Der andere Drogenbericht - Drogen Macht Welt Schmerz

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Der andere Drogenbericht - Drogen Macht Welt Schmerz
Bürgerkrieg
Bodenerosion
Waldrodung
Geldwäsche
Vertreibung
Hunger
Landraub
Mexiko
Afghanistan
Kokain
Crack
Mafia
Korruption
Umweltschäden
Kolumbien
Der andere Drogenbericht
Drogen Macht Welt Schmerz
Der andere Drogenbericht
Impressum
Herausgeber:
EarthLink e.V.
Projekt „Drogen und Entwicklung“
Frohschammerstr. 14
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www.drogenmachtweltschmerz.de
Text
Nicoleta Schwachulla, Christian Wanninger, Bernhard
Henselmann, Lydia Stehberger
Umschlag und Layout
Lydia Stehberger, Bernhard Henselmann
Mitarbeit, Recherchen
Förderhinweis
Wir danken der Aktion Mensch
- dieGesellschafter.de und
Mission EineWelt sehr herzlich für
die Finanzierung dieser Broschüre
im Rahmen unseres Projektes „Drogen und Entwicklung“.
Susanne André, Christina Fuchs, David Hentschel, Katja
Höreth, Einar Kaufmann, Markus Maier, Andrew Meggs,
Marion Perz, Amrei Pirzer, Paulina Reinartz, Kristin Schall,
Alexandra Schmitt, Fabian Spörer, Janik Stövhase,
Markus Treml, Monika Wagner, Elisa Lina Wege, Verena
Wellenhofer, Susanne Wildgruber
Druck
Laserline, 13355 Berlin, 12/2010
gedruckt auf Recyclingpapier aus 100% Altpapier, ausgezeichnet mit dem Blauen Umweltengel
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Drogen Macht Welt Schmerz
Inhaltsverzeichnis
Warum ein anderer Drogenbericht? ........................................................ 4
Weltweiter Drogenkonsum .................................................................... 5
Vom Kokablatt zum Kokain ................................................................... 6
Vom Mohn zum Heroin ......................................................................... 7
Vom Hanf zu Haschisch und Marihuana ................................................... 9
Politische Folgen ............................................................................... 11
Wirtschaftliche Folgen ........................................................................ 12
Soziale Folgen ................................................................................... 13
Ökologische Folgen ............................................................................ 15
Maßnahmen gegen Drogenanbau ......................................................... 16
Quellen und weiterführende Literatur ................................................... 18
Der andere Drogenbericht
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Warum ein anderer Drogenbericht?
Öffentlichkeitswirksam werden wir seit langem vor den Gefahren des
Drogenkonsums für unsere Gesundheit und Gesellschaft gewarnt.
Der Blick auf die Konsequenzen in Entwicklungsländern bleibt aber
verstellt.
Dabei sind Drogenkonsum und Entwicklungsprobleme eng miteinander verflochten. So führen Produktion, Handel und Konsum illegaler,
pflanzenbasierter Drogen zu schwerwiegenden entwicklungspolitisch
relevanten Folgen, die in dieser Broschüre dargestellt werden.
Weltweit ist die Nachfrage nach pflanzenbasierten Drogen, wie Kokain,
Heroin oder auch Cannabis ungebrochen hoch. In den Anbauländern
herrschen Armut und soziale Probleme. Fehlende staatliche Strukturen und mangelnde Rechtsstaatlichkeit, Korruption und bewaffnete
Konflikte begünstigen Anbau, Produktion und Handel illegaler Drogen.
Ökonomische Strukturen richten sich auf einen illegalen Markt aus.
Zunehmend entsteht eine wirtschaftliche Abhängigkeit. In Verbindung mit geschwächten politischen Strukturen werden nachhaltige
Entwicklungsprozesse behindert.
Die entwicklungspolitisch relevanten Folgen sind zahlreich und eng
miteinander verwoben.
Neben sozialen Folgen, wie der Gefährdung der indigenen Bevölkerung in den jeweiligen Anbaugebieten oder komplexen innerstaatlichen sozialen Spannungen zwischen Polizei, Drogenmafia
und Bevölkerung, haben Drogenanbau, -handel und -konsum auch
volkswirtschaftliche Konsequenzen. Davon berührt werden zum
Beispiel Arbeitsmarkt und Steuern oder die Finanzierung von Polizei
und Justiz. Zu den politischen Folgen zählen die Destabilisierung des
Staates, Begünstigung von Bürgerkriegen, Korruption und Kriminalität sowie Menschenrechtsverletzungen. Ökologische Folgen ergeben
sich beispielsweise aus der Abholzung des Regenwalds sowie durch
Vergiftung und Verseuchung von Böden und Gewässern, vor allem
durch drogenbekämpfende Maßnahmen. Schließlich gefährdet die
zunehmende Drogenabhängigkeit in den Anbauländern bestehende
Familienstrukturen.
Um diesen entwicklungspolitisch relevanten Folgen entgegenzutreten, wurden eine Reihe von Maßnahmen entwickelt: So unterstützt
die Entwicklungsorientierte Drogenpolitik nationale Strategien in
Entwicklungs- und Transformationsländern, um die negativen Folgen
des Drogenanbaus und -handels zu minimieren. Subventionen von
exklusiven Nischenprodukten werden als Alternativen zum Anbau
von Drogenpflanzen gefördert. Daneben gibt es repressive staatliche
Drogenvernichtungsmaßnahmen, die Teil eines strategischen Sicherheitskonzeptes sind.
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Drogen Macht Welt Schmerz
Weltweiter Drogenkonsum
Nach Angaben des UNO-Büros gegen Drogen und Verbrechen (UNODC), konsumierten im Jahr 2009 185 Millionen Menschen, das sind
drei Prozent der Weltbevölkerung, illegale Drogen. Die Mehrheit von
ihnen, nämlich 150 Millionen, konsumierten Cannabis. Es gab 15 Millionen Konsumenten von Opiaten, wie Heroin, Morphium oder Opium
und 13 Millionen Menschen nahmen Kokain.
Etwa 70 Millionen EU-Bürger haben mindestens einmal Cannabis konsumiert, 23 Millionen Menschen in den vergangenen zwölf Monaten.
Rund drei Millionen konsumieren fast täglich Cannabis. Damit bleibt
Cannabis die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Europa. An
zweiter Stelle folgt Kokain, das zunehmend Modedrogen, wie Ecstasy,
wieder ablöst. Vier Prozent aller erwachsenen Europäer haben schon
einmal das weiße Pulver geschnupft, gespritzt oder geschluckt.
