con moto 2004/05 - Deutsche Bank Stiftung
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con moto Akademie Musiktheater heute 2004/05 „Die Akademie bietet einen sinnvollen Rahmen zur gezielten Förderung und zum spartenübergreifenden Austausch.” Engagement bestärken Wir freuen uns, bereits den vierten Stipendiatenjahrgang in der Akademie Musiktheater heute begrüßen zu können. Die im Jahr 2001 gegründete Akademie für Kulturmanager, Dirigenten, Regisseure und Dramaturgen hat sich inzwischen zu einer festen Größe im Bereich der Nachwuchsförderung im Musiktheater etabliert. Die ersten Stipendiaten blicken nun auf das zweijährige Programm zurück und können Bilanz ziehen. Die durchweg positiven Rückmeldungen bestätigen unser Konzept: Die Akademie bietet einen sinnvollen Rahmen zur gezielten Förderung und zum spartenübergreifenden Austausch. Der gemeinsame Besuch herausragender Inszenierungen, die Gelegenheit zu Werkstattgesprächen, die zahlreichen Treffen und Begegnungen sollen dabei helfen und dazu ermutigen, über den Horizont des eigenen Arbeitsalltags hinaus zu denken. Die Akademie bietet den Freiraum, die eigenen Projekte zu reflektieren und die grundsätzliche Frage zu diskutieren, wie die Kunstform Oper auch im 21. Jahrhundert mit Leben erfüllt werden kann. Wir freuen uns über die Erfolge, die unsere Stipendiaten in ihrer Arbeit vorweisen können und sind dankbar, dass sie sich mit Kreativität und dem Mut zur eigenen Interpretation der Oper widmen und ihr geben, was sie verdient: Auseinandersetzung und Freude gepaart mit Professionalität und Leidenschaft. Wir freuen uns, dass wir als Publikum davon profitieren dürfen. Dr. Tessen von Heydebreck Mitglied des Vorstands der Deutsche Bank AG Stipendiaten 04 Willkommen … 4/5 Sparte: Dirigieren Sparte: Regie Sparte: Intendanz Sparte: Dramaturgie Alexander Adiarte Jörg Behr Christoph Gaiser Dorothea Hartmann geboren 1975 in Minneapolis. Studierte Dirigieren an der Hochschule für Musik in Leipzig, Violine an der Yale School of Music und Musikwissenschaften am Yale College in Amerika. Musikalische Assistenz bei der Jungen Oper Stuttgart und Künstlerischer Leiter des Synchronie Ensemble für Neue Musik, Leipzig. Gastdirigate u.a. mit dem Ensemble Modern in Frankfurt, mit The New Fromm Players in Amerika und bei der Gruppe Junge Musik in Leipzig. Dirigierte Mozarts „La Clemenza di Tito“ und „Suor Angelica“ von Puccini an der Hochschule für Musik in Leipzig. Stipendiat des Tanglewood Music Festival sowie Stipendiat des Kompositionsseminars an der Internationalen Ensemble Modern Akademie. geboren 1972 in Bremen. Studierte Musiktheater-Regie an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg und Violine an der Hochschule der Künste in Bremen. 1997–2004 Regieassistent und Spielleiter an der Staatsoper Stuttgart, u.a. bei Jossi Wieler, Martin Kusej, Joachim Schlömer, Christof Nel, Hans Neuenfels und Peter Mussbach. Praktika am Nationaltheater Mannheim, der Oper Kiel, der Staatsoper Berlin und dem Bremer Theater. Regie am Jungen Forum Musiktheater Hamburg („Zaide“/Mozart/Berio), an der Staatsoper Stuttgart („Mezzozauber“), am Theater Freiburg („Arianna“/ Marcello) und („Hyperion“/Madernas). Für „Hyperion“ erhielt er 2003 den Götz-Friedrich-Preis. Am Theater Krefeld/Mönchengladbach folgt 2005 Strawinskys „Geschichte vom Soldaten“. Sparte: Dirigieren Brett Alan Austad geboren 1974 in Minneapolis. Studium der Musikwissenschaft an der Yale University in Amerika und der Freien Universität Berlin sowie Orchesterdirigieren an der Hochschule für Musik Dresden. 2003 musikalische Leitung von Phillip Glass’ „In the Penal Colony“ an der Sächsischen Staatsoper Dresden sowie bei den Musikfestspielen Bardou, Frankreich. Seit 1999 verschiedene Konzertdirigate u.a. mit dem Orchester des Staatstheaters Kassel, der Neubrandenburger Philharmonie und dem Orchester des Landestheaters Detmold. Carl Maria von Weber-Stipendium sowie Stipendiat des Dirigentenforums des Deutschen Musikrates. Musikalische Assistenz beim „Ballettabend Uwe Scholz” an der Sächsischen Staatsoper Dresden 2003. Von 20012003 Künstlerischer Leiter und Dirigent des Kammerorchesters Heidenau, Dresden. Sparte: Intendanz Thomas Ellenberger geboren 1974 in Zürich. Dirigierstudium an der Hochschule der Künste in Berlin sowie Chorleitungsstudium an der Hochschule für Musik und Theater in Bern. Derzeit Betriebswirtschaftsstudium an der Universität St. Gallen (HSG). Seit 2003 Leiter des Projekts „Uni goes Opera“ an der Universität St. Gallen sowie Dirigent beim Universitätsorchester. 1999–2000 Korrepetition und Nachdirigate für „Traumfresserchen“ von Wilfried Hiller, Hans Otto Theater Potsdam. Dirigent u.a. bei den Berliner Symphonikern, dem Filmorchester Babelsberg und der Brandenburgischen Philharmonie Potsdam. Praktikum als musikalischer Assistent und Korrepetitor an der Deutschen Oper Berlin sowie in der Dramaturgie am Theater St. Gallen. geboren 1975 in Spaichingen. Studium der Musikwissenschaft, Journalistik und Komparatistik an der Universität Leipzig. Promotionsstudium an der HumboldtUniversität zu Berlin. Praktika in der Pressestelle des Gewandhauses zu Leipzig, beim Südwestrundfunk, DeutschlandRadio, beim Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt und zuletzt beim Bayerischen Staatsballett. Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Sparte: Regie geboren 1975 in Heidenheim a.d. Brenz. Studium der Schulmusik an der Musikhochschule Freiburg sowie Studium der Germanistik in Tübingen, Freiburg und Wien. Seit November 2003 Dramaturgieassistentin am Nationaltheater Mannheim. Dort u.a. Mitarbeit bei „Ascanio in Alba“, „Ernani”, Familienkonzerten und Konzertreihen. Regieassistenz: „LOL-Laugh out Loud“, WorkShop Theater Company New York. Dramaturgische Hospitanzen: „La Traviata“, Theater Basel, „Cosi fan tutte“, „Mozartwoche 2003“, Nationaltheater Mannheim. Autorin mehrerer Programmhefte und Artikel für das Nationaltheater Mannheim. Marcelo Cardoso Gama geboren 1969 in São Paulo. Studierte Klavier am Konservatorium der Stadt Tupã, Kammermusik am Konservatorium der Stadt Wien und Musikwissenschaft an der Universität Wien. Regieassistenzen u.a. am Serapions Theater Wien, an der Wiener Staatsoper („Das Tagebuch der Anne Frank“/ Grigori Frid) an der Neuen Oper Wien ( „Marco Polo“/ Tan Dun) und am Opernhaus Zürich („Mitridate, Re di Ponto“/ Mozart). Tätigkeit als Sänger, Schauspieler u.a. am Theater in der Josephstadt und am Serapions Theater, Lehrtätigkeit u.a. in Wien und an der Bühnenwerkstatt Graz sowie Musikleiter und Komponist beim Projekttheater-Studio Wien-New York und beim Bernhard Ensemble. Sparte: Dramaturgie Tina Hartmann geboren 1973 in Stuttgart. Studium der Neueren Deutschen Literatur, Kunstgeschichte und der Vergleichenden Literaturwissenschaft an der EberhardKarls-Universität in Tübingen und der University of Kent in Canterbury, England. Begabtenförderung und Promotionsstipendiatin der Friedrich-EbertStiftung, Promotionspreis der Universität Tübingen für eine Arbeit über „Goethes Musiktheater“. Derzeit wissenschaftliche Angestellte sowie Librettistin für Lucia Ronchettis Oper „Last Desire“. 2003/2004 Stipendiatin des Forum Neues Musiktheater, Stuttgart. 