Replica «Rennen fahren heisst leben, dazwischen ist Wartezeit

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KLASSIK
METISSE TRIUMPH
TECHNISCHE DATEN
MÉTISSE MARK 3 TRIUMPH
Replica «Rennen fahren heisst leben, dazwischen ist Wartezeit», beliebte
Filmstar Steve McQueen zu sagen. Seine Lieblings-Enduro, eine Métisse
Triumph, gibts jetzt als Replica zu kaufen. Text: Alan Cathcart/dr Bilder: Kyoichi Nakamura
A
uch drei Jahrzehnte nach seinem verfrühten Tod im November 1980 bleibt Steve McQueen
für viele ein Begriff. Ihm galten und
gelten die Sympathien als einem, der
selbst für haarsträubende Stunts kaum
Doubles brauchte und der gegen den
Willen der Studiobosse immer auch
Motorrad fuhr. Dabei begnügte er sich
nicht mit Cruisen, er fuhr – durchaus
ambitioniert – auch Rennen.
Erinnerungsstücke von McQueen
sind entsprechend begehrt. Seine Bel-
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staff-Töffjacke ging an einer Auktion
kürzlich für 32 760 US-Dollar weg.
21 500 Franken für 1 von 300
Da erscheint ein Preis von 12 999 Englischen Pfund (vor Steuern), was derzeit
rund 21 500 Franken entspricht, für
ein komplettes Motorrad nachgerade
vernünftig. Für dieses Geld erhält man
eine der auf 300 Exemplare limitierten
Replicas der Wüsten-Enduro, die Steve
McQueen 1966 gekauft und danach
sehr oft eingesetzt hat. Das Original-
motorrad, eine Métisse Triumph, existiert vermutlich nicht mehr.
Die Nummer 000 erhält Chad McQueen, der Sohn des Schauspielers. Er
teilt die Leidenschaft des Vaters für Motorräder, hat fürs Projekt grünes Licht
gegeben und ermöglicht, die Replicas
mit einem Faksimile-Autogramm des
Stars auf dem Tank zu versehen.
MRD Métisse, die Marke der berühmten Rahmenbauerbrüder Rickman, gehört seit 2001 Gerry Lisi. Der
nach Grossbritannien ausgewanderte
Antrieb Triumph TR 6, luftgekühlter Parallel-Twin, Stossstangen, OHV, 2 Ventile
pro Zylinder. 1 Amal-Concentric-Schiebervergaser R 930/23, CDI-Zündung von Boyer Bransden. Trockensumpfschmierung,
Kickstarter. Kettenprimärtrieb, SeilzugSechsscheiben-Nasskupplung, Vierganggetriebe, Endantrieb Rollenkette links.
Bohrung×Hub
71 × 82 mm
Gesamthubraum
649 cm3
Vergaser-ø
23 mm
Verdichtungsverhältnis
9,0:1
Leistungsdaten
max. Leistung
47 PS (34,6 kW)
bei
6700/min
Fahrwerk Doppelschleifenrahmen aus vernickelten Chrom-Molybdän-Stahlrohren.
Vorn 35-mm-Telegabel von Ceriani, 190
mm Federweg, hinten Rohr-U-Schwinge
mit Stereofederbeinen von Hagon.
Räder, Bremsen Speichenräder mit Stahlfelgen, Schlauchreifen Dunlop, v. D 803 F
(2.75-21"), h. D 756 (110/100-18"). Simplex-Trommelbremsen ø 178 mm.
Abmessungen und Gewichte
Radstand
1450 mm
Trockengewicht
135 kg
Preis £ 12 999.–, exkl. Steuern. Farbe
Battleship Grey.
Hersteller Métisse Motorcycles Ltd.
Fairingdon, Oxfordshire (GB)
➥ www.metisse-motorcycles.com
16.02.2009 12:57:15
4/2009 MOTO SPORT SCHWEIZ WWW.MOTOSPORT.CH 47
McQueens
Triumph
2
Trotz 650er-Twin wiegt das Bike gerade mal 135 kg!
