Auszug Buch_Clubkapitel Arsenal
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Auszug Buch_Clubkapitel Arsenal
Kapitel 5; Arsenal 308 2.13 Arsenal Der 1886 gegründete Fußballclub gab sich 1891 professionellen Status, wurde 1893 in die 2. Division gewählt und stellte 1894 den ersten hauptamtlichen Trainer an. 1904 gelang der Aufstieg in die 1. Division. Dort spielte er bis zum Abstieg 1913 mit. Dann entwickelte sich eine Konstellation, die bis in unsere Zeit ein wesentlicher Treiber für Erfolgsstreben und Motivation von Arsenal wie auch seines größten lokalen Widersachers, Tottenham Hotspur, wurde und völlig losgelöst von der Entstehungsgeschichte später nicht selten auch zur Konfrontation der Anhänger beider Clubs führte. In jenem Jahr hatte Arsenal aus organisatorischen und finanziellen Gründen seinen Spielort aus dem südlichen London in den nördlich vom Zentrum gelegenen Stadtteil Highbury verlegt. Damit war Tottenham nördlich des Zentrums der expandierenden City nicht mehr allein, wetteiferten nunmehr beide Großclubs in demselben Einzugsgebiet. Nach der Kriegsunterbrechung kehrte Arsenal 1919 in die 1. Division zurück, obgleich der Club nur Rang sechs der zweiten Division belegt hatte, weil die höchste Klasse nach einem LigaBeschluß auf 22 Teams erweitert wurde. Neben den beiden Direktaufsteigern sollte ein Londoner Club nachrücken, weil der einzige Absteiger aus der Hauptstadt kam. Dieser Absteiger war ausgerechnet Tottenham.464 Seitdem spielt Arsenal ununterbrochen in der höchsten Spielklasse. Die durch diese historisch doppelte Konfrontationsgeschichte ausgelösten Emotionen der Anhänger liegen einem der tiefsten sportlichen und Fan-Rivalitäten des Clubfußballs zugrunde. Noch heute ist das Beziehungsgefüge und Selbstverständnis beider Clubs und der Mehrzahl ihrer Anhänger davon mitgeprägt. Während die Fans den Gegensatz mitunter ausleben, läuft es zwischen den Clubführungen deutlich geschäftsmäßiger, mitunter im Stil eines freundschaftlichen Wettstreits ab. Nach einem spannenden Pokal-Semifinale, das erst in einem dritten Entscheidungsspiel von Arsenal durch zwei Tore in letzter Minute im Stadion des Gegners gewonnen wurde, brachte der Tottenham-Vorsitzende Irving Scholar den für die eigenen Spieler kaltgestellten Sekt in die Kabine von Arsenal. David Dein, Arsenals Mitbesitzer und Vice Chairman, dankte und sagte: „Irving, Du bist ein guter Verlierer.“ Irving Scholar antwortete: „Ich habe darin viel Übung.“ Dein beschrieb die Rivalität zu Tottenham später wie folgt: „Die Spiele waren mitreißend, wahrscheinlich die spannendsten zwischen beiden Clubs. Sie haben viele Nerven gekostet. Ich würde gern sagen, sie waren erfreulich, aber in Wirklichkeit kann ich mich nicht eines Spiels zwischen Arsenal und Spurs erinnern, das wirklich Freude bereitete. Da ist zu viel Spannung, da steht zu viel auf dem Spiel. Manchmal bereitet es Schmerzen. Es ist Masochismus. Es ist Schmerz und Freude kombiniert.“465 Alex Fynn, ein fachkundige Kenner beider Clubs, charakterisiert die gegenseitigen Wirkungen sachlich distanziert wie folgt: „Jeder Erfolg des einen wird immer aufgewertet und verstärkt durch das Ausmaß des Mißerfolgs des anderen. Beide müssen aufpassen, daß sie die Impulse nutzen, aber die Erfordernisse der Entwicklung über die traditionellen Sichten hinaus nicht versäumen. Und die Anhänger müssen sehen, daß es inzwischen weit mehr Herausforderungen gibt, denen sich ihre Clubs zu stellen haben, wollen sie Spitzenfußball bieten.