine einheitliche, in
sich homogene geistige Substanz zurückgreifen; dafür herrscht eine zu große
Pluralität, zudem würde man der geschichtlichen Offenheit nicht gerecht.
Europa darf sich freilich auch nicht im Extrem reiner Konstruktionen verlieren,
würden auf diese Weise doch die unterschiedlichen Bindungen unterschlagen,
damit die Zustimmungs- und Akzeptanzmöglichkeiten von Seiten der
Bevölkerung preisgegeben.
Ralf Elm (Hrsg.), Europäische Identität: Paradigmen und Methodenfragen,
Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Band 43, BadenBaden: Nomos Verlag, 2002, 318 Seiten
x Zu den Ausprägungen der europäischen Identität gehört der Europarat.
Unter der Leitung von ZEI Senior Fellow Prof. Dr. Uwe Holtz, langjähriger
Abgeordneter des Deutschen Bundestages, führte das ZEI ein Projekt zum
Thema „Fünfzig Jahre europäische Einigung: der Europarat“ durchgeführt.
Neben einem wissenschaftlichen Seminar nahmen 30 Studenten an einer
Exkursion Ende 1999 zum Europarat nach Straßburg teil. In einem Sammelband
fand das Projekt seinen Niederschlag. Der Band enthält Beiträge hochrangiger
Praktiker, renommierter Wissenschaftler sowie studentischer Nachwuchswissenschaftler, die sich mit der Rolle des Europarates einst und heute
beschäftigen und wurde bei einer Buchpräsentation in Straßburg in Anwesenheit
des Generalsekretärs des Europarates, Dr. Walter Schwimmer, des Präsidenten
46
der parlamentarischen Versammlung des Europarates, Lord Russel-Johnson
sowie des deutschen Botschafters Dr. Johannes Dohmes vorgestellt.
Uwe Holtz (Hrsg.), Fünfzig Jahre Europarat, Schriften des Zentrum für
Europäische Integrationsforschung, Band 17, Baden-Baden: Nomos-Verlag,
2000, 377 Seiten.
x Eine Würdigung der Arbeit des Zentrum für Europäische
Integrationsforschung zu Fragen der europäischen Identität war die Anfrage des
Generalsekretärs des Europarates, Dr. Walter Schwimmer, an ZEI Direktor Prof.
Dr. Ludger Kühnhardt in einem kleinen Beraterkreis mitzuarbeiten, der ein
mehrjähriges Projekt des Europarates zum Thema „Europäische Identität“
bearbeitete. Nach einem ersten Gedankenaustausch zwischen dem
Generalsekretär des Europarates und seinem Beratergremium am 11. Januar
2001 in Paris, folgten zwei Kolloquien in Straßburg. Im Jahr 2003 fand ein
weiteres Colloquium in Straßburg statt, dessen zentrales Panel, das sich mit
Fragen nach den neuen globalen Herausforderungen für die Menschenrechte und
die Demokratie befasste, von ZEI Direktor Prof. Dr. Kühnhardt geleitet wurde.
x Die Frage nach der europäischen Identität wird zunehmend politischer. Die
Arbeit des europäischen Verfassungskonvents und die zunehmenden Anfragen
nach einer globalen Rolle für die EU verknüpften die Identitätsfrage immer
erkennbarer mit dem politischen Profil und Willen der Europäischen Union.
Wissenschaftliche Forschungen müssen daher vermehrt die Erkenntnisse der
Regierungslehre, der internationalen Beziehungen und der politischen Theorie,
die nach den Traditionen und Ansprüchen Europas sucht, miteinander
verknüpfen. Diese methodische Zusammenschau kennzeichnete eine Publikation
von ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt im Jahr 2003. Er richtete sein
Hauptaugenmerk auf den Verlauf und die Perspektiven des europäischen
Integrationsprozesses im Rahmen der fortschreitenden Globalisierung und
plädierte für eine europäische Verfassung. Besondere Bedeutung misst
Kühnhardt dem europäisch-amerikanischen Verhältnis zu und schlägt einen
neuen Atlantischen Vertrag vor, um den beachtlichen „acquis atlantique“ auf
eine neue Basis für die Bewältigung der weltweiten Herausforderungen und
Chancen des 21. Jahrhunderts zu stellen.
Ludger Kühnhardt, Constituting Europe, Identity, institution-building and
search for a global role, Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Band 60, Baden-Baden: Nomos-Verlag 2003, 275 Seiten.
47
x Im Rahmen der Grundthematik, welche kulturellen Bedingungen für das
Lernen und die Vermittlung von Bildungsinhalten eine Rolle spielen, wurde bei
einem ZEI Workshop im März 1998 die Frage thematisiert, auf welche Weise
die bildungspolitischen und bildungstheoretischen Diskussionen in den
Transformationsländern Mittelosteuropas Anregung und Maßstab für die
entsprechenden Diskussionen in den „etablierten“ bildungspolitischen und
bildungstheoretischen Landschaften in der Westhälfte des Kontinents, und vor
allem in der Westhälfte Deutschlands, geben können. Namhafte
Wissenschaftler, so Prof. Dr. Franz E. Weinert, Direktor des Max-PlanckInstituts für Bildungspsychologie, München, und Prof. Dr. Hans Weiler, Rektor
der Viadrina in Frankfurt/Oder, diskutierten im Rahmen dieses Workshops mit
den Bildungsministern aus Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Sachsen und
Bildungstheoretikern aus Polen und Slowenien.
Andreas Beierwaltes (Hrsg.), Lernen für das neue Europa: Bildung zwischen
Wertevermittlung und High Tech? Schriften des Zentrum für Europäische
Integrationsforschung, Band 2, Baden-Baden: Nomos Verlag, 1998, 152 Seiten.
x Die Erfahrungen mit totalitären Herrschaftsformen im 20. Jahrhundert
gehören zu den zentralen Referenzpunkten bei der Auseinandersetzung mit
Tradition und Zukunft der europäischen Identität. Vom 13. bis 15. Mai 1998
richtete das ZEI zusammen mit der Russischen Akademie der Wissenschaften
eine internationale Konferenz zu dem Thema „Russland und Deutschland auf
dem Weg zum antitotalitären Konsens – Erfahrungen und Verpflichtungen“ in
Moskau aus. Hierbei trafen führende Historiker aus Deutschland (unter anderem
Prof. Dr. Karl Dietrich Bracher und Prof. Dr. Hans-Adolf Jacobsen, beide
Universität Bonn, Prof. Dr. Klaus-Dietmar Henke, Direktor des Hannah-ArendtInstituts für Totalitarismusforschung, Dresden, Prof. Dr. Eckhard Jesse,
Universität Chemnitz), aus Frankreich (Prof. Dr. Nicolas Werth, einer der
Herausgeber des „Schwarzbuch des Kommunismus“) und Russland (unter
aanderem Prof. Dr. Jakow Drabkin, Akademie der Wissenschaften, Roy
Medwedijew, einer der führenden Dissidenten der 70er/80er Jahre, Prof. Dr.
Tamara Morschtschakowa, stellvertretende Vorsitzende des russischen
Verfassungsgerichtes) zusammen.
Besondere Beachtung fand die halbtägige Begegnung der Fachhistoriker mit
einem großen Kreis russischer Studenten der Geschichte und des Journalismus,
bei der Grundfragen der Auseinandersetzung mit der totalitären Vergangenheit
mit Blick auf die Grundlagen des künftigen Demokratieverständnisses in
48
offenherziger Weise erörtert wurden. Die Presse nahm in beiden Ländern lebhaft
Kenntnis von dieser Begegnung.
Ludger Kühnhardt/Alexander Tschubarjan (Hrsg.), Russland und Deutschland
auf dem Weg zum antitotalitären Konsens, Schriften des Zentrum für
Europäische Integrationsforschung (ZEI), Band 7, Baden-Baden: Nomos
Verlag, 1999, 243 Seiten (russische Ausgabe 2000).
x Im Zusammenhang mit verschiedenen wissenschaftlichen Diskussionsprozessen in Europa, die sich um den 150. Jahrestag der gesamteuropäischen
1848er Revolution bildeten, führten das ZEI, die Ungarische Akademie der
Wissenschaften und das ungarische Sándor Petöfi-Literaturmuseum
Literaturwissenschaftler und Literaturhistoriker aus Bulgarien, Deutschland,
Frankreich, Italien, Österreich, Polen und Ungarn am 2. bis 4. April 1998 im
Sándor Petöfi-Literaturmuseum, Budapest, zusammen. Ziel war es, auf der Basis
kompetenter wissenschaftlicher Referate über den Zusammenhang zwischen
europäischer Romantik und nationaler Identität zu reflektieren.
Csilla Csorba Erdödy, Europäische Romantik und nationale Identität. Das
literarische Erbe von 1848, Schriften des Zentrum für Europäische
Integrationsforschung, Band 4, Baden-Baden: Nomos-Verlag, 1999, 174 Seiten.
x Zwei deutsch-polnische Symposien widmeten sich am 22. Januar 1999 am
ZEI in Bonn und am 17. Mai 1999 an der Katholisch-Theologischen Akademie
in Warschau den Herausforderungen, denen sich die Kirche im Prozess der
Einigung Europas zu stellen hat. Deutsche und polnische Wissenschaftler
untersuchten, wie das Verhältnis der Kirchen zur europäischen Einigung nach
dem EU-Vertrag von Amsterdam (1997) mit seiner Kirchenerklärung
auszugestalten ist.
x Jahrzehntelang von einer willkürlichen Zensur brutal unterdrückt, konnte
sich die Literatur Portugals nach der Nelkenrevolution vom April 1974 in neuer
Fülle entfalten, sich mit den großen geistesgeschichtlichen Traditionen des
Landes kritisch und engagiert auseinandersetzen und Historie und
Zeitgeschichte im Hinblick auf jene Kontinuitäten analysieren, die im
allgemeinen zu nationaler Mythenbildung und im speziellen zum faschistischen
Salazar-Regime geführt hatten. Diesem Aufbruch der portugiesischen Literatur
ging das Kolloquium „25 Jahre nachrevolutionäre Literatur in Portugal –
Nationale Mythen und kulturelle Identitätssuche“ am 9./10. Juli 1999 am ZEI in
Bonn im Gespräch von portugiesischen mit deutschen Literaturwissenschaftlern
nach. Das Symposium fand in Kooperation mit dem Romanischen Seminar der
49
Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und der Kunst- und
Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland statt.
x In Zusammenarbeit mit der Britischen Botschaft führte das ZEI am 1.
Dezember 2000 in Berlin das Seminar „Multiculturalism and Ethnic Minorities
in Europe“ durch. Die Teilnehmer erörterten schwerpunktmäßig, was
Regierungen tun können oder sollten, um gegen rassistische Tendenzen
vorzugehen und die Integrationsbemühungen zu fördern. Dabei wurde
besonderes Augenmerk auf die Perspektiven einer gemeinsamen europäischen
Einwanderungs- und Integrationspolitik sowie die Ausfüllung des Rahmens
einer europäischen Staatsbürgerschaft gelegt. In Vorträgen und Diskussionen
wurde ein Bogen von den Restbeständen völkischen Denkens in Deutschland bis
zu den Möglichkeiten eines republikanischen Verfassungsverständnisses auf
Ebene der EU gespannt. Angesprochen wurden auch die britischen Erfolge mit
der größten Ansammlung von ethnischen Minderheiten in Europa, wie sie in
London aufzufinden ist, und die slowakischen Erfahrungen mit Dörfern im
Osten des Landes, die im 20. Jahrhundert acht Mal die staatliche Zugehörigkeit
gewechselt haben. Zwischen britischen und deutschen Teilnehmern herrschte
Konsens darüber, dass der nationale Gedanke und das demokratische Prinzip
nicht zu sehr auseinander klaffen dürfen, um größere Probleme der Integration
zu vermeiden. Dazu sei es notwendig, klassische nationalfixierte Kulturkonzepte
zu erweitern. Die Tagung offenbarte aber auch die anhaltenden Probleme und
Unwegbarkeiten in der Entwicklung einer konsensualen europäischen
Begrifflichkeit bei der Bezeichnung von Ausländern und Migranten. Intensiv
wurden die Fragen einer aus ökonomischer Notwendigkeit gebotenen
Zuwanderung erörtert.
Frank Ronge/Susannah Simon (eds.), Multiculturalism and Ethnic Minorities in
Europe, ZEI Discussion Paper, C87/2001.
x Nach welchen Ideen, Mustern und Werten vollzieht sich das
Zusammenwachsen Europas? Mit dieser Frage beschäftigte sich das ZEI vom
20. bis 22. Januar 2000 auf einem Symposium zum Thema „Christenheit –
Europa 2000. Die Zukunft Europas als Aufgabe und Herausforderung für
Theologie und Kirchen“. Das Symposium hat deutlich gemacht, dass die
Identität Europas eng mit dem Christentum verknüpft ist. In Kooperation mit der
Katholisch-Theologischen Fakultät und der Evangelisch-Theologischen Fakultät
der Universität Bonn veranstaltet, hat das Symposium Wege gewiesen, wie die
Kirchen sich im kulturellen, im rechtlichen, im sozialethischen, im politischen
und im pastoralen Rahmen, vom Glauben geleitet, in den europäischen
50
Integrationsprozess einbringen können. Erzbischof Alfons Nossol aus Oppeln
betonte in einem öffentlichen Vortrag im Bonner Münster die Herausforderung:
„Es ist kein anderes Ethos und keine andere Religion in Sicht als das
Christentum, was eine unberechenbare Moderne vor ihrer Selbstzerstörung zu
schützen vermag.“ Dass in diesem Prozess neue ökumenische Wege der
Kooperation auf europäischer Ebene gefunden werden müssen, darauf wies der
Präsident des Landeskirchenamtes Hannover, Eckhardt von Vietinghoff, hin.
Walter Fürst, Martin Honecker (Hrsg.), Christentum – Europa 2000. Die
Zukunft Europas als Aufgabe und Herausforderung für Theologie und Kirchen,
Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Band 31, BadenBaden: Nomos Verlag, 2001, 222 Seiten.
x Auf die Gefahr, dass „Europa nur Form ohne Substanz“ werden könnte,
wies der Bischof von Hildesheim und Präsident des Rates der Bischofskonferenzen der Europäischen Union (ComECE), Josef Homeyer, in einem
„ZEI-Europaforum“ zu dem Thema „Die Rolle der Kirchen in Europa“ am 29.
Mai 2000 hin. Er betonte die Aufgabe der Kirchen angesichts zunehmender
Individualisierung und einer voranschreitenden Geschichtslosigkeit die Fülle
menschlicher Existenz zur Geltung bringen zu müssen. Es sei eine Frage der
Gerechtigkeit, dass auch auf europäischer Ebene alle am gesellschaftlichen und
wirtschaftlichen Leben teilhaben könnten.
x Die rasch fortschreitende Globalisierung hat tiefgreifende Veränderungen
nicht nur der wirtschaftlichen, sondern auch der politischen und sozialen
Verhältnisse der ganzen Welt bewirkt. In Europa kam der dynamische Prozess
der europäischen Einigung hinzu, der die nationalen Besonderheiten einerseits in
den Hintergrund treten ließ, andererseits ihnen jedoch ganz neue Möglichkeiten
der Wertung und Profilierung eröffnete. Die menschliche Sprache, unbestritten
das wichtigste soziale Kommunikationssystem, war notwendigerweise tiefgreifenden Veränderungen unterworfen. Das Kolloquium „Die europäischen
Kleinsprachen am Anfang des 21. Jahrhunderts“, das das ZEI am 16. und 17.
Juni 2000 in Kooperation mit dem Sprachlernzentrum, dem Germanistischen
Seminar und dem Sprachwissenschaftlichen Institut der Universität Bonn
veranstaltete, widmete sich der Frage, welche Auswirkungen der weltweite und
insbesondere der innereuropäische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Wandel
auf die Lage und den Status der europäischen Sprachen hat. Im Gegensatz zu
anderen vergleichbaren Forschungsansätzen lag der Schwerpunkt auf den
sogenannten „Kleineren Sprachen“, im EU-Jargon „Lesser Used Languages“,
das heißt Sprachen, deren Sprecherzahl relativ klein ist. Dazu gehören eine
51
ganze Reihe von europäischen Minderheitensprachen, das heißt Sprachen, die
nicht erste Verkehrssprache oder offizielle Amtssprache der Staaten sind, in
denen sie gesprochen werden.
Heinrich P. Kelz, Rudolf Simek, Stefan Zimmer (Hrsg.), Europäische
Kleinsprachen. Zu Lage und Status der kleinen Sprachen an der Schwelle zum
dritten
Jahrtausend,
Schriften
des
Zentrum
für
Europäische
Integrationsforschung, Band 45, Baden-Baden: Nomos Verlag, 2001, 180
Seiten.
x Mit der Einwanderung muslimischer Arbeitnehmer und ihrer Familien ist
der Islam zu einer dauerhaften Erscheinung innerhalb der religiösen und
gesellschaftlichen Landschaft Deutschlands geworden. Diese neue Situation
wirft nicht nur Fragen für das Verhältnis der Religionen untereinander, sondern
auch für das Zusammenleben ihrer Angehörigen in der Gesellschaft auf. Diesen
Fragen kann sich auch die Katholische Kirche nicht entziehen, insofern sie
durch ihr Verhalten gegenüber den Muslimen auf diese Prozesse einwirken
kann. Dieses Thema hat Thomas Lemmen in einer weit beachteten ZEI
Veröffentlichung aufgegriffen.
Thomas Lemmen, Muslime in Deutschland. Eine Herausforderung für Kirche
und Gesellschaft, Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung,
Band 46, Baden-Baden: Nomos Verlag, 2001, 325 Seiten.
x Grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Wirtschaft und Verwaltung
beruht sehr stark auf den Möglichkeiten, dem Geschick und dem
Einfühlungsvermögen auf dem Gebiet der interkulturellen Kommunikation. Wo
Stereotypen in der Perzeption des Nachbarlandes und seiner Bewohner,
Unterschiede in Begrifflichkeit, Werten und Stilen noch im Stande sind,
schwerwiegende
Missverständnisse
heraufzubeschwören,
vermögen
„Lesehilfen“ für Kulturen und Mentalitäten einen wertvollen Beitrag zu leisten,
wenn es darum geht, Wirtschaft und Verwaltung in der grenzüberschreitenden
Zusammenarbeit zu helfen. Dies war der Beweggrund für ein ZEI-Projekt,
welches die unterschiedlichen Kulturen und Mentalitäten in den Nachbarländern
Nordwest-Kontinentaleuropas beschreiben und vermitteln sollte. Das Projekt
„Kulturen, Mentalitäten und Traditionen in Nordwesteuropa: Auswirkungen auf
den Stil von Wirtschaft, Verwaltung und Politik“ fand eine positive Resonanz in
der Landesregierung von NRW und wurde von der Staatskanzlei NRW
gefördert. Ein erster Workshop fand am 15. Dezember 2000 mit
wissenschaftlichen Experten aus Belgien, Luxemburg, den Niederlanden und
Frankreich sowie dem Benelux-Koordinator der Landesregierung, Dr. Bernd
52
Müller, sowie ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt statt. Ziel der
Projektinitiative war die Erarbeitung eines „Mentalitätenführers“ für die
Benelux-Staaten und Nordrhein-Westfalen, der den Charakter eines
unterhaltsamen Vademecums haben und interessierten (Geschäfts-) Reisenden
als Einführung und Handreichung dienen sollte. Ins Blickfeld sollte nur
genommen werden, was für das jeweilige Land prägend ist und welche
potentiellen Problemfelder es zu beachten gibt, um so auch Schwellenängste von
Beginn an zu beseitigen. Befragungen von Probanden nach einem vorgegebenen
Fragebogen und längere, freiere Interviews in den Niederlanden, Belgien,
Luxemburg und Nordrhein-Westfalen lieferten das Quellenmaterial.
Ute Schürings/Georg Michels/Bernd Müller (Hrsg.), Zwischen Pommes und
Praline. Mentalitätsunterschiede, Verhandlungs- und Gesprächskultur in den
Niederlanden, Belgien, Luxemburg und Nordrhein-Westfalen, Münster, 2003,
176 Seiten; zweite Auflage 2004.
Das Projekt begleitende Workshops, die die Mentalitäten, Kulturen und
Traditionen im Nordwesten Europas in den Mittelpunkt stellten, fanden am 18.
Mai und am 20./21. September 2001 am ZEI statt. Die Ministerin für Bundesund Europaangelegenheiten von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, konnte
für einen Vortrag am 21. September 2001 gewonnen werden.
Jacobus Delwaide, Georg Michels, Bernd Müller (Hrsg.), Die
Rheingesellschaft. Mentalitäten, Kulturen und Traditionen im Herzen Europas,
Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Band 56, BadenBaden: Nomos Verlag, 2003, 255 Seiten.
x Da die europäische Kultur ihre Wurzeln auch in den klassischen Sprachen
hat, durften diese im Rahmen des europäischen „Jahres der Sprachen“ (2000)
nicht vernachlässigt werden. Aus diesem Grund hat das eine Zusammenarbeit
mit der Historischen Kommission des Vatikan zur Wiederbelebung der Alten
Sprachen in Europa initiiert. Zunächst wurden allen in Frage kommenden
Europäischen wissenschaftlichen Akademien eine Grunderklärung zur
Wiederbelebung der Alten Sprachen zur Unterstützung zugesandt. Anknüpfend
an die positiven Rückmeldungen wurde von Prof. Dr. Lutz Käppel, Universität
Kiel, in Zusammenarbeit mit dem ZEI das Manifest „Die Wichtigkeit der alten
Sprachen Griechisch und Latein“ erarbeitet. In Zusammenarbeit mit dem
Vatikan und der Universität Kiel konnte das ZEI an der Bildung eines
europäischen Komitees mitwirken. Gewonnen wurden zur wissenschaftlichen
Koordination des Projektes Prof. Dr. Peter Parsons (Oxford), Prof. Dr. Tuomo
Pekkanen (Helsinki) und Prof. Dr. Antonios Rengakos (Thessaloniki). Als
53
zentrale Botschaft wurde deutlich gemacht, dass das gemeinhin mit den
klassischen Sprachen verbundene konservative Image keinesfalls zutrifft.
Hervorzuheben sind Nutzen und Bedeutung der klassischen Sprachen auch in
der modernen Welt, damit ersichtlich wird, dass Latein und Griechisch nach wie
vor ein unverzichtbares Element in der Ausbildung junger Menschen darstellen.
Lutz Käppel, Das Modernitätspotential der alten Sprachen und ihre Bedeutung
für die Identität Europas, ZEI Discussion Paper, C98/2002.
x 2004 verlieh die Europäische Kulturstiftung ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger
Kühnhardt ihren Europäischen Wissenschaftspreis für seine Verdienste um
Forschungsarbeiten und Dialogbeiträge zur europäischen Identität.
x Als Antwort auf die sich verändernde soziale und kulturelle Landschaft in
der Europäischen Union stand das Jahr 2008 unter dem Motto des
Interkulturellen Dialogs. Für diesen thematischen Schwerpunkt gab es zwei
Gründe: zum einen die historischen Erweiterungen in den Jahren 2004 und
2007, als zwölf neue Länder der EU beitraten, und zum anderen als Antwort auf
die durch andauernde Migrationsströme stetig anwachsenden Einwanderergemeinden in europäischen Städten. Neben der Idee des gegenseitigen Respekts
und der Würde des Menschen bildet das Konzept des Interkulturellen Dialogs
einen Kernbereich der europäischen Integration. Während des Jahres 2008
wurde der Interkulturelle Dialog durch eine Reihe von Initiativen der EU
gefördert, die vor allem die Zivilgesellschaft, aber auch ganz bewusst Lehrer,
Betriebe und Religionsvertreter einbeziehen und Themen wie Bildung, Kunst,
Migration, Multilinguismus, Religion, Arbeitsstätten und Medien abdecken. Die
Idee hinter dem Konzept war es, einen nachhaltigen politischen Prozess in Gang
zu setzen, der alle Menschen, die in der EU leben, mit einbezieht. Der
verantwortliche EU-Kommissar Ján Figel’ beleuchtete in einem ZEI Discussion
Paper Ideen, Hintergründe und Vorgehensweise des Projekts.
Ján Figel’, Reflecting on the European Year of Intercultural Dialogue, ZEI
Discussion Paper, C187/2008.
x Malte Tim Zabel beschäftigt sich in seiner von Prof. Dr. Ludger Kühnhardt
betreuten Dissertation zu dem Thema „Die europäische Vertrauensfrage –
Ideengeschichtliche
Entwicklung,
Facetten
und
Auswirkung
des
Euroskeptizismus“ mit den Effekten von Euroskeptizismus für den Verlauf der
öffentlichen Diskussion über die EU und den tatsächlichen Prozess der
europäischen Integration. Seine Hypothese: Fundierter, auf Diskussion
ausgerichteter Euroskeptizismus festigt das Denken in europäischen Kategorien
und kann für den Integrationsprozess sogar positive Auswirkungen haben. Diese
54
Vermutung basiert auf der Trennung von Begrifflichkeiten. „Euroskeptizismus“
ist in der öffentlichen Diskussion längst zum Synonym für Ablehnung, mitunter
gar Anfeindung gegenüber der EU bzw. dem europäischen Gedanken geworden
und wird durch populistische Parolen kultiviert. Auf diese Weise verstanden, ist
Euroskeptizismus ohne Frage schädlich für den Integrationsprozess. Die
Ideengeschichte des philosophischen Skeptizismus besagt hingegen, dass der
Ausdruck „Skepsis“ keineswegs überzeugte oder gar verbohrte Ablehnung
impliziert. Ein Skeptiker ist vielmehr jemand, der genau abwägt und den
Austausch in der Debatte sucht ohne selbst von der Geltungshoheit der eigenen
Argumente vollends überzeugt zu sein. Ein solcher, quasi echter Euroskeptiker,
wäre – so die zu überprüfende Hypothese – für die politische Diskussionskultur
Europas durchaus ein Gewinn. Durch seine Erscheinung würden bestimmte
europäische Fragen intensiver diskutiert und abgewogen, sodass europäische
Politik letztlich sogar qualitativ hochwertiger sein und am Ende auf einem
breiteren Konsens basieren dürfte. Die Dissertation wird 2016 abgeschlossen.
x In theoretischer Hinsicht wird die Europäische Union üblicherweise durch
das Prisma von Integrationstheorien interpretiert, die ihrerseits den jeweiligen
Zustand des Integrationsprozesses widerspiegeln. ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger
Kühnhardt wirft die darüber hinausgehende Frage auf, ob und inwieweit der
Prozess der europäischen Integration nicht begonnen hat, eine genuine politische
Philosophie zu generieren, die ihren Ausgangspunkt nicht im klassischen
Staatswesen, sondern in der EU selbst nimmt. Er untersucht Beispiele – vom
Grundrechtsschutz bis zum Unionsbegriff, aber auch kritische Begriffe wie den
des Euroskeptizismus – die darauf schließen lassen, dass die EU selbst zum
Referenzpunkt für die Reflexion über das Gemeinwohl geworden ist. Eine
politische Philosophie im Kontext der Europäischen Union steht erst am Anfang
und lässt Erkenntnisgewinn durch vertiefte wissenschaftliche Forschung
erwarten.
Ludger Kühnhardt, Gibt es eine politische Philosophie der Europäischen
Union? ZEI Discussion Paper, C223/2014.
3.2 Dialog der Kulturen
x Der „Dialog der Kulturen“ war ein zentrales Thema des internationalen
Kongresses „Weltachsen 2000“, der am 11./12. November 1999 im ehemaligen
Plenarsaal des Deutschen Bundestages in Bonn durchgeführt wurde. Der
Einladung des Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI), der Stadt
Bonn und des Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) zu diesem ersten
55
Kongress in dem historischen Gebäude nach der politischen Nutzung durch den
Deutschen Bundestag folgten fast eintausend interessierte Personen, um mit
führenden Vertretern verschiedener Kulturkreise aus aller Welt am Übergang
zum 21. Jahrhundert zentrale Menschheitsfragen und Perspektiven für die
Zukunft zu erörtern. In Plenarsitzungen und Arbeitsgruppen wurden sechs
zentrale Bereiche thematisiert: die „Universalität der Menschenrechte“, der
„Dialog der Kulturen“, die „globalen Märkte und die Zukunft des Staates“, die
„Bedingungen guter Regierungsführung“, das „weltweite Entwicklungsproblem
und nachhaltige Entwicklung“ sowie die „Entwicklung der menschlichen
Ethik“.
Der Nigerianer und Literaturpreisträger Wole Soyinka, einer der herausragenden
Intellektuellen Afrikas, brachte dabei zum Ausdruck, dass er den Dialog der
Kulturen auch in Zeiten wachsender religiöser und politisch motivierter
Feindschaften für gegeben hielte. Um diesen Dialog aber führen zu können,
müsse man unterscheiden, ob eine kulturelle Lesart der Macht oder der Freiheit
und Würde des Menschen diene. Als Grundlage eines Dialogs der Kulturen
müsse anerkannt werden, dass „die Menschheit unterschiedlich sei, aber
unteilbar bleibe.“ Auf die Rolle der Ethik auch in einer sich verändernden Welt
wies der Begründer der Gewerkschaft Solidarnosc und ehemalige polnische
Präsident Lech Walesa hin. Er forderte, nach dem Zusammenbruch der beiden
totalitären Ideologien dieses Jahrhunderts, des Nationalsozialismus und des
Kommunismus, müsse das kommende Jahrhundert ein „Zeitalter der Solidarität“
sein. Um dies zu ermöglichen, müssten die Vereinten Nationen reformiert und
gestärkt werden. Weitere Redner waren unter anderem Olivier Blanchard vom
Massachusetts Institute of Technology, der ehemalige Präsident von Costa Rica
und Friedensnobelpreisträger, Oscar Arías Sánchez, das Club-of-Rome-Mitglied
Karan Singh sowie die Hohe Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten
Nationen, Mary Robinson.
ZEI (Hrsg.), Weltachsen 2000, ZEI Discussion Paper, C69/2000.
x Vor dem Hintergrund der Aufgabe interkultureller Verständigung und
internationaler Zusammenarbeit führte das ZEI im Jahr 2001 mit Hilfe von ZEI
Senior Fellow Prof. Dr. Walter Schweidler, Ruhr-Universität Bochum, ein vom
DAAD unterstütztes Kooperations-Projekt in Kooperation mit der
Nationaluniversität der Mongolei in Ulanbataar durch. Bei einem Workshop in
Ulanbataar zur Transformation der Philosophieausbildung an den Hochschulen
der Mongolei im Lichte der Pluralität der Denkschulen in der gegenwärtigen
westlichen Philosophie und unter Einbezug buddhistischer Philosophie56
traditionen wurde vereinbart das Ethik- und Philosophiestudium von Magisterund Promotionsstudenten der Mongolei entsprechend zeitgemäßen
internationalen Standards zu modernisieren. Prof. Dr. Baldandorj Batchuluun,
Nationaluniversität Ulanbataar besuchte das ZEI für einen Forschungsaufenthalt.
Er übersetzte dabei ein philosophisches Lehrbuch für die Verwendung im
Rahmen einer erneuerten Philosophieausbildung in der Mongolei.
x Ein zwischen 2003 und 2005 durchgeführtes Projekt des ZEI und der
Hermann-und-Marianne-Straniak-Stiftung unter dem Thema „Menschenrechte,
Kulturen und Gewalt. Perspektiven einer interkulturellen Ethik“ verfolgte einen
über gewohnte Wege der Wissenschaftskooperation hinausgehenden Ansatz:
Persönlichkeiten kulturell unterschiedlicher Herkunft analysierten und
diskutierten die angesprochenen Felder der Auseinandersetzung um
Menschenwürde, Kulturen und Gewalt im interkulturellen Dialog sowohl
historisch als auch systematisch. Dass das Zusammentreffen der Kulturen und
spezifischer Lebensformen schnell zu kriegerischen Konflikten führt, die in
ihrem Ausgang und ihren Folgewirkungen unabsehbar sind, manifestiert sich zu
Beginn des dritten nachchristlichen Jahrtausends in dramatischer Weise. Ob
dieser spannungsreiche Zustand aber zu friedlichen Kooperationen kultureller
Lebensformen transformiert werden kann, hängt jetzt und in Zukunft mehr denn
je von der Einsicht wechselseitiger Angewiesenheit der Kulturen, von der
Etablierung institutionalisierter Möglichkeiten regionaler Gewalt- und
Konfliktentschärfung sowie von einem Dialog der Kulturen ab. Renommierte
Geisteswissenschaftler aus Europa und Ostasien reflektierten, angesichts der
zeitaktuellen Umstände, ergänzt durch gewichtige Stimmen aus den USA und
aus der arabischen Welt, über Grundfragen im Schnittfeld von
menschenrechtlichen Begriffen, kulturellen Deutungen und der Gewaltproblematik. Der einzigartige Charakter der aus dem Projekt entstandenen
Anthologie besteht in der dialogischen Kommentierung, die jeder Beitrag durch
einen Autor aus dem jeweils anderen Kulturraum erfahren hat. Damit leistet
dieser Band einen gewichtigen Beitrag zu einem authentischen Dialog der
Kulturen.
Im Rahmen dieses Projektes führten asiatische und amerikanische
Wissenschaftler Forschungsarbeiten als Gäste des ZEI durch. Prof. Dr. Kenichi
Mishima von der Universität Osaka in Japan verfasste während seines
Aufenthaltes am ZEI einen Aufsatz mit dem Titel „Menschenrechte als
Traditionsbruch und Abschied von der Gewalt“. Prof. Dr. Mamoru Takayama
selbst arbeitete zum „Begriff des Bösen in Japan“. Prof. Dr. William La Fleur
57
von der University of Pennsylvania beschäftigte sich während seines
Aufenthaltes im Rahmen desselben Projektes mit Auswirkungen kultureller
Grundhaltungen in konkreten Lebenssituationen in einem Vergleich zwischen
östlicher und westlicher Philosophie. Beispielhaft wurde etwa die Diskussion
über Gentechnik in einem eigenen Vortrag dargestellt.
Ludger Kühnhardt/Mamoru Takayama (Hrsg.), Menschenrechte, Kulturen und
Gewalt. Ansätze einer interkulturellen Ethik, in Kooperation mit der Hermann
und Marianne Straniak Stiftung, Schriften des Zentrum für Europäische
Integrationsforschung, Band 64, Baden-Baden: Nomos Verlag, 2005, 474
Seiten.
x Der Präsident des Europäischen Parlaments, Dr. Hans-Gert Pöttering, war
Ehrengast und Redner einer feierlichen Veranstaltung am 29. Mai 2008 zum
Ende des 10. Studienjahres des „Master of European Studies“ (Class of 2008).
In seiner Festrede hob er die Bedeutung der Europäischen Union hervor, zum
interkulturellen Dialog beizutragen und weltweit als Beispiel regionaler
Integration zu dienen. Das ZEI gehe in diesen Bereichen als gutes akademisches
Beispiel voran: Sowohl die Forschungsarbeit als auch die internationalen
Zusammensetzung der Weiterbildungsprogramme des ZEI spiegele genau diese
Anforderungen an die Aufgaben der Europäischen Union wider. Den Fellows
der „Class of 2008“ gegenüber äußerte der Parlamentspräsident Zuversicht, nach
Abschluss der Masterprogramme sehr gute Chancen auf dem internationalen
Arbeitsmarkt zu haben. Sie gehören einer neuen Generation künftiger
europäischer Führungskräfte an oder würden in anderen Kontinenten für die
Partnerschaft mit Europa arbeiten.
Hans-Gert Poettering, European Union – New Impulses for the Decace
Ahead/Europäische Union – Neue Impulse für die kommende Dekade, ZEI
Discussion Paper, C185/2008.
x Eine Forschungsgruppe unter Leitung von ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger
Kühnhardt und Prof. Dr. Tilman Mayer, Institut für Politische Wissenschaft und
Soziologie der Universität Bonn, initiierte 2009 das Verbundforschungsprojekt
„Die Gestaltung der Globalität“ in Zusammenarbeit mit der Philosophischen
Fakultät der Universität Bonn. Die meisten Fachdisziplinen verhandeln
relevante Fragen zu Phänomenen der Globalisierung und/oder einem
europawissenschaftlichen Bezug separiert voneinander: Sie erschließen das
Einmalige einer Thematik und Konstellation. Eher selten werden in den Geistesund Kulturwissenschaften solche Themen gemeinschaftlich untersucht.
Während die europawissenschaftlich interessierten Fächer über ihr
58
Forschungsobjekt Europäische Union ein relativ klares Bild ihres Gegenstandes
haben, herrscht über Definition und Reichweite der Globalisierung keineswegs
wissenschaftlicher oder gesellschaftlicher Konsens.
Im Rahmen der Verbundforschung wurde davon ausgegangen, dass sich der
Prozess der Globalisierung unterdessen zu einem Zustand der Globalität
verdichtet hat. Damit ist Globalisierung von einem prozesshaften Vorgang zu
einem als Strukturelement der heutigen Zeit geworden, wobei eine
Bestandsaufnahme der vielschichtigen Aspekte dieses Strukturelements und
seiner Auswirkungen in geisteswissenschaftlicher Perspektive bisher fehlt. Das
Projekt nahm in regelmäßigen interdisziplinär angelegten Arbeitskolloquien
zwischen 2009 und 2013 eine Standortbestimmung im globalen Ideen- und
Deutungswettbewerb und eine Überprüfung der Haltbarkeit bis dato formulierter
universaler Aussagen bzw. deren Adaption in der globalisierten Welt vor. Aus
dem Projekt heraus sind folgende ZEI Discussion Paper unter der
Herausgeberschaft von Tilman Mayer und Ludger Kühnhardt entstanden:
- Die Gestaltung der Globalität. Neue Anfragen an die
Geisteswissenschaften (mit Beiträgen von Wolfram Hogrebe, Volker Ladenthin,
Anne-Marie Bonnet, Sabine Sielke, Marion Gymnich, Dieter Sturma und Theo
Kobusch), ZEI Discussion Paper, C195/2009.
- Die Gestaltung der Globalität. Annäherungen an Begriff, Deutung und
Methodik (mit Beiträgen von Markus Gabriel, Volker Ladenthin, Stephan
Conermann, Günther Schulz, Wolfgang Kinzig, Xuewu Gu und Ursula von
Keitz), ZEI Discussion Paper, C198/2010.
- Die Gestaltung der Globalität. Wirkungen der Globalität auf ausgewählte
Fächer der Philosophischen Fakultät (mit Beiträgen von Michael Bernsen,
Markus Gabriel, Dominik Geppert, Konrad Klaus, Harald Meyer, Barbara
Schmidt-Haberkamp und Caja Thimm), ZEI Discussion Paper, C203/2011.
- Die Gestaltung der Globalität. Schlüsselwörter der sozialen Ordnung (I)
(mit Beiträgen von Ruth Knoblich, Andreas Marchetti, Maximilian Mayer,
Robert Meyer und Christian Schwermann), ZEI Discussion Paper C211/2012.
- Die Gestaltung der Globalität. Schlüsselwörter der sozialen Ordnung (II)
(mit Beiträgen von Mario Anastasiadis, Christian Ewen, Volker Kramarz und
Susanne Kretschmer), ZEI Discussion Paper C215/2013.
x Vor dem Hintergrund des 200-jährigen Jubiläums der Rheinischen
Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn 2018 entsteht die „Bonner Enzyklopädie
der Globalität“. Herausgeber der handbuchartigen Enzyklopädie sind Prof. Dr.
Ludger Kühnhardt und Prof. Dr. Tilman Mayer unter Mitwirkung von Prof. Dr.
59
Stephan Conermann, Prof. Dr. Markus Gabriel, Prof. Dr. Xuewu Gu, Prof. Dr.
Marion Gymnich, Prof. Dr. Wolfram Hogrebe, Prof. Dr. Volker Ladenthin, Prof.
Dr. Wolfram Kinzig, Prof. Dr. Wolfgang Kubin und Prof. Dr. Günther Schulz.
Das umfangreiche Werk bringt Beiträge von über einhundert Professorinnen und
Professoren der Bonner Universität zusammen, vorwiegend aus der
Philosophischen Fakultät, aber auch aus der Rechtswissenschaftlichen Fakultät,
den
beiden
Theologischen
Fakultäten
und
der
MathematischNaturwissenschaftlichen Fakultät. Die ganze Bandbreite der Methoden und
Sichtweisen der geistes- und kulturwissenschaftlich arbeitenden Fächer und
ihrer Wissenschaftler wird in diesem Werk lebendig.
Die „Bonner Enzyklopädie der Globalität“ geht von der These aus, dass der
gegenwärtige global turn Europa (wie alle anderen Regionen auch) nicht nur
ökonomisch und technisch herausfordert, sondern auch eine geisteswissenschaftliche Rekonstruktion seiner Welt- und Gestaltungsfähigkeit
abverlangt. In der „Bonner Enzyklopädie der Globalität“ geht es in erster Linie
darum, problemorientiert solche Phänomene zu erfassen, die durch den global
turn zu einer Neubestimmung des Begriffsverständnisses führen könnten oder
bereits geführt haben. Die Begriffsfelder und Schlüsselbegriffe sowie das
Gliederungs- und Interpretationsmuster zur Abfassung jedes der
Schlüsselbegriffe wurden in einer Reihe von Arbeitskolloquien erarbeitet und an
ausgewählten Schlüsselworten der sozialen Ordnung überprüft. Über einhundert
wissenschaftliche Beiträge werden dieses wissenschaftliche Werk zu einem
gewichtigen Beitrag der Selbstdarstellung und des Diskursangebots aus der
Mitte der Bonner Universität heraus werden lassen. Die „Bonner Enzyklopädie
der Globalität“ wird 2016 im VS Springer Wissenschaftsverlag erscheinen, der
auch eine Internet-Ausgabe besorgt. Zum Universitätsjubiläum 2018 soll eine
englischsprachige Übersetzung der Enzyklopädie erscheinen.
Weitere ausgewählte Publikationen
Marco Bifulco, In Search of an Identity for Europe, ZEI Discussion Paper,
C23/1998
Avi Primor, Der Friedensprozess im Nahen Osten und die Rolle der
Europäischen Union, ZEI Discussion Paper, C25/1998.
Jürgen Rüttgers, Europa – Erbe und Auftrag, ZEI Discussion Paper, C28/1998.
Ludger Kühnhardt: Zukunftsdenker. Bewährte Entwürfe politischer Ordnung für
das dritte Jahrtausend, Schriften des Zentrum für Europäische
Integrationsforschung, Band 3, Baden-Baden, 1999, 374 Seiten.
60
Ludger Kühnhardt, Historia del pensamiento politica: Qué queda?, in:
Contribuciones, Buenos Aires, No.3, 2000, Seite 147 ff.
Heiko Uecker (Hrsg.), Deutsch-Norwegische Kontraste. Spiegelungen
europäischer Mentalitätsgeschichte, Schriften des Zentrum für Europäische
Integrationsforschung, Band 34, Baden-Baden: Nomos Verlag, 2001, 151
Seiten.
Matthias Pape (Hrsg.), „Österreich – Von der Monarchie zum EU-Partner“,
Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung“, Band 12, 2000,
288 Seiten.
Biomedizin und Menschenwürde, Stellungnahmen von Ulrich Eibach, Santiago
Ewig, Sabina Laetitia Kowalewski, Volker Herzog, Gerhard Höver, Thomas
Sören und Ludger Kühnhardt, ZEI Discussion Paper, C 97/2001.
Gerhard Höver (Hrsg.), Religion und Menschenrechte. Genese und Geltung,
Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Band 29, BadenBaden: Nomos Verlag, 2001, 182 Seiten.
Ralf Elm/Mamoru Takayama (Hrsg.), Zukünftiges Menschsein: Ethik zwischen
Ost und West, Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung,
Band 55, Baden-Baden: Nomos Verlag, 2002, 525 Seiten.
Ludger Kühnhardt, Globalizacion y la Integracion Europea, in: Vitral, Nr. 58, 9.
Jahr, Pinar del Rio, Kuba, November/Dezember 2003, Seite 46 ff. und unter
www.2glauco.it/vitral/vitral58/vitral58.htm.
Ludger Kühnhardt, La integracion Europea hoy, in: Archivos del Presente.
Revista Latinoamericana de Temas Internacionales, Buenos Aires, 8. Jahrgang,
Nr. 31, 2003, Seite 35 ff. und als: Tendencias Actuales dentro de la integracion
Europea, in: Universidad Nacional de Asuncion, Asuncion, 2004, Seite 575 ff.
Gabor Erdödy, Mitteleuropa. Politische Kultur und europäische Einigung,
Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Band 54, BadenBaden: Nomos Verlag, 2003, 153 Seiten.
Isolde Burr/Gertrud Gréciano, Europa: Sprache und Recht; La construction
européene: aspects linguistiques et juridiques, Schriften des Zentrum für
Europäische Integrationsforschung, Band 52, Baden-Baden: Nomos-Verlag,
2003, 237 Seiten.
Ludger Kühnhardt, Integracion y Intervencion, in: Archivos del Presente,
Buenos Aires, Nr.33, 2004, Seite 101 ff.
61
Ludger Kühnhardt, Efectos de una Constitucion para la identidad europea, in:
afese, Revista del Servicio Exterior Ecuatoriano, Quito, Nr.41/Juni-Dezember,
2004, Seite 58 ff.
Lazaros Miliopoulos, Begriff und Idee der „Atlantischen Zivilisation” in Zeiten
transatlantischer Zerreißproben, ZEI Discussion Paper, C188/2008.
Jeffrey Herf, The Jewish Enemy. Rethinking Anti-Semitism in the Era of
Nazism and in Recent Times, ZEI Discussion Paper, C180/2008.
Ludger Kühnhardt, Europa: Innere Verfassung und Wende zur Welt.
Standortbestimmung der Europäischen Union, Schriften des Zentrum für
Europäische Integrationsforschung, Band 72, Baden-Baden, 2010, 359 Seiten.
Ludger Kühnhardt, World War I: Lessons Learned and Lessons Threatened,
WAI-ZEI Paper, 21/2015.
62
ZEI Auftaktkonferenz zur Zukunft der baltischen Staaten in Europa
Dr. Mart Laar, Ministerpräsident von Estland, Dr. Hans-Dietrich Genscher, Bundesaußenminister a.D.,
Dr. Valdis Birkavs, Außenminister Lettland, ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt,
Dr. Algirdas Saudargas, Außenminister Litauen
Markus Meckel, letzter Außenminister der DDR
Wolfgang Ischinger, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Nikolaus Meyer-Landruth, AA, Prof. Dr. Ludger Kühnhardt
ZEI Konferenz in Moskau – Prof. Dr. Hans-Adolf Jacobsen, Universität Bonn,
Prof. Dr. Jakow Drabkin, Russische Akademie der Wissenschaften
Valdas Adamkus, Staatspräsident von Litauen, ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt
Günter Verheugen, EU Kommissar, ZEI Fellow Georg Klöcker
Jean-Claude Juncker, Premierminister von Luxemburg
Ministerpräsident Wolfgang Clement, ZEI Direktoren, Universitätsrektor Prof. Dr. Klaus Borchardt
Wolfgang Clement, Ministerpräsident
von Nordrhein-Westfalen
ZEI Konferenz in Madrid - Prinz Felipe von Spanien, Prof. Dr. Joachim Krause,
Dr. Josef Janning, ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt
Deutsch-portugiesische Konferenz von Literaturwissenschaftlern
Funk- und Fernsehinterviews am ZEI
Studiengruppe Weimarer Dreieck – Botschafter Janusz Reiter,
Prof. Dr. Henri Ménudier, Prof. Dr. Ludger Kühnhardt
Zoran Djindjic, serbischer Oppositionsführer
ZEI Seminar in der Bundeswehr-Akademie Strausberg
Askar Akajew, Staatspräsident von Kirgistan
Workshop am ZEI – Senior Fellow Prof. Dr. Jürgen Elvert, Universität zu Köln
Kiro Gligorov, Staatspräsident von Mazedonien, Universitätsrektor Prof. Dr. Klaus Borchardt
ZEI Konferenz in Jalta/Livadia Palast – Die euro-atlantische Zukunft der Ukraine
ZEI/ZEF Kongress „Weltachsen“ im ehemaligen Deutschen Bundestag –
Lech Walesa, Friedensnobelpreisträger
ZEI/ZEF Kongress „Weltachsen“ – Gerd Poppe, DDR-Bürgerrechtler, Jan Figl, slowakischer Staatssekretär,
ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig, Volkmar Köhler, Staatssekretär im Entwicklungsministerium
Prof. Dr. Francesco Giavazzi, Bocconi-Universität Mailand, ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen
Konferenz am ZEI – Dr. Peter Zervakis, ZEI Fellow, Dr. Paul Salem, Lebanese Center for Policy Studies
Feldforschung in Prishtina – Ibrahim Rugova, Präsident des Kosovo, ZEI Fellow Dr. Rafael Biermann
Diskussion am ZEI – Uwe Leonardy, ZEI Senior Fellow
Außenminister a.D. Dr. Hans-Dietrich Genscher, Prof. Dr. Patrick Masterson, Prof. Dr. Bogdan Bogdanov,
Prof. Dr. Andras Inotai, Prof. Dr. Richard Portes, Prof. Dr. Willy Hirdt, ZEI Direktoren
Konferenz am ZEI – Bischof Alfons Nossol, Oppeln, ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt
Buchvorstellung am ZEI
Dr. Hans-Gert Pöttering, Mitglied des Europäischen Parlaments, Dr. Wolfgang Schäuble,
Vorsitzender der CDU, ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt, Annette Harms-Hunold, Fromm Verlag
Viviane Reding, EU Kommissarin
Vaira Vike-Freiberga, Staatspräsidentin von Lettland, Botschafter Andris Teikmanis,
ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt
Dr. Helmut Kohl, Ehrenbürger Europas, Prorektor Prof. Dr. Matthias Herdegen, Dr. Stefan Fröhlich,
ZEI Master-Programm-Koordinator, ZEI Direktoren Prof. Dr. Ludger Kühnhardt und Prof. Dr. Jürgen von Hagen
ZEI Vortrag - Bundeskanzler a.D. Dr. Helmut Kohl
ZEI Vortrag in der Universitätsaula – Dr. Helmut Kohl zur Einführung des Euro
Hans von der Groeben, ehemaliger EWG-Kommissar, Prof. Dr. Michael Gehler, Universität Innsbruck/
ZEI Senior Fellow, Dr. Georg Michels, ZEI Fellow
Vortrag in La Paz - Dr. Antonio Araníbar Quiroga, ehemaliger Außenminister,
ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt
Prof. Dr. Wladyslaw Bartoszewski
ehemaliger polnischer Außenminister
Dr. Karl-Heinz Narjes, ehemaliger EG-Kommissar
ZEI Konferenz in Rousse - Europastudien in Südosteuropa
Universitätsrektor Prof. Dr. Matthias Winiger, Dr. Cordula Janowski, ZEI-Master-Programm-Koordinatorin,
Eduardo Quintana Pacheco, MES Class of 2005, ZEI Direktoren Koenig und von Hagen
Guido de Marco, Staatspräsident von Malta
ZEI Festvortrag in der Universität Bonn - Guido de Marco, Staatspräsident von Malta,
Botschafter William Spiteri
ZEI Summer School for Central Asian Diplomats and Graduate Students
Dr. Thomas Gutschker, Frankfurter Allgemeine Zeitung
ZEI Discussion Paper
Regional Integration Observer
Exkursion nach Frankfurt - ZEI Master Fellows vor der Europäischen Zentralbank
ZEI Alumna Katharina von Schnurbein, Class of 1999, EU Kommissar Vladimir Spidla
ZEI Master Fellows, Class of 2007, und ZEI Alumna Katharina von Schnurbein, Class of 1999
Gespräche am ZEI – ZEI Master Fellow Elodie Lafitte und Milos Stanojevic, Class of 2008,
mit Dr. Alojz Peterle, ehemaliger slowenischer Ministerpräsident/Mitglied des EU-Verfassungskonvents
Exkursion nach Brüssel – ZEI Master Fellows, Class of 2008, vor dem Europäischen Rat
Chaminda Hettiarachchi, Teilnehmer der ZEI Summer Academy in Comparative Regional Integration,
ZEI-Master-Programm-Koordinatorin Wiebke Drescher
Geselliges Beisammensein in Bonn mit Teilnehmern der ZEI Summer Academy
in Comparative Regional Integration
Konferenz zum Verfassungskonvent
ZEI Fellows 2009
ZEI-ECOWAS Summer Academy in Comparative Regional Integration mit Alexander Graf Lambsdorff,
Mitglied des Europäischen Parlaments
Dr. Michaele Schreyer, ehemalige EU-Kommissarin, ZEI-Master-Programm-Koordinatorin Tabea Leibbrand,
ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt
Dr. Olli Rehn, EU Kommissar, ZEI Fellow Dr. Andreas Marchetti, ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt
ZEI Fellows Class of 2007
ZEI Fellows Class of 2008
Reflexionsgruppe zur Bonner Enzyklopädie der Globalität – Prof. Dr. Wolfgang Kubin,
Prof. Dr. Wolfram Kinzig, Prof. Dr. Xuewu Gu, Prof. Dr. Stephan Conermann,
Prof. Dr. Tilman Mayer, Ruth Knoblich
Musik am ZEI – Bernd Lier Ensemble
II. Europäischer Binnenmarkt
1.
Wettbewerbs- und Beihilferecht
1.1 Wettbewerbsrecht und Systemwettbewerb
1.2 Beihilferecht
2.
Regulierung der Pharmaindustrie
2.1 Wettbewerb und Regulierung
2.2 Patent- und Zulassungsrecht
2.3 Grenzüberschreitender Handel von Arzneimitteln
2.4 Deutsches Gesundheitswesen und EU-Gemeinschaftsrecht
3. Regulierung der Telekommunikations- und Internetmärkte
3.1 Deutsches und europäisches Telekommunikationsrecht
3.2 Der Rundfunksektor
3.3 Die „Neuen Medien“
3.4 Glücksspielrecht
4. Regulierung der Energiemärkte
4.1 Deutsches und europäisches Energierecht
4.2 Energierecht und Umweltpolitik
5. Regulierung der Logistikmärkte
5.1 Infrastrukturprojekte und Beihilferecht
5.2 Verkehrspolitik und Eisenbahnsektor
5.3 Postsektor
63
II. Europäischer Binnenmarkt
Ein Hauptmerkmal der Europäischen Union ist der gemeinsame Binnenmarkt.
Ein funktionierender Markt erfordert Regeln, auf die sich die Marktteilnehmer
beim Tausch von Gütern und Dienstleistungen verlassen. Um den Wettbewerb
innerhalb des Binnenmarktes vor Verfälschungen zu schützen, haben sich die
EU und die Mitgliedsstaaten zu einem gemeinsamen Europarecht verpflichtet,
das bei Kartellen und der Missbrauchsaufsicht entscheidend ist, wenn der
zwischenstaatliche Handel und gemeinschaftsweit bedeutende Wirtschaftsaktivitäten betroffen sind. Die Wissenschaftler des ZEI befassen sich
insbesondere mit dem europäischen Wettbewerbsrecht sowie dem Beihilferecht.
Konkret wurden und werden das Wettbewerbs- und Beihilferecht zum einen auf
die Gesundheitsmärkte, zum anderen auf die Netzwirtschaften, also
Telekommunikations-, Energie- und Logistikmärkte, angewandt. Im Bereich der
Netzwirtschaften konnte in den vergangenen Jahren eine zunehmende
Liberalisierung beobachtet werden, die insbesondere von der EU ausging.
Netzwirtschaften erfordern – im Gegensatz zu anderen Wirtschaftszweigen –
eine umfassende Infrastruktur. Neben der rechtlichen Marktöffnung ist ein
Zugang zur Infrastruktur zu fairen Bedingungen erforderlich, um Wettbewerb zu
ermöglichen. Die regulatorischen Eingriffe werden dabei immer wieder
angepasst, was zu einer dynamischen Entwicklung der rechtlichen
Rahmenbedingungen führt.
65
1.
Wettbewerbs- und Beihilferecht
Das europäische Wettbewerbsrecht verbietet Unternehmen Preisabsprachen oder
die Aufteilung von Märkten, den Missbrauch einer dominanten Stellung sowie
Fusionen, wenn die Unternehmen dadurch marktbeherrschend würden. Das
Monopol eines Unternehmens kann jedoch als mit dem Binnenmarkt vereinbar
angesehen werden, wenn besondere Umstände vorliegen – beispielsweise eine
kostenintensive Infrastruktur. Das Wettbewerbsrecht ist entscheidend geprägt
durch eine weitreichende Fallpraxis der Europäischen Gerichte sowie der
Kommission. Das Beihilferecht bezieht sich auf wirtschaftliche Förderungen
durch Nationalstaaten. Staatliche Beihilfen sind nach europäischem Recht
untersagt, es sei denn sie dienen gemeinsamen Zielen. Die Kontrolle der
staatlichen Beihilfen obliegt der EU-Kommission.
1.1 Wettbewerbsrecht und Systemwettbewerb
x Zu den Schlagworten der wirtschaftspolitischen Diskussion gehört der
Begriff des Systemwettbewerbs, der die Idee umschreibt, dass sich in dem
Nebeneinander verschiedener Systeme das jeweils beste bewährt. Das populäre
Argument bedarf jedoch einer wissenschaftlichen Untermauerung, da die
einfache Analogie von Wettbewerb auf Märkten und Wettbewerb von Systemen
nicht greift. Anders als auf Güter- und Faktormärkten gibt es in dem
Wettbewerb nationaler wirtschaftspolitischer Systeme weder klare
wirtschaftliche oder politische Erfolgsanreize für die Entscheidungsträger, noch
wohldefinierte Zu- und Austrittsrechte für die Betroffenen. Vor diesem
Hintergrund fand im November 1999 am ZEI ein Workshop über den
„Systemwettbewerb zwischen Gebietskörperschaften in der EU“ unter der
Leitung der ZEI Direktoren Prof. Dr. Christian Koenig und Prof. Dr. Jürgen von
Hagen statt. Die Teilnehmer, Vertreter von Wissenschaft und Praxis, hatten
Gelegenheit zur Diskussion eines Referats von Prof. Dr. Wolfgang Kerber,
Universität Marburg, und einer kritischen Stellungnahme von Prof. Dr.
Christoph Engel, Max-Planck-Projektgruppe „Recht der Gemeinschaftsgüter“.
Zu den wichtigen Denkanstößen des Referats von Prof. Dr. Kerber gehörte der
Vorschlag, staatliche Beihilfen als standortpolitische „Rabatte“ auf nationale
Steuersysteme zu verstehen, die bereits weitgehend durch europäische
Richtlinien einander angeglichen seien. In der Diskussion wurde dieser
Vorschlag mit dem Hinweis kritisiert, dass ein derartiges Rabattsystem die
Transparenz der Steuersysteme untergrabe und zu Wettbewerbsverzerrungen
zwischen großen und kleinen Unternehmen führen werde.
67
x 1999 unterzog das ZEI das Beihilfenrecht aus der Perspektive des
mitgliedsstaatlichen Systemwettbewerbs einer Neubewertung. In einer ersten
Studie
wurden
die
damaligen
rechtspolitischen
Reformen
und
Entwicklungsschritte des Beihilfenrechts daraufhin untersucht, ob sie in die
wettbewerbspolitisch richtige Richtung weisen und wie sie zu ergänzen sind.
Während einige Verordnungen grundsätzlich zu begrüßen sind, zeigten sich
hinsichtlich der Grundkonzeption des EG-Beihilfenrechts schon verschiedene
Mängel bei einer Betrachtung aus dem Blickwinkel eines Wettbewerbs
zwischen den Unternehmen, das heißt auf den Gütermärkten. So fehlte
beispielsweise der konsequente Rückgriff auf das Bedarfsmarktkonzept zur
Eingrenzung des relevanten Marktes. Ferner war keine Kontrolle der
Gemeinschaftsbeihilfen vorgesehen. Eine Neubewertung der Beihilfenpolitik
unter dem Gesichtspunkt des mitgliedstaatlichen Systemwettbewerbs verstärkte
die Einschätzung bestehender Konstruktionsdefizite.
Christian Koenig/Jürgen Kühling, Reform des EG-Beihilfenrechts aus der
Perspektive des mitgliedsstaatlichen Systemwettbewerbs – Zeit für eine
Neuausrichtung?, in: Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (EuZW),
17/1999, Seite 517-523.
x Eine zweite Studie zum Thema Systemwettbewerb widmete sich der Frage,
ob ein europäischer Systemwettbewerb durch die Wahl der Rechtsregeln in
einem Binnenmarkt für mitgliedsstaatliche Regulierungen möglich ist. Soll die
Europäische Union standortgebundenen Herstellern ohne Sitzverlegung die
Wahlfreiheit darüber geben, nach welchen nationalen Standards sie ihre
Produkte herstellen? Diese Wahlfreiheit entspräche derjenigen des
Verbrauchers, der im europäischen Binnenmarkt zwischen Produkten, die unter
unterschiedlichen Produktstandards hergestellt wurden, wählen kann.
Rechtswissenschaftliche Forschungsergebnisse des ZEI im Jahr 1999 zeigten
auf, dass eine solche Rechtswahlfreiheit durchaus einige Vorteile verspricht –
wie etwa die Lösung des Problems der Inländerdiskriminierung. Angesichts der
Gefahr eines „race to the bottom“ der Verbraucherschutz- und Umweltstandards
dürfte allerdings ein erheblicher gemeinschaftsrechtlicher Harmonisierungsbedarf die Folge sein.
Christian Koenig/Jens-Daniel Braun/Ralf Capito, Experimentelle Erweiterung
des europäischen Systemwettbewerbs durch Wahl der Rechtsregeln in einem
Binnenmarkt für mitgliedstaatliche Regulierungen?, in: Europäisches
Wirtschafts- und Steuerrecht (EWS), 1999, Seite 401-409.
68
x In dem Bestreben, die netzwirtschaftsübergreifende Diskussion zu beleben,
wurde im Jahr 2008 in Kooperation des Bundeskartellamts, der
Bundesnetzagentur, der Universität Bonn (Prof. Dr. Matthias Herdegen) und des
Zentrum für Europäische Integrationsforschung (Prof. Dr. Christian Koenig) das
„Bonner Zentrum Wettbewerb und Regulierung“ gegründet. Dabei handelt es
sich um ein ins Leben gerufenes Veranstaltungsforum, das die Schnittstellen
zwischen
sektorspezifischer
Regulierung
und
dem
allgemeinen
Wettbewerbsrecht anhand aktueller Themen in den Mittelpunkt stellt. Die erste
Veranstaltung des Zentrums fand unter reger Beteiligung am 28. Oktober 2008
zum Thema „Nachträgliche Missbrauchskontrolle, Kooperationsverfahren
nationaler Regulierungsbehörden und Verschärfung des Unbundlingregimes im
Energiesektor“ mit Vertretern des Bundeskartellamts, der Bundesnetzagentur,
der Europäischen Kommission und der Praxis statt.
x Intensiv hat sich das ZEI 2009 mit dem Begriff „Wettbewerb“ als
regulierendes Verwaltungshandeln legitimierendes Leitbild auseinandergesetzt.
Vor dem Hintergrund divergierender ökonomischer Wettbewerbskonzepte und
wettbewerbs- und regulierungsrechtlicher Rezeption wurden exemplarisch
anhand des Telekommunikationsrechts die Anforderungen an die Verwendung
des Wettbewerbsbegriffs als Tatbestandsmerkmal untersucht. Dabei wurde
herausgearbeitet, dass ein auf dem ökonomischen Konzept des
„funktionsfähigen
Wettbewerbs“
basierender,
auslegungsbedürftiger
Wettbewerbsbegriff eher als leitbildausfüllendes, wettbewerbspolitisches
Regulierungsziel denn als tatbestandliche Interventionsschwelle dienen kann.
Nach dem Ergebnis der Untersuchung wird den regulierungsverwaltungsrechtlichen Anforderungen an ein eingriffslegitimierendes
Tatbestandsmerkmal einer konkreten Regulierungsermächtigungsnorm der im
Bereich der Telekommunikationsregulierung zur Geltung gelangende, mit der
Abwesenheit beträchtlicher Marktmacht deckungsgleiche Begriff des
„wirksamen Wettbewerbs“ gerecht. Als Beitrag zum Themenheft des Deutschen
Verwaltungsblattes zur Tagung der Deutschen Staatsrechtslehrer 2009 erschien
dazu eine rechtswissenschaftliche Abhandlung.
Christian Koenig, Herstellung von Wettbewerb als Verwaltungsaufgabe – Der
Wettbewerbs-begriff als eingriffslegitimierendes Tatbestandsmerkmal der
Regulierungsermächtigungsnorm, in: Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl),
17/2009, Seite 1082–1089.
x Das Europäische Wettbewerbsrecht ist entscheidend geprägt durch eine
weitreichende Fallpraxis der Europäischen Gerichte sowie der Kommission. In
69
einer Publikation von ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig und ZEI
Mitarbeiterin Dr. Kristina Schreiber werden Kartell und Missbrauchsverbote, die
Fusionskontrolle sowie das Beihilfen- und Vergaberechts in einem
handhabbaren Umfang dargestellt. Vermittelt wird dem Leser die hinter der
umfassenden Fallpraxis liegende Intention der Anwendung des Europäischen
Wettbewerbsrechts. Dem Praktiker ebenso wie dem Studenten wird ein
Leitfaden für das Europäische Wettbewerbsrecht an die Hand gegeben werden,
welcher auch zur Lösung bislang noch nicht entschiedener Sachverhaltskonstellationen befähigt. Die materiell-rechtlichen Ausführungen werden daher
ergänzt durch die Darstellung des Verfahrensrechts mit einem Fokus auf die
Kommissionsbefugnisse, die Beweislastverteilung und das prozessuale
Vorgehen im Fall von Wettbewerbsrechtsverstößen. Nach einer knappen
Erläuterung der theoretischen Grundlagen werden diese Ausführungen anhand
einer Vielzahl von Anwendungsbeispielen, die der aktuellen Rechtsprechung
und Kommissionspraxis entnommen wurden, verdeutlicht. Durch eine
Gegenüberstellung der Argumente werden die Gedankengänge der Gerichte, der
Kommission und der Adressaten anschaulich und die konkrete Lösung
verständlich.
Eine englischsprachige Publikation „komplementierte“ das deutschsprachige
Lehrbuch, sodass die Thematik auch dem englischsprachigen Raum zugänglich
gemacht werden konnte.
Christian Koenig/Kristina Schreiber, Europäisches Wettbewerbsrecht,
Tübingen: Mohr Siebeck Verlag, 2010, 312 Seiten.
Christian Koenig/Kristina Schreiber/Sandra Denis, European Competition Law
in a Nutshell: A concise guide, Berlin: Lexxion Verlag, 2011, 233 Seiten.
1.2 Beihilferecht
x Die Forschung des ZEI im Beihilfenbereich ist seit 1999 auf die
Untersuchung spezifischer Sektoren angelegt – wie beispielsweise den
Kulturbereich. Dabei wurde gezielt der Kontakt zu nationalen, regionalen und
lokalen Gebietskörperschaften und zur Europäischen Kommission gesucht, die
mit der EG-beihilfenrechtlichen Beurteilung von Förderprogrammen oder
Einzelmaßnahmen konfrontiert sind, um deren praktische Erfahrung bei der
wissenschaftlichen Konzipierung eines adäquaten Beihilfensystems fruchtbar zu
machen und im Gegenzug neuere Forschungsergebnisse Entscheidungsträgern
zur Verfügung zu stellen. Im Vordergrund stand dabei die Zusammenarbeit mit
der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalens, für die ZEI Direktor Prof. Dr. Christian
70
Koenig beratend tätig war. Diese im Jahr 1999 begonnenen Forschungsarbeiten
konnten im Jahr 2000 abgeschlossen werden.
Christian Koenig/Jürgen Kühling, Mitgliedsstaatliche Kulturförderung und
gemeinschaftliche Beihilfenkontrolle durch die EG-Kommission, in:
Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (EuZW), 7/2000, Seite 197-204.
x Am 13. April 2000 fand am ZEI ein Round-Table Gespräch zwischen
Vertretern verschiedener Staatskanzleien sowie der Wissenschaft statt.
Diskutiert wurden eine präzisere Aufgabenabgrenzung der Europäischen Union
und der Mitgliedsstaaten sowie eine bessere Absicherung der Kompetenzen der
Bundesländer (zum Beispiel im Bereich der Daseinsvorsorge). Dabei wurde
unter anderem die Formulierung einer „Auslegungsgrenze“ durch einen
Negativ-Katalog von „Reservatskompetenzen“ der Mitgliedsstaaten erörtert.
x Eng mit der Frage nach neueren Entwicklungen in der Beihilfenpolitik ist
das Problem der „Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen“. Grund war,
dass eine der ersten Freistellungsverordnungen die kleinen und mittleren
Unternehmen (KMU) betraf. Der bisherige KMU-Gemeinschaftsrahmen wurde
dadurch abgelöst. Die Forschung der ZEI Mitarbeiter verfolgte ein doppeltes
Ziel: Zunächst wurde unter besonderer Berücksichtigung der KMUFreistellungsverordnung analysiert, in welchem Umfang KMU in den Genuss
staatlicher Beihilfen gelangen können. Eine Klärung dieser Probleme war von
großer Bedeutung, da angesichts der Rückführung der Fördergebietsbevölkerungshöchstgrenzen für Regionalbeihilfen, die seit dem 1. Januar 2000
in Kraft ist, die Relevanz der KMU-Fördermaßnahmen noch zugenommen hat.
Daneben
wurde
exemplarisch
anhand
der
geplanten
KMUFreistellungsverordnung das neue Freistellungsrecht untersucht. Der
Meinungsaustausch zwischen der Kommission, Beihilfenexperten aus deutschen
Ministerien, interessierten Wissenschaftlern und Vertretern sowie
Rechtsberatern betroffener Unternehmen wurde im Rahmen eines „ZEIWerkstattgesprächs“ am 15. September 2000 vertieft.
Christian Koenig/Jürgen Kühling, Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen
(KMU) unter Berücksichtigung der geplanten EG-Verordnung für KMU, in:
Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl), 14/2000, Seite 1025-1035.
x 2000 führten ZEI Mitarbeiter ein Forschungsprojekt zu Beihilfen in den
neuen Bundesländern durch. Die ersten Forschungsergebnisse wurden in Form
einer Urteilsanmerkung in der „Juristen Zeitung“ (JZ) veröffentlicht. Eng
verknüpft mit diesem Forschungsprojekt befasste sich ein weiteres
Forschungsprojekt mit dem Spannungsverhältnis zwischen dem EG71
Beihilfenrecht und den nationalen Insolvenzrechtsordnungen. Die Ergebnisse
wurden in mehreren Beiträgen in den Fachzeitschriften „Betriebsberater (BB)“
und
„Zeitschrift
für
Wirtschaftsrecht
(ZIP)“
publiziert.
Die
Forschungsergebnisse flossen zudem in die Beratungstätigkeit unter anderem für
das sächsische Wirtschaftsministerium, einen Insolvenzverwalter und den
Juristischen Dienst der Europäischen Kommission ein. Die weitere
Auseinandersetzung mündete schließlich in die Anfertigung eines
Memorandums mit dem Titel „Bestimmung des passivlegitimierten Adressaten
einer Beihilfenrückforderung nach der Veräußerung eines begünstigten
Unternehmens“, das EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti vorgelegt wurde
und maßgeblich zu einer Neubewertung der einschlägigen Kommissionspolitik
führte.
Christian Koenig/Jürgen Kühling, Anmerkung zum Urteil des EuGH zu den
Beihilfen des Freistaats Sachsen, in: Juristen Zeitung (JZ), 2000, Seite 255-258.
Christian Koenig, EG-beihilfenrechtliche Rückforderung als Insolvenzauslöser,
in: Betriebsberater, in: Betriebsberater (BB), 12/2000, Seite 573-580.
Christian Koenig/Nicolai Ritter, Die EG-beihilfenrechtliche Behandlung von
Gesellschafterdarlehen, in: Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP), 18/2000, Seite
769-777.
x Die vor allem bei den Forschungsarbeiten zu dem Thema
„Daseinsvorsorge“ gesammelten Erfahrungen haben das Bewusstsein dafür
geschärft, dass zahlreiche Maßnahmen des mitgliedsstaatlichen Wirtschafts-,
Arbeits- und Sozialrechts indirekte beihilfenrelevante Vorteilseffekte zugunsten
einzelner Unternehmen oder Produktionszweige erzeugen (zum Beispiel im
Bereich der deutschen Bausparförderung durch Wohnungsbauprämien und
Arbeitnehmersparzulage). In diesem Zusammenhang gingen die ZEI Mitarbeiter
mit dem Forschungsprojekt „Verbrauchervermittelte Beihilfen“ im Jahr 2000
der Frage nach, unter welchen Voraussetzungen staatliche Unterstützungen
privater Verbrauchergruppen zugleich als mittelbare, von der EGBeihilfenkontrolle erfasste Beihilfengewährungen aufgefasst werden können.
Darüber hinaus wurde eine umfangreiche Untersuchung durchgeführt, welche
Fallgruppen mittelbarer Unternehmensbegünstigungen derzeit in Deutschland,
aber auch in anderen Mitgliedsstaaten bestehen.
x Mitarbeiter
der
ZEI
Forschungsprojektgruppe
„Europäisches
Wettbewerbsrecht“ unter der Leitung von ZEI Direktor Prof. Dr. Christian
Koenig widmeten sich 2000 unter anderem der Beratung der Europäischen
72
Kommission in Fragen des EG-Beihilfenrechts sowie deren Vertretung in einem
Verfahren vor dem Europäischen Gericht in erster Instanz (EuG).
x In Zusammenarbeit mit der Vertretung des Landes Baden-Württemberg
fand zu dem Thema „EG-Beihilfenkontrolle und Daseinsvorsorge“ am 19. April
2002 ein Expertensymposium zum Beihilfenrecht statt. Es beschäftigte sich
insbesondere mit der Entwicklung der EuGH-Rechtsprechung zu dieser Frage,
mit der Fallpraxis der Generaldirektion Wettbewerb und mit dem
Spannungsverhältnis von Daseinsvorsorge und Wettbewerb. Außerdem wurde
vergleichend die Daseinsvorsorge aus dem Blickwinkel der Praxis der EFTASurveillance Authority dargestellt. ZEI-Mitarbeiter Dr. Jürgen Kühling hielt
einen Vortrag zum Thema „Bereiche öffentlicher Daseinsvorsorge. Die
Telekommunikationswirtschaft als Paradebeispiel einer Daseinsvorsorge im
Wettbewerb“, der auch veröffentlicht wurde. Dieser Beitrag setzt der
verbreiteten These „Daseinsvorsorge statt Wettbewerb“, die einen Gegensatz
zwischen mitgliedsstaatlichen Zielen der Daseinsvorsorge und dem
gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsprinzip erblicken will, die These
„Daseinsvorsorge im Wettbewerb bzw. durch Wettbewerb“ entgegen. Er legt am
Beispiel der Telekommunikationswirtschaft dar, wie die Daseinsvorsorge im
und durch Wettbewerb erfolgreich funktioniert und zeigt auf, inwiefern diese
Ergebnisse auf andere Daseinsvorsorgebereiche übertragbar sind.
Jürgen Kühling, Bereiche öffentlicher Daseinsvorsorge in Deutschland: Die
Telekommunikationswirtschaft als Paradebeispiel einer Daseinsvorsorge im
Wettbewerb, in: Rudolf Hrbek/Martin Nettesheim (Hrsg.), Europäische Union
und mitgliedstaatliche Daseinsvorsorge, Schriftenreihe des Europäischen
Zentrums für Föderalismus-Forschung Tübingen, Band 25, Baden-Baden:
Nomos Verlag, 2002, Seite 138-154.
x ZEI-Mitarbeiter Jens-Daniel Braun hielt am 6. Dezember 2002 im
Europäischen Parlament anlässlich des für Parlamentsmitglieder der
Beitrittsstaaten organisierten Informationsseminars „Die Beihilfenpolitik der
Europäischen Gemeinschaften“ einen Vortrag zum Thema „Beihilfenkontrolle
in den Beitrittsstaaten“. Der Vortrag beschäftigte sich vor allem mit Fragen der
institutionellen Ausgestaltung der Beihilfenkontrolle in den Beitrittsstaaten und
etwaigen Folgerungen für die Zukunft der Beihilfenkontrolle in der
Europäischen Gemeinschaft.
x Im Herbst 2002 erschien die zweite Auflage des Lehrbuchs „EU-/EGProzessrecht“ von ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig, Prof. Dr. Matthias
Pechstein, Viadrina-Universität Frankfurt/Oder, und ZEI Mitarbeiter Claude
73
Sander. Eines der Markenzeichen der Neuauflage ist die ausführliche
Behandlung des prozessrechtlichen Konkurrentenschutzes in Beihilfen- und
Wettbewerbssachen. Vollständig eingearbeitet wurden auch die durch den
Vertrag von Nizza erfolgten Reformen. Diese Arbeit widmet sich nicht nur der
systematischen Erschließung des Prozessrechts vor dem Europäischen
Gerichtshof und dem Europäischen Gericht erster Instanz. Zentrale
Fragestellungen der Bearbeitung bilden die Möglichkeiten und Modelle einer
europäischen „Justizreform“ sowie die Einwirkungen des europäischen
Gemeinschaftsrechts auf das nationale Verfahrens- und Prozessrecht.
Christian Koenig/Matthias Pechstein/Claude Sander, EU-/EG-Prozessrecht,
zweite Auflage, Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Verlag, 2002, 557 Seiten.
x Im Jahr 2002 erschien die unter dem Titel „EG-Beihilfenrecht“ von ZEI
Direktor Prof. Dr. Christian Koenig und den ZEI Mitarbeitern Dr. Jürgen
Kühling und Nicolai Ritter herausgegebene umfassende Darstellung des
europäischen Beihilfenrechts in einer Buchreihe der Zeitschrift „Europäisches
Wirtschafts- und Steuerrecht“ (EWS) mit zahlreichen graphischen
Darstellungen. Dieses Buch wendet sich vor allem an Rechtsanwender in
Gerichten und Behörden und fasst die bisher erzielten Forschungsergebnisse
prägnant zusammen. Das Buch erschien 2005 in neuer Auflage.