Die meisten Drogenkonsumenten der Welt leben in den USA. Neben
Cannabis finden Kokain und synthetische Drogen einen großen Absatz.
Rund 40 Prozent der Amerikaner haben schon einmal Marihuana konsumiert. Seit 40 Jahren kämpft die US-Regierung gegen den Handel
und den Konsum von Drogen – jedoch ohne dauerhaften Erfolg.
In den Großstädten Afrikas stellt die wachsende Verbreitung von
harten Drogen ein gravierendes Problem dar. War Afrika zunächst nur
als Transitland für den internationalen Drogenhandel interessant, so
sind in den vergangenen Jahren afrikanische Drogenhändler massiv
in den internationalen Rauschgifthandel eingestiegen. Heute landet
ein Teil der Schmuggelware auf den lokalen Märkten. Die UN-Drogenkommission schätzt die Zahl der Kokainkonsumenten in Afrika
auf 1,1 Millionen.
In Asien steigt der Konsum dieser Rauschmittel mit wachsendem
Wohlstand. Aber auch in Afghanistan ist in den vergangenen Jahren
die Zahl der Drogenabhängigen dramatisch gestiegen. Eine Million
Afghanen greifen regelmäßig zu Opiaten, aber auch zu Marihuana
sowie Schmerz- und Beruhigungsmitteln. Der Anteil der Süchtigen
an der Bevölkerung ist demnach mit acht Prozent etwa doppelt so
hoch wie im weltweiten Durchschnitt. Auf der arabischen Halbinsel,
wie z.B. im Jemen, wird insbesondere die Droge Khat konsumiert.
In den Slums Südamerikas verbreiten sich zunehmend unter dem
Begriff „Paco“ Rauschmittel, die als Neben- und Abfallprodukte bei
der Kokainproduktion anfallen. Klebrige Brösel werden mit diversen
Substanzen gestreckt, z.B. mit Putzmitteln, Antibiotika und Rattengift. Eine Portion Paco kostet umgerechnet weniger als einen Euro.
Mittlerweile hat Paco das Leimschnüffeln ersetzt. Paco schädigt Lunge,
Herz, Leber und das Gehirn. Viele Süchtige leiden unter Psychosen,
die meisten werden gewalttätig.
Der andere Drogenbericht
Nigerianische Drogenbanden kontrollieren
heute bereits ein Fünftel des Heroinmarkts
in New York und haben z.B. auch den südafrikanischen Markt
weitgehend unter sich
aufgeteilt.
Seit es in Agentinien
Kokainküchen gibt,
verbreitet sich die
Billigdroge Paco. Die
argentinische Wirtschaftskrise von 2001
gilt mit als Grund.
Zehntausende sind von
der Droge abhängig.
Sieben Paco-Süchtige
sterben täglich.
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Vom Kokablatt zum Kokain
Anbau, Produktion und Transitrouten
Aus der Kokapflanze wird Kokain bzw. Crack hergestellt, indem die
frischen Blätter der Pflanze zunächst zu Kokapaste verarbeitet werden.
Dies findet vorzugsweise direkt in den Anbaugebieten statt. Durch die
Zugabe von Chemikalien wie Kerosin, Karbonaten oder Schwefelsäure
und das Stampfen oder Auspressen der Blätter wird die Kokapaste
gewonnen, die andernorts zu Kokain weiterverarbeitet wird.
Die Hauptanbaugebiete der Kokapflanze liegen in den südamerikanischen Staaten Kolumbien, Peru und Bolivien, besonders an den
Ostabhängen der Anden in Höhenlagen von 1.000 bis 2.000 Metern,
aber auch in den tropischen Tieflandgebieten Perus und den bolivianischen Yungas. In kleineren Einheiten (0,25 bis 0,5 Hektar) werden
– angepasst an die topographische Lage - durch Terrassenanbau Kokapflanzen kultiviert. Neben klimatisch günstigen Bedingungen sind
auch strukturelle Gegebenheiten mit verantwortlich für die dortige
Verbreitung der Kokapflanze: Die Unerschlossenheit großer Gebiete
in den Subtropen und die damit verbundene fehlende staatliche Kontrolle sowie ein hohes Angebot an Arbeitskräften, Ernteeinbrüche,
Wirtschaftskrisen oder politische Konflikte begünstigen den Anbau.
Die Schwäche staatlicher Strukturen fördert kriminelle Netzwerke.
Koka-Anbau und Konsum werden in Südamerika bereits seit circa
5.000 Jahren für medizinische und rituelle Zwecke betrieben und
haben daher traditionelle Wurzeln. Seit langer Zeit steigern Hochlandbauern und Bergwerksarbeiter ihr Durchhaltevermögen mit
Koka. Außerdem kann aus den Blättern Tee hergestellt werden, der
gegen die Höhenkrankheit hilft. Das Kauen der Blätter unterdrückt
das Hungergefühl.
Über die weltweit größten Anbauflächen verfügt mittlerweile Kolumbien, nachdem es seit den 90er Jahren zu einer Verschiebung der
Anbauregionen von Peru und Bolivien kam. Laut dem World Drug
Report 2009 ist die Gesamtanbaufläche von Koka um 8 Prozent
zurückgegangen und liegt nun bei 167.000 Hektar. Verantwortlich
dafür ist ein massiver Rückgang der Anbauflächen von 18 Prozent in
Kolumbien durch Vernichtungskampagnen. Aufgrund der traditionellen
Verwurzelung des Kokaanbaus ist die rechtliche Situation in den einzelnen Ländern unterschiedlich. Während der Anbau der Kokapflanze
in Kolumbien verboten ist und geahndet wird, herrschen in Bolivien
unterschiedliche Gesetze: Der Anbau für die Drogenherstellung ist
verboten, aber es gibt auch speziell ausgewiesene Zonen, in denen
der Anbau für traditionelle Konsumformen erlaubt ist. In Peru ist
der Kokaanbau grundsätzlich nicht illegal, wird jedoch von der halbstaatlichen Behörde ENACO (Empresa Nacional de Coca) überprüft.
In allen genannten Ländern ist aber die Herstellung von chemisch
veränderten Derivaten verboten.