“466 In Deutschland gibt es ähnliche Rivalitäten, die zu den emotionalen Gründen für Popularität und Masseneinfluß des Fußballs gehören, wenn man z.B. an das Verhältnis zwischen dem BVB und Schalke 04 oder zwischen Bayern München und 1860 denkt. Emotionen und Rivalitäten können Triebkräfte sein oder einengen. Sie als Teil des Unternehmensimages anzusehen, haben die meisten Clubs hier wie da gelernt. Sie zu nutzen, noch nicht immer ausreichend. Erste Lorbeeren erkämpfte sich Arsenal ab Mitte der 20er Jahre (Vizemeister 1925/26). Der Durchbruch zur nationalen Spitze gelang in den 30er Jahren, als Arsenal die Meistertitel 464 Siehe dazu auch Fynn, Alex/Davidson, H., Dream on, London, 1997, S. 168 f Ebenda, s. S. 170-172. 466 Alex Fynn im Gespräch am 5.3.2003. 465 Kapitel 5; Arsenal 309 1930/31, 32/33, 33/34, 34/35 und 37/38 sowie den FA-Cup 1930 und 1936 gewann.467 In einer herausragenden Mannschaft hatten zwei Superstürmer besonderen Anteil an der Erfolgsserie. Ihre Rekorde stehen bis heute in den Clubanalen: Cliff Bastin schoß für Arsenal 150 Tore in Ligaspielen zwischen 1930 und 1947, Ted Drake (bei Arsenal 1934-1945) erzielte in 313 Ligaund Pokalspielen 229 Treffer, darunter drei Hattricks, sechsmal vier Tore und einmal sieben Tore (am 14.12.1935 gegen Aston Villa), womit er den Liga-Rekord von James Ross, Preston North End, aus dem Jahr 1888 einstellte.468 Herbert Chapman (1925-34) und George Allison (1934-47) waren die legendären Team-Manager dieser ersten Erfolgsperiode. In diesen Jahrzehnten zeigte sich Arsenal durch Teamgeist, Kampfkraft, harte Arbeit, druckvolles Angriffsspiel und geschickte taktische Maßnahmen der Konkurrenz überlegen. Dieses Image half einige Jahrzehnte bei der Ausdehnung der Anhängerschaft über das Stadtgebiet hinaus. Dabei galt der Club eher als arm im Vergleich zur Konkurrenz, obgleich er stets vom Vermögen und dem persönlichen Einsatz einiger wohlhabender Besitzer und Fans gestützt wurde. Die Erfolgsserie fand eine (abgeschwächte) Fortsetzung unter Tom Wittaker, der in seiner Amtszeit zwischen 1947 und 1956 das Team zu zwei weiteren Meisterschaften (1947/48 und 1952/53) und einem Pokalsieg (1950) führte. Danach rutschte Arsenal zumeist aus der Spitze heraus. Erst 1970/71 gelangen unter Berti Mee (1966 bis 1976) mit dem ersten von drei Doubles neue Triumphe. Unter Mee gewann Arsenal 1970 den Messecup der UEFA. In den 80er Jahren war George Graham (1986-1995) der „Vater“ zweier Titel und eines FA-Cupsieges sowie zweier Ligapokalsiege. In den europäischen Cups gelangte Arsenal unter Graham dreimal ins Finale des Pokalsiegerwettbewerbs und gewann den Cup 1994. Seit der Verpflichtung von Arsène Wenger hat der Club seinen Platz in der Spitzengruppe Englands gefestigt und sich mit dem zweimaligen Double (Meisterschaft und Pokalsieg 1997/98 und 2001/02, der Meisterschaft 2003/04 sowie den FACups 2003 und 2005) sportlich auf Augenhöhe mit Manchester United profiliert. Die Finalniederlage im UEFA-Cup 2000 hatte die Bemühungen um Erfolge auch in Europa weiter angestachelt. Der Vorstoß ins Finale der CL 2006 war sportlich und finanziell ein Erfolg, doch dürfte die Niederlage gegen Barca Arsenals Motivation weitere Impulse geben. Wenger hat mit dem Einbau einer ganzen Reihe ausländischer Starspieler den Stil der „Gunners“ verwandelt. Größere Ballsicherheit, mehr Eleganz und auch individuelle Kabinettstücke ergänzen inzwischen die traditionellen Stärken Arsenals. Das paßt zur moderneren Interpretation der Marke, die vom Vorstand und vom Marketingchef Arsenals herausgestellt werden. Wenger hat das wirtschaftliche Potential Arsenals genutzt und anfangs zur