Koenig, Christian/Jürgen Kühling/Nicolai Ritter: EG-Beihilfenrecht, Reihe
Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht, zweite Auflage, Heidelberg: Verlag
Recht und Wirtschaft GmbH, 2005, 499 Seiten.
x ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig und ZEI Mitarbeiter Christopher
Hasenkamp beschäftigten sich 2009 mit der Weite des Beurteilungsspielraums
der Kommission bei komplexen wirtschaftlichen Fragestellungen, welchen diese
in ihrer Entscheidungspraxis bei der Anwendung des sogenannten Private
Investor Test in Anspruch nimmt. Exemplarisch untersucht wurde dazu die
Entscheidung des Gerichts erster Instanz bezüglich der Beurteilung von
Umstrukturierungs-beihilfen durch die Kommission in der Rs.T-301/01 (Alitalia
gegen Kommission).
Christian Koenig/Christopher Hasenkamp, Anmerkung zu Rs.T-301/01, in:
European State Aid Law Quarterly EStAL 1/2009, Seite 99–104.
x Anfang des Jahres 2011 hat der Bundesgerichtshof (BGH) in zwei Urteilen
(sogenannte Flughafen-Urteile), die Durchsetzung des EU-Beihilferechts im
Wege des „Private Enforcement“ gestärkt, also der Durchsetzung des EUBeihilferechts vor nationalen Gerichten durch Privatklagen insbesondere von
Wettbewerbern von Beihilfeempfängern. Der BGH bestätigte erstmals
74
ausdrücklich, dass den von einer Beihilfe Betroffenen, insbesondere
Wettbewerbern eines Beihilfeempfängers, deliktsrechtliche sowie UWGAnsprüche auf Auskunft, Beseitigung (das heißt insbesondere Rückforderung)
und Unterlassung sowie Schadensersatz wegen gegen das unionsrechtliche
Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV verstoßender Beihilfen
(zumindest) gegen den Beihilfegeber zustehen. Diese Urteile und ihre
Auswirkungen beziehungsweise die aus ihnen zu ziehenden Folgen bildeten
einen Schwerpunkt der Forschung. So analysierten ZEI Mitarbeiter unter
Bezugnahme auf die sogenannten Flughafen-Urteile des BGH, wie
Wettbewerber
von
Beihilfeempfängern
gerichtlich
gegen
EUbeihilferechtswidrige Quersubventionspraktiken öffentlicher Unternehmen
vorgehen können und beschäftigten sich mit der (gestiegenen) Bedeutung der
mitgliedstaatlichen Gerichte bei der Durchsetzung des EU-Beihilferechts. Auch
widmete man sich dem Spannungsverhältnis zwischen dem EUbeihilferechtlichen Effektivitätsgrundsatz und der mitgliedstaatlichen
Verfahrensautonomie, die das Unionsrecht den Mitgliedsstaaten im Bereich der
Rückforderung von Beihilfen einräumt sowie der Entgeltumwandlung im
kommunalen Bereich.
Thomas Ax/Christian Koenig/Matthias Schneider/Carsten Schmidt/Mara
Hellstern, Entgeltumwandlung im kommunalen Bereich: Handlungsbedarf nach
dem Urteil des EuGH vom 15. Juli 2010-Rs. C-271/08-(ZTR 2010, 590), in:
Zeitschrift für Tarifrecht (ZTR), 5/2011, Seite 277-282.
x Im Rahmen des Diskurses zu aktuellen EU-beihilferechtlichen Problemen
der Infrastrukturförderung hat eine Arbeitsgruppe des ZEI im Juli 2013 eine
Abhandlung über die „Wirtschaftliche Kontinuität” bei privatisierungsbedingten
Unternehmensspaltungen als EU-beihilfenrechtliches Rückforderungsrisiko
verfasst. Wird im Rahmen einer Aufspaltung eines öffentlichen Unternehmens
der Betrieb zum Zweck seiner Privatisierung von nicht rentabler Infrastruktur
befreit, so verbleiben bei der öffentlichen Unternehmensinfrastruktur regelmäßig
„stranded costs“. Diese für den Erwerber des Betriebs befreiende Anlastung von
Kapitalkosten bei dem verbleibenden öffentlichen Infrastrukturunternehmen,
regelmäßig einer Besitzgesellschaft, kann eine Begünstigung darstellen. Damit
kann der Betriebserwerber einem Rückforderungsrisiko aus alten bzw.
laufenden Beihilfenverfahren ausgesetzt sein, da das EuG in seiner
Rechtsprechung an die „wirtschaftliche Kontinuität“ des Unternehmensbetriebs
anknüpft.
75
Weitere ausgewählte Publikationen
Christian Koenig/Jens-Daniel Braun/Ralf Capito, Experimentelle Erweiterung
des europäischen Systemwettbewerbs durch Wahl der Rechtsregeln in einem
Binnenmarkt für mitgliedstaatliche Regulierungen?, in: Europäisches
Wirtschafts- und Steuerrecht (EWS), 1999, Seite 401-409.
Christian Koenig/Andreas Haratsch, Europarecht, Lehrbuch, Tübingen: Mohr
Siebeck, 2000, 374 Seiten.
Christian Koenig, EU-Grundrechtscharta – ein neuer supranationaler
Kompetenztitel?, in: Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (EuZW),
14/2000, Seite 417-448.
Christian Koenig, EC control of aid granted through State resources, in:
European State Aid Law Quarterly (EStAL), 1/2002, Seite 7-18.
Jens-Daniel Braun/Moira Kettner, Die Absage des EuGH an eine
richterrechtliche Reform des EG-Rechtsschutzsystems – ,Plaumann’ auf immer
und ewig?, in: Die Öffentliche Verwaltung (DÖV), 56/2003, Seite 58.
Christian Koenig/Matthias Pechstein (Hrsg.), Entscheidungen des EuGH.
Studienauswahl, zweite Auflage, Tübingen: Mohr Siebeck, 2003, 556 Seiten.
Jürgen Kühling, Grundrechte, in: Armin von Bogdandy/Jürgen Bast (Hrsg.),
Europäisches Verfassungsrecht, 2. Auflage, Berlin: Springer Verlag, 2009, Seite
657-704.
Christian Koenig/Julia Paul, Neue Entwicklungen zum Beihilfenbegriff, Teil 1
und Teil 2, in: Zeitschrift für Beihilfenrecht (BRZ), 3/2010, Seite 193-199 und
131-139.
Christian Koenig/Franziska Schramm, „Wirtschaftliche Kontinuität“ bei
privatisierungsbedingten Unternehmensspaltungen als EU-beihilfenrechtliches
Rückforderungsrisiko, in: Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (EWS),
7/2013, Seite 267-271.
Christian Koenig/Franziska Schramm, The Regulation of Airport Charges –
Transparency Requirements for the Consultation and Approval of Airport
Charges under the EU Directive 2009/12/EC and Section 19b of the German Air
Traffic Act, ENLR 3/2014, Seite 220-231.
Christian Koenig/Franziska Schramm, Die Regulierung von Flughafenentgelten,
N&R, 5/2014, Seite 232-239.
76
2.
Regulierung der Pharmaindustrie
Über die Binnenmarkts- und Wettbewerbspolitik kann die EU auf nationale
Gesundheitssysteme einwirken. Steuernde Eingriffe können beispielsweise über
das europäische Arzneimittel- oder Medizinprodukterecht sowie die europäische
Forschungspolitik erfolgen. Die Regulierung der Gesundheitsmärkte in Europa
stellt Fragen nach dem Einfluss der EU-Grundfreiheiten, des Wettbewerbs- und
Kartellrechts und des Vergaberechts auf die verschiedenen Märkte für
Gesundheitsleistungen (Vertragsärztliche Leistungen; Heil- und Hilfsmittel;
Arzneimittel; etc.). Hinsichtlich der unterschiedlichen Marktfelder sind diverse
Regulierungen und Marktzutrittsbarrieren zu beobachten. Während Arzneimittel
von der Europäischen Arzneimittel-Agentur europaweit zugelassen werden, war
der Markt für Krankenversicherungen lange weitgehend abgeschottet.
2.1 Wettbewerb und Regulierung
x Im Oktober 1999 begann unter Leitung von ZEI Direktor Prof. Dr.
Christian Koenig ein Forschungsprojekt zur EG-rechtlichen Regulierung der
„Life Sciences“ unter dem Titel „Europäisches Pharmarecht, Regulierung der
Life Sciences“. Im Mittelpunkt des Projekts standen Fragen des gewerblichen
Rechtsschutzes im Bereich der Biowissenschaften und Pharmazie sowie des
europäischen Wettbewerbs- und Kartellrechts mit Blick auf die Märkte für
Arzneimittel. Ergänzt wurden diese Gebiete durch das Recht der Gentechnik
und des Embryonenschutzes. Des Weiteren zählten das europäische Zulassungsund Haftungsrecht zum rechtswissenschaftlichen Tätigkeitsfeld des ZEI.
Ziel war es, einzelfallbezogen mit Forschungseinrichtungen, Unternehmen aus
dem Pharmabereich sowie politischen und staatlichen Institutionen zusammenzuarbeiten. Zentrale Themen der Arbeit waren die EU-rechtliche Beurteilung
von therapeutischen Eingriffen in die menschliche Keimbahn, sowie von
Klonverfahren unter Verwendung menschlicher Stammzellen. Beide Themen
waren Gegenstand der EG-Richtlinie vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen
Schutz biotechnologischer Erfindungen, welche auch von der Bundesrepublik
Deutschland bis zum 30. Juli 2000 umzusetzen war. Insbesondere beteiligte sich
die Forschungsprojektgruppe bei der Frage der Patentierbarkeit von künstlichen
menschlichen Chromosomen mit EG-rechtlichen Betrachtungen an der aktuellen
tagespolitischen Diskussion. Auch der europäische Arzneimittelmarkt im
Medium Internet wurde im Hinblick auf seine künftigen Entwicklungen und den
bevorstehenden europäischen Neuregelungen einer (wettbewerbsrechtlichen)
Untersuchung unterzogen.
77
x Um den aktiven Gedankenaustausch zwischen Krankenkassen, Politik und
Wissenschaft zu fördern und so zur Erarbeitung praxisorientierter Lösungen
beizutragen, wurde im Jahre 2002 der „Studienkreis Regulierung europäischer
Gesundheitsmärkte“ gegründet. Unter anderem beschäftigte sich das
Forschungsprojekt mit Fragen im Zusammenhang mit dem sogenannten
Bioethik-Übereinkommen. Dieses völkerrechtliche Übereinkommen, das von
der Bundesrepublik Deutschland bisher nicht ratifiziert wurde, befasst sich
inhaltlich mit vielen Fragen hinsichtlich der Interventionen im
Gesundheitsbereich, so zum Beispiel der Forschung am Menschen, der
Transplantation sowie dem menschlichen Genom.
x Ein Schwerpunkt der rechtswissenschaftlichen Forschung zum
“Europäischen Pharmarecht, Regulierung der Life Sciences“ lag im Jahr 2000 in
der Anwendung des EG-Wettbewerbsrechts auf wettbewerbsrelevante Vorgänge
in den Arzneimittel- und Pharmamärkten. Die Abhandlung „Zur Vereinbarkeit
des Festbetragssystems für Arzneimittel mit dem EG-Wettbewerbsrecht“
untersucht am Beispiel der durch die Spitzenverbände der Krankenkassen
festgesetzten Festbeträge für Arzneimittel die Zulässigkeit der gegenwärtigen
Kostensteuerung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Maßstab ist dabei
das EG-Wettbewerbs- und Kartellrecht. ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig
und ZEI Mitarbeiter Claude Sander gelangten hier zu dem Ergebnis, dass die
Festsetzung der Festbeträge durch die Kassenverbände zu einem
Ankaufspreiskartell der Krankenkassen führt, da die Kassen den
Leistungserbringern – also den Apotheken und arzneimittelherstellenden
Unternehmen – infolge des im System der gesetzlichen Krankenversicherungen
geltenden Sachleistungsprinzips als Nachfrager gegenüberstehen. Festbeträge
wirken mittelbar wie Höchstpreise für die betroffenen Arzneimittelpräparate und
beeinträchtigen somit die Preisgestaltungsfreiheit der Arzneimittelhersteller.
Aus diesem Grunde gelangte die Analyse zu dem – mittlerweile vom Bundeskartellamt bestätigten – Ergebnis, dass die gegenwärtige gesetzliche Regelung
des Festbetragsfestsetzungsverfahrens für Arzneimittel nicht mit Art. 81 EGV
vereinbar ist.
Christian Koenig/Claude Sander, Zur Vereinbarkeit des Festbetragssystems für
Arzneimittel mit dem EG-Wettbewerbsrecht, in: Wirtschaft und Wettbewerb
(WuW), 10/2000, Seite 975-987.
x Im Jahr 2001 galten die Forschungsaktivitäten der ZEI Mitarbeiter der
Anwendung
des
europäischen
Wettbewerbsrechts
auf
nationale
Kostensteuerungsmechanismen in der gesetzlichen Krankenversicherung. Im
78
Mai 2001 wurde der Einfluss des EG-Wettbewerbsrechts auf diese
Steuerungsmechanismen im Rahmen eines Expertengesprächs mit dem Leiter
der Grundsatzabteilung im Bundeskartellamt und Vertretern der
pharmazeutischen Industrie erörtert.
x Im Jahr 2001 mündete die Zusammenarbeit des ZEI mit dem
Bundesfachverband
der
Arzneimittelhersteller
(BAH)
sowie
dem
Bundesverband
der
Pharmazeutischen
Industrie
(BPI)
in
einer
wettbewerbsrechtlichen
Analyse
der
Arzneimittelrichtlinien
des
Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen. Es wurde festgehalten, dass
Arzneimittelrichtlinien neben Festbeträgen und Negativlisten einen zentralen
Kostensteuerungsmechanismus in der gesetzlichen Krankenversicherung
darstellen. ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig und ZEI Mitarbeiter Claude
Sander untersuchten die in den Arzneimittelrichtlinien normierten
Verordnungsausschlüsse am Maßstab des gemeinschaftlichen Kartell- und
Missbrauchsrechts. Nachdem die Analyse verschiedener Kostensteuerungsmechanismen (Festbeträge, Arzneimittel- Richtlinien) in einem ersten Schritt
Konflikte mit dem Wettbewerbsrecht offenlegte, stellte sich nun die Frage, wie
eine wettbewerbsrechtskonforme Steuerung der Kostenentwicklung in der
gesetzlichen Krankenversicherung künftig gewährleistet werden kann. Dies
erforderte die Erarbeitung von Reformmodellen und auch die Einbeziehung
neuer Kostensenkungsmöglichkeiten in der gesetzlichen Krankenversicherung
(zum Beispiel dem Vertrieb von Arzneimitteln über das Internet). Das zentrale
Anliegen lag in der Entwicklung rechtlicher Rahmenbedingungen für einen
sicheren und zugleich kosteneffektiven Arzneimittelvertrieb über das Internet.
Christian Koenig/Claude Sander, Die Arzneimittelrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen auf dem Prüfstand des EGWettbewerbsrechts, in: Europäisches Arzneimittelrecht, 2/2000, Seite 1-18.
x In Zusammenarbeit mit der Betriebskrankenkasse (BKK) Berlin sowie dem
BKK Bundesverband fand am 29. April 2003 eine Konferenz des Studienkreises
„Regulierung europäischer Gesundheitsmärkte“ zum Thema „Die gesetzlichen
Krankenkassen im Wettbewerb“ statt. Gerade vor dem Hintergrund des
aktuellen Reformprozesses im Bereich der sozialen Sicherungssysteme war
dieses Thema von großer Bedeutung. Zu den Vortragenden und Teilnehmern der
Konferenz zählten sowohl Rechtsgelehrte als auch Praktiker aus gesetzlichen
und privaten Krankenkassen, Verbänden, Ministerien, Kassenärztlichen
Vereinigungen und Gerichten. Die Konferenz war geprägt von spannenden
79
Vorträgen, angeregten Diskussionen sowie der Konfrontation von Politik,
Wissenschaft und Praxis.
x Das Forschungsprojekt „Regulierung europäischer GesundheitsmärkteEuropäisches
Pharmarecht“
setzte
sich
mit
den
vertraglichen
Gestaltungsmöglichkeiten der Leistungserbringung im Rahmen der gesetzlichen
Krankenversicherung, insbesondere im Hinblick auf eine Unterstützung der
Kostenträger bei der Senkung ihrer Ausgabenlast, auseinander.
Am 22. Juli 2003 fand ein Streitgespräch statt, in dessen Mittelpunkt die
Internet-Versandapotheke 0800DocMorris stand: „Ist DocMorris wirklich ein
Visionär des europäischen Arzneimittel- Binnenmarktes oder nur ein
Trittbrettfahrer divergierender mitgliedstaatlicher Regulierungen?“. Bei diesem
Streitgespräch wurden Praxis und Wissenschaft zusammengeführt. Die
Diskussion befasste sich mit der Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit und
der Schaffung von fairen Wettbewerbsbedingungen im Falle der Zulassung des
grenzüberschreitenden Arzneimittelversandhandels durch Apotheken
Im ersten Quartal 2005 stand der Hilfsmittelmarkt und insbesondere die Frage
der Ausschreibungspflicht für Selektivverträge zwischen Krankenkassen und
Leistungserbringern des Hilfsmittelsektors gemäß § 127 Abs. 2 SGBV im
Mittelpunkt der Arbeit zum Thema „Regulierung europäischer
Gesundheitsmärkte-Europäisches Pharmarecht“. Diese Vorschrift normiert eine
Ausschreibungspflicht, ohne jedoch zur Ausgestaltung eines entsprechenden
Verfahrens weitere Regelungen zu treffen. Hier stellten sich verschiedene
rechtliche Fragen, die auch Gegenstand zahlreicher – teilweise noch
rechtshängiger – Gerichtsverfahren mit zum Teil unterschiedlichen Ergebnissen
waren: Sind Krankenkassen öffentliche Auftraggeber? Ist das europäische
Vergaberecht damit auf deren Beschaffungstätigkeit anwendbar? Kommt es auf
diese Einordnung überhaupt an, oder wollte der Gesetzgeber nicht vielmehr ein
Vergabeverfahren sui generis schaffen, das sich an den Grundsätzen des
„klassischen“ Vergaberechts nur orientiert? Wie ist der Rechtsschutz der
Wettbewerber in einem solchen Verfahren ausgestaltet? Das Thema war auch
Gegenstand einer umfangreichen Publikation von ZEI Direktor Prof. Dr.
Christian Koenig und ZEI Mitarbeiterin Daniela Klahn.
Christian Koenig/Daniela Klahn, Ausschreibungen im Bereich der
Hilfsmittelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 127 Abs. 2
Seiten 2 SGBV) – Wettbewerbliche Leistungserbringung oder gnadenlose
Kostensenkung?, in: Vierteljahreszeitschrift für Sozialrecht (VSSR), 3/2005,
Seite 183-210.
80
Am 29. Juni 2009 veranstaltete das ZEI im Rahmen des Projektes auf dem
Petersberg eine Konferenz mit dem Titel „Die Regulierung des Wettbewerbs auf
den Märkten der gesetzlichen Krankenversicherung mit einem besonderen Blick
auf den Arzneimittelmarkt – von der Herstellung bis zur Distribution“. Die
Veranstaltung verschaffte dem Fachpublikum in verständlicher Weise einen
Einblick in das komplexe System der Gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV), inklusive seiner ökonomischen und juristischen Zusammenhänge. Das
erste Fachpanel beschäftigte sich mit dem Thema „Die Arzneimittelversorgung
in der gesetzlichen Krankenversicherung“ und das zweite Fachpanel hatte den
„Apothekenmarkt im Umbruch“ zum Thema.
x Im Bereich des EU-Wettbewerbsrechts hat das ZEI im Jahr 2009
angesichts der in diesem Jahr von der EU-Kommission veröffentlichten
Sektorenuntersuchung
die
wettbewerbsrechtlichen
Brennpunkte
der
Arzneimittelmärkte untersucht. Im Fokus stand insbesondere die Analyse der
Missbräuchlichkeit bzw. Kartellrechtswidrigkeit von Parallelimportverboten,
Patentanmeldungsstrategien, Patentrechtsstreitigkeiten sowie Arzneimittelrabattverträgen.
x 2010 hat sich das ZEI intensiv mit der Durchsetzung
wettbewerbsrechtlicher
Missbrauchsverbote
in
der
Gesetzlichen
Krankenversicherung beschäftigt. Der aktuelle Stand unter Berücksichtigung der
verfassungsrechtlichen Anforderungen wurde durchleuchtet und Missstände
analysiert. Für krankenkassenseitiges Handeln war die Zuständigkeit des
Bundesversicherungs-amtes ohne wirksame Ermittlungs- und Sanktionsbefugnisse begründet. Für die Aufsicht über das Handeln der Leistungserbringer
war dagegen das Bundeskartellamt zuständig, das deutlich weitreichendere
Ermittlungs- und Sanktionsbefugnisse als das Bundesversicherungsamt hat.
Geboten schien ein effektiveres Kartellverwaltungsverfahren mit hinreichenden
Ermittlungs- und Sanktionsbefugnissen. Die Vorschläge des ZEI zur
Verbesserung des Verfahrens fanden sich weitestgehend wieder in dem Gesetz
zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (AMNOG) vom 22. Dezember 2010, das am 1. Januar 2011 in
Kraft getreten ist.
Christian Koenig/Kristina Schreiber, Durchsetzung der wettbewerblichen
Missbrauchsverbote in der GKV – Status quo und verfassungsrechtliche
Anforderungen, in: Die Sozialgerichtsbarkeit (SGb), 06/2010, Seite 317-323.
x Das ZEI begleitete im Jahr 2010 die Debatte um die Tragweite des EUWettbewerbsrechts für die Arzneimittelversorgung, die infolge des durch die
81
Europäische Kommission im Jahre 2009 vorgelegten Abschlussberichtes ihrer
Untersuchung des europäischen Arzneimittelsektors in Gang gekommen war.
Das ZEI widmete sich insbesondere der Frage nach der Reichweite der Art. 101
und 102 AEUV für die Einreichung von Patenten durch Arzneimittelhersteller
und das Betreiben von Rechtsstreitigkeiten aufgrund angeblicher
Patentverletzungen durch die Hersteller von generischen Arzneimitteln. Im
Rahmen dieser Arbeit begleitete die Forschungsprojektgruppe das von der
Kommission eingeleitete Kartellverfahren gegen Arzneimittelhersteller
wissenschaftlich. Die Kommission prüfte in diesen Verfahren, ob die
betreffenden Unternehmen durch wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken und den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gegen Art.
101, 102 AEUV verstoßen haben. Ziel der Kommission war – mit Blick auf die
Ergebnisse ihrer Sektorenuntersuchung – vor allem, bestimmte einseitige
Verhaltensweisen und Vereinbarungen zu untersuchen, die den Markteintritt von
Generika im europäischen Wirtschaftsraum behindern (können).
2.2 Patent- und Zulassungsrecht
x Im Jahr 2000 befassten sich die Mitarbeiter des ZEI mit der
Konkretisierung der Patentverbotstatbestände des Artikels 6 Abs. 2 der EGRichtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen vom 6.
Juli 1998. Hierzu wurden in der Abhandlung „EG-rechtlicher Schutz
biotechnologischer Erfindungen am Beispiel von Klonverfahren an
menschlichen Stammzellen“ die Patentverbotstatbestände des Artikels 6 Abs. 2
der EG-Richtlinie 98/44/EG ausführlich kommentiert. Am Beispiel
anwendungsorientierter Experimente mit humanen embryonalen Stammzellen
wurden weiterhin die Patentverbote für Klonverfahren am Menschen, für die
Verwendung menschlicher Embryonen sowie für therapeutische Eingriffe in die
menschliche Keimbahn einer Auslegung unterzogen. Mit einer Abhandlung über
die „EG-rechtlichen Vorgaben zur Patentierbarkeit gentherapeutischer
Verfahren unter Verwendung von künstlichen Chromosomen nach der Richtlinie
98/44/EG“ beteiligte sich das ZEI an der Diskussion um das vom Europäischen
Patentamt erteilte Patent auf „Verfahren zur genetischen Manipulation von
menschlichen Zellen“ und zeigte die Unzulänglichkeiten der Vorgaben der
Biopatent-Richtlinie für eine wirksame Durchsetzung der Patentverbote auf. Vor
dem Hintergrund dieser aktuellen Diskussion veranstaltete das ZEI am 15. Juni
2000 in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der Pharmazeutischen
Industrie (BPI) eine interdisziplinäre Expertenkonferenz zu dem Thema „Organe
aus dem Reagenzglas auf Grundlage der Stammzellenforschung – eine
82
Herausforderung für die Europäische Gesetzgebung?“. Hochrangige Teilnehmer
aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik fanden sich am ZEI ein, um Näheres
über die gesetzlichen Grundlagen umstrittener biomedizinischer Forschung zu
erfahren. So waren sowohl Vertreter namhafter Firmen der Pharmazeutischen
Industrie und neuer Biotech-Start-Ups als auch Naturwissenschaftler, Mediziner
und Ethiker sowie Bundestagsabgeordnete und Mitglieder der EnquêteKommission „Recht und Ethik in der modernen Medizin“ anwesend.
Christian Koenig/Eva-Maria Müller, EG-rechtlicher Schutz biotechnologischer
Erfindungen am Beispiel von Klonverfahren an menschlichen Stammzellen, in:
Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (EuZW), 22/1999, Seite 681-688.
x Im Jahre 2001 wurden die im Zusammenhang mit dem Import embryonaler
Stammzellen stehenden rechtlichen Fragen untersucht. Hierbei wurden
insbesondere die verfassungsrechtlichen Grenzen für die Forschung sowie
Widersprüche zwischen der für inländische und grenzüberschreitende
Sachverhalte geltenden Rechtslage erörtert. Im Rahmen dieser Aktivitäten nahm
ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig an der vom Ministerium für Schule,
Wissenschaft und Forschung des Landes NRW im August 2001 veranstalteten
Konferenz „Perspektiven der Stammzellenforschung“ teil.
x Das ZEI befasste sich außerdem mit der Reform der Europäischen
Arzneimittelzulassungssysteme. Die von der EU-Kommission geplanten
Neuerungen warfen viele rechtliche Fragen auf. Vor diesem Hintergrund
untersuchten ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig und ZEI Mitarbeiterin
Eva-Maria Müller den Vorschlag, Arzneimittelzulassungen unbegrenzt gelten zu
lassen und bewerteten ihn im Vergleich zur geltenden Rechtslage.
Christian Koenig/Eva-Maria Müller, EG-rechtliche Privilegierung der
Hersteller von Arzneimitteln für seltene Krankheiten (Orphan Medicinal
Products) durch Einräumung von Alleinvertriebsrechten versus Patentrecht?,
in: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Internationaler Teil (GRUR
Int.), 2000, Seite 121ff.
2.3 Grenzüberschreitender Handel von Arzneimitteln
x Im Jahr 2000 untersuchten ZEI Mitarbeiter die Frage der rechtlichen
Zulässigkeit des grenzüberschreitenden Internethandels mit Arzneimitteln. Die
Ergebnisse fasst der Artikel „Internet-Handel mit Arzneimitteln zwischen
Wettbewerb im EG-Binnenmarkt und nationaler Regulierung“ von ZEI Direktor
Prof. Dr. Christian Koenig, ZEI Mitarbeiterin Eva-Maria Müller und
Kartellrechtler Dr. Armin Trafkowski zusammen. Nach einer Untersuchung der
83
Rechtslage in Deutschland wurden die Auswirkungen der E-CommerceRichtlinie der EG auf die deutsche Regulierung betrachtet. Darauf bauten
abschließend die Überlegungen auf, wie zukünftig dem Online-Handel mit
Arzneimitteln rechtlich begegnet werden sollte.
Christian Koenig/Eva-Maria Müller/Armin Trafkowski, Internet-Handel mit
Arzneimitteln und Wettbewerb im EG-Binnenmarkt, in: Europäisches
Wirtschafts- und Steuerrecht (EWS), 3/2000, Seite 97-105.
x Im Jahr 2001 setzte das ZEI seine bereits im Vorjahr begonnenen
Aktivitäten fort und begleitete aktiv die sich entwickelnde Rechtsprechung.
Frage war die Zulässigkeit des grenzüberschreitenden internetgestützten
Arzneimittelversandes durch im Herkunftsland zugelassene Apotheken trotz
entgegenstehender nationaler Verbote im Einfuhrstaat. Die ZEI Mitarbeiter
kamen dabei zu dem Ergebnis, dass die im EG-Vertrag festgelegte Freiheit des
grenzüberschreitenden
Warenverkehrs
einem
generellen
nationalen
Versandverbot
für
apothekenpflichtige
Arzneimittel
entgegensteht.
Mitgliedsstaatliche Verbote des internetgestützten Arzneimittelbezugs aus
Apotheken anderer Mitgliedsstaaten sind vielmehr nur zulässig, wenn im
konkreten Fall mit diesem Bezugsweg eine Gefahr für die öffentliche
Gesundheit verbunden ist. Dabei ging es auch um die Frage, ob sich
sozialrechtliche Pflichten auf Apotheken in anderen Mitgliedsstaaten erstrecken
sowie um die Pflicht der deutschen gesetzlichen Krankenkassen, die Kosten für
aus solchen Apotheken bezogene Arzneimittel zu übernehmen. Darüber hinaus
wurden heilmittelwerberechtliche Fragen, die sich im Hinblick auf den InternetAuftritt einer Apotheke stellen, ausführlich untersucht. Wichtig war
insbesondere, dass Internet-Bestellformulare, die nur die für die Bestellung
erforderlichen Informationen enthalten, nicht als verbotene Werbung eingestuft
werden dürfen, da ansonsten die Transaktionsform des internetgestützten
Arzneimittelbezugs praktisch unmöglich wäre. Dies hätte unter anderem gegen
die sogenannte E-Commerce- Richtlinie der EG verstoßen. Bislang waren diese
Fragen im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Europäischen
Gerichtshof anhängig.
Die Aktivitäten und Ergebnisse des ZEI im Bereich des E-Commerce mit
Arzneimitteln waren Gegenstand mehrerer Veröffentlichungen. Im Rahmen
eines Memorandums wurden die aktuellen rechtlichen und politischen Probleme
den zuständigen Mitgliedern der Europäischen Kommission mitgeteilt. Auf
Arbeitsebene erfolgte eine intensive Zusammenarbeit mit dem
Bundesministerium für Gesundheit und eine aktive Begleitung der
84
Gesetzgebungsaktivitäten der Bundesregierung. Durch diese Zusammenarbeit
mit dem Bundesgesundheitsministerium konnten auf Arbeitsebene verschiedene
Anstöße für die konkrete Gesetzgebungsarbeit gegeben werden.
Christian Koenig/Christina Engelmann, E-Commerce mit Arzneimitteln im
Europäischen Binnenmarkt und die Freiheit des Warenverkehrs, in: Zeitschrift
für Urheber- und Medienrecht (ZUM), 1/2001, Seite 19-27.
x Die von ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig übernommene
Prozessvertretung der niederländischen Apotheke DocMorris vor dem EuGH im
Jahr 2002 brachte die Möglichkeit mit sich, ein anhängiges
Vorabentscheidungsverfahren aktiv zu begleiten. Im Rahmen dieses Verfahrens
sollte der Europäische Gerichtshof über die Vereinbarkeit eines
Arzneimittelversandverbots (§ 43 Abs. 1 Arzneimittelgesetz) sowie über
verschiedene
Heilmittelwerbeverbote
mit
dem
Gemeinschaftsrecht,
insbesondere der Warenverkehrsfreiheit, entscheiden. Eingebunden in diesen
Tätigkeitsbereich wurden auch die Studenten des ZEI-Masterstudiengangs.
Anhand des praktischen Falls DocMorris konnten sie sich zunächst theoretisch
mit verschiedenen Fragen des Gemeinschaftsrechts auseinandersetzen,
insbesondere der Grundfreiheiten und des EG-Prozessrechts. Gemeinsam mit
ZEI Mitarbeiterinnen der Forschungsgruppe begleiteten sie im Dezember 2002
Prof. Dr. Christian Koenig nach Luxemburg, wo die Rechtsfragen vor dem
Plenum der fünfzehn EuGH-Richter erörtert wurden. Die von Prof. Dr. Christian
Koenig vor dem EuGH vorgetragenen Ergebnisse wurden von der
Generalanwältin Dr. Christine Six-Hackl bestätigt. In ihren im März 2003
abgegebenen Schlussanträgen trug sie – den Argumenten der Forschungsgruppe
folgend – vor, dass ein Verbot für den grenzüberschreitenden Versand von in
Deutschland zugelassenen Arzneimitteln nach Deutschland nicht mit der
Warenverkehrsfreiheit vereinbar sei.
2.4 Deutsches Gesundheitswesen und EU-Gemeinschaftsrecht
x Ein Tätigkeitsschwerpunkt der rechtswissenschaftlichen Forschung des ZEI
war im Jahr 2002 die Beschäftigung mit Fragen der Auswirkungen des
Gemeinschaftsrechts auf das deutsche Sozialversicherungssystem. Im Rahmen
verschiedener Veröffentlichungen wurde erarbeitet, welche Steuerungsmöglichkeiten nach nationalem Recht und Gemeinschaftsrecht den gesetzlichen
Krankenkassen zur Verfügung stehen, um den Wettbewerb im
Gesundheitswesen zu fördern und so Kosten für die Versicherten einzusparen.
Im Zentrum der Erörterung stand hier die rechtliche Zulässigkeit des Einsatzes
85
von Internetplattformen zur Bestellung von medizinischen Hilfsmitteln
(Einwegspritzen, Verbandmaterial etc.). Nach Auffassung der ZEI Mitarbeiter
ist in Bereichen, in denen aufgrund der sachbezogenen Qualität der Leistungen
die persönliche Beziehung der Patienten zu dem jeweiligen Leistungserbringer
keine entscheidende Rolle spielt, eine Beschaffung seitens der Krankenkassen
via Internetplattform unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Diese
Voraussetzungen, zu denen insbesondere das Verbot der Diskriminierung
gehört, wurden von den ZEI Mitarbeitern detailliert herausgearbeitet. In diesem
Zusammenhang wurde auch die in der Rechtswissenschaft umstrittene Frage der
Anwendbarkeit der Regeln des Kartell- und Wettbewerbsrechts auf Handlungen
gesetzlicher Krankenkassen untersucht.
x Die Vorbereitung des neuen Forschungsprojektes „Vergaberecht“ gab den
Anstoß dafür, sich mit den Auswirkungen des europäischen und deutschen
Vergaberechts auch im Gesundheitssektor zu beschäftigen. Die Mitarbeiter des
ZEI kamen zu dem Ergebnis, dass eine Anwendbarkeit des Vergaberechts im
Gesundheitswesen keineswegs von vornherein ausgeschlossen ist. Demzufolge
wurde dann für verschiedene Leistungsbereiche der gesetzlichen
Krankenversicherung analysiert, in welchen Fällen die zwischen Krankenkassen
und Leistungserbringern geschlossenen Beschaffungsverträge nach EGvergaberechtlichen Vorgaben ausgestaltet werden müssen.
x Weiterhin befassten sich die ZEI Mitarbeiter mit den Auswirkungen der
Grundfreiheiten des EG-Vertrags auf das System der gesetzlichen
Krankenversicherung. Im Rahmen eines Aufsatzes wurde vor dem Hintergrund
der jüngsten EuGH-Rechtsprechung erarbeitet, auf welche Weise das deutsche
Vertragsarztsystem gemeinschaftsrechtskonform für die Kollegen aus anderen
EG-Mitgliedsstaaten geöffnet werden könnte.
Christian Koenig/Daniela Beer, Wie wird die Gesetzliche Krankenversicherung
in Europa bestehen? Vorgaben des EG-Vertrages für die Struktur der
Gesetzlichen Krankenversicherung am Beispiel der vertragsärztlichen
Versorgung, in: Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht (ZESAR),
2-3/2002, Seite 54-61.
x 2004 standen die Forschungen des ZEI unter dem Eindruck der
umfassenden deutschen Gesundheitsreform, die durch das Inkrafttreten des
Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung zum 1.
Januar des Jahres ihren vorläufigen Abschluss gefunden hatte. Die Arbeit fing
damit jedoch erst an: Die Stärkung des Vertragswettbewerbs im System der
gesetzlichen Krankenkassen, neue Versorgungsformen, die Möglichkeit der
86
Inanspruchnahme EG-ausländischer Leistungserbringer, neue Formen der
vertraglichen Zusammenarbeit zwischen den Leistungserbringern untereinander
und zwischen den Leistungserbringern und den gesetzlichen Krankenkassen, die
Installation von Ausschreibungsverfahren im Sozialrecht, wobei der Blick
besonders auf den Parallelen zum (EG)-Vergaberecht lag, die Frage nach dem
Umfang der Zulässigkeit des apothekenrechtlichen Mehr- und Fremdbesitzes bis
hin zu (EG)-kartellrechtlichen Fragen beim Zusammenschluss mehrerer
Leistungserbringer oder zu neuen Problemen im Bereich des
Arzneimittelparallelhandels beschäftigten die Mitarbeiter des ZEI. Durch die
Gesundheitsreform war ein enormer Beratungsbedarf entstanden, da die
Beteiligten im Gesundheitswesen vor vielen neuen rechtlichen Möglichkeiten
und Problemen standen. Die ZEI Mitarbeiter unter der Leitung von ZEI Direktor
Prof. Dr. Christian Koenig begleiteten einen großen Leistungserbringer im
Hilfsmittelbereich bei mehreren Schritten seiner Geschäftstätigkeit, vor allem
bei der Auseinandersetzung mit dem Problem der sozialrechtlichen
Ausschreibungen
im
Hilfsmittelbereich.
Aber
auch
langjährige
Kooperationspartner, wie die niederländische Internetapotheke Doc Morris, sind
bei rechtlichen Fragen weiterbegleitet worden.
x Das ZEI beschäftigte sich im Jahr 2005 mit der Frage der
Unternehmenseigenschaft der Kostenträger der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenkassen) und dem davon abhängigen Problem der
Anwendbarkeit der Vorschriften des europäischen Wettbewerbsrechts auf das
Handeln der Krankenkassen. Anlass war die Auseinandersetzung mit den
Kompetenzen des Gemeinsamen Bundesausschusses (§ 91 SGB V), in dem 18
Krankenkassen eine maßgebliche Rolle spielen und der unter anderem den
„Leistungskatalog“ der gesetzlichen Krankenversicherung festlegt und dadurch
die Abrechenbarkeit bestimmter Leistungen zu deren Lasten regelt. Der
Europäische Gerichtshof hat die Unternehmenseigenschaft der Krankenkassen
abgelehnt, wenn sie bestimmte Handlungen vornehmen, nicht aber generell
verneint. Von den Krankenkassen selbst wurde das Urteil teilweise als
„Freibrief“ für eine endgültige Ausklammerung aus der Anwendbarkeit
wettbewerbsrechtlicher Normen verstanden. Im Rahmen der „Bad Orber
Gespräche“ am 18. November 2005 in Berlin hat ZEI Direktor Prof. Dr.
Christian Koenig zu diesem Thema einen vielbeachteten Vortrag gehalten.
x 2008 lag ein Forschungsschwerpunkt der ZEI Mitarbeiter in der
Untersuchung, ob das deutsche Fremd- und Mehrbesitzverbot an öffentlichen
Apotheken mit den EG-Grundfreiheiten vereinbar ist. Das Fremd- und
87
Mehrbesitzverbot verwehrte insbesondere Kapitalgesellschaften den Zugang
zum deutschen Apothekenmarkt und beeinträchtigte so die Niederlassungsfreiheit des EG-Vertrags. Nachdem bereits 2007 die Frage der entsprechenden
Auslegung der Niederlassungsfreiheit dem EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens vom VG Saarland vorgelegt worden war, wurden 2008
im Nachgang zur mündlichen Verhandlung die Schlussanträge veröffentlicht.
Die Forschungsprojektgruppe begleitete diesen Prozess durch Publikationen und
Vorträge. So hielt ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig unter anderem am 2.
Oktober 2008 auf der Celesio Legal Conference in Stuttgart einen Vortrag mit
dem Titel „Proceedings against the German prohibition for non-pharmacists on
owning pharmacies before the European Court of Justice (ECJ)”.
x Intensiv haben sich die ZEI Mitarbeiter 2009 mit der Anwendbarkeit des
europäischen Vergaberechts auf Leistungen im Gesundheitswesen, insbesondere
auf Leistungen nach dem vierten Kapitel des SGB V, auseinandergesetzt. Die
Gesundheitsreformen
der
jüngeren
Vergangenheit
haben
den
Anwendungsbereich des europäischen Vergaberechts im Gesundheitswesen
erweitert. Die ZEI Mitarbeiter haben sich mit Publikationen und Beratungen
aktiv an der Beseitigung der im Hinblick auf die Anwendbarkeit des
europäischen Vergaberechts bestehenden Unklarheiten beteiligt. Die
Erwerbsmöglichkeit von Hilfsmitteln (zum Beispiel Rollstühle, Krankenbetten)
über Internetplattformen wurde aus EU-vergaberechtlicher Sicht analysiert und
der bislang kaum geklärten Frage der Schwellenwertberechnung für den Bereich
der öffentlichen Beschaffung von Waren vertieft nachgegangen.
Christian Koenig/Volker Bache, Neufassung des § 128 SGB V:
Verfassungsrechtliche Bewertung im Hinblick auf die sogenannte ‚unzulässige
Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern und Vertragsärzten’, in:
Medizinprodukte Journal (MPJ), 3/2009, Seite 176-181.
x 2010 wurden die mit der öffentlichen Krankenhausfinanzierung
verbundenen beihilferechtlichen Fragestellungen intensiv untersucht. Dabei
wurde insbesondere die potenziell wettbewerbsverzerrende Wirkung der
Übernahme ambulanter medizinischer Versorgungsleistungen durch öffentliche
Krankenhäuser gegenüber niedergelassenen Ärzten in Verbindung mit dem
praktizierten staatlichen Defizitausgleich für öffentliche Krankenhäuser sowie
auf vor- und nachgelagerten Märkten (etwa für medizinische Ausrüstung)
problematisiert. Es wurde festgestellt, dass der in Deutschland lediglich
öffentlichen Krankenhäusern gewährte staatliche Defizitausgleich weder den
Maßstäben der vom EuGH grundlegend in seinem Urteil in der Rechtssache
88
Altmark Trans aufgestellten Grundsätze für die Kompensation für die
Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse,
noch den Vorgaben der Kommissionsentscheidung 2005/842/EG entspricht.
Christian Koenig/Julia Paul, State Aid Screening of Hospital Funding
Exemplified by the German Case, in: European State Aid Law Quarterly
(EStAL), 4/2010, Seite 755-770.
x Der Gesetzgeber überantwortete eine Vielzahl marktordnender Aufgaben
den Krankenkassen (zum Beispiel die Festsetzung der Arzneimittelhöchstpreise), die indes selbst als Nachfrager auftreten und insofern bereits vom
Gesetzgeber mit erheblicher Nachfragemacht ausgestattet sind. Diese
Ausrichtung konnte in den letzten Jahres nicht zu der gewünschten
Kostendämpfung führen; vielmehr stiegen beispielsweise die Arzneimittelpreise
stetig an. Indes die Notwendigkeit einer Umstrukturierung des
Regulierungsregimes der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland in
materieller wie institutioneller Hinsicht wohl unbestritten war – auch politisch in
Folge der Verankerung im Koalitionsvertrag – war jedoch das „optimale
Design“ der neuen GKV-Landschaft umstritten. Das ZEI hat 2010 ein Modell in
die Diskussion eingebracht, welches radikalen – verwendet in seiner
ursprünglichen Wortbedeutung – Selektivvertragswettbewerb durch ein
institutionelles Korsett stützt und so über die Aktivierung funktionsfähiger
Marktkräfte eine qualitative wie quantitative Ergebnisoptimierung
herbeizuführen fähig ist. Wettbewerbliche Versorgungsausfälle sind durch eine
staatliche Universaldiensteregulierung aufzufangen und nicht der Regelung
seitens der – marktmächtigen – Nachfrageseite selbst zu überantworten.
Christian Koenig/Kristina Schreiber, Das undenkbare Denken: Nur ein staatlich
unabhängig regulierter Selektivvertragswettbewerb zieht die GKV aus dem
Sumpf des Korporatismus!, in: GesundheitsRecht (GesR), 3/10, Seite 127-130.
89
Weitere ausgewählte Publikationen
Christian Koenig/Eva-Maria Müller, 5-Jahre EMEA – Ein Zwischenruf auf die
gemeinschaftlichen Zulassungsverfahren für Arzneimittel, in: Pharma Recht
(PharmR), 5/2000, Seite 148-159.
Christian Koenig/Claude Sander, Staatshaftung und Festbeträge, in: Neue
Zeitschrift für Sozialrecht (NZS), 2001, Seite 617-623.
Christian Koenig/Christina Engelmann/Ulrike Steiner, Die Budgetierung von
Laborleistungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab auf dem Prüfstand des
EG-Wettbewerbsrechts, in: Neue Zeitschrift für Sozialrecht (NZS), 6/2002,
Seite 288-293.
Christian Koenig/Eva-Maria Müller, Die EG-rechtliche Zulässigkeit digitaler
Bestellformulare einer Pharmacy – die Heilmittelwerbeverbote der § 8 Abs. 1
und § 8 Abs. 2 Alt. 2 HWG auf dem Prüfstand des Europäischen
Gemeinschaftsrechts, in: Pharmarecht (PharmR), 1/2002, Seite 5-15.
Christian Koenig/Daniela Kahn, Die Umsetzung von Rabattverträgen zwischen
Kostenträgern der gesetzlichen Krankenversicherung und pharmazeutischen
Herstellern nach § 130a Abs. 8 SGB V, in: GesundheitsRecht (GesR), 11/2005,
Seiten 481-489.
Christian Koenig/Friederike Meurer, Das Regionalprinzip in der
Arzneimittelversorgung von Krankenhäusern auf dem Prüfstand von
Gemeinschafts- und Verfassungsrecht, in: GesundheitsRecht (GesR), 3/2005,
Seite 103-110.
Christian Koenig/Lucyne Ghazarian, The Scope of Global Marketing
Authorisations within the EU Legal Framework of Regulatory Data Protection
for Reference Medicinal Products, in: Zeitschrift für Stoffrecht (StoffR), 4/2013,
Seite 173-180.
Christian Koenig/Lucyne Ghazarian, Beihilfenrestitution bei zahlungs- und
insolvenzunfähigen Körperschaften, in: Zeitschrift für Beihilferecht (BRZ),
3/2014, Seite 131–138.
Christian Koenig/Lucyne Ghazarian, Nachweis und Begründung der
Zweckmäßigkeit einer Arzneimitteldosierung im Nachzulassungsverfahren des
AMG“, in: Pharmarecht (PharmR), 2014, Seite 181–188.
90
3.
Regulierung der Telekommunikations- und Internetmärkte
Auf den Telekommunikationsmärkten ist ein zunehmender Einfluss
europäischer Regulierungsfunktion festzustellen. Dies zeigt sich in neuen
Regeln für alle elektronischen Kommunikationsnetze und -dienste, Zugang zu
grundlegenden Diensten (Telefon, Fax, Internetzugang, kostenlose Notrufe) zu
erschwinglichen Preisen und dem Abbau der marktbeherrschenden Stellung der
ehemaligen nationalen Telekom-Monopolisten. Die Behörden der
Mitgliedsstaaten wenden die Vorschriften unabhängig an. Gleichzeitig findet
eine Koordination der nationalen Politiken auf EU-Ebene statt.
3.1 Deutsches und europäisches Kommunikationsrecht
x Die mit der Öffnung der Telekommunikationsmärkte bewirkten
Preisvorteile haben die wettbewerbliche Dynamik auf diesen Märkten auch für
die breite Öffentlichkeit greifbar gemacht. Die Europäische Union hat bei den
Maßnahmen zur Öffnung der Telekommunikationsmärkte von Beginn an einen
zweigleisigen Politikansatz verfolgt. Einerseits wurde die Abschaffung von
Monopolrechten und sonstigen besonderen Rechten einzelner Organisationen
auf wettbewerbsrechtlicher Kompetenzgrundlage durchgesetzt und die
Mitgliedsstaaten wurden gezwungen, die größtenteils noch im staatlichen
Monopol geführten Telekommunikationsorganisationen zu privatisieren und
anderen Unternehmen den Zutritt zu den Telekommunikations-märkten zu
ermöglichen. Andererseits wurde die so bewirkte Beseitigung rechtlicher
Marktzutrittsschranken durch ein regulatorisches Instrumentarium ergänzt,
welches den offenen Zugang zu Telekommunikationsnetzen aktiv sicherstellen
sollte. Diese Regelungen der „Open Network Provision“ (ONP) wurden in einer
Übergangsphase vom Monopol- zum Wettbewerbsmarkt für erforderlich
gehalten, um die Vorteile der in den Wettbewerb entlassenen
Monopolunternehmen zu kompensieren, die oftmals Betreiber der einzigen
landesweiten Festnetzinfrastruktur sind und als vertikal integrierte Unternehmen
selbst Telekommunikationsdienstleistungen anbieten.
Die rechtliche Funktionsweise und das Ineinandergreifen dieser
unterschiedlichen Regelungsansätze im Spannungsfeld zwischen Liberalisierung
und Regulierung bildete das Oberthema, dem sich das ZEI seit dem Jahr 1999
durch Beiträge zu Einzelfällen anzunähern versucht. Gegenstand der
Untersuchungen war dabei nicht nur der Rechtsrahmen der Europäischen
Gemeinschaft, sondern auch die mitgliedsstaatliche Umsetzung der EGrechtlichen Vorgaben. Dabei wurde Wert darauf gelegt, nicht nur die
91
spezifischen Auswirkungen auf den Telekommunikationssektor zu
berücksichtigen, sondern ebenso die Entwicklung der „Neuen Medien“ mit
einzubeziehen. Die Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte hat eine
Vorbildfunktion für zukünftige Maßnahmen bei der Öffnung von Märkten.
Ähnliche Probleme wie im Telekommunikationsbereich stellen sich zum
Beispiel auf den Strom- und Gasmärkten, denen ebenfalls eine netzförmige
Infrastruktur zugrunde liegt.
x Den Auftakt der Fachveranstaltungen des ZEI zum europäischen
Kommunikationsrecht bildete die am 28. Januar 2000 zusammen mit dem
Centre for International Research on Electronic Communications (CIREC)
veranstaltete
Konferenz
„Innovationsansätze
bei
der
Regulierung
transeuropäischer Kommunikationsnetze“, die sich mit den Rechtsfragen der
Regulierung von grenzüberschreitenden Kommunikationsinfrastrukturen
auseinandersetzte.
x Die Revision des rechtlichen Regulierungsrahmens der Telekommunikation – der sogenannten „Regulatory Review 99“ – war Thema einer
Expertenkonferenz, welche das ZEI am 30. Mai 2000 zusammen mit dem
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie unter dem Titel „Regulatory
Review – Notwendige Schritte zur Weiterentwicklung des europäischen
Regulierungsrahmens der Telekommunikation für das 21. Jahrhundert“ in Bonn
ausrichtete. An der Konferenz nahmen prominente Vertreter aus Politik,
Wirtschaft und Wissenschaft teil. Die Eröffnungsrede wurde von Dr. Alfred
Tacke, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie,
gehalten. Neben Vertretern der EU-Kommission, der Regulierungsbehörde für
Telekommunikation und Post sowie des Bundeskartellamts kamen Redner der
betroffenen Wirtschaftskreise zu Wort.
x Im Jahr 2001 erschien eine von ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig in
Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Bernd Holznagel, Institut für Informations-,
Telekommunikations- und Medienrecht der Universität Münster, verfasste
Monographie
zum
Begriff
der
„wesentlichen
Leistungen“
im
Telekommunikationsrecht. Die Autoren setzten sich erstmals mit der Geltung
der Essential-facilities-Doktrin im sektorspezifischen Wettbewerbsrecht der
Telekommunikation auseinander.
Christian Koenig/Bernd Holznagel, Der Begriff der wesentlichen Leistungen
nach § 33 TKG, München: Verlag C.H. Beck, 2001, 140 Seiten.
92
x 2002 erstellte das ZEI eine Studie für das Bundesministerium für
Wirtschaft und Technologie. In interdisziplinärer Zusammenarbeit mit Prof. Dr.
Ingo Vogelsang, Inhaber eines Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre an der
Boston University, wurde ein Konzept zur Bestimmung des
telekommunikationsrechtlichen Begriffs des funktionsfähigen Wettbewerbs
erarbeitet. Hierbei wurde nicht nur das geltende deutsche und europäische Recht
einer ausführlichen Analyse unterzogen, sondern vor allem auch der neue
Rechtsrahmen der Europäischen Union auf dem Gebiet der elektronischen
Kommunikation in die Untersuchung einbezogen. Hierauf aufbauend wurden
konkrete regulierungsökonomische Vorschläge formuliert, wie im Zuge der
Novellierung des Telekommunikationsgesetzes auf normativer Ebene die
Voraussetzungen für die Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs
auf den deutschen Telekommunikationsmärkten geschaffen werden können.
Christian Koenig/Ingo Vogelsang/Jürgen Kühling/Sascha Loetz/Andreas
Neumann, Funktionsfähiger Wettbewerb auf den Telekommunikationsmärkten:
Ökonomische und juristische Perspektiven zum Umfang der Regulierung,
Schriftenreihe Kommunikation & Recht, Band 16, Heidelberg: Verlag Recht und
Wirtschaft, 2002, 255 Seiten.
x Am 23. Mai 2002 richtete das ZEI eine Expertenkonferenz zu den
Defiziten des Telekommunikationsrechts und Abhilfemöglichkeiten unter
besonderer Berücksichtigung der Situation von Internet-Service-Providern aus.
Im Rahmen der Veranstaltung wurde das deutsche und europäische
Telekommunikationsrecht einer kritischen Würdigung mit Blick auf die
regulatorischen Herausforderungen des Internetzeitalters unterzogen.
x Der Umsetzung des neuen EG-Rechtsrahmens auf dem Gebiet der
elektronischen Kommunikation im Zuge der europäischen Integration widmete
sich ein Expertenworkshop, den das ZEI am 20. November 2002 ausrichtete.
Dieser ermöglichte einen intensiven Meinungsaustausch zwischen den
anwesenden Vertretern des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit und
der Regulierungsbehörde sowie Teilnehmern aus Wissenschaft und Praxis.
x Am 26. Februar 2003 hat das ZEI in Brüssel in Zusammenarbeit mit der
Landesvertretung Nordrhein-Westfalen bei der Europäischen Union eine
Veranstaltung zum Thema „Die Umsetzung des neuen TK-Rechtsrahmens –
Zwischen europäischer Integration und mitgliedsstaatlichen Besonderheiten“
ausgerichtet. In hochkarätig besetzter Runde wurden Rechtsfragen der
Umsetzung des neuen Telekommunikationsrechtsrahmens in nationales Recht
93
mit Vertretern der EG-Kommission, des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Arbeit sowie mit zahlreichen Teilnehmern aus der Branche diskutiert.
x Als erste Veranstaltung dieser Art in Deutschland fand am 9. Mai 2003 am
ZEI eine Konferenz zum Thema „Trusted Computing – Neue
Herausforderungen für das deutsche und europäische Wirtschaftsrecht“ statt.
Die Konferenz wurde in Zusammenarbeit mit den Unternehmen Microsoft
Deutschland und Artikel5.de ausgerichtet. Das Teilnehmerfeld setzte sich aus
Branchenvertretern aus dem In- und Ausland, Mitgliedern des
Bundeswirtschaftsministeriums und Vertretern des Bundesdatenschutzbeauftragten zusammen.
Christian Koenig/Denis O’Sullivan, Is ,Trusted Computing’ an Antitrust
Problem? Microsoft et al. under Scrutiny, in: European Competition Law
Review (ECLR), 9/2003, Seite 449-457.
Christian Koenig/Andreas Neumann,,Trusted Computing’ Initiative und
Wettbewerbsrecht – und raus bist du, in: Magazin für professionelle
Informationstechnik, 9/2003, Seite 107-109.
Christian Koenig/Andreas Neumann, Neue wettbewerbspolitische und rechtliche Entwicklungen zum ‚Trusted Computing‘, Datenschutz und
Datensicherheit (DuD), 2004, Seite 555ff.
x Die Beratungstätigkeit für das Bundesministerium für Wirtschaft und
Arbeit bestand im Jahr 2003 insbesondere in der Erstellung zweier
Stellungnahmen
zu
unterschiedlichen
Entwicklungsstufen
des
Telekommunikationsgesetzes (Arbeitsentwurf und Referentenentwurf zum
TKG). Daneben wurde die aktive wissenschaftliche Diskussion auch mit
Marktteilnehmern im Rahmen von Veranstaltungen und Einzelgesprächen
gesucht. Als besonders fruchtbar hat sich dabei auch die Beratung von
Branchenverbänden erwiesen.
ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig und die ZEI Mitarbeiter Sascha Loetz
und Andreas Neumann analysierten in einer Publikation das neue deutsche
Telekommunikationsgesetz und verfassten eine detaillierte Ausarbeitung der
neuen deutschen Telekommunikationsregulierung
Christian Koenig/Sascha Loetz/Andreas Neumann, Die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes – Eine Untersuchung zu den Umsetzungsspielräumen
des EG-Richtlinienpakets auf dem Gebiet der Telekommunikation und ihrer
verfassungsrechtlichen Begrenzung sowie zur Optimierung der Verwaltungsund Rechtsbehelfsverfahren, Münster: Verlag Monsenstein und Vannerdat,
2003, 193 Seiten.
94
x Am 13. Juni 2003 fand in Bonn die ZEI-Konferenz zum Thema „Die
Novelle des Telekommunikationsgesetzes – Diskussionen zum Referentenentwurf“ statt. Aufgrund der guten Beteiligung der Ministerialkreise entwickelte
sich diese Veranstaltung zu einem äußerst fruchtbaren Fachgespräch, das
unmittelbar zwischen den Akteuren des Gesetzgebungsverfahrens, den
Unternehmen der TK-Branche und wissenschaftlichen Fachkreisen geführt
werden konnte. Die Veranstaltung war Beleg dafür, dass die Wissenschaft nicht
nur den fachlichen Rahmen, sondern auch die Plattform für den
Meinungsaustausch bieten kann und muss.
x Das am ZEI erstellte Studienbuch „Telekommunikationsrecht“ war Ende
2004 die erste Buchpublikation zum neuen Telekommunikationsrecht auf dem
deutschsprachigen Büchermarkt. Einzelne Fachpublikationen in Aufsatzform
widmeten sich – zumeist anlassbezogenen – einzelnen Detailfragen des neuen
Telekommunikationsrechts. Die Themen der Beiträge spiegelten dabei die
eingangs erwähnte Grundproblemstellung der praktischen Umsetzung der
europarechtlichen Vorgaben für die Märkte der elektronischen
Kommunikationsnetze und -dienste wider.
Christian Koenig/Sascha Loetz/Andreas Neumann, Telekommunikationsrecht,
Betriebs-Berater Studium, Heidelberg: Verlag Recht und Wirtschaft, 2004, 238
Seiten.
Christian Koenig/Sascha Loetz, Infrastruktur- und Dienstwettbewerb im EGTelekommunikationsrecht, in: Telekommunikations- & Medienrecht (TKMR),
3/2004, Seite 132-141.
x Auch 2004 war das ZEI intensiv in die fachwissenschaftliche und
öffentliche Diskussion um die Kodifizierung des Telekommunikationsgesetzes
eingebunden. Die Beratungstätigkeit gegenüber öffentlich-rechtlichen
Institutionen (unter anderem für das Bundesministerium für Wirtschaft und
Arbeit und die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post) bestand
dabei insbesondere aus gutachterlichen Stellungnahmen und sonstigen
Beratungstätigkeit zu Einzelproblemen des neuen Rechts, wie zum Beispiel der
Marktabgrenzung
oder
der
EG-rechtskonformen
Umsetzung
des
Richtlinienrechts in nationale Gesetze. Daneben wurde der wissenschaftliche
Dialog auch mit Marktteilnehmern im Rahmen von Veranstaltungen und
Einzelgesprächen aktiv gesucht und durch Vorträge und die Teilnahme an
Diskussionsveranstaltungen aktiv ergänzt.
x Im November 2004 organisierte das ZEI eine öffentliche
Eigenveranstaltung in enger Kooperation mit dem Zentrum für angewandte
95
Rechtswissenschaften der Universität Karlsruhe (Z.A.R.). Mit der
Themenstellung „Nach der Novelle ist vor der Novelle“ knüpfte die Konferenz
an die Vorjahresveranstaltung zur TKG-Novelle an und war aufgrund der guten
Beteiligung aus Verwaltungs- und Wirtschaftskreisen eine sehr erfolgreiche und
fruchtbare Veranstaltung.
x Die
spezifisch
telekommunikationsrechtliche
Justierung
der
Zusammenarbeit zwischen europäischer und mitgliedsstaatlicher Ebene
evozierte gleichermaßen neue Herausforderungen für die Tätigkeit der
mitgliedsstaatlichen Gesetzgeber und damit für die Gewaltenteilung auf
mitgliedsstaatlicher Ebene, die bei der Frage, wer auf dieser Ebene über die
Ausgestaltung konkreter Regulierungseingriffe letzten Endes entscheidet, von
erheblicher praktischer Relevanz gewesen ist. Das ZEI hat sich 2006
publizistisch an der Diskussion über diese grundsätzliche Fragestellung beteiligt,
was unter anderem dazu führte, dass die Bundesregierung in ihrer
Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates in dem laufenden
Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich auf eine Veröffentlichung des ZEI Bezug
nahm (BTDrs. 16/2581, 41). Zugleich ermöglichte die laufende Befassung mit
der mitgliedsstaatlichen Implementierung des europäischen Rechtsrahmens, die
Defizite und Anwendungsschwierigkeiten der gemeinschaftsrechtlichen
Vorgaben zu identifizieren und die hieraus gewonnenen Erfahrungen in die
öffentliche Diskussion um die Reform dieses Rechtsrahmens einzubringen. Dies
geschah namentlich durch eine Stellungnahme zur Überprüfung des
Rechtsrahmens der Europäischen Gemeinschaft zur elektronischen
Kommunikation als Reaktion auf eine entsprechende öffentliche Aufforderung
der Kommission mit dem Titel „Call for Input on the forthcoming Review of the
EU Regulatory Framework for Electronic Communications and Services
including Review of the Recommendation on Relevant Markets“.
Christian Koenig/Andreas Neumann/Marion Senger, Gesetzliche Ausgestaltung
des regulierungsbehördlichen Ermessens im Telekommunikationsrecht, in:
MultiMedia und Recht (MMR), 6/2006, Seite 365-369.
x Unter der Leitung von ZEI Senior Fellow Andreas Neumann wurde im
Rahmen einer Diskussionsveranstaltung des Arbeitskreises „Netzzugang und
Entgeltregulierung“ am 12. März 2007 mit Vertretern des Bundeswirtschaftsministeriums, der Bundesnetzagentur, von Telekommunikationsunternehmen
und -verbänden sowie Vertretern der Wissenschaft diskutiert. Im Vordergrund
standen die höchst umstrittenen Vorhaben der Kommission wie die funktionelle
Entflechtung als neuem Regulierungsinstrument, die Schaffung einer
96
europäischen Regulierungsbehörde und die Ausweitung der Kompetenzen der
EU-Kommission
im
Rahmen
eines
Veto-Rechts
auf
die
Regulierungsinstrumente. Die damit verbundenen Änderungen des
kompetenzrechtlichen Gefüges zwischen den Mitgliedsstaaten und der EUKommission sind von erheblicher praktischer Relevanz. Die ZEI Mitarbeiter
haben die Vorhaben im Laufe des Jahres intensiv verfolgt und mit Vertretern der
nationalen Behörden wie der Bundesnetzagentur und dem Bundeswirtschaftsministerium in Gesprächen weiter vertieft.
x 2008 waren ZEI Mitarbeiter mit der Überarbeitung des Werkes „EC
Competition and Telecommunications Law“ beschäftigt. Die Neuauflage basiert
auf dem erstmals im Jahr 2002 im Kluwer Verlag erschienenen Werk, das von
Prof. Dr. Christian Koenig in Zusammenarbeit mit ZEI Senior Fellow Dr.
Andreas Bartosch und Jens-Daniel Braun, Richter am Amtsgericht Marburg,
erstellt wurde. Für die zweite Auflage konnte ZEI Senior Fellow Marion Romes,
LL.M., als weitere Herausgeberin gewonnen werden. Aufgrund des TK-Review
2007 der Europäischen Kommission im Bereich der TK-Wirtschaft wurde das
Werk komplett überarbeitet und die Änderungsvorschläge der Europäischen
Kommission eingearbeitet.
Die Neuauflage beinhaltet eine Analyse des EG-Richtlinienpakets aus dem Jahr
2002 bis heute, sowie einen Überblick der geplanten Reform des europäischen
Rechtsrahmens für elektronische Kommunikation. Abgebildet wird in
methodisch detaillierter Weise die Balance zwischen sektorspezifischer
Regulierung und allgemeinem Wettbewerbsrecht. Insgesamt deckt das Buch
sowohl das materielle als auch das institutionelle Recht der gesamten EGTelekommunikationsregulierung ab. Ebenso einbezogen werden das Medienund Kommunikations- sowie das Beihilfenrecht für die fachspezifischen
Bereiche. Das Werk erschien im Jahr 2009.
Christian Koenig/Andreas Bartosch/Daniel Braun/Marion Romes, EC
Competition and Telecommunications Law, ICLS 6, The Netherlands: Kluwer
Law International BV, 2009, 728 Seiten.
x Staatliche Eingriffe in den Wettbewerb durch Regulierung sollen stets auf
das notwendige Maß beschränkt bleiben. Die Regulierungsbehörden in
verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten haben erstmals für den Großkundenmarkt
für Breitbandzugang (sogenannter „Bitstromzugang“) eine geografische
Differenzierung vorgenommen, um die unterschiedliche Ausprägung des
Wettbewerbs aufzudecken und entsprechend die Regulierung in wettbewerbsgeprägten Regionen zurückzufahren. Auf Basis eines national einheitlich
97
regulierten Zugangs zur „letzten Meile“ wurde so in Großbritannien für einen
großen Teil des Landes die Regulierung von Bitstrom eingeschränkt oder
vollständig zurückgefahren. Diesen Ansatz analysiert Prof. Dr. Carl Christian
von Weizsäcker, Senior Fellow am Max-Planck-Institut zur Erforschung von
Gemeinschaftsgütern in Bonn, in einem ZEI Discussion Paper und überträgt das
Konzept auf Deutschland, wo sich die Regulierungsbehörde bereits im Rahmen
der Marktuntersuchung diesem Thema genähert hat. Auch für Deutschland sieht
er dieses Vorgehen für notwendig und richtig an.
Carl Christian von Weizsäcker, Regionalisierung der Regulierung im
Bitstromzugangs-Markt?, ZEI Discussion Paper, C189/2008.
x Am 13. Januar 2014 veranstaltete das ZEI, gemeinsam mit dem Institut für
Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM) der Universität
Münster und der E-Plus Gruppe, den 4. Bonner Regulierungstreff, der im
Zeichen von Netzneutralität und Datenschutz stand. Im Rahmen dieser
Veranstaltung treffen sich unterschiedlichste Akteure der Telekommunikationsbranche (unter anderem Netzbetreiber, Rechtsanwälte und Behördenvertreter)
und debattieren über aktuelle telekommunikationsrechtliche Themen.
Angesichts der erschütternden Enthüllungen des Ex-Geheimdienstlers Edward
Snowden und des geplanten zweiteiligen Gesetzespakets zur Reform des
europäischen Telekommunikationsmarktes vom 21. September 2013, das sich
die Schaffung eines einheitlichen TK-Binnenmarktes zum Ziel gesetzt hat,
stellte sich das zu erörternde Themenfeld nahezu von alleine auf.
Mit dem EU-Datenschutzbeauftragten Peter Hustinx folgte auch in diesem Jahr
wieder ein hochkarätiger Redner der Einladung der Veranstalter. Sein
Impulsstatement mit dem Titel „Der EU-Binnenmarkt-Vorschlag für den
elektronischen
Kommunikationssektor
als
Spannungsfeld
zwischen
Datenschutz, Netzneutralität und wirtschaftlicher Freiheit“ lieferte die
Steilvorlage für eine sich anschließende interessante Debatte, deren Gesamtbild
– von der Vielfalt der Teilnehmer beflügelt – neben branchenspezifischen und
rechtswissenschaftlichen
Farben
auch
über
politikwissenschaftliche
Pinselstriche verfügte.
3.2 Der Rundfunksektor
x Anhand der Ausführungen des EuGH in dem vielbeachteten PreussenElektra-Urteil vom März 2001 zu den Abnahme- und Vergütungspflichten für
Ökostrom nach dem damaligen Stromeinspeisungsgesetz konnte in einer
Veröffentlichung aus dem Jahr 2001 nachgewiesen werden, dass das System der
98
Rundfunkgebührenfinanzierung nicht als eine staatliche Beihilfe i.S.d. Art. 87
Abs. 1 des EG-Vertrages zu werten ist. Da insoweit die Gebühren der
Rundfunkteilnehmer von staatlicher Seite aus nicht an die Rundfunkanstalten
übertragen werden, sondern lediglich der Mittelfluss zwischen den Unternehmen
und den Verbrauchern hoheitlich reguliert wird, ist das EU-beihilfenrechtliche
Tatbestandsmerkmal „aus staatlichen Mitteln“ mangels einer Belastung
öffentlicher Haushalte nicht erfüllt.
Christian Koenig/Jürgen Kühling, How to cut a long story short: Das
PreussenElektra-Urteil des EuGH und die EG-Beihilfenkontrolle über das
deutsche Rundfunkgebührensystem, in: Zeitschrift für Urheber- und
Medienrecht (ZUM), 7/2001, Seite 537-546.
x 2004 erforschten ZEI Mitarbeiter unter anderem die Förderproblematik im
Zusammenhang mit dem neuen digitalen terrestrischen Rundfunk (DVB-T) und
veröffentlichten mehrere Aufsätze zu diesem Thema.
Christian Koenig/Jürgen Kühling, EG-beihilfenrechtlicher „Switch-Off“ für das
digitale terrestrische Fernsehen (DVB-T)?, in: Kommunikation & Recht (K&R),
5/2004, Seite 201-208.
Christian Koenig/Jürgen Kühling/Stefan Barudi, Rundfunkstaatsvertragliche
Störsignale für das digitale terrestrische Fernsehen DVB-T, in: Zeitschrift für
Medien und Kommunikationsrecht (AfP), 3/2004, Seite 215-220.
x Einen weiteren Schwerpunkt im Telekommunikationssektor legte das ZEI
2013 auf die rechtliche Bewertung der geplanten legislativen Vorstöße des
damaligen Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (nunmehr:
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) zur Normierung der
sogenannten „Netzneutralität“. Unter Wirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler
legte das Ministerium den Entwurf einer Netzneutralitätsverordnung vor.
Parallel hierzu kursiert gegenwärtig ebenfalls ein EU-Verordnungsentwurf zur
Reform des europäischen Telekommunikationsmarkts, der die Netzneutralität
festschreibt. Die Forschungsarbeit brachte das Ergebnis, dass einzelne
Bestimmungen des nationalen Entwurfs – ein Inkrafttreten dieser Verordnung
unterstellt – wegen Verstoßes gegen Art. 80 GG rechtswidrig und damit
unwirksam wären.
Christian Koenig/Matti Meyer, Bitte keine normativen Schnellschüsse in Sachen
Netzneutralität!, in: Computer und Recht (CR), 10/2013, Seite 643-649.
Christian Koenig, Zu guter Letzt setzen sich die Irrungen und Wirrungen um die
Netzneutralität fort!, in: Zeitschrift für Netzwirtschaft und Recht (N&R), 5/2013,
Seite 236.
99
x Ein weiterer Forschungsschwerpunkt des ZEI im Jahr 2013 war die
Forschungsarbeit zum Recht der Satellitenkommunikation. Im Mittelpunkt
dieser Untersuchungen stand die Frage, ob TK-Satellitenbetreiber gegen
Störungen der ihnen zugewiesenen Orbitalpositionen und Frequenzbereiche
Unterlassungsansprüche geltend machen können.
Christian Koenig/Martin Busch, Unterlassungsansprüche von TKSatellitenbetreibern gegen Störungen der ihnen zugewiesenen Orbitalpositionen
und Frequenzbereiche,, in: Kommunikation & Recht (K&R), 11/2013, Seite 712717.
3.3 Die „Neuen Medien“
x Das Engagement im Bereich der „Neuen Medien“ fand seinen
Niederschlag in einem am 12. Juli 2000 am ZEI in Kooperation mit Prof. Dr.
Thomas Hoeren und Prof. Dr. Bernd Holznagel (beide Universität Münster) und
Prof. Dr. Gerald Spindler (Universität Göttingen) abgehaltenen Workshop zur
„Regulierung und Governance des Internets“, zu dem sich neben den
Veranstaltern zahlreiche weitere hochrangige Teilnehmer vorwiegend aus dem
akademischen Bereich einfanden. Dabei wurden schwerpunktmäßig Fragen der
Regulierung und des internationalen Rechts sowie strafrechtliche,
datenschutzrechtliche, rundfunk- und telekommunikationsrechtliche Fragen
diskutiert.
x Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und in
Zusammenarbeit
mit
dem
Wissenschaftlichen
Institut
für
Kommunikationsdienste (WIK) entstand 2001 eine Studie zu den
Internetplattformen in der Unternehmespraxis. Die WIK erstellte zunächst eine
genaue Analyse der Charakteristika von Internetplattformen bzw. Marktplätzen
und der damit verbundenen Effizienzgewinne, um anschließend
wettbewerbspolitische Aspekte der Plattformen zu analysieren. Anhand dieser
Erkenntnisse nahm das ZEI eine kartellrechtliche Beurteilung vor, die neben den
Problemen der Marktabgrenzung und -beherrschung die spezifischen
Wettbewerbsgefährdungen durch B2B-Marktplätze, das Verfahren der
kartellrechtlichen Aufsicht über B2B-Plattformen sowie die Probleme der
technischen Standardisierung beleuchtet.
Christian Koenig/Gabriele Kuhlenkampff/Jürgen Kühling/Sascha Loetz/Hilke
Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis: Wettbewerbsrecht,
Kartellrecht, Ökonomie, Schriftenreihe Kommunikation und Recht, Band 12,
Heidelberg: Verlag Recht und Wirtschaft, 2002, 323 Seiten.
100
x Unter der Leitung von ZEI Mitarbeiter Jens-Daniel Braun erarbeitete die
Forschungsprojektgruppe „Beihilfen- und Vergaberecht“ des ZEI im Auftrag der
EU-Kommission – gemeinsam mit dem Institut für Europäisches Medienrecht
(EMR) – eine Studie in englischer Sprache mit dem Titel „Market Definition in
the Media Markets“. Die Studie untersuchte anhand der einschlägigen
nationalen Vorschriften und der Praxis der zuständigen Behörden, wie in den
zehn neuen –zum 1. Mai 2004 beigetretenen – EU-Mitgliedsstaaten die Märkte
im Mediensektor (Zeitungen, Film, Fernsehen, Internet etc.) abgegrenzt werden.
EMR/ZEI (eds.), Market Definitions in the Media Sector. Comparative Legal
Analysis (Cyprus, Czech Republic, Estonia, Hungary, Latvia, Lithuania, Malta,
Poland, Slovakia and Slovenia), July 2005.
x Gemeinsam mit dem Centre for Economic Policy Research
(CEPR/London) und der Universität Toulouse führte das ZEI im Jahr 2006 ein
Forschungsprojekt durch, das sich mit Fragen der Marktstruktur und der
Regulierung von Medienmärkten in Europa befasste. Das Projekt stand unter der
wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Paul Seabright, Universität Toulouse,
und ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen. Die Ergebnisse dieses Projekts
wurden 2006 veröffentlicht.
Jürgen von Hagen/Paul Seabright (eds.), The Economic Regulation of
Broadcasting Markets, Cambridge: Cambridge University Press, 2007, 368
Seiten.
3.4 Glücksspielrecht
x ZEI Direktor Dr. Christian Koenig und ZEI-Mitarbeiter Jens-Daniel Braun
untersuchten im Jahr 2002 anhand des Beispiels des hessischen und des sachsenanhaltinischen Lotterierechts die Auswirkungen der EG-Dienstleistungs- und
Kapitalverkehrsfreiheit auf das deutsche Recht.