2003 Lektoratsassistentin beim Prestel-Verlag und Hospitanz an der Staatsoper Stuttgart. Stipendiaten 04 … Stipendiaten 2004 – 2006 6/7 Sparte: Dramaturgie Sparte: Dirigieren Sparte: Regie Sparte: Intendanz Katharina Kost Tilman Michael Mathilde Reichler Verena Thole geboren 1973 in Ludwigshafen. Studierte Klavier an der Staatlichen Hochschule für Musik in Karlsruhe und am Koninklijk Konservatorium Brüssel, Musikwissenschaft und Philosophie an der Universität Heidelberg. Derzeit Promotion zum Thema „Das tragico fine auf venezianischen Opernbühnen des späten 18. Jahrhunderts“. Stipendiatin der Friedrich-Naumann-Stiftung. Seit 1999 freie konzertdramaturgische Tätigkeit, u.a. für das Philharmonische Orchester Heidelberg. 1998–2001 Mitarbeit bei der „Marionettenoper im Säulensaal“ am Musikwissenschaftlichen Seminar Heidelberg. 1997–1998 Dramaturgieassistentin (Oper) am Nationaltheater Mannheim. 2002–2003 Musikdramaturgin des Theaters der Stadt Heidelberg. geboren 1975 in Stuttgart. Studierte Violoncello und Dirigieren an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Künstlerische Ausbildung im Fach Dirigieren an der Hochschule für Musik in Köln. Derzeit Assistent des Chordirektors an der Hamburgischen Staatsoper und bei den Bayreuther Festspielen. 2002 Chordirektor und Korrepetitor an der Jungen Oper der Staatsoper Stuttgart, 2001 Korrepetitor der Jeunesses Musicales Schloss Weikersheim („La Bohème”) unter der Leitung von Yakov Kreizberg. Einstudierung u.a. der Opern „Fidelio”, „Eugen Onegin”, „Rosenkavalier”, „Wozzeck” und „Dialogues des Carmélites” an der Hamburgischen Staatsoper. geboren 1976 in Genf. Studierte Klavier und Musiktheorie an der Musikhochschule in Genf sowie Musikwissenschaft und russische Sprache und Literatur an der Universität Genf. Derzeit Promotion über das Rezitativ in der russischen Oper des neunzehnten Jahrhunderts. Seit 2003 Assistentin des Lehrstuhls für Musikwissenschaft an der Universität Genf. Regie und Szenographie für die „Dreigroschenoper“ und „Orphée aux Enfers“ am Théâtre de l’Alhambra in Genf. 2004 Regie bei „Moskau-Tscherjomuschki“ (Dmitri Schostakowitsch) am Casino-Théâtre-Genf. Mitwirkung bei diversen Chören und Ensembles. 2003 Arbeit für die Rundfunksendung „Nota Bene“ (RSR) sowie für die Zeitung „La Tribune de Genève“. Mitarbeit in der Dramaturgie der Oper Genf. Sparte: Dirigieren Sparte: Regie Pavel B. Jiracek geboren 1981 in Hannover. 1999–2002 Studium Musicology an der University of Oxford. Derzeit Studium der Musik- und Medienwissenschaft und Amerikanistik an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover. Freier Mitarbeiter der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Regiehospitanz bei Peter Konwitschny an der Staatsoper Hannover. Praktika u.a. bei der Konzertdirektion Schmid, beim Lucerne Festival und an der Staatsoper Hannover. International Academic Scholarship und Honorary Music Scholarship, Eton College. Hauptrollen bei zahlreichen Theater- und Musicalproduktionen in Eton und Oxford. Alessandro Ratti geboren 1976 in Genua. Studium der Anglistik, Musikwissenschaft und Kunstgeschichte an der Albert-Ludwig-Universität in Freiburg sowie an der Hochschule für Musik in Parma, dort auch Tätigkeit als Stimmführer beim Philharmonischen Stadtorchester. Spezialkurs „Barockvioline“ an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin. Verschiedene Dirigate als Assistent in Frankreich, Spanien, Deutschland, Schweiz und Italien. Tätigkeit als (Barock-) Geiger bei verschiedenen Ensembles und Orchestern, u.a. Rias-Jugend-Orchester Berlin. Stipendiat der Richard-Wagner-Stipendienstiftung 2003. Sparte: Intendanz Benjamin Sahler geboren 1973 in Stuttgart. Studium der Musiktheaterregie an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg und der Betriebswirtschaftslehre an der Fernuniversität Hagen. Derzeit Aufbaustudium Kulturmanagement an der Fernuniversität Hagen. Seit 2003 Regieassistent und Abendspielleiter am Anhaltischen Theater Dessau. Produktionsassistent am Stadttheater Minden, Spielleiter Musiktheater am Südostbayerischen Städtetheater Passau/Landshut. Eigene Inszenierungen u.a. „Castor et Pollux“ (Rameau), „Don Pasquale“ (Donizetti), „Der Kaiser von Atlantis“ (Viktor Ullmann) und „Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat“ (Andrew Lloyd Webber). Praktika u.a. beim Nationaltheater Mannheim, Deutsche Oper Berlin, Finnische Nationaloper Helsinki, Bühnen der Stadt Köln. geboren 1978 in Cloppenburg. Studium Musikwissenschaft, Kulturmanagement und Kunstgeschichte an der Hochschule für Musik in Weimar, der Friedrich-Schiller Universität Jena, der Universität Leipzig sowie Musik am Goldsmiths College London. Seit 2003 Praktikum und Assistenz am Deutschen Nationaltheater und der Staatskapelle Weimar. Weitere Praktika beim Kunstfest in Weimar und bei der Deutschen Oper Berlin. Assistenz in der Opernschule an der Hochschule für Musik in Weimar. Sparte: Regie Karsten Wiegand geboren 1972 in München. Studium der Neueren Deutschen Literatur, Politischen Wissenschaften und Betriebswirtschaftslehre an der Ludwig-MaximiliansUniversität München und der Freien Universität Berlin. Inszenierungen: „Orfeo ed Euridice“ (Christoph Willibald Gluck), Oper Krakau, Goethes „Faust I“ (gemeinsam mit Julia von Sell) und „Käthchen von Heilbronn“ (Heinrich von Kleist), Deutsches Nationaltheater Weimar, „Verbrechen und Strafe“ (Fjodor M. Dostojewskij) und „Das Maß der Dinge“ (Neil LaBute), Staatstheater Stuttgart sowie „Kampf des Negers und der Hunde“ (BernardMarie Koltès) in Passau. Dramaturgie, Textfassung und Produktionsleitung bei Projekten mit Thomas Thieme u.a. für das Kunstfest Weimar. 1994–1996 Dramaturg für Schauspiel am Hans Otto Theater Potsdam. Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Jury 2004 „Wir müssen aufpassen, dass die Bürokratie und das Ringen ums Geld nicht alles andere dominiert. Man muss sich auf die Kunst konzentrieren.” Guy Montavon Wichtig ist die eigene Haltung 8/9 „Was muss bei der Erstellung der Spielpläne der Opernhäuser Erfurt und Frankfurt/Main beachtet werden?” und „Was bedeutet La Travia’ ta‘ in der heutigen Zeit für mich?