spielerischen Verstärkung vorwiegend eingekauft. Bis zum Herbst 2002 gab er für 25 neue Spieler reichlich 140 Mio. € aus. Im gleichen Zeitraum hat Arsenal aus Spielerverkäufen 96,4 Mio. € eingenommen.469 Dabei hat er durchaus zur Erhöhung des Marktwertes seiner Spieler beigetragen, was manchmal übersehen wird. Wengers Fähigkeit zur Integration von als „schwierig“ geltenden Spielern hat auch damit zu tun, daß er eine Spielweise und Taktik gestaltet, die auf den Stärken der vorhandenen Spieler aufbaut. Henry und Wiltord nahm er in Schutz als sie nicht sofort einschlugen. „Thierry brauchte Zeit, sich zurechtzufinden. Nach drei Monaten dürften einige gemeint haben, er sei ein schlechter Kauf. Wenn er nur einen Jahresvertrag gehabt hätte, wäre fast schon die Hälfte vergangen, als er zu zeigen begann, was er wirklich kann - seinen besten Fußball für Arsenal.“470 Wenger konzentriert sich auf seine eigentlichen Aufgaben und Ziele, sucht den Erfolg. Dabei vertritt er seine Positionen deutlich und ohne Populismus. Der nach Meinung des FIFA-Chefs sowie mancher Experten vermeintlich notwendigen Verkleinerung der Liga tritt er z.B. entschieden entgegen. Wenger hält 20 Mannschaften in der höchsten Spiel467 Siehe Rothmans Football Yearbook, 2002-2003, Headline Book Publishing, London, S. 56 ff. Nach Matt, Ray, Golden Gunners: Ted Drake, The Arsenal Historian & Collector, Vol. 3 Nr. 2 Okt. / Nov. 1997. 469 Radnecke, Kir, Wenger und der lange Weg, Kicker, 28.10.2002, S. 66/67. 470 Arsenal, Vol. 4 Nr. 9, S 19. 468 310 Kapitel 5; Arsenal klasse auch aus wirtschaftlichen Gründen für erforderlich, besonders für diejenigen Clubs, die sich nicht für europäische Cups qualifizieren. Zur Bewältigung des Termindrucks fordert er statt Verkleinerung eine bessere Terminplanung und die Verlegung der nationalen Pokalspiele auf die Wochenmitte. „Es gibt viele Termine in der Wochenmitte, die frei sind und besser genutzt werden können. Das ist eine Vergeudung von Möglichkeiten. Pokalspiele können da stattfinden. Damit wird die verfügbare Zeit in der Saison besser ausgenutzt. Das erlaubt den TeamManagern eine bessere Planung.“471 Nach der Rekordserie Arsenals in den Meisterschaftsspielen 2003/04 trat Wenger bereits zwei Wochen vor den Niederlagen in den Pokalspielen gegen ManU und Chelsea mit der Forderung an die FIFA hervor, künftig in die Endphasen der Clubwettbewerbe keine Termine mehr für Freundschaftsländerspiele zu legen, sondern solche zu anderen Zeitpunkten zu konzentrieren. Der Bruch im Trainings- und Wettkampfprozeß wirke sich nachteilig aus, wenn das gesamte Stammteam fehle.472 Arsène Wenger hat, gestützt vom Vorstand, die Rolle des Team-Managers bei Arsenal mit Autorität auf sich zugeschnitten. Er führt den gesamten sportlichen Bereich der ersten Mannschaft, einschließlich Scouting, selbst; die Nachwuchsarbeit hat er mit grundsätzlichen Vorgaben versorgt, praktisch verfolgt er sie nur aus der Distanz. In den letzten Jahren jedoch hat er mehrere Talente in den Kader integriert. Allein in der Saison 2004/05 stießen zehn Spieler aus der eigenen Fußballakademie zur 1. Mannschaft und trugen Arsenal im Ligacup bis in die 5. Runde. Arsenal stand nach 2002 vor einer zwiespältigen Entscheidung: Entweder die tragenden Kräfte des „Wenger-Teams“ zu halten und durch weitere Zukäufe zu ergänzen oder im Interesse der Gesamtentwicklung einige abgeben und diese Plätze neu besetzen. Dafür stand jedoch wegen des Investitionsbedarfs für das Arena-Projekt nur so viel Geld zur Verfügung, wie aus der Abgabe von Spielern erzielt werden konnte. Da