Christian Koenig/Jens-Daniel Braun, „Das Geld muß im Lande bleiben“ –
Über die Unvereinbarkeit der Neuregelung des hessischen und des sachsenanhaltinischen Lotterierechts mit der EG-Dienstleistungs- und Kapitalfreiheit,
in: Sächsische Verwaltungsblätter, 7/2002, Seite 157-164.
x Der Glücksspielsektor ist im Jahr 2009 vermehrt in das Blickfeld der ZEIForschung gerückt. Die Frage der Ausschreibungsbedürftigkeit der Verleihung
von Ausschließlichkeitsrechten im deutschen Glücksspielsektor wurde
unterstrichen durch die Schlussanträge des Generalanwaltes Bot in den
Rechtssachen C-203/08 und C-258/08. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund
entsprechender deutscher, beim Gerichtshof anhängiger Vorabentscheidungs101
verfahren wurden die Implikationen der Dienstleistungsfreiheit sowie die
Nichtanwendbarkeit der sogenannten In-House-Rechtsprechung auf die
Verleihung von Ausschließlichkeitsrechten zum Glücksspielbetrieb nach dem
deutschen Glücksspielstaatsvertrag untersucht. Dazu ist als Ergebnis
festzuhalten, dass die Dienstleistungsfreiheit eine Konzessionsvergabe im Wege
eines transparenten, diskriminierungsfreien und wettbewerbsoffenen
Ausschreibungsverfahrens gebietet und bis zur Rücknahme unionsrechtswidrig
verliehener Altkonzessionen deutsche Behörden und Gerichte keine auf die
fehlende Zulassung gestützten Sanktionen gegen nicht zugelassene Anbieter aus
anderen Mitgliedsstaaten erlassen dürfen.
x ZEI Mitarbeiter haben sich im Glücksspielsektor intensiv mit der
rechtswissenschaftlichen Untersuchung zweier aktueller Entscheidungen des
Europäischen Gerichtshofs beschäftigt. Bei der ersten Entscheidung des
Gerichtshofs handelt es sich um das Urteil in der Rechtssache C-169/07 vom 10.
März 2009 (Hartlauer Handelsgesellschaft mbh/Wiener Landesregierung unter
anderen). Die Entscheidung betraf eine österreichische Regelung über
Zulassungsvoraussetzungen für selbständige Ambulatorien für Zahnheilkunde
und deren Vereinbarkeit mit der Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften. Die
Relevanz der Entscheidung für den Glücksspielbereich ergab sich daraus, dass
sich der Gerichtshof im Rahmen seiner Rechtfertigungsprüfung eingehend mit
dem Gebot einer kohärenten und systematischen Schutzzielverfolgung durch
nationale Beschränkungs-maßnahmen beschäftigte. Nach diesem Kohärenzgebot
ist eine nationale Regelung nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend
gemachten Schutzziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen
gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (Rn. 55
der Entscheidung). In Teilen des Schrifttums und in einer Reihe verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen wurde bezweifelt, dass das mit den
Beschränkungen des GlüStV in Deutschland vorgeblich verfolgte Ziel der
Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspielsucht – der Rechtsprechung des
Gerichtshofs entsprechend – tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise
verfolgt wird. Denn dem Ausschluss gewerblicher Anbieter von Lotterien und
Sportwetten durch die Vorschriften des GlüStV steht eine Zulassung solcher
Anbieter im Bereich von Glücksspielen gegenüber, die mit zum Teil deutlich
größeren Suchtgefahren als Lotterien und Sportwetten verbunden sind. Vor
diesem Hintergrund wurde untersucht, welche Bedeutung und Reichweite der
Gerichtshof dem Kohärenzgebot in seiner Hartlauer-Entscheidung unter
Berücksichtigung des mitgliedsstaatlichen Ermessens- und Gestaltungsspielraums bei der Bestimmung des von dem jeweiligen Mitgliedsstaat
102
angestrebten Schutzniveaus zumaß und welche Konsequenzen sich hieraus für
die Rechtfertigung des Ausschlusses gewerblicher Anbieter von Lotterien und
Sportwetten vom deutschen Glücksspielmarkt ergeben. Dabei wurde die
mitgliedsstaatliche Untersuchungslast im Hinblick auf das Vorliegen von
Gefährdungszusammenhängen
als
Voraussetzung
einer
kohärenten
Schutzzielverfolgung und Schutzniveaubestimmung betont und auf die
diesbezüglichen Feststellungen des von den Bundesländern eingesetzten
Fachbeirates Spielsucht Bezug genommen.
Christian Koenig, Gemeinschaftsrechtliche Kohärenzanforderungen an
mitgliedsstaatliche Beschränkungsmaßnahmen im Glücksspielbereich, in:
Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht (ZfWG), 04/2009, Seite 239-234.
x Gegenstand der zweiten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom
8. September 2009 war die Frage der Vereinbarkeit der Ausweitung eines einer
einzigen Einrichtung übertragenen Rechts zur Veranstaltung und Vermittlung
von Lotterien und Wetten in Portugal auf alle elektronischen
Kommunikationsmittel mit dem Gemeinschaftsrecht, insbesondere der
Dienstleistungsfreiheit. Die rechtswissenschaftliche Untersuchung dieser
Entscheidung war von besonderem Interesse, weil das Verfahren gewisse
Parallelen zur Rechtslage in Deutschland unter Geltung des GlüStV aufwies und
sich deshalb die Frage stellte, ob und in welchem Umfang sich der Entscheidung
Anhaltspunkte für die Gemeinschaftsrechtskonformität der deutschen
Rechtslage entnehmen lassen würden. In diesem Zusammenhang wurde
insbesondere der Frage der Bindungswirkung von Vorabentscheidungs-urteilen
des Gerichtshofs nachgegangen. Im Rahmen der Analyse der Entscheidung
wurde aufgezeigt, dass der Gerichtshof – in Anknüpfung an seine HartlauerEntscheidung – das Erfordernis und die Prüfung einer kohärenten
Schutzzielverfolgung fortschrieb.
Christian Koenig/Simon Ciszewski, Die Bedeutung des Urteilstenors und der
Urteilsgründe in der Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) für die deutsche Rechtslage
im Glücksspielsektor, Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht (ZfWG),
05/2009, Seite 330-332.
x Nach den wegweisenden Urteilen vom 8. September 2010 ist das staatliche
Monopol auf Sportwetten und Lotterien in Deutschland in seiner konkreten
staatsvertraglichen Ausgestaltung als Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit (Art.
56 AEUV; ex Art. 49 EG) unionsrechtlich nicht gerechtfertigt. In dem Urteil
Winner Wetten GmbH betonte der Gerichtshof, dass die unionsrechtswidrigen
103
monopolbegründenden und sanktionierenden Bestimmungen des GlüStV mit
sofortiger Wirkung nicht weiter angewandt werden dürfen.
Da die Veranstaltung und die Vermittlung von Glücksspielen nach dem
Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) in enger Weise akzessorisch-regulatorisch
miteinander verknüpft sind, ergaben sich aus der Unionsrechtswidrigkeit der
Veranstaltungsregulierung zwangsläufig ernste Zweifel im Hinblick auf die
Anwendbarkeit der vermittlerbezogenen Vorschriften und Auflagen. Denn auch
diese bauten auf dem teleologischen Fundament des gesamten GlüStV auf,
nämlich auf der Prämisse der regulatorischen Angebotsbeschränkung. Mit dem
Fall des staatlichen Monopols war die vorgelagerte „regulatorische
Geschäftsgrundlage“ für die nachgelagerten vermittlerbezogenen Vorschriften,
Erlaubnisvorbehalte und Auflagen in sich zusammengebrochen. Die
Forschungsprojektgruppe „Öffentliches Wettbewerbsrecht“ untersuchte auf
dieser Basis exemplarisch die Vermittler-Erlaubnispflicht sowie die
„Zweidrittelregelung“. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift für Wett- und
Glücksspielrecht veröffentlicht.
Christian Koenig/Volker Bache, Zur Anwendbarkeit der vermittlerbezogenen
Vorschriften und Auflagen gemäß dem deutschen Glücksspielrecht im Lichte der
Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 8. September 2010, in: Zeitschrift
für Wett- und Glücksspielrecht (ZfWG), 1/2011, Seite 7-13.
Weitere ausgewählte Publikationen
Christian Koenig/Sascha Loetz, Zur Bedeutung der Essential Facilities-Doktrin
für den Zugang zu Netzinfrastrukturen am Beispiel des Europäischen
Telekommunikationsrechts, in: Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht
(EWS), 2000, Seite 377-384.
Christian Koenig/Jürgen Kühling/ifo-Institut, Liberalisierung der Telekommunikationsordnungen. Ein Rechtsvergleich, Heidelberg: Verlag Recht und
Wirtschaft, 2000, 264 Seiten.
Christian Koenig/Jürgen Kühling, How to cut a long story short. Das PreußenElektra-Urteil des EuGH und die EG-Beihilfenkontrolle über das deutsche
Rundfunkgebührensystem, in: Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht (ZUM),
2001, Seite 537-546.
104
Christian Koenig, Die Versteigerung der UMTS-Lizenzen auf dem Prüfstand
des deutschen und europäischen Telekommunikationsrechts, in: Kommunikation
und Recht (K&R), 1/2001, Seite 41-55.
Peter Dahlke/Andreas Neumann, Regulatorischer Jugendwahn? – Die
Behandlung „neuer Märkte“ im TK-Recht, in: MultiMedia und Recht (MMR)
2006, Seite XXII-XXIV.
Christian Koenig/Simon Ciszewski, Das Online-Verbot der Veranstaltung und
Vermittlung von Glücksspielen im Lichte der Dienstleistungsfreiheit, in:
Kommunikation & Recht (K&R), 5/2007, 257-262.
Christian Koenig/Marion Senger, Methoden und Maßstäbe der Ex-anteEntgeltregulierung nach dem TKG. Zur Anwendung der Vergleichsmarktmethode im Vorabgenehmigungsverfahren, in: Zeitschrift für
Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (MMR), 5/2007, Seite
290-294.
Christian Koenig/Sascha Loetz/Sonja Fechtner, Do we really need a European
agency for market regulation? in: Intereconomics, 4/2008, Seite 226-235.
Christian Koenig/Caroline Bovelet-Schober, Sportwetten und Online
Glücksspiel nach dem Entwurf des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages
(GlüÄndStV-E) in der Fassung vom 14. April 2011 auf dem EU-rechtlichen
Prüfstand, in: Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht (ZfWG), 4/2011, Seite
236-242.
Christian Koenig/Caroline Bovelet-Schober, Zur Anwendbarkeit des
Glücksspieländerungsstaatsvertrages
(GlüÄndStV),
insbesondere
des
Internetverbotes, auf Online-Games, in: Gewerbearchiv (GewArch), 2/2013,
Seiten 59-62.
Christian Koenig, Folgerichtigkeit – das Leitmotiv jeder kohärenten
Glücksspielregelung...und Rechtsprechung!, ZfWG 2/2014, Editorial.
Christian Koenig/Matti Meyer, Online Gambling Provider under the
Laws`Scrutiny against Money Laundering-Sec.9c para. 4 GwGErgG as a
Federal mean to establish the Residualmonopoly, ZfWG 2/2014, Seite 85-92.
Christian Koenig, Zu guter Letzt bleibt der Grat zwischen Erforderlichkeit und
hoheitlicher Anmaßung von Regulierung schmal – auch gegenüber Google,
N&R 5/2014, letzte Seite.
105
4.
Regulierung der Energiemärkte
Die EU wirkt auf eine stärkere Zusammenarbeit ihrer Mitgliedsstaaten im
Bereich der Energiepolitik hin. Das Ziel der EU-Energiepolitik ist eine sichere
und nachhaltige Energieversorgung zu bezahlbaren Preisen. Dazu gehören die
sogenannten „20-20-20-Ziele“ der EU, welche bis 2020 verwirklicht werden
sollen:
- 20 Prozent weniger EU-Treibhausgasemissionen als 1990,
- 20 Prozent mehr Energie in der EU aus erneuerbaren Energiequellen,
- 20 Prozent mehr Energieeffizienz in der EU.
Angestrebt wird ein europäischer Energiemarkt, auf dem alle Produzenten und
Lieferanten im Wettbewerb zueinander stehen. Bisher stehen dem Aufbau
grenzüberschreitender Energieunternehmen häufig nationale Regelungen im
Weg. Seit 2011 unterstützt die Agentur für Zusammenarbeit der
Energieregulierungsbehörden (ACER) die nationalen Behörden auf EU-Ebene
und arbeitet an Instrumenten für die Vollendung des europäischen
Energiebinnenmarktes.
4.1 Deutsches und europäisches Energierecht
x Die Veranstaltung „Wettbewerb oder Service public in der europäischen
Energiewirtschaft“, die in Zusammenarbeit mit der Vertretung des Landes
Nordrhein-Westfalen bei der Europäischen Union am 12. November 2002 in
Brüssel stattfand, führte zu der Gründung eines neuen ZEI Forschungsprojektes
„Energierecht“.
x Die fortschreitende Liberalisierung des Energiemarktes bildete im Jahr
2003 einen Schwerpunkt der Forschungsarbeit, die durch Veranstaltungen,
Publikationen und Beratungstätigkeiten die Novellierung des nationalen
Energiewirtschaftsgesetzes aktiv begleitete. Notwendig geworden ist sie durch
die im Jahr 2003 auf EU-Ebene verabschiedeten Beschleunigungsrichtlinien für
Strom und Gas, die hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen ein ehrgeiziges
Umsetzungsziel verfolgen. Eine der wesentlichen Neuregelungen durch die
Richtlinien lag in der Ausweitung und Verschärfung des bestehenden
Unbundling-Regimes: Energieversorgungsunternehmen wurde vorgeschrieben,
dass sie ihren Netzbetrieb von den wettbewerblich tätigen Bereichen entflechten
müssen. Das neue nationale Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) trat am 13. Juli
2005 in Kraft. Mit diesem Regelungswerk gingen unter anderem die Einrichtung
106
der Bundesnetzagentur und weitgehende Entflechtungs- sowie Entgeltregulierungsanforderungen einher.
Im Jahr 2006 wurden erste Anwendungserfahrungen mit dem neuen nationalen
Rechtsrahmen gemacht, die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben ist weiter
vorangeschritten.
Beispielsweise
wurden
die
ersten
Entgeltgenehmigungsverfahren vor der Bundesnetzagentur sowie vor den
Landesregulierungsbehörden durchgeführt. Hierzu sind bereits einstweilige
Beschlüsse durch die zuständigen Gerichte, insbesondere durch das OLG
Düsseldorf ergangen. Ende Oktober 2006 sind die auf Grundlage des EnWG
ergangenen Grundversorgungs- sowie Netzanschlussverordnungen in Kraft
getreten. Derzeit ist eine „Gemeinsame Richtlinie der Regulierungsbehörden des
Bundes und der Länder zur Umsetzung der informatorischen Entflechtung nach
§ 9 EnWG“ in der Diskussion, deren erster Entwurf im November 2006
veröffentlicht wurde.
x Von 2003 bis 2007 fanden in Bonn und Berlin in einem jährlichen Turnus
„Energiegespräche“ statt, die ein Forum für den Dialog zwischen Wissenschaft
und Praxis zu sektorspezifischen Fragestellungen zur Verfügung stellten. Der
am ZEI gegründete Studienkreis „Regulierung der Netzwirtschaften“ hatte es
sich zur Aufgabe gemacht, einen Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis,
sowohl zu Grundproblemen als auch zu sektorspezifischen Fragestellungen des
Rechts der Netzwirtschaften, herzustellen. Sprecher des Studienkreises waren
ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig, ZEI Senior Fellow Priv.-Doz. Dr.
Jürgen Kühling und Dr. Christian Theobald, Rechtsanwalt in Berlin. Die
Energiegespräche auf dem Petersberg in Bonn befassten sich mit folgenden
Themenbereichen:
- „Legal Unbundling“ am 21. Mai 2003 (zugleich die Eröffnungsveranstaltung).
- „Entgeltregulierung in der EnWG-Novelle“ am 7. Mai 2004. Im Rahmen
dieser Veranstaltung wurden die möglichen Ausgestaltungen der Entgeltregulierung in der Energiewirtschaft aus wissenschaftlicher und praktischer
Sicht erörtert.
- „Das Verhältnis von nationalen und europäischen Regulierungsbehörden“ am
23. Juni 2005. Die Teilnehmer beschäftigten sich dabei insbesondere mit der
Fragestellung nach einer Kooperation oder Zentralisation am Beispiel der
Zugangsrechte.
- „Unbundling und Anreizregulierung – neuralgische Punkte und praktische
Modelle“ am 2. Mai 2006.
107
- „Entwicklungen der Rechtsprechung nach dem EnWG 2005 und der Ruf nach
wirksamen Rechtsschutz“ am 20. Juni 2007.
Die Energiegespräche im Pressezentrum der Bundesregierung in Berlin
beschäftigten sich mit den folgenden Themen:
- „Zukünftige Ausgestaltung der Regulierung in der Energiewirtschaft“ am 15.
Oktober 2003. Nachdem Deutschland lange Zeit als einziger Mitgliedsstaat die
Einrichtung einer Regulierungsbehörde für Energie abgelehnt hatte, war die
Einführung einer solchen Instanz nun auch in Deutschland nicht mehr eine
Frage des „Ob“, sondern lediglich des „Wie“. Die energiepolitischen Sprecher
der Bundestagsfraktionen diskutierten über die Ziele ihrer Fraktionen im
Gesetzgebungsprozess zur Verabschiedung der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG).
- „Verfahrensfragen der Regulierung“ am 27. Oktober 2004. Zu dieser
Veranstaltung konnten Referenten sowohl aus der Wissenschaft, als auch aus
verschiedenen Praxisbereichen gewonnen werden.
- „Das runderneuerte Energiewirtschaftsgesetz – Erste Praxiserfahrungen“ am
23. November 2005 in der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen in Berlin. Die
Gespräche befassten sich mit den ersten Erfahrungen des novellierten
Energiewirtschaftsgesetzes 2005. Vertreter aus Wissenschaft und Praxis
diskutierten über das Zusammenspiel von Bundesnetzagentur und
Landesregulierungsbehörden.
- „Ein Jahr Regulierung Strom und Gas – Rückblick und Ausblick“ am 29.
November 2006.
- „Die zweite Welle der Energieregulierung: Zwischenbilanz und Ausblick“ am
28. November 2007. Die Gespräche befassten sich schwerpunktmäßig mit der
neuen Anreizregulierungsverordnung sowie dem Kraftwerksneubau.
x Im Bemühen den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis weiter zu
fördern, gründete der Studienkreis „Regulierung und Netzwirtschaft“ den
ständigen Arbeitskreis „Netzzugang und Entgeltregulierung“, in dem Vertreter
der Energie- und Telekommunikationswirtschaft sowie der Verkehrswirtschaft
gemeinsam mit Vertretern der Wissenschaft, der nationalen Regulierungs-,
Wettbewerbs- und Aufsichtsbehörden sowie der Europäischen Kommission
aktuelle Fragen der Regulierung erörtern konnten. Dieser Arbeitskreis diente als
Forum, bestehenden Problemen unkompliziert, unverbindlich und vor allem
informell Lösungsansätze zuzuführen. Nicht zuletzt sollte die Gründung des
Arbeitskreises den netzwirtschaftsübergreifenden Lernprozess intensivieren. Für
den Vorstand des Arbeitskreises konnten Dr. Cara Schwarz-Schilling,
108
Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, Robert Klotz,
Europäische Kommission, und ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig
gewonnen werden.
- Die erste Sitzung des Arbeitskreises fand am 6. Mai 2004, dem Vorabend der
Petersberg-Konferenz, statt und wurde durch ein „Kick-Off-Statement“ von
Prof. Dr. Dr. Franz Jürgen Säcker, Freie Universität Berlin, zum Thema
„Kostenbegriffe: Energiewirtschaftlich rationelle Betriebsführung und effiziente
Leistungsbereitstellung“ eröffnet. Bereits am 13. September 2004 fand die
zweite Sitzung des Arbeitskreises statt. Eröffnet wurde diese durch ein
Statement von Prof. Dr. Martin Hellwig, Direktor am Max-Planck-Institut zur
Erforschung von Gemeinschaftsgütern, zum Thema „Gemeinkostenzurechnung
in den Netzindustrien“. Die dritte Arbeitskreissitzung wurde am 13. Dezember
2004 durch ein Statement von Matthias Kurth, Regulierungsbehörde für
Telekommunikation und Post, eingeleitet. Im Anschluss an die Eröffnungsstatements wurde auf beiden Arbeitskreissitzungen intensiv und kontrovers
diskutiert.
2005 fanden zwei Arbeitskreissitzungen am 25. April und am 7.
November statt, die sich mit der bereits vor Inkrafttreten des
Energiewirtschaftsgesetzes
brisant
diskutierten
„Anreizregulierung“
beschäftigten. Im Anschluss an die Kurzvorträge der Referenten erfolgte eine
gewohnt intensive und kontroverse Diskussion.
- Am 27. März 2006 diskutierten Vertreter der Energie-, Telekommunikationsund Verkehrswirtschaft in Bonn gemeinsam mit Vertretern aus Wissenschaft,
der nationalen Regulierungs-, Wettbewerbs- und Aufsichtsbehörden sowie der
Europäischen Institutionen die Problematik langfristiger Gaslieferverträge. Das
Impulsstatement hielt Dr. Carsten Becker, Bundeskartellamt, Bonn.
- Auf drei Arbeitskreissitzungen im Januar, März und Dezember 2007
diskutierten Vertreter der Energie-, Telekommunikations- und Verkehrswirtschaft gemeinsam mit Vertretern aus Wissenschaft, der nationalen
Regulierungs-, Wettbewerbs- und Aufsichtsbehörden sowie der Europäischen
Kommission aktuelle Fragen der Regulierung. Wiegand Laubenstein,
Vorsitzender Richter des 3. Kartellsenats, OLG Düsseldorf, referierte auf der
Veranstaltung am 15. Januar 2007 in den Konferenzräumen des ZEI über
ausgewählte rechtliche Fragen der Entgeltgenehmigungsverfahren aus Sicht des
OLG Düsseldorf. Am 10. Dezember 2007 hielt Dr. Dominik Schnichels,
Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission, Brüssel, ein
109
aufschlussreiches Impulsstatement zu den Entflechtungsvorschriften des
„Dritten Liberalisierungspakets“.
- Am 10. Dezember 2008 diskutierte der Arbeitskreis das Thema „Perspektiven
des Glasfaserausbaus vor dem Hintergrund der aktuellen Bankenkrise“. Für das
Auftaktstatement konnte Hannes Wittig, Analyst bei JP Morgan Securities,
gewonnen werden.
x Vor dem Hintergrund der im Jahr 2009 erwarteten Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofes zur Regulierung der „Neuen Märkte“ wurde schon
2008 von den ZEI Mitarbeitern analysiert, welche legislative und exekutive
Behandlung der „Neuen Märkte“ angezeigt ist. Auch die sektorübergreifende
Betrachtung gewann in diesem Zusammenhang an Bedeutung: Während die
Problematik der Regulierung neuer Märkte im Telekommunikationsrecht
virulent wurde, wurde eine Untersuchung nunmehr auch für die
Netzwirtschaften Energie und Eisenbahn angeregt.
x Im Bereich der Energieregulierung stand für die Forschungsarbeit des ZEI
im Jahr 2010 das Problem der mangelnden Wettbewerbsintensität auf den
Stromliefermärkten im Mittelpunkt. Auch Jahre nach der EU-weit eingeführten
Liberalisierung war die ursprünglich avisierte Wettbewerbsintensität bei weitem
noch nicht erreicht. Insbesondere die „Wechselquote“ bei kleinen Unternehmen
und Privathaushalten blieb hinter den Erwartungen zurück. Vor diesem
Hintergrund war das von der ZEI Forschungsgruppe in Kooperation mit der
Vodafone D2 GmbH entwickelte und in mehreren Publikationen erörterte
„Delivery-by-Call“-Modell ein innovatives System für den Vertrieb von
Elektrizität, das es Verbrauchern unter Einsatz intelligenter Stromzählertechnik
erlaubt, in kürzesten Zeitabständen zwischen unterschiedlichen Angeboten
verschiedener Stromanbieter zu wechseln. Hierbei stand die Analyse des
europäischen und nationalen Rechtsrahmens für die Verbreitung von – zur
tatsächlichen Umsetzung des Modells unabdingbaren – „Smart Metern“ im
Mittelpunkt. Die Forschungsarbeit des ZEI konzentrierte sich insbesondere auf
die rechtlichen Aspekte der Grund- und Ersatzversorgung mit Elektrizität sowie
des (EU–) Verbraucherschutzes.
Christian Koenig/Volker Bache/Christopher Hasenkamp, „Delivery-by-Call“
für Stromlieferungen“, in: Netzwirtschaft und Recht (N&R), Beilage 2/2010.
Christian Koenig/Volker Bache/Christopher Hasenkamp, Das „Delivery-byCall“-Modell als Katalysator für die Verbreitung von Smart Metering, in:
Energiewirtschaftliche Tagesfragen (ET), 10/2010, Seite 44-47.
110
x Mit dem dritten Binnenmarktpaket wurden am 13. Juli 2009 zwei den Gasund Strombinnenmarkt betreffende Richtlinien verabschiedet, die insbesondere
im Bereich der Trennung von Netz und Vertrieb („Unbundling“) weitere
Vorstöße beinhalten, Beispielsweise wurde das unter dem Gesichtspunkt der
Eigentumsgarantie in Deutschland äußerst kontrovers diskutierte „Ownership
Unbundling“ für die Mitgliedsstaaten umsetzungspflichtiges Recht. Zudem
wurden durch die Neuregelungen erhebliche Hürden für Investitionen aus
Drittländern geschaffen. Daneben enthält das genannte Paket drei
Verordnungen, die den grenzüberschreitenden Stromhandel, den Zugang zu den
Erdgasfernleitungen sowie die Errichtung einer Agentur für die Zusammenarbeit
der Energieregulierungsbehörden (ACER) (neu) regeln. Dadurch soll das
Entstehen eines Energiebinnenmarktes gefördert und weiter vorangetrieben
werden.
Kristina Schreiber, Die Änderungen des Gemeinschaftsrechtsrahmens für den
Energiesektor im Überblick: das dritte Legislativpaket, in: Netzwirtschaft und
Recht (N&R), 3/2009, Seite 154-158.
x EU-Kommissar Günther H. Oettinger sprach auf der Abschlussfeier der
beiden ZEI-Studiengänge Master of European Studies (MES) und Master of
European Regulation of Network Industries (MERNI) und forderte in seinem
Vortrag am 25. Juni 2010 eine beschleunigte „Europäisierung der
Energiepolitik“. Dies sei die entscheidende Antwort auf die Herausforderungen,
denen sich Europa in Bezug auf seine zukünftige Energieversorgung
gegenübersieht. Das für die Energiepolitik verantwortliche Mitglied der
Europäischen Kommission betonte, dass gerade in Zeiten der globalen
Wirtschafts- und Finanzkrise der Zusammenschluss der EU-Mitgliedsländer
immer wichtiger werde in allen Fragen, die das Verhältnis Europas zu seiner
Außenwelt betreffe. Die Energieversorgung Europas werde nur durch eine
gemeinsame Zusammenarbeit und eine schrittweise, aber beschleunigte
Europäisierung gesichert werden können. Diesbezüglich sei die schriftliche
Fixierung der europäischen Energiepolitik im Lissabon-Vertrag als wichtiger
Erfolg und als Voraussetzung der zukünftigen EU-Energieaußenpolitik zu
sehen.
Günther H. Oettinger, Europeanising EU Energy Policy, ZEI Discussion Paper,
C 202/2010.
x Im November 2012 erschien die dritte Auflage des Lehrbuchs
„Energierecht“ von Christian Koenig, Jürgen Kühling und Winfried Rasbach.
Im Rahmen dieses langjähren Gemeinschaftsprojekts wurden für die Neuauflage
111
wesentliche Kapitel durch das ZEI erstellt und überarbeitet. Das Lehrbuch
behandelt die Liberalisierung und Regulierung der Energiewirtschaft, die auf
eine Annäherung an wettbewerbliche Verhältnisse in diesem Wirtschaftsbereich
gerichtet
ist.
Die
Darstellung
der
Zugangs-,
Entgeltund
Entflechtungsregulierung als die Zentralelemente zur Förderung von
Wettbewerb bilden den Schwerpunkt des Werkes. Querverweise zu den
Regulierungsansätzen in den übrigen Netzwirtschaften wurden angebracht, wo
dies für das Verständnis hilfreich ist. Neben Hinweisen zu den übrigen
Regelungsgehalten des EnWG als zentralem Gesetz für die Energiewirtschaft in
Deutschland wird auch das materielle Recht außerhalb des EnWG beleuchtet.
Zudem werden das Zusammenspiel und die Kompetenzen der Regulierungsbehörden sowie die prozessuale Ausgestaltung der Energieordnung dargestellt.
Eine kurze Einführung, die neben den ökonomischen und technischen
Hintergründen auch die Entwicklung des EnWG zusammenfasst, wird wie in
den Vorauflagen angesichts des beschränkten Umfangs auf das Notwendigste
komprimiert. Sie sollte jenen Lesern den Zugriff erleichtern, die nicht über die
entsprechenden technischen und ökonomischen Hintergründe verfügen.
Christian Koenig/Jürgen Kühling/Winfried Rasbach, Energierecht, dritte
aktualisierte und erweiterte Auflage, Betriebs-Berater Studium, Frankfurt am
Main: Verlag Recht und Wirtschaft, 2012, 283 Seiten.
x Die zu beobachtenden Rekommunalisierungsabsichten einzelner Gebietskörperschaften in Bezug auf Versorgungs- und Verteilnetze bot der
Forschungsprojektgruppe „Regulierung der Netzwirtschaften“ des ZEI im Jahr
2013 Anlass zur kritischen rechtlichen Würdigung. So wurde die geplante
öffentliche Gewährträgerhaftung in Berlin am Maßstab des Beihilferechts
geprüft. Im Zuge dessen gelangte man zu dem Ergebnis, dass eine öffentliche
Gewährträgerhaftung eine genehmigungspflichtige Beihilfe darstellt. Im Falle
der Begünstigung von Stadtwerken und Verteilnetzbetreibern durch eine
öffentliche Gewährträgerhaftung unter Verstoß gegen das EU-beihilfenrechtliche Durchführungsverbot könnten Wettbewerber, wie private
Energieversorgungsunternehmen und Netzbetreiber, gegen den öffentlichen
Gewährträger als Beihilfengeber auf Auskunft, Beseitigung (das heißt
insbesondere auf Rückforderung der Beihilfe), Unterlassung und Schadensersatz
wegen durch die Beihilfen entstandener Schäden klagen.
Christian Koenig, Gewährträgerhaftung für eine rekommunalisierte
Energieversorgung und den Netzbetrieb? Ein EU-beihilfenrechtliches No-Go!,
in: Infrastrukturrecht (IR), 12/2013, Seite 338-342.
112
x Am 22. Januar 2014 hielt ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig, einen
Vortrag auf der 21. Handelsblatt Jahrestagung der Energiewirtschaft in Berlin.
Thema seines Beitrags dieser energiewirtschaftlichen Tagung war das von der
Europäischen Kommission betriebene Beihilfeverfahren gegen die Umlagemechanismen zur Teilbefreiung energieintensiver Unternehmen.
4.2 Energierecht und Umweltpolitik
x ZEI Senior Fellow Prof. Dr. John Maxwell war einer der Organisatoren des
Workshops über „Carbon Flows Between Eastern and Western Europe“, der am
5. und 6. Juli 2001 in Mailand stattfand. Der Workshop wurde gemeinsam vom
ZEI und der Stiftung Eni Enrico Mattei veranstaltet. Inhaltlich ging es um
Konsequenzen der wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Ost- und
Westeuropa in der Entwicklung und Nutzung von Energieträgern, der
Forstwirtschaft und der Klimaentwicklung. Ziel der Veranstaltung, an der neben
Wissenschaftlern auch Vertreter der Energiewirtschaft und der Politik
teilnahmen, war die Förderung des europäischen Dialogs und die Entwicklung
europäischer Initiativen zur Bewältigung der gemeinsamen Herausforderungen
im Bereich der Umweltpolitik. Dabei stand nicht zuletzt die Frage einer
gemeinsamen Erfüllung des Kyoto-Protokolls im Vordergrund. Die Ergebnisse
des Workshops, der erste in einer Serie von Arbeitstreffen zu diesem Thema,
wurden in einem Konferenzband veröffentlicht.
x Am 23. April 2009 wurde ein weiteres Regelungspaket zu Umweltschutz
und nachhaltiger Energienutzung verabschiedet. Insbesondere erwähnenswert ist
eine Richtlinie zur Neuregelung des Emissionshandels, die einen unmittelbaren
Eintritt in ein System der Vollversteigerung von Emissionszertifikaten für die
Energiewirtschaft ab dem 1. Januar 2013 vorsieht. Daneben war auch der
Rechtsrahmen für die Einspeisung erneuerbarer Energien sowie für die
Abscheidung und geologische Speicherung von CO2 („Carbon Capture and
Storage“-CCS) betroffen. Insbesondere diese Technologie ist in Deutschland
stets Gegenstand kontroverser politischer Diskussionen gewesen, die durch die
konträre Interessenlage von Wirtschaft und (anwohnender) Bevölkerung
verschärft wurde. Auf Unionsebene wurden für die Erforschung dieser
Technologie beachtliche Geldmittel zur Verfügung gestellt. Die Umsetzung
dieser Richtlinie in deutsches Recht scheiterte im Sommer 2009 überraschend in
letzter Sekunde und nahm später einen neuen Anlauf. Die Neuregelung des
Emissionshandels hat das Zentrum für Europäische Integrationsforschung im
Rahmen eines Aufsatzes auf seine Vereinbarkeit mit Grundrechten begutachtet.
113
Daneben wurde untersucht, welche regulatorischen Rahmenbedingungen
erforderlich sind, um einem Versagen des Marktes für Verschmutzungsrechte
vorzubeugen. Dazu wurden aus den regulierten Sektoren bekannte
Regulierungsinstrumente auf ihre Eignung als flankierende Maßnahmen für den
neu entstehenden Versteigerungsmarkt geprüft.
Christian Koenig/Lukas Ernst/Christopher Hasenkamp, Gemeinschaftsrechtliche Rahmenbedingungen der Vollversteigerung von Emissionszertifikaten
im Energiesektor, in: Recht der Energiewirtschaft (RdE), 3/2009, Seite 73-108.
x Nicht zuletzt die folgenschwere Katastrophe von Fukushima hat zu einer
grundlegenden Veränderung des Energierechts geführt. Gerade die intendierte
Loslösung von der Atomenergie hin zu nachhaltigen Energiequellen bereitet
nicht nur praktische Probleme, vielmehr ist auch die rechtliche Implementierung
mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Die Europäische Kommission hat
hinsichtlich dieser Regelungen zur umlagenfinanzierten Energiewende am 6.
März 2013 für die Stromnetzentgelte und am 18. Dezember 2013 für das EEG
die beihilferechtlichen Verfahren aufgrund der möglichen Verletzung von Art.
107 AEUV gegen die Bundesrepublik Deutschland eröffnet. Im Rahmen der
Untersuchungen und Publikationen der ZEI Forschungsgruppe wurden vor
diesen Schritten der Kommission bereits mehrfach die beihilferechtlichen
Sollbruchstellen dieser energiepolitischen Umlagemechanismen aufgezeigt und
gleichzeitig vor den Folgen der Beihilferechtswidrigkeit der Regelungen
gewarnt.
Die ZEI Mitarbeiter unterzogen im Jahr 2013 die im Erneuerbaren-EnergieGesetz (EEG) verankerte Befreiung stromintensiver Unternehmen von der EEGUmlage, das Grünstromprivileg und die EEG-Umlage selbst der
beihilferechtlichen Prüfung nach Art. 107 AEUV. Sie kamen zu dem Ergebnis,
dass das deutsche EEG genehmigungspflichtige Beihilfen enthält, indem
stromintensive Betriebe weitgehend von der Finanzierung des Ausbaus von
Solar-, Wind- und Biomasse-Anlagen befreit sind. Auch das Grünstromprivileg
und die EEG-Umlage selbst stellten nach ihren Ergebnissen
genehmigungspflichtige Beihilfen dar. Insbesondere die intensive
Auseinandersetzung mit dem Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs
(EuGH) im „Fall Ryanair“ (Az.: C-284/12) vom 21. November 2013 hat im
Rahmen dieser Erkenntnisse eine besondere Brisanz aufgezeigt: Die
Mitgliedsstaaten sind bei Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens
verpflichtet, „alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Konsequenzen
aus einem eventuellen Verstoß gegen die Pflicht zur Aussetzung der
114
Durchführung dieser Maßnahme zu ziehen“. Die Forschungsarbeit des ZEI
führte zu dem Ergebnis, dass das Durchführungsverbot gebietet, dass das noch
geltende Umlagen- und Befreiungssystem solange auszusetzen ist, bis es die
Kommission nach dessen beihilferechtskonformer Umgestaltung genehmigt.
Christian Koenig, Umlagefinanzierte Befreiungen von Elektrizitätsnetzentgelten
nun doch auf dem Radarschirm der EU-Beihilfenkontrolle!, in: Netzwirtschaft
und Recht (N&R), 1/2013, Seite 55-46.
Weitere ausgewählte Publikationen
Christian
Koenig/Winfried
Rasbach,
Grundkoordinaten
der
energiewirtschaftlichen Netznutzungsentgeltregulierung, in: InfrastrukturRecht
(IR), 2004, Seite 26-28.
Christian Koenig, Effiziente Effizienzmaßstäbe in der energiewirtschaftlichen
Netznutzungentgeltregulierung!, in: Wirtschaft und Wettbewerb (WuW),
3/2004, Seite 247.
Christian Koenig/Winfried Rasbach, Rechtsfragen zur regulatorischen
Ausgestaltung des Netzzugangs bei Erdgas, Stuttgart: Verlag Recht und
Wirtschaft, 2004, 100 Seiten.
Jürgen Kühling, Sektorspezifische Regulierung in den Netzwirtschaften.
Typologie,
Wirtschaftsverwaltungsrecht,
Wirtschaftsverfassungsrecht,
München: C.H. Beck, 2004, 631 Seiten.
Christian
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Elektrizitätswirtschaftliche
Methodenregulierung – ein Entwurf der Netzentgeltverordnung Strom auf dem
Prüfstand, in: Recht der Energiewirtschaft (RdE), 1/2005, Seite 1-6.
Christian Koenig/Margret Schellberg/Kristin Spiekermann, Energierechtliche
Entflechtungsvorgaben versus gesellschaftsrechtliche Kontrollkompetenzen?, in:
Recht der Energiewirtschaft (RdE), 3/2007, Seite 72-76.
Christian Koenig/Volker Bache/Ralf Capito/Christopher Hasenkamp,’DC for
AC’ ... No Hard-Rock Band, but a New and Unregulated Business Model for
Electricity Markets, in: Competition and Regulation in Network Industries
(CRNI), 11/2010, Seite 246-264.
Christian Koenig/Lukas Ernst, Befreiung stromintensiver Netznutzer gem. § 19
II 2 StromNEV, in: Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft
(EnWZ), 2/2012, Seite 51-56.
115
Christian Koenig/Lukas Ernst, Befreiung stromintensiver Netznutzer gem. § 19
II 2 StromNEV, in: Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft
(EnWZ), 2/2012, Seite 51-56.
Christian Koenig/Martin Busch, Aktuelle EU-beihilferechtliche und
wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen einer indirekten Förderung des
Breitbandausbaus mittels Quersubventionen, Teil 1 und Teil 2, in: Fachzeitschrift für Beihilfenrecht in Europa, Deutschland und Österreich (BRZ),
3/2012, Seite 131-141 und 195-205.
Christian Koenig/Lukas Ernst, Grid Fee Exemption under German Energy Law
for Large-Scale Energy Consumers – a State Aid Deja Vu?!, in: European State
Aid Law Quarterly (EStAL), 1/2013, Seite 37-39.
Christian Koenig, Ohne Ausnahme, in: Handelsblatt, Nr. 024, 4.2.2014, Seite
13.
Christian Koenig, Zu guter Letzt verbietet die Warenverkehrsfreiheit eine rein
inländische Grünstromförderung, in: Netzwirtschaften und Recht (N&R),
3&4/2014, letzte Seite.
Christian Koenig, Zu guter Letzt reguliert die Europäische Kommisssion durch
ihre Beihilfekontrolle den Umlagen- und Befreiungsirrsinn im EEG, in:
Netzwirtschaften und Recht (N&R) 2/2014, letzte Seite.
Christian Koenig/Franziska Schramm, Beihilfenrechtliche Bewertung der
Stromnetzentgeltbefreiungen nach § 19 Abs. 2 StromNEV (a.F.) und der EEGUmlagemechanismen im Lichte der jüngsten Eröffnungsbeschlüsse der
Europäischen Kommission, Tagungsband Bonner Gespräch zum Energierecht,
2014, Seite 22-44.
Christian Koenig, Gefährliche Konfrontation. Im Streit um den Ökostrom steigt
der Einigungsdruck, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 26.2.2014, Seite
19.
Christian Koenig, Ein EEG-Deal mit der EU-Kommission muss gültige Spielregeln beachten, in: Handelsblatt, Gastkommentar, 4.2.2014.
116
5.
Regulierung der Logistikmärkte
Die Welt ist mobiler geworden und mit ihr Europa. Die Menge der Waren und
die Zahl der Personen, die tagtäglich von einem Ort zu einem anderen reisen,
haben sich vervielfacht. Ermöglicht wird diese Mobilität unter anderem durch
den Eisenbahn- und den Postsektor, aber auch durch zahlreiche staatliche
Infrastruktureinrichtungen. Im Eisenbahn- und im Postsektor wurde in den
vergangenen Jahren eine größere Liberalisierung angestrebt, die von den
Forschern des ZEI verfolgt wurde. Auch die Bereitstellung öffentlicher
Infrastrukturen hat sich gewandelt und wird nicht länger allein von staatlicher
Seite finanziert und betrieben, sondern zunehmen in Kooperation mit privaten
Wirtschaftssubjekten. Diese neuen Kooperationsformen (sogenannte Public
Private Partnerships) werfen im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit dem EUBeihilfenrecht eine Fülle neuer Fragen auf.
5.1 Infrastrukturprojekte und Beihilferecht
x Ein Forschungsschwerpunkt des ZEI lag im Jahr 2001 auf der Förderung
öffentlicher Infrastrukturprojekte, die in dieser Zeit vielerorts ins Visier der
Europäischen Kommission gerieten. Ursache hierfür war, dass öffentliche
Infrastrukturen nicht mehr ausschließlich in eigener Verantwortung
bereitgestellt – in diesem EG-beihilfenrechtlich unbedenklichen Fall ist
regelmäßig das Tatbestandsmerkmal der Bestimmtheit nicht erfüllt –, sondern in
Kooperation mit privaten Wirtschaftssubjekten finanziert und betrieben wurden.
Dabei warfen diese besonders häufig auf kommunaler Ebene eingegangenen
Kooperationsformen (sogenannte Public Private Partnerships) eine Fülle neuer
Fragen im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit dem EG-Beihilfenrecht auf.
Einige von ihnen bildeten bereits den Gegenstand ergangener Kommissionsentscheidungen und sorgten damit in der Praxis für beträchtliche Unsicherheit
bei großen Investitionsprojekten. Die ZEI Mitarbeiter konnten diese Fragen nun
erstmals umfassend systematisieren und EG-beihilfenrechtskonform lösen. Die
gewonnenen Erkenntnisse flossen im gleichen Jahr auch in den Erlass eines
einschlägigen Förderprogramms des Landes Baden-Württemberg ein und
dienten als Grundlage für die Erarbeitung einer einvernehmlichen Lösung
zwischen dem Land und der Europäischen Kommission bei der öffentlichen
Mittelzufuhr an ein großes Kooperationsprojekt.
Christian Koenig/Jürgen Kühling, EG-beihilfenrechtliche Beurteilung
mitgliedsstaatlicher Infrastrukturförderung im Zeichen zunehmender
Privatisierung, in: Die öffentliche Verwaltung (DÖV), 21/2001, Seite 881-890.
117
x Angesichts der immer größer werdenden Bedeutung einer EGbeihilfenrechtskonformen Finanzierungspraxis für Infrastrukturen wurde im Jahr
2001 in dem Aufsatz „Funktionen des Bietverfahrens im EG-Beihilfenrecht“,
der in der Zeitschrift für Europäisches Wirtschaftsrecht erschien, dargestellt,
inwiefern durch die konsequente Anwendung vergaberechtlicher Verfahren der
EG-Beihilfentatbestand ausgeschlossen werden kann.
Christian Koenig, Funktionen des Bietverfahrens im EG-Beihilfenrecht, in:
Zeitschrift für Europäisches Wirtschaftsrecht (EuZW), 24/2001, Seite 741-747.
x Ein besonderes Augenmerk der rechtswissenschaftlichen Forschungstätigkeit des ZEI galt 2002 der Förderung öffentlicher Infrastrukturprojekte, die
zunehmend ins Visier der EU-Kommission geraten war. Der Grund hierfür lag
in dem wegen allseits knapper Finanzmittel zunehmend beliebter werdenden
Ansatz, öffentliche Infrastrukturen nicht mehr ausschließlich in eigener
Verantwortung bereit zu stellen (in diesem EG-beihilferechtlich unbedenklichen Fall ist regelmäßig das Tatbestandsmerkmal der Bestimmtheit nicht
erfüllt), sondern die Infrastruktureinrichtungen in Kooperation mit privaten
Wirtschaftssubjekten zu finanzieren und zu betreiben. Diese besonders häufig
auf kommunaler Ebene eingegangenen Kooperationsformen warfen eine Fülle
neuer Fragen im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit dem EG-Beihilfenrecht auf.
Die gewonnenen Erkenntnisse konnten in diversen Projekten, bei denen ZEI
Direktor Prof. Dr. Christian Koenig beratend tätig war, eingebracht werden.
Seine Beratungstätigkeit erstreckte sich bis hin zu der Mitgliedschaft in dem
einflussreichen „Academic Advisors group on state aid questions“ der Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission.
x Während der intensiven Forschungstätigkeit im Bereich der
Infrastrukturförderung im Jahr 2002 sind Berührungspunkte des EGBeihilfenrechts mit dem Vergaberecht deutlich geworden. Dies gilt insbesondere
für die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des den EG-Beihilfentatbestand
ausschließenden Bietverfahrens, wobei insoweit eine Konvergenz beider
Rechtsgebiete zu beobachten ist. Aus diesem Grund wurde 2002 die „Task
Force Vergaberecht“ etabliert. Am 29. Mai 2003 organisierte die „Task Force“
die ZEI-Konferenz „Das Ausschreibungsverfahren bei Infrastrukturprojekten“.
Durch die Zusammenführung nationaler und internationaler Experten aus
Wissenschaft und Praxis konnte das Thema beleuchtet, analysiert und fruchtbar
diskutiert werden.
x Im Jahr 2004 wurden die rechtswissenschaftlichen Forschungen des ZEI zu
den Themen „Beihilfenrecht“ und „Vergaberecht“ dauerhaft miteinander
118
verbunden. Die im Jahr 2003 aufgenommene Arbeit zum Thema „Vergaberecht“
wurde intensiviert, und die Verknüpfung mit dem „Beihilfenrecht“ ausgebaut.
Eines der großen Projekte, in dem sich die Fortentwicklung dieser Arbeit
manifestieren konnte, war der im Sommer 2004 veröffentlichte Band „Recht der
Infrastrukturförderung“, der von ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig, ZEIMitarbeiter Dr. Jürgen Kühling und Dr. Christian Theobald, Kanzlei Becker,
Büttner, Heldt, herausgegeben wurde und das Beihilfen- und das Vergaberecht
im Bereich der Infrastrukturförderung umfangreich behandelte.
Christian
Koenig/Jürgen
Kühling/Christian
Theobald,
Recht
der
Infrastrukturförderung, Ein Leitfaden für die Praxis, Frankfurt/Main: Verlag
Recht und Wirtschaft, 2004, 486 Seiten.
x Das Beihilfen- und Vergaberecht in der Infrastrukturförderung waren
Thema der Konferenz auf dem Petersberg/Bonn am 29. November 2004, die in
Kooperation mit dem European Law Institute for Public Procurement &
Infrastructure (Berlin, Brüssel, Bonn) durchgeführt wurde. Hier fand zwischen
den namhaften Teilnehmern und Mitgestaltern aus Deutschland, Brüssel und
Luxemburg ein reger Austausch statt. Zahlreiche weitere Vorträge und
Moderationen zu dieser Thematik fanden unter anderem in Berlin, Brüssel,
Bonn, Köln, Maastricht und München statt; zu nennen seien hier beispielhaft nur
der Vorsitz bei der Euroforum-Konferenz zum Beihilfenrecht 2004 in Berlin, die
Vorträge bei dem „Advanced Workshop on Policy and Legal Developments in
State Aid“ in Maastricht oder die Beihilfentagung in Brüssel. Aus der
fortgesetzten Vertiefung des Rechts der Infrastrukturförderungen gingen zudem
einige wichtige Publikationen hervor.
Christian Koenig/Andreas Haratsch, The Logic of Infrastructure Funding under
EC State Aid Control, in: European State Aid Law Quarterly (EStAL), 3/2004,
Seite 393-398.
Christian Koenig/René Pfromm, Die Förderlogik des EG-beihilfenrechtlichen
Ausschreibungsverfahrens bei PPP-Daseinsvorsorgeinfrastrukturen, in: Neue
Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht, 7/2004, Seite 375-379.
x In Bezug auf beihilfenrechtliche Begünstigungstatbestände bei
Infrastrukturprojekten wurde 2010 unter Berücksichtigung der sogenannten
Bürgschaftsmitteilung (Mitteilung der Kommission, ABl. EU 2008 Nr. C 155,
10) untersucht, inwiefern die Gewährung einer kommunalen Garantie zur
Absicherung der von der von einem privaten Investor gegründeten
Projektgesellschaft für die Baufinanzierung aufgenommenen Kredite eine
Beihilfe darstellen kann. Diesbezüglich wurde herausgearbeitet, dass mindestens
119
20 Prozent der Eigenkapitalfremdfinanzierung ungesichert durch staatliche
Garantien bleiben sollten, um eine beihilfenrelevante Begünstigung sowohl des
Kreditnehmers als auch des Kreditgebers auszuschließen.
Christian Koenig/Mara Hellstern, Der angemessene Eigenkapitalbeitrag eines
Infrastrukturunternehmens als EU-beihilfenrechtliches Sicherheitsnetz gegen
Projektversagen, in: InfrastrukturRecht (IR), 12/2010, Seite 345-347.
x 2012 beteiligte sich das ZEI an dem Diskurs zu derzeit aktuellen EUbeihilferechtlichen Problemen der Infrastrukturförderung. ZEI Direktor Prof. Dr.
Christian Koenig hielt in diesem Zusammenhang Vorträge im Rahmen der
Herbstkonferenz des European „State Aid Law Review Institute“ in
Kopenhagen am 30. November 2012 und bei einer Veranstaltung des „Berliner
Gesprächskreis zum Europäischen Beihilfenrecht e.V.“ am 7. Dezember 2012.
Die Vorträge befassten sich mit aktuellen EU-beihilferechtlichen
„Stolpersteinen“ der Infrastrukturförderung, wobei vor allem auf die
Konsequenzen des EuGH-Urteils in der Rechtssache DHL-Leipzig/Halle (T443/08 und T-455/08) eingegangen wurde.
x Die Klagebefugnis bei wettbewerbsrechtlichen Klagen gegen
unionsrechtswidrige Beihilfemaßnahmen war Gegenstand einer Abhandlung im
Rahmen der Forschungsarbeit des ZEI im Frühjahr 2012. Nach Urteilen des
BGH in den Fällen Flughafen Frankfurt-Hahn und Flughafen Lübeck haben
„von der Beihilfe Betroffene“ einen Anspruch gegen den Beihilfegeber auf
Auskunft, Beseitigung, Unterlassung und Schadensersatz aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11
UWG sowie aus § 823 Abs. 2 BGB jeweils i.V. mit Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV,
wenn eine Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV unter Verstoß gegen das
beihilferechtliche Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV gewährt
wurde. ZEI Mitarbeiter analysierten die Auswirkungen der Urteile im Hinblick
auf die Frage, wer „von der Beihilfe Betroffener“ ist und damit im Rahmen von
wettbewerbs- und deliktsrechtlichen Klagen gegen unionsrechtswidrige
Beihilfemaßnahmen vor nationalen Gerichten klagebefugt sowie aktiv
legitimiert ist.
Christian Koenig/Mara Hellstern, Die Klagebefugnis bei wettbewerbsrechtlichen Klagen gegen unionsrechtswidrige Beihilfemaßnahmen, in:
Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Internationaler Teil (GRUR Int.),
1/2012, Seite 14-18.
x ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig greift 2012 ein – insbesondere im
Rahmen gescheiterter kommunaler Großprojekte praxisrelevantes –
Spezialproblem auf. Die Auswirkung einer Unwirksamkeit der materiell120
rechtlichen Seite eines Prozessvergleichs wegen Verstoßes EU-rechtlicher
Normen wird analysiert. Im Ergebnis kann ein solcher Verstoß zur
Unwirksamkeit des Vergleiches führen.
Christian Koenig, Prozessvergleiche über EU-beihilferechtlich infizierte
Streitgegenstände dürfen nicht geschlossen werden, um komplexen Fragen des
EU-Beihilferechts auszuweichen!, in: Europäisches Wirtschafts- und
Steuerrecht (EWS), 12/2012, Seite 1.
5.2 Verkehrspolitik und Eisenbahnsektor
In einem Markt von der geographischen Dimension der EU spielt das
Verkehrssystem offensichtlich eine zentrale Rolle. Schon früh hat daher die EU
eine Verkehrspolitik entwickelt, die einerseits den Wettbewerb auf den
Transportmärkten reguliert, andererseits die Herstellung und Nutzung der
Verkehrswege in Europa gestaltet. Das Nebeneinander nationaler und
europäischer Verkehrspolitiken hat im Laufe der Zeit zu einem wahren Dickicht
an Bestimmungen und Maßnahmen geführt, deren Einzelheiten und Ergebnisse
kaum noch zu überblicken sind. Unter der Leitung von Prof. Dr. Johannes
Frerich, Universität Bonn, erarbeitete ZEI Mitarbeiterin Ellen Troska zusammen
mit Dr. Gernot Müller, Universität Bonn, ein „Handbuch der Europäischen
Verkehrspolitik“ mit dem Ziel, eine Bestandsaufnahme dieses Politikbereichs zu
liefern und damit Überlegungen für seine künftige Entwicklung auf eine solide
Basis zu stellen.
Johannes Frerich/Gernot Müller, Europäische Verkehrspolitik – Von den
Anfängen bis zur Osterweiterung der Europäischen Union, Band 1, Politischökonomische Rahmenbedingungen-Verkehrsinfrastrukturpolitik, erste Auflage,
München/Wien: R. Oldenbourg, 2004, 800 Seiten.
Johannes Frerich/Gernot Müller, Europäische Verkehrspolitik – Von den
Anfängen bis zur Osterweiterung der Europäischen Union, Band 2:
Landverkehrspolitik (Straßenverkehr, Binnenschifffahrt, Eisenbahnverkehr),
erste Auflage, München/Wien: Oldenbourg, 2004, 800 Seiten.
x Das Allgemeine Eisenbahngesetz wurde 2005 in Umsetzung des ersten und
zweiten Eisenbahnpaketes auf europäischer Ebene mehrfach geändert. In
Anbetracht der auftauchenden Fragen auf diesem – regulierungsrechtlich
betrachtet noch „jungen“ – Netzwirtschaftssektor „Eisenbahn“ hat der
Studienkreis „Regulierung der Netzwirtschaften“ im Jahr 2006 den Arbeitskreis
„Netzzugang in der Eisenbahnwirtschaft“ gegründet, der die besonderen
Probleme dieses Sektors begleiten und den Dialog zwischen Wissenschaft und
121
Praxis weiter fördern soll. Den Vorstand des Arbeitskreises bildeten ZEI
Direktor Prof. Dr. Christian Koenig, ZEI Mitarbeiterin Margret Schellberg und
Horst-Peter Heinrichs, Bundesnetzagentur. Die „Kick-Off“-Sitzung des
Arbeitskreises fand am 23. Mai 2006 in den Konferenzräumen des ZEI statt. Als
Referentin für das Eingangsstatement zum Thema „Entgeltregulierung“ konnte
Dr. Iris Henseler-Unger, Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur, gewonnen
werden. Neben Fragen der Entgeltregulierung wurden im Anschluss an das
Eingangsstatement eine Reihe praktischer Probleme rege und kontrovers
diskutiert. Auf einer zweiten Sitzung des Arbeitskreises am 16. Oktober 2006
referierte Arnd Schäfer, BAG SPNV e.V., Berlin, zum Thema
„Infrastrukturqualität und performance regime“. Vertreter der Eisenbahn-,
Energie- und Telekommunikationswirtschaft diskutierten gemeinsam mit
Vertretern der Wissenschaft, der nationalen Regulierungs-, Wettbewerbs- und
Aufsichtsbehörden sowie der Europäischen Kommission.
x Vertreter der Verkehrswirtschaft sowie der Energie- und Telekommunikationswirtschaft diskutierten gemeinsam mit Vertretern der
Wissenschaft, der nationalen Regulierungs-, Wettbewerbs- und Aufsichtsbehörden sowie der Europäischen Kommission aktuelle Fragen der Regulierung
auf der Arbeitskreissitzung am 25. Juni 2007 im ZEI. Dr. Anselm Grün,
Rechtsanwalt der Sozietät Orth Kluth, Berlin, referierte über die Probleme beim
Bezug von Bahnstrom. Im Nachgang fand eine rege Diskussion der Teilnehmer
mit dem Referenten statt, bei der sich einmal mehr zeigte, dass Bedarf an einem
Austausch auf „neutralem Territorium“ besteht.
x Im Eisenbahnsektor analysierte das ZEI 2008 insbesondere die Reichweite
der Entflechtungsvorgaben, die durch erste gerichtliche Entscheidungen weiter
präzisiert wurden. Zudem wurde die im Energierecht vorerst bereits
abgeschlossene, im Eisenbahnrecht gerade einsetzende Diskussion um die
Einführung einer Anreizregulierung begleitet.
Christian Koenig/Kristina Schreiber/Kristin Spiekermann, Defizitäres
Entflechtungsregime?, in: Netzwirtschaft & Recht (N&R), 1/2008,: Seite 7-12.
5.3 Postsektor
x Zusammen
mit
dem
Wissenschaftlichen
Institut
für
Kommunikationsdienste (WIK) haben Mitarbeiter des ZEI 2004 im Rahmen der
rechtswissenschaftlichen Forschungsarbeit eine Studie zu der Reform des
Weltpostvereins für das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA)
angefertigt, die Kernfragen eines maßgeblich von der Bundesrepublik
122
Deutschland
veranlassten
langwierigen
Reformprozesses
dieser
Sonderorganisation der Vereinten Nationen betrifft, und die in nicht
unerheblichem Maße die Belange der Europäischen Gemeinschaft berührt. Die
Erarbeitung der Studie wurde von Beratungen und Präsentationen auf Ebene des
BMWA, des Weltpostvereins und der Europäischen Konferenz der
Verwaltungen für Post und Telekommunikation (CEPT) flankiert.
x 2011 hat sich die rechtswissenschaftliche Forschung des ZEI
schwerpunktmäßig mit Fragen der postsektorspezifischen Regulierung befasst.
Während auf den Märkten für Kurier-, Express- und Paketdienstleistungen nach
der Liberalisierung eine stetig voranschreitende Wettbewerbsentwicklung zu
beobachten war, hatte sich auf den Briefmärkten bislang kaum ein
selbsttragender Wettbewerb entwickelt. Die stagnierende Entwicklung beruhte
insbesondere auch auf rechtlichen Hemmnissen, welche eine Novelle des
Postgesetzes erforderlich machen. Die ZEI Mitarbeiter haben dazu im Einzelnen
herausgearbeitet, wie den, aufgrund der vertikalen Integration des
Marktbeherrschers, bestehenden Missbrauchs- und Verdrängungspotentialen
durch Änderungen des bislang unzureichenden Zugangs- und Entgeltregulierungsinstrumentariums begegnet werden kann. Defizite konnten dabei
identifiziert werden im Bereich der Umsatzbesteuerung, wo die
wettbewerbsverzerrende Wirkung der vormaligen Umsatzsteuerbefreiung zum
Teil perpetuiert wurde, im Bereich des Teilleistungs- und Komponentenzugangs,
wo trotz bestehender Zugangsverpflichtungen ein großes Behinderungspotenzial
sowie ein Umsetzungsdefizit bestanden und lediglich eine ex post-Regulierung
durch die Bundesnetzagentur stattfand, sowie im Bereich einer wirksamen
Kontrolle einer möglicherweise missbräuchlichen Rabattpolitik des
Marktbeherrschers. Die ZEI Forschungsprojektgruppe hat dazu Vorschläge für
eine Reform des Postgesetzes erarbeitet und darüber hinaus ein umfassend
geändertes Lizenzierungs-, Universaldienstbetrauungs- und -finanzierungsregime skizziert. Dabei wurde netzwirtschaftsübergreifend herausgearbeitet,
inwieweit
sich
Telekommunikationsregulierungsvorschriften
(TKG)
entsprechend für den Postsektor implementieren lassen würden. Zudem wurde
analysiert, welche Grenzen die entgeltbezogenen Missbrauchs- und
Diskriminierungsverbote des § 20 Abs. 2 PostG dem Marktbeherrscher bei der
Gestaltung seiner Teilleistungsentgelte und Großkundenrabatte bereits jetzt
setzen.
Christian Koenig/Christopher Hasenkamp/Nils H Kolbe, Die Postrechtsnovelle dieses Mal aber richtig!, in: Netzwirtschaft & Recht (N&R), 1/2011, Seite 20-26.
123
x 2014 erschien ein umfassendes Handbuch zum Postrecht. Dabei werden die
§§ 11 bis 18 PostG, einschließlich der Post- Universaldienstleistungsverordnung
(PUDLV) und der Post-Dienstleistungsverordnung (PDLV), dargestellt und
somit der Universaldienst im Postbereich allumfassend kommentiert. Die
Bedeutung dieser postgesetzlichen Normen wird – da deren Anwendung
aufgrund der gesetzlichen Exklusivlizenz der Deutschen Post AG, die bis zum
31. Dezember 2007 bestand, ausgeschlossen war – steigen. Das ZEI bezog im
Rahmen dieses Projektes Stellung zu Auslegungsfragen, die zwar bislang noch
nicht Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen waren, dies in Zukunft jedoch
mit hoher Wahrscheinlichkeit sein werden. Bei der Auslegung wurden
insbesondere die Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 20. Februar 2008, Erkenntnisse anderer sektorspezifischer
Netzindustrien im Bereich des Universaldienstes sowie regulierungsökonomische Besonderheiten des Postsektors umfassend berücksichtigt.
Annegret Groebel/Tobias Katzschmann/Christian Koenig/Nils H. Lemberg,
Postrecht – Praxishandbuch für Regulierungsfragen, Frankfurt/Main:
Deutscher Fachverlag, Fachmedien Recht, 2014, 782 Seiten.
Weitere ausgewählte Publikationen
Christian Koenig/Jürgen Kühling, Grundfragen des EG-Beihilfenrechts, in:
Neue Juristische Wochenschrift (NJW), München: Verlag C.H. Beck, 2000:
1065.
Christian Koenig/Jürgen Kühling, Institutionelle Regulierungsordnung in der
Eisenbahn und Energiewirtschaft – sektorspezifische Regulierungsbehörden
oder Bundeskartellamt?, in: Wirtschaft und Wettbewerb (WuW), 9/2001, Seite
810-820.
Christian Koenig/Jürgen Kühling, Verfahrensvielfalt und Wahl des richtigen
Vergabeverfahrens – Fallstricke bei der Ausschreibung von Infrastrukturaufträgen, in: Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht (NZBau), 3/2003,
Seite 126-133.
Koenig, Christian, InfrastrukturRecht. Energie, Verkehr, Abfall, Wasser,
München/Frankfurt: Verlag C.H. Beck, 2004.
Christian Koenig, Die EU-Ausschreibungsdoktrin – Ein teurer Wettbewerb für
die Infrastrukturnutzer?, in: Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
(EuZW), 14/2005, Seite 417-418.
124
Christian Koenig/Gabriele Kulenkampff/Alex Dieke/Tobias Katzschmann/Jürgen Kühling/Sascha Loetz/Andreas Neumann, Reform des Weltpostvereins, Münster: Monsenstein und Vannerdat, 2005.
Christian Koenig/Kristin Hentschel, Rahmenverträge über Zugtrassenbandbreiten im neuen Eisenbahnrecht, in: Netzwirtschaften und Recht (N&R),
2/2006, Seite 65-68.
Christian Koenig/Kristin Hentschel, Der maßgebliche Zeitpunkt der
Berücksichtigung rechtswidriger Beihilfen im Vergabeverfahren. Wettbewerbswidrige Verhandlungsinputs eines Beihilfenempfängers im wettbewerblichen
Dialog und im Verhandlungsverfahren, in: Zeitschrift für deutsches und
internationales Bau- und Vergaberecht (ZfBR), 8/2006, Seite 758-763.
Koenig, Christian/Wetzel, Julia, EG-beihilfenrechtliche Bewertung nachträglicher Änderungen an den Leistungs-/Gegenleistungselementen einer
Infrastrukturausschreibung, in: Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht
(EWS), 4/2006, Seite 145-150.
Christian
Koenig/Margret
Schellberg,
Strukturvorgaben
für
die
Benutzungsbedingungen für Eisenbahn-Serviceeinrichtungen gem. § 10 I 1
EIBV, in: InfrastrukturRecht (IR), 4/2006, Seite 84-86.
Christian Koenig/Margret Schellberg/Kristina Schreiber, UnbundlingRegulierung im Eisenbahnsektor, in: Wirtschaft und Wettbewerb (WuW),
10/2007, Seite 981-994.
Koenig, Christian/Hasenkamp, Christopher, „EG-beihilfenrechtskonforme
Unternehmensbewertung“, in: DVBl 21, Köln: Wolters Kluwer Deutschland
Verlag, 2008: 1340 ff.
Christian
Koenig/Christopher
Hasenkamp,
Die
Vorgaben
des
Diskriminierungsverbotes und des Gebotes der Vermeidung von Preis-KostenScheren für die Entgeltgestaltung des Marktbeherrschers im Postsektor, in:
Wirtschaft und Wettbewerb (WuW), 6/2011, Seite 601-610.
Christian Koenig, Bindung nationaler Gerichte an Kommissionsbeschlüsse zur
Eröffnung des förmlichen Beihilfeprüfverfahrens, in: Europäisches Wirtschaftsund Steuerrecht (EWS), 1/2014, Seite 1.
Christian Koenig/Beate Förtsch, Gilt die Wende des BGH in seiner EUbeihilfenrechtlichen Nichtigkeitsrechtsprechung auch öffentlichen Garantieübernahmen? in: Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (EWS), 2/2014,
Seite 61-67.
125
Master of European Studies (MES) – Class of 1999
Master of European Studies (MES) – Class of 2000
Master of European Studies (MES) – Class of 2001
Master of European Studies (MES) – Class of 2002
Master of European Studies (MES) – Class of 2003
Master of European Studies (MES) – Class of 2004
Master of European Studies (MES) – Class of 2005
Master of European Studies (MES) – Class of 2006
Master of European Studies (MES) – Class of 2007
ZEI Summer Academy in Comparative Regional Integration 2007
Master of European Studies (MES) – Class of 2008
Master of European Regulation of Network Industries(MERNI) – Class of 2008
ZEI Summer Academy in Comparative Regional Integration 2008
Master of European Studies (MES) – Class of 2009
Master of European Regulation of Network Industries(MERNI) – Class of 2009
ZEI-ECOWAS Academy in Comparative Regional Integration 2009
Master of European Studies (MES) – Class of 2010
Master of European Regulation of Network Industries (MERNI) – Class of 2010
ZEI Summer Academy in Comparative Regional Integration, 2010
Master of European Studies (MES) – Class of 2011
Master of European Regulation of Network Industries (MERNI) – Class of 2011
ZEI Summer Academy in Comparative Regional Integration 2011
Master of European Studies (Governance and Regulation) – Class of 2012
Master of European Studies (Governance and Regulation) – Class of 2013
Master of European Studies (Governance and Regulation) – Class of 2014
Master of European Studies (Governance and Regulation) – Class of 2015
Bildlegenden
Master of European Studies (MES) – Class of 1999
Karen Carstens, Stefan Gänzle, Carsten Geburtig, Andreas Thomas Geiger,
Berthold Hoffmann, Martin Kagel, Stephan König, Volodymyr Kukhar, Ashley
Maxon, Ann Mettler, Jo-Ann Ong, Christiane Schleithoff, Katharina von
Schnurbein, Maya Voynova, PD Dr. Stefan Fröhlich, MES-Koordinator
Master of European Studies (MES) – Class of 2000
Angela Bajramovic, Mengning Chen-Schwetz, Marta Fiorencis, Maria
Gaitandjieva, Alina-Alexandra Georgescu, Jordi Gomez Jimenez, Ermir I.
Hajdini, Alexandra Halpern, Heike Hennemann, Virginia Horstmann, Saulius
Lukas Kaleda, Toni Luksic, Honor Mahony, Sibel McGee, Holger Moroff, Kirill
Osyatinski, Xavier De Polignac, Andrea Powell, Fabian Seiderer, Will F.
Stephens, Jadranca Tadic, Anna Titkova, Heiner Walbaum
Master of European Studies (MES) – Class of 2001
Ypek Aynuksa, Frederik Becher, Tomislav Belovari, May Brüggemann, Karlo
Culo, Michelle Daley, Matthew Downey, Tatjana Filipova, Elisabeth Glas,
Sylwia Golonka, Seyda Hanbay, Lars Kindervater, Rolf Peter, Julia Pilgrim,
Shamal Ratnayaka, Bernd Schumacher, Karlis Svikis, Alina Tanasescu
Master of European Studies (MES) – Class of 2002
Stefan Brost, Viktor Dovhan, Esther Fittinghoff, Johannes Hanfland, David
Hartstone, Glori Husi, Samia Kabariti, Maria A. Kapustina, Saban Kardas,
Rainer Lückheide, Boris Mesaric, Antonio Milososki, Rebeca Neumann
Monteiro, Narcisa Poturak, Dejan Siljanovski, Jan Sötebier, Zeynep Uruk
Gülcin, Robert Velikonja, Alena Vysotskaya, Domen Zadravec, Dr. Cordula
Janowski, MES-Koordinatorin
Master of European Studies (MES) – Class of 2003
Maria Barlou, Markus Brock, Olga Cajide Doval, Marisol Cárcamo Crespo,
Susan Lynn Cheyne, Rebecca Anne Clark, Damir Davidovic, Ketil Magnus
Dokset, Justin James Earl, Ulrike Ellmann, Oliver Carsten Füg, Sujata Ghorai,
Slobodanka Goseva, Iwona Hamulecka, John Earl Hasler, Anton Horshkov,
YukiItakura, Julia Keutgen, Martina Kuhlmann, Suyoung Lee, Christine
Melchert, Shogo Ohira, Florian Osterloh, Vladimir Pavicevic, Frederick James
Pfarrius, Svetoslav Pintev, Rastislav Prokopic, Andreas Seip, Kaoru Shimizu,
Ksawery Filip Sommerfeld, Tristan Suffys, Max Wirsching
Master of European Studies (MES) – Class of 2004
Christel Bade Rubio, Caroline Blanchard, Pavol Borovsky, Monika Botz, Núria
Solana Dalmau, Céline Agnès Domecq, Stephanie Ducreux, Katrin Fuhrmann,
Christoph Gammler, Anita Jasnos, Eva Jeslínkóva, Chol Nam Jong, Branislav
Karadzic, Serah Kekeç, Linda Kopecká, Gabriel Miedzianowski, Ksenija
Milivojevic, Nilufer Mirel, Michael Mizhinski, Vasko Naumovski, Robert
Olma, Aurora Quesada Hernández, Ashkaan Rahimi, Ung Chol Ri, Joseph M.
Sandor, Ana Sentis-Roqué, Patrick Schäfer, Zsófia Sipos, Bianca Cornelia
Sokola, Jobst-C. Wellenkamp, Martin Zimmek, Prof. Dr. Matthias Winiger,
Rektor der Universität Bonn, Dr. Hartmut Ihne, ZEF/ZEI Geschäftsführer
Master of European Studies (MES) – Class of 2005
Eva Maria Ares Alvarez, Ali Aybey, Annamaria Bonnici, Ayse Celenk,
Nickolaos Chasiotis, Gueorgui Dimitrov, Henning Fahland, Anna Karin Hedin,
Fabian Kaiser, Susanne Kiefer, Nenad Koprivica, Christian Krappitz, Laetitia
Kraus, Kristina Kurze, Kostadin Kus Ivanov, Young Hee Lee, Wei-Chieh Lin,
Maria Listrovaia, Marisa Mac Isaac, Alexandra Mihai, Johannes Noack,
Zübeyde Öztürk, Aa Plecas, Eduardo Quintana Pacheco, Daniella Schneider,
Katherine Simpson, Lubos Slovak, Dane Taleski, Erman Topcu, Christian
Weitzel
Master of European Studies (MES) – Class of 2006
Anke Barnewold, Marvin Cuschieri, Mladen Dragasevic, Nina Eschke, Manasi
Shailaja Gopalakrishnan, Anna von Groote, Anna Holl, Martina Jüttner, Myong
Chol Kim, Brenda Kramer, Olga Laletina, Irina Leonenko, Fabian Lohne, Oliver
Lorenzen, Thomas Malick, Liesa Naumann, Velyana Nickolova, Elif
Özkaragöz, Mariyana Radeva, Song Ho Ryang, Valdet Sadiku, Kristina
Saikeviciutè, Onur Saylan, Christiane Sieveking, Arnar Sigurdsson, Inga
Skucàitè, Eunsi So, Luca Tagliaferro, Christiana Tings, Zeynep Turhalli,
Kalman Varga, Catalina Villegas, Prof. Dr. Wolfgang Löwer, Prorektor der
Universität Bonn
Master of European Studies (MES) – Class of 2007
Mareike Ahrens, Matthieu Bertrand, Inga Maria Buchkremer, Chi Lun Chung,
Elisabeth Cousin, Marie-Pascale Doré, Marie-Thérèse Irmgard Fuchs, Codruta
Maria Guran, Katharina Heiß, Radko Hokovsky, Peter Hughes, Stephanie
Jensen, Karnchanok Khunmuang, Jens Koslowsky, Göksel Kuslu, Konstantina
Lakafosi, Lina Li, Tatjana Manne, Joseph Anthony McHale, Ghislain Nicolas,
Anja Petri, Nadja Maria Podzimek, Djordje Popovic, Julija Postolova, Denis
Presova, Nadina Roncevic, Türkay Sipahi, Aleksander Trivic Lovcanski, Ioannis
Tsantoulis, Dervis Fikret Ünal
ZEI Summer Academy in Comparative Regional Integration 2007
Olga Konyo Addo, Florencia Antia, Walter J. Alexander, Tricia Barrow, Tamian
Beckford, Yldiz Beighle , Sherwin Bridgewater, Natalia Carrau, Norma Cerrato,
Fabiano Corrêa, Alvaro Cuadros, Rizki Damayanti, Jessica Jones, Faith
Chimwemwe Kazembe, Phyo Win Latt, Dr. Nelson Magbagbeola, Larona
Makgoeng, Stephen Oswald Maluka, Augustine Madigora, Allister Mounsey,
Mauren Navarro, Jean Emile Nkiranuye, Gbadebo Odularu, Andrianaivo Régis
Rakotomanana, Mercedes Retamoso, Ximena Romero, Beatriz Véliz Argueta,
Karma Wangchuck, Ruth Hieronymi, Mitglied des Europäischen Parlaments,
Prof. Dr. Matthias Winiger, Rektor der Universität Bonn
Master of European Studies (MES) – Class of 2008
Diana Amado, Tobias Buchmann, Aurore Colella, Lili Deyanova, Michaela
Dienhart, Hristina Dojcinova, Laura Flamm, Ewelina Gulbinowicz, Soo-Yeon
Laura Jin, Niall Judge, Claus Königs, Elodie Lafitte, Anke Müller, Anna
Niemann, Deniz Özgür, Cristina-Gabriela Prata, Robert Richter, Claudia Roese,
Annette Rothfuß, Sonja Ana Luise Schröder, Fabio Speciale, Milos Stanojevic,
Maria Zofia Staszkiewicz, Filip Tosevski, Ana Maria Trias López, Meredith
Catherine Tunick, Vladimir Varavkin, Denise von der Osten, Oguzhan
Yanarisik, Wan Tung Perlie Yu, Tabea Leibbrand, MES-Koordinatorin
Master of European Regulation of Network Industries (MERNI) – Class of
2008
Sonja Fechtner, Johanna Renee Hermann, Georgios Iliopoulos, Lea Jaletzke,
Vasilios Kempapsis, Fabian Kohlhof, Alexandra Kryaneva, Philip Maessoumi,
Müge Özercan Pasaoglu, Mehmet Omur Pasaoglu, Maria Serrano Prados,
Suobin Wang, Katharina Wenzel, Pinar Yildizhan, Gabriela Zaujecova,
Francisco Marcos Zorrilla Mateos
ZEI Summer Academy in Comparative Regional Integration 2008
Athanase Atannon, Chrysantus Ayangafac, Michelle Cave, JB Cronje, Antony
Dawson D’Silva, Daouda Fall, Liwaaddine Fliss, Luciana Victoria Gil, Alvaro
García Otorola, Monica Hangi, Chaminda Hettiarachichi, Ibi Ikpoki, Apronius
Mbilinyi, Marcelo Mondelli, Ambassador Onoja, Damián Paikin, Bala Kumar
Palaniappan, Milward Tobias, Safari Vincent, Ruilei Xing, María Emilia
Yugovich Medina, Wiebke Drescher, Ariane Kösler, Alexander Graf
Lambsdorff, Mitglied des Europäischen Parlaments
Master of European Studies (MES) – Class of 2009
Genevieve Baer, Hana Balajková, Anina Bubek, David Coelho, Emanuela
Dimova, Sebastian Ehreiser, Stefanie Forster, Courtney Foster, Carola
Gegenbauer, Erato Georgakopoulou, Karolina Grzyb, Itai Keshet, Emmanuelle
Maddocks, Inaki Maillard, Ronan McGee, Adrian Nicolae, Alexandra Pan,
Charlotte Poigné, Stefanie Röttger, Dalibor Rogan, Ana-Violeta Sacaliuc, Frank
Schiller, Sabine Stang, Daniela Stoycheva, Boyan Tanev, Réka Török, Tammy
Tsoi, Ana Iuliana Varvara
Master of European Regulation of Network Industries (MERNI) – Class of
2009
Markus Backes, Wan-Ting Chang, Georg Clemens, Lukas Ernst, Madhab Raj
Ghimire, Christopher Hasenkamp, Zakinos Koen, Florian König, Vasileios
Ioannis Koukoulkis, Isabel Orland, Manuel Gerardo Orta Nino, Vagia Danai
Panaopoulou, Ying Song, Ana Maria Trias Lopez
ZEI-ECOWAS Academy in Comparative Regional Integration 2009
Mouhamed Assani, Kalifa Sougue, Bouréhima Ould Aidara, Belarmino
Monteiro Silva, Nana Antwiwaa Dodoo, Alpha Yaya Diallo, Vicente
Poungoura, Salhatou Amani, Felix Y. Pwol, James Freeman, Kassah Traoré
Zouréhatou, Dr. Cheick Abdel Kader Dansoko, Dr. Daouda Fall, Dr. Jonas
Dedou P. Hemou, Essien Abel Essien, Gaspard Akou Adjogou, Alexander Graf
Lambsdorff, Mitglied des Europäischen Parlaments, Prof. Dr. Matthias Winiger,
Rektor der Universität Bonn, Prof. Dr. Paul L. G. Vlek, ZEF Direktor
Master of European Studies (MES) – Class of 2010
Adaku Apugo, Johannes Böhmer, Kicheon Choi, Sandra Dennis, Valentina
Andreea Dimulescu, Ana Dobrosavljevik, Chiara Donadoni, Burak Erdinç,
Alena Falathová, Ana Isabel Ferreira da Silva, Patricia Fontaneda, Martine
Fulbert, Enzhe Finaisovna Gareeva, Phillip Green, Juan Carlos Iniesta
Corbacho, Margaux Laspeyres, Martin Lerch, Ka Wai David Wilck Leung,
Parul Lihla, Susana Lin, Denise Martins Silveira, Christina Osusky, Blanka
Regeny, Claudia Rommel, Angélique Solomonides, Lorenzo Torti, Nikola
Zivkovic, Günther Oettinger, EU Kommissar, Jürgen Nimptsch,
Oberbürgermeister Bundesstadt Bonn, Prof. Dr. Günther Schulz, Dekan der
Philosophischen Fakultät der Universität Bonn
Master of European Regulation of Network Industries (MERNI) – Class of
2010
Leticia Anoro Falcon, Arman Bekbergenov, Cong “Sharon” Du, Isabelle Grohe,
Alper Emre Güler, Cosmas Jacobi, Jian Jiang, Manuel Monteiro, Pablo A.
