Kein Folientitel
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Die Wachstumsfalle aus der Perspektive der Beschäftigten und deren Vertretungsorganisationen PD Dr. Norbert Reuter 17.3.2014 / Linz Das Bruttoinlandsprodukt Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist der Gesamtwert (in Geldeinheiten) aller im Inland in einem Jahr über „den Markt“ (= erfasst und bezahlt) produzierten Waren und Dienstleistungen (abzüglich Vorleistungen). 2 Das Wachstum des BIP • Um das Wachstum des BIP zu ermitteln, wird das BIP eines Jahres mit dem BIP des Vorjahres verglichen (Vergleich von zwei Geldsummen). • Um reale Entwicklungen vergleichen zu können, werden Preisveränderungen heraus gerechnet („deflationiert“). • Hierbei wird auch versucht, Qualitätsveränderungen zu berücksichtigen (Hedonik) (nicht nur „mehr“, sondern auch „besser“). • Die errechnete reale Veränderung wird als prozentualer Wert ausgewiesen (z.B. +3,5 %; 0%; -3,5%) ( Wachstum, Stagnation oder Schrumpfung). 3 Defizite der BIP-Messung • Nicht erfasst werden alle Arbeiten, die unentgeltlich insbes. in privaten Haushalten oder „schwarz“ geleistet werden; • alle erfassten wirtschaftlichen Aktivitäten steigern gleichermaßen das BIP – auch die Beseitigung von Umweltschäden oder der Folgen von Katastrophen, Kriegen, Unfällen…; • keine Aussage über die Verteilung der bei der Produktion von Waren und Dienstleistungen entstandenen Einkommen; • keine Aussage, wie die Produktion von Waren und Dienstleistungen erfolgt. 4 BIP (k)ein Wohlstandsindikator • Das BIP ist lediglich ein Maß für die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft; • es erlaubt nur sehr bedingt Aussagen über den Wohlstand und die Lebensqualität; • alle BIP-Vergleiche sind letztlich nichts anderes als Vergleiche zweier Geldsummen; • Aussagen über „Nutzen“ oder „Befriedigung“ sind auf dieser Grundlage nicht möglich; • Deshalb sind – gerade auf hohem Versorgungsniveau – qualitative Indikatoren notwendig, um Aussagen über Wohlstand und Lebensqualität treffen zu können. 5 Qualitative Wohlstandsindikatoren • Verteilung von Einkommen und Vermögen • Umweltbelastung (ökologischer „Fußabdruck“) • Lebenszufriedenheit • Arbeitszeiten • Lebenserwartung • Bildungsniveau •… 6 Alternative Wohlstandsmaße • • • • • • Human Development Index (HDI) (UNDP) Ökologischer Fußabdruck Happy Planet Index (HPI) Canadian Index of Wellbeing (CIW) Stiglitz-Sen-Fitoussi-Kommission (2010) Enquete-Kommission des Dt. Bundestags • • • W3-Indikatoren (CDU/CSU, FDP, SPD) 20 Indikatoren Wohlstandskompass (Bündnis 90/Die Grünen) 4 Ind. Trio der Lebensqualität (Die Linke) 3 Ind. 7 Herkömmliche Gleichung Wirtschaftswachstum = höheres Einkommen = mehr Arbeitsplätze = zunehmender Wohlstand Wachstum als Notwendigkeit! Wachstumsorientierung der Politik 8 Wachstumsorientierung der Politik Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (1967) § 1 Bund und Länder haben ihre wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen so zu treffen, „dass sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum beitragen.