“ – so lauteten die Aufgaben für die Bewerber in den Sparten Intendanz und Regie – Aufgaben, die sehr unterschiedlich gelöst wurden. Die Juroren der Akademie Musiktheater heute wechseln in der Regel jedes Jahr, es sind führende Leute auf ihrem Gebiet: Intendanten, Chefdramaturgen, Dirigenten und Regisseure. In diesem Jahr waren unter anderem dabei: Guy Montavon, Generalintendant des Theaters Erfurt und Sebastian Baumgarten, Chefregisseur in Meiningen und freier Regisseur für Schauspiel und Oper. Karajan sagte einmal: „Musik ist der Liebesweg von einer Note zur anderen“. Der Regisseur muss die Musik kennen, um sie den Mitarbeitern und dem Publikum näher zu bringen. Die Musik gibt das Tempo vor, ein Mangel an Tempo führt zu einer schlechten Inszenierung. Musikalische Leitung und Regie sollten sich so früh wie möglich zusammen setzen und über mögliche Interpretationsansätze sprechen. Herr Montavon, Sie haben in diesem Jahr die Stipendiaten der Sparte Intendanz mit ausgewählt. Was sind die Anforderungen an jemanden, der im Bereich Management/Intendanz arbeiten möchte? Guy Montavon: Junge Musiktheaterleute sollten über folgende Eigenschaften verfügen: Weitsicht, kulturelle Bildung, volle Einsatzbereitschaft, Grundkenntnisse in Arbeitsrecht und Betriebswirtschaft, Mitarbeiterführung, gutes Führungsverhalten. Zudem sollten Sie sich – wenn sie an ein Haus kommen – sehr früh mit dem jeweiligen Standort und seinen kulturellen Traditionen auseinander setzen. Wie wichtig ist es, dass die musikalische Leitung und die Regie sich über eine Produktion austauschen. Zu welchem Zeitpunkt sollte das passieren? Guy Montavon: Regisseure müssen die Sprache der Musiker sprechen können. Herr Montavon: Sie sind selbst Musiker, haben auch mit bekannten Regisseuren gearbeitet, selbst inszeniert bzw. inszenieren noch. Wie wichtig ist es für den Intendanten eines Opernhauses, etwas vom Fach zu verstehen? Guy Montavon: Etwas vom Fach zu verstehen halte ich für eine unbedingte Voraussetzung für diese Arbeit. Der Kontakt zur Basis, also auch zum technischen Personal, ist überaus wichtig. Es ist von großem Vorteil, sich auszukennen, zu wissen, wer für welche Aufgabe geeignet sein könnte – auch bei der Requisite oder Garderobe. Es entsteht so auch ein ganz anderer Umgang mit den Mitarbeitern. Ein Intendant, der weiß, wie die Abläufe funktionieren, wird stärker respektiert. Fronten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern kommen so nicht zustande bzw. können schneller abgebaut werden. Wichtig ist dieses Gefühl: Man arbeitet gemeinsam an einem Projekt. Die Dynamik, die dadurch ent- steht, sorgt für eine positive Arbeitsatmosphäre. Und das strahlt natürlich auch auf die Gäste aus. Als Generalintendant des jüngsten Theaterneubaus in Deutschland interessiert uns Ihr persönlicher Blick in die Zukunft: Welches sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen, vor denen die Opernhäuser in Deutschland stehen? Guy Montavon: Es geht um nichts weniger als um das Überleben der künstlerischen Qualität. Die Zuschüsse werden immer geringer, die Intendanz gerät in eine immer größere Abhängigkeit von der Politik, von der Kommunalpolitik. Die Aufgaben eines Intendanten sind breit gefächert. Wir müssen aufpassen, dass die Bürokratie und das Ringen ums Geld nicht alles andere dominiert. Man muss sich auf die Kunst konzentrieren. Diesen Aspekt darf man nicht aus den Augen verlieren. Dabei ist es wichtig, junge Menschen schon früh für Kunst und Kultur zu begeistern. Meiner Meinung nach sollte ein Theater- oder Opernbesuch auf jedem Schullehrplan stehen. Jury 2004 Bemerkungen zum Musiktheater heute Sebastian Baumgarten, Chefregisseur des Meininger Theaters, freier Regisseur Schauspiel und Oper 10/11 Es ist ernsthaft schwer zu sagen, ob alle Ambitionen und Unterstützungen, die dem Musiktheater zu teil werden, wirklich dazu führen, dass das Musiktheater heute noch – jenseits einer ornamentalen, historischen Bedeutung oder Reproduktion von Kunstfertigkeiten – eine politische, soziale, gemeinstiftende Relevanz hat. Im Repertoire der Opernhäuser dominiert ein Musiktheater, das sich brav an dem geschlossenen Werkbegriff orientiert, immer fleißig auf der Suche nach der x-ten Neudeutung des Stoffes, den blutigen Skandal markttechnisch förderlich einkalkulierend. Wenn einzelne Produktionen herausragend werden, erreichen sie, dass man den Figuren ihr Tun und Handeln in dieser bemerkenswerten Ausdrucksform abnimmt und die Realität den biederen Theaterrealismus überragt. Aber trotzdem kreist das Denken eben vielfach um Figuren und dramatischen Vortrieb, als gälte es, die kontinuierliche Erzählung des Bürgertums noch linear abzubilden. Genau dieses Denken ist auch Grundlage jeder deutschen Regieausbildung. Das Problem ist nur, dass die Erzählung des Individuums der Gegenwart eben anders, diskontinuierlich verläuft. Der heutige Mensch ist der flexible Mensch. Harte Brüche kennzeichnen seine Biographie. Diese Tatsache muss doch dazu führen, andere Formen der Darstellung zu suchen, um eben diesem Prozess theatralisch standzuhalten. Das Schauspiel hat es geschafft, sich mit der Aufgabe des geschlossenen Werkbegriffs diesen Tatsachen in seinen postheroischen, postdramatischen Ansätzen anzunähern. So kann es möglicherweise bald wieder relevant werden, sofern die Gesellschaft sich endlich eingestehen kann, dass die Erwerbslosigkeit die bestimmende Mutter einer reichhaltigen Freizeit sein wird. Denn: Was wird der Mensch mit seiner vielen Freizeit dann anfangen? Für mich kann das Ziel einer solchen Akademie im Sinne einer wirklichen Akademie nur sein, zur Grundlagenforschung mit jungen Sächsische Staatsoper Dresden, Gespräch zu „Wozzeck” Theaterleuten aufzufordern. Die gewonnenen Erkenntnisse einer ernsthaften Arbeit am Neubegriff des Musiktheaters müssen in die Hochschulen und Universitäten eingebracht werden und damit sollte sich dann auch endlich die Ausbildung verändern. Regiehandwerk ist kein stehender Begriff, sondern er verändert sich permanent mit der Gesellschaft. Jury 2004 Funktion Sparte Karen Kamensek GMD, Städtische Bühnen Freiburg Dirigieren Roland Kluttig Dirigent Dirigieren Sergio Morabito Dramaturg Staatsoper Stuttgart Dramaturgie Barbara Beyer freie Regisseurin Dramaturgie Guy Montavon Generalintendant des Theaters Erfurt Intendanz Bernd Loebe Intendant der Oper Frankfurt am Main Intendanz Prof. Dr. Peter Mussbach Intendant der Staatsoper Unter den Linden, Berlin Regie Sebastian Baumgarten Chefregisseur des Meininger Theaters, freier Regisseur Schauspiel und Oper Regie Programm 2004 Sechs Tage im Ausnahmezustand Sommerworkshop bei den Opern-Festspielen in München 12/13 Unten, auf Münchens Straßen, zeigt das Thermometer mehr als 30 Grad im Schatten. Oben, im Dachgeschoss der Kammerspiele, in einem schönen, fast nur aus Glas bestehenden Tagungsraum, ist es noch heißer. Die Stipendiaten der Akademie Musiktheater heute sind dennoch hellwach. Seit drei Tagen kommen sie hier zusammen. Am Abend werden sie Charles Gounods Oper „Roméo et Juliette“ besuchen, in einer Inszenierung des Regisseurs Andreas Homoki. Gerade haben Cordula Däuper und Kristina Gerhard eine kurze Einführung gegeben, zum Komponisten, zur Werkgeschichte, zur Aufführung und den daran beteiligten Künstlern. Jetzt wird das Stück kritisch auseinander genommen. Die vier großen, alles dominierenden Duette von Romeo und Julia – sind die einander nicht allzu ähnlich? Langweilig, sagt ein Teilnehmer, geradezu lähmend! Ein anderer hält dagegen: Es kann keine Entwicklung geben, denn dies ist die Vision einer von Anfang an vollkommenen Liebe. Kein Defekt also, wohl aber eine Herausforderung für die Inszenierung. Solche Fragen zu diskutieren, dafür sei die Akademie ein idealer Rahmen. Hier gehe es um grundsätzliche, um inhaltliche Programm 2004 14/15 Aspekte, sagt der 29jährige Peter Tilling, der als Dirigent am Badischen Staatstheater Karlsruhe beschäftigt ist. Die Tagungen seien eine Bereicherung für alle, die wie er selbst in der täglichen Arbeit stark von konkreten Problemen der musikalischen Umsetzung beansprucht sind. Natürlich besteht auch die Arbeit am Theater aus ständigem Lernen. Aber hier in der Akademie lernt man anders, intensiver, konzentrierter, frei von den Zwängen eines Hauses und dem Druck der nächsten Produktion. Für den Regisseur Hendrik Müller ist am Wichtigsten, was durch die Akademie angestoßen wird, was sich nebenbei entwickelt. Dem Dramaturgen Olaf Schmitt hat er von einem Projekt erzählt, das in der Schublade lag und auf den entscheidenden Anstoß wartete. „Olaf hat ein paar Fragen gestellt – und da hat's bei mir gezündet!