Morales Andrade, Seong-Eun Oh, Yvonne Trauschies, Eveline Visbeck, Cord
Wiesner, Axel Voss, Mitglied des Europäischen Parlaments
ZEI Summer Academy in Comparative Regional Integration, 2010
Edgar Juan Saucedo Acosta, Pedro Baez, Roshene S. Betton, Corinna Frances
Cabanilla, Samantha Chaitram, Martin Aqutime Gnouleleng Edjabou,
Atembeshu Miranda Fondem, Daniel Walusako Wycliffee Ghambi, Emmanuel
Dieudonné Kam Yogo, María Noel López, Silvana Soledad Loto, Ernesto
Orlando Calderón Moscoso, Denise Yoshie Takahashi Obara, Carlos Nahuel
Oddone, Daniela Perrotta, Emanuel Porcelli, Rafael Reis, Shakti Prasad
Srichandan, Muhammad Ajistra Suleiman
Master of European Studies (MES) – Class of 2011
Natan Albahari, Anders Arvidsson, Jan-David Blaese, Orce Bonev, Mila
Brnovic, Ianire Cobeaga Belausteguigoitia, Colin Coté, Ahlam Elyassir,
Caroline Eriksson, Isabel Fienhold, Nora Fritzsche, Fangfang Gao, Béatrice
Geiger, Iwo Hidzow, Desislava Kraleva, Liudmila Myachkova, Joachim T.
Nyingo, Elisabeth Reichetseder, Dominique Roch, Tomaš Rovak, Astar Sobol,
Katia Taipale, Carina Waidhofer, Theresa Wiesböck, Malte Tim Zabel, Prof. Dr.
Ryszard Rapacki, Warsaw School of Economics, Prof. Dr. Jürgen Fohrmann,
Rektor der Universität Bonn
Master of European Regulation of Network Industries (MERNI) – Class of
2011
Rajendra Antony, Volker Bache, Jude Callistus Chukwurah, Juan Carlos Iniesta
Corbacho, Franz A. Wenzel, Ioanna-Despoina Mersinia, Aminath Shazlee
Mohamed
ZEI Summer Academy in Comparative Regional Integration 2011
Shreya Pandey, Guy Marcel Nono, Norberto Pontiroli, Michel
Ndaykengurukyie, Daniel Yeboah, Zumrad Sagdullaeva, Rafael Antonio
Delagado, Lena Le, Mona Greer, Jiuan Zhang, Shirley Medina-Jimenez, María
Inés Avelino, Natasha Sune, Carolina Albuquerque, Ricardo Luís Paixao, Aline
Muller, Carla Aragao, Valeria Elizabeth Novak, Mariano Nascone, Axel Voss,
Mitglied des Europäischen Parlaments
Master of European Studies (Governance and Regulation) – Class of 2012
Muratcan Akel, Deniz Akku, Monica Genoveva Albrecht, Danijar Amat, Hana
Bartakova, James Nicholson Bowers, Minkook Choi, Pukhraj Choudhary, Erna
Daskewitsch, Olimpia Dumitru, Johann Fehling, Viola Huth, Hivin Jabo, Li
Jiang, Nenad Kovacevic, Dorota Kozubovska, Bing Li, Ana Mikacic, Marie
Sophie Ruth Quecke, Eduard Rehl, Juliane Roth, Jana Sadirov, Oscar Sandoval,
Anna-Lena Schröder, Flandra Syla, Normann Teja Teufel, Pagona
Tsormpatzoudi, Marko Vujacic, Sally Watkins, Sarah Jane Wing, Boban Žuni,
Marc Jan Eumann, Staatssekretär im Ministerium für Bundesangelegenheiten,
Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen, Wiebke Drescher, MESKoordinatorin
Master of European Studies (Governance and Regulation) – Class of 2013
Walid Barakat, Relja Bozic, Petru Butmalai, Tanguy Danzé, James Dittrich,
Grísel Fernández Ángel, Kamo Gabrielyan, Julius Nadeem Gill, Risto Gjorgjiev,
Yasen Gyurov, Raija Hawly, Max Jan Kemperink, Erika Ruth Koerner, Khamini
Kordes, Maja Kranjc, Emine Bengi Lostar-Özdemir, Valeria Petaeva, Óscar
Rodríguez Fernández, Marion Schlotmann, Elvana Tafilaku, Branko Vucinic,
Christina Wunder
Master of European Studies (Governance and Regulation) – Class of 2014
Anja Abramovic, Nasima Akaloo, Michael Amoah Awuah, Grigoriani
Bougatsa, Kevin Butkovsky, Annabel Ruth Edevbie, Sarah Gansen, Anna
Francesca Giachin, Johanna Leufke, Julian Wilhelm Marenbach, Yasemin
Mentes, Dragan Momilovi, Thomas Panayotopoulos, Deepak Raj Pandaya,
Adam Ryckaert, Robert Stüwe, Tornike Sulaberidze, Kate Tian, Micol Visciano,
Mirsad Vitia, Silvia Vlasseva
Master of European Studies (Governance and Regulation) – Class of 2015
Hacer Merve Ayvaz, Christina Bonhoff, Federico Bowen, Marina Bulatovic,
Lamin Dampha, Seydi Ababacar Diop, Caleb Fagade, Liudmila Fisciuc, Dennis
Flück, Maria Kapiniaris, Sabine Klasen, Balázs Kubinszky, Aliaksandra Liakh,
Carla Manzanas Parra, Sasa Mester, Carolin Pütz, Hannah Radzko, Matteo
Scotto, Guillermo Sulub, Ekaterina Tumanyan, Nikola Veselinovic,
JulijaVitanova
III. Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
1.
Geld- und Fiskalpolitik
1.1 Der Weg zum Euro
1.2 Geldpolitik in der Euro-Zone
1.3 Fiskalpolitik
2.
Wirtschaftspolitik
2.1 Wettbewerb und wirtschaftliche Konvergenz in der EU
2.2 Arbeitsmarktpolitik
3.
Regional- und Strukturpolitik
3.1 Regionale Zusammenarbeit in der EU
3.2 Regionalpolitik im Kontext der EU-Osterweiterung
127
III. Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU)
Der angestrebte wirtschaftliche Zusammenschluss der EU-Länder ist seit den
Römischen Verträgen von 1957 immer weiter vorangeschritten. Heute gründet
der Binnenmarkt auf den mit dem Vertrag von Maastricht (1992) eingeleiteten
Prozessen, die zur Schaffung der Europäischen Zentralbank (EZB) und ab dem
1. Januar 2002 zur gemeinsamen europäischen Währung – dem Euro – geführt
haben. Alle 28 EU-Mitgliedsstaaten sind Teil der Wirtschaftsunion. Stärker
durch eine gemeinsame Währung integriert sind davon die 19 Mitglieder, die
unterdessen die Euro-Zone bilden.
129
1.
Geld- und Fiskalpolitik
Im Vertrag von Maastricht wurden 1992 die Grundregeln für die Einführung des
Euro festgelegt. Am 1. Januar 1999 wurde der Euro zunächst als „unsichtbare“
Währung zur Kontoführung eingeführt. Das Euro-Bargeld geriet ab dem 1.
Januar 2002 in Umlauf. Die Verantwortung für die Geldpolitik teilen sich seit
der Einführung des Euro die zu diesem Zweck neu gebildete Europäische
Zentralbank (EZB) und die nationalen Zentralbanken der Mitgliedsstaaten. Die
Einführung des Euro hat zu einer erheblichen Vertiefung der finanziellen
Integration der Volkswirtschaften geführt. Seine bislang größte Krise erlebte der
Euro in den Jahren nach der Finanzkrise 2007/2008. Um die gemeinschaftliche
Währung zu schützen, wurde während dieser Zeit eine Reihe von Regelungen
umgesetzt, welche die Struktur der Europäischen Währungsunion veränderten.
Ab 2015 gehören 19 EU-Mitgliedsstaaten der Euro-Zone an. Aufgrund der
hohen Staatsschulden einiger EU-Mitgliedsländer wurde im Jahr 2011 der 1997
eingeführte Stabilisierungs- und Wachstumspakt weiterhin reformiert und 2012
um den Fiskalpakt ergänzt. Der Fiskalföderalismus der EU beruht auf
intergouvernmentalen Entscheidungsfindungen. Zwar finden Transfers durch
Rettungsmechanismen statt, aber im Gegenzug muss sich der Schuldnerstaat
strengen Regeln unterwerfen.
1.1 Der Weg zum Euro
x Die wirtschaftswissenschaftlichen Forschungen des ZEI standen ganz
erheblich unter dem Einfluss des nahenden Beginns der Europäischen
Währungsunion (EWU). Eine erste, kritische Fragestellung lag in dem Problem
der Umstellung der nationalen Währungen auf den Euro zu Beginn der
Währungsunion. Die vertraglichen Bestimmungen hatten diese Frage nicht
hinreichend beantwortet. Ziel des Konversionsverfahrens musste es sein, im
Vorlauf der Währungsunion spekulative Wechselkursbewegungen und Krisen
möglichst zu vermeiden und gleichzeitig den grundlegenden ökonomischen
Bedingungen Rechnung zu tragen.
Anfang 1997 erarbeitete ein Team von Ökonomen gemeinsam mit ZEI Direktor
Prof. Dr. Jürgen von Hagen, eine Lösung für dieses Problem. Grundlage dieser
Lösung war die Ankündigung der Konversionskurse bereits weit im Vorfeld des
Beginns der EWU, um die Erwartungen der Marktteilnehmer hinreichend zu
verankern. Die Glaubwürdigkeit dieser Ankündigung sollte auf Basis der
ökonomischen Angemessenheit der Kurse und der Elimination jeglichen
Spielraums für politische Manipulationen kurz vor dem Start der EWU gesichert
131
werden. Die Erfahrungen des Europäischen Währungssystems hatten hingegen
gezeigt, dass enge Wechselkursbänder letztlich destabilisierend wirken, da sie
fast risikofreie Spekulation ermöglichen. Der Vorschlag dieses Teams wurde
von den Regierungen der EWU Teilnehmerländer im Sommer 1997 aufgegriffen
und bildete die Grundlage für das erfolgreiche Konversionsverfahren.
Jürgen von Hagen/Charles Wyplosz/David Begg/Francesco Giavazzi, Getting
the End-game Right, Monitoring European Integration, Vol. 7, London: Center
for Economic Policy Research (CEPR), 1997; übersetzt als „Moneta unica
europea“, in: Il Mulino, Bologna, 1997.
x Mit dem Beginn der Währungsunion in Europa hat die Europäische
Zentralbank die Verantwortung für die Geldpolitik übernommen. Die Erfahrung
zeigte, dass eine erfolgreiche Geldpolitik auf dem Vertrauen der Gesellschaften
in die Stabilität der Währung beruht und dass eine Zentralbank dieses Vertrauen
durch ständige Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern fördern muss.
In der neuen Währungsunion war diese Kommunikation zunächst schwierig, da
es eine formierte öffentliche Meinung in der Währungsunion nicht gab. Die
Zentralbank kann zwar mit der Finanzpresse im Gespräch stehen, deren
Aufmerksamkeit liegt aber auf den ganz kurzfristigen Entwicklungen, auf die es
für eine erfolgreiche Geldpolitik letztlich nicht ankommt. Angesichts dieser
Schwierigkeiten entwickelte das ZEI im Jahr 1998 das Konzept eines EMUMonitors. Federführend hierbei waren ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen
und Prof. Dr. Manfred Neumann, Universität Bonn. Der EMU Monitor bestand
aus einer Gruppe von europäischen Makroökonomen, die zweimal jährlich zur
Geldpolitik der EZB öffentlich Stellung bezog. Angesichts der Tatsache, dass es
auf europäischer Ebene keine formierte öffentliche Meinung gab, war es Ziel
des EMU Monitors, durch seine Stellungnahmen zu einer informierten
öffentlichen Debatte über die Geldpolitik beizutragen. Die Stellungsnahmen und
Analysen des EMU Monitors wurden in Arbeitspapieren des ZEI und im
Internet veröffentlicht.
Jürgen von Hagen/Manfred Neumann, Entwurf für eine europäische Geld- und
Währungspolitik, in: Kredit und Kapital, Beiheft 14, Berlin: Duncker und
Humblot Verlag, 1998.
x Zu den wichtigen Grundlagen der Geldpolitik gehört die Stabilität der
Geldnachfragefunktion. Dr. Bernd Hayo, Senior Fellow am ZEI, veröffentlichte
dazu eine empirische Studie, die erstmals eine Geldnachfragefunktion für die
gesamte EWU schätzte. Ein zentrales Ergebnis dieser Studie war, dass die
Geldnachfrage hinreichend stabil ist, um eine geldmengenorientierte Geldpolitik
132
zu rechtfertigen. Dies unterstützte die Forderung des „EMU Monitors“ nach
einer deutlicheren Ausrichtung der Geldpolitik an dem „monetären
Referenzwert“ der EZB.
Bernd Hayo, Estimating a European Demand for Money, in: Scottish Journal of
Political Economy, 46 (3), Oxford: Blackwell, 1999, 221-244.
x Im Rahmen des Forschungsprojektes „Funktionsweise von Transfermechanismen“ befassten sich Wirtschaftswissenschaftler des ZEI mit der Frage,
ob eine Währungsunion, wie sie die EU inzwischen verwirklicht hat, ein System
von horizontalen und vertikalen Transfers nach dem Muster des deutschen
Finanzausgleichs benötigt, um ohne größere Schwankungen von Beschäftigung
und Output in den einzelnen Mitgliedsstaaten mit sogenannten asymmetrischen
Schocks, also divergierenden zyklischen Entwicklungen umgehen zu können.
Bisher fehlte eine empirische Analyse des deutschen Finanzausgleichs aus
diesem Blickwinkel, ein Mangel, der umso gravierender war, da das deutsche
System häufig als Vorbild für eine europäische Lösung erachtet wurde. ZEI
Senior Fellow Ralph Hepp und ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen
lieferten in einem gemeinsamen Arbeitspaper 2000 eine derartige Analyse. Sie
zeigten, dass der deutsche Finanzausgleich kaum als ein Versicherungsmechanismus der Volkswirtschaften der Euro-Länder gegen asymmetrische
Schocks erachtet werden kann. Dagegen lieferte der deutsche Finanzausgleich
eine perfekte Versicherung der Länderhaushalte.
Jürgen von Hagen/Ralf Hepp, Regional Risk Sharing and Redistribution in the
German Federation, ZEI Working Paper, B15/2000.
x Eine gemeinsame Konferenz des ZEI mit der Europäischen Zentralbank
(EZB), der Deutschen Bundesbank und der Spanischen Nationalbank im Herbst
2000 war der Analyse von geldpolitischen Instrumenten der EZB gewidmet. Die
Beiträge zu dieser Konferenz behandelten unterschiedliche Aspekte der
„Repurchase Operations”, des wichtigsten offenmarktpolitischen Instruments
der EZB. Theoretische Beiträge zu dieser Konferenz lieferten Analysen der
Auktionsverfahren, die die EZB bei diesen Operationen anwendete. Diese
zeigten, dass der von der Zentralbank präferierte Zinstender aus ökonomischer
Sicht ineffizient ist. Empirische Untersuchungen, die bei der Konferenz
vorgetragen wurden, lieferten erste Ergebnisse zur Funktionsweise des
Geldmarkts im Euroraum.
Jürgen von Hagen (ed.), Central Bank Operations – Auction Theory and
Empirical Evidence, in: Journal of International Money and Finance, Special
Issue, Vol 20, No. 6, Amsterdam/München: Elsevier Verlag, November 2001.
133
x Perspektiven des Fiskalischen Föderalismus standen im Mittelpunkt eines
gemeinsamen Forschungsprojekts über „Regional Insurance Mechanisms in the
European Monetary Union“ von Prof. Dr. Kenneth Kletzer, University of
California at Santa Cruz, und ZEI-Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen. Ihre
gemeinsame Arbeit „Monetary Union and Fiscal Federalism“ diskutierte im Jahr
2000 die volkswirtschaftlichen Aspekte eines horizontalen Finanzausgleichs
zwischen den Teilnehmerstaaten der Währungsunion. Die Analyse zeigt, dass
ein horizontaler Finanzausgleich in der Lage ist, regionale Beschäftigungsschwankungen zu dämpfen. Dennoch bestand die Gefahr, dass ein solcher
Mechanismus sich wirtschaftlich schädlich auswirken würde, da er nicht
zwischen unterschiedlichen Ursachen von Beschäftigungsschwankungen
diskriminieren kann. Die Arbeit entstand als Teil des Forschungsprojekts der
UN Universität über die weltwirtschaftliche Bedeutung der EWU und wurde im
Rahmen dieses Projekts publiziert.
Jürgen von Hagen/Kenneth Kletzer, Monetary Union and Fiscal Federalism, in:
Wyplosz, Charles (eds.), The Impact of EMU on Europe and the Developing
Countries, Oxford: Oxford University Press, 2001.
x Die wissenschaftliche Analyse der Wirksamkeit und Auswirkungen
fiskalpolitischer Regeln wie der Defizit- und Verschuldungsgrenzen in der
europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWU) und fiskalpolitischer
Institutionen ist noch recht jung, hat sich aber rasch und dynamisch entwickelt.
Arbeiten des ZEI haben dazu erhebliche Impulse geliefert. Zu den bereits im
Vorfeld der EWU und seither besonders heftig diskutierten Fragen gehörte die
Gestaltung der Fiskalpolitik der Mitgliedsländer in der Währungsunion. Die
besonders in Deutschland vorherrschende Sorge, dass die Währungsunion zu
mangelhafter fiskalpolitischer Disziplin der Regierungen führen könnte und die
dadurch steigende Staatsverschuldung Inflation verursachen würde, führte in der
Vorbereitung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWU) zur
Aufnahme der „no-bail-out” Klausel (Art. 104b Maastrichter Vertrag) und des
„Verfahrens bei übermäßigen Defiziten”. Die darin enthaltenen Bestimmungen
zur Sicherung der fiskalischen Disziplin wurden anschließend durch den
„Stabilitäts- und Wachstumspakt” noch weiter verstärkt. Eine interdisziplinär
zwischen den Politikwissenschaften und den Wirtschaftswissenschaften
angelegte Studie über fiskalpolitische Regeln erstellten ZEI Senior Fellow Dr.
Rolf Strauch, Dr. Mark Hallerberg, University of Pittsburgh, und ZEI Direktor
Prof. Dr. Jürgen von Hagen im Jahr 2000 im Auftrag des Niederländischen
Finanzministeriums. In dieser Studie ging es primär um Verfahren der
134
Implementierung fiskalpolitischer Ziele und Richtwerte in den Mitgliedsstaaten
der Währungsunion. Auch diese Studie zeigte deutlich die Unterschiede in der
fiskalpolitischen Disziplin zwischen den großen und den kleinen
Mitgliedsländern der EWU. Während die kleinen Länder inzwischen detaillierte
Regeln erarbeitet und implementiert haben, die die Einhaltung ihrer
Stabilitätsprogramme auch in Zeiten schwacher wirtschaftlicher Entwicklung
weitgehend sichern, besteht bei den großen Ländern ein deutlicher Mangel an
solchen Verfahren. Dies deutete daraufhin, dass die Regeln des Stabilitäts- und
Wachstumspaktes in diesen Ländern nicht ausreichend ernst genommen wurden,
eine Tendenz, die sich in der mangelhaften fiskalischen Disziplin dieser Länder
seit Beginn der Währungsunion niederschlägt.
Mark Hallerberg/Rolf Strauch/Jürgen von Hagen, The Design of Fiscal Rules
and Forms of Governance in European Union Countries, in: European Journal
of Political Economy, Vol. 23, No. 2, Amsterdam/München: Elsevier Verlag,
2007, 338-359.
x Die Bedeutung von Finanzderivativen für die Wirksamkeit und
Gestaltung der Geldpolitik war Gegenstand der Untersuchungen von ZEI Junior
Fellow Ingo Fender. Er fand anhand theoretischer Analysen heraus, dass die
stürmische Entwicklung der Verwendung und des Handels von Finanzderivativen tendenziell die Wirkung geldpolitischer Maßnahmen auf
Beschäftigung und reales Güterangebot schwächt. Die geldpolitische
Konsequenz ist, dass sich die Zentralbank in dem Umfeld moderner
Finanzmärkte stärker auf das mittelfristige Ziel der Preisstabilität konzentrieren
sollte.
Ingo Fender, Corporate Hedging. The Impact of Financial Derivatives on the
Broad Credit Channel of Monetary Policy, BIS Working Paper, No 94, Basel:
Bank for International Settlements, 2000.
Ingo Fender, The Impact of Corporate Risk Management on Monetary Policy
Transmission. Some Empirical Evidence, BIS Working Paper, No 95, Basel:
Bank for International Settlements, 2000.
x ZEI Senior Fellow Matthias Brückner und ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen
von Hagen forschten 2001 in ihrer gemeinsamen Arbeit „Monetary Policy in
Unknown Territory: The European Central Bank in the Early Years“ über die
Geldpolitik der EZB in den ersten Jahren. Sie analysierten ausführlich die
„Zwei-Säulen-Strategie“ der EZB mit dem Ergebnis, dass es sich dabei weder
um eine verdeckte Geldmengensteuerung noch um eine verdeckte Ansteuerung
einer Inflationsprognose handelte. Letzteres wird unter dem Stichwort „Inflation
135
Targeting“ in der neueren Literatur propagiert und von vielen Seiten als
strategische Ausrichtung von der EZB gefordert. Die EZB verfolgte in ihrer
Strategie kein Zwischenziel, sondern versuchte, durch geldpolitische
Maßnahmen unmittelbar die Inflationsrate zu kontrollieren. Die Autoren kamen
abschließend zu dem Schluss, dass die mangelnde Transparenz der Geldpolitik
der EZB unter anderem durch institutionelle Faktoren erklärt werden kann: Die
fehlende Festlegung auf ein eindeutiges Zwischenziel oder eine geldpolitische
Regel stärke die Position des Direktoriums gegenüber den nationalen
Zentralbankpräsidenten im EZB-Rat. Angesichts der zu vermutenden
Unterschiede in den geldpolitischen Vorstellungen der nationalen
Zentralbankpräsidenten mag dies im Ergebnis zu einer konsistenteren
Geldpolitik führen.
Jürgen von Hagen/Matthias Brückner, Monetary Policy in Unknown Territory.
The European Central bank in the Early Years, ZEI Working Paper, B18/2001.
x Am 14. Januar 2002 sprach der ehemalige Bundeskanzler und Ehrenbürger
Europas Helmut Kohl im Rahmen eines „ZEI-Europaforums“ über das Thema
„Der Euro und die Zukunft Europas“. „Ein Stück gelebte Identifikation mit
Europa“ – so charakterisierte Helmut Kohl die Einführung des Euro zu Beginn
des Jahres der Einführung der gemeinsamen Währung. Allen Unkenrufen zum
Trotz bedeutete die reibungslose Einführung der neuen Währung „eine tiefe
Zäsur in der europäischen Geschichte“. Die Entscheidung sei definitiv, die
europäische Einigung damit „unumkehrbar“. Gerade die Deutschen hätten daran
aufgrund unserer geographischen Mittellage in Europa größtes Interesse.
Nachdrücklich wies Helmut Kohl die These zurück, mit der Aufgabe der DMark habe er die Wiedervereinigung erkauft. Er erinnerte daran, dass die
wesentlichen Entscheidungen zur Währungsunion bereits deutlich vor dem
deutschen Einigungsprozess getroffen wurden. Er prognostizierte: „In fünf
Jahren wird in London, in zehn Jahren in Zürich mit dem Euro bezahlt“.
Helmut Kohl, Der Euro und die Zukunft Europas, ZEI Discussion Paper,
C103/2002.
1.2 Geldpolitik in der Euro-Zone
x Gemeinsam mit dem Verein „Konstanzer Seminar“ veranstaltete das ZEI
unter der wissenschaftlichen Leitung von ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von
Hagen jährlich stattfindende „Konstanzer Seminare zur Geldtheorie und
Geldpolitik“. Das „Konstanzer Seminar“, das 1970 von Karl Brunner und Alan
Meltzer begründet wurde, ist eine der ältesten europäischen Konferenzen zu
136
diesem Thema. Es bietet ein Forum zur Diskussion aktueller Forschungsarbeiten
und geldpolitischer Entwicklungen zwischen Wissenschaftlern und Vertretern
von Zentralbanken und internationalen Institutionen. Beispielhaft seien erwähnt
die Beiträge des 31. Seminars vom 25. bis 28. Oktober 2000, die sich unter
anderem mit Fragen der Implementierung der Geldpolitik bei Datenunsicherheit
und der Stabilität des internationalen Finanzsystems beschäftigten. Darüber
hinaus erläuterte der Chefvolkswirt der Bank von Ungarn die geldpolitische
Strategie seiner Zentralbank auf dem Weg Ungarns in die Europäische Union.
Vom 14. bis 17. Mai 2002 diskutierten die rund 50 Teilnehmer neue
wissenschaftliche Beiträge zur Geldtheorie und Geldpolitik. Dabei standen
empirische Untersuchungen im Vordergrund. Erstmals wurden auch
Forschungsarbeiten aus den mittel- und osteuropäischen Beitrittsländern
präsentiert. Vom 25. bis 28. Mai 2005 trugen international führende
Wissenschaftler auf dem Gebiet der monetären Makroökonomik neue
Forschungsarbeiten vor. Gastredner der traditionellen Policy-Session war der
Gouverneur der Tschechischen National Bank, Dr. Zdenek Tuma.
x Auf Einladung des ZEI tagte im Mai 2002 das European Monetary Forum
in Cardiff, Wales. Das Forum ist ein Zusammenschluss von führenden
europäischen Wirtschaftswissenschaftlern, die auf dem Gebiet der Geldtheorie
und Makroökonomik arbeiten. Gastredner des Forums war Sir Alan Walters,
langjähriger, führender Berater der englischen Regierung in Währungsfragen.
Die Beiträge zu dieser Konferenz wurden in einem Tagungsband veröffentlicht.
x Am 21./22. Juni 2002 fand am ZEI die dritte Jahrestagung des Ausschusses
für Makroökonomik des „Vereins für Socialpolitik“ statt. Der Ausschuss setzte
sich zum Ziel, die makroökonomische Forschung in Deutschland auf
internationalem Niveau voranzutreiben und dabei vor allem empirische
Forschung zu fördern. Eine Reihe von Beiträgen stellten Analysen der
makroökonomischen Entwicklungen in der Europäischen Währungsunion vor.
x Am 7./8. Juni 2002 veranstaltete das ZEI gemeinsam mit dem Londoner
Centre for Economic Policy Research eine Tagung zum Thema „Empirical
Models of the Euro Economy“. Diese Tagung war die erste Veranstaltung, bei
der Vertreter großer Wirtschaftsforschungsinstitute sowie der EZB und des IWF
Gelegenheit fanden, ihre makroökonomischen Modelle des Euroraums zu
vergleichen und Erfahrungen mit der Modellierung auszutauschen. Die Tagung
wurde von Prof. Dr. Otmar Issing, Chefökonom der Europäischen Zentralbank
(EZB), mit einem Referat über die Bedeutung ökonomischer Modelle für die
Geldpolitik eröffnet. In den anschließenden Beiträgen diskutierten die Vertreter
137
der wichtigsten Forschungsinstitutionen Unterschiede und Gemeinsamkeiten
ihrer Modellansätze. Grundlage dafür waren Simulationen, die von allen
Modellen ausgeführt und dokumentiert wurden. Die Ergebnisse der Tagung
wurden in einem Sonderheft der renommierten Zeitschrift „Journal of Economic
Modeling“ veröffentlicht.
x In einer Studie für das Bundesfinanzministerium „The Transmission of
Monetary Policy in the European Monetary Union“, die ZEI Direktor Prof. Dr.
Jürgen von Hagen gemeinsam mit den ZEI Senior Fellows Dr. Boris Hofmann
und Prof. Dr. Bernd Hayo sowie Mitarbeitern des Deutschen Instituts für
Wirtschaftsforschung, Berlin, durchführte, untersuchten die Autoren die
Auswirkungen der Geldpolitik der EZB auf die deutsche Volkswirtschaft. Dabei
standen besonders die Fragen im Mittelpunkt, ob die Politik der EZB in
Deutschland restriktiver wirkt als in anderen Ländern der Währungsunion und
ob sich empirisch langfristige Effekte der Geldpolitik auf Beschäftigung und
Produktion nachweisen lassen. Die Studie fand weder für die eine noch die
andere Frage überzeugende empirische Evidenz. Es gab daher keine Anzeichen,
dass das anhaltend langsame Wachstum in Deutschland auf die Geldpolitik
zurückzuführen wäre.
x In einer gemeinsamen Arbeit zum Thema „Monetary and Fiscal Policy in
the European Monetary Union“ beschäftigten sich ZEI Fellow Dr. Matthias
Brückner und ZEI-Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen mit den Erfahrungen der
Staaten der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion mit dem Stabilitätsund Wachstumspakt. Aufbauend auf Studien von ZEI Fellows Dr. Rolf Strauch
und Prof. Dr. Andrew Hughes-Hallett zeigte ihre empirische Analyse, dass eine
erfolgreiche Rückführung der Staatsschuldenquote als Voraussetzung der
Stabilität der gemeinsamen Währung ein genügend hohes reales
Wirtschaftswachstum voraussetzt. EU Staaten, die wie Deutschland in den
letzten Jahren kein ausreichendes Trendwachstum mehr erzielten, machten auch
keine Fortschritte bei der Lösung des Staatsschuldenproblems. Die empirischen
Ergebnisse zeigten, dass ein dauerhaft höheres Wachstum die Rückführung der
Abgabenbelastung des Faktors Arbeit erfordert, sowie eine Umschichtung der
öffentlichen Ausgaben von Sozialtransfers zu investiven Ausgaben. Eine
wesentliche Schwäche des Paktes lag darin, diese Wachstumserfordernisse nicht
ausreichend zu betonen und stattdessen wachstumsfeindliche fiskalpolitische
Strategien zu begünstigen. Die Ergebnisse dieser Studien stellte Prof. Dr. Jürgen
von Hagen bei einer wissenschaftlichen Tagung der Bank von Japan im Juli
138
2002 in Tokyo und bei der Jahrestagung der amerikanischen
Wirtschaftswissenschaftler im Januar 2003 in Washington vor.
Jürgen von Hagen/Matthias Brückner, Monetary and Fiscal Policy in EMU. The
Experience in the Early Years, in: Monetary and Economic Studies, Tokio: Bank
of Japan's Institute for Monetary and Economic Studies (IMES), 2002, 1-31.
x ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen und ZEI Junior Fellow Kerstin
Bernoth untersuchten 2003 in der gemeinsamen Arbeit „The performance of the
Euribor futures market: Efficiency and the impact of ECB policy
announcements“ die Transparenz der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank
(EZB). Anhand von Zinsfutures prüften sie nach, ob geldpolitische Maßnahmen
der EZB von den Finanzmärkten vorhersehbar waren. Die Ergebnisse zeigten,
dass der Euro-Geldmarkt informationseffizient sei. In den ersten zwei Jahren
hatte die EZB offenbar Probleme, ihre geldpolitischen Maßnahmen effektiv
vorhersehbar zu machen. Danach nahm die Evidenz für geldpolitische
Überraschungen ab.
Jürgen von Hagen/Kerstin Bernoth, The Euribor Futures Market: Efficiency and
the Effect of ECB Policy Announcements, in: International Finance, Vol. 7,
Issue 1, Blackwell Publishing Ltd., 2004, 1-24.
x Gemeinsam mit der Ungarischen Nationalbank veranstaltete das ZEI im
Februar 2003 eine Tagung zum Thema „Geld und Währungspolitik der neuen
EU-Mitgliedsländer“. Im Kern der Tagung stand die Debatte über die Vor- und
Nachteile einer Politik fixer Wechselkurse im Rahmen des EWS-2 für die neuen
Mitglieder. Vielfach wurde die Auffassung vertreten, dass die großen Länder in
dieser Gruppe besser eine Politik flexibler Kurse kombiniert mit einem
öffentlich angekündigten Inflationsziel verfolgen sollten, während die kleinen
Länder direkt den Euro einführen sollten. Letzterem steht jedoch die Ansicht der
EZB und der Kommission gegenüber, dass alle neuen Mitglieder den formalen
Regeln des Maastricht-Vertrags gehorchen müssen. Die Ergebnisse dieser
Konferenz, darunter ein Aufsatz von Prof. Dr. Jürgen von Hagen und ZEI Senior
Fellow Dr. Jizhong Zhou, wurden veröffentlicht.
Jürgen von Hagen/Jizhong Zhou, Exchange rate policies on the last stretch, in:
George Szapary/Jürgen von Hagen (eds.), Monetary Strategies for Joining the
Euro, Cheltenham: Edward Elgar, 2004, Seite 41-73.
x Auf Einladung der Federal Reserve Bank of Cleveland präsentierten ZEIDirektor Prof. Dr. Jürgen von Hagen und ZEI Senior Fellow Dr. Boris Hofmann
auf einer Konferenz über „Monetary Policy with Low Inflation“ im November
2003 ihre gemeinsame Arbeit über „Monetary Policy Orientations in Times of
139
Low Inflation“. Darin zeigten sie, dass traditionelle geldpolitische Indikatoren in
relativ hohen Datenfrequenzen wie die Outputlücke und Geldmengenwachstumsraten unter Bedingungen geringer und stabiler Inflation nur noch
geringen Informationswert zur Prognose der Inflation besitzen. Unter diesen
Bedingungen ist es wichtig, dass die Zentralbank einen Indikator für den
künftigen Inflationstrend zur Verfügung hat. Prof. Dr. von Hagen und Dr.
Hofmann entwickelten einen solchen Indikator auf der Grundlage der
Quantitätstheorie des Geldes. Prof. Dr. von Hagen trug Versionen dieser Arbeit
bei der Tschechischen Nationalbank, in Seminaren an der University of
California, Santa Cruz, und in der Türkischen Nationalbank vor.
x Mit dem Aussetzen des Defizitverfahrens gegen die Bundesrepublik im
Herbst 2003 erreichte die Diskussion um den Stabilitäts- und Wachstumspakt in
der Europäischen Währungsunion eine neue Dimension. Eine breite Diskussion
um mögliche Reformen des Paktes war in Gang gekommen. Das Spektrum der
Argumente reichte dabei von der Forderung nach einer strikten Durchsetzung
aller Regeln des Paktes bis zu verschiedenen Anregungen, wie der Pakt
„weicher“ gestaltet werden kann. ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen legte
gemeinsam mit den Professoren Anne Sibert, London, Andrew Hughes Hallett,
Cardiff, Antonio Fatas, Fontainebleau, und ZEI Senior Fellow Rolf Strauch eine
Publikation vor, deren Kern der Vorschlag, die fiskalische Disziplin in der EWU
durch die Einrichtung eines unabhängigen Stabilitätsrates zu stärken. Der
Stabilitätsrat sollte die Aufgabe haben, die langfristige Stabilität der
Staatsfinanzen der Mitgliedsstaaten zu überwachen und öffentlich zu
kommentieren.
Jürgen von Hagen/Anne Siebert/Andrew Hughes/Antonio Fatas/Rolf Strauch,
Stability and Growth in Europe: Towards a Better Pact, „Monitoring European
Integration“, London: Centre for Economic Policy Studies (CEPR), 2004.
x Am 24. Januar 2004 traf sich im ZEI eine Gruppe europäischer
Wirtschaftswissenschaftler im Rahmen des „European Monetary Forum“ zum
wissenschaftlichen Austausch über aktuelle Forschungsarbeiten zur Geldpolitik
im Euroraum. Die Diskussion um die fiskalische Disziplin in der EWU verwies
immer wieder auf die Rolle der Finanzmärkte zur Überwachung und
Einforderung ausreichender Disziplin. Inwieweit Finanzmärkte das leisten ist
empirisch umstritten. ZEI Junior Fellow Kerstin Bernoth, Ludger Schuknecht
und ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen sind dieser Frage nachgegangen
und kommen in ihrer gemeinsamen Publikation zu dem Ergebnis, dass, aufgrund
von ökonometrischer Untersuchungen mit neuem Datenmaterial, die
140
Finanzmärkte die Kreditwürdigkeit von Regierungen differenziert betrachten
und dies in der Zinsbildung für Staatsschulden berücksichtigen. Der Beginn der
EWU hat diese Überwachungsfunktion nicht geschwächt.
Kerstin Benroth/Jürgen von Hagen/Ludger Schuknecht, Sovereign risk premia
in the European Government bond market, Working Paper Series, No. 369,
Frankfurt/M.: European Central Bank, June 2004, 37 Seiten.
x In einer gemeinsamen Arbeit mit ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen
entwickelte ZEI Junior Fellow Taikuang Ho einen empirischen Indikator für
Bankenkrisen, mit dessen Hilfe sich Determinanten solcher Krisen empirisch
bestimmen lassen. Das empirische Modell zur Prognose von Bankenkrisen zeigt
einen relativ hohen Grad an Vorhersagefähigkeit. Nach diesem Modell trugen
institutionelle Faktoren wie eine explizite Depositenversicherung und
makroökonomische Faktoren, wie eine starke Überbewertung der Währung und
hohe fiskalische Defizite signifikant zur Entstehung von Bankenkrisen bei.
Jürgen von Hagen, Tai-kuang Ho, Money Market Pressure and the
Determinants of Banking Crises, ZEI Working Paper, B20/2004.
x Die fünfte Jahrestagung des Ausschusses für Makroökonomik des Vereins
für Socialpolitik, am 24./25. Juni 2005 am ZEI, setzte sich zum Ziel, die
makroökonomische Forschung in Deutschland auf internationalem Niveau
voranzutreiben und dabei vor allem empirische Forschung zu fördern. Eine
Reihe von Beiträgen zu der Gründungstagung stellten Analysen der
makroökonomischenEntwicklungen in der Europäischen Währungsunion vor.
x In einem empirischen Projekt untersuchten ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen
von Hagen und Senior Fellow Prof. Dr. Jizhong Zhou die Determinanten der
Wahl eines Wechselkursregimes. Neu an ihrem Modell war die simultane
Betrachtung der Wahl eines offiziellen und eines de-facto Regimes. Mit Hilfe
eines zwei-Gleichungsmodells zeigten sie, dass diese Wahl eine rekursive
Struktur hat, das heißt, die Wahl des offiziellen Regimes beeinflusst die Wahl
des de-facto Regimes, aber nicht umgekehrt. Die Publikation „The
Determination of Capital Controls: Which Role do Exchange Rate Regimes
Play?“ trug im Jahr 2005 zum Verständnis der Beobachtung bei, dass Länder
häufig offizielle und de-facto Regime ankündigen, die nicht miteinander
kompatibel erscheinen.
Jürgen von Hagen/Jizhong Zhou, The Determination of Capital Controls: Which
Role do Exchange Rate Regimes Play?, in: Journal of Banking and Finance, 29,
Amsterdam/München: Elsevier Verlag, 2005, Seite 227-248.
141
x Prof. Dr. Jürgen von Hagen arbeitete gemeinsam mit Dr. Valeriya Dinger,
Universität Bonn, an einem Projekt, das sich mit der Entwicklung der
Banksektoren in den neuen Mitgliedsstaaten der EU befasste. Das Projekt
verglich die Rolle der Interbankenmärkte in Ländern mit unterschiedlichen
Wettbewerbsformen im Bankensektor. In dem Aufsatz zeigten die beiden
Autoren, dass Banken, die stark von der Refinanzierung am Interbankenmarkt
abhängig sind, ein besseres Risikoprofil aufweisen, als Banken, die sich stärker
durch Nichtbankeneinlagen finanzieren. Dies deutete darauf hin, dass der
Interbankenmarkt eine Qualitätskontrolle über Banken ausübt.
Jürgen von Hagen/Valeriya Dinger, Banking Sector (Under?) Development in
Central and Eastern Europe, ZEI Working Paper, B06/2005.
x In der Diskussion um fiskalpolitische Regeln und den Stabilitäts- und
Wachstumspakt spielte schon lange die Frage eine Rolle, inwieweit numerische
Grenzen für Defizite und Verschuldung die betroffenen Regierungen zur
Manipulation ihrer Haushaltsführung veranlassen, um die wahre
Neuverschuldung zu verschleiern. Die Erfahrung mit fiskalpolitischen Regeln in
den USA zeigte, dass Regierungen dazu neigen, Verschuldungs- und
Defizitgrenzen durch die Entwicklung neuer Finanzierungsformen zu
unterlaufen, die statistisch nicht von den Grenzen erfasst wurden. ZEI Direktor
Prof. Dr. Jürgen von Hagen und ZEI Junior Fellow Guntram Wolff untersuchten
in einer gemeinsamen empirischen Studie, ob sich eine solche Tendenz auch in
der europäischen Währungsunion feststellen ließe. Dafür berechneten sie ein
statistisches Maß für kreative Buchführung, das auf dem Unterschied zwischen
dem Haushaltsdefizit und der ausgewiesenen Zunahme der Staatsverschuldung
beruht. Sie zeigten, dass europäische Regierungen seit Beginn der
Währungsunion systematisch von kreativer Buchführung Gebrauch machen,
wenn sie Gefahr laufen, aufgrund schlechter Einnahmenentwicklung die
Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu verletzen. wurde im Dezember
2006 veröffentlicht.
Jürgen von Hagen/Guntram Wolf, What do deficits tell us about debt? Empirical
evidence on creative accounting with fiscal rules in the EU,
Amsterdam/München: Elsevier Verlag, Journal of Banking & Finance, Vol. 30,
Issue 12, December 2006, Seite 3259–3279.
x Bedarf die Währungsunion zur Abwehr von wirtschaftlichen Störungen, die
einzelne Länder, aber nicht die Union insgesamt betreffen, eines
Transfermechanismus, der Einkommen und Kaufkraft von relativ
prosperierenden Mitgliedern in Länder transferiert, die sich in einer relativen
142
Rezessionsphase befinden? Die Forderung nach einem solchen Mechanismus
hat in der europäischen Debatte um die Währungsunion eine lange Tradition, die
mit dem MacDougall-Report von 1975 begann. Neuere Forschungsarbeiten
widerlegten dagegen die grundlegende Behauptung der Befürworter eines
Transfermechanismus, dass derartige Mechanismen in allen großen
Währungsgebieten existieren und ihre Stabilität sichern. Empirisch zeigte sich,
dass Transfermechanismen sehr anfällig sind gegenüber Änderungen im Design
und wirtschaftliche Störungen sogar verstärken können. Anhand eines
theoretischen Modells wiesen die Forschungsarbeiten nach, dass ein solcher
Mechanismus den Bemühungen der gemeinsamen Geldpolitik um eine
Stabilisierung der EWU Wirtschaft entgegenstehen kann. In einer Erweiterung
dieser Studie untersuchten ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen und die
EZB Ökonomen Ludger Schuknecht und Guido Wolswijk die Risikoprämien in
den Zinssätzen auf Schuldverschreibungen von subnationalen Regierungen. Sie
zeigten, dass mit der Einführung der Währungsunion ein signifikanter Anstieg
der Risikoprämien für die Länder der Bundesrepublik Deutschland einherging.
Diese Länder hatten ähnliche Finanzierungsbedingungen wie zum Beispiel
Provinzregierungen in Spanien.
Jürgen von Hagen/Ludger Schuknecht/Guido Wolswijk, Government Risk
Premiums in the Bond Market: EMU and Canada, in: Working Paper 879,
Brüssel: European Central Bank, 2008; European Journal of Political
Economy, Vol. 25, Amsterdam/München: Elsevier Verlag, 2009, Seite 371-384.
x Für die Ausgestaltung der Wirtschaftspolitik sind die Mitgliedsstaaten
zuständig. Doch wurden seit der europäischen Schuldenkrise Forderungen nach
einer stärkeren Koordinierung der einzelnen Wirtschaftspolitiken auf
europäischer Ebene laut. War das wichtigste Element der Europäischen Union,
um auf die Wirtschaftspolitik der Mitgliedsstaaten koordinierend und lenkend
einzuwirken, bislang der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP), wurde er 2013
zum Fiskalpakt fortentwickelt. Der Europäische Fiskalpakt schreibt fest, dass
das jährliche Defizit höchstens 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen
darf. Werden die Defizitgrenzen überschritten, kann die EU-Kommission
Sanktionen gegen das entsprechende Land verhängen und Geldstrafen festlegen.
Als weiteres Element zur Bekämpfung der Schuldenkrise wurde bereits 2012 der
Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) geschaffen. Der ESM ist ein
dauerhafter Rettungsschirm zur Verhinderung von Staatsbankrotten
überschuldeter Euro-Mitgliedsländer. Die Staatsschuldenkrise in der
Europäischen Union führte zwischen 2007/2008 und 2014 zu der bisher
tiefgreifendsten Integrationskrise. Das umfassende Krisenmanagement führte zu
143
einem Konsens in der Europäischen Union über den systemischen Charakter der
Krise, die in den Widersprüchen zwischen einer vergemeinschafteten
Währungspolitik und einer nicht vergemeinschafteten Fiskalpolitik gründet. ZEI
Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt zeichnete in einem Beitrag für die
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ die Phasen der Krise nach und analysierte die
politischen Implikationen des Krisenmanagements.
Ludger Kühnhardt, Die Europa-Rettung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr.
64, 17. März 2014, Seite 6.
1.3 Fiskalpolitik
Am 27./28. Juni 1997 fand eine Tagung zum Thema „Fiscal Institutions and
Fiscal Performance” statt, in deren Zentrum die Frage stand, welchen Einfluss
die Gestaltung von fiskalpolitischen Institutionen auf das Finanzgebaren von
Regierungen hat. Die Tagung wurde in Zusammenarbeit mit dem National
Bureau of Economic Research (NBER), Cambridge, Massachusetts, vertreten
durch Prof. Dr. James Poterba, durchgeführt. In ihrem einleitenden Referat
fassten Alberto Alesina, Harvard University, und Roberto Perotti, Columbia
University, die Ergebnisse der neueren, institutionellen Forschung zu diesem
Thema zusammen. Sie zeigten, dass Entscheidungsstrukturen im Haushaltsprozess einer Regierung deren fiskalische Disziplin stark beeinflussen. Für die
Europäische Union lag hier eine bedeutende Alternative vor zu den numerischen
Regeln des Stabilitätspaktes, dessen Durchsetzung in der Zukunft fraglich blieb.
Vergleichende Arbeiten aus Lateinamerika (Ernesto Stein, Interamerikanische
Entwicklungsbank), Asien und Australien (Sandjay Pradhan, Weltbank) sowie
Studien einzelner Länder Europas und Amerikas bestätigten die Ergebnisse
dieser Forschung. Die Ergebnisse derTagung sind in einem Band veröffentlicht
worden.
James Poterba/Jürgen von Hagen (eds.), Fiscal Institutions and Fiscal
Performance, Chicago: University of Chicago Press, 1999, 388 Seiten.
x Anfang Juli 1998 organisierte ZEI Mitarbeiter Dr. Rolf Strauch, eine
Konferenz über „Fiscal Policy and Fiscal Institutions”, bei der Wissenschaftler
aus Nordamerika und Europa ihre Arbeiten diskutierten. Diese Konferenz stellte
die Bedeutung der politischen Rahmenbedingungen fiskalpolitischer
Institutionen in den Mittelpunkt der Betrachtung. Besondere Beachtung fanden
zwei Beiträge über Reformen fiskalpolitischer Institutionen in Belgien von Dr.
Georges Stienlet und in Kanada von Prof. Dr. Kenneth McKenzie, die zeigten,
auf welche Weise es Regierungen gelingen kann, die Rationalität der
144
Haushaltspolitik zu stärken und dadurch die Neigung zu anhaltenden Defiziten
zu verringern. Prof. Dr. Thomas Courchene, Queen’s University, Kanada,
diskutierte in seinem Beitrag die fiskalpolitischen Aspekte eines Austritts
Quebecs aus dem kanadischen Währungsraum. Prof. Dr. Georg von
Fürstenberg, Indiana University, bezog diese Analyse auf die Risiken eines
Auseinanderbrechens der Europäischen Währungsunion.
Rolf R. Strauch/Jürgen von Hagen, Institutions, Politics and Fiscal Policy,
Dordrecht: Kluwer Academic Publishers Group, 2000, 266 Seiten.
x Zu den institutionellen Fragen der Entwicklung der Union gehört die
Gestaltung der horizontalen und vertikalen Finanzbeziehungen zwischen den
Gebietskörperschaften in der Europäischen Union. Dieser Themenkreis wird
unter Ökonomen und Politikwissenschaftlern unter dem Stichwort „Fiskalischer
Föderalismus“ diskutiert. Am 21./22. Mai 1999 veranstaltete das ZEI
gemeinsam mit Prof. Dr. Jorn Rattso, Universität Trondheim, Norwegen, einen
Workshop zum Thema „Comparative Analysis of Fiscal Federalism in Europe“,
an dem Wirtschafts- und Politikwissenschaftler aus Deutschland, Spanien,
Schweden, Dänemark, Italien, den USA und Argentinien sowie Vertreter der
Weltbank teilnahmen. Ziel des Workshops war es, auf der Grundlage
empirischer Untersuchungen und von Fallstudien aus verschiedenen Ländern,
Erfahrungen in Bezug auf die Entwicklung lokaler Gebietskörperschaften
zusammenzutragen. Eine zentrale Rolle spielte dabei die Frage, wie der Grad
der finanziellen Abhängigkeit lokaler Gebietskörperschaften von der
Zentralregierung das Finanzgebahren und das Wachstum lokaler
Gebietskörperschaften beeinflusst. Die verschiedenen Arbeiten zeigten, dass ein
zu hoher Grad der finanziellen Abhängigkeit die Qualität der lokalen
Finanzpolitik mindert. Für die Europäische Union ergab sich daraus die
Forderung nach einer ausreichenden finanziellen Unabhängigkeit der lokalen
und regionalen Regierungen.
x ZEI Mitarbeiter Dr. Matthias Brückner arbeitete im Jahr 1999 an dem
Projekt „Kapitalbesteuerung in Europa“. Seine Studie „Capital Taxation and
Strategic Delegation“ betrachtet alternative Formen der Steuerharmonisierung
und des Steuerwettbewerbs im Rahmen eines Modells der Politischen
Ökonomie. Im Kern der Analyse stand das Zusammenspiel zwischen nationalen
politischen Prozessen und der Koordination der Kapitalbesteuerung zwischen
Nationen. Steuerwettbewerb führt in dieser Betrachtung wie üblich zu
Wohlfahrtsverlusten, da er zu niedrige Steuersätze und dadurch zu geringe
Leistungen des öffentlichen Sektors bewirkt. Auf nationaler Ebene reagieren die
145
Wähler auf dieses Ergebnis, indem sie Regierungen wählen, die relativ hohe
Steuersätze bevorzugen. Die negative Wirkung des Steuerwettbewerbs wird
dann durch die – gemessen am eigentlichen Wählerinteresse – zu hohe
Besteuerungsneigung der Regierungen korrigiert. Die Studie zeigte weiter, dass
der nationale politische Prozess im Fall einer Steuerharmonisierung dazu führt,
dass Regierungen mit einer relativ geringen Besteuerungsneigung gewählt
werden. Im Endeffekt sind die Steuersätze bei Steuerwettbewerb und
Steuerharmonisierung nicht wesentlich voneinander verschieden. Die
Untersuchung verdeutlicht, dass makroökonomische Koordinierung in Europa
im Zusammenhang mit den nationalen politischen Prozessen betrachtet werden
muss. Demokratische Wahlen auf nationaler Ebene bilden ein Korrektiv für
unerwünschte langfristige Konsequenzen von Wettbewerb und Harmonisierung.
Inwieweit dies auch für die Stabilisierungspolitik gilt, blieb eine offene
Forschungsfrage.
Matthias Brückner, Strategic Delegation and International Capital Taxation,
ZEI Working Paper, B22/2001.
x Gemeinsam mit Prof. Dr. Andrew Hughes-Hallett, Strathclyde University,
verfassten ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen und ZEI Senior Fellow Dr.
Rolf Strauch für die Europäische Kommission eine Studie über die Fiskalpolitik
der Staaten der Europäischen Union in den 1990er Jahren. Die Studie bot eine
detaillierte Analyse der fiskalpolitischen Strategien und Institutionen in den
Mitgliedsstaaten und ihrer Auswirkungen für die Fiskalpolitik auf dem Weg in
die Währungsunion. Sie zeigte, in welchem Maße der „Maastricht Prozess“ in
den 1990er Jahren zur Stabilisierung der öffentlichen Finanzen in der
Europäischen Union beigetragen hat. Die Studie kam zu dem Schluss, dass der
Maastricht Prozess die Fiskalpolitik in den kleineren Ländern erheblich
diszipliniert hat, während die großen Länder Deutschland, Frankreich und
Italien trotz der fiskalpolitischen Regeln des Vertrags erst kurz vor Beginn der
Währungsunion das erforderliche Maß an fiskalischer Disziplin erlangten.
Jürgen von Hagen/Rolf Strauch/Andrew Hughes-Hallett, Budgetary
Consolidation in EMU, Economic Paper, No. 148, European Commission,
03/2001, 139 Seiten.
x In Kooperation mit dem schwedischen „Centre for Business and Policy
Studies“ (SNS) veranstaltete das ZEI im Oktober 2001 einen Workshop über
Probleme des fiskalischen Föderalismus und der Finanzbeziehungen zwischen
lokalen Gebietskörperschaften und der Zentralregierung in Schweden. Das
Forschungsprojekt sollte Reformvorschläge zur Stärkung der lokalen
146
Selbstverwaltung in Schweden erarbeiten. ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von
Hagen stellte bei diesem Workshop die erste Fassung einer gemeinsamen Arbeit
mit Prof. Dr. Matz Dahlberg, Universität Uppsala, zum Thema „Local
government in Sweden: Is there a bail-out problem?“ vor.
Jürgen von Hagen/Matz Dahlberg, Swedish Local Government: Is there a
Bailout Problem, in Per Molander/Jürgen von Hagen (eds.), Fiscal Federalism
in Unitary States, ZEI Studies in European Economics and Law, vol. 6, Kluwer
Academic Publishers, 2004, Seite 47-76.
x Zu den vordringlichen Aufgaben des Konvents über die Zukunft Europas
2001/2002 gehörte die Reform der Kompetenzverteilung in der Europäischen
Union. Im Kern ging es um die Frage, welche wirtschaftspolitischen Aufgaben
auf der Ebene der Union erledigt werden müssen und welche in der
Zuständigkeit der nationalen Regierungen, der Regionen und der lokalen
Gebietskörperschaften liegen sollten. Kritik an der vermeintlichen Tendenz zu
großer Zentralisierung der Europäischen Union haben in den letzten Jahren nicht
zuletzt die deutschen Bundesländer geübt, die in der Politik der Europäischen
Kommission beispielsweise gegenüber Landesbanken und kommunalen
Versorgungsbetrieben eine unangemessene Einschränkung ihrer Handlungsfreiheit sehen. Traditionell geht es in der ökonomischen Analyse um
Effizienzgesichtspunkte in der Versorgung mit öffentlichen Gütern; erst in den
letzten Jahren haben Aspekte der politischen Ökonomie in der Debatte an
Gewicht gewonnen. Die neueren Arbeiten zu diesem Thema betonen vor allem
die Rolle des Subsidiaritätsprinzips. ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen
und der französische Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Jean Pisani-Ferry,
Leiter des Conseil d’Analyse Economique des französischen Ministerpräsidenten, befassten sich in einer gemeinsamen Arbeit mit den Grundsätzen
der Kompetenzverteilung in Europa. Sie argumentieren, dass der prozedurale
Aspekt der Kompetenzverteilung, das heißt die Gestaltung des Verfahrens zur
Änderung der Kompetenzverteilung, wichtiger ist als die Definition eines
Kompetenzkatalogs, wie er von den deutschen Ländern gefordert wurde.
Jürgen von Hagen/Jean Pisani-Ferry, Pourquoi l’Europe ne ressemble-t-elle
pas à ce que voudraient les économistes?, in: Revue Economique, 54, Paris,
2003, Seite 477-488.
x Im Zusammenhang mit der Kompetenzverteilung wurde in Deutschland
und Frankreich auch besonders die Frage der sogenannten öffentlichen
Daseinsvorsorge diskutiert, also die Versorgung der Bevölkerung mit
grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser oder Elektrizität. Während die
147
Europäische Kommission auch diese Bereiche dem Wettbewerb öffnen wollte,
befürchteten deutsche Kommunen und Länder den Verlust traditioneller
Monopolstellungen, die zur Quersubvention anderer öffentlicher Leistungen
benutzt werden. Das ZEI veranstaltete zu diesem Thema gemeinsam mit dem
Arbeitskreis Europäische Integration e.V. am 13./14. Juni 2002 eine
wissenschaftliche Tagung. In mehreren Referaten befassten sich die Sprecher
dort mit dem Spannungsfeld von Deregulierung, Wettbewerb und den Interessen
lokaler Gebietskörperschaften.
x Die Gestaltung eines sich neu herausbildenden Föderalismus in Europa
gehörte ebenso zu den dringlichen Themen der aktuellen, wirtschaftspolitischen
Diskussion wie die Reform des Föderalismus in der Bundesrepublik. Im Jahr
2003 richtete die Deutsche Forschungsgemeinschaft das Schwerpunktprogramm
„Institutionelle Gestaltung föderaler Systeme: Theoretische und empirische
Aspekte“ ein, das von ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen als Sprecher
koordiniert und geleitet wurde. Der Forschungsschwerpunkt wurde Anfang 2007
von der Deutschen Forschungsgemeinschaft evaluiert und für eine weitere
Förderungsperiode bis 2010 verlängert. Auf mehreren Seminaren und
Workshops im Rahmen des Projektes wurden Fragen und Ergebnisse des
Schwerpunktprogrammes vorgestellt und diskutiert. Am 1./2.Oktober 2009 fand
die Abschlusskonferenz des Programmes in Heidelberg statt.
Am ZEI wurden im Rahmen dieses Schwerpunktprogramms zwei Projekte
bearbeitet. ZEI Junior Fellow Daniela Treutlein beschäftigte sich mit der Frage,
wie weit die politische Integration in Europa fortgeschritten ist. Ziel ihres
Projekts, das gemeinsam mit dem Politikwissenschaftler Prof. Dr. Thomas
König, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaft, Speyer, konzipiert
und durchgeführt wurde, war die Entwicklung eines empirischen Maßes für
politische Integration in der Europäischen Union. Dieses Maß stützte sich auf
den Anteil nationaler Gesetzgebung, der in der Übertragung von EU Recht in
nationales Recht besteht. Durch Betrachtung der Entwicklung dieses Maßes über
die Zeit und den Vergleich unterschiedlicher Länder sollten Determinanten des
Prozesses der politischen Integration empirisch erfasst werden.
ZEI Junior Fellow Michael Evers befasste sich in einem zweiten Projekt mit der
Makroökonomik des Finanzausgleichs in einem föderalen System. Ziel seiner
Forschung war die Entwicklung eines dynamischen, makroökonomischen
Modells einer Föderation und Währungsunion, mit dessen Hilfe die
wohlfahrtsökonomischen
Eigenschaften
eines
Finanzausgleichssystems
analysiert werden können. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, wie eine
148
optimale Gestaltung eines Finanzausgleichs zur makroökonomischen
Stabilisierung erreicht werden kann. Die Studie „Federal Fiscal Transfers in
Monetary Unions“ wurde 2006 in der Zeitschrift International Tax and Public
Finance veröffentlicht.
Michael Evers, Fiscal Transfers in Monetary Unions: A NOEM Approach, in:
International Tax and Public Finance, Vol. 13, No. 4, Dordrecht: Springer
Netherlands, 2006, Seite 463-489.
x Im Juni 2003 veranstaltete das ZEI unter der wissenschaftlichen Leitung
von Prof. Dr. Anke Keßler und Prof. Dr. Christoph Lülfesmann, beide Simon
Fraser University, Vancouver, einen zweitägigen Workshop zum Thema
„Federalism and Decentralization“. Im Mittelpunkt der Konferenz standen
Fragen der optimalen Aufgabenteilung in föderalen Systemen. Unter den rund
20 Teilnehmern waren wissenschaftliche Experten aus der Bundesrepublik, den
USA, Kanada, Großbritannien und anderen Ländern.
x ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig, LL.M., und ZEI Mitarbeiter JensDaniel Braun untersuchten in der Fachzeitschrift „Neue Justiz“ mögliche
Rückgriffsansprüche des Bundes bei einer Haftung für Verstöße der
Bundesländer gegen Gemeinschaftsrecht – eine Fragestellung, die in der
Zwischenzeit nicht nur die sogenannte Föderalismuskommission, sondern auch
das Bundesverfassungsgericht beschäftigte.
Christian Koenig/Jens-Daniel Braun, Rückgriffsansprüche des Bundes bei einer
Haftung für Verstöße der Bundesländer gegen Gemeinschaftsrecht, in: Neue
Justiz, 3/04, 58. Jahrgang, Berlin: Nomos, 2004, Seite 97-103.
x Durch die Liberalisierung des internationalen Kapitalverkehrs innerhalb der
EU und in vielen Ländern außerhalb Europas haben internationale
Kapitalströme in den letzten 20 Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Dabei
ging es sowohl innerhalb Europas als auch weltweit häufig um Kapitalströme
zwischen Industrieländern und Schwellenländern. ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen
von Hagen und ZEI Senior Fellow Haiping Zhang analysierten die
volkswirtschaftliche Bedeutung solcher Kapitalströme. Sie stellten dabei
besonders die Konsequenzen unterschiedlicher Entwicklungsstufen der
Finanzmärkte in den beteiligten Ländern heraus.
Jürgen von Hagen/Haiping Zhang, Financial Liberalization in a Small Open
Economy, in: Open Economies Review, 17, 4-5, Berlin/Heidelberg: Springer
Verlag, 2006, Seite 373-398.
149
x In einer Studie aus dem Jahr 2006 befasste sich ZEI Direktor Prof. Dr.
Jürgen von Hagen mit der Wirksamkeit von Ausgabenregeln für die
Fiskalpolitik. Die Studie zeigte, dass numerische Ausgabenregeln im Gegensatz
zu Defizitregeln wirksam sein können. Ihre Wirksamkeit hängt jedoch von dem
politischen System eines Landes ab: Regelgebundene Politik funktioniert in
Ländern, die typischerweise Mehrparteien-Koalitionsregierungen aufweisen. Sie
funktioniert nicht in Ländern, die typischerweise Einparteien-Regierungen
aufweisen.
Jürgen von Hagen, Fiscal Rules and Fiscal Performance in the EU and Japan,
in: Monetary and Economic Studies, 14, Tokio: Bank of Japan’s Institute for
Monetary and Economic Studies, 2006, Seite 25-60.
x Im Auftrag von „Ernst & Young“, Polen, führten ZEI Direktor Prof. Dr.
Jürgen von Hagen und ZEI Senior Fellow Prof. Dr. Mark Hallerberg eine
empirische Untersuchung der Budgetinstitutionen in Polen durch. Sie trugen die
Ergebnisse und Reformvorschläge im Rahmen eines Seminars in Warschau vor,
zu dessen Teilnehmern zahlreiche Journalisten und Politiker zählten.
Jürgen von Hagen/Mark Hallerberg, Budget Processes in Poland: Promoting
Fiscal and Economic Stability, Warschau: Ernst and Young Better Government
Program, 2006; auch als „Koalicja na rzecz dobrego budzetu“, in: Gazeta
Wyborcza, Warschau, 20. Mai 2006 und „Szwedzka lekcja“, in: Newsweek,
Polish edition, Warschau, 27. August 2006.
x ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen setzte im Jahr 2006 seine
Forschung über Budgetinstitutionen gemeinsam mit ZEI Senior Fellow Prof. Dr.
Mark Hallerberg, Emory University, und ZEI Senior Fellow Dr. Rolf Strauch,
EZB, fort. In einer empirischen Studie, die bei einer von der Europäischen
Kommission im Oktober organisierten Konferenz vorgetragen wurde, zeigten
die Autoren die Abhängigkeit der Wahl von Budgetinstitutionen zur Stärkung
der fiskalischen Disziplin von den Charakteristika des politischen Systems eines
Landes, insbesondere von seinem Wahlsystem und der Intensität des politischen
Wettbewerbs, auf. Dies bedeutet, dass die institutionellen Vorgaben des
Stabilitäts- und Wachstumspaktes nicht für alle EU-Mitgliedsstaaten
angemessen sind.
Mark Hallerberg/Rolf Strauch/Jürgen von Hagen, The Design of Fiscal Rules
and Forms of Governance in European Union Countries, in: European Journal
of Political Economy, Vol. 23, No. 2, Amsterdam/München: Elsevier Verlag,
2007, Seite 338-359.
150
x Im Auftrag des „Forums of Federations“ in Toronto, eines von den
Föderalstaaten der Welt getragenen Forschungsinstituts, erarbeitete ZEI Direktor
Prof. Dr. Jürgen von Hagen gemeinsam mit Prof. Dr. Lars P. Feld, Universität
Heidelberg, eine Studie zum Reformbedarf und zu Reformansätzen des
Föderalismus in Deutschland.
Lars P. Feld/Jürgen von Hagen, Federal Republic of Germany, in: Anwar A.
Shah (ed.), The Practice of Fiscal Federalism: Comparative Perspectives, A
Global Dialogue on Federalism, 4, Montreal/Kingston: McGill and Queen’s
University Press, 2007.
x In einem empirischen Projekt untersuchten Dr. Birgit Schmitz, Universität
Bonn, Prof. Dr. Alan Ahearne, Bruegel, Brüssel, und ZEI Direktor Prof. Dr.
Jürgen von Hagen die empirischen Determinanten von Kapitalströmen innerhalb
der Europäischen Union. Sie zeigten, dass die Einführung des Euro zu einer
Vertiefung der finanziellen Integration der Volkswirtschaften geführt hat. Prof.
Dr. von Hagen trug die Ergebnisse dieser Studie bei einer internationalen
Tagung der Europäischen Kommission in Brüssel vor.
Jürgen von Hagen/Birgit Schmitz/Alan Ahearne, Current Account Imbalances in
the Euro Area, in: Aslund, Anders/Dabrowski, Marek (eds.), Challenges of
Globalization, Washington D.C.: Peterson Institute for International
Economics, 2008, Seite 41-57.
x ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen und Dr. Ralph Hepp, Fordham
University, New York, erarbeiteten eine empirische Studie über die
Umverteilungs- und Versicherungswirkungen des Finanzausgleichs in der
Bundesrepublik Deutschland. Die Studie ging insbesondere auf die Folgen der
Reform des Finanzausgleichs im Jahr 1995 ein, in der die ostdeutschen
Bundesländer in den Finanzausgleich integriert wurden. Sie zeigte, dass der
Finanzausgleich vor allem eine fast perfekte Versicherung der Länderhaushalte
gegen asymmetrische Schocks darstellt. Besonders die westdeutschen
Nehmerländer haben von der Einbeziehung der ostdeutschen Bundesländer
profitiert. Das Paper „Fiscal Federalism in Germany: Stabilization &
Restribution Before and After Unification“ wurde im April 2012 von der
internationalen Zeitschrift für Föderalismus Publius veröffentlicht.
151
Weitere ausgewählte Publikationen
Jürgen von Hagen/Ingo Fender, Central Bank Policy in a More Perfect Financial
System, ZEI Working Paper, B03/1998.
Bernd Hayo, Money-Output Granger Causality Revisited. An Empirical
Analysis of EU Countries, ZEI Working Paper, B08/1998.
Volker Wieland, Monetary Policy, Parameter Uncertainty, and Optimal
Learning, ZEI Working Paper, B09/1999.
Kenneth Kletzer/Jürgen von Hagen, Monetary Union and Fiscal Federalism, ZEI
Working Paper, B01/2000.
Bernd Hayo/Jürgen von Hagen, The Monetary Inflation Potential in the
Eurozone, EMU Monitor Background Paper, University of Bonn, 2000.
John W. Maxwell/Jürgen von Hagen (eds.), Empirical Aspects of Environmental
Policies in Europe, ZEI Studies in European Economics and Law, Vol. 3,
Boston/Dordrecht: Kluwer Academic Publishers, 2000.
Jürgen von Hagen/C.J. Waller (eds.), Regional Aspects of Monetary Policy in
Europe, ZEI Studies in European Economics and Law, Vol. 1,
Boston/Dordrecht: Kluwer Academic Publisher, 2000.
Jürgen von Hagen/Jizhong Zhou, The Choice of Exchange Rate Regimes: An
Empirical Analysis for Transition Economies, ZEI Working Paper, B03/2002.
Iulia Traistaru/Guntram Wolff, Regional Specialization and Employment
Dynamics in Transition Countries, ZEI Working Paper, B18/2002.
Jürgen von Hagen, Fiscal Discipline and Growth in Euroland. Experiences with
the Stability and Growth Pact, ZEI Working Paper, B06/2003.
Martin Seidel, Die Weisungs- und Herrschaftsmacht der Europäischen
Zentralbank im System der Europäischen Zentralbanken – eine rechtliche
Analyse, ZEI Working Paper, B11/2003.
Guntram Wolff, Fiscal Crises in U.S. Cities: Structural and Non-structural
Causes, ZEI Working Paper, B28/2004.
Jürgen von Hagen/Haiping Zhang, Financial Openness and Macroeconomic
Volatility, ZEI Working Paper, B02/2006.
Jürgen von Hagen/Paul Seabright, The Economic Regulation of Broadcasting
Markets, Cambridge: Cambridge University Press, 2007.
152
2.
Wirtschaftspolitik
Für die Ausgestaltung der Wirtschaftspolitik in der Wirtschafts- und
Währungsunion sind die Mitgliedsstaaten zuständig. Doch wurden nicht erst seit
Beginn der europäischen Schuldenkrise Forderungen nach einer stärkeren
Koordinierung der einzelnen Wirtschaftspolitiken auf europäischer Ebene laut.
War das wichtigste Element der EU, um auf die Wirtschaftspolitik der
Mitgliedsstaaten koordinieren und lenkend einzuwirken zuvor der Stabilitätsund Wachstumspakt (SWP), wurde er 2013 zum Fiskalpakt fortentwickelt.
2.1 Wettbewerb und wirtschaftliche Konvergenz in der EU
x In der wirtschaftspolitischen Debatte um die institutionelle Entwicklung
der EU nahm die Frage nach dem Verhältnis der verschiedenen
wirtschaftspolitischen Systeme in den Mitgliedsländern zueinander seit den
1990er Jahren immer breiteren Raum ein. Diese Debatte hat mehrere Facetten:
- Ein Teil der Diskussion konzentriert sich auf die Frage, inwieweit die
Wirtschaftspolitiken der Mitgliedsländer im Wettbewerb zueinander stehen
können oder harmonisiert und koordiniert werden müssen.
- Ein zweiter Teil der Diskussion betrachtet die Notwendigkeit eines
fiskalischen Verbunds der Mitgliedstaaten der Währungsunion nach dem
Muster
des
deutschen
Finanzausgleichs
zur
Sicherung
von
Beschäftigungsstabilität in den einzelnen Mitgliedsländern.
- Ein dritter Teil befasst sich mit dem Problem des Steuerwettbewerbs in
Europa.
- In einem vierten Teil schließlich geht es um die Entwicklung der lokalen
Gebietskörperschaften in Europa und ihr Verhältnis zu den übergeordneten
politischen Ebenen in der Union.
Das ZEI führte zwischen 1997 und 2002 ein breit angelegtes
Forschungsprogramm durch, das Beiträge zu diesen Forschungsfragen leistete.
Die Diskussion um das Verhältnis von Systemwettbewerb vs. Harmonisierung
der wirtschaftspolitischen Ansätze und Systeme in der EU betrachtete die Frage,
wie unterschiedliche Systeme, darunter die Arbeitsmarktregulierung, in den
Mitgliedsstaaten nebeneinander bestehen können.
x Im Juli 1997 schufen das ZEI und das Centre d’Etudes Prospectives et
d’Informations Internationales (CEPII, Paris) das „Deutsch-Französische
Wirtschaftspolitische Forum“ mit dem Ziel, regelmäßige Gespräche über
gemeinsame wirtschaftspolitische Belange zwischen den beiden Ländern zu
153
fördern. Teilnehmer waren jeweils etwa 40 Vertreter von Verbänden, Banken,
Unternehmen, Gewerkschaften und Ministerien sowie Parlamentarier beider
Länder. Das Forum hat Themen der Wechselkurspolitik, der
Arbeitsmarktpolitik, Fragen der Steuerharmonisierung und der Koordination der
Wirtschaftspolitik erörtert. Die Diskussion zwischen den deutschen und
französischen Teilnehmern zeigte, dass auf französischer Seite die
Notwendigkeit nach enger wirtschaftspolitischer Koordination für größer
erachtet wurde als auf deutscher Seite. Die deutschen Teilnehmer neigten
dagegen mehr dem Modell des Wettbewerbs der Systeme zu.
Deutsch-Französisches Wirtschaftspolitisches Forum/Forum Economique
Franco-Allemand, Employment and EMU, ZEI Working Paper, B/02, 1997.
Deutsch-Französisches Wirtschaftspolitisches Forum/Forum Economique
Franco-Allemand, The EMU’s Exchange Rate, ZEI Working Paper, B/04, 1998.
Deutsch-Französisches Wirtschaftspolitisches Forum/Forum Economique
Franco-Allemand, Labour Market & Tax Policy in the EMU, ZEI Working
Paper, B/16, 1998.
Deutsch-Französisches Wirtschaftspolitisches Forum/Forum Economique
Franco-Allemand, Financial Supervision and Policy Coordination in the EMU,
ZEI Working Paper, B/011, 1999.
Deutsch-Französisches Wirtschaftspolitisches Forum/Forum Economique
Franco-Allemand, EMU and Economic Growth in Europe, ZEI Working Paper,
B/07, 2000.
Deutsch-Französisches Wirtschaftspolitisches Forum/Forum Economique
Franco-Allemand, Trade Rules and Global Governance. A Long Term Agenda,
ZEI Working Paper, B/05, 2001.
x Die Studie „Der Wettbewerb der Rechts- und politischen Systeme in der
Europäischen Union“ von ZEI Senior Fellow Prof. Dr. Martin Seidel kam 1998
zu dem Schluss, dass die Europäische Union eine adäquate
Wettbewerbsordnung und geeignete Institutionen benötigt, um sicherzustellen,
dass das Nebeneinander verschiedener wirtschaftspolitischer Systeme zu
effizienten Ergebnissen führt
Martin Seidel, Der Wettbewerb der Rechts- und politischen Systeme in der
Europäischen Union, ZEI Policy Paper, B10/1998.
x Im April 1998 veranstaltete das ZEI gemeinsam mit der
Wirtschaftsuniversität Luigi Bocconi, Mailand, dem Istituto per gli Studi di
Politica Internazionale (ISPI), Mailand, und dem Institut für Europäische Politik
(IEP), Bonn, ein „Deutsch-Italienisches Wirtschaftspolitisches Kolloquium“.