Wenger und Dein auf Kontinuität setzen, wurde der Großteil der auslaufenden Verträge verlängert. Trotz der eingelegten Bremse für weitere Spielerinvestitionen hat es A. Wenger verstanden, die Position Arsenals in der kleinen Spitzengruppe der PL zu festigen, das Zusammenspiel im Team weiterzuentwickeln und international voranzukommen, wie die Ergebnisse 2003/04 und 2004/05 zeigten. A. Wenger hat auch die nicht-sportlichen Belastungen seiner Spieler durch Einbeziehung in wirtschaftliche Aktivitäten (Unterschriftenaktionen, Firmenbesuche oder dgl.) unterbunden bzw. drastisch eingeschränkt. Fachkenntnisse, Autorität und das enge Zusammenwirken mit David Dein sichern, daß er durchsetzen kann, was ihm für den sportlichen Erfolg notwendig erscheint. Als Mitbesitzer und langjähriger Clublenker gehörte Arsenals Vice Chairman David Dein bereits in den 80er und frühen 90er Jahren auf Seiten der Clubs zu den Triebkräften bei der Restrukturierung des englischen Fußballs durch die Bildung der Premier League. Zusammen mit seinen Vorstandskollegen, die Anteile an Arsenal halten, ist eine gemeinsame Führung und Kontrolle gewährleistet. Der Vice Chairman bestimmte stets maßgeblich die Strategie. Das Erfolgsstreben von Unternehmern als Besitzer und geschäftsführende Direktoren bildet bei Arsenal deutlicher als bei manch anderem FC erkennbar die Basis dafür, daß Zusammenhänge zwischen Ertragskraftentwicklung, Kostenbewußtsein und Spielstärkeentwicklung durch Investitionen in abgestimmter Weise gestaltet werden. Die Notwendigkeit, operative Gewinne zu erwirtschaften und daraus Investitionen bzw. die Refinanzierung von Krediten zu bestreiten, bildet seit langem die Grundlage der Position des Clubs in der englischen Leistungsspitze. 471 472 Ebenda, S. 18. Nach Soccer Investor Weekly, 18.3.2004, S. 12. Kapitel 5; Arsenal Abb. 5-13a 311 Arsenal, Gesamterträge (ohne Transfers), Personalaufwand, Spielerlöse und operative Ergebnisse, 1992 bis 2005 (in 000 €) 300.000 Gesamterträge 250.000 243.333 Personalaufwand (gesamt) 215.568 operatives Ergebnis 200.000 Spieleinnahmen 183.537 150.000 100.000 141.693 108.861 95.420 97.992 95.72194.344 102.822 75.737 62.914 19 91 /92 19 92 /93 19 93 /94 19 94 /95 19 95 /96 19 96 /97 19 97 /98 19 98 /99 19 99 /00 20 00 /01 20 01 /02 20 02 /03 20 03 /04 20 04 /05 63.319 58.251 52.913 52.593 43.469 42.302 41.243 37.671 50.000 38.244 34.084 56.327 33.445 31.922 32.671 31.673 50.825 23.897 21.400 23.799 35.544 22.49125.178 11.358 11.1649.597 13.925 0 -3.411 -50.000 Arsenal hat in den 90er Jahren Highbury in mehreren Phasen modernisiert und dann seit Ende der 90er Jahre den Bau des neuen Arsenal Stadions im benachbarten Ashburton Grove vorangetrieben. Insgesamt hatte Arsenal in seiner Aufstellung als Unternehmen die Grenzen seines Ertragspotentials weitgehend erreicht. Deutliche Steigerungen waren bei der Gesamtkonstellation nur noch durch Erfolge in den internationalen Wettbewerben und damit verbundenen Zusatzerlösen erzielbar. Insofern wurde der Stadionneubau zu einer Kernfrage der Erreichung eines höheren Niveaus der gesamten Wettbewerbsfähigkeit. Parallel dazu wurden die Gruppenstruktur und die übrige Führungsarchitektur erweitert. Die Abbildungen dieser Clubskizze und die Anlagen 5-13 (s. CD zum Buch) zeigen einige dieser Veränderungen. Die Geschäftsführung auf Fachgebieten wurde qualifiziert, eine zunehmend breitere Palette von Geschäftsfeldern ist einbezogen. Die kurz- bis mittelfristige Geschäftsplanung verbunden mit jährlicher Budgetierung für Bereiche und Abteilungen waren seit Jahren