Schätzungen der Interpol-Lyon zufolge gelangen jährlich etwa 150
Tonnen Kokain aus Südamerika nach Europa – teils über Transitländer, teils auf direktem Weg. Aufgrund ihrer geographischen Lage
zählen Venezuela, die Karibikstaaten, Brasilien, Ecuador und Mexiko
zu den bedeutendsten Transitstaaten. Venezuela bietet sich durch
seine benachbarte Lage und seine direkten Flugverbindungen nach
Europa als Transitland an. Die karibischen Inseln bieten den Dro6
Drogen Macht Welt Schmerz
genhändlern eine ideale geografische Ausgangslage, da sie günstig
zwischen Südamerika, den USA und Europa gelegen sind und nahezu
unmöglich überwacht werden können. Mexiko gilt als das wichtigste
Transitland für den Schmuggel in die USA. Der Drogenschmuggel
läuft zum Großteil über den Seeweg und den Luftweg ab. In Europa
zählen Spanien und die Niederlande zu den größten Einfallstoren für
geschmuggeltes Kokain aus Südamerika.
Seit 2009 kommt es vermehrt dazu, dass Schmuggelrouten geändert
werden, um US-amerikanischen und britischen Marinekontrollen zu
entgehen. Die Balkanstaaten, die eigentlich dem Heroinschmuggel
aus Afghanistan und Zentralasien nach Westeuropa dienten, werden
zunehmend auch für den Kokainschmuggel verwendet.
Oft sind es Staaten mit schwachen Regierungsstrukturen, die von
Drogenschmugglern als Transitländer bestimmt werden. Seit relativ
kurzer Zeit kommt es auch in Westafrika im sogenannten „eurafrikanischen Korridor“ dazu, dass Kokainvorräte angelegt werden, die von
dort entweder direkt oder über den Balkan nach Europa aber auch
nach Russland, Asien und Australien transportiert werden.
Vom Mohn zum Heroin
Anbau, Produktion und Transitrouten
Wie das latina-press
Nachrichtenportal berichtet, wurde in einem
Grenzfluss zwischen
Ecuador und Kolumbien
ein U-Boot beschlagnahmt, das offensichtlich für den Schmuggel
von Kokain durch den
Pazifik entwickelt wurde. Überrascht waren
die Beamten von der
Hightech-Ausrüstung
des Bootes. In den
letzten Jahren wurden vor den süd- und
mittel-amerikanischen
Küsten vermehrt UBoote mit Kokainladungen aufgehalten.
Heroin wird aus Rohopium, dem eingetrockneten Milchsaft des
Schlafmohns (papaver somniferum) gewonnen. Durch Röstung des
Rohopiums, Extraktion der Röstung und mehrmonatige Fermentation mit einem Pilz entsteht das rauchbare Opium: „Chandu“. Heroin
gewinnt man, indem das Morphium aus dem Rohopium extrahiert
und mittels einer chemischen Reaktion mit Essigsäure in Diacetylmorphin umgewandelt wird. Dieser Substanz gab man wegen seiner
„heroischen“ Wirkung den Namen Heroin. Es gibt zwei Hauptanbaugebiete für Schlafmohn: Das „Goldene Dreieck“ und den „Goldenen
Halbmond“.
Goldenes Dreieck
Das „Goldene Dreieck“ umfasst eine Region im Grenzgebiet der drei
Staaten Myanmar, Laos und Thailand, in der Schlafmohn zur Opiumbzw. Heroinherstellung angebaut wird. Der Name leitet sich zum
einen von der geometrischen Form der drei Länder ab, zum anderen
vom Gold, das chinesischen Händlern zu Beginn des Handels zur
Bezahlung diente.
Die Regierungen der Staaten des Goldenen Dreiecks gehen in unterschiedlicher Schärfe gegen den Mohnanbau vor. In Thailand, wo der
Anbau inzwischen illegal ist sowie in Laos bemühen sich die Regierungen, den Tourismus als Ersatzeinkommensquelle zu etablieren.
Seit 1996 sind in Laos Produktion, Handel und Gebrauch von Opium
strafbar, allerdings sind noch immer zehntausende Laoten opiumabhängig. Myanmar gilt nach wie vor als weltweit zweitgrößter Opiumproduzent nach Afghanistan. Das Opium stammt hier hauptsächlich
aus der autonomen „special region 2“ im Shan Staat im Nordosten
Myanmars. Laut einem Bericht des Büros der Vereinten Nationen zur
Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) aus dem Jahr 2009
ist der Mohnanbau in Südostasien inzwischen sehr zurückgegangen
Der andere Drogenbericht
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Das Opium gelangte
nach dem Sieg der
Kommunisten in China in die Region des
Goldenen Dreiecks,
als einige ethnische
Minderheiten aus China flohen, bei denen
das Rauchen von Opium eine lange Tradition hat. Opium stellte
für sie die wichtigste
Einkommensquelle
dar und so entstand
ein reger Handel. Als
der Absatzmarkt für
Rauschgift während
des Vietnamkriegs
Ende der 60er Jahre
stark anstieg, wurde
das Goldene Dreieck
immer bedeutsamer.
Auch nach Ende des
Krieges stieg die Produktion weiter an, da
die Nachfrage aus dem
Westen größer wurde.
und beträgt mit 34.000 Hektar nur noch ein Viertel der Produktionsmenge Afghanistans.
Thailand zählt aufgrund seiner verschwindend geringen offiziellen
Produktionsmenge nicht mehr zu den Mohnanbauländern. Dennoch
nehmen laut Zeitungsberichten illegaler Drogenhandel und -anbau
wieder zu. Obwohl Grenzkontrollen vermehrt wurden, kann Thailand
dem Problem kaum beikommen, wenn nicht die nördlichen Nachbarländer, sprich Laos und Myanmar, selbst wirksame Maßnahmen
ergreifen. Myanmar verzeichnete in den Jahren 2008 bis 2009 eine
Steigerung der Produktion von 11 Prozent. In Laos stieg die Produktion im Vergleich zum Vorjahr um 19 Prozent an, ist insgesamt mit
nur 1.900 Hektar aber relativ gering.
Heroin aus Südostasien wird vermehrt über Bangladesch geschmuggelt. Die geographische Lage des Landes an den Grenzen von Myanmar und Indien macht es für den Heroinschmuggel zu einem äußerst
günstigen Transitland. Drogenkuriere aus Pakistan, Autos und Züge
aus Indien, Schiffe über den Seeweg der Bucht von Bengalen oder
Überlandtransporte mit Lastwagen und öffentlichen Verkehrsmitteln
- es gibt zahlreiche Schmuggelwege für Heroin aus Myanmar und anderen südostasiatischen Staaten nach Bangladesch. Hauptumschlagsplatz ist – neben dem Flughafen – der Hafen von Chittagong. Bedient
werden hauptsächlich Südafrika und Kanada, die per Schiffstransport
gut erreicht werden können.
Goldener Halbmond
„Goldener Halbmond“ nennt man Asiens Hauptproduktionsgebiet
für illegales Opium. Die Gebirgszüge von Afghanistan, dem Iran und
Pakistan bilden die Halbmondform.