154
Dabei wurden Aspekte der Globalisierung der europäischen Wirtschaft
diskutiert. Am zweiten Tag der Veranstaltung waren mehrere Panels
hochrangiger Wissenschaftler und Wirtschaftsvertreter, unter Beteiligung von
EU-Kommissar Mario Monti, speziellen Themen der europäischen
Wirtschaftspolitik, darunter der Regulierung der Finanzmärkte in Europa,
gewidmet.
x Wirtschaftspolitische Koordination war ebenfalls das Thema des
Workshops „Implementing the European Employment Pact“ am 8. Juli 1999, zu
dem das ZEI Vertreter der Finanzministerien aus Deutschland, Frankreich,
Italien, Spanien, Portugal und Finnland sowie Vertreter der Europäischen
Zentralbank und der Europäischen Kommission einlud. In seinem
Einführungsreferat „Making EMU a Success“, einer Gemeinschaftsarbeit mit
Rüdiger Dornbusch, Massachusetts Institute of Technology, betonte Prof. Dr.
Pierre Jacquet, L‘Institut français des relations internationales (IFRI), Paris, dass
die Europäische Währungsunion in der Zukunft eine gemeinsame, bewusst auf
Wachstum ausgelegte Wirtschaftspolitik entwickeln müsse. ZEI Direktor Prof.
Dr. Jürgen von Hagen, diskutierte in seinem Referat alternative Strategien der
wirtschaftspolitischen Koordinierung. Er hob hervor, dass die Koordinierung
stärker auf die Analyse und Planung von Szenarien abstellen müsse, um
gemeinsame Antworten auf wirtschaftliche Schocks und unvorhergesehene
Entwicklungen zu erarbeiten.
x In einem im März 2001 bei einer Konferenz der Europäischen Kommission
vorgetragenen Beitrag über die Herausforderungen an die Wirtschaftspolitik in
der Wirtschafts- und Währungsunion zeigten ZEI Mitarbeiterin Susanne
Mundschenk und ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen, dass die bisherigen
Mechanismen und Prozesse zu wenig auf die speziellen Probleme der
Währungsunion zugeschnitten sind. Aufgrund ihrer institutionellen Gestaltung
war zu vermuten, dass diese Prozesse weitgehend ineffektiv bleiben werden.
Dies lag nicht zuletzt an der Beschränkung der Koordination auf den bloßen
Austausch von Absichtserklärungen und der mangelnden Möglichkeit zu
bindenden Absprachen. Ihre Untersuchung betonte den Unterschied zwischen
einer langfristigen und einer kurzfristigen wirtschaftspolitischen Perspektive.
Langfristig sind in der Währungsunion Preisniveau und Beschäftigungsniveau
voneinander unabhängig. Es besteht keine Notwendigkeit zur Koordination der
Wirtschaftspolitik zwischen den Mitgliedsstaaten der EWU und zwischen ihnen
und der EZB. Kurzfristig ergeben sich aber aufgrund von Lohn- und
Preisrigiditäten Zielkonflikte zwischen einer auf Preisstabilität ausgerichteten
155
Geldpolitik und einer nationalen, auf ein stabiles Beschäftigungsniveau
ausgerichteten Finanzpolitik. Die Untersuchung zeigte insbesondere, dass bei
einer streng am Ziel der Preisstabilität ausgerichteten Geldpolitik der EZB die
nationalen Finanzpolitiken der Mitgliedsländer der Währungsunion in einem
Verteilungswettbewerb um ein kurzfristig gegebenes Volumen der
gesamtwirtschaftlichen Nachfrage im Euroraum stehen. Dieser Verteilungswettbewerb führt dazu, dass unkoordinierte Wirtschaftspolitik ineffizient ist.
Hier wird offenbar, dass die Gestaltung der wirtschaftspolitischen Institutionen
in der Währungsunion von dem Paradigma der langen Frist geleitet war, in der
Geld- und Fiskalpolitik unabhängig agieren konnten.
Susanne Mundschenk/Jürgen von Hagen, The Political Economy of Policy
Coordination in EMU, in Swedish Economic Policy Review, No. 8, 2001, Seite
107-137.
x Rainer Hertrich, Co-Chief Executive Officer der European Aeronautic
Defence and Space Company (EADS), sprach am 27. Juni 2001 im Rahmen
eines „ZEI-Europaforum“ über die Perspektiven des Unternehmens im Rahmen
einer integrierten europäischen Beschaffungspolitik: „EADS als Basis für eine
integrierte europäische Beschaffungspolitik“. Bei der European Aeronautic
Defence and Space Company handelt es sich um den größten Luft- und
Raumfahrtkonzern Europas, der aus dem Zusammenschluss der deutschen
DASA bzw. DaimlerChrysler Aerospace AG, der französischen Aerospatiale
Matra S.A. sowie der spanischen Construcciones Aeronáuticas S.A. (CASA)
entstand. Seit Juli 2000 ist das Unternehmen an der Börse notiert. Zu den
bedeutendsten Produkten gehörten die Raketensysteme Ariane IV und V, die
Flugzeuge der Airbus-Familie, Hubschrauber wie NH 90 und Tiger sowie
militärische Transportflugzeuge wie der neu konzipierte europäische
Langstreckentransporter A400M. Das Unternehmen war außerdem mit 43
Prozent am Eurofighter sowie mit 46,5 Prozent an Dassault (Mirage) beteiligt.
x Gemeinsam mit dem World Economic Forum (Davos) erstellten ZEI
Mitarbeiterin Susanne Mundschenk und ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von
Hagen zur Beurteilung des Lissabon Prozesses den „Lisbon Review“, der bei der
Europäischen Tagung des World Economic Forum Ende September 2002 in
Salzburg der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Der „Lisbon Review“ benutzt
Daten aus der Unternehmensbefragung des World Economic Forum. Sie gaben
die Einschätzung der Erfolge des Lissabon Prozesses aus der Sicht der
Unternehmen wieder. Susanne Mundschenk und Prof. Dr. von Hagen verglichen
dabei die EU Staaten mit einer Reihe anderer OECD Länder (USA, Australien,
156
Neuseeland, Schweiz, Norwegen) und den zehn mittel- und osteuropäischen
Beitrittsländern. Die Ergebnisse zeigten, dass die meisten EU Länder deutlich
hinter den Vergleichsländern der OECD zurückblieben. Innerhalb der EU lag
Finnland konsistent an der Spitze der Beurteilung, während Deutschland und
Frankreich im Mittelfeld lagen. Die beiden größten Volkswirtschaften der EU
waren demnach mit Abstand nicht mehr die wirtschaftlich und
wirtschaftspolitisch führenden Länder der EU. Bedenklich stimmte aber auch
das Ergebnis dieser Studie, dass es nur einen schwachen Zusammenhang
zwischen dem Wachstumsverhalten einer Volkswirtschaft und seiner
Beurteilung im „Lissabon Prozess“ gibt. Dies deutete darauf hin, dass der
„Lissabon Prozess“ konzeptionell ungenügend ausgestaltet war.
Susanne Mundschenk/Jürgen von Hagen, The Lisbon Review 2002-2003: An
Assessment of Policies and Reforms in Europe, Bonn/Genf: Zentrum für
Europäische Integrationsforschung /World Economic Forum, 2002.
x Die EU hat zur wirtschaftspolitischen Koordination eine Reihe von
Mechanismen (wie wirtschaftspolitische Richtlinien, Luxemburg Prozess,
Cardiff Prozess und Köln Prozess) geschaffen, die unterschiedliche Aspekte der
Wirtschaftspolitik abdecken. Inwieweit diese jedoch in der Lage sind, die
grundlegende Aufgabe zu lösen, eine konsistente Wirtschaftspolitik zu liefern,
ist umstritten. ZEI Mitarbeiterin Susanne Mundschenk und ZEI Direktor Prof.
Dr. Jürgen von Hagen arbeiteten in einem gemeinsamen Projekt an der Analyse
der wirtschaftspolitischen Aspekte dieser Frage. Ausgangspunkt ihrer
Überlegungen war die Entstehung von wirtschaftspolitischen „Klubgütern“ in
der Europäischen Währungsunion. Klubgüter sind wirtschaftspolitische Größen
wie der gemeinsame Wechselkurs und die gemeinsame Inflationsrate, an denen
alle Teilnehmer der Währungsunion gemeinschaftlich partizipieren. Diese
Klubgüter
erforderten
eine
neue
Definition
wirtschaftspolitischer
Verantwortlichkeiten in der Währungsunion. Sie argumentierten, dass die
bestehenden Mechanismen zu wenig auf die speziellen Probleme der
Währungsunion zugeschnitten seien. Aufgrund ihrer institutionellen Gestaltung
sei zu vermuten, dass diese Prozesse weitgehend ineffektiv bleiben werden. Dies
lag nicht zuletzt an der Beschränkung der Koordination auf den bloßen
Austausch von Absichtserklärungen und der mangelnde Möglichkeit zu
bindenden Absprachen.
Jürgen von Hagen/Susanne Mundschenk, Fiscal and Monetary Policy
Coordination in EMU, in: Journal of International Finance and Economics, 8,
Washington D.C., 2003, Seite 279-95
157
x Im März 2003 veranstaltete das ZEI gemeinsam mit dem Centre for
Economic Policy Research, London, eine Konferenz zum Thema „Econometric
Modeling of the Euro Economy“. In dieser Konferenz standen sektorale Aspekte
der Wirtschaft des Euroraums im Mittelpunkt, wie zum Beispiel das
Investitions- und das Konsumverhalten. Die Konferenz wurde mit Mitteln der
Europäischen Kommission finanziell gefördert.
x ZEI Senior Fellow Dr. Iulia Traistaru leitete von 2005 bis 2009 ein
Forschungsprojekt über das Wachstumsverhalten und die Determinanten des
Wirtschaftswachstums in den Regionen Europas. Das Projekt wurde von der
Europäischen Kommission im Rahmen ihres 6. Rahmenprogramms finanziert.
Beteiligt waren neben dem ZEI Universitäten aus verschiedenen Europäischen
Ländern sowie aus China. Das Forschungsprojekt „Determinanten der
Wachstumserfolge in dynamischen Regionen“ untersuchte die wesentlichen
Determinanten der jüngsten Wachstumserfolge in dynamischen Regionen
(China, Indien, Südost-Asien, Brasilien, Russland, Zentraleuropa). Der
Schwerpunkt lag auf der Analyse der wechselnden komparativen
Wettbewerbsvorteile und des Transfers von Wissen bzw. modernen
Technologien in einer wissensbasierten Weltwirtschaft. Ziel des Projektes war
es, Implikationen für geeignete, wachstumsfördernde Politikmaßnahmen
abzuleiten, die in der EU umgesetzt werden können. Dabei wurden insbesondere
die folgenden Faktoren berücksichtigt: die Bedeutung von Wissen und
Innovation für das ökonomische Wachstum auf der Länder- Regionen- und
Firmenebene;
die
Implikationen
von
wechselnden
komparativen
Wettbewerbsvorteilen
für
die
weltweite
Einkommensverteilung,
Einkommenskonvergenz und Wettbewerbsfähigkeit; der Einfluss von
öffentlichen Politikmaßnahmen auf Innovation und Wachstum und die sich
daraus ergebenden Optionen für eine erfolgreiche Wachstumspolitik der EU.
Das Forschungsprojekt basierte sowohl auf theoretischen als auch empirischen
Beiträgen.
x Die für 2010 gesetzte Frist für das Ziel der Lissabon-Strategie, die EU zum
wettbewerbsfähigsten, dynamischsten und wissensbasiertesten Wirtschaftsraum
der Welt zu machen, der fähig ist, dauerhaftes Wirtschaftswachstum zu
ermöglichen, zeigte die Schwächen der EU nur zu deutlich auf. In dem heutigen
globalen wirtschaftlichen Umfeld sind Politiker mehr denn je gefordert,
Politiken zu entwerfen, die geeignet sind, für wirtschaftliches Wachstum zu
sorgen und die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. ZEI Master Fellow Meredith
Tunick regte in dem Zusammenhang ein neues Denken an und argumentierte für
158
eine auf Innovationen beruhende politische Infrastruktur. Sie rief europäische
Politiker dazu auf, ein adäquates, wettbewerbsfähiges Umfeld zu schaffen, in
dem sich innovatives Handeln am Besten entfalten kann. Dabei nutzte sie
grundlegende ordnungspolitische Überlegungen von Schumpeter und Hayek, um
ihre wirtschaftspolitische Argumentation zu untermauern.
Meredith Tunick: Promoting Innovation in the European Union- On the
Development of Sound Competition and Industrial Policies, ZEI Discussion
Paper, C 191/2009.
2.2 Arbeitsmarktpolitik
Die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik war bis in die 1990er Jahre
alleinige Angelegenheit der europäischen Nationalstaaten. Anlässlich des
drastischen Anstiegs der Arbeitslosenzahlen Mitte der 1990er Jahre innerhalb
der EU startete die EU-Kommission eine Initiative für eine europaweit
koordinierte Beschäftigungspolitik. Das Ergebnis war die 1997 ins Leben
gerufene Europäische Beschäftigungsstrategie. Diese zielte darauf ab,
europaweit mehr und bessere Arbeitsplätze zu schaffen. Die EU-Länder können
im Rahmen der „offenen Methode der Koordinierung“ Informationen
austauschen sowie ihre Beschäftigungspolitik diskutieren und koordinieren.
Dadurch war ein einheitlicher Analyserahmen entstanden. Die
Arbeitsmarktprobleme einzelner EU-Länder sind jedoch strukturell sehr
unterschiedlich geblieben.
x ZEI Senior Fellow Dr. Stefan Lutz organisierte Anfang 1998 eine Tagung
zum Thema „Labor Productivity, Product Quality, and Trade”, bei der namhafte
europäische Wirtschaftswissenschaftler die Entwicklung der Europäischen
Union als wirtschaftlichen Standort erörterten. Im Mittelpunkt der Tagung stand
die Frage, inwieweit sich der traditionelle europäische Standortvorteil einer
hohen Arbeitsproduktivität durch die Spezialisierung auf Produkte mit hoher
Qualität ersetzen lässt. Die Konferenz zeigte, dass die Modelle zur Analyse von
Wettbewerb auf qualitätsintensiven Märkten, die erst seit wenigen Jahren
entwickelt werden, noch nicht genügend ausgereift sind, um
wirtschaftspolitische Schluss-folgerungen zu erlauben.
Stefan Lutz/Alessandro Turrini, Skills, Labour Costs, and Vertically
Differentiated Industries. A General Equilibrium Analysis, ZEI Working Paper,
B26/1999.
x Sind Preisstabilität und stabile Beschäftigung wirklich so wichtig, wie
Ökonomen gemeinhin behaupten? ZEI Senior Fellow Dr. Robert MacCulloch
159
arbeitete im Jahr 1999 im Rahmen seines Projekts „How Do Macroeconomic
Fluctuations Affect Happiness?“ an der Beantwortung dieser Frage. Im
Mittelpunkt seines Projekts stand der Einfluss makroökonomischer
Entwicklungen auf das Wohlbefinden der Bevölkerung, gemessen anhand von
Befragungsdaten. Die empirischen Schätzungen, die Dr. MacCulloch im
Rahmen dieses Projekts durchführte, beruhten auf amerikanischen und
europäischen Befragungen aus den 1970er bis zu den 1990er Jahren. Sie zeigten,
dass die befragten Personen im Durchschnitt bereit wären, für eine Verringerung
der Arbeitslosenquote ihres Landes um einen Prozentpunkt einen Betrag von
165 Dollar (in Preisen von 1985) und für eine Verringerung der Inflationsrate
ihres Landes um einen Prozentpunkt einen Betrag von 150 Dollar (in Preisen
von 1985) zu zahlen. Dies entsprach jeweils etwa zwei Prozent des
durchschnittlichen Pro-Kopf Einkommens der Befragten. Dr. MacCullochs
Studie wurde im American Economic Review publiziert.
x Im Rahmen des Projekts „Flexibility of Labor Markets“ untersuchte ZEI
Senior Fellow Dr. Robert MacCulloch den empirischen Zusammenhang
zwischen
Flexibilität
und
wichtigen
Arbeitsmarktindikatoren
wie
Arbeitslosenquote, Beschäftigungsquote und Partizipationsrate. Er stützte sich
dabei auf ein Maß der Flexibilität, das aus internationalen Befragungsdaten
entwickelt wurde und einen internationalen Vergleich der Arbeitsmarktentwicklung zuließ. In einer gemeinsamen Arbeit mit Prof. Dr. Rafael Di Tella,
Harvard University, zeigte Dr. MacCulloch, dass der Zusammenhang zwischen
Flexibilität und Arbeitslosenquoten nur schwach negativ war. Daten aus den
1980er Jahren ließen den Schluss, eine Flexibilisierung der Arbeitsmärkte trage
zur Überwindung der Arbeitslosigkeit bei, nicht zu. Hingegen gab es einen
deutlich positiven Zusammenhang zwischen Flexibilität und Beschäftigungsgrad, und dies vor allem in der Beschäftigung von Frauen. Deutlich wurde auch,
dass flexible Arbeitsmärkte in der Lage sind, negative Beschäftigungsschocks
rascher zu absorbieren.
Rafael Di Tella/Robert J. MacCulloch, The Consequences of Labor Market
Flexibility, ZEI Working Paper, B02/1999
x In einem weiteren Projekt befasste sich Dr. MacCulloch mit theoretischen
und empirischen Determinanten der Arbeitslosenversicherung und der sozialen
Sicherung. Vor dem Hintergrund der Absicht der französischen Regierung, die
gesetzliche Arbeitszeit in Frankreich auf 35 Stunden zu verkürzen, diskutierte
das „Deutsch-Französische Wirtschaftspolitische Forum“ bei seinem Treffen im
Juli 1999 in Paris die deutschen Erfahrungen mit der Verkürzung der
160
Arbeitszeit. Prof. Dr. Axel Börsch-Supan, Universität Mannheim, erläuterte in
seinem einführenden Referat die Schwierigkeiten einer exakten Messung der
Beschäftigungseffekte der Arbeitszeitverkürzung. Aufgrund einer Reihe von
Schätzungen kam er zu dem Schluss, dass die Beschäftigungseffekte vermutlich
negativ waren. Auf französischer Seite hoffte man dagegen, durch steuerliche
und andere Anreize für die Unternehmen positive Beschäftigungseffekte
erzielen zu können.
x ZEI Senior Fellow Dr. Rolf Strauch und ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen
von Hagen befassten sich in einer gemeinsamen Arbeit über die langfristige
Entwicklung der deutschen Finanzpolitik mit der Interaktion zwischen
Arbeitsmarktentwicklung und der Entwicklung der öffentlichen Finanzen in der
Bundesrepublik. Sie zeigten, dass die seit den 70er Jahren zu beobachtende,
langfristige Schwächung der öffentlichen Finanzen in Deutschland im
Zusammenhang mit einer verfehlten Arbeitsmarktpolitik steht, die zunehmend
die Finanzlage der Rentenversicherung belastete. Dieser Trend hat sich in der
Folge der Deutschen Einigung fortgesetzt und noch verstärkt. Dr. Strauch und
Prof. Dr. von Hagen argumentierten, dass die Bewältigung der langfristigen
Herausforderungen an die Finanzpolitik nur mit einer Reform des deutschen
Arbeitsmarkts gelingen kann.
Rolf R. Strauch/Jürgen von Hagen, Tumbling Giant. Germany’s Experience with
the Maastricht Fiscal Criteria, ZEI Working Paper, B05/1999.
x Unter Leitung von Diplom Volkswirtin Susanne Mundschenk erarbeiteten
Mitarbeiter des ZEI in den Jahren 2000 und 2001 für das Bundesministerium für
Arbeit und Soziales eine Synopsis der Nationalen Aktionspläne der EUMitgliedsstaaten zur Beschäftigungspolitik. Nationale Aktionspläne wurden seit
1998 im Rahmen des Luxemburger Prozesses jährlich erstellt. Ziel des Projektes
war die Identifikation einer europäischen Beschäftigungsstrategie aus den
nationalen Plänen und die Diskussion von Schlussfolgerungen für die deutsche
Beschäftigungspolitik. Im Rahmen des Projektes organisierte das ZEI im
Sommer 2000 einen Workshop mit führenden europäischen Arbeitsmarktökonomen. Das Projekt zeigte, dass die Arbeitsmarktprobleme unterschiedlicher
EU-Länder strukturell sehr unterschiedlich zu beurteilen sind. Spielen regionale
Entwicklungen in einigen Ländern eine große Rolle, so sind es in anderen
Ländern eher Probleme unterschiedlicher Altersgruppen, die zu anhaltend hohen
Arbeitslosenquoten führen. Diese Heterogenität der Arbeitslosigkeit warf
erhebliche Fragen in Bezug auf die Effektivität einer gemeinsamen europäischen
Beschäftigungsstrategie auf. Das Projekt zeigte allerdings, dass der Prozess der
161
Formulierung und gemeinsamen Beurteilung der nationalen Beschäftigungspolitiken eine eigene Dynamik entwickelt hatte, die zumindest zu einem
einheitlichen Analyserahmen führte. Die Ergebnisse wurden im Jahr 2001 von
Susanne Munschenk, in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Arbeit
und Sozialordnung in Bonn, unter dem Titel „Auswertung der Nationalen
Beschäftigungspolitischen Aktionspläne der anderen EU-Staaten für 1999 und
2000“ publiziert.
x Mit arbeitsmarkt- und regionalpolitischen Fragen befasste sich ein von den
ZEI Senior Fellow Dr. Iulia Traistaru und Dr. Jan Fidrmuc geleitetes
Forschungsprojekt 2001 bis 2004 mit dem Titel „Regional Labor Market
Adjustment in the Accession Candidate Countries“. Das Projekt, an dem neben
Wissenschaftlern des ZEI auch Forscher aus Wien, London, Budapest,
Mannheim, Berlin, Stockholm und Den Haag beteiligt waren, betrachtete die
Anpassungsprozesse auf den regionalen Arbeitsmärkten der Beitrittsländer und
die Auswirkungen der Arbeitsmarktpolitik. Im Rahmen des Projekts wurden die
verschiedenen Anpassungsmechanismen der Arbeitsmärkte – Änderungen in der
Partizipation, Lohnentwicklung und Migration – untersucht. Besondere
Aufmerksamkeit wurde den Grenzregionen der Beitrittsländer gewidmet. In
einem Teilprojekt von Dr. Traistaru ging es vor allem um die Frage der
Flexibilität regionaler Arbeitsmärkte in den neuen Mitgliedsstaaten. Die
Europäische Zentralbank veröffentlichte die Ergebnisse 2004 unter dem Titel
„Macroeconomic Adjustment in the New EU Member States“.
x Am 7. und 8. Dezember 2001 fand unter Leitung von Prof. Dr. Monika
Merz, Universität Bonn, am ZEI ein internationaler Workshop zum Thema
„Interactions between financial markets and labor markets“ statt. Bei dieser
Veranstaltung, die international führende Wissenschaftler aus den Bereichen
Makroökonomik, Finanz- und Arbeitsmärkte zusammenbrachte, diskutierten die
Teilnehmer aktuelle Forschungsergebnisse aus Theorie und Empirie der Finanzund Arbeitsmarktökonomik. Dabei stand die Interaktion zwischen Kapital- und
Arbeitsmärkten im Mittelpunkt der Diskussion, so beispielsweise die Rolle der
Kapitalmarktstruktur für die Entscheidung von Unternehmen, Arbeiter neu
einzustellen bzw. zu entlassen, und die Rolle von Arbeitsmarktfriktionen,
Lohnfindungsmechanismen und technologischem Fortschritt für die
Unternehmensbewertung. Die Beiträge präsentierten theoretische und
empirische Untersuchungen und diskutierten die wirtschaftspolitischen
Implikationen rigider Arbeitsmärkte.
162
x Im August 2003 veranstaltete ZEI Senior Fellow Dr. Jan Fidrmuc
gemeinsam mit dem William Davidson Institute der University of Michigan eine
Konferenz zum Thema „Political Economy of Transition: Job Creation and Job
Destruction“, die internationale wissenschaftliche Experten zu Arbeitsmarktfragen in Transformationsländern nach Bonn brachte.
x Unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Oded Stark,
Jerusalem, führte das ZEI ein Forschungsprojekt über die wirtschaftlichen
Determinanten internationaler Migration durch. Im Mittelpunkt des Projekts, an
dem junge Wissenschaftler aus Europa und den USA beteiligt waren, standen
die Ansätze der sogenannten New Economics of Migration, die sich auf
bildungs-ökonomische Zusammenhänge konzentrierte. Das Projekt endete mit
einer Konferenz in Bonn am 30. September/1. Oktober 2003.
x Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit blieb trotz Wirtschafts- und
Währungsunion die größte wirtschaftspolitische Herausforderung Europas. Seit
einigen Jahren forderten internationale Institutionen wie die OECD ebenso wie
zahlreiche Wirtschaftswissenschaftler und Vertreter der Wirtschaftspresse
forderten eine größere Flexibilität der Arbeitsmärkte in Europa, um dem
Problem Herr zu werden. Der derzeitige Forschungsstand stützte diese
Forderung kaum. Weder theoretische noch empirische Analysen belegten
überzeugend, dass Flexibilisierung zum Abbau der Arbeitslosigkeit beiträgt.
Hinzu kam, dass der Begriff der Flexibilität in der wirtschaftspolitischen
Diskussion mit unterschiedlichen Inhalten belegt wurde. ZEI Senior Fellow Dr.
Iulia Traistaru und ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen zeigten in einer
gemeinsamen Studie 2005, dass die Lohnflexibilität in den neuen
Mitgliedstaaten ausreichend groß sei, um eine Mitgliedschaft dieser Länder in
der Währungsunion zu ermöglichen.
Jürgen von Hagen/Iulia Traistaru, Macroeconomic Adjustment in the New EU
Member States, ZEI Working Paper, B01/2005.
x In dem Paper „Free Movement of Workers in the EU“ wurden
Hintergründe und Geschichte von drei ausgewählten Erweiterungsprozessen
untersucht. Wirtschaftliche Begründungen und Rechtfertigungen während der
Zeit der Übergangsbestimmungen wurden in Frage gestellt und daraufhin
untersucht, wie diese sich praktisch auswirkten. Es wurden Fragen aufgeworfen
über die politischen Absichten hinter den Restriktionen der Freiheit der Arbeiter.
Das Paper gab Aufschluss über die rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen
Faktoren, die Einfluss auf die mitgliedsstaatliche Entscheidungsfindung bei der
163
Einführung und Durchsetzung von Übergangsbestimmungen im Zuge des
Beitritts neuer Mitgliedsstaaten in die EU nehmen.
Desislava Kraleva, Free Movement of Workers in the EU. Legal Aspects of the
Transitional Arrangements, ZEI Discussion Paper, C217/2013.
Weitere ausgewählte Publikationen
Jürgen von Hagen, Fiscal Policy and Intranational Risk-Sharing, ZEI Working
Paper, B13/1998.
Kenneth M. Kletzer, Monetary Union, Asymmetric Productivity Shocks and
Fiscal Insurance. An Analytical Discussion of Welfare Issues, ZEI Working
Paper, B06/1998.
John W. Maxwell/Jürgen von Hagen, Empirical Studies of Environmental
Policies in Europe, New York: Springer Science and Business Media, 2000, 217
Seiten.
Ingo Fender, Corporate Hedging. The Impact of Financial Derivatives on the
Broad Credit Channel of Monetary Policy, BIS Working Paper No 94, Basel:
Bank for International Settlements, 2000.
Bünger, Klaus, Vorrang für Systemwettbewerb, in: Lüder Gerken/Otto Graf
Lambsdorff, Otto (Hrsg.), Ordnungspolitik in der Weltwirtschaft, Baden-Baden:
Nomos Verlag, 2001, Seite 98-104.
Jürgen von Hagen/Susanne Mundschenk, The Functioning of Economic Policy
Coordination, ZEI Working Paper, B08/2001.
Volker Reinthaler/Guntram Wolff, The effectiveness of subsidies revisited:
accounting for wage and employment effects in business R&D, ZEI Working
Paper, B21/2004.
Iulia Traistaru/Guntram Wolff, Guntram, Regional Specialization and
Employment Dynamics in Transition Countries, in: Scott Hacker/Börje
Johansson, Emerging Market Economies and European Economic Integration,
Cheltenham: Edward Elgar, 2004, Seite 134-159.
Jürgen von Hagen/Klaus Zimmermann/Michael Burda/Kai Konrad/Friedrich
Schneider/Hilmar Schneider/Gert Wagner, Petersberger Erklärung: Anstöße für
eine zukunftsgerichtete Arbeitsmarktpolitik, in: Wirtschaftsdienst, 88/12, Kiel,
2008, Seite 814-815.
164
3.
Regional- und Strukturpolitik
Die Regional- und Strukturpolitik der EU zielt darauf ab, die sozialen,
wirtschaftlichen und territorialen Unterschiede der Regionen innerhalb Europas
auszugleichen. Die getätigten Investitionen beliefen sich im Zeitraum 20072013 auf 348 Mrd. Euro. Damit stellt die Regionalpolitik den zweitgrößten
Posten des EU-Haushalts dar. Sie dient der Schaffung von Arbeitsplätzen, der
Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, der Förderung des Wirtschaftswachstums, der Verbesserung der Lebensqualität und einer nachhaltigen
Entwicklung. Gefördert werden zum einen die am wenigsten wohlhabenden
Regionen, deren BIP unter 75 Prozent des Gemeinschaftsdurchschnitts liegt.
Zum anderen Gebiete, deren BIP zwar über diesen 75 Prozent liegt, die aber
unter
besonderen
Strukturproblemen
leiden.
Schließlich
bestehen
Fördermöglichkeiten für die Zusammenarbeit von Regionen an Binnen- und
einigen Außengrenzen der EU-Länder.
3.1 Regionale Zusammenarbeit in der EU
x Die EU-Regierungskonferenz 2000 in Nizza hatte weiteren Handlungs- und
Entscheidungsbedarf offen gelassen, der zu einem neuen Reformmandat der EU
beim Gipfeltreffen in Laeken im Dezember 2001 führte. Für die deutschen
Bundesländer war in diesem Prozess entscheidend, wie ihre Kompetenzen in
einem künftigen Verfassungsvertrag der EU abgegrenzt und gewährleistet
werden. Aus Sicht des ZEI war es erstrebenswert, künftig vermehrt solchen
Fragen nachzugehen, die NRW-spezifische Interessen behandeln. Das
Arbeitsfeld sollte den Grundsatz der Subsidiarität in einer möglichen
europäischen Verfassung umfassen. Entsprechende Gespräche über
Kooperationsfelder konnten 2001 von den ZEI Mitarbeitern mit der Ministerin
für Europaangelegenheiten des Landes Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft,
und ihrem Amtschef, Dr. Georg Kindsmüller, geführt werden.
x ZEI Mitarbeiter arbeiteten gemeinsam mit Prof. Dr. Jorn Rattso
(Norwegian Technology University) an einem Forschungsprojekt zur Struktur
und Entwicklung der lokalen Gebietskörperschaften in europäischen Ländern.
Ziel des Projekts war die Entwicklung eines gemeinsamen empirischen
Forschungsansatzes, unter dem lokale Gebietskörperschaften in Deutschland,
Norwegen, Polen, Ungarn, der Tschechischen Republik, Italien und Schweden
verglichen werden können. Ein erstes Treffen der beteiligten Wissenschaftler
aus diesen Ländern fand im Dezember 2000 in Bonn statt.
165
x In einem gemeinsamen Projekt mit der Universität Lille untersuchten ZEI
Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen und ZEI Senior Fellow Prof. Dr. Etienne
Farvacque die Entwicklung der haushaltspolitischen Institutionen auf
Gemeindeebene in Deutschland, Frankreich und einigen anderen Ländern. Ziel
des Projekts war es, die Effektivität unterschiedlicher Budgetregeln in den
Ländern miteinander zu vergleichen. Auf diese Weise sollte gezeigt werden, wie
die lokale Ebene zum Ziel der dauerhaften Tragfähigkeit der öffentlichen
Finanzen in der Europäischen Währungsunion beiträgt bzw. beitragen kann.
Projektmitarbeiter am ZEI war Diplom Volkswirt Dirk Foremny.
Jürgen von Hagen/Etienne Farvaque, Les politiques budgétaires nationales en
union monétaire, in: Etienne Farvaque/Gael Lagadec (édit.), Intégration
Economique Européenne Problèmes et Analyses, Bruxelles: De Boeck
Université, 2002.
x Am 14. November 2002 führte das ZEI gemeinsam mit der NRWVertretung in Brüssel einen Workshop zum Thema „Europas Regionen im
Laeken-Prozess – Mitspieler oder Zuschauer?“ durch. Diskussionsthema war die
zukünftige Rolle des Ausschusses der Regionen (AdR) im europäischen
Entscheidungssystem, die Ausgestaltung des Subsidiaritätsprinzips sowie der
Einfluss der konstitutionellen Regionen im Laeken-Prozess. Entschieden
widersprach der ehemalige französische Europaminister Alain Lamassoure der
Vorstellung, europäische Verträge oder eine zukünftige europäische Verfassung
dürften in die Territorialordnung der Mitgliedsstaaten hineinwirken. Im
Ausschuss der Regionen sah er eine offizielle Interessenvertretung der
Regionen, die jedoch nicht hinreichend demokratisch legitimiert sei und auch in
Zukunft nicht mit mehr Kompetenzen ausgestattet werden solle. Prof. Dr Jürgen
Meyer, Angehöriger der Konvents-Arbeitsgruppe I, „Subsidiaritätsprinzip“,
unterstrich die Bedeutung des Grundsatzes und forderte seine Aufnahme in eine
zukünftige Verfassungspräambel. Die Überwachung der Achtung des
„Subsidiaritätsprinzips“ solle vor Inkrafttreten der jeweiligen Rechtsakte
erfolgen, unter frühzeitiger Beteiligung der nationalen Parlamente am
Rechtsetzungsverfahren. Der EuGH und keine neue Instanz müsse grundsätzlich
die nachträgliche juristische Überwachung übernehmen.
Marcus Höreth, When Dreams Come True: The Role of Powerful Regions in
Future Europe, ZEI Discussion Paper, C121/2003.
x Bedingt durch die fortschreitende politische und wirtschaftliche Integration
der Europäischen Union wird der Charakter der innereuropäischen Grenzen wie
auch die Zusammenarbeit zwischen den Regionen Europas einem nachhaltigen
166
Wandel unterworfen. Daran wird sich auch künftig wenig ändern. Wie jedoch
sieht die zukünftige Zusammenarbeit aus? Dieser Frage ging das ZEI im Jahr
2002 in der Publikation „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den
Regionen der Europäischen Union“, herausgegeben von ZEI Mitarbeiter Prof.
Dr. Xuewu Gu, nach. Aufbauend auf grundlegenden Darstellungen zum
rechtlichen Rahmen der regionalen Zusammenarbeit sowie zum allgemeinen
Charakter der Grenzen innerhalb der EU bot der Sammelband eine Analyse in
ausgewählten Politikfeldern. Untersucht wurden unter anderem Innen- und
Rechtspolitik, regionale Strukturpolitik und Umweltschutz. In einem besonderen
Teil wurde die Zukunft dieser transregionalen Zusammenarbeit aus der Sicht
verschiedener nationaler und europäischer Institutionen beleuchtet.
Xuewu Gu (Hrsg.), Grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den
Regionen in Europa, Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Band 39, Baden-Baden: Nomos Verlag, 2002, 219 Seiten.
x Als größte politische Region in der EU muss das Land NRW immer mehr
seinen Standort im Zuge der Globalisierung und Europäisierung behaupten.
Daher gewinnt die grenzüberschreitende Zusammenarbeit für diese Region
immer mehr an Bedeutung, was sich in den Förderungsprogrammen der EU
zeigt. Das Paper „Netzwerkbildung in der EU als regionale Standortpolitik?
Nordrhein-Westfalen und die transnationalen Beziehungen zu Regionen im
Benelux-Raum, sowie in mittel- und Osteuropa“ von Nicole Christina Groß
beleuchtete im Jahr 2004 beispielhaft die Gründe und Motivationen des Landes
NRW für grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit dem Benelux-Raum sowie
mit Mittel- und Osteuropa.
Nicole Christina Groß, Netzwerkbildung in der EU als regionale
Standortpolitik? Nordrhein-Westfalen und die transnationalen Beziehungen zu
Regionen im Benelux-Raum sowie in Mittel- und Osteuropa, ZEI Discussion
Paper, C134/2004.
3.2 Regionalpolitik im Kontext der EU-Osterweiterung
x Zu den wirtschaftspolitischen Herausforderungen des Beitrittsprozesses
gehörte auch die Gestaltung der regionalen Entwicklung in den Beitrittsländern.
Regionale Arbeitsmärkte und Märkte für Güter und Dienstleistungen müssen in
den Beitrittsländern gestärkt werden, um regionale Ungleichgewichte infolge
der stärkeren Einbindung der nationalen Wirtschaften in die europäische
Wirtschaft zu vermeiden. Zu dieser Aufgabe gehört nicht zuletzt die Stärkung
der regionalen Administrationen, um die Beitrittsländer zu befähigen, an den
167
Regionalprogrammen der Europäischen Union zu partizipieren. Vor diesem
Hintergrund veranstaltete das ZEI unter der Leitung von ZEI Senior Fellow Dr.
Iulia Traistaru am 10./11. Dezember 1999 einen Workshop zum Thema
„Regional Development in Europe in the Context of Enlargement and the
Agenda 2000.“ Über 40 Teilnehmer aus den Beitrittsländern und Westeuropa
diskutierten empirische Befunde der regionalen Entwicklung und der
volkswirtschaftlichen Wirkungen der europäischen Regionalpolitik. Ziel des
Workshops war nicht zuletzt die Entwicklung einer gemeinsamen
Forschungsperspektive, um komparative empirische Arbeiten von
Forscherteams aus verschiedenen Ländern zu fördern.
x Der Prozess der europäischen Integration führte einerseits zu intensiveren
Handelsbeziehungen zwischen den Beitrittsländern und der Union, andererseits
aber auch zu einer Veränderung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den
Regionen der Beitrittsländer bis hin zur Disintegration. Deutlichstes Beispiel
dafür ist die Spaltung der ehemaligen CSSR in die Tschechische und die
Slowakische Repubik. ZEI Senior Fellow Dr. Jan Fidrmuc beschäftigte sich in
einem Forschungsprojekt mit der Dualität dieser Prozesse. In einer
gemeinsamen Arbeit mit Dr. Iulius Horvath, Senior Fellow am ZEI, Central
European University, Budapest, und Academia Istropolitana Nova, Bratislava,
und Jarko Fidrmuc, Österreichische Nationalbank, wurde aufgezeigt, dass sich
die Instabilität der Tschechisch-Slowakischen Währungsunion aufgrund der
wirtschaftlichen Grunddaten erklären lässt.
Jan Fidrmuc/Iulius Horvath/Jarko Fidrmuc, Stability of Monetary Unions.
Lessons from the Break Up of Czechoslovakia, in: Journal of Comparative
Economics, Amsterdam/München: Elsevier Verlag, Vol. 27, Issue 4, 1999: Seite
753-781.
x Zu den wirtschaftspolitischen Herausforderungen gehörte die Gestaltung
der regionalen Entwicklung in den mittelost- und südosteuropäsichen
Beitrittsländern. Regionale Arbeitsmärkte und Märkte für Güter und
Dienstleistungen müssen in den Beitrittsländern gestärkt werden, um regionale
Ungleichgewichte infolge der stärkeren Einbindung der nationalen Wirtschaften
in die europäische Wirtschaft zu vermeiden. ZEI Senior Fellow Dr. Iulia
Traistaru koordinierte seit 1999 ein Forschungsprogramm über „Europäische
Integration, Regionale Entwicklung und Regionalpolitik“. Das Programm
umfasste ein Europäisches Netzwerk von Forschern, Forschungsprojekte,
Konferenzen und Politikberatung und wurde mit dem Ziel gegründet, die
Förderung und Koordination von Forschungsarbeiten zum wirtschaftlichen
168
Strukturwandel auf regionaler Ebene in Europa zu erleichtern. Dabei fanden
Aspekte und Konsequenzen der Osterweiterung besondere Beachtung.
x Letztlich wird der Erfolg des Erweiterungsprozesses von wirtschaftlichen
Entwicklungen bestimmt werden. ZEI Senior Fellow Dr. Bernd Hayo
beschäftigte sich 1999 in dem Projekt „Public Attitudes Towards Economic
Transition in Eastern Europe“ mit dem Einfluss wirtschaftlicher Größen auf den
Grad der Zustimmung zum Integrationsprozess in den Bevölkerungen der
Beitrittsländer. Seine Analyse kombiniert Befragungsdaten mit makroökonomischen Variablen, um den Effekt der Wirtschaftsentwicklung auf die
öffentliche Meinung zu messen. Er fand heraus, dass Wirtschaftswachstum und
Inflation einen signifikanten Einfluss auf die öffentliche Zustimmung zu
Wirtschaftsreformen und dem Beitrittsprozess in diesen Ländern haben. Eine
stabile Wirtschaftsentwicklung ist notwendig, um die politische Basis für den
Reform- und den Beitrittsprozess zu sichern.
Bernd Hayo, Public Opinion on Transformation in Eastern Europe, in: F.
Columbus (ed.), Central and Eastern Europe in Transition, Vol. 3, New York:
Nova Science, 1999: Seite 129-157.
x ZEI Senior Fellow Dr. Jan Fidrmuc untersuchte 2000 in dem Projekt
„Unemployment and the Dynamics of Political Support for Economic Reforms“
den politischen Prozess der Zustimmung zu wirtschaftlichen Reformen in den
Beitrittsländern. Seine theoretische Analyse zeigte, dass Unsicherheit über den
Reformerfolg eine zentrale Rolle in der Bestimmung des Grads der allgemeinen
Zustimmung spielt. Diese Arbeit bildet den theoretischen Hintergrund zu
empirischen Arbeiten, in denen Dr. Fidrmuc den Einfluss ökonomischer
Entwicklungen auf die Ergebnisse politischer Wahlen in den Beitrittsländern
untersucht. Empirische Ergebnisse für die Tschechische Republik, Ungarn,
Polen und die Slowakei haben gezeigt, dass die Wahlerfolge politischer Parteien
wesentlich von wirtschaftlichen Entwicklungen abhängen.
Jan Fidrmuc, Political Support for Reforms. Economics of Voting in Transition
Countries, in: European Economic Review, Vol. 44, Issue 8,
Amsterdam/München: Elsevier Verlag, 2000, Seite 1491-1513.
x ZEI Mitarbeiter Holger Gleich analysierte 2000 die fiskalpolitischen
Institutionen der Beitrittsländer in Mittel- und Osteuropa. Aufbauend auf dem
Forschungsansatz und den Arbeiten der Forschungsgruppe „Makroökonomische
Politik und Institutionen“ entwickelte er eine Charakterisierung dieser
Institutionen und untersuchte ihre Rolle bei der makroökonomischen
Stabilisierung und der Erreichung dauerhaft tragbarer öffentlicher Finanzen in
169
den Ländern während der 1990er Jahre. Seine Untersuchungen bestätigten die
Bedeutung institutioneller Regeln im Budgetprozess von Regierungen für die
fiskalpolitische Disziplin. Eine wichtige Forschungsfrage war dabei die nach
den Determinanten institutioneller Entwicklungen. Da die betrachteten Länder
zu Beginn des Transformationsprozesses relativ ähnliche Ausgangsbedingungen
für die Fiskalpolitik aufwiesen, dann aber deutlich unterschiedliche Wege der
institutionellen Entwicklung beschritten haben, wurde analysiert, welche
politischen und wirtschaftlichen Faktoren die Entwicklung fiskalpolitischer
Institutionen beeinflussen. Ergebnisse der Untersuchung stellten Holger Gleich
und ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen bei der European Summer
Academy des Centre for Economic Policy Research (CEPR) in Amsterdam im
August 2000 vor.
x In einem gemeinsamen Projekt erarbeiteten die Research Fellows des
Centre for Economic Policy Research (London) sowie die Professoren Barry
Eichengreen (Berkeley), David Begg (London), Laszlo Halpern (Budapest),
Charles Wyplosz (Genf) und ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen
Perspektiven für die Gestaltung der Kapitalverkehrsfreiheit für die
Beitrittsländer auf dem Weg in die EU. Im Sommer 2000 veranstaltete die
Forschungsgruppe gemeinsam mit dem Institut für Wirtschaftsforschung Halle
eine Tagung zum Thema Währungskrisen und ihre Vermeidung in
Transformationsländern.
Im Mittelpunkt der Projektarbeit im Jahr 2001 stand die Kombination von
Kapitalverkehrs- und Wechselkursregime in der Zeit zwischen dem EU-Beitritt
und dem Beitritt zur Währungsunion. Diese Periode ist kritisch, da nach der
gängigen Interpretation des EU-Vertrags die neuen Mitglieder freien
Kapitalverkehr zulassen und zugleich Mitglieder in dem System mäßig fixer
Wechselkurse des EWS-2 sein sollten. Die Forderung des EU-Vertrags führt die
neuen Mitglieder in ein währungspolitisches Umfeld, das von hoher
Krisenanfälligkeit gekennzeichnet ist.
x In dem 2000 von ZEI Senior Fellow Dr. Iulia Traistaru initiierten
Forschungsprojekt „European Integration, Regional Specialization, and the
Location of Industrial Activity in Accession Countries“, analysierten
Wissenschaftler aus Bonn, Amsterdam, Mailand, Tallinn, Budapest, Ljubljana
und Bukarest Fragen der regionalen Entwicklung. Das Projekt untersuchte die
sich ändernden Muster der regionalen wirtschaftlichen Spezialisierung in den
Beitrittsländern und die Entwicklung industrieller Standorte in der Region.
Dabei wurden auch regionale Lohndifferentiale betrachtet. Das Projekt sollte
170
identifizieren welchen Einfluss die Instrumente der Europäischen
Regionalpolitik auf ungleichgewichtige Entwicklungen nehmen können.
Konferenzen im Rahmen des Projekts fanden im Januar 2002 in Bohinj,
Slowenien, und vom 9. bis 13. Oktober in Iasi, Rumänien, statt. Zusammen mit
einer Reihe von Praktikern aus der Regionalpolitik diskutierten die
Wissenschaftler bei beiden Veranstaltungen ihre Ergebnisse sowie aktuelle
Fragen der Regionalpolitik in den an dem Projekt beteiligten Ländern. In einem
weiteren Projekt arbeiteten
Iulia Traistaru/Thiess Büttner, Regional Wage Flexibility. A Comparison of EU
Member States and Accession Countries, in: Accession Candidate Countries: A
Literature Survey, AccessLab Working Paper 9, Wien: The Austrian Institute for
Economic Research, September 2002.
x Im Jahr 2000 initiierte das ZEI die Gründung des Forschungsnetzwerks
„European Network on Regional Development and Regional Policy“, das mit
Mitteln des Bundesministeriums für Forschung und Bildung gefördert wurde.
Ziel des Netzwerks war die Förderung und Koordination von
Forschungsarbeiten zum wirtschaftlichen Strukturwandel auf regionaler Ebene
in Europa. Dabei fanden Aspekte und Konsequenzen der Osterweiterung
besondere Beachtung. Rund 50 Wissenschaftler, Praktiker und Vertreter von
Forschungs-einrichtungen und statistischen Behörden aus 16 EU- und
Beitrittsländern sowie der Weltbank arbeiteten im Rahmen dieses Netzwerks
zusammen. Themen waren „Regionale Ungleichheit, Konvergenz und
Integration“, „Industrielle Standortentwicklung und Standortwettbewerb“,
„Regionale Arbeitsmarktentwicklung“ und „Institutionen und institutionelle
Kapazität für Regionalpolitik“.
x Im Rahmen des Projekts „The Impact of European Integration and
Enlargement on Regional Structural Change and Cohesion“, das ZEI Senior
Fellow Dr. Iulia Traistaru leitete, wurden durch Querschnittsanalysen über
verschiedene europäische Staaten und Regionen die Effekte wirtschaftlicher
Integration auf den Strukturwandel und den sozialen Zusammenhalt in den
Regionen untersucht. Strukturwandel wurde dabei vor allem an Indikatoren
räumlicher und sektoraler Spezialisierung festgemacht.
Iulia Traistaru, European Integration, Regional Specialization and Location of
Industrial Activity: A Survey of Theory and Empirical Evidence, in: Iulia
Traistaru/Peter Nijkamp/Laura Resmini (eds.), The Economic Geography in EU
Accession Countries, Aldershot: Ashgate Publishing Ltd., 2003, Seite 28-45.
171
Weitere ausgewählte Publikationen
Christian Weller, The Connection Between More Multinational Banks and Less
Real Credit in Transition Economies, ZEI Working Paper, B08/1999.
Jürgen von Hagen/Christopher J. Waller, Regional Aspects of Monetary Policy
in Europe, New York: Springer Science and Business Media, 2000, 326 Seiten.
Jürgen von Hagen/Ralf Hepp, Regional Risk Sharing and Redistribution in the
German Federation, ZEI Working Paper, B15/2000.
Lucjan Orlowski, A Dynamic Approach to Inflation Targeting in Transition
Economies, ZEI Working Paper, B11/2000.
Jan Fidrmuc, Migration and Adjustment to Shocks in Transition Economies, ZEI
Working Paper, B23/2001.
Iulia Traistaru/Guntram B. Wolff, Regional Specialization and Employment
Dynamics in Transition Countries, ZEI Working Paper, B18/2002.
Iulia Traistaru/Anna Iara, Regional Wage Flexibility in EU Accession
Countries, in: Accession Candidate Countries: A Literature Survey, Access Lab
Working Paper 9, Wien: The Austrian Insti-tute for Economic Research,
September 2002.
Iulia Traistaru/Christian Volpe Martincus, Economic Integration and
Manufacturing Concentration Patterns: Evidence from Mercosur, ZEI Working
Paper, B23/2003.
Laura Resmini, Economic Integration and Industry Location in Transition
Countries, ZEI Working Paper, B10/2004.
Jennifer Pédussel Wu, Measuring and Explaining Levels of Regional Economic
Integration, ZEI Working Paper, B12/2004.
Nauro Campos/Jan Fidrmuc, Political Economy of Transition and Development,
Dordrecht: Kluwer Academic Publisher Groups, 2004, 224 Seiten.
John Bradley/George Petrakos/Iulia Traistaru, Integration, Growth, and
Cohension in an Enlarged European Union, New York: Springer Science and
Business Media, 2004, 348 Seiten.
Jürgen von Hagen, Fiscal Policy Challenges for EU Acceding Countries, in:
Susan Schadler (ed.), Euro Adoption in Central and Eastern Europe:
Opportunities and Challenges, Washington D.C.: IMF, 2005, Seite 259-283.
172
IV. Europas globale Rolle
1.
Gemeinsame EU-Außen-und Sicherheitspolitik
1.1 Institutionelle Aspekte
1.2 Neue Herausforderungen
2.
Erweiterungspolitik
2.1 Osterweiterung
2.2 Südosteuropa nach den Jugoslawien-Kriegen
2.3 Die EU und die Türkei
3.
Nachbarschaftspolitik
3.1 Euro-Mediterrane Partnerschaft
3.2 Östliche Nachbarschaft und Russland
4.
EU und die Weltmächte
4.1 Transatlantische Beziehungen
4.2 EU und China
5.
EU und Regionalintegration in aller Welt
5.1 Region-Building: Grundlagen
5.2 Afrika
5.3 Lateinamerika und Karibik
5.4 Asien und Ozeanien
5.5 Naher Osten und arabischer Raum
173
IV. Europas globale Rolle
Die Außenbeziehungen der Europäischen Union sind ein kompliziertes
Geflecht. War die Außenpolitik lange Zeit eine Angelegenheit der
Nationalstaaten, werden in den vergangenen Jahren die Bemühungen deutlicher,
die verschiedenen Interessen stärker zu koordinieren und sukzessive zu
integrieren. Diesem Zweck dienen die Gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik (GASP) sowie die Gemeinsame Sicherheits- und
Verteidigungspolitik (GSVP). Die EU unterhält zu der Mehrheit der Staaten
weltweit bilaterale Beziehungen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf den
Ländern, die unmittelbar an die EU grenzen. Hier lassen sich zwei
unterschiedliche Strategien erkennen: die Beitrittspolitik der EU und die
Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP). Während die Beitrittspolitik den
Beitritt eines Landes zur Europäischen Union begleitet, richtet sich die ENP an
unmittelbar an die EU angrenzende Nachbarstaaten und strebt eine
Zusammenarbeit ohne Beitrittsperspektive an. Als Grundpfeiler der
europäischen Außenbeziehungen sind ganz sicher die transatlantischen
Beziehungen anzusehen, unterdessen gefolgt von der Zusammenarbeit mit
China. In vielen Regionen der Erde ist die europäische Integration
Inspirationsquelle geworden, um eigene Formen des „Region-building“ zu
realisieren.
175
1.
Gemeinsame EU-Außen- und Sicherheitspolitik
Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU umfasst eine
Vielzahl von Zielen: Erhalt des Friedens, Festigung der internationalen
Sicherheit,
Förderung
internationaler
Zusammenarbeit,
Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit, Einhaltung von Menschenrechten und Grundfreiheiten. Laut
dem Vertrag von Lissabon umfasst die GASP alle Bereiche der Außen- und
Sicherheitspolitik. Teil der GASP ist die Gemeinsame Sicherheits- und
Verteidigungspolitik (GSVP). Die GSVP ermöglicht der EU ein militärisches
Eingreifen, wenn diese Maßnahme der Friedenssicherung oder -erhaltung dient.
Oft geht es dabei um die Bewältigung aktueller Krisen und Konflikte. Die
GASP ist weiterhin nicht vergemeinschaftet, sondern intergouvernmental
angelegt. Vereinbarungen werden von den Mitgliedsstaaten im Europäischen
Rat getroffen. In der Regel erfolgen die außen- und sicherheitspolitischen
Entscheidungen einstimmig. Mit dem Vertrag von Lissabon wurde das Amt des
Hohen Vertreters für Außen- und Sicherheitspolitik geschaffen und der Aufbau
eines europäischen Dienstes für die Außenbeziehungen (EEAS) begonnen.
1.1 Institutionelle Aspekte
Die Entwicklung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik wurde und
wird vom ZEI regelmäßig und intensiv mit Vorträgen und in Publikationen
begleitet. Die wissenschaftliche Arbeit konzentriert sich auf die institutionelle
und konzeptionelle Entwicklung eines globalen Profils der EU im Rahmen der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, auf das Verhältnis zur NATO und
auf die neue Bedeutung der GASP in Zeiten kriegerischer Auseinandersetzungen und des internationalen Terrorismus.
x Die Bemühungen um die Entwicklung einer Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik der EU wurden von vielfältigen Vortragsveranstaltungen und
Publikationen begleitet. Guido Lenzi, Direktor des WEU Institute for Security
Studies, beleuchtete in einem Vortrag am 27. Januar 1998 das Verhältnis WEUNATO-EU.
Guido Lenzi, The WEU between NATO and EU, ZEI Discussion Paper,
C4/1998.
177
x Wolfgang Ischinger, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, hielt am 21. April
1998 einen Vortrag am ZEI zum Thema „Die Gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik nach Amsterdam – Praxis und Perspektiven“.
Wolfgang Ischinger, Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik nach
Amsterdam – Praxis und Perspektiven, ZEI Discussion Paper, C14/1998.
x Dr. Wim van Eekelen, Präsident Europa-Bewegung/Niederlande,
ehemaliger holländischer Verteidigungsminister und Generalsekretär der WEU,
hielt am 24. Juni 1998 am ZEI einen Vortrag zum Thema „Perspektiven der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik“.
Wim F. van Eekelen, Perspektiven der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik der EU, ZEI Discussion Paper, C21/1998.
x In dem von der Fritz Thyssen Stiftung von Oktober 2000 bis März 2003
geförderten Projekt „Die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der
Bundesrepublik Deutschland im euro-atlantischen Integrationszusammenhang,
1990 –2000“ untersuchte ZEI Mitarbeiter Dr. Franz-Josef Meiers in vier
Fallstudien die zentralen Problembereiche, welche die deutsche Sicherheits- und
Verteidigungspolitik seit der Wiedervereinigung 1990 maßgeblich bestimmen:
die Haltung zur europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die Reform
der NATO, die Beteiligung der Bundeswehr an militärischen Missionen
außerhalb des NATO-Vertragsgebietes und die Reform der Streitkräfte in
Interventionsarmeen.
Die Analysen verdeutlichten, dass Handlungsmaximen und Prinzipien der
Außenpolitik des vereinten Deutschlands auch unter den grundlegend
veränderten internationalen Rahmenbedingungen ihre Gültigkeit behalten.
Angesichts dieses Befunds stellte sich die Frage, ob das vereinte Deutschland
mehr Verantwortung für Frieden und Sicherheit in Europa übernimmt, so wie es
von den euro-atlantischen Partnern erwartet wird, auch wenn diese vor allem in
der Frage der militärischen Machtanwendung von in der Gesellschaft
tiefverwurzelten Präferenzen für kooperative, nicht-militärische Strategien und
Instrumente der Konfliktverarbeitung abweichen. Die Projektarbeit ergab, dass
man zwischen der politischen und der militärischen Dimension unterscheiden
muss: Deutschland übernimmt eine Führungsrolle in Bereichen mit einer nichtmilitärischen Dimension, so in Fragen der Europäisierung und Osterweiterung
des Bündnisses sowie bei den politisch-institutionellen Aspekten der
Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GESVP). In
militärischen Fragen ist dagegen ein Führungsvermeidungsreflex zu
konstatieren: Geht es um die Beteiligung an „out-of-area-Einsätzen“ oder
178
militärisch-operative Aspekte der „neuen NATO“ (Projektionsstreitkräfte) und
die operative Ausgestaltung der GSVP (Konvergenzkriterien), präferiert
Deutschland eine Sekundärrolle, indem es die historisch bedingte „Kultur der
Zurückhaltung“ übt.
Franz-Josef Meiers, Zu neuen Ufern? Die Sicherheits- und Verteidigungspolitik
der Bundesrepublik Deutschland in einer Welt des Wandels 1990-2000,
Paderborn: Verlag Schöningh, 2006: 401 Seiten (zugleich Habilitationsschrift).
x Franz Eichinger, Direktor im Generalsekretariat des Ministerrates
(Brüssel), referierte am 25. Februar 2003 am ZEI über die „Neueren
Entwicklungen in der GASP vor dem Hintergrund der Erörterungen des
Europäischen Konvents“.
x Jörg Reschke, Flottenadmiral a.D. und Präsident von EuroDefense
Deutschland hielt am 28. November 2006 einen Vortrag am ZEI zu dem Thema
„Die Sicherheitspolitik Europas – Rückblick und Perspektiven“.
x Am 9. Juli 2007 organisierte das ZEI eine gemeinsame Veranstaltung mit
dem Amerika Haus Köln. Dr. Richard Weitz vom Hudson Institute in
Washington D.C. hielt einen Vortrag zum Thema „The U.S. policy towards
Russia“. In seinem Vortrag analysierte Richard Weitz die sicherheitspolitischen
Implikationen des amerikanischen Raketenabwehrsystems und stellte die
Auswirkungen des Vorhabens auf die amerikanisch-russischen Beziehungen im
Detail dar.
x Auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung besuchte eine vierköpfige
Delegation des Zentralkomitees der Partei der Arbeit aus Nordkorea die
Bundesrepublik Deutschland. Die Delegationsteilnehmer wollten sich über
Einrichtungen und Ansätze der deutschen Außen- und Entwicklungspolitik
informieren. Neben vielfältigen Gesprächen in Bundesministerien und
Stiftungen fand am 12. November 2008 ein Besuch am Zentrum für Europäische
Integrationsforschung (ZEI) statt, bei dem ZEI-Direktor Prof. Dr. Ludger
Kühnhardt den Besuchern Grundlagen der Deutschen Außen- und
Entwicklungspolitik im Rahmen einer Gemeinsamen europäischen Außen- und
Sicherheitspolitik vermittelte.
x Im Rahmen eines Seminars zur politischen Bildung zum Thema
„Europäische Politik und Europäische Sicherheit“ besuchte die Europäische
Akademie NRW am 7. Dezember 2011 das ZEI und informierte sich über
dessen Arbeit. Das Seminar wurde durchgeführt für Bundeswehrsoldaten der
Flugabwehrraketengruppe aus Roth in Bayern. ZEI Mitarbeiter Matthias Vogl
179
hielt in diesem Zusammenhang einen Vortrag zum Thema: „Die Gemeinsame
Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union“. Es wurde ausführlich
auf die geschichtlichen Hintergründe der europäischen Außenpolitik sowie auf
deren Inhalte, Instrumente und Institutionen, wie sie sich seit dem Vertrag von
Maastricht 1992 entwickelt haben, eingegangen.
1.2 Neue Herausforderungen
x Der Mittelmeerraum hat nach dem Ende des Ost-West-Konflikts eine
zunehmend stärkere Aufmerksamkeit in der transatlantischen Sicherheitspolitik
erfahren.
Ethnische
Konflikte,
Terrorismus,
Proliferation
von
Massenvernichtungswaffen und Bürgerkriegsflüchtlinge sind sicherheitspolitische Bedrohungen und Risiken, welche die südliche Peripherie der EU zu
einem der neuen Krisen- und Konfliktherde für die Sicherheit Europas haben
werden lassen. Aus der Sicht vieler Beobachter auf beiden Seiten des Atlantiks
ist nur die NATO in der Lage, für Sicherheit und Stabilität in dieser Region zu
sorgen. Die NATO hat sich bereits frühzeitig dieser Herausforderung
angenommen, doch treten bei der Entwicklung einer Mittelmeerpolitik der
Allianz zahlreiche Probleme und Friktionen zu Tage. Wie sich dieser
Widerspruch erklären lässt, versuchte ZEI Senior Fellow Dr. Carlo Masala in
seiner Fallstudie zu zeigen. In seiner Studie standen zwei Fragestellungen im
Vordergrund: So ging er zum einen der Frage nach, wie sich die
Mittelmeerpolitik der Allianz seit Ende des Ost-West-Konflikts entwickelt hat.
Zum anderen untersuchte er, wie sich Anpassungsprozesse in der Allianz
theoretisch fassbar machen lassen.
Carlo Masala, Den Blick nach Süden? Die NATO im Mittelmeerraum (19902003). Fallstudie zur Anpassung militärischer Allianzen an neue
sicherheitspolitische Rahmenbedingungen, Schriften des Zentrum für
Europäische Integrationsforschung, Band 57, Baden-Baden: Nomos Verlag,
2003, 316 Seiten.
x ZEI-Mitarbeiter Dr. Franz-Josef Meiers führte ein Forschungsprojekt durch
zum Thema „Die zweifache Herausforderung des 11. September 2001.
Problemwahrnehmungen und Handlungsstrategien Deutschlands, Frankreichs,
Großbritanniens und der USA zum internationalen Terrorismus und der
Weitergabe von Massenvernichtungswaffen“. Die Untersuchung konzentrierte
sich auf die vier Akteure, die für tiefgreifende transatlantische Differenzen in
der Beantwortung des internationalen Terrorismus verantwortlich und für die
Bewältigung der neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen im euro180
atlantischen Handlungszusammenhang von zentraler Bedeutung sind:
Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA. Die Problemwahrnehmungen und Handlungsstrategien der vier Akteure nach dem „9/11“
wurden anhand von drei Themenbereichen bearbeitet: Die Gemeinsame
Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Schatten des IrakKonflikts; die Transformation der Bundeswehr im Lichte der Beschlüsse des
NATO Gipfels in Prag im November 2002 sowie des Europäischen Rates vom
Dezember 2003 und Juni 2004; die Anpassung der Streitkräfte an die
Erfordernisse
eines
globalen
Aufgabenspektrums,
technologische
Veränderungen („Network Centric Warfare“) und Fragen der Interoperabilität.
Die Forschungsergebnisse wurden in diversen Sammelbänden und
Fachzeitschriften (Österreichische Militärzeitschrift, Survival) veröffentlicht.
x ZEI Mitarbeiter Andreas Marchetti widmete sich in seiner Dissertation den
Mechanismen, die zur Schaffung und Weiterentwicklung der Europäischen
Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) geführt haben. Dabei untersuchte
er hauptsächlich die Politiken der hierfür maßgeblichen EU Mitgliedsstaaten,
vornehmlich Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens. Die ESVP, deren
Entwicklung von der britisch-französischen Übereinkunft in St. Malo Ende 1998
bis zur Einigung auf eine europäische Verfassung im Juni 2004 den
Untersuchungsrahmen bildete, stellt nach der Realisierung der Europäischen
Wirtschafts- und Währungsunion eines der dynamischsten Politikfelder
innerhalb der europäischen Integration dar. Seit 1998 baut die EU ihre
Kapazitäten zur Krisenprävention und Krisenbewältigung aus. Allerdings ist zu
konstatieren, dass die einzelnen nationalstaatlichen Interessen und damit die
jeweiligen Zielvorstellungen kaum konvergent sind. So gelingt weitere
europäische Integration nur stufenweise.
Andreas Marchetti, Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik:
Politikformulierung im Beziehungsdreieck Deutschland– Frankreich–
Großbritannien, Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung,
Band 70, Baden-Baden: Nomos Verlag, 2009, 378 Seiten.
x Anlässlich
einer
Tagung
zur
deutschen
Sicherheitsund
Verteidigungspolitik in Lyon, die am 12. November 2009 von der Université
Jean Monnet in Saint-Etienne, in Kooperation mit der Friedrich Ebert-Stiftung,
dem Goethe Institut Lyon und der Université Cergy-Pontoise, ausgerichtet
wurde, referierte ZEI Mitarbeiter Dr. Andreas Marchetti ebenso wie im Rahmen
des Deutsch-französischen Zukunftsdialogs der DGAP und des Ifri am 7.
November 2009 in Paris zum Thema „Normalisierung trotz Singularität:
181
L’Allemagne schizophrène im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik“.
x ZEI Mitarbeiter Thorsten Kim Schreiweis hielt auf Einladung der Konrad
Adenauer Stiftung in dem Bildungszentrum Schloss Eichholz am 10. Dezember
2013 einen Vortrag zum Thema „Die gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik. Europas Rolle in der Welt“.
x Die Dissertation von ZEI-Mitarbeiter Matthias Vogl schildert, wie sich vor
dem Hintergrund eines sich wandelnden Sicherheitsbegriffs das europäische
Bild von Afrika aus sicherheitspolitischer Perspektive geändert hat von einer
eindimensionalen Machtpolitik hin zu einem aufgeklärten Eigeninteresse.
Weitere Analyseschritte beinhalten die Reflektion des sicherheitspolitischen
Wandels in den vertraglichen, strategischen und afrikapolitischen Dokumenten
der EU und deren Vergleich mit ausgewählten nationalen Dokumenten. Die
Studie bricht zudem mit der Gewohnheit europäische Afrikapolitik als einen
Baustein der europäischen „GASP“ zu betrachten. Die Studie umfasst den
Zeitraum vom Ende des Ost-West-Konfliktes bis zur Verabschiedung der
„Gemeinsamen Strategie von EU und Afrikanischer Union“ im Jahr 2007.
Matthias Vogl, „Die Entwicklung der Beziehungen zwischen Europa und Afrika
vor dem Hintergrund eines wandelnden Sicherheitsbegriffs – Von Machtpolitik
zum aufgeklärten Eigeninteresse“, Schriften des Zentrum für Europäische
Integrationsforschung, Baden-Baden: Nomos Verlag, 2015.
x Seit dem Vertrag von Lissabon sind alle organisatorischen
Voraussetzungen für eine systematische Anwendung der Gemeinsamen
Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) geschaffen worden. Die
militärischen und zivilen Strukturen, insbesondere Einsatzhauptquartier und
gemeinsame Verbandsrahmen, wie das Transportkommando, sind aufgestellt.
Bisher ist bei der Krisenbeseitigung allerdings, außerhalb von Bosnien und
Mazedonien, in Ablösung zur NATO, nur wenig geschehen. Es ist deshalb
schwer, die Weiterentwicklung der gemeinsamen Politik zur Konfliktprävention
und Krisenbeherrschung endgültig zu beurteilen.
Lothar Rühl, European Foreign and Security Policy since the Lisbon Treaty –
From Common to single? ZEI Discussion Paper, C226/2014.
182
Weitere ausgewählte Publikationen
Stefan Fröhlich, Der Ausbau der europäischen Verteidigungsidentität zwischen
WEU und NATO, ZEI Discussion Paper, C19/1998.
Ludger Kühnhardt, Europa in den Kräftefeldern des 21. Jahrhunderts. Grenzen,
Aufgaben, Handlungsfähigkeit, ZEI Discussion Paper, C22/1998.
Lothar Rühl, Conditions and Options for an Autonomous ,Common European
Policy on Security and Defence‘ in and by the European Union in the PostAmsterdam Perspective opened at Cologne in June 1999, ZEI Discussion Paper,
C54/1999.
Stefan Fröhlich, Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU, in: Das
Parlament, 37/10, Berlin: Bundeszentrale für Politische Bildung, September
1999, Seite 8.
Marten van Heuven, Where will NATO be ten years from now? ZEI Discussion
Paper C67/2000.
Franz-Joseph Meiers, Europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität
(ESVI) oder Gemeinsame Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik
(GESVP), ZEI Discussion Paper, C 79/2000.
Ludger Kühnhardt, The Lakes of Europe, ZEI Discussion Paper, C104/2002.
Kühnhardt, Ludger, Die Frage nach der Zukunft der NATO, in: Reinhard C.
Meier-Walser (Hrsg.), Die Zukunft der NATO, Argumente und Materialien zum
Zeitgeschehen, 34, München: Oldenbourg Verlag, 2002, Seite 25 ff.
Lothar Rühl, Conditions for a European intervention strategy in application of
the ESDP and US/NATO crisis management, ZEI Discussion Paper, C138/2004.
Peter Hughes, NATO and the EU: Managing the Frozen Conflict. Test Case
Afghanistan, ZEI Discussion Paper, C178/2007.
Ludger Kühnhardt, Afghanistan: Success and Failure of the past Decade,
Transition in Afghanistan: Potential and Constraints und Transformation in
Afghanistan: „We” and „they” or „we” and „us”, World Security Network,
2013.
Online unter: www.worldsecuritynetwork.com.
Lothar Rühl, European Foreign and Security Policy since the Lisbon Treaty –
From Common to single?, ZEI Discussion Paper, C 226/2014.
183
2.
Erweiterungspolitik
Ein starkes außenpolitisches Instrument ist die EU-Erweiterungspolitik. Die
Aussicht auf einen möglichen Beitritt hat in zahlreichen europäischen Ländern
zu Reformen geführt. Gemessen an der Zahl der Neumitglieder war die
sogenannte Osterweiterung in den Jahren 2004 und 2007 die größte
Erweiterungsrunde der EU. Diese Erweiterung beeinflusste nicht nur die
Beitrittsländer selbst, sondern stellte auch die alten Mitgliedsstaaten und die
europäischen Institutionen vor Herausforderungen. Die Türkei ist das Land, das
sich schon am längsten um die Aufnahme in die EU bemüht. Bereits 1987 stellte
die Türkei einen Antrag auf Mitgliedschaft in der damaligen Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft. Zwölf Jahre später wurde ihr die Möglichkeit einer
EU-Mitgliedschaft in Aussicht gestellt. Die Verhandlungen begannen am 3.
Oktober 2005, doch haben sie sich seitdem verlangsamt. Über einen Beitritt der
Türkei zur EU wurden und werden spannungsreiche Debatten geführt, die unter
anderem um die generelle Aufnahmekapazität der EU, geostrategische Vor- und
Nachteile, die Situation der Menschenrechte in der Türkei und die
wirtschaftlichen Auswirkungen eines Beitritts kreisen.
2.1 Osterweiterung
x ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen erörterte in zwei Publikationen
die Gestaltung des Erweiterungsprozesses vor dem Hintergrund der
Notwendigkeit des Aufbaus von Glaubwürdigkeit der Reformpolitiken in den
Transformationsländern und der Verteilungsprobleme, die die Erweiterung
erzeugt. Er argumentierte, dass der Erweiterungsprozess flexibel gestaltet sein
müsse, um auf die unterschiedlichen wirtschaftspolitischen Erfordernisse der
Beitrittsländer einzugehen.
Jürgen von Hagen, Wirtschaftliche Aspekte der Osterweiterung der EU, in:
Thomas König/Elmar Rieger/Hermann Schmidt (Hrsg.), Mannheimer Jahrbuch
für Europäische Sozialforschung II, Frankfurt: Campus, 1997, Seite 380-396.
Jürgen von Hagen, East Germany: The Economics of Kinship, in: Padma Desai
(ed.), Going Global: Transition from Plan to Market in the World Economy,
Cambridge, Massachusets: MIT Press, 1998, Seite 173-207.
x Wenige Tage vor dem Luxemburger EU-Gipfel vom 12. Dezember 1997
brachte das ZEI im Rahmen einer Konferenz – der ersten großen öffentlichen
Veranstaltung des ZEI – führende Politiker der drei baltischen Republiken
zusammen, die die Perspektiven ihrer Länder im Blick auf die von ihnen
184
angestrebte Mitgliedschaft in der Europäischen Union darstellten. Estlands
ehemaliger Ministerpräsident Mart Laar, Litauens Außenminister Dr. Algirdas
Saudargas und Lettlands Außenminister Dr. Valdis Birkavs sprachen zum
Thema „Die baltischen Staaten auf dem Weg in die Europäische Union“.
Deutschlands früherer Außenminister Hans-Dietrich Genscher hielt ein
engagiertes Plädoyer für den raschen EU Beitritt aller drei baltischen Staaten.
Die Vorträge des Baltikum-Workshops wurden vom Fernsehsender „Phoenix“
live übertragen.
Frank Ronge (Hrsg.), Die baltischen Staaten auf dem Weg in die Europäische
Union, ZEI Discussion Paper, C1/1998.
x Polens Ministerpräsident, Prof. Dr. Jerzy Buzek, nutzte die Gelegenheit
seines Antrittsbesuches in Deutschland im Februar 1998 zu einem vom
Fernsehsender „Phoenix“ übertragenen Vortrag zu „Polens Zukunft in einem
vereinten Europa“ im Rahmen des „ZEI Europaforums“. Über 300 Teilnehmer
folgten der Einladung des ZEI und der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige
Politik (DGAP). Der Ministerpräsident hielt ein engagiertes Plädoyer für eine
baldige Aufnahme seines Landes in die EU.
Jerzy Buzek, Poland’s Future in a United Europe, ZEI Discussion Paper,
C6/1998.
x Eine besondere Problematik im Zusammenhang mit den anstehenden
Erweiterungsfragen der Europäischen Union bildete die Frage der möglichen
Aufnahme der noch immer geteilten Mittelmeerinsel Zypern. Der von ZEI
Mitarbeiterin Susanne Baier-Allen koordinierte Workshop „Looking into the
Future of Cyprus – EU Relations” brachte namhafte Wissenschaftler der
griechischen wie der türkischen Volksgemeinschaft auf Zypern sowie aus
Griechenland und der Türkei mit deutschen Wissenschaftlern zusammen.
Teilnehmer waren unter anderem Prof. Dr. Lothar Rühl, Universität Köln und
ehemaliger Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, sowie Experten
der Europäischen Union und der Zypern-Beauftragte der britischen EUPräsidentschaft, Sir David Hannay.
Susanne Baier-Allen (ed.), Looking into the future of Cyprus-EU relations,
Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Band 5, BadenBaden: Nomos Verlag, 1999, 262 Seiten.
x In Fortführung der kontinuierlichen wissenschaftlichen Beschäftigung mit
der zukünftigen Integration der baltischen Staaten in die Europäische Union
stand ein „ZEI Europaforum“ im November 1998 mit dem Staatspräsidenten
Litauens, Dr. Valdas Adamkus. Er erläuterte die Perspektiven und Vorstellungen
185
Litauens auf dem Weg in die europäischen Strukturen, dabei ging er auch auf
die Gefahren ein, sollte sich die Mitgliedschaft aller drei baltischen Republiken
in die EU ungebührlich lange hinauszögern.
Valdas Adamkus, Europe as Unfinished Business: The Role of Lithuania in the
21st Century’s Continent, ZEI Discussion Paper, C30/1999.
x Am Center for European Studies der Universität Limerick führte das ZEI,
initiiert durch ZEI Senior Fellow Dr. Jürgen Elvert, Universität Kiel, im Oktober
1998 Historiker und Zeitgeschichtler aus jenen neun Ländern zusammen, die
nach der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft 1957 bis zum
Jahr 1995 sukzessive der Europäischen Integrationsgemeinschaft beigetreten
waren. Anlässlich des Workshops wurde das Profil eines Forschungsprojektes
entworfen, das Wissenschaftler aus den Ländern Dänemark, Irland,
Großbritannien, Spanien, Portugal, Griechenland, Finnland, Österreich und
Schweden zusammenführte. Dabei ging es vor allem Dingen um die Frage,
welche Auswirkungen die bevorstehende Mitgliedschaft in der Europäischen
Integrationsgemeinschaft auf die jeweiligen Länder, respektive auf die Einflussund Ausgestaltungsmöglichkeiten der Länder gehabt hatte. Mit diesem
Forschungsprojekt wurde die Grundlage für weitere wissenschaftliche
Forschungen im Zusammenhang mit den anstehenden Erweiterungen der
Europäischen Union gelegt.