eingespielt. Seit Anfang der 90er Jahre gewann der Ausbau der Ertragskraft an Gewicht, wobei Arsenal stets eine pragmatische, finanziell vorsichtige, fußballorientierte Vorgehensweise beibehalten hat. Kapitel 5; Arsenal 312 Abb. 5-13b Arsenal, Struktur 1997/98, Führungsgremien, Funktionsstufen 1-3 Arsenal F.C. PLC Aktionärsversammlung Board of Directors / Vorstand (7) Geschäftsführender Vorstand Ken Friar Company Sekretär Ticketing (9+) Junior Gunners (3) Vice Chairman David. B. Dein Stadionmanager (9+Sicherheit+ Kassen p.t.) Fußball Team-Manager Arsene Wenger Wirtschaft (35+Halbtags) RW, Finanzen und IT Paul Game (+4) Merchandising Profi-Spieler (39) Werbung/ Sponsoring Azubi-Spieler (21) Pressebüro, Kommunikation Hospitality (2) Trainer, Physios, Masseur,Betreuer Reise-Club (10) Nachwuchszentrum Action Sportshal (8) (8) Personal / Verwaltung (6) / Museum Scouting (2+) Frauenmannschaft __________________________________________________________________________________ Legende: Geschäftsführender Vorstand Manager (Bereich/Abteilung +Anzahl MA) Referat / Arbeitsgruppe (Anzahl MA) (Anm.: Ebene 3 ist hier als Ausschnitt gezeigt, nur Fußball und Wirtschaftstätigkeit/Marketing) (Hinweis: Diese und weitere Charts auch in Farbe – siehe Anlagen auf der „CD zum Buch“) Kapitel 5; Arsenal 313 Arsenal ist eine AG, die als Holding-Gruppe ausgebaut wurde (vgl. Abb. 5-13d, unten). Zum strategischen und strukturellen Grundprinzip wurde in den letzten Jahren die Trennung der Geschäftstätigkeit des FC (Fußball und Wirtschaftsbereiche) von den Bau- und Finanzierungserfordernissen des Stadions. Durch das beträchtliche Grundvermögen des Clubs in London (Highbury und Umgebung) ergab sich die Option zur Entwicklung einer eigenen Vermögensgesellschaft, die entschlossen genutzt wurde. Die Führung der verschiedenen Firmen blieb dennoch gebündelt beim auf acht Personen erweiterten Vorstand. Die Anteile der Arsenal PLC werden in begrenztem Umfang am OFEX London gehandelt. Dabei hielt D. Dein vor allem aus grundsätzlichen Kontrollüberlegungen heraus stets die Vermeidung eines vollständigen Börsengangs für die seinem Club angemessene Vorgehensweise. Es könne auch auf anderen Wegen privates Kapital gewonnen werden, weil der Club als Unternehmen solide geführt wird.473 Auch das neue Stadion wurde durch Kapitalerweiterung, die Hereinnahme neuer Minderheitsgesellschafter, mittels Krediten unter Nutzung von Finanzinstrumenten (Derivate, Asset Backed Securities) sowie durch bessere Sponsorenverträge und zielgerichtetes Marketing (Namensrechte mit Fluglinie Emirates, 150 Mio. € über 15 Jahre sowie weitere Partner für Subrechte) finanziert. Die trotz hoher Verbindlichkeiten stabile Position der Gruppe im Jahr 2005 reflektiert sich in folgenden Daten aus der Jahresbilanz: Reinvermögen und Aktionärsfonds: 123 Mio. GBP, Verbindlichkeiten im nächsten Jahr 107 Mio. GBP, längerfristige Verbindlichkeiten 239 Mio. GBP, Gesamtvermögen nach Abzug bestehender Verbindlichkeiten 372 Mio. GBP.474 Element dieses Kurses war bereits die Zustimmung zum Erwerb von Anteilen durch Granada TV im Jahr 2000 (5 % für 47 Mio. GBP). Im Jahr 2004 hat dann ITV (nach Fusion von Granada und Carlton TV) weitere 4,9 % für 30 Mio. GBP erworben. Mit dieser Beteiligung vor fünf Jahren war nicht nur der Gefahr eines Verlustes im operativen Geschäft begegnet und das operative Ergebnis positiv gestaltet worden475, es wurden auch das Vermögen gesteigert, die Kreditwürdigkeit erhöht und der Stadionbau gefördert.476 Bereits die umfangreichen Investitionen in den Umbau von Highbury in