Nach einem aktuellen Bericht der UN stammen 93 Prozent des weltweit produzierten Opiums aus Afghanistan. Während in den 80er
Jahren das Goldene Dreieck (Myanmar, Laos und Thailand) den Drogenweltmarkt bediente, hat der Goldene Halbmond heute fast eine
Monopolstellung. Nahezu verdreifacht haben sich die Anbauflächen in
Afghanistan seit der Invasion durch die USA im Jahr 2001. Allein im
Jahr 2009 stieg der Ertrag um ein Drittel auf 8.200 Tonnen jährlich.
Weil die Nachfrage annähernd konstant geblieben ist, lagern die Taliban überschüssiges Opium als „Schwarzmarktdevise“ ein. Afghanische
Bauern erhalten etwa 122 Dollar für ein Kilogramm Rohopium. Die
Taliban verlängern die inländische Wertschöpfungskette, indem sie
das rohe Opium vor Ort direkt weiterverarbeiten: In einfachen Kesseln wird es mit kochendem Wasser und Kalk verrührt, dabei sinken
die meisten Pflanzenbestandteile zu Boden. An der Oberfläche bildet
sich eine graue Morphiumschicht. Das Morphium wird abgeschöpft,
mit Ammoniak gewaschen, gefiltert und in der Sonne getrocknet.
Die so entstandene Morphinbase ist nahezu geruchlos, formbar und
lässt sich bequem in Plattenform schmuggeln. Bis vor kurzem fand
die weitere, technisch aufwändige Verarbeitung zu Heroin weitgehend
im Ausland statt, hauptsächlich in der Türkei. Neuerdings rüsten jedoch auch afghanische Labore auf und stellen nicht nur Morphinbase,
sondern auch gelbes oder weißes Heroin her. Aus zehn Kilogramm
Opium wird etwa ein Kilogramm Heroin. Neben Heroin werden auch
Haschisch und Kokain im Goldenen Halbmond produziert.
80 Prozent des afghanischen Bestandes wird über die „Balkanroute“
nach Westeuropa geschmuggelt. Von Afghanistan führt der Schmug-
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Drogen Macht Welt Schmerz
gelweg über den Iran, die Türkei und die Balkanländer zu den verschiedenen Zielen in Westeuropa. Auch entlang dieser Route floriert
der Drogenmarkt. Ein Kilogramm Heroin kostet in Afghanistan selbst
2.000 bis 2.500 US-Dollar, an der Grenze zu Pakistan bereits 3.000,
im Iran schon 5.000 Dollar. Sobald das Heroin dann über die Türkei
Europa erreicht, kostet das Kilogramm 8.000 Dollar. Obwohl in der
Türkei und im Iran oft große Mengen an Drogen beschlagnahmt werden, landet der Großteil des Heroins in Europa. Nachdem es die Türkei
passiert hat, erreicht es Bulgarien, danach wird es über die anderen
Balkanländer hauptsächlich nach Deutschland und die Niederlande
transportiert, von wo aus es weiter nach Spanien, Großbritannien und
Frankreich geschmuggelt wird. In den Transitländern besteht neben
dem Konsum der Drogen auch das Problem der Bildung krimineller
Strukturen.
Die zweite, weniger frequentierte Route ist die „Seidenroute“, über
die das Heroin nach Russland oder auch Europa geschmuggelt wird.
Transitländer sind Usbekistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Kirgistan
und Kasachstan. In Europa wird es nach Polen, Tschechien und die
Balkanländer geliefert.
Afghanisches Heroin wird aber auch vermehrt über Indien nach Europa
und Nordamerika geschmuggelt. Hier wird der Landweg über Pakistan,
Nepal und Bangladesch genutzt. Die Stadt Mumbai hat sich zu einem
der wichtigsten Geschäfts- und Schmuggelzentren entwickelt.
Vom Hanf zu Haschisch und
Marihuana
Anbau, Produktion und Transitrouten
Die Cannabispflanze Hanf wird weltweit angebaut und begründet in
Bezug auf das Produktionsvolumen und die Konsumentenzahl den
weltweit größten illegalen Drogenmarkt. Dem Weltdrogenbericht
von 2009 zufolge steht Marokko mit der größten Anbaufläche von
60.000 Hektar an der Spitze, gefolgt von Mexiko, Paraguay und Kasachstan. Auch in Südafrika, Kolumbien, den USA und Kanada wird
Hanf in großem Stil angebaut. In Europa sind die bedeutendsten
Cannabisproduzenten die Niederlande, Albanien und die Schweiz. In
den Niederlanden wurde in den vergangenen Jahren der Gewächshausanbau erheblich ausgebaut. Obwohl in Albanien große Cannabisplantagen entstanden, bleibt Marokko der Hauptlieferant für den
europäischen Markt.
Die bekanntesten Verwendungsformen für Hanf sind Marihuana,
Haschisch und Haschischöl. Marihuana wird aus den getrockneten
weiblichen Blütenständen gewonnen und geraucht. Haschisch ist das
gepresste Harz, das geraucht oder in Speisen konsumiert wird. Aus
der Pflanze extrahiert wird Haschischöl verdampft und eingeatmet
oder gelutscht.
Lateinamerikanisches Cannabis wird entweder in die USA geschmuggelt oder über die karibischen Häfen nach Europa geschifft. Auch in
den mittleren und südlichen Ländern Afrikas wird Cannabis angebaut:
Hanfkraut aus den kleineren Staaten Lesotho, Malawi und Swaziland
wird über Südafrika mit Schiff oder Flugzeug nach Europa transporDer andere Drogenbericht
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tiert. Annähernd die Hälfte des beschlagnahmten Haschischs wird
in Spanien sichergestellt, gefolgt von Marokko und Frankreich. In
Pakistan wird neben landeseigenem Haschisch auch Cannabis aus
Afghanistan beschlagnahmt. In den vergangenen Jahren erlangten auch zentralasiatische Staaten wie Usbekistan, Turkmenistan,
Tadschikistan und Kasachstan als Produktions- und Transitländer
für Cannabis zunehmende Bedeutung. Diese „Seidenroute“ hat die
klassische „Balkanroute“ über den Bosporus uninteressant werden
lassen. In Europa sind Amsterdam, London und Kopenhagen Hauptumschlagplätze für Cannabisprodukte.
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Drogen Macht Welt Schmerz
Politische Folgen
Die Drogenwirtschaft beschädigt zielgerichtet demokratische Strukturen und schwächt systematisch die demokratische Entwicklung in
den Drogenanbau-, -produktions- und -transitländern.