Jürgen Elvert/Wolfram Kaiser, European Union Enlargement. A Comparative
History, (Routledge Advances in European Politics), London: Routledge, 2006,
272 Seiten.
x Während der OSZE-Wahlbeobachtermission in der Slowakei in September
1998 nahm mit Dr. Matthias Pape erstmals ein Vertreter des ZEI auf der Basis
einer offiziellen Anfrage durch das Auswärtige Amt und die OSZE an einer
entsprechenden Maßnahme der OSZE teil, die der Stabilisierung der
Demokratisierungsprozesse in den Transformationsländern diente.
x Die unmittelbar in den Anfangstagen des ZEI gebildete Forschungsgruppe
„Erweiterung der Europäischen Union“ hatte primär die Aufgabe, den
Erweiterungsprozess der EU wissenschaftlich zu begleiten und durch praktische
Maßnahmen zielgerichtet zu fördern. In diesem Kontext wurden 1999 und 2000
Rahmenvereinbarungen mit den Außenministerien Bulgariens, Lettlands,
Litauens, Rumäniens und der Slowakei sowie mit dem Büro für Europäische
Integration der Regierung Kroatiens getroffen. Inhalt dieser Vereinbarungen war
die Beratung bei der Ausarbeitung beziehungsweise Effektivierung von
nationalen Programmen zur Übernahme und Implementierung des
186
gemeinschaftlichen Acquis. Hierzu benannten die Ministerien der damaligen
Kandidatenländer hochrangige Mitarbeiter als Kontaktpersonen, die gemeinsam
mit den wissenschaftlichen Mitarbeitern des ZEI länderspezifische Konzepte für
den EU-Beitritt ausarbeiteten. Ergänzt wurde diese Beratungsarbeit durch
zielorientierte und effiziente Informationsmaßnahmen, die die Bevölkerung in
der EU und ihre Entscheidungsträger über die von den Anwärtern auf eine EUMitgliedschaft bislang gemachten Fortschritte und geplanten nächsten Schritte
auf dem Weg zur Übernahme und Implementierung des Acquis auf dem
Laufenden hielt. So gab das ZEI führenden Vertretern der Kandidatenländer die
Möglichkeit, im Rahmen von Vorträgen am ZEI Informationen über den Stand
ihrer Beitrittsmaßnahmen einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. In mehreren
ZEI Discussion Papern wurden Vorträge und Analysen zum Stand des
Beitrittsprozesses veröffentlicht.
x ZEI Senior Fellow Kurt Schelter, Minister für Justiz und
Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg, hielt am 15. Mai 2000 im
Rahmen des Abkommens zwischen ZEI und dem litauischen Außenministerium
einen Vortrag zum Thema „Die Justiz- und Innenpolitik in einer sich
erweiternden Europäischen Union“ in der Law Academy of Lithuania in
Vilnius. An der Veranstaltung nahmen neben dem Rektor und zahlreichen
Professoren und Studenten der Universität auch Angehörige des
Außenministeriums sowie des Justiz- und Innenministeriums teil. Im Rahmen
der intensiven und regelmäßigen Beschäftigung mit den baltischen Staaten hat
ZEI-Mitarbeiter Georg Klöcker in Zusammenarbeit mit ZEI Senior Fellow
EgidijusVareikis einen Sammelband konzipiert, der die zehnjährige
Entwicklung der baltischen Staaten seit der Unabhängigkeit 1991 systematisch
analysiert.
Georg Klöcker (ed.), Ten Years after the Baltic States re-entered the
International Stage, Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Band 36, Baden-Baden: Nomos Verlag, 2001, 256 Seiten.
x Ergänzend zu vielfältigen Veranstaltungen sorgte das ZEI durch
zielorientierte und effiziente Informationsmaßnahmen dafür, dass die
Bevölkerung in der EU und ihre Entscheidungsträger über die von den
Anwärtern auf eine EU-Mitgliedschaft bislang gemachten Fortschritte und
geplanten nächsten Schritte auf dem Weg zur Übernahme und Implementierung
des Acquis auf dem Laufenden gehalten wurden. So hatte das ZEI führenden
Vertretern dieser (Bulgarien, Lettland, Litauen, Rumänien und Slowakei sowie
Kroatien) und weiterer Länder, die Möglichkeit gegeben, im Rahmen von
187
Vorträgen am ZEI Informationen über den Stand ihrer Beitrittsmaßnahmen an
ein großes Fachpublikum sowie über breites Medienecho, teilweise durch
Direktübertragung des Fernsehsenders „Phoenix“, auch an die breite deutsche
Öffentlichkeit zu vermitteln. In einigen ZEI Discussion Papers wurden die
Vorträge und weitere Analysen zum Stand des Beitrittsprozesses veröffentlicht.
Markus Wenig (ed.), A Pledge for an Early Opening of EU-Accession
Negotiations, ZEI Discussion Paper, C58/1999.
x Der Zusammenhang von Reformprozessen, Arbeitsmarktentwicklung und
wirtschaftlicher Integration stand im Zentrum eines Workshops über „Trade,
Integration, and Labor Markets“, den das ZEI im Februar 1999 in Tartu
organisierte. Guiseppe Bertola vom Europäischen Hochschulinstitut Florenz und
Torsten Anderson, Universität Aarhus, international führende Wissenschaftler
auf diesem Gebiet, hielten Vorlesungen über das Thema des Workshops.
Während der Seminarsitzungen trugen die Nachwuchswissenschaftler ihre
Arbeiten vor. Neben der wissenschaftlichen Arbeit war es Ziel des Workshops
zu Themen der Arbeitsmärkte im Kontext der EU-Erweiterung durch Diskussion
und Austausch die Bildung eines europäischen Forschungsnetzwerkes zu
fördern.
x Wenige Tage nach dem NATO-Gipfeltreffen in Washington D.C., Anfang
Mai 1999, und vier Wochen vor dem EU-Gipfeltreffen in Köln veranstaltete das
ZEI in Zusammenarbeit mit dem „Programme on the Northern Dimension of the
CFSP“ und dem Institut für Europäische Politik (IEP) am 7. Mai 1999 eine
Konferenz zum Thema „German and American Policies Towards the Baltic
States. The Perspectives of EU and NATO Enlargement“. Der Außenminister
Estlands, Toomas Hendrik Ilves, sein lettischer Amtskollege Dr. Valdis Birkavs
sowie der stellvertretende litauische Außenminister Dr. Gediminas Serksnys
diskutierten mit dem Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Wolfgang Ischinger,
dem Beigeordneten Generalsekretär für Politische Angelegenheiten der NATO,
Dr. Klaus-Peter Klaiber und Alexander Vershbow, dem Botschafter der
Vereinigten Staaten bei der NATO, sowie mit zahlreichen Wissenschaftlern aus
den USA, der Russischen Föderation, Deutschland und aus den drei baltischen
Staaten über die verschiedenen Aspekte, Fragen und Perspektiven der EU- und
NATO-Erweiterung. Im Zentrum der Veranstaltung stand die Diskussion über
die politische und wirtschaftliche Einbindung der baltischen Staaten in das
transatlantische Bündnissystem und die EU. Ferner beschäftigten sich alle
Referenten mit der Frage der europäischen Sicherheit und den Implikationen der
188
geopolitischen Lage der baltischen Staaten auf der Schnittstelle zwischen
Europa und Russland.
Sven Arnswald/Marcus Wenig (Hrsg.), German and American Policies towards
the Baltic States. The Perspectives of EU and NATO Enlargement, Schriften des
Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Band 20, Baden-Baden:
Nomos Verlag, 2000, 120 Seiten.
x In den Jahren 1999 bis 2002 führte das ZEI ein „Parliament’s Forum on EU
Accession“ durch, bei dem Parlamentsvertreter der Kandidatenländer, führende
Vertreter der deutschen Politik und namhafte Wissenschaftler zusammentrafen.
Am 6./7. April 1999 veranstaltete das Zentrum für Europäische Integrationsforschung erstmals das „Parliament‘s Forum on EU Accession“, um der
zentralen Bedeutung der nationalen Parlamente in den neuen Demokratien
Mittel- und Osteuropas, Zyperns und Maltas bezüglich des Erweiterungsprozesses der EU Rechnung zu tragen. ZEI Wissenschaftler diskutierten mit den
Vorsitzenden der Europa-Ausschüsse der EU-Kandidatenländer, den in
Deutschland akkreditierten Botschaftern dieser Länder sowie mit dem für die
Erweiterungsverhandlungen zuständigen Generaldirektor der Kommission
Nikolaus van der Pas, dem Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Dr. HansFriedrich von Ploetz, und dem früheren finnischen stellvertretenden
Ministerpräsidenten, Pertti Salolainen, der Finnlands Verhandlungsführer bei
den EU-Beitrittsverhandlungen war, über die Erfahrungen, Erwartungen und
Notwendigkeiten, die der EU-Erweiterungs-prozess impliziert.
Am 19./20. Oktober 2000 fand am ZEI das „Parliament’s Forum“ zum zweiten
Mal statt. Die bemerkenswerte Offenheit, die das Forum prägte, veranlasste
Redner wie Eneko Landaburu, Generaldirektor der GD Erweiterung der EUKommission, und Hans-Ulrich Klose, Vorsitzender des Außenpolitischen
Ausschusses des Deutschen Bundestages, sehr pointiert ihre Sicht des
Erweiterungsprozesses darzulegen. Dabei sparten sie auch die besonders heiklen
Fragen, wie den zeitlichen Horizont der Erweiterung sowie die Beitrittsreife der
einzelnen Kandidaten nicht aus. Der zweite Tag diente erneut einem
Schwerpunktthema, diesmal der Struktur- und Regionalpolitik der Europäischen
Union.
Das dritte „Parliament’s Forum on EU Accession“ fand am 22./23. November
2001 statt. Schwerpunktthema dieses Forums war die Entwicklung der
öffentlichen Meinung zu Fragen der Erweiterung der EU. Die
wirtschaftspolitische Konsequenz aus den Diskussionen war die Erkenntnis,
dass der Beitrittsprozess von einer wachstums- und beschäftigungsfreundlichen
189
Politik begleitet werden muss, um nicht politisch in den Beitrittsreferenda oder
an einer zu großen öffentlichen Opposition gegen den Beitritt zu scheitern.
Zu Fragen der EU-Erweiterung traf man sich am ZEI zu einem vierten
„Parliament’s Forum“ am 21./22. November 2002. Redner waren diesmal
Dietrich von Kyaw, ehemaliger deutscher Botschafter bei der EU, Peter
Altmaier, Bundestagsabgeordneter und Mitglied des EU-Konvents, und Peter
Doyle, Direktor der Vertretung der Europäischen Kommission in Irland. Das
bewusst vertraulich gehaltene Forum war wieder von bemerkenswerter
Offenheit und sehr angeregten Diskussionen geprägt. Der zweite Tag diente den
bevorstehenden Ratifikationsverfahren und Referenden in den Mitgliedsstaaten
und bei den Beitrittskandidaten. Erstmals präsentierten drei Parlamentarier –
Jaroslav Zverina aus der Tschechischen Republik, Alojz Peterle aus Slowenien
und Liviu Maior aus Rumänien – ihre Thesen in einem Roundtable.
x Die ZEI Mitarbeiter Dr. Iulia Traistaru und Dr. Jan Fidrmuc befassten sich
2000 in einem von der Europäischen Kommission in ihrem 5.
Rahmenprogramm finanzierten Forschungsprojekt mit regionalökonomischen
Fragen „Regional Labor Market Adjustment in the Accession Candidate
Countries“. An diesem Projekt waren auch Forscher aus Wien, London,
Budapest, Mannheim, Berlin, Stockholm und Den Haag beteiligt. Im Rahmen
des Projektes wurden die verschiedenen Anpassungsmechanismen der
Arbeitsmärkte – Änderungen in der Partizipation, Lohnentwicklung und
Migration – untersucht. Besondere Aufmerksamkeit wurde den Grenzregionen
der Beitrittsländer gewidmet.
x Dr. Jan Fidrmuc untersuchte 2000 in seinem Projekt „Unemployment and
the Dynamics of Political Support for Economic Reforms“ den politischen
Prozess der Zustimmung zu wirtschaftlichen Reformen in den Beitrittsländern.
Seine theoretische Analyse zeigte, dass Unsicherheit über den Reformerfolg eine
zentrale Rolle in der Bestimmung des Grads der allgemeinen Zustimmung
spielt. Diese Studie bildete den theoretischen Hintergrund zu Dr. Fidrmucs
empirischen Arbeiten, in denen er den Einfluss ökonomischer Entwicklungen
auf die Ergebnisse politischer Wahlen in den Beitrittsländern untersuchte.
Empirische Ergebnisse für die Tschechische Republik, Ungarn, Polen und die
Slowakei zeigten, dass die Wahlerfolge politischer Parteien wesentlich von
wirtschaftlichen Entwicklungen abhängen.
x Mit dem Einfluss wirtschaftlicher Größen auf den Grad der Zustimmung
zum Integrationsprozess in den Bevölkerungen der Beitrittsländer beschäftigte
sich 2000 ZEI Mitarbeiter Dr. Bernd Hayo in dem Projekt „Public Attitudes
190
Towards Economic Transition in Eastern Europe“. Seine Analyse kombinierte
Befragungsdaten mit makroökonomischen Variablen, um den Effekt der
Wirtschaftsentwicklung auf die öffentliche Meinung zu messen. Er fand heraus,
dass Wirtschaftswachstum und Inflation einen signifikanten Einfluss auf die
öffentliche Zustimmung zu Wirtschaftsreformen und dem Beitrittsprozess in
diesen Ländern haben. Seine Schlussfolgerung lautete, dass eine stabile
Wirtschaftsentwicklung notwendig ist, um die politische Basis für den Reformund den Beitrittsprozess zu sichern.
x In Kooperation mit dem Industrie-Club e.V. in Düsseldorf fand am 27. Juni
2000 ein „ZEI-Europaforum“ mit dem Minister für Europäische Integration der
Republik Kroatien, Ivan Jakovcic, statt. Der Vortrag des Ministers, der sich
anschließend vor 80 Vertretern der Industrie und der nordrhein-westfälischen
Politik einer öffentlichen Diskussion mit ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger
Kühnhardt stellte, verdeutlichte die Aufbruchsituation in Kroatien. Deutlich
wurde auch das enorme Potenzial des Landes nach dem demokratischen
Regierungswechsel zu Beginn des Jahres 2000, ohne die tiefgreifenden
anhaltenden Transformationsprobleme zu überspielen. Die Veranstaltung wurde
ergänzt durch politische Gespräche von Minister Jakovcic mit der
Landesregierung von Nordrhein- Westfalen und rief ein vielfältiges Medienecho
hervor.
x Wenige Stunden nach Abschluss des Gipfeltreffens des Europäischen Rates
in Nizza bewertete der für die EU-Erweiterung zuständige Kommissar Günter
Verheugen im Rahmen eines ZEI-Europaforums am 11. Dezember 2000 im ZEI
die Ergebnisses des Gipfels. Der Fortschritt sei nicht dramatisch, aber es sei
auch kein Stillstand oder Rückschlag eingetreten, so sein Fazit. Zuversichtlich
sei er, so Verheugen, weil die Zusage von Helsinki, bis 2002 alle internen
Voraussetzungen für die Erweiterung zu schaffen, erfüllt worden sei. Nachdem
bereits 1999 in Berlin der finanzielle Rahmen gesetzt und am 08. Dezember die
Verhandlungsstrategie verabschiedet worden war, seien in Nizza nun auch die
institutionellen Vorkehrungen für die Erweiterung der EU getroffen worden. Die
große Auseinandersetzung, die er derzeit sehe und die in Nizza noch keinen
Abschluss gefunden habe, gehe um die künftige Konzeption Europas. Während
einige Mitgliedsstaaten ein Europa der starken und solidarischen Gemeinschaft
wünschten, würden andere offensichtlich eine Rückkehr zu einem „Europa der
zwischenstaatlichen Zusammenarbeit“ bevorzugen. Auf zwei Aspekte legte
Verheugen besonderen Wert. Zum einen hätten die Kandidatenländer „ein Recht
darauf, dass wir unsere Hausaufgaben machen.“ Lange habe das derzeitige
191
Europa Appelle an die Beitrittskandidaten gerichtet. Nun jedoch müssten die
fünfzehn Mitgliedstaaten einen internen Konsens zu den sensibelsten Kapiteln
der Verhandlungen finden. Die Beitrittsstrategie vom 8. Dezember bedeute eine
wichtige „Selbstverpflichtung“ der Mitgliedsländer. So habe man genaue
Termine festgelegt, bis wann zu jedem einzelnen Kapitel der Verhandlungen ein
Konsens herzustellen sei. Ziel bleibe es, die Verhandlungen bis 2002
abzuschließen. Die Entscheidung von Nizza, dass die ersten neuen Mitglieder
bereits 2004 bei den Wahlen zum Europaparlament vollberechtigt teilnehmen
können, begrüßte Verheugen ausdrücklich.
x Das ZEI beteiligte sich seit August 2001 an einem Twinning-Projekt mit
Rumänien unter Verantwortung des Bundesministeriums der Finanzen. Das
Projekt hatte vor allem die Schulung der Beamten aus den rumänischen
Wettbewerbsbehörden – dem Wettbewerbsrat und dem Wettbewerbsamt – in
Fragen des EG-Beihilfenrechts, aber auch die Beratung des rumänischen
Wettbewerbsrates, beim Erlass notwendiger Rechtsakte zum Gegenstand.
Hierzu fand im Oktober 2001 ein Arbeitsaufenthalt von ZEI Mitarbeitern in
Rumänien statt. Unter maßgeblicher Mitarbeit von Krzysztof Jaros und Karlis
Svikis wurde eine auf die speziellen Bedürfnisse der rumänischen Wirtschaft
zugeschnittene Abhandlung über das EG-Beihilfenrecht in englischer Sprache
verfasst. Dieses Werk wurde ins Rumänische übersetzt und diente künftig als
Grundlage für die Ausbildung der Mitarbeiter der rumänischen
Wettbewerbsbehörden. Am ZEI fand vom 19. bis 21. November 2001 ein
Workshop zum EG-Beihilfenrecht statt, bei dem aktuelle Entwicklungen
zwischen hochrangigen Wettbewerbsbeamten aus Rumänien und EGBeihilfenrechtsexperten aus dem Bereich der Wissenschaft, den Ministerien und
der anwaltlichen Beratungspraxis erörtert wurden.
x Anlässlich einer Kooperationsveranstaltung des ZEI mit dem IndustrieClub Düsseldorf am 15. November 2001 skizzierte die lettische
Staatspräsidentin, Prof. Vaira Vike-Freiberga, den Weg ihres Landes nach
Europa als mühevoll, aber äußerst erfolgreich. Dies stellten die
Wirtschaftszahlen des Landes, insbesondere die des Außenhandelsvolumens,
unter Beweis. Vike-Freiberga betonte vor einer großen Zuhörerschaft aus
Industrie, Politik und Vertretern der Zivilgesellschaft, dass Europa nach den
Anschlägen in New York und Washington vom 11. September 2001, noch enger
zusammenrücken müsse, um gemeinsam die neuen Herausforderungen zu
meistern. Die baltischen Staaten könnten bei der hierzu notwendigen
Annäherung zwischen Europa und Russland einen wertvollen Brückenkopf
192
bilden, der den Prozess der politischen Annäherung hin zur Partnerschaft positiv
ergänzen könnte.
Vaira Vike-Freiberga, Republik Lettland und das Land Nordrhein-Westfalen –
Partner in einem vereinten Europa, ZEI Discussion Paper, C99/2002.
x Mit der Intensivierung der Beitrittsverhandlungen und der Klärung der
Beitrittsprozeduren ergab sich immer deutlicher die Notwendigkeit für eine
systematische Vermittlung des Nutzens und der Chancen der EUOsterweiterung. ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt verfasste für das
Auswärtige Amt 2001 eine Broschüre zur Erweiterungsthematik und den
innenpolitisch sensibelsten Aspekten. Die Broschüre wurde vom Auswärtigen
Amt in mehreren Auflage eingesetzt.
Die Europäische Union – Fragen zur Erweiterung. Herausgegeben vom
Auswärtigen Amt und der Vertretung der Europäischen Kommission in
Deutschland, Berlin 2001: 60 Seiten (3. Auflage 2003).
x Anfang März 2002 empfing das ZEI eine zwölfköpfige Delegation aus
hochrangigen
Beamten
(Direktoren,
Abteilungsleitern
und
einem
Unterstaatssekretär) des mazedonischen Wirtschaftsministeriums, die auf
Einladung der Stiftung für internationale rechtliche Zusammenarbeit mehrere
Tage in Bonn verweilte. Die ZEI Mitarbeiter Krzysztof Jaros und Nicolai Ritter
hielten jeweils einen Vortrag zur Einführung in das EG-Wettbewerbs- und EGBeihilfenrecht.
x Gemeinsam mit dem Centre for Economic Policy Research und dem
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit veranstaltete das ZEI
am 24. bis 26. Mai 2002 eine Konferenz zum Thema „Political Economy of
Transition: Institutions, Politics, and Policy“. Ziel der Konferenz war die
Zusammenstellung der Erfahrungen mit dem Transformationsprozess der letzten
zehn Jahre. Dabei nahmen die Beiträge bewusst nicht eine länderspezifische
Perspektive ein, sondern betrachteten unterschiedliche Felder der Wirtschaftsund Sozialpolitik aus komparativer Sicht. Auf diese Weise gelang es, die
Erfahrungen der verschiedenen Länder zu spezifischen Themen
zusammenzustellen und zu vergleichen.
x Auch nach der Öffnung des Landes 1991 stellte Albanien immer noch
einen weitgehend unbekannten Teil Europas dar. In einem Sammelband
beleuchteten Autorinnen und Autoren aus den Bereichen Balkanologie,
Ethnologie und Geschichtswissenschaften Aspekte des Umwälzungsprozesses,
welchem dieses kleine Balkanland nach mehr als 40-jähriger Abschottung
193
ausgesetzt ist. Im Mittelpunkt stand die Suche des heutigen Albanien nach seiner
Identität zwischen Ost und West, zwischen Tradition und Moderne,
postkommunistischer Angleichung und Bewahrung althergebrachter Strukturen.
Dabei kam die Rolle des Islam ebenso zur Sprache wie der Fortbestand
patriarchalischer Gesellschaftsmuster, Binnenmigration, Massenauswanderung
und die Lage ethnischer Minderheiten.
Frank Kressing/Karl Kaser (eds.), Albania – a country in transition. Aspects of
changing identities in a South-East European country, Schriften des Zentrum für
Europäische Integrationsforschung, Band 51, Baden-Baden: Nomos Verlag:
2002, 176 Seiten.
x Am 20. Juni 2002 hielt der albanische Präsident Prof. Dr. Rexhep Meidani
einen Vortrag im Rahmen des „ZEI-Europaforums“. Präsident Meidani
präsentierte zunächst die politisch-philosophischen Leitlinien seiner Politik, um
dann seine Sicht der Lage in Albanien und auf dem Balkan insgesamt zu
präsentieren. Meidani sah die Region an einem Wendepunkt: Nie zuvor habe
man sich in einer so professionellen, produktiven Atmosphäre treffen können.
Für alle Staaten der Region sei die euro-atlantische Integration das prioritäre
Staatsziel geworden. Aus Präsident Meidanis Sicht sei der Auflösungsprozess
Jugoslawiens noch nicht abgeschlossen. Er bezweifelte die Lebensfähigkeit der
neuen Union Serbien und Montenegro und rief zu einem Überdenken des
Dayton-Abkommens auf. Das Kosovo habe noch einen weiten Weg hin zu einer
demokratischen und multi-ethnischen Gesellschaft vor sich. Eine
Kantonisierung oder Teilung des Kosovo lehnte er ab.
x Der von ZEI Senior Fellow Prof. Dr. Mladen Stanicic, Direktor des
außenpolitischen Instituts IMO in Zagreb, in den Schriften des ZEI
herausgegebene Sammelband war ein weiterer Beitrag der kontinuierlichen
Politikberatung, die das ZEI im Zusammenwirken mit kroatischen
Regierungsstellen und Wissenschaftspartnern zugunsten der Europäisierung
dieses Landes betrieb. Seit seiner Unabhängigkeit 1991 hat Kroatien beständig
daran gearbeitet, seine „Europatauglichkeit“ unter Beweis zu stellen. Mühevolle
innenpolitische Reformprozesse und die komplexen außenpolitischen und
regionalpolitischen Umstände haben diesen Weg nicht leicht sein lassen.
Renommierte kroatische Wissenschaftler beschreiben in diesem Band die
Entwicklungslinien in den wichtigsten Zukunftsfragen ihres Landes.
Mladen Stanicic (ed.), Croatia on its way into the EU, Schriften des Zentrum für
Europäische Integrationsforschung, Band 53, Baden-Baden: Nomos Verlag,
2002, 176 Seiten.
194
x Zum Abschluss der mehrjährigen Beratungs- und Forschungsphase im
Zusammenhang mit der EU-Erweiterung fand im Außenministerium der
Republik Litauen in Vilnius am 6. März 2003 ein vom ZEI und dem litauischen
Außenministerium initiiertes Seminar für führende Mitarbeiter der wichtigsten
Regierungsbehörden Litauens statt, bei der es vor allem um die Perspektiven des
Verfassungsbildungsprozesses ging. Im Zentrum des Interesses standen die
Optionen des Verfassungskonvents und ihre möglichen Folgen. Deutlich wurden
die gewachsenen Sensibilitäten der kleineren Staaten und der Bedarf an
wissenschaftlich fundierten Argumenten zu den zentralen Fragestellungen des
Verfassungsprozesses und den Auswirkungen des Erweiterungsprozesses auf
das Regieren in der EU.
x Die politische Kultur aller Länder Ost- Mitteleuropas, die als
Mitgliedsstaaten aufgenommen wurden, beziehungsweise als Kandidaten für
eine EU-Mitgliedschaft anerkannt worden sind, befindet sich seit mehr als
einem Jahrzehnt in einer fundamentalen Transformation und Erneuerung. Neben
der wirtschaftlichen und der politischen Reform war dies von allergrößter
Bedeutung für die künftige innere Substanz der EU-Neumitglieder. Zugleich
verlangte der Blick aus der EU, die geistig-kulturellen Entwicklungen in den
EU-Kandidatenländern stärker als bisher in Augenschein zu nehmen, um die
Perspektiven eines gemeinsamen Europa besser deuten zu können. In der von
ZEI Senior Fellow Prof. Dr. Gabor Erdödy, Eötvös Loránd Universität
Budapest, herausgegebenen Publikation befassten sich renommierte
Wissenschaftler aus Polen, Tschechien, der Slowakei, Estland, Lettland,
Litauen, Ungarn, Slowenien, Malta, Zypern, aber auch aus Rumänien, Bulgarien
und der Türkei mit den politisch-kulturellen Wandlungsprozessen. Sie
analysierten Kernfragen der Entwicklung der politischen Kultur in ihrem
jeweiligen Heimatland unter der Perspektive einer (späteren) EU-Zugehörigkeit.
Gabor Erdödy (Hrsg.), Transformationserfahrungen. Zur Entwicklung der
Kultur in den EU-Kandidatenländern, Schriften des Zentrum für Europäische
Integrationsforschung, Band 32, Baden-Baden: Nomos-Verlag, 2003, 284
Seiten.
x Das ZEI unterstützte das Bundesministerium für Wirtschaft und
Technologie bei der Durchführung eines von der EU-Kommission im Rahmen
des „Transition Facility Programms“ finanzierten Twinning-Projekts in Polen.
Das Projekt begann im September 2005 und hatte die Schulung und Beratung
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Konsumentów – UOKiK) sowie sektorspezifischer Regulierungsbehörden zum
195
Ziel. Darüber hinaus lag ein weiterer Schwerpunkt des Projekts bei der Schulung
polnischer Richter in der Anwendung gemeinschaftsrechtlicher Wettbewerbsund Beihilfenvorschriften sowie der Organisation von Konferenzen und
Symposien. Im Rahmen des Projekts, das während der gesamten Laufzeit bis
März 2007 durch ZEI Mitarbeiter Krzysztof Jaros betreut wurde, fanden
Diskussionsrunden zu Fragen der sektorspezifischen Regulierung sowie
Schulungsveranstaltungen statt, zu deren Gelingen verschiedene Mitarbeiter des
ZEI maßgeblich beitrugen.
x Ziel eines ZEI Discussion Papers von ZEI Senior Fellow Prof. Dr. Ryszard
Rapacki, Warsaw School of Economics, war der analytische Vergleich der
Herausforderungen mit denen sich die zehn vormals sozialistischen Länder
Zentral- und Osteuropas einerseits, Griechenland, Irland, Portugal und Spanien
(GIPS) andererseits, als Nicht-Gründungsmitglieder der Europäischen Union in
der Vergangenheit und in der Folge der Finanzkrise 2008/09 konfrontiert sehen.
Schwerpunkt des Papers ist der Vergleich des Wirtschaftswachstums unter
Berücksichtigung der realen wirtschaftlichen Konvergenz und der Belastbarkeit
der betroffenen Staaten gegenüber externen Belastungen und Einflüssen. Die
wichtigste dem Text zugrunde liegende Botschaft verfolgt zwei Ziele: Erstens
wird dargelegt, dass die Breite und Komplexität der Herausforderungen, die
Polen und die anderen zehn Staaten Mitteleuropas zu bewältigen hatten,
während sie einen systemischen Wandel durchliefen, weitaus größer waren, als
es die vergangenen und insbesondere auch die aktuellen Probleme
Griechenlands (und der anderen GIPS-Länder), ausgelöst durch die globale
Finanz- und Wirtschaftskrise 2007/2008, sind. Zweitens zeigt der Text auf, dass
die weitaus höhere Widerstandsfähigkeit von Polen und den anderen
mitteleuropäischen Volkswirtschaften gegenüber der jüngsten Krise, im
Verhältnis zu Griechenland und den anderen GIPS, auf ein verhältnismäßig
hohes Niveau an institutioneller Entwicklung dieser Länder zur Beitrittszeit und
gegenwärtig zurückzuführen ist.
Ryszard Rapacki, Poland and Greece – Two Contrasting EU Enlargement
Experiences, ZEI Discussion Paper, C213/2012.
196
2.2 Südosteuropa nach den Jugoslawien-Kriegen
x Der serbische Oppositionsführer und Philosoph Dr. Zoran Djindjic
präsentierte in einem „ZEI Europaforum“ am 12. März 1998 seine
Vorstellungen von der künftigen Stellung Serbiens in Europa. Dabei setzte er
sich
engagiert
mit
außenpolitischen
und
kulturwissenschaftlichen
Fragestellungen hinsichtlich der europäischen Gemeinsamkeiten und
Widersprüche auseinander. Es wurde deutlich, dass Europa ohne das infolge des
Zerfalls von Jugoslawien immer wieder besonders brüskierte Serbien
unvollständig bleiben würde. Seine Ausführungen wurden vom Fernsehsender
„Phoenix“ life übertragen.
Zoran Djindjic, Serbiens Zukunft in Europa, ZEI Discussion Paper, C10/1998.
x Im Vorfeld der Beschlüsse, die zur Erarbeitung des Stabilitätspaktes für
Südosteuropa geführt haben, organisierten das in Sofia ansässige „Center for
Liberal Strategies“ und das ZEI am 11./12. Mai 1999 in der bulgarischen
Hauptstadt eine Konferenz mit führenden Vertretern von Forschungsinstituten,
Universitäten und Medien aus ganz Südosteuropa. Unter dem Leitmotiv „Facing
the Future: The Balkans in the Year 2010“ wurden auf der Konferenz
unterschiedliche Szenarien für die politische, wirtschaftliche und strategische
Zukunft der Region vorgestellt. Vor über 200 Zuhörern diskutierten die
eingeladenen Wissenschaftler, darunter Bulgariens Staatspräsident Petar
Stojanow und die Außenministerin Nadeshda Michajlowa sowie der
französische Europaabgeordnete Alain Lamassoure ,in aller Offenheit und mit
dem Willen, über die aktuelle Krise hinaus nach langfristig realistischen und
zugleich dringend gebotenen Perspektiven für die Region zu suchen. Eine
besondere Bereicherung erfuhr die Konferenz durch die trotz des KosovoKrieges zustande gekommene Teilnahme serbischer und kosovo-albanischer
Wissenschaftler.
Ludger Kühnhardt/Ivan Krastev, Europa hört nicht in den Alpen auf. Was ein
Stabilitätspakt für den Balkan leisten muss, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung,
Nr.120, 27. Mai 1999, Seite 15.
x Kiro Gligorov, Staatspräsident von Mazedonien, besuchte am 8. Juni 1999
das ZEI und referierte zu dem Thema „The Commitment of the Republic of
Macedonia towards Membership in the European Union and NATO”.
x Das Ziel der im August 1999 am ZEI gebildeten „Task Force
Südosteuropa“ war, im Rahmen der Möglichkeiten und unter Nutzung aller
Ressourcen des Instituts einen eigenen Beitrag zur nachhaltigen Stabilisierung
der Region nach Ende der vier Kriege im ehemaligen Jugoslawien zu leisten.
197
Das Programm der Task Force wurde geleitet von ZEI Mitarbeiter Dr. Rafael
Biermann, der zuvor mehrere Jahre im Planungsstab des Bundesministeriums
der Verteidigung tätig war. Die regionalen Projekte der Task Force
Südosteuropa orientierten sich in Zielsetzung und Inhalt am „Stabilitätspakt der
EU für Südosteuropa“. Zu den Veranstaltungen, die stets in der Region
durchgeführt wurden, lud man grundsätzlich Vertreter aus allen Ländern der
Region ein.
Unter dem Motto „Stabilität durch Bildung“ leistete die „Task Force
Südosteuropa“ einen eigenen substantiellen Beitrag zum Stabilitätspakt für
Südosteuropa, basierend auf der Erkenntnis, dass Erziehung und Ausbildung
zweifelsohne den zentralen Ansatzpunkt für eine umfassende Integration von
Südosteuropa in die Europäische Union bilden. Dabei geht es um eine
tiefgreifende und grundlegende Transformation der Region, die allzu lange von
nationalen Rivalitäten, mangelnder Kooperationsbereitschaft und einer
Abkoppelung von den Prozessen im übrigen Europa geprägt war. Im Bereich der
Forschung entstanden umfassende und vielfältige Publikationen, wie zum
Beispiel über den Konflikt im Kosovo, deutsche Erfahrungen im
Konfliktmanagement auf dem Balkan in den 1990er Jahren sowie die
europäische Perspektive Kroatiens. Daneben wurde in dieser Zeit der „SOEMonitor“ entwickelt, der vierteljährlich mit Berichten und Analysen über
aktuelle politische und wirtschaftliche Entwicklungen in der Region erschien. Er
diente dazu, einen ausgewählten Kreis von Südosteuropa-Experten über diese
aktuellen Entwicklungen in der Region umfassend und kompetent zu
informieren. Regelmäßig hielten sich Wissenschaftler und Politiker aus
Mittelost- und Südosteuropa zu Forschungszwecken am ZEI auf.
Rafael Biermann (Hrsg.), Deutsche Konfliktbewältigung auf dem Balkan.
Erfahrungen und Lehren aus dem Einsatz, Schriften des Zentrum für
Europäische Integrationsforschung, Band 37, Baden-Baden: Nomos-Verlag,
2002, 376 Seiten.
Emil Mintchev, South Eastern Europe at the beginning of the 21st century. New
dangers, new strategies, new perspectives, ZEI Discussion Paper, C82/2001.
x ZEI Mitarbeiter Dr. Rafael Biermann reichte im Januar 2004 seine
Habilitationsschrift unter dem Titel „Die Kosovo-Politik der internationalen
Gemeinschaft vor Kriegsausbruch. Dramaturgie und Ursachen einer
gescheiterten Konfliktprävention“ in der Philosophischen Fakultät der
Universität Bonn ein. Betreuer waren Prof. Dr. Christian Hacke vom Seminar
für Politische Wissenschaft der Universität Bonn und ZEI-Direktor Prof. Dr.
198
Ludger Kühnhardt. In einem einstimmigen Votum wurde das
Habilitationsverfahren als bestanden anerkannt. Am 15. Juli 2004 erfolgte die
öffentliche Antrittsvorlesung an der Universität Bonn zum Thema „Quo Vadis
Europa? Zur Finalität des europäischen Erweiterungsprozesses“.
Rafael Biermann, Lehrjahre im Kosovo. Das Scheitern der internationalen
Krisenprävention vor Kriegsausbruch, Paderborn: Schöningh, 2006, 664 Seiten.
x Ein Herzstück der ZEI-Arbeit in Südosteuropa bildete das „Netzwerk für
Europastudien in Südosteuropa“, das aufgrund zahlreicher Anregungen aus der
Region, insbesondere der Universität Sofia, im Herbst 1999 von ZEI Direktor
Prof. Dr. Ludger Kühnhardt, Dr. Rafael Biermann und Dr. Emil Mintchev
konzipiert wurde. Den Auftakt bildete eine Gründungskonferenz, die das ZEI
zusammen mit der Universität Sofia am 28./29. Januar 2000 in Sofia
durchführte. Wissenschaftler aus der ganzen Region nahmen an der
Auftaktkonferenz teil, bei der ZEI Mitarbeiter Dr. Emil Mintchev als
Koordinator des Netzwerkes ernannt wurde. In den Jahren 2000 bis2004 fanden
Jahreskonferenzen des Netzwerkes in Cluj, Thessaloniki, Belgrad, Edirne und
Rousse statt, um zukünftige Aufgaben des Netzwerkes zu erörtern und die schon
erreichten Ziele zu analysieren. In den Gesprächen wurde deutlich, wie groß der
Bedarf an kompetenten und substanziellen Europastudiengängen war und das
eine Vernetzung die beste Möglichkeit bedeutete „Stabilität durch Bildung“ für
die ganze Region konkret und nachhaltig voranzubringen.
x Deutlich wurde auch, dass die Verbreitung von Europawissen nicht erst mit
der Universitätsausbildung beginnen sollte. Bereits im Schulalter sollten die
Jugendlichen der Region mit dem europäischen Wertesystem, den Traditionen
und der Gegenwart Europas bekannt werden. Daher wurde die Arbeitsgruppe
„Europawissen an die Schulen“ gebildet. Das Netzwerk ging hier zweigleisig
vor: Mit der Arbeitsgruppe, die Möglichkeiten und Vermittlung von
Europawissen an Schulen eruierte, und mit einem Pilotprojekt mit dem Ziel der
Gründung eines internationalen „Zentrums für europäische Lehrerausbildung
und Europastudien“ in Zagreb, mit Ausstrahlung auch für den angrenzenden
Raum. Die Arbeitsgruppe wurde geleitet von ZEI Mitarbeiter Dr. Emil
Mintchev, das Pilotprojekt von Dr. Siegfried Gehrmann (Direktor des Instituts
für Globalisierung und Interkulturelles Lernen in Zagreb).
ZEI Paper „European Integration and South Eastern Europe” (SEE):
Rafael Biermann/Emil Mintchev (eds.), A Core Curriculum for European
Studies in South Eastern Europe, SEE 1/2002.
Ana Devic, Nationalism, Multiculturalism and Democracy, SEE 2/2002.
199
Nail Alkan, Borders in Europe, SEE 3/2002.
Rafael Biermann (ed.), Europe at Schools in South Eastern Europe – Country
Profiles, SEE 4/2003.
Rafael Biermann (ed.), Europe Schools in Germany, SEE 5/2003.
Siegfried Gehrmann, Marianne Krüger-Potratz (eds.), Europe at Schools in
South Eastern Europe – Core Curriculum for a Master of European Education,
SEE 6/2003.
x Ende 2000 initiierte die Hochschulrektorenkonferenz ein Projekt im
Rahmen des Stabilitätspaktes für Südosteuropa: das „Bulgarisch-Rumänische
Interuniversitäre Europazentrum (BRIE)“. Es leistete an der bisher einzigen
Donaubrücke zwischen Rumänien und Bulgarien einen Beitrag zur
hochschulpolitischen Zusammenarbeit und einem wirtschaftlichen und
kulturellen Aufschwung in dem strukturschwachen Grenzgebiet. Gemeinsam
mit den Behörden von Rumänien und Bulgarien, dem deutschen
Bundesministerium für Bildung und Forschung, der Hochschulrektorenkonferenz und der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung hat das ZEI von Beginn an
eine führende Rolle in der Konzeptentwicklung dieses Projektes und seiner
Verwirklichung übernommen. BRIE bündelte die Kräfte rumänischer und
bulgarischer Hochschulen mit einer aktiven Mitwirkung deutscher
Universitäten. Kern war der Aufbau des bis Interuniversitären Europazentrums
auf beiden Seiten der Brücke, das seit Oktober 2002 bis heute für Studierende
aus allen Ländern Südosteuropas zweijährige Masterkurse für Europa-Studien
(Rousse) und Wirtschaftsinformatik (Giurgiu) anbietet. Bulgarische, rumänische
und deutsche Lehrkräfte unterrichten dort gemeinsam. Auf rumänischer Seite
wird BRIE von der Akademie für Wirtschaftswissenschaften Bukarest, dem
Wirtschaftscollege in Giurgiu, auf bulgarischer Seite von der Universität Rousse
getragen.
Zum Zweck der wissenschaftlichen Begleitung des Projektes wurde am ZEI von
2003 bis 2005 ein von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung gefördertes
Koordinationsbüro unter der Leitung von Dr. Emil Mintchev eingerichtet.
Neben der Entwicklung des regulären Studienprogramms, der Auswahl und
Betreuung der Stipendiaten, dem Aufbau der BRIE Bibliothek, der Organisation
einer jährlichen Sommerschule und einer jährlichen wissenschaftlichen
Konferenz unterstützte das Koordinationsbüro das Projekt durch die
regelmäßige Entsendung von Dozenten einer „Fliegenden Fakultät“ und durch
regelmäßige Hertie Vorlesungen, darunter von Walter Schwimmer, dem
Generalsekretär des Europarates, Erhard Busek, dem Sonderkoordinator des
200
Stabilitätspaktes für Südosteuropa, und Rita Süßmuth, der Präsidentin des
Deutschen Bundestages, die auch als BRIE-Paper in Rousse veröffentlicht
werden konnten.
Ein Konsortium von deutschen Universitäten (auf dem Gebiet der Europastudien
sind dies neben dem ZEI an der Universität Bonn die TU Chemnitz und die
Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder) begleitete fachlich das
Programm, das auf der Basis des vom ZEI entwickelten „Core Curiculum for
European Studies in South Eastern Europe“ konzipiert wurde.
Walter Schwimmer The Role of the Council of Europe in Building One Europe,
BRIE-Paper 1/2004.
Erhard Busek, 4th Anniversary of the Stability Pact for South Eastern Europe,
BRIE-Paper 2/2004.
Emil Mintchev (ed.), The European Perspectives of South Eastern Europe.
Documentation of the Network of European Studies in South Eastern Europe,
BRIE-Paper 3/2004.
x Für die Europastudienprogramme schuf das ZEI zwei Möglichkeiten
zusätzlicher Unterstützung der Lehre und Forschung: Zum einen wurden
regelmäßig Lehrkräfte im Rahmen der „Fliegenden Fakultät“ des ZEI nach
Rousse/Giurgiu, Novi Sad und Podgorica zur Abhaltung von Intensivkursen
geschickt und zum anderen startete das ZEI 2002 das Programm „Train the
Trainers“, das künftige Lehrkräfte aus allen drei Europazentren für eine
eigenständige, gut qualifizierte Lehre vorbereitete. In den Jahren 2001 bis 2004
hat das Netzwerk für Europastudien deutsche Dozenten im Rahmen der
„Fliegenden Fakultät“ an Universitäten in der ganzen Region gesandt, um dort
mehrtägige Intensivkurse zu Europafragen abzuhalten. ZEI Mitarbeiter hielten
regelmäßig Vorlesungen und gaben Seminare. Besonders in den Jahren
2003/2004 organisierte das ZEI die Entsendung deutscher und anderer
internationaler Dozenten.
x 2003 wurde an der Universität Montenegro der Studiengang „Master of
European and South East European Studies“ eröffnet, dessen Entwicklung von
ZEI Mitarbeiter Dr. Rafael Biermann auf vielfältige Weise vorangetrieben
worden war. Das Lehrprogramm basiert auf dem unter Federführung des ZEI
ausgearbeiteten „Core Curriculum for European Studies in South Eastern
Europe“. Das ZEI schickte zudem Dozenten aus Deutschland nach Montenegro;
regelmäßig nahmen Mitarbeiter des montenegrinischen Außenministeriums am
„Master of European Studies“ des ZEI teil.
201
x Friedrich Christian Haas, Communication Information Consulting for
Business & Government Relations, berichtete am 20. November 2007 in einer
ZEI-DGAP-Veranstaltung über das Thema „Kosovo: 1,5 Millionen Jugendliche
ohne Perspektive – Folgen für die Europäische Union”. Die Multidimensionalität der gesellschaftlichen Probleme Kosovos sowie Ansätze zu
deren Lösung wurden aufgezeigt. Auch in den nachfolgenden Jahren blieb das
ZEI mit dem Kosovo verbunden. So besuchte ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger
Kühnhardt im Dezember 2013 Priština, zu wissenschaftlichen Vorträgen und
Gesprächen mit politischen Repräsentanten.
2.3 Die EU und die Türkei
x Die Problematik der Beziehungen der Türkei zur EU wurde in zahlreichen
Vorträgen am ZEI beleuchtet: Prof. Dr. Hüseyin Bagci, Middle East Technical
University, Ankara (1997), „Die Türkei und die Europäische Union“; Michael
Lake, Botschafter der EU in der Türkei (1998) „The Future of the EU-TurkeyRelationship”; Dr. Heinz Kramer, Forschungsgruppe EU-Außenbeziehungen der
Stiftung Wissenschaft und Politik (2007) „Ohne Atatürk nach Europa? Die
Türkei auf dem Weg in die nach-kemalistische Republik“; Prof. Dr. Udo
Steinbach, Philipps-Universität Marburg (2008) „Energiepoker am Bosporus –
Die Türkei als Scharnier zwischen Europa, dem Kaukasus und Zentralasien“;
Brigadegeneral a.D. Eckhard Lisec (2009) „Kann die türkische Armee noch
Hüterin des Kemalismus sein?“ (gemeinsam mit der Deutsch-Türkischen
Gesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik; Dr. Dr.
Arndt Künnecke, Dozent an der Okan-Universität Istanbul und Berater sowie
Producer des Istanbuler ARD-Studios (2009) „Die deutschen politischen
Stiftungen in der Türkei. Aktivitäten und Akzeptanz – eine kritische Bilanz“
(gemeinsam mit der Deutsch-Türkischen Gesellschaft).
x Drei Workshops mit namhaften amerikanischen, türkischen und deutschen
Wissenschaftlern wurden den „Parameters of Partnership. The US – Turkey –
Europe” gewidmet, vom 23. bis 25. Oktober 1997 am American Institute for
Contemporary German Studies in Washington D.C., am 4./5. November 1998
am ZEI und am 9./10. Dezember 1999 an der Middle East Tecnical University
Ankara. Die Ergebnisse des Bonner Workshops wurden veröffentlicht.
Hüseyin Bagci/Jackson Janes/Ludger Kühnhardt (eds.), Parameters of
Partnership: The US-Turkey-Europe, Schriften des Zentrum für Europäische
Integrationsforschung, Band 14, Baden-Baden: Nomos Verlag, 1999, 248
Seiten.
202
x Mit dem Beginn von Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei am 3.
Oktober 2005 traten die gegenseitigen Beziehungen in eine neue Phase ein. Das
Zentrum für Europäische Integrationsforschung begleitete den Verhandlungsprozess kontinuierlich mit der Publikation des „ZEI EU-Turkey-Monitor“
(2005-2011). Der Monitor entstand in enger Zusammenarbeit mit türkischen
Kollegen und wendete sich an Politiker, Wissenschaftler und die interessierte
Öffentlichkeit. Herausgegeben wurde er von ZEI Mitarbeiter Dr. Andreas
% *+ <$ = =$ >@ =#[+ \Erweiterungskommissar Dr. Olli Rehn würdigte anlässlich eines Besuches am
ZEI ausdrücklich die moderierende Funktion des seit Beginn der
Beitrittsverhandlungen mit der Türkei erscheinenden ZEI EU-Turkey-Monitor.
Die Verstärkung eines wechselseitigen Bewusstseins und gegenseitigen
Verständnisses in diesem und anderen Politikbereichen mit besonderer
Außenwirkung sei von wachsender Bedeutung für eine erfolgreiche europäische
Politikformulierung. Der EU-Turkey-Monitor beschäftigte sich unter anderem
mit folgenden Themen:
2006: Vorstellung des Konzepts der abgestuften Integration sowie der
Grundlagen des Screening-Prozesses; Vergleich des Verhandlungsmandats mit
der Türkei und desjenigen mit Kroatien; Frage nach der „Aufnahmefähigkeit“
der Union; gegenseitige Wahrnehmung in den Medien und den Bildern des
Partners, die beiderseits des Bosporus existieren; erste Analyse des
Fortschrittsberichts über die Türkei, den die Kommission am 8. November 2006
vorstellte.
2007: Die neuerlichen Spannungen zwischen der EU und der Türkei nach
Aussetzung von acht aus 35 Verhandlungskapiteln durch den Rat im Dezember
2006; die Lage nichtmuslimischer Minderheiten nach dem Besuch des Papstes
in der Türkei im Herbst 2006 sowie nach der Ermordung Hrant Dinks im Januar
2007; Überblick über die Inhalte der im ersten Halbjahr 2007 eröffneten
Verhandlungen in drei weiteren Kapiteln; Analysen zu der innenpolitischen
Situation in der Türkei im Vorfeld der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen
in der Türkei.
2008: Analyse der parlamentarischen Debatten zur EU-Beitrittsperspektive der
Türkei auf beiden Seiten des Bosporus und zu der aktuellen
Verfassungsentwicklung in der Türkei; die „Union für das Mittelmeer“ aus
türkischer und europäischer Sicht; Perspektiven eines Stabilitätspakts für den
Südkaukasus und die türkische Rolle in der Neuordnung der Region.
203
2009: Fortbestehende Probleme auf dem türkischen Weg in die EU: langsames
Reform- und Verhandlungstempo, Zypernfrage, mehrheitliche Ablehnung eines
türkischen Beitritts seitens der Mehrheit der EU-Bürger; Analyse der Wahlen
2009 zum Europa-Parlament und die damit verbundenen Fragen zur EUErweiterung mit besonderem Blick auf die Rolle der Türkei; Vertragsreform von
Lissabon und ihre Implikationen für die weitere Politikgestaltung.
2010: Erstmals wird der Titel „Europäische Kulturhauptstadt“ einer türkischen
Stadt zuteil. Istanbul teilt sich den Titel mit Pécs in Ungarn und Essen. Autoren
aus den drei Städten reflektieren über den Beitrag „ihrer“ Hauptstadt zu
interkulturellem Dialog und gegenseitigem Verständnis; Interview mit Mevlüt
]%^%@ _ {$ |> |_
Versammlung des Europarates; Blick in die Zukunft zum fünfjährigen Jubiläum
des Beginns der Beitrittsverhandlungen.
2011: Beleuchtung des Wandels im Mittelmeerraum mit den unterschiedlichen
Aspekten und Entwicklungsperspektiven der radikalen Umwälzungen in der
Region – mit besonderem Fokus auf die EU und die Türkei; Analyse der
weitverbreiteten Erweiterungsmüdigkeit innerhalb der Union vor dem
Hintergrund der Fragestellung des Nutzens einer türkischen EU-Mitgliedschaft;
Wissenschaft und Forschung als positives Beispiel der Integration.
Weitere ausgewählte Publikationen
Stoyan Stalev Verfassungssysteme im Umbruch. Eine rechtsvergleichende
Untersuchung zu Bulgarien, Rumänien und Slowenien, Schriften des Zentrum
für Europäische Integrationsforschung, Band 6, Baden-Baden: Nomos Verlag,
1999, 139 Seiten.
Rafael Biermann, The Stability Pact for South Eastern Europe – potential,
problems and perspectives, ZEI Discussion Paper, C56/1999.
Ivo Sanader, Croatia’s Course of Action to Achieve EU Membership, ZEI
Discussion Paper, C59/1999.
Markus Wenig, Die Bürgergesellschaft als ein Motor der europäischen
Integration, ZEI Discussion Paper, C71/2000.
Gerd Föhrenbach, Die Westbindung der baltischen Staaten. Zur Integration
Estlands, Lettlands und Litauens in die bi- und multilateralen europäischen und
transatlantischen Sicherheitsstrukturen während der 1990er Jahre, Schriften des
Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Band 23, Baden-Baden: Nomos
Verlag, 2000, 269 Seiten.
204
Jan Figel/Wolfgang Roth (eds.), The Slovak Republic on the Road to EU
Membership, Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung,
Band 41, Baden-Baden: Nomos Verlag, 2002, 134 Seiten.
Emil Mintchev/Klaus Bünger, A Sustained Economic Revival in Kosovo. Need
for a Liberal Concept, ZEI Discussion Paper, C109/2002 (in Zusammenarbeit
mit der Friedrich Naumann Stiftung).
Rafael Biermann (Hrsg), Deutsche Konfliktbewältigung auf dem Balkan –
Erfahrungen und Lehren aus dem Einsatz, Schriften des Zentrum für
Europäische Integrationsforschung, Band 37, Baden-Baden: Nomos Verlag,
2002, 376 Seiten.
Michael Lohmann, Die Türkei im Spannungsfeld zwischen SchwarzmeerKooperation und Europäischer Union, ZEI Discussion Paper, C110/2002.
Martin Seidel, Reformzwänge innerhalb der EU angesichts der Osterweiterung,
ZEI Working Paper, B22/2003.
Iulia Traistaru/Jürgen von Hagen, South-East Europe: Economic Performance,
Perspectives, and Policy Challenges, ZEI Working Paper, B16/2003.
Mihails Hazan, Commuting in the Baltic States: Patterns, Determinants, and
Gains, ZEI Working Paper, B02/2003.
Sübidey Togan/Hasan Ersel, Foreign Exchange Regime, the real Exchange Rate
and Current Account Sustainability. The Case of Turkey, ZEI Working Paper,
B17/2004.
Hansjörg Eiff, Zum Problem des Kosovo Status, ZEI Discussion Paper,
C144/2005.
Erol Esen, Grundzüge der Kommunalverwaltung und die europäische
Integration der Türkei, ZEI Discussion Paper, C147/2005.
Ludger Kühnhardt (Hrsg.), Erweiterung und Vertiefung. Die Europäische Union
im Neubeginn, Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung,
Band 62, Baden-Baden: Nomos Verlag, 2005, 420 Seiten.
Aschot L. Manutscharjan, Der Berg-Karabach-Konflikt
Unabhängigkeit des Kosovo, ZEI Discussion Paper, C193/2009.
nach
der
Kühnhardt, Ludger, Europe in Transition. Lessons Learned, in: all-AZIMUTH,
A Journal of Foreign Policy and Peace, Center for Foreign Policy and Peace
Research, Ankara: Bilkent University, 2011.
Online unter: www.foreignpoliyandpeace.org/en/node/112.
205
3.
Nachbarschaftspolitik
Die Europäische Nachbarschaftspolitik kann den regionalen Einfluss der EU
verstärken und soll durch den Export von EU Werten und Normen die
Entwicklungen in der EU stabilisieren. Für die Europäische Union ist es von
großer Wichtigkeit, dass die Nachbarschaftsländer eine Region von Frieden und
Wohlstand darstellen, sowohl aus sozio-ökonomischen als auch aus
sicherheitsrelevanten Gründen. Im Gegenzug ist die Partnerschaft für die
Nachbarschaftsstaaten ebenfalls sehr wichtig, weil sie externe Hilfe zur
Entwicklung ihrer Staaten und einen breiteren Zugang zu den europäischen
Märkten ermöglicht. Die Europäische Nachbarschaftspolitik richtet sich an die
Nachbarn im Süden und im Osten (Armenien, Aserbaidschan, Belarus,
Georgien, Moldau und Ukraine), ergänzt durch Beziehungen zu Russland und
Belarus. Die seit 2011 ausgebrochenen Unruhen im Süden („Arabischer
Frühling“) und seit 2014 im Osten (Ukraine-Konflikt, Krim-Besetzung) haben
die Frage nach der grundsätzlichen Ausrichtung der Nachbarschaftspolitik der
EU aufgeworfen.
3.1 Euro-Mediterrane Partnerschaft
x Die externe Diskussion um Europas Beitrag zum Dialog der Zivilisationen
hatte durch den Beginn der „Euro-Mediterranen Partnerschaft“ der EU mit den
südlichen Anrainerstaaten des Mittelmeeres – auch Barcelona-Prozess genannt –
einen besonderen Fokus gewonnen. Erstmals vollzieht sich damit der Dialog der
Zivilisationen im Kontext eines politisch strukturierten Kooperationsansatzes.
Die Frage des Dialogs zwischen „dem Westen“ und der Welt des Islam, aber
auch zwischen Christentum, Islam und Judentum hat damit einen von den
Regierungen der 28 beteiligten Staaten (15 EU-Staaten und 13 Anrainerstaaten
des Mittelmeeres) getragenen Rahmen gefunden. Das ZEI konzipierte vor
diesem Hintergrund das „Mediterranean Forum“.
Das erste Forum wurde am 21. Juni 1999 unter lebhaftem Interesse der am
Barcelona-Prozess beteiligten Staaten durchgeführt. Durch diese ZEI-Initiative
wurde die Entwicklung des Barcelona-Prozesses im Rahmen periodisch
stattfindender Treffen unter der Leitung von ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger
Kühnhardt und ZEI Senior Fellow Dr. Carlo Masala, Universität zu Köln,
begleitet. Zur Auftaktveranstaltung lud das ZEI die Botschafter der
Partnerstaaten der EU im Barcelona-Prozess sowie Dr. Christoph Heusgen,
Auswärtiges Amt, und Dr. Michael Köhler, EU-Kommission, ein, um
zusammen mit Wissenschaftlern der Universitäten Bonn und Köln wenige Tage
206
nach dem Außenministertreffen des „Barcelona-Prozesses“ in Stuttgart über
zentrale Aspekte der derzeitigen Entwicklung des Barcelona-Prozesses zu
diskutieren und Erfahrungen im Blick auf die Perspektiven des Dialogs der
Zivilisationen auszutauschen.
x Am 2. April 2001 trafen sich Wissenschaftler und Diplomaten der
Mitgliedsstaaten der „Euro-Mediterranen Partnerschaft“ zum „II. Mediterranean
Forum“ des ZEI, um über die Zukunft des Barcelona-Prozesses zu beraten.
Unterstützt wurde diese Veranstaltung, wie auch die folgenden von der Fritz
Thyssen Stiftung. Im Mittelpunkt der Debatten stand die Problematik der
unterschiedlichen Interessenlagen, die seitens der EU-Mitgliedsstaaten sowie der
Nicht-EU-Mitgliedsstaaten mit der Euro-Mediterranen Partnerschaft verbunden
werden, sowie die Abhängigkeit vom Nahost-Friedensprozess. Insbesondere die
Beiträge von Prof. Dr. Felix Maier, Mediterranean Academy for Diplomatic
Studies, Malta, sowie der Botschafterin Marokkos bei der Europäischen Union,
Aicha Belarbi, veranschaulichten sehr klar, welche divergierenden Interessen
seitens der Nicht-EU-Barcelona-Partner mit diesem Prozess verknüpft werden.
Felix Maier (ed.), Managing asymmetric interdependencies within the EuroMediterranean Partnership, ZEI Discussion Paper, C 101/2002.
x Der gemeinsam mit dem Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF)
veranstaltete und von der VW-Stiftung mitfinanzierte Workshop „Does Cultur
Matter?“ zur Rolle des kulturellen Faktors in Politik und im Regierungshandeln
der Staaten rund um das Mittelmeer fand in Bonn am 19./20. Juni 2001 statt. In
seiner Einführungsrede im Festsaal der Universität Bonn brach der Präsident des
Club of Rome und Vertreter der UNESCO, Prinz Hassan von Jordanien, eine
Lanze für den Dialog und den Austausch der Kulturen nördlich und südlich des
Mittelmeers. Im Anschluss daran setzten sich die Teilnehmer mit den jeweiligen
Kulturen zur Erklärung gegenwärtiger Demokratiedefizite auseinander.
Regionalexperten versuchten anhand konkreter Fallstudien aus dem Libanon,
der Türkei und der arabischen Welt empirisch gesättigte Aussagen zur
Bedeutung des kulturellen Faktors in der Politik der südöstlichen MittelmeerAnrainerstaaten zu treffen. Zusammenfassend wurde festgestellt: Trotz mancher
kritischer Einwände herrschte weitgehende Übereinstimmung, dass die Kultur
als Bestimmungsfaktor des politischen und wirtschaftlichen Staatenlebens ein
zentrales Paradigma der akademischen Forschung bleiben werde.
Indra de Soysa/Peter Zervakis (eds.), Does Culture Matter? The Relevance of
Culture in Politics and Governance in the Euro-Mediterranean Zone, ZEI
Discussion Paper, C111/2002.
207
x Zusammen mit der Konrad-Adenauer-Stiftung veranstaltete das ZEI 2002
zwei Workshops, die am Anfang eines gemeinsamen Konferenzprojektes zum
Mittelmeerraum und zum Euro-Mediterranen Dialog standen. Koordiniert wurde
das Projekt von ZEI Senior Fellow Dr. Carlo Masala. Den Auftakt bildete ein
Treffen mit hochrangigen Politikern und Wissenschaftlern beider Seiten des
Mittelmeerraumes am 10./11. Mai 2002 in Beirut. Unter dem Thema „Der
Einfluss der Globalisierung auf die Gesellschaften im arabischen Raum“ wurden
Fragen der gesellschaftlichen Veränderung in den Staaten Nordafrikas, des
Nahen und Mittleren Ostens sowie der Golfregion debattiert. Die meisten der
arabischen Teilnehmer stimmten darin überein, dass die Globalisierung zwar
Veränderungen herbeiführt, diese jedoch nicht ausschließlich negativ zu
bewerten sind. Globalisierung sei für sie nicht gleichbedeutend mit kultureller
Homogenisierung. Es gelte vielmehr, die Chancen der Globalisierung zu
ergreifen, ohne die eigenen Wurzeln zu vernachlässigen. Das zweite Treffen des
KAS-ZEI-Mittelmeerdialoges fand am 12./13. Juni 2002 in Casablanca statt. Es
war den möglichen Auswirkungen des Euro auf die südlichen Volkswirtschaften
sowie auf den Handel zwischen Europa und den Mittelmeerländern gewidmet.
Ökonomen und Politiker aus über zehn Staaten des Barcelona-Prozesses waren
sich einig, dass der Euro nur begrenzte Auswirkungen haben wird. Diese wären
aber, wenn sie eintreten würden, durchweg positiv.
x Am 6. Dezember 2002 fand das „III. Mediterranean Forum“ am ZEI statt.
Es stand unter der Fragestellung „Managing asymmetric interdependencies
within the Euro-Mediterranean Partnership – A German Perspective“. Daneben
beleuchteten die Teilnehmer aus Politik und Wissenschaft auch die
Konsequenzen für den Barcelona-Prozess nach den Anschlägen des 11.
September 2001 in den USA.
Carlo Masala (ed.), September 11 and the Future of the Euro-Mediterranean
Cooperation, ZEI Discussion Paper, C120/2003.
x Das „IV. Mediterranean Forum“ unter dem Titel „Euro-Mediterranean
parnership: beyond the Iraq crisis“ fand am 14./15. Oktober 2003 am ZEI statt
und war Teil einer auf längere Zeit angelegten Projektzusammenarbeit des ZEI
mit der Konrad Adenauer Stiftung und der EuroMediterranean Study
Commission (EuroMesCo), der das ZEI angehört. Eine große Anzahl
hochrangiger Vertreter aus der Politik und Wissenschaft referierten zu dem den
Herausforderungen an den Barcelona-Prozess. Der Staatspräsident von Malta,
Dr. Guido de Marco, hielt im Rahmen der Veranstaltung einen vielbesuchten
208
öffentlichen Vortrag im Festsaal der Universität Bonn zum Thema „The Future
of Euro-Mediterranean Relations: The Vision of Malta“.
Andreas Jacobs (ed.), Euro-Mediterranean Cooperation: Enlarging and
Widening the Perspective, ZEI Discussion Paper C131/2004.
x Im Rahmen des „Mediterranean Dialogue Programme“ von ZEI und
Konrad-Adenauer-Stiftung Brüssel wurden weitere Workshops mit
hochrangigen Vertretern aus Politik und Wissenschaft durchgeführt. Am 13./14.
Dezember 2003 in Damaskus zum Thema „Challenges and Options for Human
Development in the Arab World”, am 18. März 2004 in Brüssel „The European
Role in the Reconstruction of Iraq“ und am 14./15. November 2005 in Amman
„Chances and Obstacles for Mediterranean Dialogue”.
x Eine KSZE-analoge Struktur für die Neuordnung der Beziehungen des
Westens mit dem „Greater Middle East“ ist grundsätzlich zwar wünschenswert,
aufgrund der gegebenen Realitäten aber kaum möglich, so lautete der
Grundtenor des „V. Mediterranean Forum“, das am ZEI am 24./25. Juni 2004
stattfand. Mit dem Thema „Can the CSCE be a role-model to frame the political
processes between the Greater Middle East, Europe and the United States?“
versuchte der Workshop die verschiedenen Konzepte zu einer Neuordnung der
Beziehungen des Westens zum erweiterten Nahen und Mittleren Osten zu
bewerten und eigene Anregungen zu entwickeln. Ausgehend von den Initiativen
zur Neugestaltung des Verhältnisses zum „Greater Middle East“, die im Rahmen
der Gipfeltreffen der G8, der EU und der USA sowie innerhalb der NATO im
Juni diskutiert wurden, erarbeitete der Workshop Analysen und Vorschläge. Das
„V. Mediterranean Forum“ fand in Kooperation mit der Konrad-AdenauerStiftung, im Rahmen der Aktivitäten der Euro-Mediterranean Study
Commission(Euro Mesco), statt. Hochrangige Diplomaten und renommierte
Wissenschaftler, darunter Nabil Alnawwab, UN Wirtschafts- und
Sozialauschuss für Westasien, Beirut, Nassif Hitti, Botschafter der Arabischen
Liga in Paris, und Ashot Voskanian, Planungsdirektor im Außenministerium
von Armenien, stellten in insgesamt vier Modulen ihre Beiträge zur Diskussion,
die dann in einer Publikation zusammengefasst wurden.
Andreas Marchetti (ed.), The CSCE as a Model to Transform Western Relations
with the Greater Middle East, ZEI Discussion Paper C137/2004.
x Auch das abschließende „VI. Mediterranean Forum“ am 5./6. September
2005 am ZEI fand in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung und der
Euro-Mediterranean Study Commission (EuroMesCo) statt. Der Workshop „Ten
Years Euro-Mediterranean Partnership: Defining European Interests for the
209
forthcoming Decade“ mit renommierten Wissenschaftlern aus europäischen
Nachbarländern und aus dem südlichen Mittelmeerraum, darunter Dr. Martin
Ortega, Institute for Security Studies of the European Union in Paris, Prof. Dr.
Stephen Calleya, Direktor der „Mediterranean Academy of Diplomatic Studies,
Malta, und Prof. Dr. Jan J. Michalek, Universität Warschau, war sowohl
Rückblick auf die vergangenen zehn Jahre als auch Ausblick auf die
Anforderungen der Zukunft. ZEI Mitarbeiter Andreas Marchetti editierte die
Beiträge in einem ZEI Discussion Paper.
Andreas Marchetti (ed.), Ten Years Euro-Mediterranean Partnership. Defining
European Interests for the next Decade, ZEI Discussion Paper, C154/2005.
x Eine wohlhabende, demokratische und stabile Mittelmeerregion ist sowohl
im Interesse der Europäischen Union (EU) als auch der arabischen Partnerländer
im südlichen Mittelmeerraum. Bis heute herrscht Konsens darüber, dass es zur
Erreichung dieser Interessen einer umfassenden sozioökonomischen
Entwicklung und letztlich einer Demokratisierung der Nachbarländer bedarf.
Aber reichen die verfügbaren außenpolitischen Instrumente und Strategien aus,
um die gemeinsamen Interessen zusammen mit den arabischen Partnerländern
zu verfolgen? Vor diesem Hintergrund analysierte eine Studie von Thomas
Demmelhuber, die in den Schriften des ZEI veröffentlicht wurde, die EUMittelmeerpolitik seit 1995 am Fallbeispiel des ägyptischen Reformprozesses
und fragte kritisch nach den Ergebnissen der Kooperation.
Thomas Demmelhuber, EU-Mittelmeerpolitik und der Reformprozess in
Ägypten. Von der Partnerschaft zur Nachbarschaft, Schriften des Zentrum für
Europäische Integrationsforschung, Band 69, Baden-Baden: Nomos Verlag,
2009, 343 Seiten.
x Seit den 1990er Jahren arbeitet das ZEI eng mit der Mediterranean
Academy of Diplomatic Studies Malta (MEDAC) zusammen. Seit 2010 treffen
Studenten der MEDAC, zumeist junge arabische Diplomaten, im Rahmen eines
Workshops in Bonn mit Studenten des ZEI Master Programms zusammen.
Hochrangige Vortragende aus Politik und Wissenschaft sorgen für fruchtbare
und anregende Diskussionen unter den Teilnehmern.
2./3.Februar 2010: Workshop zum Thema „The European Union in the
Mediterranean“. Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt,
unterstrich, dass die institutionelle Diskussion in der EU nach Inkrafttreten des
Lissabon-Vertrages zu Ende sei und die EU sich nun strategischen Perspektiven
und Aufgaben zuwenden müsse. Mehr als ein Dutzend Studierende der
Mediterranean Academy of Diplomatic Studies kamen im Rahmen des
210
Workshops mit den Studierenden des ZEI aus aller Welt sowie den
Wissenschaftlern des ZEI zusammen. Im Rahmen eines Planspiels suchten sie
gemeinsam nach einer Lösung des Nahost-Konflikts. Eine Podiumsdiskussion in
Zusammenarbeit mit der Deutschen Welle diente der Erörterung des EuroArabischen Dialoges.
15. bis 19. Januar 2011: Teil eines intensiven Besuchsprogramms war ein
gemeinsamer Workshop „Germany in the EU and the Mediterranean“ am 17.
Januar 2011, der Wissenschaftler und Studenten des ZEI sowie ein Dutzend
junger Diplomaten aus dem Nahen Osten, dem Kaukasus und aus verschiedenen
afrikanischen Ländern, die an der MEDAC studieren, am ZEI zusammenführte.
Tunne Kelam, Abgeordneter des Europäischen Parlaments aus Estland,
berichtete von den Freiheitserfahrungen seines Volkes.
6. bis 10. Februar 2012: Das Thema des gemeinsamen ZEI-MEDAC-Workshops
im Jahr 2012 lautete „Germany, the EU, and the Arab Spring“. Die Studenten
der MEDAC wurden begleitet von MEDAC Direktor Prof. Dr. Stephen Calleya
und Prof. Dr. Monika Wohlfeld, German Chair in Peace and Conflict Prevention
(für den sich ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt über Jahre eingesetzt
hatte und der nun vom DAAD gefördert wird). Neben zahlreichen
Diskussionsrunden konnten die Studenten auch die Europäische Zentralbank
Frankfurt besuchen sowie die UN-Einrichtungen und die Deutsche Welle in
Bonn. Dr. Gerhard Sabathil, Direktor im Europäischen Auswärtigen Dienst,
erörterte die Politik der EU gegenüber den arabischen Transformationsstaaten.
24./25. April 2013: Der Workshop „Enhacing education in the Arab
transformation process“ widmete sich einer Vielzahl wichtiger Themenbereiche.
Der Ehrenpräsident der Europäischen Gesellschaft ehemaliger Parlamentarier,
Prof. Dr. Uwe Holtz, sprach über die Aktivitäten der elder statesmen in der
europäischen Politik, der Stärkung der demokratischen Prozesse in der
arabischen Welt auch weiterhin die gebührende Aufmerksamkeit zu widmen.
Weitere Vorträge und Diskussionen befassten sich mit der Wichtigkeit der
Bildung, den Problemen der strategischen Ausrichtung der Beziehungen
zwischen der EU und dem arabischen Raum, dem Nahostkonflikt, der Rolle der
Medien in der Berichterstattung von Konfliktsituationen in der arabischen Welt
und Fragen der künftigen Energiesicherheit Europas und der arabischen
Nachbarn.
6. bis 8. Mai 2015: Der gemeinsame ZEI-MEDAC-Workshop diskutierte die
Anforderungen an eine erneuerte Europäische Nachbarschaftspolitik vor dem
Hintergrund der gewachsenen Spannungen in der Region und im Kontext von
211
Migration, Flüchtlingsfragen und Islam-Debatten in der EU. Die Teilnehmer
suchten nach Wegen der Gemeinsamkeiten unter schwieriger gewordenen
Bedingungen.
3.2 Östliche Nachbarschaft und Russland
x Dr. Igor Leshoukov, Universität Sankt Petersburg, verbrachte 1998 einen
Forschungsaufenthalt am ZEI. In dieser Zeit entstand ein ZEI Discussion Paper,
in dem er die Perspektive Russlands auf den europäischen Einigungsprozess
untersuchte. Diese sei von Seiten der Europäer zu selten berücksichtigt worden.
Seine Untersuchung diente dem Ziel, die Strategien und Intentionen der
russischen Europapolitik verständlich zu machen. Dr. Leshoukov sprach am 8.
September 1998 am ZEI zu „Russia’s Perspectives on European Integration“.
Igor Leshoukov, Beyond Satisfaction: Russia’s Perspectives on European
Integration, ZEI Discussion Paper, C 26/1998.
x Im September/Oktober 1998 war Prof. Dr. Fedor Burlatsky, Vorsitzender
der Sektion Politische Wissenschaft im Präsidium der Russischen Akademie der
Wissenschaft und ehemaliger Duma-Abgeordneter, als Gastforscher am ZEI.
Während seines Aufenthaltes traf er im Rahmen einer „adhoc Studiengruppe“
mit namhaften Vertretern aus Wissenschaft, Verwaltung und Politik zusammen,
um über die Frage zu diskutieren, auf welche Weise Russland in seinem
derzeitigen beschwerlichen Transformationsprozess von den westdeutschen
beziehungsweise westeuropäischen Nachkriegserfahrungen Anregungen
übernehmen könnte. Die Ergebnisse seiner Forschungsarbeit am ZEI flossen
auch in eine Studie für den russischen Ministerpräsident Primakow ein. Am 20.
Oktober 1998 hielt Prof. Burlatsky am ZEI einen Vortrag zum Thema „The
Problem of Human Rights in Russia within the European Integration Process”.
x In einer Zusammenarbeit des ZEI mit der Vertretung der Europäischen
Kommission in der Russischen Föderation fand vom 9. bis 12. September 1999
am ZEI ein Seminar mit dem Zentrum für Integrationsforschung und programme der Staatlichen Universität St. Petersburg statt, das sich mit den
Herausforderungen der Einbindung des russischen Nordwestens und den Zielen
der „Northern Dimension“-Initiative der Europäischen Union beschäftigte.
Hierbei trafen Vertreter aus Russland, der Ukraine, den skandinavischen und
den baltischen Staaten sowie Polen, Großbritannien und Deutschland
zusammen.
x Prof. Dr. Gennadij Fedorow, Staatliche Universität Kaliningrad, und Dr.
Viktor Koksharow, Ministerium für Außenwirtschaftsbeziehungen der Region
212
Swerdlowsk, hielten sich im Jahr 1999 zu Forschungsaufenthalten am ZEI auf
und beleuchteten mit ihren ZEI Kollegen eingehend die Erkenntnisse über die
verschiedenen Rechtsverhältnisse und Arbeitsebenen zwischen Moskau und den
einzelnen Regionen. Am 12. Oktober 1999 referierte Dr. Koksharow am ZEI zu
dem Thema „Developments within the Russian Federal System: Power Struggle
Between Center and Regions“.
x Mit den innenpolitischen und -gesellschaftlichen Entwicklungen vor den
Wahlgängen Ende 1999 und im Sommer 2000 in der Russischen Föderation, in
Weißrussland sowie in der zentralasiatischen Republik Tadschikistan
beschäftigte sich eine Projektgruppe des ZEI. In einem umfangreichen Projekt
wurden zudem die rechtlichen und gesellschaftlichen Voraussetzungen sowie
das Umfeld der Präsidentenwahlen im Januar und der Parlamentswahlen im
Oktober in der Republik Kasachstan untersucht. In diesem Rahmen nahm ZEI
Mitarbeiter Peter Wittschorek als Langzeitbeobachter an den beiden OSZEWahlbeobachtungsmissionen in Kasachstan teil. Seine Erkenntnisse zeigten die
Schwierigkeit der institutionellen Konsolidierung der Transformationsstaaten
der GUS sowie die Notwendigkeit eines engen europäischen Engagements in
der Region exemplarisch auf.
Peter Wittschorek, Präsidentenwahlen in Kasachstan 1999. Erfahrungen einer
ungewöhnlichen OSZE-Mission, ZEI Discussion Paper, C38/1999.
x Die Entwicklung regionaler Kooperationsformen als einer entscheidenden
Stufe zur Schaffung gesamteuropäischer Strukturen stellte einen besonderen
Akzent bei der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Entwicklung in
den GUS-Staaten dar. Unter anderem wurden zwei Konferenzen vom ZEI durch
Kooperationsprojekte und die Mitwirkung von ZEI-Wissenschaftlern
unterstützt: Im Vorfeld des Gipfeltreffens der Staatspräsidenten der
mitteleuropäischen Staaten beschäftigte sich eine Konferenz des Instituts für
Politische Studien der Ivan Franco Universität im westukrainischen Lwiw vom
22. bis 24. April 1999 mit der Frage der ukrainischen Verankerung in
Mitteleuropa. Dabei wurde die Entwicklung der ukrainisch-polnischen
Beziehungen als besonders erfolgreiche regionale Kooperation herausgestrichen.