den 90er Jahren waren vorwiegend mittels Bankkrediten und Schuldverschreibungen finanziert worden. Die stabile Anhängerbasis und die Anziehungskraft Arsenals gewährleisteten einen Grundstock sicher planbarer Erlöse zu deren Refinanzierung. Dividenden wurden bei Arsenal noch nie ausgezahlt. Gewinne wurden von der Eigentümergruppe stets reinvestiert bzw. in die Reserve eingestellt. Bereits im Mai 1991 hatte sich Arsenal mit einer Kapitalerhöhung und entsprechenden Änderungen in seinen Statuten477 bessere Ausgangspositionen geschaffen. Arsenal hat seine Erträge von 17,6 Mio. € (1990/91) auf 215,6 Mio. € (2004/05) deutlich erhöht und gehört zu den fünf einkommensstärksten Clubs der PL (vgl. Anlagen 4-11 bis 4-14). Neben den in der PL steigenden TV- und anderen MarketingErlösen aus dem Liga-Topf hat Arsenal vor allem im Sponsoring deutliche Steigerungen erzielt. Allerdings liegen hier im internationalen Vergleich durchaus noch deutliche Reserven. Zum jahrelang bewährten Standardsystem Arsenals gehören jährlich bis zu sechs Sub-Sponsoren, die jeweils 750.000 € einsetzen. Die Werbebanden am Spielfeld, die den Clubs nach der Belegung von einem Drittel der Plätze durch die Hauptsponsoren der PL verbleiben, wurden durch zusätzliche attraktive Werbeplätze im Stadion ergänzt. Dies soll im neuen Stadion weitergeführt werden.478 Auch das Merchandising entwickelte sich kontinuierlich, ist aber noch zu sehr auf London und den Großraum beschränkt. Die Personalkosten stiegen stark an (s. Abbildung 5-13a). 473 Nach Gespräch mit David Dein im März 1998. Vgl. Jahresbericht 2005, S. 27/28.; zu den Derivatpapieren s. ebenda, S. 41 ff; allerdings sind daraus nicht alle Details ablesbar, um daraus allein eventuelle Risikoelemente beurteilen zu können. 475 Operativer Verlust 2000/01: 896.000 € (Vorjahr: +13,9 Mio. €); Gewinn v. St.: 45,8 Mio. € (Vorjahr 33 Mio. €). 476 Vgl Bilanz und Cash-flow Statement im Geschäftsbericht 2000/01. 477 Vgl. Memorandum of Association und Articles of Association in der Fassung v. 1950 und die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung v. 9.5.1991. 478 Marketing-Manager John Hazell und Sponsorship Manager Peter Smith im Gesprächen am 9.5.2001. 474 Kapitel 5; Arsenal 314 Ihre Relation zu den Gesamterlösen (ohne Spielertransfers) verringerte sich von 53,7 % im Jahr 1991/92 auf 48,0 % 1995/96, stieg dann auf 64,6 % im Spieljahr 2000/01 und wurde erst dann vor allem durch Ertragserhöhungen bis 2002/03 auf 51,4 % und 2005 auf 47,7 % wieder zurückgeführt. Auch wenn Arsenal hier wieder im Spitzenbereich agiert, würde es angesichts der sonstigen finanziellen Anforderungen weitere Erhöhungen der Personalkosten nur auf Kosten der Stabilität tragen können. Die Entwicklung der Belegschaft (s. Tab. 5-5) zeigt, daß vor allem die Wirtschaftsbereiche erweitert wurden. Das geschah aber nicht in dem Maße wie bei anderen großen Spitzenclubs in Europa und z.B. deutlich langsamer als bei ManU. Dabei ist es gerade ManU, das durch den sportlichen Zweikampf um die Meisterschaft zum kritisierten Bezugspunkt der Anhängerschaft wurde.479 Tab. 5-5 Arsenal, festangestellte Mitarbeiter 1991-2005 Spieler Trainer/ Betreuer Leitung/ Wirtschaft Stadion/ Plätze gesamt 91/92 93/94 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 00/01 01/02 02/03 03/04 04/05 54 52 53 48 63 58 57 63 71 71 72 61 9 12 12 19 22 27 26 25 26 29 31 32 48 54 65 69 83 85 89 109 118 129 135 158 12 19 9 9 10 10 16 21 24 27 33 42 123 128 139 145 178 180 188 218 239 256 271 293 Die Organigramme 1997/98, 2001/02 und 2005/06 (s. Abb. 5-13b bis 