“ Julia Glesner, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit am Theater Erfurt wird vielleicht einmal Intendantin. Ob's klappt, weiß der Himmel. Aber wenn – „dann habe ich die wichtigste Erfahrung hier schon gemacht: Ich habe 45 spannende Menschen kennengelernt und begriffen, wer mit wem wie zusammen passt. Ich könnte heute auf der Stelle ein großartiges Team aufstellen!“ Sechs Tage, von Montag bis Samstag, arbeitet die Akademie Musiktheater heute im Rahmen der OpernFestspiele in München. Tagsüber stehen Gespräche mit Künstlern, Dramaturgen, mit Marketing- und Verwaltungsexperten auf dem Programm. Am Abend geht's in Aufführungen. Die Opernbesuche werden mit Gästen, in internen Diskussionen und Referaten vor- und nachbereitet. Je 15 Stipendiaten der Lehrgänge 2002– 2004 und 2003–2005 besuchen die Aka– demie. Viele haben bereits ein erstes Engagement, einige arbeiten frei, manche studieren noch. Wenn irgend möglich, macht jeder die gesamten sechs Tage mit. Eine Woche am Stück, eine Mischung aus Intensivkurs und Ausnahmezustand. Schon morgens um acht, beim Frühstück im Inszenierungsgespräche im Dachgeschoss der Kammerspiele Hotel, fangen die Gespräche über die Oper an. Nachts um zwölf, beim Bier nach der Aufführung, sind sie noch nicht zu Ende. Sollen wir nächstes Jahr nicht auch ein kleineres Haus besuchen? Wo Prominenz und Prestige vielleicht weniger im Vordergrund stehen und sich alles auf die Kunst konzentriert? Und was war mit der Inszenierung vom Vorabend? Glucks „Orphée et Eurydice“ in der Fassung von Hector Berlioz, auf die Bühne gebracht von Amir Housseinpour und Nigel Lowery. Hat niemanden richtig überzeugt. Macht nichts – auch Auseinandersetzung mit „Schwachpunkten” ist Inspiration. „Ich habe 45 spannende Menschen kennengelernt und begriffen, wer mit wem wie zusammen passt” Julia Glesner Zur Konzeption der Festspiele: Dr. Hella Bartnig, Chefdramaturgin der Staatsoper, mit Michael Münch, Geschäftsführer der Akademie Musiktheater heute Programm 2004 Gesehen und Gehört Gemeinsame Inszenierungsbesuche, interne Referate und Gespräche mit Künstlern und Intendanten bilden den Schwerpunkt des Akademieprogramms. Einmal im Jahr steht zudem der Besuch eines mehrtägigen Festivals an. 2004 besuchte die Akademie folgende Festivals, Häuser und Inszenierungen: 16/17 23. November 2004, Künstlerhaus Mousonturm Frankfurt 19. – 21. Juni 2004, Staatsoper Hannover 20. – 22. Februar 2004, Sächsische Staatsoper Dresden Festakt der Akademie Musiktheater heute. Werkstattgespräch u.a. mit: Jörn Arnecke, Bernd Loebe, Prof. Heiner Goebbels, Cornelius Meister, Juliane Votteler Inszenierungsbesuche: „Al gran sole carico d’amore“, „Fragmente-Stille, an Diotima”, „Der Tod und das Mädchen“, „20th Century Blues“. Gespräche mit: Albrecht Puhlmann, Johannes Harneit, Jürg Henneberger, Björn Jensen Inszenierungsbesuche: „Wozzeck”, „In the Penal Colony”. Gespräche mit: Sebastian Baumgarten, Hans-Georg Wegner, HansJoachim Frey, Prof. Gerd Uecker, Carsten Ludwig, Brett A. Austad 21. – 24. Oktober 2004, Steirischer Herbst in Graz Inszenierungsbesuche: „...ce qui arrive...”, „Fidelio”, RSO Konzert Wien. Gespräche mit: Peter Oswald, Wolfgang Hofer, Franck Ollu, Dominique Gonzales-Foerster, Rainer Mühlbach, Bernd Krispin, Isabelle Mundry, Christian Scheib 13. – 16. April 2004, Staatsoper Stuttgart Inszenierungsbesuche: „Infinito Nero”, „Die Zauberflöte”. Gespräche mit: Andreas Breitscheid, Andrea Scheufler, Hans Tränkle, Prof. Klaus Zehelein, Juliane Votteler 19. – 24. Juli 2004, Sommerworkshop München 2. – 4. April 2004, Wiener Staatsoper Münchner Opernfestspiele / Inszenierungen: „The Rape of Lucretia”, „Orphée et Eurydice”, „Roméo et Juliette”, „Pelléas et Mélisande”, „Rodelinda”. Gespräche mit: Dr. Hella Bartnig, Maurice Lausberg, Bettina Schimmer, Ingrid Zellner, Ivor Bolton, Paul Daniel, Richard Jones, Rainer Karlitschek, Deborah Warner, Prof. Cornel Franz, Natascha Ursuliak, Martina Weber, David Alden Besuch der Orchesterhauptprobe zu „Parsifal”. Gespräche mit: Ioan Holender, Christine Mielitz, Donald Runnicles, Dr. Georg Springer 24. – 26. Juni 2004, La Monnaie, Brüssel Inszenierungsbesuche: „Mozart/ Concert Arias. Un moto di gioia – 1992“, „Tannhäuser“. Gespräche mit: Anne Teresa De Keersmaeker, Jacques Peeters, Luk Van Den Dries, Bernard Foccroulle, Kazushi Ono, Daphne Kitschen, Remi Beelprez 16. – 19. März 2004, Opernhaus Zürich, Schauspiel Zürich Inszenierungsbesuche: „O.T. – eine Ersatzpassion”, „La Grande Duchesse de Gerolstein”. Gespräche mit: Christoph Homberger, Alexander Pereira, Gudrun Hartmann, Nikolaus Harnoncourt 28. – 29. Februar 2004, Berlin Arbeitswochenende der Stipendiaten 2002 – 2004. Konzertbesuch Berliner Philharmoniker: Die Mittagshexe op. 108 (Dvorák), Stabat mater op. 53 (Szymanowski), Symphonie Nr. 4 EsDur „Romantische” (Bruckner). 30. Januar – 1. Februar 2004, Berlin Arbeitswochenende der Stipendiaten 2003–2005. Inszenierungsbesuch: „Die Tote Stadt”, Staatsoper Unter den Linden. Gespräche über: „Musiktheater und Neue Medien”, „Der Theaterraum als Aufführungsort”, „Status Quo des öffentlich-rechtlichen Musiktheaters in Deutschland”, „Musiktheater Quo vadis?” 29. – 30. Dezember 2003, Schauspiel Frankfurt Inszenierungsbesuch: „Landschaft mit Entfernten Verwandten”. Gespräche mit: Prof. Heiner Goebbels, Franck Ollu Geschäftsführung und Programmleitung bei der Arbeit: Frank Trümper, Sonja Ecker, Catherine Sondermann, Michael Münch „Nichts ist dauernd als Veränderung – dies ist das Motto des Festaktes 2004. Die Akademie hat sich in der Tat verändert in den vergangenen Jahren: ihr Netzwerk ist gewachsen, bei Planungen von Veranstaltungen an den einzelnen Häusern müssen wir nicht mehr umständlich erklären, wer wir sind. Inhaltlich hat sich die Akademie aber auch durch Anregungen unserer Kuratoren, Stipendiaten und Alumni entwickelt. Der Vorsatz für die nächsten Jahre: weiter gute Gespräche ermöglichen, Fragen stellen, Dinge ausprobieren. Auf das Akademie-Jahr 2005 und die Arbeit mit „alten“ und neuen Stipendiaten freue ich mich schon.“ Sonja Ecker „Die Akademie sehe ich für unsere Stipendiaten als eine große Chance, in Kontakt mit Menschen und Materie zu reifen und somit eine eigene, zukunftsfähige Vision für das Musiktheater zu entwickeln. Und der persönliche Beitrag unserer Stipendiaten ist wiederum eine kontinuierliche Befruchtung der Akademie.“ Catherine Sondermann „Ich bin immer wieder gerne bei den Veranstaltungen der Akademie dabei – das Eintauchen in eine andere Welt ist faszinierend und das Engagement unserer Stipendiaten kann ich nur bewundern.” Michael Münch „In einer Welt mit TÜV- geprüftem BungeeJumping und gemanagten Alters-VorsorgePlänen erscheint die Oper als das letzte echte Abenteuer. Was könnte es Ehrenhafteres geben, als junge Menschen bei diesem atemberaubenden Leichtsinn zu unterstützen?” Frank Trümper Förderpreise 2004 Eszter Szabó Wie passen Beethoven und Kertész zusammen? 