Auf Einladung des ZEI, des Atlantischen Rats der Ukraine und des American
Institute for Contemporary German Studies diskutierten am 28./29. Mai 1999
ukrainische, amerikanische und europäische Experten aus Politik, Wissenschaft,
Wirtschaft und von den Medien an einem historischen Ort, im Livadia-Palast der
Drei-Mächte-Konferenz von Jalta auf der Krim, die Möglichkeiten einer
vertieften strategischen Kooperation und einer europäischen Orientierung der
213
Ukraine. Sie zeigten sich einig in der Verantwortung der Ukraine für die
Fortsetzung und Vertiefung der institutionellen und rechtlichen Reformen und
äußerten sich hoffnungsvoll über die Perspektiven der ukrainisch-atlantischen
Partnerschaft. An der Tagung nahmen unter anderem der stellvertretende
Außenminister der Ukraine, Yevgen R. Bersheda, der amerikanische Botschafter
in Deutschland, John Kornblum, und Bundestagsabgeordnete teil.
Jackson Janes/Oleg Kokoshinsky/Peter Wittschorek (eds.), Ukraine, Europe,
and the United States. Towards a New Euro-Atlantic Security Architecture,
Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Band 22, BadenBaden: Nomos Verlag, 2000, 179 Seiten.
x Dr. Swetlana Pogorelskaya, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung
Westeuropa und USA des INION an der Akademie der Wissenschaften der
Russischen Föderation, Moskau, Russland, hielt sich vom 26. Februar 2003 bis
zum 30.06.2006 als Gastforscherin am ZEI auf. Sie widmete sich in dieser Zeit
ihrem Projekt „Außenpolitische Kulturen der EU-Staaten im Vergleich:
Deutschland – Frankreich“ und hielt einen Vortrag zu ihrem Projekt-Thema.
Swetlana Pogorelskaja, Die Bedeutung der deutschen parteinahen Stiftungen für
die EU-Politik gegenüber den MOE- und GUS-Staaten, ZEI Discussion Paper,
C163/2006.
x Victor Merten, ehemaliger Polizeioffizier in Kasachstan, sprach am 26.
April 2005 im Rahmen einer Kooperationsveranstaltung des ZEI mit der DGAP
zum Thema „Terrorismusbekämpfung. Möglichkeiten und Grenzen der
Zusammenarbeit zwischen der Russland und der EU.
x Es war die „schwierigste, längste und umfangreichste Wahlbeobachtungsmission der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in
Europa)“. So schilderte der Leiter dieser Mission, ZEI Senior Fellow Dr. GeertHinrich Ahrens, die Beobachtung der Präsidentschaftswahlen in der Ukraine
2004 und seine Eindrücke während des fünfmonatigen Einsatzes in Kiew. Im
Rahmen des ersten ZEI-Europaforums in 2005 berichtete er über den
turbulenten Machtwechsel in dem großen, vom westlichen Europa zu wenig
beachteten Nachbarland mit einer alten europäischen Tradition. In einem
lebhaften, interessanten Vortrag stellte Dr. Ahrens, langjähriger deutscher
Diplomat und Botschafter a.D., die politischen und logistischen Herausforderungen dar, mit denen die von ihm geleitete OSZEWahlbeobachtungsmission während der langen Phase der Präsidentschaftswahlen in der Ukraine fertig werden musste. Das Land wünsche nun die
214
Anbindung an Europa und zugleich die Neudefinition seiner besonderen
Position zwischen Russland und dem Westen.
Geert-Hinrich Ahrens, Die Präsidentschaftswahlen in der Ukraine. Die
schwierige Mission der OSZE/ODHIR-Wahlbeobachter, ZEI Discussion Paper,
C151/2005.
x ZEI Mitarbeiter Andreas Marchetti befasste sich 2007 eingehend mit dem
Verhältnis Russland – EU. Auf einem Seminar der Konrad-Adenauer-Stiftung
über Russland und die Europäische Union auf Schloss Eichholz referierte
Marchetti am 13. März 2007 über die Russlandpolitik der EU. Auf Einladung
der Russischen Akademie der Wissenschaften nahm Andreas Marchetti dann am
24. März 2007 in Moskau an einer von der Akademie, dem russischen
Außenministerium, der Vertretung der Europäischen Kommission in Russland
und der Deutschen Botschaft Moskau ausgerichteten Konferenz über „Russia
and the EU: Past and Present“ teil. Er sprach dabei über die „European
Neighbourhood Policy – Between ‚New Neighbours’ and ‚Near Abroad’“.
x Die EU müsse der Kriegsrhetorik in der Kaukasusregion entgegenwirken,
indem sie sich für einen friedlichen Wandel einsetzt. Des Weiteren solle in der
neu geschaffenen Östlichen Partnerschaft weniger mit den Regierungen, sondern
vielmehr mit der Zivilgesellschaft gearbeitet und die Medienfreiheit gefördert
werden. Diese Handlungsoptionen schlug Dr. Aschot Manutscharjan, freier
Publizist und Sicherheitsexperte, in einem Vortrag im Rahmen eines ZEIEuropadialoges am 12. Mai 2009 vor. In seinen Ausführungen unter dem Thema
„Krisenherd Kaukasus: Was kann die EU zur Konfliktlösung beitragen?“
spannte Dr. Manutscharjan einen Bogen vom Ende des Kalten Krieges 1989/90
bis 2009, erläuterte an diversen Beispielen die unterschiedlichen eingefrorenen
beispielsweise schwelenden Konflikte im Südkaukasus, betonte die Bedeutung
der Region (beispielsweise im Bereich der Energieversorgung) und benannte die
Standpunkte der drei großen Akteure zu dem Thema (Russland, EU, USA). In
der anschließenden, regen Diskussion wurde insbesondere die Frage diskutiert,
ob oder inwieweit sich die EU in die Konflikte einmischen solle.
x Mit dem Beginn der „Östlichen Partnerschaft“ der EU entwickelten sich
neue Chancen für eine stärkere Entwicklung von Europastudien in Russland im
Kontext der gesamteuropäischen Politikprozesse. Diese Einschätzung
vermittelten leitende Mitarbeiter des Zentrum für Deutschland- und
Europastudien an der Staatlichen Universität von St. Petersburg bei einem
Gespräch im Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI) am 6. Mai
2009. Die russischen Gäste informierten sich über die Struktur des ZEI, vor
215
allem über seine Weiterbildungsstudien. Sie warben im Gespräch mit ZEI
Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt für eine Stärkung der Zusammenarbeit und
betonten das auch in Russland wachsende Interesse an der vergleichenden
Untersuchung von regionalen
x Der Untergang der Sowjetunion hatte dramatische Veränderungen in der
internationalen Weltordnung zur Folge. In einem ZEI Disucssion Paper
untersuchte ZEI Master Fellow * }$ ~ \-RusslandBeziehungen seit dem Ende des Kalten Krieges aus den theoretischen
Perspektiven der realistischen, liberalen, supranationalen und intergouvernementalen Denkschule. Dabei argumentierte er, dass verschiedene
Ansätze zur Erklärung des Entwicklungsprozesses der Beziehungen herangezogen werden müssten.
-Russian Relations: Evolution and Theoretical
Assessment, ZEI Discussion Paper, C204/2011.
x ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt diskutierte angesichts der 2014
rapide zugenommenen Spannungen an den östlichen und südlichen Rändern der
EU die Folgen der Tatsache für die Nachbarschaftspolitik, dass die EU erstmals
wieder seit Ende des Kalten Krieges nicht mehr nur Exporteur von Stabilität,
sondern auch Importeur von Instabilität geworden ist. Er plädierte für eine neue
EU Sicherheitsstrategie.
Ludger Kühnhardt, Neighbors and other realities: The Atlantic civilization and
its enemies, ZEI Discussion Paper, C228/2015.
Weitere ausgewählte Publikationen
John Maxwell/Rafael Reuveny, Free Trade and Arms Races. Some Thoughts
Regarding EU-Russian Trade, ZEI Working Paper, B14/1998.
Carlo Masala, Die Euro-Mediterrane Partnerschaft, ZEI Discussion Paper,
C68/2000.
Konstantinos Drakos/Ali Kutan, Regional Effects of Terrorism on Tourism.
Evidence from Three Mediterranean Countries, ZEI Working Paper, B26/2001.
Bernd Hayo/Ali Kutan, The Impact of News, Oil Prices, and International
Spillovers on Russian Financial Markets, ZEI Working Paper, B20/2002.
216
Ludger Kühnhardt, System-opening and Cooperative Transformation of the
Greater Middle East. A New Trans-Atlantic Project and a Joint Euro-AtlanticArab Task, EuroMeSCo Paper, No. 26, Lisboa: EuroMeSCo Secretariat, 2003,
19 Seiten. Online unter:
www.euromesco.net/euromesco/media/euromescopaper26_kuhnhardt.pdf.
Peter Zervakis, The Europeanization of the Cyprus Question: A Model for
Conflict Resolution, in: Journal for Cypriot Studies, 22-25, Eastern
Mediterranean University, Famagusta, North Cyprus, 2004, Seite 1-33.
Tobias Schumacher Die Europäische Union als internationaler Akteur im
südlichen Mittelmeerraum. Zum Verhältnis von „Actor Capability“ und EUMittelmeerpolitik, Baden-Baden, Schriften des Zentrums für Europäische
Integrationsforschung, Band 63, Nomos Verlag, 2005, 470 Seiten.
Andreas Marchetti, The European Neighbourhood Policy – Foreign Policy at the
EU´s Periphery, ZEI Disucssion Paper, C158/2006.
Thomas Demmelhuber, The Euro-Mediterranean Space as an Imagined (Geo-)
political, Economic and Cultural Entity, ZEI Discussion Paper, C159/2006.
Dominic Heinz, A Review of EU-Russian Relations. Added Value or
Structurally Deficient?, ZEI Discussion Paper, C177/2007.
Marvin Andrew Cuschieri, Europe’s Migration Policy Towards the
Mediterranean. The Need of Reconstruction of Policy-Making, ZEI Discussion
Paper, C168/2007.
Thomas Demmelhuber, The European Neighbourhood Policy (ENP) and its
Implementation in the Southern Mediterranean. The Case of Egypt, ZEI
Discussion Paper, C170/2007.
Aschot L. Manutscharjan, Der Berg-Karabach-Konflikt
Unabhängigkeit des Kosovo, ZEI Discussion Paper, C193/2009.
nach
der
Wiebke Drescher, The Eastern Partnership and Ukraine. New Label – Old
Products?, ZEI Discussion Paper, C194/2009.
Ludger Kühnhardt, Eurasian Heartland or Atlantic Civilization: The Ukrainian
War of Cultures, Washington: The American Institute for Contemporary
German Studies (AICGS), 16. September 2014.
Online unter: www.aicgs.org/issue/eurasian-heartland-or-atlantic-civilizationthe-ukrainian-war-of-cultures/.
217
Prof. Dr. Walter Schweidler, Universität Dortmund/ZEI Senior Fellow
Dr. Frank Ronge, ZEI Fellow
Prof. Dr. Karl Dietrich Bracher,
Träger des Pour le Mérite/Universität Bonn
Prof. Dr. Hüseyin Bacı, Middle East Technical University
Dr. Jacques Santer, Präsident der Europäischen Kommission
José María Gil-Robles, Präsident des Europäischen Parlaments
Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung
Pierre Moscovici, französischer Europaminister
Prof. Dr. Hans-Peter Schwarz, Universität Bonn
Diskussion am ZEI – Prof. Dr. Jeffrey Herf, University of Maryland, Dr. Volker Steinkamp, Universität Bonn,
Marco Bifulco, Katholische Universität Mailand
ZEI Fellows Dr. Andreas Beierwaltes, Dr. Matthias Pape
Dr. Nadezhda Mihailova, Außenministerin von Bulgarien
Hannelore Kraft, Europaministerin von Nordrhein-Westfalen, mit ZEI-Mitarbeitern
Prof. Dr. Klaus von Beyme, Universität Heidelberg, Prof. Dr. Jocelyn Cesari, Georgetown University,
Dr. Indra de Soysa, Zentrum für Entwicklungsforschung
Toomas Ilves, Außenminister von Estland
ZEI Tagung in der NRW-Landesvertretung in Brüssel
ZEI Tagung im Auswärtigen Amt in Berlin mit Jo Leinen, Mitglied des Europäischen Parlaments,
Georg Dick, Leiter des Planungsstabs, Auswärtiges Amt,
Daniel Cohn-Bendit, Mitglied des Europäischen Parlaments, ZEI-Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt
Dr. Christoph Heusgen, Auswärtiges Amt
Dr. Ioannis Kasoulides, Außenminister von Zypern
Dr. Romain Kirt, Luxemburgischer Regierungsberater, Dr. Valérie Guérin-Sendelbach, ZEI Fellow
Dr. Ljerka Mintas Hodak, kroatische Europaministerin, mit ZEI-Mitarbeitern
Prof. Dr. Christian Hacke, Dr. Brigitte Seebacher-Brandt, Prof. Dr. Tilman Mayer, Universität Bonn
Iveta Sulca, Außenministerium von Lettland, Dr. Jan-Phillipp Weisswange, ZEI Fellow
Jií Gruša, tschechischer Botschafter/Präsident des PEN Club, ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt
ZEI Workshop zur europäischen Verfassung mit Peter Altmaier,
Mitglied des Europäischen Verfassungskonvents
Mitarbeiterfeier am ZEI – Ingrid Maldonado, Dr. Xuewu Gu, Dr. Georg Michels, Dr. Franz-Josef Meiers,
Janusz Musial, Dr. Emil Mintchev, Jana Puglierin, PD Dr. Ralf Elm, Dr. Rafael Biermann
Gespräch mit Studenten des Maxwell European Union Center, Syracuse, USA
ZEI Fellow Dr. Emil Mintchev
Konferenz zu den transatlantischen Beziehungen mit dem Woodrow Wilson Center Feierliches Abendessen auf dem Petersberg
Kirstin Hughes, Center for European Policy Studies, ZEI Fellows Dr. Marcus Höreth,
Dr. Hubert Iral, Dr. Carlos Closa, Universität Zaragoza
Dr. Amichai Magen, Stanford University, Dr. Ian Lesser, RAND Corporation,
ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt, Dr. Nassif Hitti, Botschafter der Arabischen Liga in Frankreich,
Dr. Andreas Jacobs, Konrad Adenauer-Stiftung
Dr. Erhard Busek, ehemaliger österreichischer Vizekanzler/Institut für den Donauraum und Mitteleuropa
Strategiegespräch von ZEI Wissenschaftlern
Mladen Dragasevic, ZEI Class of 2006, Außenministerium von Montenegro
ZEI-MEDAC Workshop zu den Euro-Mediterranen Beziehungen mit arabischen Diplomaten
Prof. Dr. Stephen Calleya, Mediterranean Academy of Diplomatic Studies, Malta
ZEI Master Fellows Class of 2011 im Gespräch mit Dr. Vladimir Pavicevic,
Parlamentsabgeordneter aus Serbien, ZEI Class of 2003
Exkursion – Teilnehmer der ZEI Academy in Comparative Regional Integration
mit Axel Voss, Mitglied des Europäischen Parlaments, in Brüssel
Exkursion – Teilnehmer der ZEI Academy in Comparative Regional Integration
bei der Europäischen Kommission in Brüssel
Gespräche im Foyer des ZEI
Simulationstraining - ZEI Master of European Studies, Class of 2011
ZEI-WAI Studiengruppentreffen in Praia – Matthias Vogl, ZEI Fellow, Prof. Dr. Kocra Lossina Assoua,
Prof. Dr. Damien Agbodji, Prof. Dr. Olusegun Omisakin, Prof. Dr. Mama Ouattara, WAI Fellows,
Prof. Dr. Klaus Eising, Universität Bochum
ZEI Master Fellows Óscar Rodríguez Fernández, Erika Ruth Koerner, Grisel Fernández Ángel, Class of 2013
ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig
ZEI Graduiertenausbildung Master in European Studies – Governance and Regulation
ZEI Direktoren Prof. Dr. Ludger Kühnhardt und Prof. Dr. Christian Koenig
Diskussion in der Deutschen Welle – Matthias Vogl, ZEI Fellow, Prof. Dr. Djeneba Traore,
West Africa Institute (WAI), Peter Hille, Deutsche Welle, Jörg Bartle, Bundeswehr
Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung
Future of Europe Observer
Teambesprechung – ZEI-WAI Forschungskooperation
Wissenschaftler-Austausch – Ama Konadu Oppong, West Africa Institute
Rike Sohn, ZEI Fellow, Ama Konadu Oppong, West Africa Institute
Ralf Meyer, ZEI Administrator
Erfahrungsaustausch mit Wissenschaftlern der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften
Bibliothek des West Africa Institute, Praia
Peter Hustinx, EU-Datenschutzbeauftragter, ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig
Studiengruppentreffen ZEI-WAI in Praia – Prof. Dr. Djeneba Traore, West Africa Institute,
José Brito, ehemaliger Außenminister der Kapverden, ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt
ZEI Class of 2014 mit Dr. h.c. Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments
Margot Warzecha, die gute Seele des ZEI
ZEI – verankert in der Beethoven-Stadt Bonn
ZEI – Institutsgebäude Bonn, Walter-Flex-Strasse 3
4.
EU und die Weltmächte
Die globalen Ausstrahlungen der Europäischen Union haben noch keineswegs
zu einem kohärenten weltpolitischen Engagement der EUgeführt. Kontrovers
wird dabei innerhalb Europas immer wieder das Verhältnis von normativer
Macht und geopolitisch-militärischer Globalpräsenz der EU diskutiert. Die
Anwendungsfehler des weltpolitischen Engagements der EU haben seit den
1990er Jahren exponentiell zugenommen, wobei die bereits seit Beginn der
europäischen Integration bestehenden entwicklungspolitischen Kooperationen,
vor allem im Kontext der AKP-Ländergruppe (Afrika, Karibik, Pazifik), aber
auch in Lateinamerika, stets am unumstrittensten gewesen sind. Im Blick auf die
beiden exponiertesten Weltwächter seit dem Ende des Kalten Krieges, die USA
und China, unterhält die EU die vielschichtigsten Formen der Zusammenarbeit,
die nicht frei von Kontroversen sind, gleichzeitig aber vielfältige Anforderungen
an die wissenschaftliche Begleitung durch das ZEI beinhalten.
4.1 Transatlantische Beziehungen
Zwischen der USA und der EU bestehen engste politische und wirtschaftliche
Verflechtungen. Auf dem jährlich stattfindenden EU-USA-Gipfel treffen sich
Vertreter beider Seiten, um über gemeinsame Kooperationen zu beraten. Die
ohnehin starken wirtschaftlichen Verflechtungen sollend durch das geplante
Transatlantische Freihandelsabkommen vertieft werden. Die transatlantischen
Beziehungen sind darüber hinaus in außen-, sicherheits- und
verteidigungspolitischen Fragen von Bedeutung. Das Verhältnis beider hat sich
seit Aufnahme diplomatischer Beziehungen 1953 mehrfach gewandelt.
Erreichten die transatlantischen Beziehungen mit dem Irak-Krieg 2003 einen
Tiefstand, intensivierten sie sich mit dem Amtsantritt Barack Obamas, 2009,
wieder. Das ZEI begleitet die transatlantischen Beziehungen in ihren diversen
Phasen seit Beginn seiner Tätigkeit.
x Vor dem Hintergrund des NATO-Beitritts von Polen, der Tschechischen
Republik und Ungarn und im Kontext der laufenden Forschungsprojekte
veranstaltete das ZEI am 4. März 1999 eine Konferenz zum Thema „Die
Zukunft der euro-atlantischen Beziehungen“, zu der hochrangige Politik- und
Wirtschaftsexperten, Diplomaten und Wissenschaftler aus den USA und Europa
zusammenkamen, darunter Botschafter Robert D. Blackwill, Harvard
University, Karsten D. Voigt, Koordinator der Deutsch-Amerikanischen
Beziehungen im Auswärtigen Amt, und Roland Wegener, stellvertretender
Generalsekretär der WEU. Ziel war es, über die außen- und
218
sicherheitspolitischen, wirtschaftlichen und kulturellen Aspekte der euroatlantischen Beziehungen sowie über zukünftige Kooperationspotentiale in
Anbetracht der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu diskutieren. Die
Teilnehmer waren sich einig, dass Europa neben den USA eine führende
außenpolitische Rolle in der Welt übernehmen könnte. Dies würde allerdings
voraussetzen, dass die USA auf Teile ihrer außenpolitischen Führungsrolle
sowie auf internationale Alleingänge verzichten würde und Europa als
gleichberechtigten Partner akzeptieren könnte.
Susanne Baier-Allen (ed.), The Future of Euro-Atlantic Relations, Schriften des
Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Band 18, Baden-Baden:
Nomos Verlag, 2000, 226 Seiten.
x Prof. Dr. Robert M. Orr Jr., Vice President and Director of Government
Relations, Nippon Motorola, Tempel University, Tokyo, sprach am 29. Juni
1999 am ZEI zu den transatlantischen Handelsbeziehungen „Transatlantic Trade
Relations: What Europe can learn from American-Japanese Trade Conflicts“.
x ZEI Senior Fellow Dr. Thomas Banchoff, Georgetown University,
Department. of Government, Washington, D.C., hielt im Verlaufe eines
Gastforscheraufenthaltes am ZEI 2000/2001 (Humboldt-Forschungsstipendium)
am 5. März 2001 einen Vortrag zum Thema „Die transatlantischen Beziehungen
aus der Sicht der neuen Bush-Administration“.
x Wie hat sich „9/11“ auf die transatlantischen Beziehungen ausgewirkt?
Diesem Thema widmete sich ZEI Mitarbeiter Dr. Franz-Josef Meiers in einem
Vortrag am 19. Februar 2002: „Was zählt und wer zählt? Transatlantische
Beziehungen nach dem 11. September“ am ZEI.
x Dr. Andrew Denison, Direktor Transatlantic Networks, befasste sich in
einem ZEI Discussion Paper mit der Situation nach den Anschlägen des 11.
September und den daraus entstandenen neuen Festlegungen und Beziehungen
zu den befreundeten Partnerstaaten.
Andrew B. Denison, Shades of Multilateralism. U.S. Perspectives on Europe’s
Role in the War on Terrorism, ZEI Discusion Paper, C 106/2002.
x Im Rahmen der Förderinitiative „Dialog Wissenschaft und Praxis“ der
Hanns Martin Schleyer-Stiftung veranstaltete das ZEI am 22./23. November
2002 das 9. Europakolloquium in Königswinter. Das Kolloquium stand unter
dem Leitthema „Die transatlantischen Beziehungen nach dem 11. September
2001. Herausforderungen und Perspektiven“. Die Ergebnisse des Kolloquiums
wurden von drei ausgewiesenen Experten im Bereich der internationalen
219
Sicherheitspolitik, Dr. Andrew B. Denison, Direktor Transatlantic Networks,
Staatssekretär a. D. Prof. Dr. Lothar Rühl, Universität zu Köln, und Prof. Dr.
Bassam Tibi, Universität Göttingen, in einer Publikation dargelegt.
Franz-Josef Meiers (Hrsg.), Die Auswirkungen des 11. September 2001 auf die
transatlantischen Beziehungen, ZEI Discussion Paper, C118/2003.
x Die Irak-Krise stellte für die transatlantischen Beziehungen eine
gravierende Belastung dar. Um angesichts ihrer fortwährenden Bedeutung und
weiterer neuer globaler Herausforderungen eine Revitalisierung der
amerikanisch-europäischen Beziehungen zu fördern, initiierten das ZEI und das
Center for Transatlantic Relations der Johns Hopkins University, Washington
D.C., das Kooperationsprojekt „Rethinking the Transatlantic Agenda“. Vertreter
führender think-tanks der USA und einer Reihe europäischer Staaten wurden zur
Mitarbeit eingeladen. ZEI-Senior Fellow Prof. Dr. Stefan Fröhlich, der seit April
2003 Internationale Beziehungen an der Universität Nürnberg-Erlangen lehrt,
konzipierte das Projekt während eines mehrmonatigen Forschungsaufenthaltes
am Center for Transatlantic Studies. Im Februar 2003 in Washington sowie im
Mai und Oktober 2003 in Bonn konnten ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger
Kühnhardt und der Direktor des Center for Transatlantic Relations, Dr. Dan
Hamilton, Wissenschaftler und Politiker aus den Staaten der EU und aus den
USA zu Reflexionsgesprächen willkommen heißen. Bis zum Ende des Jahres
entstand unter Beteiligung von Vertretern führender europäischer und
amerikanischer Forschungsinstitute ein policy-paper, das 2004 der irischen
Ratspräsidentschaft vorgelegt wurde, um den Politikprozess im Sinne einer
Revitalisierung der transatlantischen Beziehungen zu unterstützen und zu
befördern.
x Das Woodrow Wilson European Alumni Meeting „The Crisis in the
Transatlantic Relations“ führte vom 9. bis 11. September 2004 führende
Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft aus ganz Europa und den USA,
unter der Leitung von Samuel Wells, Associate Director des renommierten
Woodrow Wilson Center for Scholars in Washington, auf Einladung von ZEI
Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt am ZEI zusammen, um gemeinsam über
die aktuelle Krise in den transatlantischen Beziehungen zu beraten. Die Themen,
derer sich die Konferenz annahm, reichten von gemeinsamen Werten,
unterschiedlichen Regierungssystemen, wirtschaftlicher Zusammenarbeit,
kulturellen Trends bis hin zu Sicherheitsfragen. Trotz der Bruchstellen und
Auseinandersetzungen der letzten Jahre bleiben die transatlantischen
Beziehungen weiterhin so wichtig wie eh und je, herrschte Konsens unter den
220
Teilnehmern. Während sich in der Diskussion die Überzeugung
herauskristallisierte, dass die gemeinsamen Werte mit dem Ende des Kalten
Krieges schwächer konturiert seien, waren die Teilnehmer darüber uneins,
inwieweit die Regierungssysteme tatsächlich unterschiedlich seien. Die
wirtschaftliche Zusammenarbeit stellt weiterhin einen Eckstein, aber auch
gleichzeitig den am meisten unterschätzten Teil der wechselseitigen
Beziehungen dar, wobei gerade die gelegentlichen Handelsstreitigkeiten
zwischen den beiden wirtschaftlichen Riesen häufig hochstilisiert werden. Mit
Blick auf Europas östliche Nachbarn haben beide Seiten, Europa wie USA, je
eigene Vorstellungen von Sicherheit und Stabilität, können ihre Ziele aber nur
mittels einer effektiven Zusammenarbeit in einem transatlantischen Rahmen
erreichen. Amerika wird weithin als die kulturelle Vorhut in den Beziehungen
gesehen, auch wenn diese Ansicht in Europa nicht unwidersprochen ist. Fest
steht aber in jedem Falle, dass die beiden kulturellen Sphären aufeinander
angewiesen sind. Die strategischen Kulturen Amerikas und Europas sind zwar
unterschiedlich, doch muss diese Feststellung dadurch ergänzt werden, dass
auch die europäischen Partner untereinander zum Teil sehr unterschiedliche
Konzeptionen haben. Der Unterschied ist daher weniger in einem
transatlantischen Kontext zu verorten, als vielmehr in einem europäischen.
Letzten Endes haben aber sowohl Europa als auch Amerika die gleichen
Sicherheitsbedürfnisse, die sie nur gemeinsam sicherstellen können. Höhepunkt
der Konferenz war die Möglichkeit, Meinungen und Sichtweisen mit dem ersten
slowakischen EU-__@ € }‚ƒ@ %%%+ }‚ƒ betonte die
Wichtigkeit der transatlantischen Bindung.
Samuel Wells/Ludger Kühnhardt (eds.), The Crisis in Transatlantic Relations,
ZEI Discussion Paper, C143/2005.
x Wie sind die Wegmarken in den deutsch-amerikanischen Beziehungen seit
dem 11. September 2001 unter den Bundesregierungen Schröder und Merkel
abgesteckt? Was sind die Ursachen für die dramatische Verschlechterung der
Beziehungen zwischen Berlin und Washington im Zuge der Irak-Krise? Wie
gestalten sich die atmosphärischen Aufhellungen seit dem Regierungswechsel in
Berlin im November 2005? Diese Fragen analysierte ZEI Mitarbeiter Dr. FranzJosef Meiers.
Franz-Josef Meiers, Zwischen Partnerschaft und Widerspruch – Die deutschamerikanischen Beziehungen seit dem 11. September 2001, ZEI Discussion
Paper, C165/2006.
221
x Im Rahmen einer Gastprofessur auf Einladung der Stanford University
unterrichtete ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt im dortigen Spring
Semester 2004 über „European identity“ und führte ausführliche Fachgespräche
mit amerikanischen Wissenschaftlern zu den transatlantischen Beziehungen.
Kühnhardt nahm auch in Europa regelmäßig an Veranstaltungen teil, die sich
mit den transatlantischen Beziehungen befassen, so unter anderem am 2. Juli
2012 mit einem Impulsreferat zum Thema „60 Years of Transatlantic Relations“
bei der Atlantik-Brücke, Berlin, am 28. Oktober 2013 an einem
Transatlantischen Gesprächskreis bei dem Amerikanischen Botschafter in
Berlin, und am 9./10. Oktober 2014 mit einem Vortrag zum Thema „Cold War
II?“ am Woodrow Wilson European Alumni Meeting in Rom.
Nach zwei Forschungsaufenthalten auf Einladung des renommierten Woodrow
Wilson International Center for Scholars 2002 und 2011 als Public-Policy
Scholar wurde Prof. Dr. Kühnhardt 2013 zum Woodrow Wilson Global Fellow
ernannt.
x Am 21. November 2014 hatten die Studenten des ZEI Master of European
Studies Program (MES) im Rahmen eines ZEI Europa-Dialoges die Möglichkeit
zu einer abschließenden lebhaften und engagierten Diskussion über das
Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) mit Botschafter a.D. J. D.
Bindenagel, Henry Kissinger Professor an der Universität Bonn. Das TTIP
zwischen der EU und den USA nähert sich langsam einer Einigung. Botschafter
Bindenagel verdeutlichte den Studenten, dass die Verhandlungen nicht nur
wichtig für die Abschaffung von Zöllen und belastenden Regulierungen sind,
sondern auch von strategischer Bedeutung für den Erhalt der aktuellen Position
beider Partner in der Welt. Zudem betonte er, dass es für die Verhandlungen
notwendig sei, die Öffentlichkeit, Verbraucher, Nichtregierungsorganisationen
(NGOs), Arbeit, Landwirte und Unternehmen in einen transparenten
Entscheidungsprozess mit einzubeziehen.
x Am 9. Februar 2015 konnten die ZEI Master Fellows der „Class of 2015“
im Rahmen der jährlichen Brüssel-Exkursion mit Anthony Gardner, Botschafter
der USA bei der EU, ausführlich über die ökonomische und politische
Bedeutung der Transatlantik Trade and Investment Partnership (TTIP)
diskutieren.
4.2 EU und China
Die engen Handelsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und China
stehen auch im Mittelpunkt der europäischen China-Politik. Das immer dichter
222
werdende Netzwerk von Verbindungen zwischen der EU und China spiegelt
sich auch in einer intensiven Wissenschaftskooperation mit dem größten Land
Asiens wider. In diesem Rahmen hat das ZEI eine Vielfalt von Kooperationen
mit chinesischen Wissenschaftlern realisiert.
x Prof. Dr. Jianxion Zhang, Deputy Secretary of the Chinese Society for
European Union Studies, hielt im September 1999 während seiner
Gastforscherzeit am ZEI einen Vortrag zum Thema „The Relations between
China and the European Union after the Kosovo crisis”.
x ZEI-Mitarbeiter Dr. Xuewu Gu, der das Europa-Asien-Programm am
Zentrum für Europäische Integrationsforschung von 1999-2002 leitete, sprach
am 14. Dezember 1999 am ZEI zu dem Thema „Chinas Aufstieg zur Großmacht
– eine Herausforderung für Europa?”. Er behandelte darin die Beziehungen
zwischen Europa und China und die tatsächliche Stärke der Volksrepublik
China. Dr. Gu argumentierte, dass Chinas Aufstieg zur Großmacht für Europa
eher Chance als Herausforderung bedeutet.
Dr. Gu beteiligte sich aktiv an der öffentlichen Diskussion über den Sinn und
Zweck des Ausbaus der Beziehungen Europas zu Asien, referierte auf vielen
Veranstaltungen zu dem Thema und publizierte umfangreich. Insbesondere
bemühte er sich, die deutsche Öffentlichkeit über die aktuellen Entwicklungen
im chinesischen Kulturraum zu informieren und auf die Notwendigkeit der
Gestaltung einer Politik des „Wandels durch Handel“ hinzuweisen.
x Vom 1. bis 5. Juli 2001 trafen über 40 Wissenschaftler und Politiker aus
Europa und China in Chengdu, der Hauptstadt der chinesischen Provinz
Sichuan, zu einem wissenschaftlichen Workshop zum Thema „Education and
Employment in the Cross-Cultural Context of EU“ zusammen, der vom ZEI und
dem Zentrum für Europaforschung der Sichuan Universität gemeinsam
organisiert wurde. Finanziert wurde die Veranstaltung durch die Europäische
Union im Rahmen des „EU-China Higher Education Programme“, mit dem das
ZEI seit 1999 eng kooperiert. Der Workshop verfolgte das Ziel, die europäische
Politik und Praxis zur Begegnung der Herausforderungen aus dem
Beschäftigungsmarkt in der Globalisierungszeit herauszuarbeiten und nach ihrer
Übertragbarkeit in China zu fragen. Die Volksrepublik China ist als
multikulturelles Land mit zahlreichen Transformationsproblemen konfrontiert.
Die chinesischen Teilnehmer des Workshops waren besonders interessiert zu
erfahren, wie die kulturell unterschiedlich geprägten Staaten der Europäischen
223
Union versuchen, das Verhältnis zwischen Ausbildung und Beschäftigung zu
gestalten und wie sie ein effizientes Bildungssystem entwickeln.
In seinem Vortrag „Transformation Societies and their Educational Systems –
East German Experiences in an European Contex“ analysierte Dr. Matthias
Rößler, Kultusminister des Freistaates Sachsen, systematisch die Erfahrungen,
die die neuen Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland bei der
Umgestaltung ihrer Bildungssysteme nach der Wende gesammelt haben.
Der Beitrag von ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt analysierte über die
deutschen Erfahrungen hinaus das Verhältnis zwischen Erziehung und
Beschäftigung auf europäischer Ebene. In seinem Vortrag zu dem Thema
„Reflections on incentive based reforms in education in Europe“ betonte
Kühnhardt die Notwendigkeit in Europa, die Reformen des Bildungssystems
leistungsorientiert und ethikverpflichtet durchzuführen.
Die Beiträge von Prof. Dr. Duan und Prof. Dr. Li (Zentrum für Europaforschung
der Sichuan Universität) zeigten, wie systematisch chinesische Wissenschaftler
die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Bildung und Beschäftigung in
Europa beobachten. In ihrem gemeinsamen Vortrag „Understanding the
European Union´s Potential: The Suggestions from Lisbon Strategy and
Stockholm Report to China in the Knowledge-based Economy“ stellten die
beiden Wissenschaftler fest, dass die Strategie der Europäischen Union, eine
„knowledge-based economy“ bis 2010 zu entwickeln, einen für China
interessanten Ansatz darstellt. Insgesamt wurden mehr als 20 Paper von
deutschen, französischen und chinesischen Wissenschaftlern und Politikern
präsentiert.
x In den Jahren 2000 bis 2005 besuchten eine Reihe chinesischer
Wissenschaftler das ZEI, um dort ihre Forschungen voranzutreiben.
2000: Prof. Dr. Dai Bingran, Director of the Center of European Studies and
Secretary General of the Chinese Society for European Studies, Fudan
University, Shanghai, Forschungsprojekt „Europa und Asien: Gegenseitige
Perzeptionen und Erwartungen“.
März 2001: Prof. Dr. Ding, Dou, EU-China HECP-School of International
Studies, Beijing University, Forschungsprojekt: „Comparative Studies on
European Integration and Integrative Measures in East Asia“.
Juli/August 2001: Prof. Chi-pen Sun, National Chiao Tung University, Division
of General Studies, Taiwan, Forschungsprojekt: „Die EU als
postnationalstaatliche Handlungseinheit – Vorbild für die Beziehungen
zwischen China und Taiwan“.
224
Mai 2002 bis April 2003, Prof. Dr. Shuhui Dong, Nankai University,
Forschungsprojekt: „The Euro and its International Economical Implications“.
Mai 2002, Prof. Dr. Chuan Feng, Sichuan University, Forschungsprojekt: „What
is Man’s Self-Realization“.
Mai 2002 bis April 2003, Prof. Shuhui Dong, Nankai University,
Forschungsprojekt: „The Euro and it’s international economical implications”.
September bis November 2003, Prof. Dr. Wang Guangcheng, Modern
Management
Center,
Shanghai,
Forschungsprojekt:
„Die
neue
Unternehmerschicht in den Transformationsländern Mittel- und Osteuropas“
(mit Unterstützung des DAAD).
Oktober 2003 bis März 2004, Prof. Yi Hanzhou, Shanghai Institute for European
Studies, Forschungsprojekt: „The organizational evolution of the EU”.
x Von August 2006 bis September 2007 war das Zentrum für Europäische
Integrationsforschung (ZEI) Kooperationspartner des EU-China European
Studies Centres Programme der Shanghai Academy of Social Sciences in
Shanghai. Im Rahmen des von der EU geförderten Projektes „Support to
Existing European Studies Centres in the People’s Republic of China (excluding
Hong Kong, Macao und Taiwan) erstreckte sich die Kooperation vornehmlich
auf den Austausch von Wissenschaftlern, um so das gegenseitige Verständnis
und die Fähigkeit miteinander und füreinander zu forschen fester zu
implementieren.
x Mit dem European Studies Centre der Sichuan University/China war das
Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI) vom 1. November 2006
bis 30. Oktober 2007 als Kooperationspartner für das EU-unterstützte Projekt
„Searching for the Core of European Integration: The Historical, Cultural and
Religious Impacts on Its Process“ verbunden. Der Austausch von
Wissenschaftlern, ein gemeinsamer Workshop sowie diverse Publikationen
gehörten zu dem Kooperationsprogramm mit dem European Studies Centre der
Universität Sichuan.
Auf Einladung von ZEI-Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt widmete sich
Prof. Dr. Jian Shi, Vize-Präsident der Universität Sichuan und Direktor des
European Studies Centre der Sichuan University, als Gastforscher am ZEI den
Forschungen zu dem Projekt „Searching for the Core of European Integration:
The Historical, Cultural and Religious Impact on Its Process“.
Am 28./29.Mai 2007 fand in Shanghai ein Workshop zu Fragen der
europäischen Integration und der europäisch-chinesischen Beziehungen statt.
225
Das ZEI leitete auf Einladung der chinesischen Partner die europäische
Delegation, angeführt von ZEI Direktor Prof. Dr. Christian Koenig. Prof. Dr.
Xuewu Gu, Ruhr Universität Bochum, Prof. Dr. Michael Gehler,
Stiftungsuniversität Hildesheim, Elena Angeleri, Graduate School for
International Relations and Economy, Catholic University Milan und Prof.
Vittorio Parsi, Catholic University Milan, beteiligten sich an der Konferenz.
x Im Zeichen wachsender weltweiter Verflechtungen ergeben sich
zunehmende Interessenkonvergenzen zwischen den wichtigsten internationalen
Akteuren. Dass sich dies auch im akademischen Bereich widerspiegelt, bezeugte
ein Arbeitsbesuch der Professoren Jan Shi, Dan Yi und Zhuyu Li des European
Studies Centre der Sichuan University am ZEI am 2. Mai 2011. Die
chinesischen Wissenschaftler tauschten sich mit Mitarbeitern des ZEI über
laufende sowie geplante Forschungs- und Lehraktivitäten aus. Dabei wurde
deutlich, dass aufgrund ähnlich gelagerter Interessenagenden zahlreiche Projekte
der beiden Institute bi- oder multilateral erweiterbar sind, woraus Möglichkeiten
der vertieften Zusammenarbeit erwachsen könnten. Beide Seiten verständigten
sich auf eine Fortführung des bereits etablierten engen Austauschs, um mögliche
Synergien zu identifizieren und die Zusammenarbeit zu vertiefen.
x Im Rahmen des von der Europäischen Union geförderten „EU-ChinaEuropean Studies Centres Programme“ (ESCP) besuchten 2007 acht chinesische
Gastforscher das ZEI. Fünf Gäste kamen von der „Shanghai Academy of Social
Sciences“ und forschten zum Thema „Support to Existing European Studies
Centres in the People’s Republic of China (excluding Hong Kong, Macao and
Taiwan)“. Die drei Gastforscher des „European Studies Centre“ der Sichuan
University in Chengdu befassten sich mit den Fragestellungen des Projektes
„Searching for the Core of European Integration“. Allen gemein war der
Schwerpunkt der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit den ZEI-Mitarbeitern:
die zukünftige Entwicklung der Europawissenschaften in China und Fragen der
Europäischen Identität.
x Dr. Qiang Xin, Associate Professor am Forschungszentrum für Europa und
Asien der Pädagogischen Hochschule Peking, verbrachte im Oktober/November
2006 mit Unterstützung des DAAD einen Gastforscheraufenthalt am ZEI. Sie
forschte zum Thema „Nationale Politikfelder in Wechselwirkung mit regionaler
Integration am Beispiel der Innenpolitik und des Bildungswesens in der EU und
Ostasien seit1997”. Sie nahm vom 11. bis 15. Oktober 2006 an einer Konferenz
beim Europarat in Strasbourg über „Administrative Cultures in Europe“ teil.
Aus den Recherchen ergab sich, dass das Verhältnis zwischen Recht und Kultur
226
sowohl im Prozess der europäischen Integration selbst, als auch im Vergleich
mit der Regionalisierungstendenz in Ostasien, als Spannungsfeld zu betrachten
ist. Mit diesem Thema beschäftigte sich Frau Dr. Xin dann in der zweiten
Etappe ihres Forschungsaufenthaltes, vom 19. Januar bis 28. Februar 2007. Sie
konkretisierte ihre Arbeit dabei auf die Arbeitsbereiche Rechtskultur, Migration,
Europäische Verwaltung, die Entwicklung eines europäischen Bildungsraums
sowie die Innere Sicherheit Europas und Gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik.
x Maximilian Mayer, Ruhr-Universität Bochum, sprach am 9. Oktober 2007
am ZEI zum Thema „Experimentierfeld für Nachhaltigkeit oder ökologische
Katastrophe? Chinas ´Ressourcenhunger´ und was er für die Industrienationen
bedeutet“. Hierbei handelte sich um eine gemeinsame Veranstaltung mit der
Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP).
x Frau Liu Lirong, Ph.D, Associate Professor am Center for European
Studies im Institute of International Studies der Universität Fudan, Shanghai,
verbrachte vom 1. Juli bis 30. September 2009 mit Förderung des DAAD einen
Forschungsaufenthalt am ZEI. In dieser Zeit forschte Frau Lirong zum Thema
„Engagement in Afrika: Konkurrenz zwischen China und Europa“. Aufgrund
einer bereits publizierten empirischen Arbeit über die wirtschaftliche
Entwicklung wurde eine Datenbank erstellt und das Wachstumsmodell Afrikas
südlich der Sahara von 1960 bis 2000 im Rahmen einer international
vergleichenden Studie entwickelt und analysiert.
x Am 16. Oktober 2013 begrüßte ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt
eine Delegation der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften (CASS)
am ZEI. Unter der Leitung des Direktors des CASS-Büros für
wissenschaftliches Forschungsmanagement, Zhu Yuanshou, und des Leiters des
Büros für internationale Kooperation an der CASS, Li Te, besuchte die
Delegation aus Peking verschiedene deutsche Forschungseinrichtungen und
international operierende Institutionen, um sich über Forschungsprogramme in
Deutschland zu informieren und auszutauschen. Im Mittelpunkt der
anschließenden Diskussion standen insbesondere die Organisation und
Finanzierung möglicher Forschungsprogramme sowie Fragen nach dem
Qualitätsmanagement. Eine längerfristige Forschungskooperation zwischen
CASS und ZEI, beispielsweise durch den Austausch von Gastforschern und
gemeinsame Weiterbildungsangebote, wurde von beiden Seiten sehr begrüßt.
227
Weitere ausgewählte Publikationen
Ann Mettler, From Junior Partner to Global Player? The New Transatlantic
Agenda and Joint Action Plan, ZEI Discussion Paper, C81/2001.
Xuewu Gu, China und der Westen. Wo liegen eigentlich die Probleme? in: K.R.
Spillmann,/A. Wenger (Hrsg.), Zeitgeschichtliche Hintergründe aktueller
Konflikte, Zürich: Forschungsstelle für Sicherheitspolitik, 2001, Seite 143-159.
Kühnhardt, Ludger, Globalisation, transatlantic cooperation and democratic
values, in: George Bermann/Matthias Herdegen/Peter Lindseth (Hrsg.),
Transatlantic Regulatory Cooperation. Legal Problems and Political Prospects,
Oxford: Oxford University Press, 2001, Seite 481 ff.
Ludger Kühnhardt, Atlantik-Brücke. Fünfzig Jahre deutsch-amerikanische
Freundschaft, Berlin, 2002.
Ludger Kühnhardt, Contrasting Transatlantic Relations. The EU and the US
towards a Common Global Role, SIEPS Paper: 2003/1op, Swedish Institute for
European Policy Studies, Stockholm, 2003.
Franz-Josef Meiers, Das Verhältnis USA-EU nach
Präsidentschaftswahlen, ZEI Discussion Paper, C140/2004.
den
US-
Kühnhardt, Ludger, German-American Relations: What else can go wrong?, in:
American Institute for Contemporary German Studies (Hrsg.), Power and
Principle. Prospects for Transatlantic Relations, German-American Issues, No.
2, Washington D.C., 2004, Seite 14 ff.
Ludger Kühnhardt, Obama and a New Transatlantic Age, in: American Institute
for Contemporary German Studies, AICGS Analyses, 21. November 2008.
Online unter: www.aicgs.org/analysis/c/kuehnhardt1108.aspx.
Lazaros Miliopoulos, Begriff und Idee der ‚Atlantischen Zivilisation’ in Zeiten
transatlantischer Zerreißproben, ZEI Discussion Paper, C188/2008.
Ludger Kühnhardt, The Atlantic Civilization and Its Enemies. Squeezed
between a self-destructive Russia and Arab world, Western nations need to
focus on their roots, in: the Globalist, 25. September, 2014.
Online unter: www.theglobalist.com/author/lkuhnhardt/.
228
5.
EU und Regionalintegration in aller Welt
Nach zwei Jahrhunderten des nation-building und state-building ist die Welt in
eine Ära des region-building eingetreten. Auf der Suche nach neuen Formen
politischer Stabilität, ökonomischer Prosperität und kultureller Kohäsion spielen
regionale Verbundsysteme unterdessen weltweit eine bemerkenswerte Rolle.
Sowohl in Afrika als auch in Lateinamerika, in der Karibik und in Asien haben
sich Staaten in regionalen Verbänden zusammengeschlossen und damit Märkte
und Grenzen geöffnet. Nation-building und region-building sollten auf Dauer in
eine Balance gebracht werden.
5.1 Region-Building: Grundlagen
Die Forschungen des ZEI vergleichen das Phänomen des weltweit
anzufindenden region-building: Welche Versuche unternehmen Regionen
außerhalb wie innerhalb Europas, um sich auf ökonomischer, politischer,
rechtlicher und kultureller Ebene stärker zu integrieren? Die Voraussetzungen
der einzelnen Regionen sind dabei genauso verschieden, wie die Wege, die
eingeschlagen werden. Inwieweit die EU für diese Regionen als Vorbild dient,
hängt nicht zuletzt von der Perzeption Europas von außen ab. Diese
Wahrnehmung hat sich angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise nach 2008
zum Teil zu einer kritischen Position gewandelt.
x ZEI Mitarbeiterin Cordula Janowski analysierte in einem ZEI Discussion
Paper zwei Phänomene von wachsender Bedeutung für die internationalen
Beziehungen: Globalisierung und regionale Integration. Regionale Integration
erscheint zunehmend als Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung.
Dies lenkte den Blick auf die EU als Modell erfolgreicher regionaler Integration.
Können andere Regionen dieser Erde von der EU lernen bzw. ist die EU sogar
Paradigma für regionale Integration? Die Überlegungen erklären Globalisierung
und regionale Integration als einander bedingende Prozesse. Europäische
Integration scheint allerdings kaum geeignet als globales Modell oder sogar als
Paradigma für andere Regionen zu dienen.
Cordula Janowski, Globalization, Regional Integration and the EU – Pleadings
for a Broader Perspective, ZEI Discussion Paper, C162/2006.
x Ein wissenschaftlicher Ertrag der Summer Academy „Comparative
Regional Integration“, die vom 10. bis 22. September 2007 mit Studenten und
Postgraduierten aus acht Integrationsgemeinschaften in Afrika, Asien,
Lateinamerika und der Karibik am ZEI stattfand, ist die Sammlung der
229
Reflexionen der Teilnehmer, die mit einem Vorwort der EU-Kommissarin für
Außenbeziehungen und Europäische Nachbarschaftspolitik, Dr. Benita FerreroWaldner, als ZEI Discussion Paper erschienen sind. Die einzelnen Artikel fassen
die unterschiedlichen Blickwinkel auf regionale Integrationsprozesse und die
Bedeutung der EU in diesem Zusammenhang zusammen. Das Paper untersucht
in globaler Perspektive das Phänomen regionaler Integration, das durch
unterschiedliche regionale Mechanismen und Initiativen zunehmend an
Relevanz gewinnt. Der Hauptfokus der Publikation liegt auf der Untersuchung
gegenwärtiger Entwicklungen: junge Akademiker aus Afrika, Lateinamerika,
Asien und dem karibischen Raum äußern ihre jeweilige Sicht von regionaler
Integration und erörtern die weiteren Perspektiven. Es werden aber nicht nur die
potentiellen Vorteile und Gefahren regionaler Integration behandelt, sondern
auch untersucht, inwieweit die Europäische Union beim Aufbau regionaler
Mechanismen unterstützend wirken kann.
Ariane Kösler/Martin Zimmek (eds.), Global Voices on Regional Integration,
ZEI Discussion Paper, C176/2007.
x Der regionalen Integration in Afrika, Asien, Lateinamerika, der Karibik
und in der pazifischen Inselregion trägt das ZEI seit 2007 mit dem ZEI
„Regional Integration Observer“ (RIO) Rechnung, um den Prozess regionaler
Vergemeinschaftung beobachtend zu analysieren sowie wichtige Hintergrundinformationen zur Verfügung zu stellen. Der RIO wendet sich sowohl an
Politiker und Wissenschaftler als auch an die interessierte Öffentlichkeit und
versteht sich als Mittel zur Stärkung des Dialogs und der vertieften Kenntnis von
Integrationsprozessen in verschiedenen Weltregionen.
2007: Der Regional Integration Observer widmet sich in seiner ersten Ausgabe
der Thematik der weltweiten Proliferation regionaler Integration. Mit einem
Leitartikel von ZEI-Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt sowie weiteren
Kurzartikeln zu aktuellen Geschehnissen in ASEAN, MERCOSUR und SADC,
werden in dieser Ausgabe sowohl theoretische als auch praktische Einblicke in
die Welt der regionalen Integration gewährt.
2008: Die regionale Integration in Lateinamerika steht im Vordergrund der
Artikel, die sowohl die interne Dimension regionaler Integration in den
Bereichen Politik, Wirtschaft und Infrastruktur analysieren als auch einen Blick
auf die bi-regionalen Beziehungen mit der Europäischen Union werfen. Dabei
stehen auch die EU-AKP-Beziehungen (Afrika, Karibik, Pazifik) und die damit
verbundenen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen im Fokus, wobei besonders
die westafrikanische Regionalorganisation ECOWAS (Economic Community of
230
West African States) beleuchtet wird. Die weiteren Artikel werden das
westafrikanische Regionalparlament, Bewegungsfreiheit in Westafrika und
Handelspolitik behandelt.
2009: Der RIO widmet sich verstärkt der Rolle des Rechts in regionalen
Integrationsprozessen. Die Artikel befassen sich unter anderem mit dem Urteil
des Bundesverfassungsgerichtes zum Vertrag von Lissabon und die Situation
und wachsende Bedeutung regionaler Rechtsinstanzen in anderen Weltregionen.
Daneben beschäftigt sich der RIO mit Forschung und Ausbildung im Bereich
der vergleichenden regionalen Integration und den grundsätzlichen
Herausforderungen in diesem Feld. Beispiele aus verschiedenen Weltregionen
werden vorgestellt, wie das „West Africa Institute“ auf den Kapverden und
„CARICOM Park“ in Barbados. Ebenfalls beleuchtet werden Kosten und
Nutzen regionaler Integration am Golf sowie die Perspektiven für eine
Währungsunion, das Engagement der EU und die Außenpolitik des
Golfkooperationsrates (GCC).
2010: Die zehnte Ausgabe des RIO wählte die Regionen Asien und Pazifik und
Zentralamerika als geographische Schwerpunkte. ASEAN als die bisher
ambitionierteste regionale Gruppierung wird eingehend in zwei Artikeln auf
seine Zukunftspläne und deren Umsetzbarkeit sowie auch im Vergleich zum
Modell der Europäischen Union (EU) untersucht. Der Generalsekretär des
Sekretariates des „Pacific Islands Forum“ gab einen Überblick über die
dringendsten Probleme bei den pazifischen Integrationsbemühungen und der
Generalsekretär des zentralamerikanischen Integrationssystems (SICA) äußerte
sich zu aktuellen Entwicklungen. Einen weiteren Schwerpunkt bildete die
Sicherheitspolitik im regionalen Kontext.
2011: Der RIO schaut auf verschiedene weltweite Entwicklungen im Bereich
der regionalen Wirtschaftsintegration. Auch die Rolle der Arbeitsmobilität und
Migration als Indikatoren zur Messung des Grades an regionaler Integration
wird analysiert. ZEI-Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen gibt Antworten zu
aktuellen Fragen im Kontext von Finanzkrise und Währungsunion. In weiteren
Artikeln beschäftigt sich der RIO mit der Thematik von Regulierung und
Wettbewerb, den Chancen einer gemeinsamen Wettbewerbspolitik in
Südostasien, den Problemen der Wettbewerbsordnung in den Ländern des
Mercosur und den Aussichten auf eine verbesserte Wettbewerbspolitik in
Nordafrika. Des Weiteren werden 20 Jahre der Integration in der Region
Mercosur einer kritischen Bilanz unterzogen und die Rolle der ECOWAS als
sicherheitspolitischer Akteur im Zusammenhang mit dem Konflikt in der
231
Elfenbeinküste, die Bedeutung der ECOWAS als so genannter „Building-Block“
im Rahmen der kontinentalen Integrationsbemühungen der Afrikanischen Union
und die Zielsetzung der ECOWAS, den Verbund bis 2020 eine „ECOWAS of
the People“ umzuwandeln, analysiert.
2012: Der regionale Schwerpunkt liegt auf den Regionen Südliches Afrika und
Ostafrika. Die Artikel beschäftigen sich mit unterschiedlichen Facetten und
Zukunftsherausforderungen der dortigen regionalen Integrationsprozesse und
einem Überblick über die 20-jährige Geschichte der „Southern African
Development Community“ (SADC), die sich von einer aus den so genannten
„Frontlinienstaaten“ bestehenden anti-Apartheid-Bewegung zu einer der
wichtigsten „Regionalen Wirtschaftsgemeinschaften“ (REC) im Kontext des
gesamtafrikanischen Integrationsprozesses unter der Ägide der Afrikanischen
Union (AU) gewandelt hat. Vor dem Hintergrund der europäischen Krise
widmet sich der RIO 2012 ebenfalls der Wahrnehmung Europas jenseits der
eigenen Grenzen.
2013: Der RIO gibt einen Überblick über die Strukturen und Ergebnisse der
Forschungskooperation zwischen dem ZEI und dem West Africa Institute
(WAI). Das Kooperationsprojekt (2012 bis 2016) wird vom Bundesministerium
für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Es wird eine Bilanz des
regionalen Integrationsprozesses in Westafrika angesichts des 20-jährigen
Jubiläums des ECOWAS Revised Treaty von 1993 und der bevorstehenden
Jahrestag der Gründung der WAEMU 2014 und der ECOWAS 2015 und
analysiert die vielfältigen Dimensionen der Beziehungen zwischen Westafrika
und Europa gezogen und nach möglichen Erklärungsvariablen für die biregionalen Politikprozesse gesucht.
2014: Detailliert beleuchtet werden die Ergebnisse des EU-Afrika-Gipfels in
Brüssel im April diesen Jahres, die Verhandlungen über ein
Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen EU und Westafrika, die
Auswirkungen eines möglichen transatlantischen Freihandelsabkommen auf die
Handelsbeziehungen zu Drittstaaten in Afrika sowie die jüngsten Entwicklungen
in der deutschen Afrikapolitik.
2015: Der ZEI Regional Integration Observer (RIO) widmet sich den politischen
Herausforderungen in Westafrika und Europa im Jahr 2015. In Westafrika
stehen in diesem Jahr insgesamt sechs Parlaments- bzw. Präsidentschaftswahlen
an. Ein Beitrag des RIO beschäftigt sich damit, welche Auswirkungen die
Ereignisse in Burkina Faso Ende 2014 auf diese Wahlen in Ländern mit
umstrittenen politischen Führungskräften haben könnten. Darüber hinaus
232
wurden im politischen System der ECOWAS dem Regionalparlament im
Dezember 2014 mehr Rechte zugestanden. Was dies für die politische Kultur
und die Entscheidungsfindungsprozesse auf regionaler Ebene bedeutet, wird
ebenfalls beleuchtet. Zusätzlich werden die aktuelle Situation in Mali und die
Rolle von Informations- und Kommunikationstechnologie im Integrationsprozess in Westafrika analysiert. Aus europäischer Perspektive hat sich die neue
Kommission Juncker für das Jahr 2015 ein ambitioniertes Arbeitsprogramm
vorgenommen, dessen drängendste Fragen und wichtigste Herausforderungen
ebenfalls im RIO beleuchtet werden.
In den Jahren 2013 bis 2016 begleitet
Forschungskooperation als Newsletter.
der
RIO
die
ZEI-WAI
x Vergemeinschaftungsprozesse in Afrika, Asien, Lateinamerika, der
Karibik, und in der pazifischen Inselregion streben mehr als eine rein
wirtschaftliche Zusammenarbeit an. Neben verstärkter wirtschaftlicher
Kooperation sind auch politische, rechtliche und kulturelle Aspekte wichtige
Faktoren und bilden ein Mixtum Compositum regionaler Integrationselemente.
Die wissenschaftlichen Beiträge des von den der ZEI Mitarbeitern Ariane Kösler
und Martin Zimmek herausgegebenen Sammelbandes mit Beiträgen aus aller
Welt betrachtet diese verschiedenen Komponenten sowohl in theoretischer
Perspektive als auch policy-orientiert. Sie leistet einen Beitrag zur
vergleichenden regionalen Integrationsforschung, indem sie theoretisch – und
ergänzt durch praktische Fallbeispiele aus diversen Integrationsverbünden – die
wesentlichen Grundzüge regionaler Integration interdisziplinär analysiert. Der
Band richtete sich insbesondere an Lehrende wie an Studierende der Politik-,
Rechts- und Wirtschaftswissenschaften.
Ariane Kösler/Martin Zimmek (eds.), Elements of Regional Integration. A
Multidimensional Approach, Schriften des Zentrum für Europäische
Integrationsforschung, Band 68, Baden-Baden: Nomos Verlag, 2008, 278
Seiten.
x Auf der Suche nach neuen Formen politischer Stabilität, ökonomischer
Prosperität und kultureller Kohäsion spielen regionale Verbundsysteme weltweit
eine immer bemerkenswertere Rolle. Während die meisten regionalen
Verbundsysteme in der Welt seit einigen Jahren ihre Ambitionen verstärken ist
für sie immer wieder die Europäische Union Referenzpunkt oder gar Vorbild.
Dieses sind die Kernthesen einer breit angelegten empirischen Studie von ZEI
Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt, die auf mehrjährigen Studien,
233
Feldforschungen und Gesprächen mit Wissenschaftlern aus aller Welt und
Politikern der regionalen Kooperationen beruht und 2010 veröffentlicht wurde.
Band I bietet einen theoretischen und konzeptuellen Rahmen, um ausgehend von
den Erfahrungen mit der europäischen Integration und dem heute erreichten
Forschungsstand zu Problemen der Regionalintegration die Frage nach Zielen,
Formen, Grenzen und Perspektiven an regionale Integrationssysteme weltweit
zu reflektieren. Der Band bietet einen ausführlichen analytisch fundierten
Überblick über die wesentlichen regionalen Integrationssysteme in der heutigen
Welt: Mercosur, Andengemeinschaft, das System der Zentralamerikanischen
Integration, Karibische Gemeinschaft, Afrikanische Union, Westafrikanische
Wirtschaftsgemeinschaft, Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika,
Golf-Kooperationsrat, Südasiatische Kooperationsgemeinschaft, ASEAN,
Pacific Island Forum, Gemeinschaft Unabhängiger Staaten.
Band II dokumentiert erstmals alle relevanten vertraglichen Grundlagen und
Dokumente der regionalen Integrationssysteme in der heutigen Welt, wie sie
sich seit der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts entwickelt haben. Zusammen
bieten beide Bände wichtige Grundlagenkenntnisse über weltweite Trends im
Zeitalter von globalen Machtverschiebungen und Regionalbildungsprozessen.
Ludger Kühnhardt, Region Building, Vol. I: The Global Proliferation of
Regional Integration, Oxford/New York: Berghahn Books, 2010, 491 Seiten.
Ludger Kühnhardt, Region Building, Vol. II: Regional Integration in the World:
Documents, Oxford/New York: Berghahn Books, 2010, 501 Seiten.
5.2. Afrika
Regionale Integration wird im afrikanischen Kontext vor allem als ein Mittel zur
Überwindung der wirtschaftlichen, politischen und sozialen Schwierigkeiten
Afrikas gesehen. Sie zielt darauf ab, den afrikanischen Staaten eine aktivere
Teilnahme am Weltgeschehen zu ermöglichen – sowohl auf dem
wirtschaftlichen Markt als auch im politischen Handeln. Auf dem afrikanischen
Kontinent existieren mehrere regionale Kooperationssysteme, die sich in ihren
Ausgangsbedingungen und in ihren Strategien stark unterschieden. Zu den
vielversprechendsten gehört die westafrikanische „Economic Community of
West African States“ (ECOWAS), mit der sich die Wissenschaftler des ZEI
besonders intensiv auseinandersetzen und auch praktisch engagieren.
x Seit 2007 steht das ZEI in engem Kontakt mit dem Aufbau des „West
Africa Institute“ (WAI), dem ersten Forschungsinstitut zu Fragen regionaler
Kooperation und Integration in Afrika, beginnend mit einem ausführlichen
234
Gedankenaustausch von ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt mit dem
Generalsekretär der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS, Dr.
Mohamed Ibn Chambas, 2007 in Abuja. Im Mai 2008 besuchte der
Parlamentspräsident der Kapverden, Aristides Lima, mit einer hochrangigen
Delegation der Kapverden das ZEI, um über die gemeinsame Entwicklung eines
westafrikanischen Instituts für Regionalintegration zu sprechen, dessen
Etablierung in Praia die ECOWAS Staatschefs unterdessen beschlossen hatten
und in Kooperation mit der UNESCO vorantrieben.
Das im Juni 2010 begonnene ZEI/WAI-Kooperationsprojekt steht unter dem
Motto „Nachhaltige regionale Integration in Westafrika und Europa“. Es leistet
einen nachhaltigen Beitrag zur Förderung regionaler Integration in Westafrika
und deren wissenschaftlicher Analyse. Seit Beginn des Projekts 2010 werden
regelmäßig Workshops zweier mit europäischen und afrikanischen
Wissenschaftlern besetzten Arbeitsgruppen sowie weitere Austauschmaßnahmen zwischen WAI und ZEI durchgeführt, die der wissenschaftlichen
und administrativen Aufbauarbeit am WAI und der Erarbeitung gemeinsamer
Forschungsergebnisse dienen. So fand am 25./26. März 2015 das mittlerweile
sechste Arbeitsgruppentreffen in Praia, Cabo Verde, statt. Im Gegensatz zu den
bisherigen Treffen ging die Veranstaltung geografisch über Westafrika hinaus
und bezog auch Akademiker aus allen anderen, sogenannten „Regional
Economic Communities“ (RECs) mit ein. Inhaltlich widmete man sich der
Fragestellung, wie Forschung über das Phänomen der regionalen Integration
über geografische und Disziplingrenzen hinweg besser organisiert werden kann,
auch im akademischen Bereich. Um auf der Basis wissensgestützter Analysen
weiterhin auf Mängel und Verbesserungsmöglichkeiten hinweisen zu können,
wurde spontan beschlossen, auf die Gründung einer „African Regional
Integration Studies Association“ (ARISA) hinzuarbeiten. Eine solche
afrikabezogene Vereinigung von Forschern aus dem Bereich der regionalen
Integration könnte einen verbesserten Austausch von Forschungsergebnissen,
Beratungs- und Informationsdienstleistungen zur Verfügung stellen sowie
eventuell auch finanzielle Unterstützung leisten.
Die gemeinsam erarbeiteten Forschungsergebnisse werden publiziert und dienen
zugleich als methodische Vorarbeit für weitere Forschungsprojekte des West
Africa Institute. Drei Themengebiete stehen bis 2016 im Mittelpunkt der bikontinentalen
Forschungskooperation:
Regionale
Integration
und
Politikformulierungsprozesse, Wirtschaftsintegration und regionaler Handel und
institutionelles „capacity development“ für regionale Integration. Am ZEI
koordinieren Matthias Vogl, Rike Sohn und Sally Watkins das Projekt.
235
Das WAI ist das erste Institut seiner Art in der gesamten Region und hat zur
Aufgabe, den regionalen Integrationsprozess in Westafrika, der sich in den
letzten Jahren zu einem immer wichtigeren politischen Faktor entwickelt hat,
wissenschaftlich zu analysieren, sowie die dortigen Entscheidungsträger auf
dieser Basis konkret in ihren Entscheidungen zu beraten und die Verbreitung
von Wissen über regionale Integration in ganz Westafrika zu fördern.
Zu Beginn der Projektarbeit haben das Zentrum für Europäische
Integrationsforschung (ZEI) und das West Africa Institute (WAI) im Jahre 2011
einen „Reader“ zu Fragen nachhaltiger regionaler Integration zusammengestellt.
Er umfasst eine Sammlung akademischer Grundlagentexte zu verschiedenen
Forschungsfeldern im Bereich der regionalen Integration. Besondere
Schwerpunkte wurden in diesem Kontext auf die theoretischen Grundlagen,
Probleme der Wirtschaftsintegration und der sicherheitspolitischen Integration
sowie auf das Thema Bildung und Wissenstransfer im regionalen
Integrationsprozess gelegt. Zwischen 2012 und 2016 wird der am ZEI
entwickelte „Regional Integration Observer“ (RIO) als Newsletter der ZEIWAI-Kooperation geführt, herausgegeben von Matthias Vogl und Benjamin
Akoutou.
Im Hinblick auf die Monitoring-Komponente des Kooperationsprojekts des ZEI
und des WAI wurde in Zusammenarbeit mit dem Farafina Institute in Bayreuth
ein Fragebogen zu den Herausforderungen, Lehren und Verbesserungsvorschlägen für den regionalen Integrationsprozess in Westafrika entwickelt. Im
Mai 2013 wurde der Fragebogen an die Leiter der „National Units“ in den für
regionale Integration zuständigen Ministerien der ECOWAS-Länder versandt.
Die Erhebung zeigte deutlich, dass die drei Hauptziele des westafrikanischen
Integrationsprozesses gleichzeitig dessen wesentliche Herausforderungen
darstellen: der Ausbau der Infrastruktur in verschiedenen Sektoren, der Ausbau
des intra-regionalen Handels, sowie die Prävention und Lösung von regionalen
Konflikten.
Neben der wissenschaftlichen Arbeit unterstützt das ZEI das WAI strategischinstitutionell bei der Etablierung seiner Weiterbildungsziele im Bereich der
regionalen Integration in Westafrika, beim Aufbau seiner Bibliothek und bei der
Ausbildung zukünftiger WAI-Mitarbeiter im Rahmen des ZEI Master of
European Studies (MES). Im Juli 2014 unterzeichnete das West Africa Institute
(WAI) in Praia einen Kooperationsvertrag mit der Universität der Kap Verden
(UNICV), der die Grundlage für die Einrichtung des ersten afrikanischen
Studiengangs zu Fragen der afrikanischen Regionalintegration bildet. Das von
236
den WAI-ZEI Koordinatorinnen Sally Watkins (ZEI) und Maria de Fatima
Fortes (WAI) erarbeitete, umfassende Gesamtkonzept des Studiengangs wurde
nach vielfältigen Diskussionen mit allen Beteiligten von den wissenschaftlichen
Gremien der kapverdischen Nationaluniversität beschlossen und wird seither
schrittweise realisiert – mit Ausstrahlung auf die ganze Region ECOWAS.
Das Forschungs- und Beratungsprojekt des ZEI mit dem WAI wird bis 2016
vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert Die
WAI-ZEI Forschungskooperation ist zu einem Leuchtturmprojekt geworden,
wie es in der 2014 veröffentlichten Afrika-Strategie des BMBF formuliert
wurde.
Die Analysen und Ergebnisse der gemeinsamen Forschung werden seit dem Jahr
als „WAI-ZEI Paper“ veröffentlicht.
x Die Frage der afrikanischen Integration, ihre Schwierigkeiten und
Strategien und wie die Europäische Union mit den afrikanischen Ländern und
Regionalgruppen zusammenwirken kann, um sie in ihrer kontinuierlichen
Integration zu unterstützen und zu stärken, thematisierte ZEI Direktor Prof. Dr.
Ludger Kühnhardt in einem ZEI Discussion Paper. Dabei beleuchtete er auch
die Herausforderungen, die sich afrikanischen regionalen Institutionen nach
ihren post-kolonialen, auf Staatshoheit basierenden Anfängen stellen ebenso wie
die Funktion der subregionalen Organisationen, die Errichtung einer
afrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft und die Bedeutung von strategischen,
politischen Zielen, supranationalen Strukturen und gemeinsamen legislativen
Verpflichtungen zur Erweiterung der Regionalintegration. Untersucht wurden
zudem die Beziehungen der Europäischen Union zu Afrika im Kontext der biregionalen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen.
Ludger Kühnhardt, African Regional Integration and the Role of the European
Union, ZEI Discussion Paper, C184/2008.
x Im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltungsreihe mit der Deutschen
Gesellschaft für Auswärtige Politik sprach Peter Croll, Direktor des
Internationalen Konversionszentrums Bonn (BICC) am 12. Februar 2008 im ZEI
zum Thema „Afrika und die EU: Die Schnittstelle zwischen Migration und
(Un)-Sicherheit“ und Dr. Hans-Joachim Preuß, Generalsekretär der Deutschen
Welthungerhilfe, am 15. April 2008 über „Europäische Nichtregierungsorganisationen in Krisengebieten Afrikas. Beispiel Sudan“.
x ZEI Mitarbeiterin Ariane Kösler thematisierte in einem ZEI Discussion
Paper die Ziele, die Geschichte und die institutionelle Struktur der Southern
237
African Development Community (SADC). Darauf aufbauend analysierte sie
die Beziehungen zwischen SADC und ihrem größtem Geber, der EU, und zwar
mit Blick auf die Auswirkungen auf das gemeinsame Ziel vertiefter Integration
in der Region. Während ihre Einschätzung der gegenwärtigen Anstrengungen
SADCs vorsichtig optimistisch ausfällt, ist die Bilanz der EU-SADC
Beziehungen recht ambivalent hinsichtlich der Beseitigung von Hindernissen
regionaler Integration im Südlichen Afrika.
In ihrer 2010 veröffentlichten Dissertation widmete sich Ariane Kösler der
Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (Southern African
Development Community, SADC) zwischen 1992 und 2006. Die zentrale
Fragstellung dabei war, inwiefern diese Entwicklung mit dem Konzept der
Building Blocks aus dem Abuja Treaty und schließlich der Afrikanischen Union
in Einklang steht.
Ariane Kösler, The Southern African Development Community and its Relations
to the European Union. Deepening Integration in Southern Africa?, ZEI
Discussion Paper, C169/2007.
Ariane Kösler, Politik im afrikanischen Mehrebenensystem – Divergenz und
Konvergenz regionaler und subregionaler Integration in Afrika parallelen
Integrationsprozessen im südlichen Afrika, Hamburg: Dr. Kovac, Schriften zur
Internationalen Politik, Band 29, 2010, 344 Seiten.
x Eine hochrangige Delegation von Vertretern der Kommission der
westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft, ECOWAS, mit Sitz in Abuja,
Nigeria, besuchte das ZEI vom 14. bis 16. Oktober 2010. Im Rahmen dieses
Informationsbesuchs wurden die Herausforderungen regionaler Integration in
Westafrika und die Zukunft der regionalen Integrationsbemühungen diskutiert.
Angeführt wurde die Gruppe aus Westafrika von der Kommissarin für Finanzen
und Innere Verwaltung, Dr. Adahoa Okwuosa, dem Direktor für Strategische
Planung, Essien Abel Essien, und dem Direktor für auswärtige Angelegenheiten,
Dr. Abdel Fatau Musah. Diskutiert wurde insbesondere über die Frage wie die
Haupthindernisse regionaler Integration in Westafrika im Angesicht der
aktuellen Herausforderungen von Globalisierung und einer gestiegenen
Bedeutung der regionaler Zusammenarbeit überwunden werden können. Dabei
waren sich beide Seiten einig, dass es das Ziel sein muss, insbesondere bei der
Anwendung von rechtsstaatlichen Prinzipien stärker ergebnisorientiert zu
arbeiten und die Agenda jüngerer Regionalorganisationen nicht zu überladen.
Zur Weiterentwicklung dieser Organisationen wurde es zudem als notwendig
erachtet, die Ausbildung von qualifiziertem Personal im Bereich regionaler
238
Integration außerhalb Europas weiter zu fördern und andererseits die
Integrationsprozesse auch vor Ort durch Analyse und Evaluation nachhaltiger zu
machen. Die ECOWAS-Delegation sagte dem ZEI vor diesem Hintergrund die
volle Unterstützung für dessen Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich der
vergleichenden Regionalforschung und für dessen Kooperationsprojekt mit dem
„West Africa Institute“ (WAI) auf den Kap Verden, dem ersten Think-Tank für
regionale Integration in Westafrika, zu.
x Den Weg der EU von ursprünglich bevorzugten Handelsbeziehungen zu
den AKP-Staaten unter den Lomé-Verträgen zu einem Freihandel mit
beidseitigen Verpflichtungen zeigt ZEI Mitarbeiterin Claudia Rommel auf.
Derzeit haben Entwicklungsländer die Möglichkeit mit der EU unter dem
Allgemeinen Präferenzsystem, welches die ‚Alles außer Waffen‘-Initiative
einschließt, oder den Economic Partnership Agreements Handel zu betreiben.
Der Unterschied zwischen diesen Systemen und das Interesse der einzelnen
Länder Westafrikas wurden dargestellt, wobei deutlich wurde, dass das Level
der wirtschaftlichen Integration innerhalb Westafrikas für die Fähigkeit und das
Interesse der westafrikanischen Staaten an einem Abkommen von
entscheidender Bedeutung ist.
Claudia Rommel, Economic Partnership Agreements in the EU’s post-Lomé
Trade Regime: Negotiations with West Africa, ZEI Discussion Paper,
C214/2012.
x Im Mittelpunkt der Forschungsarbeit von ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger
Kühnhardt während eines Forschungsfreisemesters von Februar bis Juni 2011
am renommierten Woodrow Wilson International Center for Scholars in
Washington D.C. stand die konzentrierte Durchdringung der Frage nach dem
Verhältnis von Europa und Afrika im Zeichen eines enorm gewachsenen
Interesses an der neueren Entwicklung Afrikas in verschiedenen Regionen der
Erde. Aufbauend auf intensiven mehrjährigen Feldforschungen und
wissenschaftlichen Kooperationen mit afrikanischen Partnerinstitutionen unter
Einbezug intensiver Gespräche in allen regionalen Integrationsinstitutionen in
Afrika, aber auch mit Afrika-Partnern in der EU, in den USA und China
behandelt die Studie die Frage, in welchem globalen Zusammenhang die von der
EU und der Afrikanischen Union angestrebte strategische Partnerschaft steht,
das heißt auf welche Weise die aktuellen afrikanischen Strategien zur
Zukunftsentwicklung des europäischen Nachbarkontinents kompatibel mit –
beziehungsweise komplementär zu – den strategischen Überlegungen, Politiken
und Zielsetzungen der EU, der US, Chinas und Indiens hinsichtlich der Zukunft
239
Afrikas und der spezifischen Rolle der genannten externen Partner Afrikas in
Afrika selbst sind. Die Studie ist eine auch international beachtete
Neuinterpretation der Rolle Afrikas in der Weltordnung.
Ludger Kühnhardt, Africa Consensus. New Interests, Initiatives and Partners,
Washington D.C./Baltimore: Woodrow Wilson Center Press, 2014, 380 Seiten.
5.3 Lateinamerika und Karibik
Integration stellt für Staaten Lateinamerikas eine wertvolle Möglichkeit dar, um
die eigenen Positionen und Interessen im internationalen System zu stärken. Seit
dem Ende der so genannten „verlorenen Dekade“ der 1980er, in denen
ökonomische Krisen und autoritäre Systeme jeglichen Integrationsprozess in der
Region lähmten, sind seit Beginn der 1990er Jahre die Bemühungen um eine
verstärkte Vergemeinschaftung wieder intensiviert worden. Das weitestgehende
Integrationsprojekt ist der gemeinsame Markt Südamerikas (MERCOSUR).