“ 9 Normalfall konstantes Wachstum? Stetiges (exponentielles) Wachstum des BIP erfordert laufend steigende absolute Zuwächse: Ein BIP-Wachstum von z.B. 4 % erfordert bei einem Ausgangswert von einer Billion Euro - im 1. Jahr ein Anstieg um 40 Mrd. Euro; - im 20. Jahr um 84 Mrd. Euro, - im 50. Jahr um 273 Mrd. Euro und - im 100. Jahr um rund zwei Billionen Euro. 10 Exponentielles Wachstumdes BIP Potentielle und reale Entwicklung Mrd. € 8 7 potentielles Bruttoinlandsprodukt bei einem jährlichen Wachstum von 4% 6 Mrd. Euro 5 4 Versiebenfachung in nur 50 Jahren! Verfünfzigfachung in 100 Jahren!! 3 2 1 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35 37 39 41 43 45 Jahre 11 47 „Wer glaubt, in einem physikalisch begrenzten System für immer wachsen zu können, ist entweder ein Idiot, oder ein Ökonom.“ Kenneth Boulding (1966), einer der Gründerväter der ökologischen Ökonomik Der verkannte Vertreter einer Postwachstumsgesellschaft: John Maynard Keynes Phasen der Nachkriegsentwicklung: 1. Phase (Wachstumsphase): Investitionenf > Ersparnissef 2. Phase (Übergangsphase): Investitionenf = Ersparnissef 3. Phase (Sättigungsphase): Investitionenf < Ersparnissef (Keynes: Das Langzeitproblem der Vollbeschäftigung, 1943) Keynes‘ Stagnationsbegründung „(E)s mag bald ein Punkt erreicht sein, vielleicht viel eher, als wir uns alle bewusst sind, an dem diese (die absoluten, N.R.) Bedürfnisse in dem Sinne befriedigt sind, dass wir es vorziehen, unsere weiteren Kräfte nicht-wirtschaftlichen Zwecken zu widmen.“ (Keynes: Wirtschaftliche Probleme unserer Enkelkinder, 1930) 14 Gibt es also eine Wachstumsfalle? - Einerseits ist dauerhaftes Wachstum in einem begrenzten System nicht möglich; - andererseits scheinen Wohlstand, Arbeitsplätze und Entwicklung auf stetiges Wachstum angewiesen zu sein. 15 Die tatsächliche BIP-Entwicklung 16 Bruttoinlandsprodukt Deutschland (real, saison und kalenderbereinigt, in Preisen von 1970) 3000 2500 Exponentielles Wachstum von 4 Prozent jährlich in Milliarden Euro 2000 1500 1000 nominal Ursache von Debatten über angebliche Wachstumsschwäche real, in Preisen von 1970 500 0 Quelle: Statistisches Bundesamt: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung und eigene Berechnungen 17 ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik Wachstumsraten in Deutschland Reale Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts 12% 10% 8% 6% 4% 2% 0% -2% -4% Quelle: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, Prognose 2014/15: DIW Wintergrundlinien 2013/14. 18 2013 2011 2009 2007 2005 2003 2001 1999 1997 1995 1993 1991 1989 1987 1985 1983 1981 1979 1977 1975 1973 1971 1969 1967 1965 1963 1961 1959 1957 1955 1953 1951 -6% Reales Bruttoinlandsprodukt Veränderungen gegenüber Vorjahren in Prozent/10-Jahres-Durchschnitte 9,1% 9% 8% 7% 5,0% 5,1% 4,3% 5,2% 6% 4,2% 4,0% 5% 3,9% 4% 2,6% 3% 2% 1% 1,5% 1,0% 1,1% 1,6% 1,5% 1,1% 0% 0,3% 0,2% 0,6% *bis 1989 nur Westdeutschland Daten: AMECO; BIP zu Marktpreisen von 2005; Stand: Januar 2014 19 Dilemmas des BIP-Wachstum • Verteilungsdilemma • Umweltdilemma • Sinndilemma 20 Verteilungsdilemma Wachstum • Einerseits ist Wachstum die Voraussetzung für steigende Einkommen und Vermögen; andererseits ist es alles andere als ein Garant steigender Einkommen für alle lange Zeit sind v.a. in Deutschland trotz Wachstum die Einkommen der Beschäftigten nicht mehr gestiegen, die Arbeitszeiten vielfach sogar länger geworden und die