18/19 Ein Mal während ihres Stipendiums können sich die Stipendiaten der Akademie Musiktheater heute für einen Förderpreis der Akademie bewerben. Sie erhalten einen Zuschuss zu einem eigenen praktischen Projekt, das sie gemeinsam mit einem Kultur-Partner realisieren. An der Fidelio-Produktion der Internationalen Musikfestspiele im Chiemgau auf Gut Immling feilten gleich zwei Stipendiaten, die Regisseurin Eszter Szabó und die Dramaturgin Hannah Dübgen, die sich bei der Akademie Musiktheater heute kennen lernten. Was reizt Sie an der Oper „Fidelio” in der heutigen Zeit? Hannah Dübgen Hannah Dübgen: Zwei Grundthemen der Oper, politische Gefangenschaft sowie partnerschaftliche Liebe und Treue, sind gerade in der Verstrickung, wie wir sie in „Fidelio” vorfinden, auch heute noch von Bedeutung. Zudem reizte uns, die internen Spannungen in diesem Werk heraus zu arbeiten, das neben großartiger Musik auch Einiges enthält, was uns – fast 200 Jahre nach der Uraufführung – fragwürdig erschien. Ziel war es, die Oper ernst zu nehmen, ihr Raum zur Entfaltung zu geben und gleichzeitig einen zeitgenössischen Blickwinkel zu ermöglichen, der sich mit demselben Thema beschäftigt, aber aus einer anderen Perspektive und einer anderen historischen Erfahrung heraus. Als Verfahren bot sich eine Montage an. In die Oper wurden Texte aus dem Roman „Liquidation“ des ungarischen Nobelpreisträgers Imre Kertész eingefügt. Eszter Szabó: Was für mich an der Oper „Fidelio” spannend ist, ist die Kombination von zwei Faktoren: einerseits die Behandlung eines hochspannenden Themas der menschlichen Existenz, wie verändert sich die Kostümentwurf von Wiebke Horn Liebe in Krisensituation, und die Frage nach der inneren Unabhängigkeit. Auf der anderen Seite die Fremdheit, der fast ideologische Kommentar Beethovens, die Diskrepanz zwischen seinem Idealismus, seiner aufklärerischen Utopie und unserer historischen und allgemeinen Lebenserfahrung. Die Hauptfiguren der Oper sind eindeutig als Helden gezeichnet, die wissen, auf welcher klaren religiös-moralischen Basis sie stehen, und welche ideologische Antwort und Tat die Krisensituation, in der sie stecken, verlangt. Florestan steht ungebrochen zu seinen rebellischen Ideen auch in der Isolationshaft und Leonore versucht ihren Mann – ihrem Pflichtgefühl folgend – durch eine hochriskante Aktion zu retten. Unsere Erfahrung mit zwei verschiedenen totalitären Systemen des 20. Jahrhunderts und die mit ihnen verbundenen psychologischen Phänomene sowie unser heutiges Verhältnis zur Religion stellt einiges der Beethovschen Sichtweise in Frage. Die Heldenrolle bekommt als solche andere Schattierungen. Für diese Differenzierung der Motivationen der Hauptfiguren brauchten wir für die Inszenierung eine Parallelgeschichte, die wir – wie Hannah schon sagte – im Roman „Liquidation“ von Kertész gefunden haben. Inszenierung zu integrieren, die die Ausschnitte aus dem Roman von Kertész vortrugen. Eszter Szabó: Wir präsentierten in der Oper zwei Perspektiven: einerseits die Beethovsche, in der der Weg zur Wahrheit durch menschlich-ethische Perfektion führt, und andererseits die von Kertész, bei dem die Akzeptanz des Scheiterns die einzig wahre Alternative ist. Die zwei Perspektiven wurden durch die Verdoppelung der Hauptfiguren dargestellt. Die Sängerin Leonore und der Sänger Florestan vertraten den heroischen, die Schauspielerin Leonore und der Schauspieler Florestan den reflektierten Anteil der Figuren. Dabei war es für mich ein besonderer Reiz, im „Opernfeld“ mit Schauspielern zu arbeiten. Es war besonders spannend, die zwei Paare in einer gemeinsamen Tanzszene zusammen zu flechten, in der sich die zwei Perspektiven gekreuzt haben. Was war das Spezifische an der Aufführung in Gut Immling? Hannah Dübgen: Das Musikfestival im Chiemgau bietet sowohl besondere Möglichkeiten als auch Herausforderungen. Es bestand die Chance, mit jungen, begabten und motivierten Sängern zu arbeiten. Dank der Unterstützung durch den Förderpreis war es außerdem möglich, zwei Schauspieler in die Bühnenmodel von Wiebke Horn Förderpreise 2004 Förderpreise 2004 fast aggressiv affirmativ wirkenden zweiten Finale. 20/21 Was haben Sie an Ihrer Zusammenarbeit besonders geschätzt? Hannah Dübgen: Eszter ist eine außerordentlich genaue, tiefe und selbstkritische Denkerin, die sich intensiv mit dem „Fidelio”-Stoff auseinandergesetzt hat – immer in dem Versuch, ihn mit der Welt von heute in Verbindung zu bringen. Für uns beide war schnell klar, dass der Reiz im Musiktheater heute darin liegt, nach einer genauen Lektüre und großem Respekt für ein Meisterwerk wie „Fidelio” auch Zweifel zuzulassen, was die dort proklamierten Gefühle und Tugenden angeht. Zweifel, die Beethoven stellenweise selbst gespürt hat – man denke an das Quartett, wo die vier Figuren wunderbar zusammen singen und dabei auf denkbar starrsinnigste Weise aneinander vorbei reden. An anderen Stellen jedoch schien Beethoven diese Zweifel gewaltsam zerstreuen zu wollen, beispielsweise in dem Eszter Szabó: Ohne das starke Bedürfnis, zu dem vom Stück aufgeworfenen Thema eine eigenständige öffentliche Aussage machen zu wollen, macht die Regiearbeit keinen Sinn. Zu dieser heiklen Angelegenheit braucht man ein Gegenüber, das zum einen zum freien Gedankenspiel inspiriert. Zum anderen ist es wichtig, dass dieses Gegenüber gleichzeitig als „kreativer Filter“, als eine Art „disziplinierender Spiegel“ wirkt. Dies sind für mich die wichtigsten Funktionen und Eigenschaften eines Dramaturgen. Hannah war in diesem Sinne eine ideale Partnerin, die mit ihrem Wissen, Artikulationsund auch Einfühlungsvermögen eine sichere, aber auch tolerante Stütze war. Unsere Unterschiede bezüglich Biografie, Herkunft, Sozialisation und Temperament haben die Aus– einandersetzung mit dem Stück spannend gefärbt. Wie kam es zu der Zusammenarbeit zwischen Ihnen beiden? Hannah Dübgen (lacht): Wir haben uns auf dem Festakt letztes Jahr kennen gelernt, bei dem die alten und neuen Stipendiaten noch etwas trinken gegangen sind, nachdem der offizielle Teil vorbei war. Eszter und ich kamen ins Gespräch, verstanden uns auf Anhieb sehr gut, und irgendwann, nach vielen Themen und Ideen, fragte sie mich: „Hannah, wie findest du eigentlich Fidelio‘?