Schauspieler Steve McQueen, bekannt geworden mit Filmen wie «The Thomas
Crown Affair» oder «The Towering Inferno». In Erinnerung geblieben ist er bei
Bikern besonders durch den Sprung über den Stacheldrahtzaun in «The Great
Escape» (Bild).
3 Stilecht schalldämpferfrei.
1
2
1
Italiener ist gelernter Dachdecker und
Betreiber eines Golfclubs im beschaulichen Oxfordshire. Auf die Idee einer
McQueen-Replica brachte ihn vor
vier Jahren Sir Anthony Bamford. Geschäftsmann Sir Anthony fährt nicht
selber Töff, ist aber ein grosser Fan des
Schauspielers und wollte sich deshalb
eine Métisse Triumph in die Eingangshalle seines Baumaschinengeschäfts
stellen. Lisi: «Viele Leute sahen das Bike
und fragten, ob man es kaufen könne.
Das Einzelstück wollte Sir Anthony
natürlich nicht abgeben. So dachte
ich mir, es wäre eine verpasste Chance,
nicht eine Serie zu bauen!»
McQueen-Sohn Chad musste Lisi
nicht zum Einverständnis nötigen: «Er
war gespannt, was rauskommt. Von den
200 Bikes seines Vaters sei die Métisse
Triumph der Favorit gewesen.»
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Steve McQueen war vom Motorrad
schon kurz nach dem Kauf begeistert. Dessen Vorzüge schilderte er
dem Magazin «Popular Science» im
November 1966: «Der Rahmen ist revolutionär, er macht einen separaten
Öltank überflüssig. Der Schmierstoff
zirkuliert im Rahmen, so wird er auch
noch gut gekühlt. Zudem mag ich die
grossen Viertakter – dieser hier hat
richtig Dampf! Die Schutzbleche aus
Fiberglas halten das Gewicht niedrig.
Und die Ceriani-Gabel spricht extrem
fein an, während die BSA-Gabelklemmen sehr robust sind. Das ist wichtig,
manchmal hats mir bei Schlägen schon
den Lenker verbogen.»
Das gibt einen Eindruck davon, wie
ernsthaft McQueen die Rennerei betrieb. 1974 schaffte er es ins US-Team
für die Internationalen Six Days. Seine
Haltung «racing is life – the rest is just
waiting» würde auch heute noch so
mancher Rennfreak unterschreiben.
Lob der Rickman Brothers
Inzwischen ist die Produktion der Replicas in den Werkstätten von Métisse
angelaufen. Rund ein Dutzend Bikes
sind bereits bestellt. Die Rickmans, die
3
16.02.2009 12:57:27
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04_MSSD_048_Inser 48
13.02.2009 10:39:20
KLASSIK
1 Fahren auf dem
Golfplatz: leichtes
Handling und ein
Parallel-Twin mit viel
Drehmoment.
2 Hübscher Motor und
ein – aus heutiger
Sicht – filigran wirkender Doppelschleifenrahmen.
3 Derek (links, 73)
und Don Rickman,
erfreut über die Wiederauferstehung der
Wüsten-Enduro.
4/2009 MOTO SPORT SCHWEIZ WWW.MOTOSPORT.CH 49
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ihr Geschäft bereits 1985 verkauften,
sind von Lisis Arbeit angetan. «Don und
Derek leben nicht allzu weit entfernt,
etwa einmal im Monat schauen sie bei
uns rein», sagt Lisi. Offenbar gefällt
ihnen wirklich, was sie sehen: «Wir
sind stolz darauf, was hier entsteht.
Das Motorrad, das wir vor 40 Jahren
bauten, ist wieder auferstanden und
von hoher Qualität. Damit hält Gerry
Lisi den Namen Métisse lebendig»,
freut sie Derek.
Racer werden Konstrukteure
Rickman, das ist für jeden Motorradfahrer mit Sinn für Geschichte ein
Begriff. In den 70er-Jahren konstruierten sie, ähnlich wie einige Schweizer
Spezialisten, Rahmen für die starken
Japan-Bikes der Epoche. Doch ihren
Namen machten sie sich in den 50ern
und 60ern im Geländesport.