13e sowie die als Anlage 5-13a beigefügten Strukturen der Bereiche, Funktionsebenen zwei und drei) spiegeln die bisherige Entwicklung Arsenals als Unternehmensgruppe wider. Abb. 5-13e markiert die Gruppenstruktur in der Phase der Realisierung des Stadionprojekts. Nachdem bereits 1991 die Änderung der Rechtsform in eine AG beschlossen worden war, hatte Arsenal in den folgenden Jahren unter Führung von nur zwei hauptamtlichen Vorständen die Professionalisierung der Arbeit und den punktuellen Ausbau der Geschäftstätigkeit vorangetrieben. Ab 2000 wurden dann die Tochtergesellschaften Arsenal TV und AFC Broadband (Internet, Nutzung neuer Kommunikationstechniken) als gemeinsame Firmen mit Granada TV aufgebaut. Ein dritter hauptamtlicher Vorstand arbeitete mit seinem Stab und externen Partnerfirmen am Stadionprojekt. Zugleich bereitete er die Bildung einer Bau- und einer Betreibergesellschaft vor. Die Zuordnung und Abgrenzung der Geschäftsgebiete zu den Vorständen wurde klarer geregelt. K. Edelman führt den laufenden Spielbetrieb und die materielle Sicherstellung, D. Dein die sportlichen Bereiche (gemeinsam mit A. Wenger) und die Wirtschaftstätigkeit. Im April 2004 wurde der Vorstand der Gruppe durch Lady Nina Bracewell-Smith, die zweitgrößte Anteilsbesitzerin, auf acht Mitglieder erweitert, davon sind drei geschäftsführend tätig. Die Kompetenzen der Bereichsleiter wurden erweitert. Eine Zustimmungspflicht durch die jeweils zuständigen Vorstände oder den gesamten Vorstand erstreckt sich auf Verträge, neue Vorhaben und Budgetveränderungen. Die Vorstände führen ihre Fachbereiche in direkter, bilateraler Zusammenarbeit mit den Leitern der 2. Ebene. Die monatlichen Sitzungen des Vorstandes erfassen als regelmäßige Tagesordnungspunkte, die je nach Anlaß differenziert sind: — die finanzielle Situation anhand von detaillierten Übersichten und Vergleichen, — die sportliche Situation (Team-Manager), — die wirtschaftliche Entwicklung (Manager Wirtschaft und Marketing), — das Stadionprojekt (zuständiger Vorstand und Projektleiter bei Bedarf). 479 S. z.B. Rose, Simon, Manchester United Kingdom, Highbury High, Nr. 18, Nov. 97, S. 22. Kapitel 5; Arsenal 315 Abb. 5-13c Arsenal, Struktur 2001/02, Funktionsstufen 1 und 2, Tochtergesellschaften Vorstand - Board of Directors (6) P. D. Hill-Wood (Chairman) D. B. Dein (Vice Chairman), Sir Roger Gibbs, D. D. Fiszman, K. J. Friar, K. G.Edelman Geschäftsführender Vorstand Keith G. Edelman Vorstand für Entwicklung Ken J. Friar Company Sekretär David Miles Arsenal F.C. PLC Aktionärsversammlung Vice Chairman David. B. Dein RW und Controlling Paul M. Game Fußball Team-Manager Arsene Wenger Wirtschaft & Marketing John Hazal Stadion manager John Beattie Manager Trainigsstätten Sean O'Connor FrauenAkademie Manager Pressebüro, Kommunikation A. Docherty NachwuchsAkademie Liam Brady Reise-Club Manager Sue Conolly Arsenal TV Ltd. (TV+TV-Vermarktung, gemeinsam mit Granada) AFC Broadband Ltd. Action Sportshal Manager Alan Sefton Legende: Vorstand ManagerBereich (Internet, neue Medien, mit Granada TV) Tochtergesellschaft 316 Kapitel 5; Arsenal Die Vorstandsarbeit zu Gehaltsfragen und zur Bilanzsituation und Wirtschaftsprüfung wird in den dafür zuständigen Komitees geführt. Im Prüfungskomitee arbeiten der Finanzdirektor, der Controller und der Leiter des Teams des Wirtschaftsprüfers (in den letzten Jahren war das die Firma HLB Kidsons). Außerdem hatte Arsenal bereits seit vielen Jahren mit Paul Game einen Controller eingesetzt, der als spezielle Vertrauensperson des Vorstandes eng mit diesem