“ Wir vereinbarten ’ ein Treffen für die folgende Woche, um diese Frage ausführlicher zu diskutieren und haben auf diesem Weg einige neue Cafés in Berlin entdeckt … Ziemlich bald fragte mich Eszter, die von Immling ein Angebot für „Fidelio” bekommen hatte, ob wir nicht zusammen arbeiten wollten. Da habe ich nicht lange gezögert. Für ihre „Freischütz”-Bearbeitung wurden Regisseur Andreas Bode und Dramaturg Robert Sollich mit dem Förderpreis ausgezeichnet. Bei dem musikalischen Germano-Western für Schauspieler und Sänger nach „Der Freischütz” von Carl Maria von Weber und Friedrich Kind hatte Titus Engel die musikalische Leitung inne. Die Produktionsleitung übernahm Swantje Gostomzyk. Premiere war am 19. November 2004 auf Kampnagel in Hamburg. Ein ungewöhnliches Projekt initiierten Anna Shefelbine und Brigitte Witzenhause mit der Musiktheateruraufführung „Artikulation Ligeti +++“ im Studio der Akademie der Künste in Berlin. Für die musikalische Leitung der Produktion im Grenzbereich zwischen Installation und Musiktheater erhielt Anna Shefelbine den Förderpreis der Akademie. Premiere war am 19. September 2004. Für die Erarbeitung eines neuen Konzepts für die Oper „Fidelio” von Ludwig van Beethoven beim 8. Internationalen Musikfestival im Chiemgau auf Gut Immling erhielt Produktionsdramaturgin Hannah Dübgen den Förderpreis der Akademie Musiktheater heute. Regie führte Eszter Szabó. Die Premiere war am 16. Juli 2004. Die Regisseurin Kristina Wuss inszenierte die lettische Erstaufführung der Händel-Oper „Rinaldo” auf Schloss Rundale bei Riga. Die Inszenierung war ein Geschenk der Deutschen Botschaft an die Republik Lettland. Premiere war am 11. Juli 2004 im Grünen Theater des Schlosses. Markus Neumeyer wurde für die Produktion „Miss Marple in concert. Mord nach Maß“ mit dem Förderpreis ausgezeichnet. Er übernahm auch die musikalische Leitung. Premiere war am 26. Mai 2004 in der Romanfabrik in Frankfurt am Main. Für die musikalische Leitung bei der Produktion „The Bear” von William Walton am Musiktheater am Revier, Gelsenkirchen, wurde Askan Geisler im Januar 2004 mit dem Förderpreis der Akademie Musiktheater heute ausgezeichnet. Stipendiaten 2003 „Die Zeit der Primadonnen ist vorbei“ Wünsche und Hoffnungen Voraussetzung für gutes Musiktheater ist die Zusammenarbeit zwischen Intendanten, Regisseuren, Dramaturgen und Dirigenten auf allen Ebenen: Musik, Text, Licht, Bühne, Bewegung – sowohl von Personen als auch in der Musik – machen diese Kunstform so vielschichtig, aber auch so schwierig. Die Akademie möchte mit ihrer spartenübergreifenden Arbeit zu Kommunikation und Austausch anregen. 22/23 „Ich hoffe inständig, dass die Zeiten der Primadonnen – der inszenierenden wie der dirigierenden – vorbei sind. Wenn am Abend Bühne und Graben sich feindlich gesonnen lediglich coexistieren, gehe ich frustriert nach Hause. Ich wünsche mir (für meine eigene Arbeit, aber auch als Publikum) gemeinsam von szenischer und musikalischer Leitung erdachte und entwickelte Umsetzungen der Partituren auf der Bühne. Mit Lust in das Stück eintauchen, sich widersprechen, ergänzen, streiten – immer miteinander kommunizierend – und irgendwann wieder auftauchen mit einer Lesart, die nur durch alle Beteiligten zusammen entstehen konnte. Unsere Theaterstrukturen sind einer solchen Arbeitsweise selten gewogen. Aber wir können darauf hinarbeiten, und die Akademie kann der Nährboden für ein solches Zusammenarbeiten sein.“ Hendrik Müller, Regisseur Ich wünsche mir ein Musiktheater der Proben UND der Aufführungen: oft genug führen Proben zu ganz anderen Ergebnissen als zu denen, die man am Abend nutzen kann. Umgekehrt wünsche ich mir Zeit, innere Ruhe und Vertrauen in die Leistung eines Ensembles, um selbst laufende Produktionen immer wieder zu verbessern. Ich wünsche mir, dass es um Musik UND um Theater geht: häufig kommt die Musik zu kurz (genauso gut könnte ich sagen: oft wird das Theatralische vernachlässigt). Ich wünsche mir Regisseure, die Sinn für Klang, Harmonik und Instrumentation haben, Sänger, die Empfinden für Form bekommen, ohne das Singen zu verlernen, Musiker, die ihr optisches Talent nicht begraben, das Denken nicht vergessen und auf der Suche nach dem Drama in der Musik sind (hat nichts zu tun mit Lautstärke, Tremolo etc.). Ich wünsche mir für Akteure wie für Publikum ein Niveau, dass das „Rand”– Repertoire neben Gängigem bestehen lässt: das Bekannte wird bereichert und das Neue und Unbekannte ist nicht denkbar ohne das Repertoire.“ Peter Tilling, Dirigent „Ich wünsche mir ein Musiktheater, in welchem das Alte belebt wird, ohne ihm Gewalt anzutun, und das Neue als Bedürfnis empfunden wird. Die Stipendiaten 2003 Cordula Däuper Regisseurin, Diplominszenierung: „Die Büste des Tiresias” von Poulenc. Hannah Dübgen Freie Dramaturgin, letzte Inszenierung: „Fidelio” beim 9. Internationalen Musikfestival im Chiemgau. Verschiedene Publikationen. Ferenc Gábor Freiberuflicher Dirigent u.a. in Deutschland, Russland, Rumänien, Ungarn und Costa Rica. Lehrbeauftragter, Hochschule für Musik „Hanns Eisler”, Berlin. Kristina Gerhard Regisseurin, eigene Regiearbeiten: „Die schöne Müllerin”, „La chute de la maison Usher”, „Die Soldaten” und „Offene Zweibeziehung”. Szenisches Diplom mit „Onegin” (Januar 2005), Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Heribert Germeshausen Seit September 2004 Leitender Dramaturg für Musiktheater am Theater der Stadt Koblenz. Seit 2004 jeweils in der Festspielzeit Mitarbeit in der Abteilung Kommunikation bei den Salzburger Festspielen. Nicola Gess Seit Oktober 2003 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Seminar für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaften, Freie Universität Berlin. Anna Malunat Schließt ihr Studium der Schauspiel- und Musiktheaterregie im Februar 2005 mit der Uraufführung von „Der Herr Gevatter”, Staatstheater Saarbrücken, ab. Hendrik Müller Regisseur, 2001 – 2003 Leitung des Freyer-Ensembles, 2004 Regiedebüt am Schlosstheater Rheinsberg, 2005 Inszenierung der szenischen Erstaufführung von Händels „Brockes Passion”, Philharmonie Berlin. Christoph Helge Rehders Seit 2003 Persönlicher Referent und Pressesprecher des Kultursenators der Freien Hansestadt Bremen. Olaf A. Schmitt Dramaturg u.a. bei den Salzburger Festspielen 2002. Verschiedene Publikationen, u.a. zu Heiner Goebbels und Heiner Müller, Mitherausgabe von „AufBrüche. Theaterarbeit zwischen Text und Situation” (Berlin: Theater der Zeit). Anna Shefelbine Seit 2004 Musikalische Leiterin des Leipziger Universitätsorchesters. Peter Tilling Seit 2003 Solorepetitor mit Dirigierverpflichtung am Badischen Staatstheater Karlsruhe. Constantin Trinks Seit der Spielzeit 2002/03 zweiter Kapellmeister am Saarländischen Staatstheater Saarbrücken. Ab der Spielzeit 2005/06 erster Kapellmeister und stellvertretender GMD am selben Haus. Martin Witkowski Seit 2001 Disponent und Leiter des künstlerischen Betriebsbüros der Tonhalle Düsseldorf. Kristina Wuss seit 1994 eigene Sprechtheaterund Operninszenierungen. Zuletzt Produktionsleitung und Regie „Rinaldo“; demnächst „Die Weiße Rose“. Kuratorium Juliane Votteler, Joachim Schlömer Die Akademie Musiktheater heute lebt von der Begegnung mit Persönlichkeiten aus dem Musiktheater, die dafür offen sind, sich mit jüngeren Kollegen auszutauschen, Erfahrungen weiter zu geben, eigene Arbeiten und Positionen auch einmal zu hinterfragen. Ein herzlicher Dank gilt dem Kuratorium der Akademie, den Regisseuren, Dramaturgen, Intendanten und Dirigenten, die uns beraten haben und für Workshops zur Verfügung standen – aber auch allen anderen, die mit ihrem Einsatz zum Erfolg des Programms beigetragen haben und beitragen werden. „Präzises Ungenau“ 24/25 Juliane Votteler, Chefdramaturgin an der Staatsoper Stuttgart, seit 2004 Kuratoriumsmitglied der Akademie Musiktheater heute, über Dramaturgie im Deutschen Theater Das Phänomen des Deutschen subventionierten Stadttheaters, das gerade von fünfzig