Beide begannen mit 17 mit der Rennerei, damals verwendeten die Briten
noch den Begriff «scrambles», was etwa
den heutigen Enduros entspricht.
Schon bald begannen sie, ihre BSA
mit diversem Zubehör aufzumöbeln.
Das Resultat nannten sie Métisse, das
französische Wort für Mischling.
Die nächste Stufe war ein kompletter
Offroader mit einem Rahmen von BSA.
Doch wenn die Rickmans das englische Schwermetall mit den leichten
Chassis-Konstruktionen aus Schweden
verglichen, weckte dies zuerst ihr Bedauern und dann ihren Erfindergeist.
«Wir dachten, das können wir besser, und konstruierten 1960 unseren
ersten Rahmen. Wir waren damit an
den Rennen erfolgreich, und schon
04_MSSD_049_Klass 49
«Wir sind stolz auf das, was
hier entsteht. Das Motorrad ist
von hoher Qualität und hält
den Namen Métisse lebendig.»
Derek und Don Rickman
war das Interesse da», erinnert sich
Derek. Sie nannten ihren dank Nickelbeschichtung korrosionsbeständigen
Doppelschleifenrahmen aus ChromMolybdän-Stahlrohren von Reynolds
«Mark 3» und verkauften im Laufe der
Jahre mehr als 2000 davon.
Das Motoröl für die diversen eingesetzten englischen Ein- und Zweizylinder-Trockensumpf-Motoren füllte
man gleich unterhalb des Lenkkopfs
via Schraubverschluss in den Rahmen.
«Im massiven, zum Lenkkopf geführten
Oberrohr gabs genug Platz fürs Öl. Dadurch sparten wir Gewicht, aber auch
Platz für den Luftfilter. Dazu kam die
gute Kühlung des Schmiermittels.»
Rickman: Nicht nur Rahmen
Mit dem Métisse-Rahmen wurde Don
Rickman 1962 Dritter der 500er-Motocross-WM, Derek gewann den EM-Titel
in der 750er-Klasse mit einem 600erMatchless-Viertakter. 1966 expandierten sie in den Strassenrennsport.
Den Métisse-Matchless-Renner fuhr
Pilot Bill Ivy gleich im ersten Rennen
in Brands Hatch zu einem Sieg. Im
selben Jahr lieferten die Rickmans auch
erstmals Rahmen für Strassenmotorrä-
der, zuerst mit einem Triump-Bonneville-Twin, dann auch mit Einzylindern
von BSA und Matchless. Ein Bike fand
den Weg in die Hände eines gewissen
Giacomo Agostini, der damit ab und
zu eine Ausfahrt ins Hinterland von
Bergamo unternahm.
Weil die Hersteller keine Motoren
lieferten, wurden die Rahmen als Kit
verkauft. Bis die Rickmans umständehalber in den Besitz von 200 Twins von
Royal Enfield kamen. Entsprechend der
Bezeichnung dieser Enfield-Motoren
kamen diese Rickman Interceptors
auf den Markt. Letztmals einen Rah-
16.02.2009 12:57:34
Keine Frage: Der Winter ist
immer etwas zu lang und
die Saison etwas zu kurz!
Darum lass den Motor
schon mal warmlaufen und
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16.02.2009 13:51:02
KLASSIK
4/2009 MOTO SPORT SCHWEIZ WWW.MOTOSPORT.CH 51
1 Werbung von Métisse für die
McQueen-Replica mit nostalgischem
Touch. Ein schmuckes, leichtes Motorrad für die nächste Wüstenrallye.
2 Die Fertigung der limitierten Serie
ist angelaufen, das erste Dutzend
Bikes ist schon verkauft.
3 Der heutige Métisse-Chef Gerry Lisi
mit einem soliden, vernickelten Strassen-Rahmen für Aermacchi Singles.
men für ein Rennmotorrad bauten
die Rickman Brothers 1972 für einen
Kawasaki-H1R-GP-Motor.