Daneben nehmen die Andengemeinschaft und das System der Integration der
Staaten Zentralamerikas einen wichtigen Stellenwert in der zwischenstaatlichen
Kooperation ein.
x Die Ansätze regionaler Integration in Lateinamerika orientierten sich vor
allem am Vorbild des europäischen Integrationsprozesses. Erster konkreter
Schritt der vergleichenden ZEI-Forschung war ein Workshop zum Thema „Die
Zukunft des Regionalismus: EU und Mercosur im Vergleich“, zu dem
lateinamerikanische Wissenschaftler und ZEI Mitarbeiter am 7. Oktober 1999
am führenden lateinamerikanischen Forschungsinstitut für Regionalbildung,
dem Instituto de Integración de América Latina y el Caribe (INTAL) in Buenos
Aires zu einem Erfahrungsaustausch zusammen trafen.
Ramiro Xavier Vera-Fluixa, Regionalbildungsansätze in Lateinamerika und ihr
Vergleich mit der Europäischen Union, ZEI Discussion Paper, C73/2000.
x ZEI Mitarbeiter Christian Martincus Volpe untersuchte in seiner
Dissertation verschiedene Aspekte des wirtschaftspolitischen Wettbewerbs im
Zusammenhang mit der regionalen Integration im Mercosur. Er präsentierte eine
umfangreiche empirische Analyse der Effekte der Integration auf die räumliche
Verteilung ökonomischer Aktivitäten in der Region und wies darin nach, dass
die Integration sowohl die industrielle Spezialisierung einzelner Teilregionen als
auch die räumliche Konzentration wichtiger Industrien signifikant geändert hat.
Diese räumlichen Effekte implizieren, dass die Regierungen der beteiligten
Länder aufgrund der Handelsintegration in intensiverem Wettbewerb zueinander
um die Ansiedlung von Industrien stehen. Volpes Analyse wies nach, dass
240
fiskalpolitische
Instrumente
wie
Besteuerung,
Subventionen
und
Infrastrukturvorleistungen die Ergebnisse dieses Wettbewerbs signifikant
beeinflussen.
Martincus Volpe, Economic Integration, Fiscal Policy, and Location of
Economic Activities: The Case of Mercosur, Maastricht/Herzogenrath: Shaker
Verlag, 2004, 298 Seiten.
x Die Europäische Union intensivierte ab 2003/2004 ihre Beziehungen zu
Lateinamerika. In allen drei Integrationsregionen Lateinamerikas (Gemeinsamer
Markt des Südens/Mercosur, Andengemeinschaft/CAN, Zentralamerikanisches
Integrationssystem/SICA) setzte man vor diesem Hintergrund große Hoffnungen
auf eine Verstärkung der Kooperation mit Europa und damit im Bereich der
wissenschaftlichen Zusammenarbeit auch mit dem ZEI. Dies war der Eindruck
bei einer Reihe von Vorträgen und Konferenzteilnahmen sowie Begegnungen
mit hochrangigen Vertretern der Andengemeinschaft, die ZEI Direktor Prof. Dr.
Ludger Kühnhardt im März 2004 durch die fünf Länder der Andengemeinschaft
führten. Der Generalsekretär der Andengemeinschaft, Allan Wagner, zeigte sich
interessiert an einer stärkeren Beachtung der europäischen Integrationserfahrungen, was zu einem längeren Forschungs- und Beratungsaufenthalt von
ZEI Mitarbeiter Martin Zimmek im Sekretariat der Andengemeinschaft führte.
x In einem ZEI Discussion Paper stellten Christian Arnold und Miguel E.
Cárdenas die Regionalisierung als einen idealen Weg zur Kontrolle in einer
zunehmend globalisierten Welt dar. Arnold beleuchtete die Ähnlichkeiten und
Unterschiede zwischen der EU und der CAN (Comunidad Andina de Naciones).
Nachdem Arnold und Cárdenas die Gründe für die Integration untersucht hatten,
verglichen sie beide supranationale Organisationen anhand von drei
Referenzpunkten: Souveränität, Sicherheit und Wohlstand. Ergebnis: Es reiche
daher nicht aus, die Strukturen der EU einfach zu kopieren, schließlich sind die
historischen und geographischen Bedingungen der CAN – ebenso wie die
Partizipation von Eliten – zu unterschiedlich von der europäischen Erfahrung.
Nur durch die Schaffung eines institutionellen Gefüges, das die Lösung
spezifischer Probleme der Anden-Region ermöglicht, kann die CAN Erfolg
haben.
Christian Arnold/Miguel E. Cárdenas, La experiencia de la Unión Europea y
sus anécdotas para la “Comunidad Andina de Naciones” (CAN), ZEI
Discussion Paper, C145/2005.
x Im Verlaufe einer Studienreise durch die Staaten des „Systems der
Zentralamerikanischen Integration“ (SICA) im September 2005 erörterten ZEI
241
Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt und ZEI Mitarbeiter Martin Zimmek mit
führenden Vertretern der regionalen Integrationsorganisationen der Region die
Potentiale von spezifischen Weiterbildungsmaßnahmen für Mitarbeiter der
Integrationsorganisationen am ZEI. Sie wurden von den mittelamerikanischen
Repräsentanten ausdrücklich gebeten, Initiativen zur Stärkung der
Humankapazitäten der lateinamerikanischen Integrationsgemeinschaften zu
beginnen. Im Rahmen der Studienreise hielt Kühnhardt Vorträge über den Stand
des europäischen Integrationsprozesses an Universitäten in Belize, Guatemala,
Nicaragua und Costa Rica.
ZEI Mitarbeiter Martin Zimmek argumentierte 2005 in einem ZEI Discussion
Paper, dass die Integration für die Andenregion und Mittelamerika eine
wertvolle Möglichkeit darstellt, um die eigenen Positionen und Interessen im
internationalen System zu stärken. Trotz großer soziokultureller
Gemeinsamkeiten konnte bis heute keines der angestrebten Integrationsprojekte
in Lateinamerika nachhaltige Erfolge erzielen. Seit dem Ende der so genannten
„verlorenen Dekade“ der 1980er, in denen ökonomische Krisen und autoritäre
Systeme jeglichen Integrationsprozess in der Region lähmten, sind seit Beginn
der 1990er Jahre in der Andenregion und in Mittelamerika die Bemühungen um
eine verstärkte Vergemeinschaftung wieder intensiviert worden. Die mangelnde
Bereitschaft nationale Kompetenzen an eine überstaatliche Organisation zu
übertragen, stellt das größte Hindernis auf dem Weg zu realer Integration in den
Gemeinschaften dar. Neben institutionellen Reformen ist in beiden
Gemeinschaften die Harmonisierung der noch ausstehenden Zolllinien zur
Komplettierung der Zollunion, eine wichtige Aufgabe.
Martin
Zimmek,
Integrationsprozesse
in
Lateinamerika.
Aktuelle
Herausforderungen in Mittelamerika und der Andenregion, ZEI Discussion
Paper, C153/2005.
x Die Beziehungen zwischen der EU und der Karibischen Gemeinschaft
(CARICOM) befanden sich 2006/2007 in einer wichtigen Phase der
Neuorientierung. Da die geltenden Handelspräferenzen der EU für Produkte aus
der Karibik nicht mit den WTO-Regeln vereinbar waren, sollten diese
Sonderregelungen bis Ende 2007 durch ein wirtschaftliches Partnerschaftsabkommen (EPA) zwischen CARICOM und der EU ersetzt werden. Die
Verhandlungen über die genaue Ausgestaltung der EPA‘s dominierten die
Agenda zwischen beiden Regionen. Das ZEI begleitete diesen Prozess und
unterhielt Kontakte zu Wissenschaftlern und Praktikern der CARICOMMitgliedsstaaten sowie zu Mitarbeitern der Institutionen der Karibischen
242
Gemeinschaft. Im Rahmen dieser Verbindungen beschäftigte sich das ZEI mit
dem Prozess der voranschreitenden Integration innerhalb der CARICOM sowie
mit der Beziehung zwischen CARICOM und der EU. Die Europäische Union
wird in der CARICOM weithin als Modell für die karibische Integration
angesehen. Die Suche nach Vergleichskriterien zwischen der karibischen und
der europäischen Integration stieß auf lebhaftes Interesse in den Staaten der
CARICOM. Sie war auch für die umfassende Einschätzung der globalen Rolle
der EU, namentlich in Bezug auf das normative EU-Ziel der weltweiten
Förderung regionaler Integration von Bedeutung.
Bei zahlreichen Beratungsgesprächen, die ZEI-Direktor Prof. Dr. Ludger
Kühnhardt und ZEI Mitarbeiter Martin Zimmek im September 2006 während
ihrer Feldforschungen mit hochrangigen Regierungsvertretern in einigen
Mitgliedsstaaten der Caribbean Community (CARICOM), unter anderem mit
dem Premierminister von St. Lucia, Dr. Kenneth D. Anthony, und mit Vertretern
des CARICOM Generalsekreteriats in Georgetown, mit dem Präsidenten des
Caribbean Court of Justice, Michael de la Bastide, mit der Generalsekretärin der
Organization of Eastern Caribbean States, Dr. Len Ishmael, mit dem
Generalsekretär der Association of Caribbean States, Dr. Rubén Silié Valdez
und mit dem Präsidenten der Caribbean Development Bank, Dr. Compton
Bourne, geführt haben, wurden aktuelle Fragen zum Verhandlungsprozess über
ein EPA zwischen der Europäischen Union und der CARICOM sowie die
Bedeutung der EU für die CARICOM erörtert. In Vorträgen vor akademischem,
politischem und privatwirtschaftlichem Publikum stellte ZEI Direktor Prof. Dr.
Kühnhardt an der University of Guyana, vor dem Lim A Po Institute for Social
Studies in Paramaribo und an der University of the West Indies in Port of Spain
Kriterien für eine globale Vergleichsanalyse regionaler Integrationsformen zur
Diskussion. Die Erkenntnisse der Feldforschung mündeten ein in diverse
Publikationen des ZEI und andere externe Veröffentlichungen. Sie dienten
zugleich der systematischen Vorbereitung der 2007 erstmals am ZEI
stattgefundenen Summer Academy „Comparative Regional Integration“ für
Funktionäre der Integrationsgemeinschaften, die mit Unterstützung des DAAD
stattfand (siehe Kapitel VI.)
x Nach zwölf Jahren der Verhandlungen über den Abschluss eines
Freihandelsabkommens zwischen der EU und MERCOSUR hatte die globale
Finanzkrise neue Bedingungen an deren strategische Allianz gestellt. Prof. Dr.
Patricia Luíza Kegel und Prof. Dr. Mohamed Amal von der Universität
Blumenau, Brasilien, untersuchten während eines Forschungsaufenthaltes am
ZEI 2012 die Auswirkungen sich ändernder globaler Handelsschemata und
243
ausländischer Direktinvestitionen auf die Beziehung zwischen der EU und
MERCOSUR mit besonderem Augenmerk auf der Rolle Brasiliens sowie auch
auf der Verlagerung von Wirtschaftsmacht in Richtung Südostasien und anderer
emporstrebender Volkswirtschaften. Die wichtigste Erkenntnis aus diesem Paper
besagt, dass in beiden regionalen Integrationssystemen Veränderungen, die zu
effizienten Verhandlungsprozessen führen, nicht nur eine Veränderung in den
Positionen der Handelsverhandlungen bedeuten, sondern vor allem auch eine
Veränderung der politischen Sichtweise von strategischen Beziehungen, unter
Berücksichtigung der Zusammenführung von gemeinsamen Interessen und
Betrachtungsweisen in einer sich im Wandel befindlichen Welt.
Patricia Luíza Kegel/Mohamed Amal, MERCOSUR and its Current
Relationship to the European Union. Prospects and Challenges in a Changing
World, ZEI Discussion Paper, C209/2012.
5.4 Asien und Ozeanien
Die Idee stärkerer regionaler Zusammenarbeit breitet sich auch in Asien aus,
gleich ob in Südost-, Ost-, Nordost- oder Zentralasien und hinein in den
ozeanischen Raum. Jede dieser Regionen stößt auf unterschiedliche
Herausforderungen. So stehen für die zentralasiatischen Staaten völlig andere
Strategien im Vordergrund als beispielsweise für die südostasiatischen Staaten
oder die pazifischen Inselstaaten. Die wirtschaftliche Integration und das
Zusammenwachsen
der
Volkswirtschaften
wird
durch
politische
Zusammenarbeit ergänzt. Dieser Prozess findet im Wesentlichen im Rahmen des
Verbandes Südostasiatischer Nationen (ASEAN), der South Asian Association
of Regional Cooperation (SAARC) und des Pacific Island Forum (PIF) statt.
x Von Mitte Dezember 1998 bis Mitte Januar 1999 nahm ZEI Mitarbeiter
Peter Wittschorek an der OSZE Wahlbeobachter-Mission in der Republik
Kasachstan teil. Wegen der kurzfristigen Vorverlegung der für das Jahr 2000
geplanten Präsidentenwahlen auf den 10. Januar 1999 und der verweigerten
Zulassung verschiedener Oppositionskandidaten sandte die OSZE keine
Beobachtermission im üblichen Umfang in das zentralasiatische Land. Lediglich
eine kleine Gruppe von acht Beratern vertrat die Organisation vier Wochen vor
Ort in Almaty, der neuen Hauptstadt Astana sowie in den Regionen und
verfasste einen Bericht über den Verlauf der Vorbereitungen und den Wahlgang.
Peter Wittschorek, Präsidentenwahlen in Kasachstan 1999. Erfahrungen einer
ungewöhnlichen OSZE-Mission, ZEI Discussion Paper, C38/1999.
244
x Zentralasien ist nicht zuletzt aufgrund seiner geopolitischen Lage, seiner
ökonomischen Situation und der früheren Zugehörigkeit zur Sowjetunion ein
bedeutender Nachbarraum Europas. In dem tiefgreifenden politischen,
gesellschaftlichen und ökonomischen Transformationsprozess der seit Anfang
der 1990er Jahre unabhängigen Republiken Kasachstan, Kirgistan,
Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan kommt regionalen integrativen
Ansätzen und Überlegungen zunehmend ein größerer Stellenwert zu. Von
einigen Faktoren wie umstrittenen Grenz- und Minderheitenfragen,
Schwierigkeiten bei der Überwindung der ehemals zentralen Steuerung und dem
Aufbau neuer Strukturen, dem Schutz gefährdeter Naturräume, der
gemeinsamen Nutzung von Energieträgerreserven und verschiedenen außenund geopolitischen Konzepten geht allerdings auch ein beträchtliches
Konfliktpotential aus. Dass die europäischen Integrationserfahrungen in
mehrfacher Hinsicht ein wichtiges Beispiel zur Überwindung solcher Probleme
geben können, war das Fazit eines Dialogforums zum Thema
„Integrationsmodelle in Zentralasien und Europa“, das unter konzeptioneller
Mitwirkung des ZEI vom 25. bis zum 27. Mai 2000 in der ehemaligen
Hauptstadt der Republik Kasachstan, Almaty, stattfand. Die Veranstaltung
wurde vom Stuttgarter Institut für Auslandsbeziehungen (IfA) und dem
Kasachischen Institut für Strategische Studien beim Präsidenten der Republik
Kasachstan (KISS) im Auftrag des Presse- und Informationsamts der
Bundesregierung durchführt.
x Zwischen 1999 und 2002 wurde am ZEI ein Forschungsprojekt
durchgeführt, das sich mit den europäisch-asiatischen Beziehungen beschäftigte.
Hintergrund war die steigende Präsenz der EU in Asien, die sich beispielsweise
in der Einrichtung des Asia-Europe-Meeting (ASEM) ausdrückte. Die
wirtschaftlichen und politischen Beziehungen Europas mit dem asiatischen
Raum waren infolge neuer strategischer Allianzen, hervorgerufen durch den
Zusammenbruch der Sowjetunion, schnell gewachsen. Diese Entwicklung hatte
auf asiatischer Seite zu hohen Erwartungen gegenüber Europa, und hier
insbesondere gegenüber der Europäischen Union, geführt. Vor diesem
Hintergrund wurde am ZEI untersucht, wie Europa in Asien wahrgenommen
wird. Ziel war es, die Konsequenzen dieser Wahrnehmung, auch im Hinblick
auf die künftige Asienpolitik Europas, zu analysieren.
Dr. Xuewu Gu, der am ZEI für das Projekt „Europa und Asien“ verantwortlich
zeichnete, konzentrierte seine Forschung auf folgende zwei Aspekte: die
Beziehungen zwischen Europa und Asien sowie die Mitwirkung an der
245
Vertiefung des öffentlichen Bewusstseins über die Bedeutung der europäischasiatischen Beziehungen in der Bundesrepublik Deutschland. Angesichts der
Tatsache, dass Japan und China bei der Bestimmung der politischen Ordnung in
Ostasien und damit bei der Gestaltung der Beziehungen dieser Region zu
Europa eine entscheidende Rolle spielen, wurde die Forschung mit besonderer
Intensität auf diese zwei Staaten und deren Außenbeziehungen konzentriert.
Darüber hinaus beteiligte sich das ZEI aktiv an der öffentlichen Diskussion über
den Sinn und Zweck des Ausbaus der Beziehungen Europas zu Asien.
Xuewu Gu (ed.), Europe and Asia: Mutual Perceptions and Expectations on the
Way to a New Partnership in the twenty-first Century, Schriften des Zentrum für
Europäische Integrationsforschung, Band 40, Baden-Baden: Nomos Verlag,
2002, 219 Seiten.
x Die entscheidende Ursache für die sprunghafte Entwicklung der
Beziehungen zwischen der EU und der ASEAN liege darin, dass die
Beziehungen zwischen den beiden Regionen noch nicht ausreichend
institutionalisiert seien. Zu diesem Ergebnis kam Prof. Dr. Jürgen Rüland,
Universität Freiburg, in einem ZEI Discussion Paper, dass das niedrige Niveau
der Institutionalisierung vor allem darauf zurückzuführte, dass die Entwicklung
der bilateralen Beziehungen von 1972 bis 1990 überwiegend durch den
„interregionalen“ Ansatz geprägt gewesen sei, der die Beziehungen nur auf
inter-governmentaler Ebene balanciere, jedoch keine tiefgreifenden Maßnahmen
zum Aufbau von Institutionen erlaube. Das Asia-Europe Meeting (ASEM) stelle
zwar einen richtigen „transregionalen“ Ansatz dar, jedoch bedürfe es erheblicher
politischer Anstrengungen von beiden Seiten, um die Beziehungen zwischen
Europa und Asien zu institutionalisieren und damit zu einer dauerhaften
Partnerschaft zu entwickeln.
Jürgen Rüland, ASEAN and the European Union: A Bumpy Interregional
Relationship, ZEI Discussion Paper, C95/2001.
x Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie zur Gründung eines Parlaments der
ASEAN-Staaten fand im März 2001 ein Besuch von Vertretern aller
Legislativen der ASEAN-Staaten in Brüssel und Bonn statt. Die hochrangige
Delegation holte auch die Expertise des ZEI ein. Der Präsident des Parlamentes
der Philippinen hatte bei der letzten Interparlamentarischen Versammlung in
Bangkok im Oktober 2001 eine Initiative ins Leben gerufen mit dem Ziel, ein
gemeinsames Parlament für den ASEAN-Bereich zu gründen. Daraufhin bildete
man eine Studiengruppe, um die Ursprünge, Entwicklung, Funktionsabläufe und
Arbeitsmethoden des Europäischen Parlaments kennen zu lernen, dem man
246
dabei eine Vorbildfunktion einräumt. Die Parlamentarier, Wissenschaftler und
Fachleute aus den Philippinen, aus Laos, Vietnam und Kambodscha, Indonesien,
Malaysia, Thailand und Singapur wurden am 14. März 2001 von ZEI
Mitarbeiter Dr. Peter Zervakis und einer Arbeitsgruppe am ZEI empfangen. Im
Vordergrund der Ausführungen stand die Tauglichkeit des Modells
Europäisches Parlament. Die Erkenntnisse des Europa-Besuches der ASEANDelegation wurden auf Grundlage des auch die Expertise des ZEI lobend
hervorhebenden Berichts des philippinischen Delegationsleiters, Camilo L.
Sabio, auf der folgenden Sitzung der Interparlamentarischen Versammlung der
ASEAN im September 2002 in Hanoi offiziell vorgestellt.
x Auf Initiative des Auswärtigen Amtes fand am 5. Dezember 2002 am ZEI
ein Workshop mit führenden Vertretern zentralasiatischer Regierungsbehörden
und Forschungsinstituten sowie ZEI Mitarbeitern statt.
x Der Euro: Eine Währung mit Weltgeltung? Wird sich die Euro-Währung
gegenüber dem US-Dollar und dem Yen behaupten können? Welche
Auswirkungen wird die Geburt der einheitlichen Währung Europas auf die
Strukturen und Formen der Weltpolitik haben? Mit diesen Fragen beschäftigte
sich der Workshop „Political and Economic Impacts of the Euro“ am 21. August
2002 in Seoul, der vom ZEI, der Korean International Trade Association und der
EU Studies Association-Korea gemeinsam organisiert wurde. Der Workshop
richtete sich vor allem an koreanische Studenten und Journalisten, aber auch an
Ministerialbeamte. Ziel war es, die neue europäische Währung vorzustellen und
auf die Auswirkungen auf Wirtschaft und Politik hinzuweisen. An dem
Workshop war das ZEI interdisziplinär vertreten: Während sich ZEI Direktor
Prof. Dr. Ludger Kühnhardt und Dr. Xuewu Gu, Koordinator des Europa-AsienProgramms am ZEI, auf die politischen Auswirkungen des Euro konzentrierten,
analysierten ZEI Direktor Prof. Dr. Jürgen von Hagen und die ZEI Mitarbeiter
Susanne Mundschenk und Dr. Boris Hofmann die ökonomischen Aspekte.
x ZEI Mitarbeiter Michael Evers befasste sich in einem Projekt mit der
Makroökonomik des Finanzausgleichs in einem föderalen System. Ziel seiner
Arbeit war die Entwicklung eines dynamischen, makroökonomischen Modells
einer
Föderation
und
Währungsunion,
mit
dessen
Hilfe
die
wohlfahrtsökonomischen
Eigenschaften
eines
Finanzausgleichssystems
analysiert werden können. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigten, wie eine
optimale Gestaltung eines Finanzausgleichs zur makroökonomischen
Stabilisierung erreicht werden kann. Evers trug zu diesem Thema bei der
Jahrestagung der angesehenen internationalen Forschungsorganisation
247
International Institute of Public Finance im August 2005 in Korea vor. Sein
Vortrag wurde mit dem Peggy and Richard Musgrave Award für den besten
wissenschaftlichen Beitrag eines Nachwuchswissenschaftlers ausgezeichnet.
x Im Rahmen einer Tätigkeit als Berater für Europafragen und
Gastprofessor konnte ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt zwischen
September 2004 und Juli 2005 die Graduate School for International Studies an
der Seoul National University beim Aufbau ihres European Studies Programmes
unterstützen. Neben ausführlichen Fachberatungen mit den koreanischen
Kollegen und der Universitätsführung, aber auch mit Europa- und
Integrationsexperten in der koreanischen Regierung konnte Prof. Dr. Kühnhardt
graduate students durch auf ihre spezifischen Fragestellungen und
Interessenhintergründe zugeschnittenen Lehrveranstaltungen in ihrem Studium
der europäischen Integration ausbilden. Dabei war es für die Studenten, die nicht
nur aus Korea, sondern auch aus China, den USA und Russland kamen, von
besonderem Interesse, die Frage nach den Übertragungsmöglichkeiten der
europäischen Integration auf die Konstellation der Staaten und Gesellschaften
Ostasiens zu reflektieren. Auch in der koreanischen Regierung stieß diese Frage
bei vielfältigen Beratungsgesprächen auf intensives Interesse. Die Seoul
National University hat die Erträge der Beratungs- und Lehrtätigkeit von Prof.
Kühnhardt in ein Konzept einfließen lassen, das die institutionelle Verankerung
von European Studies an der SNU zum Ziel hatte. Die Europäische Kommission
hat die finanzielle Förderung dieses Vorhabens über einen Zeitraum von fünf
Jahren übernommen. An der Graduate School for International Studies der Seoul
National University konnte im April 2006 das „European Studies Center“ in
Anwesenheit der EU Kommissarin für Außenbeziehungen, Benita FerreroWaldner, eröffnet werden.
x In einem ZEI Discussion Paper beleuchtete Prof. Dr. Ludger Kühnhardt die
Schwierigkeiten eines möglichen nordostasiatischen Regionalisierungsprozesses
und wies die EU auf die Notwendigkeit hin, eine authentische politische
Strategie für die Region zu entwerfen und somit ihrem Anspruch, globaler
Partner in Nordost- bzw. Ostasien zu sein, gerecht zu werden. Wesentliche
Ursachen für eine momentane „Regionalisierung ohne Regionalismus“ in
Nordostasien liegen im gegenseitigen politischen Misstrauen, dem Festhalten an
klassischen Prinzipien asiatischer Großmachtpolitik und fundamental
verschiedenen politischen Kulturen. Eine Transformation der EU-Politik
gegenüber den ASEAN+3 Partnern würde die Erweiterung des außenpolitischen
248
Horizonts der EU fördern und läge darüber hinaus in ihrem inhärenten
sicherheitspolitischen Interesse.
Ludger Kühnhardt, Northeast Asia. Obstacles to Regional Integration. The
interests of the European Union, ZEI Discussion Paper, C152/2005.
x 2005 wurde ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt in den neu initiierten
Advisory Board für „European Studies in Asia“, der „Asia-Europe Foundation“,
mit Sitz in Singapur berufen. Ziel des Beirats ist es, die verschiedenen
Bemühungen um Europastudien in Asien besser zu koordinieren und die
entsprechenden asiatischen Wissenschaftler in systematischeren Kontakt mit
europäischen Wissenschaftlern zu bringen, die den europäischen
Integrationsprozess bearbeiten und stärker auch auf vergleichende Aspekte der
Regionalbildung hingeführt werden sollen.
2005 hielt Prof. Dr. Kühnhardt in mehreren Ländern des asiatischen Kontinents
Vorträge zu europarelevanten Themen, so an der Universität Tokyo zu
„Constitution Building in the European Union“, am Taiwan Institute for Foreign
Policy und im Taiwanesischen Außenministerium zum Thema „Die aktuelle
Verfassungskrise der EU“ und an der Universität Seoul zu „Europäische
Identitätsbildung und die Rolle Deutschlands in der EU“.
x Im Rahmen einer Studienreise fand am 15. Mai 2006 am ZEI ein eintägiger
Workshop mit Studenten der Ateneo Universität, Manila, statt. Die Studenten
der Fachrichtung European Studies/German Studies konnten sich dabei aus
erster Hand ein Bild von dem institutionellen Gefüge der EU, ihrer Außenpolitik
und der weltweiten Weiterverbreitung regionaler Integrationssysteme machen.
Dr. Cordula Janowski, Programmleiterin des ZEI-Master of European Studies,
gab eine thematische Einführung zur EU und ihrer Bedeutung für den asiatischpazifischen Raum, indem sie insbesondere auf die engen Beziehungen zwischen
beiden Regionen hinwies. Die ZEI Mitarbeiter Andreas Marchetti und Martin
Zimmek stellten die Grundzüge europäischer Außenpolitik und ihre
Entwicklungsperspektiven und die weltweiten Bemühungen zu verstärkter
regionaler Integration im Vergleich zur EU dar. In den auf die Impulsreferate
folgenden Diskussionen zeigten sich zahlreiche Parallelen zwischen der EU und
anderen Integrationsverbünden, gerade auch zwischen EU und ASEAN.
Andererseits wurden aber auch strukturelle Unterschiede identifiziert, aufgrund
derer eine unmittelbare Übernahme des EU-Konzepts für andere Regionen eher
ausscheidet.
x ZEI Fellow Tilo Wagner befasste sich zwischen 2006 und 2010 im Rahmen
seiner Dissertationsforschung mit europäisch-japanischer Diplomatie nach dem
249
Ende der Epoche des Kalten Krieges. Die Dissertation mit dem Arbeitstitel „Der
strategische Aufbau politischer EU-Japan Beziehungen in drei Dimensionen.
Studia Diplomatica 1991-2006: Eine Zwischenbilanz mit Ausblick im
historischen Kontext“ erforscht die ersten fünfzehn Jahre politischer Interaktion
zwischen Brüssel und Tokio und unternimmt den Versuch, durch die
Herausarbeitung von drei sogenannten „Dimensionen“ einen systematischstrategischen Ansatz dieses Prozesses zu belegen. Während sich die erste
Dimension seit 1991 rein bilateral mit dem Auf- und Ausbau institutioneller
Strukturen (Institutionelle Dimension) befasst, stehen in der sich seit 1996
herauskristalisierenden interregionalen EU-Japan Kooperation (Regionale
Dimension) das wechselseitige Krisen- und Aufbauengagement Japans auf dem
Westbalkan und der EU bezüglich Nordkoreas und Ost Timors im Rahmen des
sogenannten „Cross Regional Support“ in der zweiten untersuchten Dimension
im Vordergrund. Mit der Milleniumswende entstand, vorangetrieben durch die
Terroranschläge in den USA vom September 2001, die dritte Dimension, in der
sich die Sicherheitsakteure Brüssel und Tokio im rein multilateralen Kontext
(Globale Dimension) in sechs untersuchten bedeutenden Kooperationsfeldern
um globalen Frieden und Stabilität bemühen.
Tilo Wagner, Europäische Union – Japan. Der strategische Aufbau politischer
Beziehungen in drei Dimensionen. Studia Diplomatica 1991-2006: Eine
Zwischenbilanz mit Ausblick im historischen Kontext, 2010, 399 Seiten. Online
unter: http://hss.ulb.uni-bonn.de/2010/2381/2381.pdf.
x Yoola Kim, Graduate School of International Studies der Seoul National
University, Seoul, Korea, verbrachte von 2007 bis 2012 einen
Gastforscheraufenthalt am ZEI, während dessen sie intensiv an einer geplanten
Dissertation zum Thema „Development of European security cooperation from
1945 to 2002: a comparative analysis on Northeast Asia“ arbeitete.
x Am 5. April 2007 besuchte eine Delegation der Academy of State of
Uzbekistan in Taschkent das ZEI. Dekan Gulamov Rahmat Ahmedovich und
Frau Dr. Muattara Rakhimova, Leiterin der Abteilung für internationales Recht
und Projektmanagerin für UNDP in Usbekistan, informierten sich über die
diversen Tätigkeitsbereiche des ZEI und zeigten großes Interesse vor allem an
den politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekten des europäischen
Einigungsprozesses und am Bereich der Aus- und Weiterbildung.
x Vier Wissenschaftler des Korea Institute for National Unification (KINU)
besuchten die Bundesrepublik Deutschland, um sich mit deutschen Politikern
und Wissenschaftlern über die wichtigsten Aspekte der Wiedervereinigung
250
auszutauschen bzw. die hierbei gemachten Erfahrungen hinsichtlich einer
Übertragbarkeit auf die koreanische Situation zu diskutieren sowie sich über die
aktuelle Situation in der EU zu informieren. Im Rahmen dieser
Informationsreise besuchten die vier Wissenschaftler am 13. August 2008 auch
das Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI), wo Prof. Kühnhardt
sie über den Verlauf und Stand des europäischen Integrationsprozesses unter
besonderer Berücksichtigung des Beitritts der osteuropäischen Staaten
informierte.
x Unter der Leitung von Serik Beimenbetov, dem Verantwortlichen des
Programms für Europastudien an der Amerikanischen Universität von
Zentralasien in Bischkek, und in Kooperation mit dem DAAD besuchte eine
Gruppe von Studenten des kirgisischen Bachelor-Studienganges Europastudien
am 27. Oktober 2008 das ZEI, um sich über den Aufbau, die Masterprogramme
des ZEI und die Situation in Europa zu informieren. Vertiefende Gespräche,
unter anderem mit Prof. Dr. Klaus W. Grewlich, Botschafter a.D. der
Bundesrepublik Deutschland in Kirgistan, brachten die einhellige Meinung der
Studenten zu Tage, dass ein Hauptaugenmerk der EU-Politik gegenüber
Zentralasien in der Verbesserung und Sicherung von Rechtssicherheit liegen
sollte. Am 20. Oktober 2011 besuchte eine weitere Studentengruppe des
Bachelor-Studienganges
Europastudien
während
eines
zwölftägigen
Informationsbesuchs in Deutschland das ZEI. Begleitet wurde die Gruppe von
Frau Prof. Dr. Jdanova Liubuv. Auch dieser Besuch wurde vom DAAD
unterstützt. ZEI Mitarbeiter stellten das ZEI, die Weiterbildungsprogramme und
verschiedene Forschungsprojekte des ZEI vor. Als Gast präsentierte Frau Dr.
Anna-Katharina Hornidge die vom Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF)
entwickelte Zentral-Asien Strategie.
x 2010 informierten ZEI Mitarbeiter mehrere asiatische Besuchergruppen
über die Grundlagen der Deutschen Außen- und Entwicklungspolitik im
Rahmen einer gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik, die
Beziehungen der EU zu Asien und die Aktivitäten des ZEI im Bereich der
vergleichenden Integrationsforschung. So wurden am ZEI unter anderem eine
vierköpfige Delegation des Zentralkomitees der Partei der Arbeit Koreas,
postgraduierte Studenten des Institute of European Studies der Nanhua
University in Taiwan unter der Leitung von Prof. Dr. Chi-Ming Chung und eine
Delegation des Japan Institute of Developing Economies (JETRO) unter Leitung
des Generaldirektors, Prof. Dr. Ikuo Kuroiwa empfangen.
251
x Im Februar 2010 führten Shakti Prasad Srichandan vom European Studies
Centre der Jawaharlal Nehru Universität Neu Delhi Forschungen zur
Migrationsproblematik in Europa an das ZEI. Der indische Wissenschaftler
arbeitet an dem renommierten European Studies Centre des Subkontinents an
einer Dissertation, die auch komparative Dimensionen zur Problematik der
Migration in Südasien umschließt.
x Afghanistan ist seit Jahrzehnten eines der fragilsten Länder der Erde:
Gleichwohl hat sich das Land vor einigen Jahren der South Asian Association of
Regional Cooperation (SAARC) angeschlossen, dem Regionalverbund
Südasiens und ist ganz sicher eine Herausforderung für SAARC. Die Analysen
von ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt über die Lage in Afghanistan,
basierend auf einer Fact-finding Mission nach Afghanistan im Juli 2013, auf
Einladung der Bundeswehr, wurden vom World Security Network
veröffentlicht, dem weltweit größten Internet-basierten Nachrichtendienst zu
Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik, dessen Beirat Kühnhardt angehört.
Ludger Kühnhardt, Afghanistan: Success and Failure of the past Decade.
Online unter: www.worldsecuritynetwork.com/Afghanistan/Kuehnhardt-Prof.Dr.-Ludger/Afghanistan-Success-and-Failure-of-the-past-Decade;
Transition in Afghanistan: Potential and Constraints. Online unter:
www.worldsecuritynetwork.com/Afghanistan/Kuehnhardt-Prof.-Dr.-Ludger/
Transition-in-Afghanistan-Potential-and-Constraints;
Transformation in Afghanistan: „We” and „they” or „we” and „us”?
Online unter: www.worldsecuritynetwork.com/Afghanistan/Kuehnhardt-Prof.Dr.-Ludger /Transformation- in-Afghanistan-We-and-they-or-we-and-us-.
x Wie nehmen Asiaten die EU wahr? Wird sie überhaupt wahrgenommen?
Welche Rolle spielt die EU in den Medien? Werden EU-Themen überhaupt im
asiatisch-pazifischen Raum diskutiert? Diese und andere Fragen behandelte
Prof. Dr. Martin Holland vom National Centre for Research on Europe (NCRE)
der Universität Canterbury in Christchurch, Neuseeland am 25. Oktober 2012 in
einem Vortrag am ZEI unter der Überschrift „Asian Perceptions of the postLisbon EU: media reporting and public opinion findings from a seven country
study, 2011-12”. Das NCRE führt bereits seit fast zehn Jahren gemeinsam mit
zahlreichen universitären Partnern aus dem asiatisch-pazifischen Raum Studien
über die Wahrnehmung der EU in der Region durch. Die umfangreiche
Forschung basiert auf der Auswertung von Presseartikeln, Online-Umfragen und
Experteninterviews und wird insbesondere von der Europäischen Kommission
gefördert. Die Ergebnisse weisen unter anderem darauf hin, dass die EU ihrem
252
Anspruch, in den Bereichen Entwicklungspolitik und Umweltpolitik der
weltweit führende Akteur und Vorreiter zu sein, aus asiatischer Perspektive
nicht gerecht werden kann. Gleichzeitig machte der Vortrag aber auch deutlich,
dass die EU in Asien im Wesentlichen als Friedensstifter für Europa
wahrgenommen wird. Die Analyse der Sicht Asiens auf Europa wird
mittlerweile umgekehrt auch durch die Untersuchung der Perspektiven Europas
auf die asiatisch-pazifische Region ergänzt.
x Über Europas aktuelle innenpolitische Lage und die Rolle der EU in der
Welt diskutierten am 6. Juni 2014 Studenten der School of Public and
International Affairs der Azerbaijan Diplomatic Academy (ADA), Baku,
während eines Informationsbesuchs am Zentrum für Europäische
Intergrationsforschung. ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt und die ZEI
Mitarbeiter Rike Sohn, Sally Watkins, Matthias Vogl sowie ZEI Junior Fellow
Carola Gegenbauer präsentierten die Arbeit des Instituts und standen für Fragen
zur Verfügung. Europas Rolle im Ukraine-Konflikt, die EU-Energiepolitik und
die Weiterentwicklung der EU nach den Europawahlen standen im Mittelpunkt
der Diskussion. Auch die Frage nach einer weiteren Annährung Aserbaidschans
an Europa war für die Gäste von Interesse. Darüber hinaus wurde den Studenten
in diesem Rahmen der „Master of European Studies“ des ZEI als
Studienmöglichkeit vorgestellt. Der Besuch der Gruppe wurde vom Deutschen
Akademischen Austausch Dienst (DAAD) unterstützt.
x Das „Pacific Islands Forum“ (PIF) ist nicht nur der führende regionale
Integrationsrahmen in Ozeanien, sondern seine ozeanischen Inselstaaten gehören
auch zur Gruppe der AKP-Staaten (Afrika, Karibik, Pazifik), zu denen die EU
seit den 1970er Jahren (Lomé Abkommen) besonders priviligierte Beziehungen
unterhält. Basierend auf Feldforschungen 2007 und 2015 untersucht ZEI
Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt die Besonderheiten der ozeanischen
Staaten und des „Pacific Islands Forum“ im Lichte der für 2020 anstehenden
Neuordnung der EU-Beziehungen zu den 79 AKP-Staaten. Von Juli bis Oktober
2015 folgt er einer Einladung des „National Centre for Research on Europe“ der
Canterbury University in Christchurch, um mit neuseeländischen Kollegen
Strategien für die Zeit nach dem Auslaufen des Cotonou Abkommens (2020) zu
studieren und weiterzuentwickeln.
253
5.5 Naher Osten und arabischer Raum
Der Nahe und Mittlere Osten ist ein sehr heterogener Raum, in dem sich die
Kräfteverhältnisse seit 1945 mehrfach grundlegend gewandelt haben und dies
nicht nur in der Folge der Gründung des Staates Israel. Die jüngsten
Umwälzungen in Folge des „Arabischen Frühlings“, des syrischen Bürgerkriegs
und dem Erstarken der islamistischen Terrorgruppe IS (Islamischer Staat) zeigen
erneut die Fragilität des Staatengefüges. Immer wieder wandelten sich in dieser
Region die Machtkonstellationen und Fragen der territorialen Einheit von
Staaten wurden neu verhandelt. Große Unterschiede hinsichtlich der
wirtschaftlichen und militärischen Stärke bestehen nicht nur zwischen den
einzelnen Staaten, auch innerhalb der Staaten differieren die Regionen stark.
x Avi Primor, von 1993 bis 1999 Botschafter Israels in Deutschland, sprach
am 30. Juni 1998 am ZEI zum Thema „Israels Erwartungen an die künftige
außenpolitische Orientierung der Europäischen Union“. Diesen Themenkomplex
vertiefte er in einem ZEI Discussion Paper mit Analysen zum Friedensprozess
im Nahen Osten.
Avi Primor, Der Friedensprozess im Nahen Osten und die Rolle der
Europäischen Union, ZEI Discussion Paper, C25/1998.
x Im Februar 2003 reiste eine vierköpfige Delegation des ZEI nach Israel, um
ein neuartiges Projekt vorzubereiten: eine Europäische Sommeruniversität, die
Experten aus Israel und Palästina zusammenbringt. Das Projekt des ZEI und der
deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), das von ZEIMitarbeiter Dr. Albert R. Njoume Ekango koordiniert wird, verfolgte das Ziel,
ein dauerhaftes Forum für den praxisnahen Transfer von Fachwissen in Fragen
der Telekommunikationsregulierung und der E-Commerce-Gesetzgebung
zwischen Europa und dem Nahen Osten zu schaffen. Kooperationspartner des
ZEI waren drei Universitäten aus Israel und den Palästinensischen Gebieten: die
Hebräische Universität von Jerusalem, die Universität von Haifa (jeweils
israelisch) und die AlQuds-Universität von Jerusalem (palästinensisch). Durch
die projektbegleitenden Gesprächsrunden konnten Impulse für eine neue
Dialogkultur untereinander auch über das Projekt hinaus entwickelt werden und
so ein Beitrag zu einer friedlichen Zusammenarbeit zwischen Israel und den
Palästinensischen Gebieten geleistet werden. Die zweiwöchige „European
Summer University on Telecommunications Regulation and E-Commerce
Legislation“ wurde am 10. August 2003 auf Einladung der Bonner
Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann mit einem Empfang im Alten Rathaus
feierlich eröffnet. Die 38 Teilnehmer, Nachwuchswissenschaftler, Praktiker und
254
Fachleute aus Israel und den Palästinensischen Gebieten, waren von den drei
Partneruniversitäten ausgewählt worden. Der erfolgreiche Verlauf und
Abschluss der Sommeruniversität am ZEI zeigte, dass die politisch äußerst
schwierigen Gesamtverhältnisse im Nahen Osten, insbesondere zwischen Israel
und den Palästinensischen Autonomiegebieten, einer konstruktiven und
fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Fachleuten auf wissenschaftlichtechnischer Basis nicht im Wege stehen. Eine zweite Sommerakademie 2004
befasste sich mit den israelischen Erfahrungen, während die dritte
Sommerakademie 2005 sich im Kern den palästinensischen Erfahrungen
widmete.
x 2004 referierten drei renommierte Wissenschaftler aus Israel im Rahmen
des Forschungsseminars zur Europäischen Wirtschaftspolitik am ZEI: Prof. Ilan
Eshe und Prof. Chaim Fersthtman, Tel Aviv University und Prof. Mark
Gradstein von der Ben Gurion University.
x Am 8. Dezember 2006 fiel die Entscheidung des marokkanischen
Wirtschaftsministeriums zugunsten der deutschen Bewerbung für die
Durchführung des ersten Twinning- Projekts zum Wettbewerbsrecht. Mit
zentraler Hilfe des ZEI unter der Leitung von ZEI Direktor Prof. Dr. Christian
Koenig führte das Bundeswirtschaftsministerium das Projekt mit einem
Gesamtbudget von 1,5 Mio. Euro, von der EU-Kommission finanziert, durch.
Das Projekt bezweckte den Aufbau einer marokkanischen Wettbewerbsbehörde
sowie vielfältige Unterstützung bei der Ausbildung von Beamten und der
Umsetzung einer an den EG-Standards orientierten Gesetzgebung im Bereich
des marokkanischen Kartellrechts. Als Langzeitberater, auch vor Ort, fungierte
ZEI Mitarbeiter Krzysztof Jaros. Der inhaltliche Input des ZEI im Rahmen der
Bewerbung und Projektpräsentation erfolgte unter der Leitung von ZEI Direktor
Prof. Dr. Christian Koenig. Das Projekt „Wettbewerb“ diente der Unterstützung
Marokkos bei der Umsetzung des im März 2000 in Kraft getretenen
Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und dem
Königreich Marokko.
Das Ziel des Aktionsplans war zugleich das Ziel des Twinning-Projekts: der
Aufbau einer funktionstüchtigen Wettbewerbsaufsicht in Marokko. Um die
Wettbewerbsfähigkeit und Effizienz der marokkanischen Wirtschaft zu stärken,
unterstützte das Twinning-Projekt den marokkanischen Gesetzgeber bei
Gesetzesvorhaben und half der marokkanischen Regierung bei der Verbesserung
der Zusammenarbeit der verschiedenen Verwaltungseinheiten im Bereich des
Kartellrechts. Dazu wurden unter anderem Schulungsmaßnahmen für
255
Kartellbeamte und Richter im Bereich des Wettbewerbsrechts, der
Wettbewerbspolitik und zu organisationsrechtlichen Fragen durchgeführt. Das
ZEI unterstützte das marokkanische Wirtschaftsministerium in Rabat bei der
Errichtung eines Forschungs- und Fortbildungsinstituts auf dem Gebiet des
Wettbewerbsrechts. ZEI Senior Fellow Georg Kristian Kampfer arbeitete im
marokkanischen Wirtschaftsministerium in Rabat insbesondere an der
Errichtung dieses Forschungs- und Fortbildungsinstituts. Durch seine
Entsendung 2007/2008 verhalfen die Projektträger dem Projekt zu weitgehender
Nachhaltigkeit. Das Institut führt nach Beendigung des Twinning-Projekts
begonnene Schulungsmaßnahmen weiter fort, unterstützt die im marokkanischen
Wirtschaftsministerium angesiedelte Direktion „Wettbewerb und Preiskontrolle“
bei der Erstellung von Studien und forscht weiter auf dem Gebiet des
Wettbewerbsrechts.
x Der „Interessen- und Konfliktlage Israel-Arabische Staaten“ und ihrer
internationalen Bedeutung widmete sich ein Vortrag von Prof. Dr. Joseph
Kostiner, Universität Tel Aviv, am 13. Februar 2007 in einer gemeinsamen
Veranstaltung des ZEI und der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik
(DGAP). Besondere Beachtung fanden in den Ausführungen von Prof. Dr.
Kostiner die Ursachen und Ziele der Atompolitik Irans sowie die möglichen
Konsequenzen dieser für die sicherheitspolitische Lage der gesamten Region so
wichtigen Frage.
x Am 1. Mai 2007 referierte ZEI Mitarbeiter Andreas Marchetti bei einer
Konferenz der Ben-Gurion-University zum Thema „The European
Neighbourhood Policy between Inclusion and Exclusion“. Die Konferenz war
eine Kooperationsveranstaltung des Centre for the Study of European Politics
and Society (Ben-Gurion-University of the Negev) und der Konrad-AdenauerStiftung zum Thema „Reflecting on 50 Years of European Integration“. Noch im
selben Monat begleitete ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt den
Präsidenten des Europäischen Parlaments, Dr. Hans-Gert Poettering, als
Sonderberater auf einer Reise nach Israel und Palästina.
x In einem ZEI Discussion Paper blickt Prof. Dr. Jeffrey Herf, University of
Maryland, zurück auf den Antisemitismus des Dritten Reiches und legt dar,
warum der Antisemitismus zum Genozid führte und in dieser Zeit auch die
Wurzeln für den radikal-islamischen Terrorismus gegenüber Israel von heute zu
suchen sind.
Jeffrey Herf, Jewish Enemy’. Rethinking Anti-Semitism in the Era of Nazism and
in Recent Times, ZEI Discussion Paper, C180/2008.
256
x Am 14. Mai 2008 referierte Jerry Sommer, Friedensforschungsinstitut
BICC, über den aktuellen Stand des Atomkonflikts mit Iran („IranAtomkonflikt: Zeit für einen Strategiewechsel – Wege aus der Sackgasse“) und
zeigte mögliche Alternativen zu der gegenwärtigen Situation auf. Statt
Dämonisierung und Isolierung solle eine Einbindung des Iran geschehen.
Verhandlungen ohne Vorbedingungen, Multilateralisierung des Atomprogramms und eindeutige Anreizangebote seitens des Westens seien der
einzige Weg, um die moderaten Kräfte im Iran zu stärken und somit eine
langfristige und für alle Beteiligten befriedigende Lösung zu finden.
x Die unter der Chiffre „Arabischer Frühling“ bezeichneten Umwälzungen,
haben immer deutlicher die Probleme und Grenzen der europäischen
Nachbarschaftspolitik gegenüber dem südlichen Mittelmeer und die
unzulänglichen Konzepte von Kooperation und Integration zu Tage gebracht.
Die Jahrestagungen der „Euro Mediterranean Study Commission“
(EuroMeSCo), der das ZEI angehört, standen seither immer deutlicher unter
dem Eindruck dieser Fragestellungen. Bei den Jahrestagungen 2011 in
Barcelona, 2013 in Paris und 2014 in Tarragona plädierte ZEI Direktor Prof. Dr.
Ludger Kühnhardt für eine erweiterte strategische Sichtweise, die die Ziele der
mediterranen Kooperationspolitik entschieden deutlicher in alle anderen
Politikbereiche einbezieht und bessere Anreize als bisher schaffe, um die
arabischen Entwicklungen im Interesse der EU in erfolgreiche Bahnen zu
lenken.
Ludger Kühnhardt, The Atlantic Civilization and Ist Enemies. Sqeezed between
a self-destructive Russia and Arab World, Western Nations need to focus on
their roots, the Globalist, 2014. Online unter: www.theglobalist.com/theatlantic-civilization-and-its-enemies/.
x Vor dem Hintergrund der aufgewühlten Verhältnisse in der arabischen
Welt untersucht das ZEI Discussion Paper von Simon Perger die Perspektiven
der regionalen Integration in der arabischen Welt. Basierend auf den
methodischen Annahmen des politikwissenschaftlichen Neofunktionalismus
fragt Perger nach den antreibenden und den verhindernden Faktoren einer
möglichen Regionalintegration in der arabischen Welt, in der bisher vor allem
der Golf-Kooperationsrat das Potential eines nachhaltigen region-building
gezeigt hat.
Simon Perger, Regionale Integration in der arabischen Welt – eine
neofunktionalistische Analyse, ZEI Discussion Paper, C222/2014.
257
Weitere ausgewählte Publikationen
Ramiro Xavier Vera-Fluixá, Regionalbildungsansätze in Lateinamerika und ihr
Vergleich mit der Europäischen Union, ZEI Discussion Paper, C73/2000.
Xuewu Gu (Hrsg.), Europa und Asien: Chancen für einen interkulturellen
Dialog?, ZEI Discussion Paper, C74/2000.
Iulia Traistaru/Martincus Volpe, Economic Integration and Manufacturing
Concentration Patterns: Evidence Mercosur, ZEI Working Paper, B23/2003.
Ludger Kühnhardt, The Global Proliferation of Regional Integration. European
Experience and Worldwide Trends, ZEI Discussion Paper, C136/2004.
Andreas Marchetti (ed.), The CSCE as a Model to Transform Western Relations
with the Greater Middle East, ZEI Discussion Paper, C137/2004.
Klaus W. Grewlich, Pipelines, Drogen, Kampf ums Wasser – greift die EU
Zentralasien-Strategie? Neues „Great Game“ von Afghanistan bis zum
Kaspischen Meer?, ZEI Discussion Paper, C200/2010.
Chibuike Uche, The European Union and Monetary Integration in West Africa,
ZEI Discussion Paper, C206/2011.
Corsino Tolentino/Matthias Vogl, Sustainable Regional Integration in West
Africa/Intégration régionale durable en Afrique de l´Ouest/Integração regional
sustentavel na África Ocidental, ZEI Discussion Paper, C208/2011.
Ludger Kühnhardt, The Resilience of Arab Monarchy, Policy Review, Hoover
Institution,
Stanford
University,
Juni/Juli
2012.
Online
unter:
www.hoover.org/research/resilience-arab-monarchy.
Denis Acclassato, Intra West-African Trade, WAI-ZEI Paper, 2/2013.
Djénéba Traoré, Will Africa be Left Behind on the Education for All (EFA)
Trail? WAI-ZEI Paper, 3/2013.
Ludger Kühnhardt, L'Afrique et l'Europe Relations comparées et processus
d'intégration régionale conjointe, WAI-ZEI Paper, 4/2013.
Rike Sohn/Ama Konadu Oppong (eds.), Regional Trade and Monetary
Integration in West Africa and Europe, WAI-ZEI Paper, 6/2013.
(ebenfalls in Französisch und Portugiesisch).
Diery Seck, Proposed Architecture for an ECOWAS Common Currency Union,
WAI-ZEI Paper, 9/2013.
258
Charlotte King and Jon Marks, European-West African Relations in the Field of
Energy – Obstacles to a sustainable approach, WAI-ZEI Paper, 11/2014.
Jérôme Joubert, Negotiating Service Liberalization at Regional Level – The
Case of West Africa/Négocier la libéralisation des services à un niveau régional
– Application aux pays de l’Afrique de l’Ouest, WAI-ZEI Paper, 13/2014.
Ablam Benjamin Akoutou, Rike Sohn, Matthias Vogl, Daniel Yeboah,
Understanding Regional Integration in West Africa – A Multi-Thematic and
Comparative Analysis, WAI-ZEI Paper, 17/2014. (ebenfalls in Französisch und
Portugiesisch).
Quentin de Roquefeuil, EPA negotiations are (almost, finally) over. What next?
WAI-ZEI Paper, 19/2014.
Sally Brammer/Maria de Fátima Fortes, Master in African Regional Integration,
WAI-ZEI Paper, 20/2015.
Manuel Guilherme Júnior, Comparison of Regional Economic Communities in
Africa – The Case of SADC, WAI-ZEI Paper, 22/2015.
Ablam Benjamin Akoutou/Rike Sohn/Matthias Vogl/Daniel Yeboah (eds.),
Migration and Civil Society as Development Drivers – A Regional Perspective,
WAI-ZEI Paper, 23/2015 (ebenfalls in Französisch und Portugiesisch).
259
V. Aus- und Weiterbildung
1.
Graduiertenausbildung
1.1 Master of European Studies Program (MES)
1.2 Master of European Regulation of Network Industries (MERNI)
1.3 Universitäre Lehre
2.
Sommerschulen
2.1 ZEI Summer School in International Macroeconomics, Money and Finance
2.2 Transatlantic Summer Academy
2.3 Europakolloquium
2.4 EU Sommerseminare für Studierende aus Zentralasien
2.5 Summer School on European Telecommunications
2.6 European Summer University on Telecommunications, Law and ECommerce Legislation
2.7 Summer School Tamkang University
2.8 Sommerschule Fiskalischer Föderalismus
2.9 ZEI Academy in Comparative Regional Integration
2.10 ECOWAS-ZEI Academy in Comparative Regional Integration
261
V. Aus- und Weiterbildung
Die europäische Integration ist zu einer komplexen Materie geworden, für die
traditionelle akademische Lehransätze mit ihren fachdisziplinären Strukturen
nicht mehr ausreichen. Die Vorbereitung auf Fach- und Führungspositionen in
öffentlichen Institutionen, in der Privatwirtschaft, aber ebenso im Kontext
wissenschaftlicher Tätigkeiten verlangt nach innovativen und interdisziplinären
Angeboten der Aus- und Weiterbildung, sowohl im postgradualen Kontext als
auch im Zuge von beruflichen Fortbildungen (mid-career-training).
263
1.
Graduiertenausbildung
Neben den ZEI-Direktoren beteiligen sich international angesehene Dozenten
und Praktiker an den Ausbildungsprogrammen des ZEI. Angehende
Entscheidungsträger vorwiegend aus Europa, aber auch aus anderen
Kontinenten, werden optimal auf die Komplexität der europäischen Integration
vorbereitet. Im Erfahrungsaustausch mit der EU und durch den Vergleich mit
anderen regionalen Zusammenschlüssen auf der Welt gewinnen
Nachwuchswissenschaftler und angehende Führungskräfte eine hervorragende
Basis für ihre berufliche Entwicklung. Der Wissenstransfer am ZEI ist eng
verbunden mit den Forschungen des ZEI. Neben den Forschungen der ZEI
Wissenschaftler stärken Gastwissenschaftler regelmäßig die internationale
Atmosphäre und die vergleichende Arbeitsweise am ZEI. Die Teilnehmer der
ZEI Studienangebote profitieren von diesem Austausch über ihr
Studienprogramm hinaus.
1.1 Master of European Studies (MES)
Im Mittelpunkt des Profils im Bereich der akademischen Weiterbildung des ZEI
steht der englischsprachige „Master of European Studies”, der zum 1. Oktober
1998 begonnen wurde. Der interdisziplinär angelegte, postgraduale
Aufbaustudiengang zählt zu den innovativsten und erfolgreichsten seiner Art in
Deutschland. Das Programm wurde in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen
Amt, dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und
Technologie und Vertretern von Wirtschaft und Wissenschaft entwickelt. Ziel ist
es, die „Europafähigkeit“ der Absolventen wirtschafts- und politikwissenschaftlicher sowie juristischer Studiengänge durch die Vermittlung weiterer
fachlicher Kenntnisse über das grundständige Studium hinaus zu verbessern.
Hochrangige Professoren und Praktiker aus dem In- und Ausland bereiten die
Teilnehmer für eine nationale oder internationale Laufbahn in der europäischen
Administration, der Wirtschaft oder der Politik vor. Im ersten Programmjahr
kamen 70 Prozent der Studierenden aus Deutschland, 30 Prozent aus den USA,
dem asiatischen Raum und Mittel- und Osteuropa. Im Laufe der Jahre hat sich
diese Prozentzahl umgekehrt: Der Anteil der deutschen Studenten liegt weit
hinter dem der internationalen Studenten aus mittlerweile 63 verschiedenen
Staaten dieser Erde. Alle ZEI-Studierenden (Master-Fellows) verfügen über
einen universitären Studienabschluss, vornehmlich der Fächer Rechts-,
Wirtschafts- und Politikwissenschaft. Die Aufnahme ist kompetitiv. Der extrem
265
hohe Grad an Internationalität ist eine der zentralen Säulen, auf die sich der
„Master of European Studies“ konzeptionell stützt.
Neben der weltweiten Herkunft der Studierenden spiegelt sich dies auch in der
internationalen Zusammensetzung der Fakultät: die Dozentinnen und Dozenten,
die am ZEI unterrichten, stammen aus den unterschiedlichsten EUMitgliedsstaaten. Gemeinsam ist die Unterrichtssprache Englisch, die ein
internationales Klima vermittelt und der realen Arbeitssituation gerade in
internationalen Organisationen entspricht. Ebenso zentral als Vorbereitung auf
den späteren Berufsalltag ist für das ZEI die praxisnahe und
anwendungsbezogene Vermittlung fundierter Fachkenntnisse. Hierzu zählen
mehrtägige Exkursionen nach Brüssel (EU-Institutionen), Straßburg (Europarat),
Luxemburg
(Europäischer
Gerichtshof),
Frankfurt/M.
(Europäische
Zentralbank) und Berlin (Deutscher Bundestag, Auswärtiges Amt). Das primäre
Karriereziel bei den Studierenden ist ein Einstieg in ein internationales Umfeld:
insbesondere bei den Institutionen der Europäischen Union, anderen
internationalen
Organisationen,
nationalen
Regierungen,
NichtRegierungsorganisationen und global agierenden Wirtschaftsunternehmen. Die
konstante Bewerberzahl und die Internationalität des Programms zeigen, dass
der ZEI „Master of European Studies“ weit über die Grenzen Deutschlands und
Europas hinaus fest etabliert ist.
2003 erhielt der Studiengang von der internationalen Akkreditierungsagentur
„FIBAA“ die Akkreditierungsurkunde und trug damit als einziges der vier vom
Auswärtigen Amt unterstützten Europa-Programme in Deutschland dieses
internationale Gütesiegel. Zum Programmstart des 10. Studienjahres im Oktober
2007 wurde der ZEI Master of European Studies mit der Verabschiedung einer
Neufassung der Prüfungsordnung vollständig auf das ECTS- und
Leistungspunktesystem nach den Vorgaben der Bologna Reform umgestellt.
Dies stellte einen weiteren wichtigen Schritt für die Verankerung des
Programms auf dem internationalen Bildungsmarkt dar. Zugleich erfolgte mit
dem 10. Studienjahr die Anbindung des MES an die Philosophische Fakultät der
Universität Bon, was eine zusätzliche Stärkung des Programms auch an der
Universität Bonn bedeutet. Die FIBAA (Foundation for International Business
Administration Accreditation) hat im November 2007 das Programm für weitere
fünf Jahre re-akkreditiert. Es handelte sich dabei um die erste Re-Akkreditierung
eines Master Programms der Universität Bonn. Im Jahr 2013 erfolgte eine
erneute Re-Akkreditierung des Programms durch die Agentur AQUIN.
266
7%
8%
4%
12%
• Service Sector or Consulting
Firms (24 %)
6%
• Ministries, Embassies,
Parliaments (15 %)
15%
• EU Institutions (12 % )
• Companies and Businesses
24%
12%
5%
5%
2%
EU Institutions
National Ministry, Embassy or Parliament
Local and Public Institutions
Companies and Business
Media and Public Relations
Non-Academic Education and Research
in the Private Sector (12 % )
International Organizations
National Administration
Associations and Chambers
Services and Consulting
Academic Education and Research
Viele der unterdessen mehr als vierhundert MES-Absolventen haben seit dem
Start des Programms im Studienjahr 1998/199 glänzende Karrierewege in aller
Welt beschritten. Einige haben erfolgreich eine politische Karriere gestartet:
Vasko Naumovski ist zur Zeit Stellvertretender Premierminister von
Mazedonien und verantwortlich für die Europäischen Angelegenheiten; Antonio
Milososki war Außenminister von Mazedonien von 2007 bis 2011; Ann Mettler
ist derzeit Leiterin des Planungsstabes von EU-Kommissionspräsident JeanClaude Juncker.Das ZEI Master Program bietet den Studenten eine solide und
umfassende international und interdisziplinär geprägte Ausbildung, die sie
befähigt, nach einem erfolgreichen Abschluss in den unterschiedlichsten
Bereichen ein Betätigungsfeld zu finden.
Das ZEI verfolgt die Berufswege seiner Absolventen und aktiviert die Alumni
auch im Kontext der Forschungsarbeit des ZEI. ZEI Alumni arbeiten in EUInstitutionen (12 Prozent), internationalen Organisationen, NGO’s, in den
Ministerien, Parlamenten oder Botschaften ihrer Heimatländer (15 Prozent), im
Consulting-Bereich (24 Prozent), aber auch im Feld der Wissenschaft,
267
Forschung und im privaten Management Sektor haben viele der Absolventen
ihren Weg gefunden (12 Prozent).
Seit Oktober 2013 verfügt der „Master of European Studies“ über eine
veränderte inhaltliche Aufstellung. Der thematische Schwerpunkt des
Programms wurde neu definiert: Governance and Regulation. Das Programm
setzt seither noch stärker auf die Themen, die auf europäischer Ebene an
Bedeutung gewonnen haben: Regieren und Regulieren in der EU. Damit
reagierte das Programm auf die gestiegene Nachfrage nach diesen Themen auf
Seiten möglicher zukünftiger Arbeitgeber und Interessenten sowie den
Entwicklungen und Anforderungen auf dem internationalen Arbeitsmarkt. Der
Name des Studiengangs wurde erweitert um den Zusatz „European Studies –
Governance and Regulation“. Der durch die Philosophische Fakultät der
Universität Bonn verliehene Titel „Master of European Studies“ bleibt bestehen.
1.2 Master of European Regulation of Network Industries (MERNI)
Zwischen 2007 und 2013 bot das ZEI den Master of European Regulation of
Network Industries (MERNI) an, der seine Absolventen auf Führungspositionen
im Bereich europäischer regulierter Netzwirtschaften vorbereitete. Das
englischsprachige Programm beleuchtete die Regulierung der Netzwirtschaften
und verwandter Wirtschaftszweige auf europäischer Ebene aus
unterschiedlichen Perspektiven.
Das Curriculum sah Einführungskurse in juristische und wirtschaftswissenschaftliche Arbeitsweisen vor; aufbauend auf diese wurden die einzelnen
Netzwirtschaften, wie Telekommunikation, Energie oder Eisenbahn, mit ihren
jeweiligen technischen und regulatorischen Besonderheiten erläutert. Das
Programm schloss ab mit dem „Master of Law“ (LL.M.).Der MERNILehrkörper war mit international renommierten Universitätsprofessoren,
hochrangigen Wissenschaftlern und erfahrenen Praktikern aus der freien
Wirtschaft, aus Behörden und aus Institutionen besetzt. So konnte ein wichtiges
Element verwirklicht werden, das das MERNI-Programm ausmachte und es von
anderen Studiengängen unterschied: die durchgängige Verbindung von Theorie
und Praxis. Dazu trugen nicht zuletzt die Exkursionen bei, die die Studenten
nach Brüssel (EU-Kommission, Diskussionen mit Lobbyisten, Besuch einer
international agierenden Großkanzlei) oder Mülheim an der Ruhr (Besichtigung
eines Energieversorgungsunternehmens im Bereich der Wasserversorgung)
führten.
268
Kontinuierlich wurde an der Maximierung des Programms gearbeitet und der
interdisziplinäre Charakter weiter gefördert. Das Marketing des Programms
wurde stetig ausgebaut. Zudem startete der Aufbau eines Alumni-Portals im
Internet, der durch einen Informations- und Datei-Austauschdienst auch die
Kommunikation mit den Fakultätsmitgliedern erleichterte.
3.
Universitäre Lehre
Neben der Durchführung ihrer Forschungsarbeit und der Lehre in den
Ausbildungsprogrammen des ZEI beteiligen sich die ZEI Direktoren an der
grundständigen Lehre ihrer wissenschaftlichen Fachdisziplinen an der
Universität Bonn, ergänzt durch die regelmäßige Betreuung von Examenskandidaten, Doktoranden und Habilitanden.
2.
Sommerschulen
2.1 ZEI Summer School in International Macroeconomics, Money and Finance
Von 1997 bis 2009 veranstaltete das ZEI regelmäßig eine „ZEI Summer School
in International Macroeconomics, Money and Finance“ zu Themen der
internationalen Makroökonomik. Die Sommerschule wurde für jeweils 24
Nachwuchswissenschaftler aus Deutschland, Europa und Amerika ausgerichtet.
Teilnahmevoraussetzung war der Vortrag einer eigenen Forschungsarbeit.
Darüber hinaus nahmen regelmäßig jüngere Mitarbeiter von Zentralbanken und
internationalen Organisationen an der Summer School teil. Das Format bestand
aus jeweils dreistündigen Vorlesungen und Seminaren. Als Dozenten konnten
führende Wissenschaftler für jeweils mehrere Vorlesungen gewonnen werden.
Die „ZEI Summer School in International Macroeconomics, Money and
Finance“ war ein Beitrag zur Verbesserung der wissenschaftlichen Ausbildung
auf einem Gebiet, in dem die deutsche Forschung traditionell im internationalen
Vergleich zurückliegt. Der jeweils beste Beitrag eines Nachwuchswissenschaftlers wurde prämiert mit einer Einladung zum „Konstanzer Seminar
zur Geldtheorie und Geldpolitik“, einer vielbeachteten, jährlichen Konferenz zu
Themen der internationalen Makroökonomik.
2.2 Transatlantic Summer Academy
Die „Transatlantic Summer Academy“ (TASA) wurde von 1999 bis 2003 durch
das ZEI durchgeführt. Ziel der Akademie war es, das Bewusstsein zukünftiger
Entscheidungsträger in Nordamerika und Europa dafür zu schärfen, dass über
269
das Ende des Ost-West-Konflikts hinaus die transatlantischen Beziehungen nach
wie vor von zentraler Bedeutung sind. Die überwiegend aus Europa und
Nordamerika teilnehmenden Studenten diskutierten über Themen wie „Europe
Today: The Evolution of NATO and the Future of Europe“, „Europe Facing the
21st Century. Defining the Central Issues“, „Euro-Atlantic Relations in the 21st
Century: The Challenges Ahead”, „Transatlantic Solidarity and Partnership:
Common Actions Against Common Threats“ und „Unilateral America,
Multilateral Europe? Managing Divergence in Transatlantic Relations“. Das
vierwöchige, interdisziplinär angelegte Programm bestand aus Vorträgen,
Tutorials, Panel-Diskussionen und Briefings in den Bereichen Politik,
Wirtschaft, Recht, Geschichte und Kultur. Das Programm bot den Teilnehmern
die Möglichkeit, mit Experten und Persönlichkeiten aus Regierung, Politik,
Wirtschaft, Wissenschaft und den Medien über aktuelle Themen in den euroatlantischen Beziehungen zu diskutieren. Exkursionen nach Straßburg, Berlin
und Brüssel waren ebenfalls ein zentraler Bestandteil des Programms.
2.3 Europakolloquium
Seit 1997 führt das ZEI das im Rahmen der Förderinitiative „Dialog
Wissenschaft und Praxis“ der Hanns Martin Schleyer-Stiftung geförderte
„Europakolloquium“ in Münstertal durch. Die Kolloquien in zweijährigem
Turnus ermöglichen einen Gedankenaustausch zwischen aktuellen und
ehemaligen Doktoranden und Habilitanden von ZEI Direktor Prof. Dr. Ludger
Kühnhardt. Die Ergebnisse der Seminare werden jeweils im Rahmen einer ZEIDiscussion Paper Serie veröffentlicht.
2.4 EU-Sommerseminare für Studierende aus Zentralasien
Vor allem die außenpolitischen Zielsetzungen der Europäischen Union waren es,
die die Seminarteilnehmer an vier vom ZEI durchgeführten „EUSommerseminaren für Studierende aus Zentralasien“ begeisterten. Das Projekt
fand im Zeitraum von 2000 bis 2003 in Zusammenarbeit mit dem DAAD am
ZEI statt. Es reihte sich in die vielfältigen Bemühungen des ZEI ein, in
Partnerländern der EU Multiplikatoren und künftige Ansprechpartner für
Deutschland und die EU auszubilden. In einem Zeitraum von jeweils zwei
Wochen setzten sich die Studierenden der Internationalen Beziehungen und des
Völkerrechts aus sechs zentralasiatischen Ländern mit den politischen,
rechtlichen und ökonomischen Grundlagen der EU auseinander. Das Seminar
vermittelte Kenntnisse zur Geschichte der Europäischen Integration, ihren
Institutionen und den zentralen Politikfeldern, wie vor allem den
270
Wirtschaftsbeziehungen zu Zentralasien. Das „EU Sommerseminar für
Studierende aus Zentralasien“ wurde geleitet von ZEI Mitarbeiterin Cordula
Janowski.
2.5 Summer School on European Telecommunications
2001 wurde am ZEI die „Summer School on European Telecommunications“ in
Zusammenarbeit mit dem Mobilfunknetzbetreiber VIAG Interkom ausgerichtet.
Gut 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer – Studenten, Referendare sowie junge
Berufstätige – wurden in einem einwöchigen Intensivkurs in das nationale und
gemeinschaftliche Telekommunikationsrecht eingeführt und hatten die
Möglichkeit, ihre Vorkenntnisse zu vertiefen. Dem Grundgedanken folgend,
Wissenschaft und Praxis zu verbinden, war die Veranstaltung in zwei große
Blöcke unterteilt. Die ersten beiden Tage waren Vorträgen vorbehalten.
Während der folgenden Fallstudien-Tage entwickelten die Teilnehmer in
Gruppen Lösungsstrategien für telekommunikationsrechtliche Problemstellungen. Neben den Mitarbeitern der ZEI-Forschungsprojektgruppe konnten
Vortragende aus der unternehmerischen Praxis, der Regulierungsbehörde für
Telekommunikation und Post, dem Bundeswirtschaftsministerium, dem
Bundeskartellamt sowie der Europäischen Kommission und dem Europäischen
Parlament gewonnen werden.
2.6 European Summer University on Telecommunications, Law and ECommerce Legislation
Zwischen 2003 und 2005 führte das ZEI dreimal die „European Summer
University on Telecommunications, Law and E-Commerce Legislation“ durch,
die für zwei Wochen Experten aus Israel und Palästina zusammenbrachte. Das
Gesamtprojekt des ZEI und der Deutschen Gesellschaft für Technische
Zusammenarbeit (GTZ), das von ZEI-Mitarbeiter Dr. iur. Albert R. Njoume
Ekango, koordiniert wurde, hatte eine Kooperation mit Einrichtungen im Nahen
Osten, insbesondere in Israel und den Palästinensischen Gebieten zum
Gegenstand. Vorrangiger Anspruch des Projekts war es, ein dauerhaftes Forum
für den praxisnahen Transfer von Fachwissen in Fragen der
Telekommunikationsregulierung und E-Commerce-Gesetzgebung zwischen
Europa und dem Nahen Osten zu schaffen.
2.7 Summer School Tamkang University
In Zusammenarbeit mit dem Graduate Institute of European Studies an der
Tamkang-Universität, Taipeh, veranstaltete das Zentrum für Europäische
271
Integrationsforschung (ZEI) vom 16. Juli bis 3. August 2007 eine „Summer
School“ zu Fragen der europäischen Integration. Die Referenten widmeten sich
sowohl historischen Aspekten des Einigungswerks als auch aktuellen politischen
Entwicklungen unter verschiedenen Blickwinkeln, insbesondere der Politikwissenschaft, der Wirtschaftswissenschaft und der Rechtswissenschaft.
Ergänzend fanden Exkursionen zum taiwanesischen Außen- und Wirtschaftsministerium statt. Im Außenministerium konnten sich die Teilnehmer mit
Botschafter Hsin-ping Hsieh und Referatsleiter Guo-nan Chin Bots von der
Abteilung für Europäische Angelegenheiten über europapolitische Themen
austauschen. Der Teilnehmerkreis umfasste 108 Studenten und Graduierte.
2.8
Sommerschule Fiskalischer Föderalismus
Vom 14. bis 18. Juni 2008 veranstaltete das ZEI eine Summer School zum
Thema „Institutionelle Gestaltung föderaler Systeme: Theoretische und
empirische Aspekte“ für Nachwuchswissenschaftler. Dozent der Summer
School war Prof. Dr. David Wildasin, University of Kentucky, der zu den
international bekanntesten Forschern auf dem Gebiet des Fiskalischen
Föderalismus zählt. Neben Vorlesungen des Dozenten gab es während der
Summer School in zahlreichen Seminaren Gelegenheit, die eigene Forschung
vorzustellen und zu diskutieren.
2.9 ZEI Academy in Comparative Regional Integration
Auf der Grundlage umfassender Forschungen führte das ZEI 2007 und 2008
sowie 2010 und 2011 Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich der
vergleichenden
Regionalbildung
für
junge
Wissenschaftler
aus
nichteuropäischen regionalen Integrationssystemen (insbesondere Afrika, Asien,
Karibik und Lateinamerika) durch. Die „ZEI Academy in Comparative Regional
Integration“ wurde durch den DAAD mit Mitteln des Auswärtigen Amtes
gefördert. Die weltweite Entwicklung regionaler Integrationssysteme ist einer
der innovativen Aspekte im Zeitalter der Globalisierung. Oftmals gilt die
Entwicklung der Europäischen Union als Vorbild für den Aufbau regionaler
Integrationssysteme in anderen Teilen der Welt. Von Beginn an setzte sich die
„ZEI Academy in Comparative Regional Integration“ mit dieser Thematik
auseinander. Die Teilnehmer dieser in Europa einzigartigen Akademie erörterten
aktuelle und grundsätzliche Fragen des vergleichenden Regionalismus und die
Rolle der EU als Vorbild und Partner für regionale Integration in anderen
Weltgegenden mit renommierten Wissenschaftlern und Experten aus
272
Wissenschaft und Praxis. Das Programm enthielt neben Vorlesungen auch
zahlreiche Workshops und Gruppendiskussionen sowie eine Simulation
europäischer Entscheidungsprozesse. Daneben gab es Exkursionen nach Brüssel
mit Besuchen bei der Europäischen Kommission und dem Europäischen
Parlament sowie nach Frankfurt/M. an den Sitz der Europäischen Zentralbank.
Hochrangige Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft konnten als
Gastredner für die Workshops gewonnen werden, so zum Beispiel Dr. HansGert Pöttering, Präsident des Europäischen Parlaments, und die
Europaabgeordneten Dr. Jorgo Chatzimarkakis und Axel Voss.
2.10 ECOWAS-ZEI Academy in Comparative Regional Integration
Anknüpfend an die „ZEI Academy in Comparative Regional Integration“ fand
vom 16. bis 28. März 2009 in Zusammenarbeit mit der westafrikanischen
Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) und der GTZ am ZEI eine „ECOWASZEI Academy in Comparative Regional Integration“ statt. Dabei setzte das ZEI
seine Arbeit zum „Capacity-Building“ im Bereich der vergleichenden
Regionalbildung mit einem speziell auf die westafrikanische Region
zugeschnittenen Programm fort. Teilnehmer der Akademie waren die Leiter der
so genannten „National Units“ aus 12 von insgesamt 15 Mitgliedsstaaten der
ECOWAS und fünf hochrangige Beamte aus der ECOWAS Kommission, dem
ECOWAS Parlament und dem ECOWAS Gerichtshof. Die Akademie umfasste
auch Besuche bei der Europäischen Zentralbank in Frankfurt/M. und bei
verschiedenen EU Institutionen in Brüssel. Die Teilnehmer hatten die
Möglichkeit, sich mit europäischen Experten aus Wissenschaft, Politik und
Politikberatung auszutauschen und erstmals untereinander ihre Kontakte
aufzubauen, die im späteren Arbeitsalltag in Westafrika von Nutzen waren.
273
Impressum:
Center for European
Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI)
2HEINISCHE&RIEDRICH7ILHELMS5NIVERSITÛT"ONN
Prof. Dr. Ludger Kühnhardt/Prof. Dr. Christian Koenig
Walter-Flex-Straße 3
53113 Bonn
www.zei.de
"ONNZEI, 2015
ISBN: 978-3-941928-56-5