Kritikern im Jahrbuch der Zeitschrift „Opernwelt“ zum „Theater des Jahres“ gewählt wurde, was etwas widersinnig erscheint, aber genauso gut gemeint war, wie der Vorschlag, dieses „Modell“ zum Weltkulturerbe der Unesco erklären zu lassen, gründet im Bestreben, in einer so vielschichtigen und arbeitsteiligen Institution wie dem Theater Kontinuität zu gewährleisten. Nur so können die flüchtigen und fragilen Werke der Inszenierungen in einem geschützten Rahmen entstehen und weiter wachsen. Nur durch die Stabilität der Finanzierung aus öffentlichen Geldern konnte ein so flächendeckend-engmaschiges Netz wie die deutsche Theaterlandschaft erhalten bleiben, konnte ein Publikum entstehen, das meist „sein” Theater liebt und sich immer wieder aufs Neue auf Experimente und Ausflüge in unbekannte Gebiete der theatralischen Entdeckungen einlässt. Der aktive Abonnent und Besucher „spricht“ mit seinem Haus, man fühlt sich als ein Bestandteil desselben und der Zuschauer hat einen Ansprechpartner in der Institution der Dramaturgie. Eine Einrichtung, die es nur im deutschsprachigen Theater gibt, und innerhalb dieser etwas verstaubt anmutenden Institution des Theaters ist der Drama- turg eine Art von Dinosaurier. Die Berufsbezeichnung stammt von Gotthold Ephraim Lessing und ist bis auf den heutigen Tag durch und durch dem Geist der Aufklärung verpflichtet. Lessing schrieb in dieser neu geschaffenen Funktion nicht nur die Stücke für „sein“ Theater, das erste deutsche Nationaltheater am Gänsemarkt in Hamburg, er schrieb über jede dort stattgefundene Aufführung unerbittliche Kritiken und er verwaltete den geistigen Schatz des Hauses in einer Art täglichen Spurensuche nach dem aktuellen Theater, das er zu schaffen bemüht war: ein Theater, das in Stoffauswahl, Spielweise und Dekoration der Zeit, in welcher es entstand, Rechnung trug und mit denen sich der Besucher im Parkett und in der Loge identifizieren konnte. Ein Dramaturg besitzt heutigen Tages meist nicht mehr die Kreativität, Stücke zu schreiben und eine Institution wie ein Theater damit zu „füttern“. Aber er ist ganz wesentlich an der Gestaltung einer Inszenierung beteiligt, indem er das Material vorsortiert (und hier bereits Entscheidungen trifft, was wichtig, was zu vernachlässigen ist), indem er den ganzen Ballast der Sekundärliteratur, der Fassungen und der Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte zusammenfasst und dieses Material in eine Form bringt, die es dem Regisseur, dem Bühnenbildner und dem Musikalischen Leiter ermöglicht, in das Sujet „einzutauchen“. Darüber hinaus ist es auch die Aufgabe des Dramaturgen, die Frage aufzuwerfen, warum uns dieser Stoff heute interessiert und welche Möglichkeiten wir haben, das, was unser Interesse erweckt, zur Darstellung zu bringen. Es ist also keineswegs nur die akademische Begleitung, es ist vielmehr die aus der Beobachtung der Realität gewonnene Sensibilisierung für die theatralische Form, die die Dramaturgie einbringen sollte. Die zweite, wichtige Funktion ist aus der ersten abzuleiten: es ist die Aufrechterhaltung eines kontinuierlich geführten Diskurses. Kuratorium 26/27 Die Kontinuität, ein Theater nach Innen und Außen immer wieder über sich selbst nachdenken zu lassen, und mit anderen in Kontakt zu kommen, eigene Produktionen mit denen anderer Häuser zu vergleichen, nachzudenken und Gespräche zwischen den Künstlern, die sich auf eine neue Produktion vorbereiten zu entzünden, dies ist der Luxus, den das deutsche Theater aufs Spiel zu setzen droht, indem es meint, an diesem merkwürdig ungreifbaren Beruf sparen zu können. Denn natürlich bietet sich diese Berufsparte dem Sparzwang ganz selbstverständlich an. Zunächst war es nur der nahe liegende Wunsch, die Aufgaben von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mit denen der Dramaturgie zu verquicken, ja vielerorts sind diese Berufsbereiche schon in einer Person zusammengefasst, was durchaus Vorteile besitzen kann, wenn denn noch genug Zeit zum unabhängigen Denken bleibt. Dies aber wird zunehmend erschwert und auch abgeschafft, weil die Bereiche der Öffentlichkeitsarbeit plötzlich von den Begriffen von „Marketing“ und „Fundraising“ okkupiert werden. Wer das Haus nach Außen vertritt soll gleich noch für die Beschaffung der Gelder zu dessen Erhalt mitwirken. Genau hier beginnt jedoch die Schwierigkeit: Die Unabhängigkeit des Denkens in einem Haus wird nun von finanziellen Überlegungen überlagert. Eine Beobachtung dieser Prozesse, eine Gestaltung des Konzeptes, wie sich ein Sponsor in einem Theater darstellt und eine Verbindung von Finanzen und Dargestelltem auf der Bühne im Sinne einer „Reinhaltung“ was die Produktionen betrifft, auch im Sinne eines erhöhten Vermittlungsauftrages ist durchaus zu begrüßen. Aber eine Veränderung der Aufgaben im Sinne des „Verkaufes“ einer Vorstellung als Produkt ist schlichtweg nicht mit der kritischen Funktion zu verbinden, derer es bedarf, um eine Produktion erst einmal ins Leben zu rufen. Der interne Diskurs ist die notwendige Voraussetzung, um Strategien zu entwickeln, wie man den veränderten Bedingungen von kultureller Identität heute gerecht werden kann. Das Denken in einer Institution aber muss erhalten, gepflegt, ja noch forciert werden, damit aus Theatern und anderen kulturellen Institutionen keine „Veranstaltungsorte“ werden, in denen Vorstellungen gezeigt werden, über deren Genese und Gestaltungsprozesse keiner mehr Auskunft zu geben vermag. Denn Kunst hat nicht die Funktion zu unterhalten, ebenso wenig wie ein Dramaturg die Aufgabe hat, Inhalte zu stiften, die allen einleuchten. Kunst hat mit Verstören zu tun, mit Distanz, die geschaffen wird und uns als Rezipienten aus unserem Kontext heraushebt und uns gewärtig werden lässt, dass es noch etwas Anderes gibt, als das, was da ist. Querdenken ist also die Aufgabe der Dramaturgie als „Vorreiter“, das „Gegen-den-Strich-Lesen“, das Nachfragen: alles Aufgaben, die den Beruf so ungenau und damit jeden Tag neu definierbar, somit sehr aufregend machen. Kuratorium 2004 Funktion Prof. Dr. Heiner Goebbels Komponist, Regisseur, Professor für Angewandte Theaterwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität Gießen Ioan Holender Direktor der Wiener Staatsoper Andreas Homoki Intendant der Komischen Oper Berlin Peter Konwitschny Regisseur Prof. Dr. Hans Landesmann selbständiger Kulturmanager Bernd Loebe Intendant der Oper Frankfurt am Main Ingo Metzmacher Hamburgischer Generalmusikdirektor und Künstlerischer Leiter der Hamburgischen Staatsoper Christine Mielitz Operndirektorin Theater Dortmund Gérard Mortier Intendant der Opéra National de Paris, Gründungsintendant Ruhr-Triennale 2002–2004 Prof. Dr. Peter Mussbach Intendant der Staatsoper Unter den Linden, Berlin Alexander Pereira Intendant des Opernhauses Zürich Albrecht Puhlmann Intendant Staatsoper Hannover Prof. Dr. Peter Ruzicka Intendant und Künstlerischer Leiter der Salzburger Festspiele Dr. Georg Springer Geschäftsführer der Österreichischen BundestheaterHolding GmbH Juliane Votteler Chefdramaturgin Staatsoper Stuttgart Eva Wagner-Pasquier Künstlerische Beraterin des Festival International d’Art Lyrique d’Aix-en-Provence Lothar Zagrosek