Vermögensungleichheit dramatisch gewachsen; 21 ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik Einkommen in Deutschland preisbereinigte Entwicklung 2000-2015 140% Gewinne (Unternehmens- und Vermögenseinkommen) 130% Prognose 120% Volkseinkommen 110% 100% Arbeitnehmerentgelte 2000 = 100 % 90% 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Quelle: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Prognose: DIW Wintergrundlinie 2013/14, Preisbereinigung mit Verbraucherpreisindex 2015 Ein Prozent der Bevölkerung besitzt fast 40 Prozent ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik Verteilung des Nettovermögens privater Haushalte 66,6 % das reichste Promille (0,1%): 22,5% das reichste Prozent der Bevölkerung: 35,8% 15,4 % 9,1 % -0,2 % die ärmsten 20 Prozent 0,1 % 0,4 % 1,1 % 2,4 % 3. Dezil 4. Dezil 5. Dezil 6. Dezil 5,0 % 7. Dezil 8. Dezil Anordnung der Bevölkerung nach ihrem Vermögen Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) 2011 9. Dezil die reichsten 10 Prozent Umweltdilemma Wachstum • Einerseits wird anhaltendes Wachstum als notwendig zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung gesehen; andererseits ist anhaltendes (= exponentielles) Wachstum auf einem begrenzten Planeten nicht möglich. 24 Wenn alle Menschen so leben würden wie die Menschen in den OECDStaaten, bräuchten wir vier Erden. Sinndilemma Wachstum • Einerseits besteht bis zu einem bestimmten Versorgungsniveau mit Waren und Dienstleistungen ein enger Zusammenhang zwischen dem BIP-Wachstum und dem Wohlbefinden; andererseits lässt sich ab einem bestimmten Versorgungsniveau kein Anstieg des Wohlbefinden der Menschen mehr nachweisen; 26 Lebenszufriedenheit und Wachstum in Deutschland 190 170 1991 = 1000 150 130 Bruttoinlandsprodukt*/Kopf 110 90 Lebenszufriedenheit** 70 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 *Bruttoinlandsprodukt in Kaufkrafteinheiten (Eurostat); **Lebenszufriedenheit: Prozentangaben "sehr zufrieden" und "ziemlich zufrieden" Quelle: GESIS - Zentrum für Sozialindikatorenforschung 27 28 „Lange Zeit war das Wohlbefinden der Menschen maßgeblich durch die wirtschaftliche Aktivität bestimmt. (…) Seit kurzem hat sich das menschliche Wohlbefinden allerdings von der nur materiellen Güterversorgung getrennt. Andere Aspekte des Lebens sind zunehmend wichtig geworden.“ Bruno S. Frey: Wachstum, Wohlbefinden und Wirtschaftspolitik, in: Roman Herzog Institut, Position Nr. 13, München 2012 Wachstum hat seinen Preis 30 Ursache des Wachstums • Ursache des (intensiven) Wachstums ist der Produktivitätszuwachs; • hierunter wird die positive Veränderung des Verhältnisses von Produktionsergebnis (Wertschöpfung) zu der dafür eingesetzten Arbeitszeit verstanden; Das Wachstum der Wirtschaft hängt von der Fähigkeit der Beschäftigten ab, mehr Wert pro Zeiteinheit zu schaffen. 