Drogengelder finanzieren Wahlkampfkampagnen für Politiker aller
Lager und führen diese damit in eine dauerhafte Abhängigkeit. Polizei, Justiz, Politiker und Journalisten werden bestochen, korrumpiert
und eingeschüchtert. Elementare demokratische Grundrechte, wie
Pressefreiheit, Gewaltenteilung und freie Wahlen werden massiv
gefährdet und zum Teil außer Kraft gesetzt.
Mit Geldern aus dem illegalen Drogenhandel werden Waffen, Munitionen und Sprengstoff für terroristische Aktivitäten gekauft um
Staaten weltweit zu destabilisieren.
Verletzung von Menschenrechten, Destabilisierung des Staates
und Korruption am Beispiel Mexikos
Im Jahr 2002 haben
amerikanische Bundesermittler erstmals
direkte Verbindungen
zwischen dem Drogenhandel in den USA und
der Finanzierung von
Terroristen in Übersee
aufdecken können, wie
etwa die Hisbollah.
Dem mexikanischen Präsidenten Felipe Calderóns droht das staatliche
Machtmonopol zunehmend aus den Händen zu gleiten. In Mexiko führt
das Militär immer mehr Aufgaben der öffentlichen Sicherheit aus und
erhält Vorrechte, die ihre Autonomie stärken. Die in einer Demokratie
notwendige zivile Kontrolle über die Armee schwindet.
Besonders bedrohlich wirkt die Unvorhersehbarkeit der Abfolge, in
der ganze Regionen und Städte in den Griff der Drogenmafia fallen.
Mexikos Drogenkartelle expandieren auch in Richtung Süden und
destabilisieren damit auch andere Staaten. Die Provinz Huehuetenango im Norden Guatemalas an der Grenze zu Mexiko ist schon ganz
in der Hand des mexikanischen Golf-Kartells. Der guatemaltekische
Präsident Colom sandte im Dezember vergangenen Jahres tausende
Soldaten an die Grenze, damit das organisierte Verbrechen aus Mexiko
nicht noch andere Regionen des Staates unter Kontrolle nimmt.
Mexikanische Drogenbanden operieren in 41 Ländern. In Argen-tinien,
Paraguay, Venezuela, Bolivien und den mittelamerikanischen Staaten
haben sie bereits eine kriminelle Infrastruktur aufgebaut. Der Drogenhandel schwächt und beschädigt die Demokratien in Mittel- und
Lateinamerika.
Die UNO schätzt, dass bis zu 60 Prozent der mexikanischen Bürgermeister geschäftlich oder durch Freundschafts- oder Familienbeziehungen mit dem organisierten Drogenhandel verbunden sind. Korruption, die in Mexiko schon seit vielen Jahren verbreitet ist, hat durch
zunehmende Drogengeschäfte eine neue Dimension angenommen.
Die Gewinne aus dem Drogenhandel werden zu Teilen dazu genutzt,
die Kooperation oder das „Wegsehen“ der Behörden oder einzelner
Beamter zu erkaufen. Falls diese nicht bestechlich sind, kommen auch
Einschüchterungen und Todesdrohungen zum Einsatz. Während des
anhaltenden mexikanischen Drogenkriegs wurden schon tausende
Menschen ermordet, darunter zahlreiche Politiker, Justizbeamte und
Journalisten. Die Korruption hat auch auf die Polizei übergegriffen.
Jedes Jahr werden hunderte von Polizisten oder sogar ganze Einheiten
entlassen, die mit den Drogenhändlern Geschäfte gemacht haben.
Die Drogenkartelle erzielen aus dem Verkauf von Kokain, Heroin,
Marihuana und chemischen Drogen einen jährlichen Gewinn von
circa 250 Mrd. US-Dollar. Davon werden schätzungsweise 350 MilDer andere Drogenbericht
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lionen US-Dollar für die Korrumpierung von Behördenmitarbeitern
aufgewendet.
Afghanistans Drogenkarriere: Politische Abhängigkeiten und
Verstrickungen
Dem amtierenden Präsidenten Hamid Karzai wird Untätigkeit im
Kampf gegen den Drogenhandel vorgeworfen. Grund hierfür sei die
Verstrickung von hochrangigen afghanischen Politikern in die Drogenindustrie. Präsident Karzai verfügt über eine äußerst schwache Machtbasis, die er bei Laune halten muss, will er nicht die Unterstützung
der Legislative verlieren, die sonst seine Politik blockieren würde.
Es wird von der Versteigerung des Polizeipostens in Drogenanbaugebieten in
Afghanistan an den
Höchstbietenden berichtet. Eine sechsmonatige Ernennung mit
einem Monatsgehalt
von 60 US-Dollar kostet 100.000 US-Dollar, garantiert aber
die administrative und
polizeiliche Macht im
Distrikt.
Eine strengere Mahnung der westlichen Staaten erfolgt nicht, da die
afghanische Regierung sonst auf nationaler Ebene noch schwächer
erscheinen würde. Da der Süden des Landes weiterhin kaum staatlicher Kontrolle unterliegt, ist es für Mitglieder der politischen Gremien
- meist frühere Kriegsherren - relativ einfach, sich in einer ordnungspolitischen Grauzone zu bewegen und Profite aus der Drogen- und
Schattenwirtschaft rein zu waschen.
Politik, Verwaltung und Drogenmafia sind in Afghanistan von der
obersten bis zur untersten Distriktebene miteinander verwoben. Die
Polizei in den Drogenanbaugebieten ist hochgradig korrupt. So müssen Bauern für den „Schutz“ ihrer Mohnfelder zahlen oder es wird
Opium konfisziert und dann von der Polizei selbst weiterverkauft.
Auch für die Ausschaltung von Konkurrenz im Drogenhandel fließt
Schmiergeld an die Polizei.
Wirtschaftliche Folgen
Drogenökonomie
Produktion, Handel und Konsum von Drogen beeinflussen die
Ökonomie eines Staates, zum Teil sogar sehr ähnlich wie legale
wirtschaftliche Betätigungen. Die Drogenwirtschaft trägt zum Wirtschaftswachstum bei und schlägt sich in vielen Staaten deutlich im
Bruttoinlandsprodukt nieder. In Kolumbien sind es beispielsweise
etwa 8 Prozent. Einige Länder, wie zum Beispiel Peru und Bolivien,
hängen mitunter stark von der Drogenwirtschaft ab.
Der Anbau von Pflanzen für die Produktion illegaler Drogen führt zu
wirtschaftlicher Abhängigkeit und zur Ausrichtung der ökonomischen
Strukturen auf einen illegalen Markt. Durch die hohe Lukrativität des
Drogenhandels werden legale wirtschaftliche Aktivitäten vernachlässigt. Oft passen sich die lokalen, sozialen und politischen Strukturen
dieser Entwicklung an. Die Vermögensverteilung in einem Land verschiebt sich noch mehr zugunsten von Wenigen.