Anfang der Siebziger war aber auch
die Zeit, als die japanischen Hersteller
zunehmend starke Vierzylinder bauten, ohne bereits genau zu wissen, wie
entsprechend starke Rahmen aussehen
müssten. In die Lücke sprangen Rahmenbauer wie Fritz Egli in der Schweiz
oder eben die Rickmans, die in den
70er-Jahren besonders in den USA
ihre vernickelten Rahmen für Bikes
wie die Kawasaki Z 1 / 900, die Honda
Bol d’Or 900 oder die Suzuki GS 1000
absetzten.
Vor ihrem Rückzug aus dem Geschäftsleben 1985 diversifizierten die
begabten Konstrukteure in andere
Gebiete. Zuerst kitzelten sie aus den
Triumph-Twin dank Vierventilköpfen
ein Drittel mehr Leistung heraus. Dann
wandten sie sich der Fertigung von
Zubehörverschalungen und -koffersystemen zu, schliesslich sogar pfiffigen
Konstruktionen für BMX-Velos und
Spitalbetten!
toren dann in die vernickelten ChromMolybdän-Rahmen montiert. Wichtig
für die Originaltreue der Replicas sei
auch die Farbe: Die Briten nennen sie
Battleship Grey (Kriegsschiff-Grau).
Testfahrt auf dem Golfplatz
Als Race-Replica ist die Métisse nicht
für die Strasse zugelassen, was schon
nur an der fehlenden Lichtanlage und
den nicht vorhandenen Schalldämpfern ersichtlich ist. Es wird den Leser
also kaum überraschen, zu vernehmen,
dass sie nach dem Tritt auf den Kickstarter alles andere als diskret aus den
Auspuffen bellt. Schon erstaunlicher
ist, dass sich trotzdem kaum einer der
Golfer umdrehte, als ich, mit Lisis Erlaubnis natürlich, ein paar Testrunden
durch seinen Golfclub drehte.
Der eine Rundschiebervergaser von
Amal muss gut geflutet sein, damit der
Motor zu laufen beginnt, und mangels Choke-Vorrichtung muss der Twin
mit der Gashand bei Laune gehalten
werden. Das hat natürlich den Vorteil,
dass der Motor im Fall eines Sturzes
keinen Sand ansaugt. Legt man den
Töff tatsächlich hin, wirken die fix verschweissten Gusseisen-Fussrasten als
Sturzbügel.
Sofort fällt auf, wie schmal und wendig McQueens Wüstenracer für ein Bike
mit Parallel-Twin ist. Und mit dem
trotz fehlender Ausgleichswelle fein
laufenden Langhubmotor hat man
richtig Dampf aus tiefsten Drehzahlen
zur Verfügung. Dauerndes Rühren im
rechts geschalteten Vierganggetriebe
ist deshalb unnötig.
Für heutiges Verständnis absolut
harm- und zahnlos ist die kleine Triumph-Trommelbremse vorn, während
der BSA-Stopper hinten durchaus wirkungsvoll eingesetzt werden kann.
Basis: Originalmotoren
Als Basis für die McQueen-Replica
setzt Gerry Lisi auf komplett revidierte
650er-Triumph-Twins. Ein gewisser Bill
Thomson beschafft sich die Originale
über mehrere Späher in Nordamerika,
die Schrottplätze abklappern. In den
Werkstätten von Lisi werden die Mo-
1
2
Weitere Rahmen in Arbeit
3
04_MSSD_051_Klass 51
Alles in allem ist die Steve-McQueenMétisse eine tolle Replica zu einem
fairen Preis. Damit ist das Motorrad
auch eine Visitenkarte für die übrigen
Métisse-Produkte. Nie ganz gestoppt
war auch unter Lisis Vorgänger Pat
French der Bau der Mark-3-Rahmen,
mit denen Oldtimer-Fans britische
Scrambler der 60er-Jahre aufmöbeln. In Arbeit sind auch Rahmen für
die Strassen-Racer der Epoche, mit
BSA- und Aermacchi-Singles oder
Triumph-Twins. Auch die RickmanKonstruktionen für die japanischen
Vierzylinder warten auf die Wiederauferstehung.
■
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