31 ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik Produktivitätsentwicklung Veränderung der Arbeitsproduktivität* in Deutschland Produktivitätsanstieg gegenüber Vorjahr in % 4% 3,6 3% 2,7 2,5 2,7 2,4 2,0 2,5 2,3 2% 1,4 1,4 1,1 1% 0,9 1,8 1,7 1,6 1,2 0,9 0,8 0,9 0,2 % -0,1 -1% -2% -3% -2,5 *Bruttoinlandsprodukt in realen Preisen je Erwerbstätigenstunde Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 18, Reihe 1.5; 2012/13: Prognose IMK Juli 2013 32 0,4 ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik Produktivitätsentwicklung Veränderung der Arbeitsproduktivität* in Deutschland ∅ 1,4 Prozent Produktivitätsanstieg gegenüber Vorjahr in % 4% 3% 2,7 2,5 2,7 2,4 2,0 3,6 2,5 2,3 2% 1,4 1,4 1,1 1% 0,9 1,8 1,7 1,6 1,2 0,9 0,8 0,9 0,2 % -0,1 -1% -2% -3% -2,5 *Bruttoinlandsprodukt in realen Preisen je Erwerbstätigenstunde Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 18, Reihe 1.5; 2012/13: Prognose IMK Juli 2013 33 0,4 „Gutes“ und „schlechtes“ Wachstum der Arbeitsproduktivität • „Gutes“ Produktivitätswachstum: bessere/effizientere Technik, bessere Organisation, Vermeidung von Arbeitsunfällen etc. • „Schlechtes“ Produktivitätswachstum: Zunahme unbezahlter Arbeitszeiten, höherer Leistungsdruck, mehr Arbeitshetze und Arbeitsintensivierung, weniger Pausen etc. Vieles deutet darauf hin, dass der „schlechte“ Produktivitätszuwachs an Bedeutung gewinnt… (veränderte politische Rahmenbedingungen; Klagen der Beschäftigten, Zunahme Burnouts etc.) 34 35 36 37 Wege aus der Wachstumsfalle Vom Wachstum zum Wohlstand 38 Zunehmende Bedeutung von Arbeitsbedingungen und Zeitwohlstand 39 Wirtschaftspolitik der 3. (Stagnations-)Phase nach Keynes „Wenn die dritte Phase in Sicht kommt, wird (...) es notwendig sein, sinnvollen Konsum zu fördern, Sparen zu missbilligen - und einen Teil des unerwünschten Überangebots durch vermehrte Freizeit zu absorbieren, mehr Urlaub (welches ein wunderbar angenehmer Weg ist, Geld loszuwerden) und kürzere Arbeitszeiten.“ (Keynes: Das Langzeitproblem der Vollbeschäftigung, 1943) 40 Arbeitszeitverkürzung in der Vergangenheit • In Deutschland ist in den letzten 150 Jahren die jährliche Erwerbsarbeitszeit eines Beschäftigten um mehr als 50 Prozent gesunken massiver Verzicht auf Einkommen höherer Zeitwohlstand statt Einkommenszuwachs • seit Ende der 1990er Jahre wurden Arbeitszeitverkürzungen aber vielfach zurückgenommen, die Arbeitszeiten wieder verlängert. 41 Produktivitätsfortschritt Dieser kann genutzt werden zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen Lohnsteigerung Arbeitszeitverkürzung oder eine Kombination aus beiden Kapitalbedingungen Gewinnsteigerungen ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik Entwicklung der Lohnquote Anteil Arbeitnehmerentgelt am Volkseinkommen 72,5% 72,1% 71,0% 70,8% 69,9% 68,1% 67,1% 65,9% P r o g n o s e 65,8% 63,2% 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 Quelle: Statistisches Bundesamt: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung; 2014/2015: Prognose DIW, Wintergrundlinien 2013/14 2015 Was wäre wenn… • die Verteilung zwischen Gewinn- und Vermögenseinkommen und Arbeitseinkommen in Deutschland nicht auf 67 % gefallen wäre, sondern seit 2000 bei 72 % geblieben wäre? 44 Was wäre wenn… • die Verteilung zwischen Gewinn- und Vermögenseinkommen und Arbeitseinkommen in Deutschland nicht auf 67 % gefallen wäre, sondern seit 2000 bei 72 % geblieben wäre? + 1,2 Billionen Euro mehr für die Beschäftigten im Zeitraum 2000 bis 2013 45 Was wäre wenn… • die Verteilung zwischen Gewinn- und Vermögenseinkommen und Arbeitseinkommen in Deutschland nicht auf 67 % gefallen wäre, sondern seit 2000 bei 72 % geblieben wäre? + 1,2 Billionen Euro mehr für die Beschäftigten im Zeitraum 2000 bis 2013; allein für das Jahr 2013 hätte jeder Beschäftigte im Schnitt rund 2.800 Euro mehr verdient. 