Für die Interessen des Staates ist diese einflussreiche Drogenökonomie ambivalent. Auf der einen Seite wird generell die staatliche
Zahlungsbilanz verbessert, genauso wie Dollarliquidität und Währungsstabilität. Investitionen durch Gelder aus dem Drogenhandel
können zudem legale Arbeitsplätze schaffen. Auf der anderen Seite
führt eine aus der Drogenökonomie resultierende Überbewertung der
nationalen Währung zu verringerten Exportchancen. Verschlechterte
Bedingungen für ausländische Investoren sowie die scheinbare NichtLukrativität legaler Geschäfte sind weitere Probleme. Die illegale Ge-
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Drogen Macht Welt Schmerz
winnabschöpfung der Drogenhändler kann vom Staat natürlich nicht
besteuert werden, das quasi-legale, „gewaschene“ Privateigentum
dagegen wird vom Staat besteuert und geschützt.
Volkswirtschaftliche Auswirkungen
Drogenkonsum und -handel wirken sich negativ auf die Leistungsfähigkeit und Produktivität einer Volkswirtschaft aus.
Dem Arbeitsmarkt geht mit den vornehmlich jungen Drogenopfern
wertvolle Arbeitskraft verloren. Gesundheitliche Folgeerscheinung
durch den Drogenkonsum belasten die Volkswirtschaft ebenso, wie die
Verfolgung von Drogenkriminalität durch Polizei, Zoll und Justiz.
Strukturelle Verzerrungen
Einnahmen aus der Drogenwirtschaft werden in der Regel nicht investiv und somit produktionsfördernd eingesetzt, sondern meist für
importierte Luxusgüter oder den Erwerb von Ländereien und Immobilien. Auch wenn die Drogenökonomien das Bruttoinlandsprodukt eines
Landes erhöhen, geht das Geld nie in nachhaltige breitenwirksame
Entwicklungen. Überhaupt ist es meist nur ein sehr geringer Teil der
Gewinne, der wieder in das Erzeugerland zurückfließt. Diese Gewinne können in strukturschwachen Ländern interne Wirtschaftskrisen
durch den allgemein erhöhten Geldumlauf für Dienstleistungen zwar
zeitweilig abfedern, langfristig jedoch helfen sie weder das Investitionsvolumen zu erhöhen, noch strukturelle Wirtschaftsprobleme zu
lösen. Generell führen große Mengen an illegalem Geld zu inflationärem Druck für die nationale Wirtschaft und zu strengeren Gesetzen.
Dies wiederum kann zu höheren Zinsraten und zur Verdrängung
legaler privater Investitionen führen.
Mindestens 30 Prozent
des Vermögens aller
Kolumbianer gehört
den Drogenhändlern.
Ein Drittel aller Importe
nach Kolumbien werden mit Drogengeldern
bezahlt. Der Erlös aus
dem Drogenschmuggel
für die mexikanischen
Kartelle – bei einer
Gewinnmarge von rund
80 Prozent – liegt bei
rund 40 Milliarden USDollar. Nach den Gewinnen aus der nationalen Erdölproduktion
ist der Drogenhandel
damit die zweitwichtigste Einkommensquelle
Mexikos.
Wirtschaftliche Schwächung auf Mikroebene
Die Drogenökonomie beeinflußt natürlich nicht nur gesamtwirtschaftliche Prozesse und Entwicklungen, sondern hat gerade für die
Kleinbauern in den jeweiligen Produktionsländern schwerwiegende
Folgen, insbesonders wenn sie nicht an ihr beteiligt sind. Aufgrund
der starken Dynamik des Drogengeschäfts kommt es zu Preisschüben bei anderen Gütern, wie zum Beispiel bei Nahrungsmitteln,
Vieh, Weide- und Ackerland oder Futter. Oft sind die für den Kokaund Mohnanbau geeigneten Flächen identisch mit den traditionellen
Anbaugebieten für die kleinflächige Landwirtschaft, die wiederum
für die lokale Versorgung der Bevölkerung unabdingbar sind. Der
Fokus auf die illegale Drogenwirtschaft führt zur Vernachlässigung
anderer Wirtschaftszweige und kann zum Beispiel dazu führen, dass
der Lebensmittelbedarf nicht durch eigenen Anbau im Land gedeckt
werden kann.
Soziale Folgen
Kriminalität und Gewalt
In Boomzeiten der Kokaproduktion erfüllte sich für manche Kleinbauern und Migranten der Traum vom schnellen Geld. Die Kehrseite dabei
ist, ein Ausbeutungs- und Gewaltverhältnis zu kriminellen Organisationen des Drogenhandels, auf das sich eingelassen werden muss.
Der andere Drogenbericht
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Das Drogengeld wird oft zur Finanzierung weiterer illegaler Aktivitäten
verwendet. Es wird beispielsweise für den Bau von Casinos und Bars
benutzt, die wiederum Prostitution und Spielsucht fördern.
Ein unmittelbares Problem der Drogenproduktion ist die steigende
Zahl der Drogenabhängigen in den Anbauländern und die damit einhergehende Beschaffungskriminalität. In Myanmar begehen immer
mehr Männer Diebstähle oder verkaufen Drogen, um ihre Abhängigkeit zu finanzieren. Auch in Transitregionen, wie in Westafrika oder
der Karibik, sind eine erhöhte Zahl von Kokainmissbrauch und drogenbezogene Straftaten, u.a. auch Geldwäscheaktivitäten zu verbuchen.
Die Gegenmaßnahmen des Staates bzw. der Polizei bewirken häufig
eine Verschärfung der Situation.
Anstrengungen, Drogenhändler zu verhaften und ihre Organisationen
zu zerschlagen, münden in neue Gewalt. Wird ein Kartell zerschlagen,
ergibt sich für ein anderes die Gelegenheit für ein neues Geschäft,
das mit Gewalt seine Kontrolle über den Dogenhandel verteidigt.
Gesundheitsgefährdung
Die wohl stärkste Bedrohung für Leib und Leben stellt die zunehmende
Abhängigkeit von im Land selbst produzierten Drogen dar. Galten früher die Entwicklungsländer als Anbauregionen und die Industrieländer
als Konsumzentren, so hat sich dies etwas gewandelt. In Pakistan und
im Iran konsumieren mehr als drei Millionen Menschen regelmäßig
Heroin. In Thailand war der Anbau von Mohn zwar zurückgegangen,
der Drogenmissbrauch im eigenen Land jedoch erschreckend angestiegen. In Lateinamerika wird in steigendem Maße Kokain in den
billigeren, aber weitaus gefährlicheren Formen „Crack“ und „Basuco“
konsumiert. Vor allem in den Armutsvierteln der riesigen Metropolen
breitet sich die Drogenszene rasant aus.
Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass 40 Prozent
der AIDS-Erkrankungen auf den gemeinsamen Gebrauch von Injektionsnadeln zurückzuführen sind. Während Lateinamerika hierbei eine
eher untergeordnete Rolle spielt, sind gerade die Entwicklungsländer
Asiens und Afrikas betroffen. In Asien gehen bis zu 70 Prozent der
Neuinfektionen auf Drogenkonsum zurück. Die betroffenen Länder
liegen zumeist auf der Haupthandelsroute von Afghanistan nach Europa. Zwischen 150.000 und 250.000 Heroinkonsumenten soll es in
Burma geben, ebenfalls vordringlich entlang der Handelsrouten.
Armut
Obwohl mit Produktion und der Handel von Drogen sehr viel Geld
erwirtschaftet, bleibt dieses nur den wenigen Drogenbossen am Ende
der Wertschöpfungskette vorbehalten.
Die im Drogenanbau tätigen Kleinbauern begeben sich in ein starkes Abhängigkeitsverhältnis zu den Zwischenhändlern. Auch bei
Preisschwankungen oder Ernteausfällen müssen sie liefern. Um ihre
Schulden begleichen zu können, bleibt den Bauern teilweise nichts
anderes übrig, als ihren Besitz oder gar ihre Töchter zu verkaufen.
Die Annahme, dass Drogenbauern wohlhabend sind, ist in den meisten
Fällen falsch. Den Drogenbauern gelingt es nicht, durch Koka- oder
Schlafmohnanbau ihren wirtschaftlichen Status nachhaltig zu verbessern. Die Anbaugebiete sind häufig abgelegen. Bewohner leiden
unter Unterernährung, Kindersterblichkeit und Analphabetismus und
sind von politischen und gesetzlichen Rechten ausgeschlossen.
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Drogen Macht Welt Schmerz
Binnenflüchtlinge
Im Dezember 2000 begann eine große Militäraktion in Verbindung
mit einer massiven Besprühung der Felder aus der Luft, dem sogenannten „Plan Colombia“. Die Menschen flüchteten aus ihren
Gebieten, entweder in die Elendsviertel der Städte oder in andere
ländliche Regionen. Dies führte in Kolumbien zu mehr als 2 Millionen
Binnenflüchtlingen.
Familie und Bildung
Der Zusammenhalt von Familien wird gefährdet. Insbesondere Frauen und Kinder sind körperlicher und verbaler Gewalt der abhängigen
Männer ausgesetzt. Kinder werden vernachlässigt und Schulgebühren
können nicht mehr bezahlt werden. Die Versorgung der Familie ist
nicht mehr sichergestellt. Gerade mittel- und perspektivenlose Jugendliche lassen sich leicht zum Drogenhandel verführen, der ihnen
einen kleinen Nebenverdienst ermöglicht. Diese Jugendlichen geraten
dann immer weiter in den Sog der Kriminalität, oft werden sie auch
mit Drogen bezahlt und geraten so selbst in die Abhängigkeit.
Indigenen Bevölkerung
Der Drogenanbau ist eng mit Kulturzerstörung verbunden. Obwohl
es verschiedenen indigenen Bevölkerungsgruppen über Jahrhunderte hinweg gelungen ist, ihre Kultur zu bewahren, ist heute in vielen
Fällen ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Existenz gefährdet.
Ihre oft schwer zugänglichen Gebiete sind begehrte Flächen für die
Drogenmafia. Gegen bewaffnete Gruppierungen, die sich aus dem
Drogenhandel finanzieren, haben die Indigenen keine Chance.
Die Menschen in den
Anbaugebieten Vietnams haben das niedrigste Haushaltseinkommen des gesamten
Landes. In Pakistan
ist es die Hälfte des
Landesdurchschnitts,
in Afghanistan beträgt
das Geldeinkommen
der Mohnbauern nur
wenig mehr als einen
Dollar pro Tag und
Haushaltsmitglied.
Die Tarahumara, ein Indianervolk aus dem Norden Mexikos, sind
beispielsweise täglich in Auseinandersetzungen mit der Drogenmafia
verwickelt. In Baborigame, in Mexiko, werden pro Woche drei bis vier
Indigene von Killerkommandos der Drogenmafia ermordet. In weniger
gravierenden Fällen werden sie gezwungen ihr Land zu verlassen oder
für den Drogenanbau zur Verfügung zu stellen.
Ökologische Folgen
Die Abholzung des Regenwaldes für Drogenpflanzungen, die Behandlung der Pflanzen mit Dünger und Herbiziden, toxische Abfälle
aus der Drogenproduktion und die großlächige Besprühung von
Drogenfeldern mit Vernichtungsmitteln verursachen schwerwiegende
ökologische Schäden.
Die Gesamtfläche der Koka-Pflanzungen in Kolumbien, Bolivien und
Peru beträgt circa 200.000 Hektar. In den andinen Hochländern führt
die Rodung zu Bodenerosion, die das natürliche Wasserreservoir der
Waldböden zerstört. Dies bedroht Biodiversität und Wasserversorgung.
Auch chemische Substanzen beeinträchtigen die Wasserqualität.
Vor allem bei großflächigem Drogenanbau kommt es zu massivem
Einsatz von Fungiziden, Herbiziden, Pestiziden und Kunstdünger. Für
die Kokainherstellung in den Anden fallen jährlich circa 600 Millionen
Liter Chemikalien an, die nicht legal entsorgt werden können. Pro
Hektar Kokapflanzen würde dies zwei Tonnen hoch toxischer CheDer andere Drogenbericht
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mieabfälle, wie Petroleum, Schwefelsäure, Kalk, Karbid und Toluol
entsprechen.