Generalmusikdirektor der Staatsoper Stuttgart Dr. Klaus Zehelein Intendant der Staatsoper Stuttgart Alumni 28/29 Netzwerke und Freundschaften Die Alumni der Akademie Die Alumni von heute sind die Gesprächspartner der Akademie von morgen. Den Kontakt zu halten, ist der Akademie wichtig. Gerne nehmen wir auch Anregungen und Impulse auf, wie wir die Akademie weiter entwickeln können. Mindestens einmal im Jahr, beim Festakt der Akademie Musiktheater heute, gibt es dann ein großes Wiedersehen. Andreas Bode Freischaffender Regisseur für Theater- und Musiktheater, Hamburg. Nov. 2004 „Der Freischütz” nach C. M. von Weber, Kampnagel Hamburg. „Viele Seile, viele Knoten, dazwischen Luft – Networking ist ein Modewort. Die Akademie Musiktheater heute hat den Begriff erfahrbar gemacht. Für mich, Dramaturgin und Stipendiatin von 2001 bis 2003, ist ein aktives Netzwerk entstanden. „Große Namen“ der Musiktheater-Landschaft haben ein Gesicht bekommen – Intendanten, Regisseure und Dirigenten, Opernhäuser und Festspiele. Dass auch sie nur mit Wasser kochen, war eigentlich klar. Doch jetzt gibt es eine Vorstellung ihrer Rezepte und keine Scheu mehr, sie zu befragen. So entsteht der Mut zu eigener Kreativität. „Kleine Namen“ der Musiktheater-Landschaft sind gute Bekannte geworden. Uns Alumni verbinden zwei Jahre nicht alltäglicher Musiktheater-Erfahrung. Geknüpft wurden Arbeitskontakte und Freundschaften, von der Einladung zur Premiere über den Besuch auf der Durchreise bis zur Zusammenarbeit am gemeinsamen Opernprojekt. Schließlich lieferte die Akademie Musiktheater heute Anregungen, immer wieder über die eigene Entwicklung nachzudenken. Warum mache ich Musiktheater und was will ich mit meiner Arbeit erreichen? In welchen Strukturen, unter welchen Bedingungen will ich arbeiten? Wir jungen Opern-Macher sind auf der Suche nach eigenen Antworten. Sie werden die Zukunft des Musiktheaters prägen.” Swantje Gostomzyk, freie Dramaturgin, Produktionsleiterin und Autorin „Uns Alumni verbinden zwei Jahre nicht alltäglicher Musiktheater-Erfahrung” Stefan Brandt Seit Mai 2004 Associate bei McKinsey & Comp., Inc. in Wien. Leiter des Basler Opernensembles „Pasticcio Renano”. Christian Carsten Regieassistent an der Staatsoper Hannover. Maria Fitzgerald Seit 2002 Studienleiterin mit Dirigierverpflichtung am Theater Regensburg, musikalische Leitung von „Jakob Lenz“ sowie „Les Brigandes“ 2004. Askan Geisler Solorepetitor mit Dirigierverpflichtung am Musiktheater im Revier Gelsenkirchen. Dr. Julia Glesner Seit 2004/05 Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit am Theater Erfurt; seit 2003/04 persönliche Referentin des Generalintendanten. Swantje Gostomzyk Freie Dramaturgin, Produktionsleiterin und Autorin, u.a. für die Hamburgische Staatsoper, das Schleswig-Holstein Musik Festival, Kampnagel Hamburg und die Salzburger Festspiele. Annika Haller Freischaffende Regisseurin und Regieassistentin. Liis Kolle Studium der Musiktheater-Regie in Berlin. Inszenierungen 2003/04: „Der Barbier von Sevilla“, Tartu/Estland sowie „Heiratswechsel“ und „Signor Bruschino“ an der Estnischen Nationaloper. Malte Krasting Konzertdramaturg an der Komischen Oper Berlin. Peter Krause Stellvertretender Leiter des Studienganges Musiktheater-Regie am Institut für Theater, Musiktheater und Film, Hamburg. Judith Kubitz Erste Kapellmeisterin am Staatstheater Cottbus. Andreas Leisner Regieassistent und Spielleiter an der Staatsoper Unter den Linden, Berlin. Für 2004/05 weitere Regiearbeiten in Deutschland und Österreich geplant. Cornelius Meister Zweiter Kapellmeister an der Staatsoper Hannover. Designierter Generalmusikdirektor der Stadt Heidelberg und designierter Leiter des Philharmonischen Orchesters Heidelberg. Daniel Montané Assistent im Gran Teatre del Liceu, Barcelona. Aktuelles Projekt: Uraufführung von “Gaudi”, Premiere November 2004. Vera Nemirova Freischaffende Regisseurin. Vladislav Karklin Solorepetitor mit Dirigierverpflichtung am Opernhaus Wuppertaler Bühnen. Markus Neumeyer Seit November 2003 Musical Director am English Theatre in Frankfurt/Main. Selbstständig tätig als Arrangeur und Komponist u.a. der Frankfurter Frühjahrskollektion, Neues Frankfurter Schulorchester und der Neuen Philharmonie Frankfurt. Raik Knorscheidt Spielleiter an der Komischen Oper Berlin. Matthias Nöther Freier Autor von Werkeinführungen, Musik und Musiktheater- Maren Hofmeister Künstlerisches Betriebsbüro der RuhrTriennale. kritiken sowie Rundfunkarbeit. 2005 Promotion über Gesangsund Sprechästhetik im Deutschen Kaiserreich. Isabel Ostermann Seit 2001 freischaffende Regisseurin mit zahlreichen eigenen Inszenierungen an internationalen Theatern und Opernhäusern. Premil Petrovic Dirigent, Berlin. Alexander Radulescu Seit dem Wintersemester 2004/ 2005 Lehrauftrag für szenischen Unterricht an der Musikhochschule Augsburg-Nürnberg, diverse Inszenierungen 2005, z.B. "Die Entführung aus dem Serail" im Parktheater Augsburg. Rebecca H. Rosenthal Freischaffende Regisseurin. Robert Sollich Studium der Theaterwissenschaft und Philosophie in Berlin. Elisabeth Stöppler Freischaffende Regisseurin. Eszter Szabo Freischaffende Regisseurin. Geplante Inszenierungen 2005: „Geschichte vom Soldaten – Der Tod klopft an“, Studiobühne Oper Erfurt sowie „Iphis” (Elena CatsChermine), Young Opera Company Freiburg. Ronny Unganz Seit 2002 Assistent des Geschäftsführenden Direktors der Staatsoper Unter den Linden. Klaus Stefan Vogel Künstlerischer Betriebsdirektor am Theater Heidelberg. Bewerbung/Kontakt Sie möchten sich für das zweijährige Stipendium der Akademie Musiktheater heute bewerben? Geschäftsführer Michael Münch Frank Trümper Bewerben können sich Studenten und Berufseinsteiger (maximal zwei Jahre nach Ende des Studiums) aus den Bereichen Kultur-Management, Dirigieren, Dramaturgie und Regie. Die Altersgrenze liegt bei 30 Jahren. Das Akademieprogramm findet berufs- bzw. studienbegleitend statt. Programmleitung Sonja Ecker Catherine Sondermann Bewerbungsunterlagen für den Jahrgang 2005 – 2007 finden Sie ab Januar 2005 im Internet unter www.musiktheaterheute.org. Fragen zur Akademie Musiktheater heute beantworten wir gerne Telefon: 069 – 910 33 414 Telefax: 069 – 910 38 333 akademie.musiktheater-heute@db.com www.musiktheater–heute.org Postadresse Akademie Musiktheater heute c/o Deutsche Bank AG 60262 Frankfurt am Main Impressum Herausgeber Akademie Musiktheater heute gGmbH November 2004 Redaktion Sonja Ecker Gestaltung Schaper Kommunikation Druck Druckerei Lembeck Bildnachweise Seite 2/5/6: © Cordula Groth Seite 6, Bild Tilman Michael: © Foto-Hostrup Bild Katharina Kost: © Foto-Borchard Seite 7, Bild Benjamin Sahler: © Frank Weichelt Seite 8: © Lutz Edelhoff Seite 10/11/19/22/23/30: © Steffen Giersch Titel+Rückseite, Seite 12/13/14/15/ 18/20/22/24: © Regine Körner Seite 17: © Katrin Schander Seite 18/19 (Kostümentwürfe und Bühnenbild): © Wiebke Horn Seite 21 (von oben nach unten): (Kampnagel) © Arno Declair (Ligeti) © Wolfgang Selbach (Fidelio) © Regine Körner (Miss Marple) © Die Frankfurter Frühjahrskollektion (The Bear) © Rudolf Mayer-Finkes Seite 24/25: © A. T. Schaefer Mit freundlicher Unterstützung durch die www.musiktheater-heute.org