46 Was wäre wenn… oder • bei einem Stundenlohn von 29 Euro (∅ Arbeitnehmerentgelt je Stunde 2013) hätte jede(r) Beschäftigte im Schnitt knapp 100 Stunden weniger arbeiten müssen, also gut 12 Tage mehr Urlaub machen können – bei gleichem Einkommen! 47 Arbeitszeitwünsche der Beschäftigten 48 49 „Faktische, vereinbarte und gewünschte Arbeitszeiten klaffen auseinander. Vollzeitbeschäftigte Männer und Frauen wünschen eher kürzere, teilzeitbeschäftigte Frauen eher längere Arbeitszeiten. Die Arbeitszeitwirklichkeit ist noch weit von einem nutzenmaximalen Verhältnis von Einkommen und nicht-erwerbsgebundener Zeit entfernt. Arbeitszeitpolitischer Handlungsbedarf besteht nach wie vor.“ Elke Holst/Hartmut Seifert: Arbeitszeitpolitische Kontroversen im Spiegel der Arbeitszeitwünsche, in: WSI Mitteilungen, 2/2012, S. 149. Arbeitszeit und Lebensqualität und das „Tretmühlenproblem“ 51 Folgen „erzwungener“ Freizeitausdehnung Unternehmensberater, die in einem Experiment „gezwungen“ wurden, einen Tag in der Woche vollkommen frei zu nehmen, bewerteten nach fünf Monaten ihre Arbeitssituation durchweg positiver als ihre 52 Kollegen in konventionellen Teams. Quelle: Perlow, L. /Porter, S. (2010), S. 27; Grafik: M. Kopatz Thema Zeitwohlstand auf die Agenda • Auf niedrigem Einkommensniveau hat die Einkommenssteigerung Priorität, da wichtige materielle Bedürfnisse befriedigt werden müssen; • mit steigendem Einkommensniveau eröffnen sich Spielräume, den Wohlstand besser durch mehr Freizeit (Arbeitszeitverkürzung) statt durch höhere Einkommen zu erhöhen; der Nutzen der Freizeit steigt im Vergleich zu zusätzlichem Einkommen; eine zusätzliche Einheit Freizeit steigert den persönlichen Wohlstand mehr als eine zusätzliche Einheit Einkommen. Konsequenzen: Politische Gestaltung • qualitative Entwicklung (Ziele!) anstreben – statt rein quantitatives Wachstum des BIP; • Lohnentwicklung stärken (gesetzlicher Mindestlohn, Leiharbeit eng begrenzen, Hartz IV reformieren, prekäre Beschäftigung bekämpfen, Mini-/Midi-Jobs zurückdrängen); • Arbeitszeitgesetz reformieren („kürzere Vollzeit für alle“) • Attraktivität von Arbeitszeitverkürzung erhöhen - mehr Verteilungsgerechtigkeit - Abbau der Massenarbeitslosigkeit 54 - Stärkung Binnenmarkt Konsequenzen: Betriebliche Gestaltung • • Verhandlungsposition der Beschäftigten stärken; „schlechte“ Produktivitätssteigerung durch Schutz vor Arbeitshetze und -intensivierung verhindern; • Wahlmöglichkeiten von Arbeitszeitverkürzung (AZV) und Lohnerhöhung verbessern bzw. schaffen; • bei AZV Personalausgleich sicherstellen; • Bedeutung verschiedener Formen von AZV erhöhen/Tretmühlenproblem lösen (Wechsel garantieren, Auszeiten, Sabbaticals, „Schnupper AZV“); win-win-Situation: positive Folgen nicht nur für die Beschäftigten, sondern auch für die Unternehmen (motivierte, zufriedene und gesunde Beschäftigte). Wohlstand braucht (auf erreichtem hohen Einkommensniveau) kein Wachstum, sondern v.a. eine gute Balance zwischen… 56 … guter Arbeit, bei fair verteilten Einkommen und… 57 … genügend Zeit jenseits der Arbeit! Vielen Dank! 58