Die größten Umweltschäden werden vermutlich jedoch durch Maßnahmen zur Drogenbekämpfung verursacht. Kolumbien ist weltweit
das einzige Land, in dem Drogenpflanzungen aus der Luft mit den
nervenschädigenden Herbiziden Glyfosat, Tebuthioron und Exazinon
besprüht werden. Diese Herbizide dringen in das gesamte Ökosystem
ein, wo sie Kautschuk-, Kakao- und Nahrungsmittelpflanzungen sowie
Seen und Sümpfe verseuchen. Das Besprühen von Drogenpflanzungen führt auch mittelbar zu ökologische Folgeschäden: So weichen
die Bauern, um dem Gift zu entgehen, in entlegene Gebiete aus. Die
ungenutzten Flächen dienen daraufhin Grundbesitzern als Viehweiden,
was weitere Entwaldung nach sich zieht. Wenn der Anbau in schwer
zugängliche Regenwaldgebiete verlagert wird, kommt es zu einer
Fragmentierung der Anbauflächen, die zu einer schnelleren Zerstörung auch großer Flächen führt. Umweltschäden oberhalb der 3.000
Metergrenze sind mittlerweile nicht mehr rückgängig zu machen.
In den Naturschutzgebieten Zentralamerikas breiten sich immer mehr
mexikanische Drogenkartelle aus. Der Petén in Guatemala, die größte
Regenwaldreserve der Region, ist besonders betroffen: In den Jahren
2007 und 2008 gingen jeweils 23.000 Hektar Regenwald verloren.
Auch wenn das Land vordergründig für Landwirtschaft und Viehzucht
verwendet wird – tatsächlich dient es als Zwischenlager der Kartelle,
als Mohn-Anbaufläche und für Produktionslabore.
Auch die Sierra Tarahumara im Nordwesten Mexikos ist bedroht. Sie
bildet ein Ökosystem mit der größten Biodiversität Nordamerikas
– und stellt eines der größten Drogenanbaugebiete der Welt dar. An
der Nordgrenze kontrollieren die Narcotraficantes gewaltige Ländereien, die ihnen als Basis für den Drogenschmuggel mit Kokain
südamerikanischer Herkunft dienen. In entlegeneren Gebieten wird
auf den gerodeten Flächen Cannabis und Schlafmohn angebaut.
Artenreichtum sowie der Bestand des gesamten Ökosystems sind
aufgrund der fortschreitenden Rodung massiv gefährdet.
Maßnahmen gegen Drogenanbau
Entwicklungsorientierte Drogenpolitik
Seit den UN-Sondergeneralversammlungen zur Drogenkontrolle in
den Jahren 1998 und 2009 wird ein hohes drogenpolitisches Engagement der internationalen Gemeinschaft gefordert. Die Bundesregierung will mit ihrem Programm Entwicklungsorientierte Drogenpolitik
(EOD) die negativen individuellen und gesellschaftlichen Folgen von
Drogenproduktion und -handel minimieren. Das Programm setzt an
thematischen Schnittstellen, wie ländlicher Entwicklung, Krisen- und
Armutsprävention und Gesundheitsförderung an. Dabei nimmt es
auch eine Vernetzungs- und Beratungsfunktion ein, plant Pilot- und
Kleinprojekte und unterstützt deutsche und internationale Partnerinstitutionen.
Ein besonderes Augenmerk gilt der Entwicklung von Alternativen im
Kontrast zu repressiven Maßnahmen der Drogenkontrolle. Hierbei
liegt der Focus auf der Reduzierung des Drogenanbaus sowie der
Verbesserung der Lebensbedingungen in den Anbaugebieten. Dazu
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Drogen Macht Welt Schmerz
gehören die Sicherung der ökonomischen Lebensgrundlagen, die
Förderung physischer und sozialer Infrastruktur, Institutionenförderung und Kommunikation, Kooperation und Koordination zwischen
staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen. Um die Rahmenbedingungen schon im Vorfeld abschätzen und regionale Programme
darauf zuschneiden zu können, arbeitet die EOD mit der sogenannten
Drogen-Profil-Analyse. Dabei werden Drogenökonomie, Produktion,
Handel und Konsum und deren Auswirkungen in der jeweiligen Region
vorab untersucht.
Als Alternative zum Opiumanbau in Afghanistan wird von anderen
Organisationen z.B. versucht, den Anbau von Safran zu etablieren. Um
ein Gramm Safran zu erzielen, müssen 200 Knospen der Krokuspflanze „Crocus Sativus“ gepflückt werden. Ein Kilogramm Safran höchster
Qualität erzielt 1.000 Euro. Um die Produktion zu steigern, werden
Jahr für Jahr entstehende Tochterknollen der Pflanze verpflanzt. Über
ein Kleinkreditsystem können die Bauern den Anbau finanzieren: Sie
bekommen die Knollen kostenlos, müssen aber fünf Jahre lang jedes
Jahr 20 Prozent der Ernte an die Organisation abgeben.
Plan Colombia: Staatlicher Drogenkrieg
Der Plan Colombia ist ein Programm der kolumbianischen Regierung,
das die Armee legitimiert, im „Drogenkrieg“ für polizeiliche Zwecke
aktiv zu werden. Er gilt als Teil eines durch die USA entwickelten
strategischen Sicherheitskonzepts für den amerikanischen Kontinent.
Die USA bewilligten 3,7 Milliarden Dollar Militärhilfe und planten im
Jahr 2004, ihr Militärpersonal in Kolumbien zu verdoppeln. Die Folgen
der Drogenbekämpfungsmaßnahmen sind verheerend für Umwelt
und Gesellschaft: So werden vermeintliche Kokapflanzungen - hauptsächlich im Besitz der Guerillaorganisation FARC - mit einer Vielzahl
an Pflanzenvernichtungsmitteln (Pilze und Herbizide) besprüht, was
dazu führt, dass jeweils neben zwei Hektar Drogenpflanzungen auch
ein Hektar Wald und Nutztflächen vernichtet werden. Davon sind
vorwiegend arme Bevölkerungsgruppen betroffen.
Der andere Drogenbericht
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Quellen und weiterführende Literatur
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(Eschborn, Sept. 2001), www.gtz.de
„Der Markt der Drogen“, Klaus Stempel, Bundeskriminalamt Wiesbaden
„Entwicklungsorientierte Drogenkontrolle - Politik, Strategien, Erfahrungen
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für Technische Zusammenarbeit (Hrsg.) (Eschborn, Januar 2004)
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Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung in HSFK-Report 5/2004,
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„Kolumbien in der Sackgasse: Demokratie zwischen Drogenkartellen,
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„Paco macht aus Menschen schlagartig ein Wrack“, Camilla Landbö in weltonline (29.06.2010), www.welt.de
„Kokainkonsum in Europa nimmt dramatisch zu“, Claudia Ehrenstein in weltonline (22.11.2007), www.welt.de
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auf welt-online (24.01.2008), www.welt.de
„Koks für die Welt – Wie der Drogenhandel Staaten in Lateinamerika zerstört“,
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„Narcos auf Expansionskurs“, Andreas Heinrichs auf Quetzal Online-Magazin
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Der andere Drogenbericht
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