zusammenwirkt und die tägliche operative Geschäftstätigkeit ebenso im Auge hatte, wie die Umsetzung der Wirtschafts- und Personalstrategie. Nachdem Paul Game in den Ruhestand ging, wurde aufgrund der positiven Erfahrungen des Clubs umgehend für eine bruchlose Fortführung dieser Funktion gesorgt und mit Stuart Wisely ein finanz- und führungserfahrener Fachmann berufen. Die Ertragsstruktur von Arsenal ist insgesamt ausgewogen. Sie baut auf mehrere starke Ertragsbringer, die zum größeren Teil direkt clubgesteuert sind (s. Anlage 5-13b auf CD).480 TV-Erlöse sind seit Bildung der PL am schnellsten gewachsen, lagen aber, wenn keine besonderen internationalen Erfolge erreicht werden, etwa auf dem Niveau wie der Saldo aus Sponsoring, Werbung und anderen Wirtschaftsbereichen und damit knapp hinter den Spielerlösen. Erst seit 2001/02 wurden die Erlöse aus TV-, Radio- und Medienrechten sowie dem Ligasponsoring zum größten Ertragsbereich. Nike war Clubausrüster, Lieferant für Textilien und Kooperationspartner im internationalen Merchandising. Die Lieferzeiten z.B. für Replika-Trikots (mit 10-18 Monaten) schränkten jedoch die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit von Arsenal mitunter ein. Trotz flexibler Preisgestaltung u.a. bei Replika-Trikots und Beflockung konnten deshalb aktuelle Marktchancen oder sportliche Erfolge nur unzureichend genutzt werden. Nike hatte vor Jahren eine Lizenz zur weltweiten Vermarktung (d.h. im Bereich außerhalb U.K) von 95 % der Arsenal-Produkte erworben. Nike tat jedoch nach Einschätzung des Clubs lange Zeit nicht genug für die Markenentwicklung und für einen besseren Vertrieb. Insofern war Arsenal bei Auslaufen des Vertrags 2003 nicht an einer Verlängerung dieser Vertragsteile interessiert. Arsenal arbeitete mit Nike als Ausrüster weiter, nahm aber seitdem solche Rechte selbst wahr.481 Arsenals internationale Marktpositionierung ist langfristig angelegt und knüpft sowohl an die Rechte der eingesetzten ausländischen Spieler als auch an die Erfolge in PL und CL an. Dazu baute es bisher vor allem auf seine Internetpräsenz und ein Internet-Portal, was auf Dauer allerdings als Ertragsfeld unzureichend wird. Das Merchandising leistete seit Jahren einen stabilen Ergebnisbeitrag, der jedoch erst seit 2002/03 weiter ausgebaut werden konnte, nachdem die an Nike vergebenen Teilrechte wieder zurückgefallen waren. 40 % der Handelserlöse kamen bisher noch aus Lizenzgebühren. Am Merchandisingumsatz hatte der Versand bereits 2002 einen Anteil von ca. 4,6 Mio. €. Bestellungen über Internet erbrachten knapp 10 % des Handelsumsatzes mit wachsender Tendenz. Arsenal betreibt drei eigene Läden am Stadion bzw. im Stadtbezirk. Das clubeigene Merchandising ist kostengünstig aufgebaut. Den Erlösen stehen Gesamtkosten von maximal 25 % gegenüber. Arsenal ist bestrebt, Lizenzen künftig nur soweit zu vergeben, wie es sich um Spezialprodukte handelt oder um Produkte, deren Erlösanteil sehr gering ist. Damit die Marke nicht verwässert wird, will es dabei stärker selektieren. Zur Ertragssteigerung wird erforderlich, daß es Arsenal gelingt, mehr Anhänger in anderen Landesteilen zu gewinnen. Ein begleitender Bereich der sportlichen und Marketing-Aktivitäten ist der Frauenfußball, wo sich Arsenal seit der Bildung seiner ersten Mannschaft 1987 zum führenden Club Englands entwickelt hat. Hierdurch spricht Arsenal neue Interessentengruppen an. Zugleich strebt Arsenal energischer als früher 480 Die Daten sind den Geschäftsberichten von Arsenal entnommen und wie alle anderen GBP-basierten Daten dieser Arbeit einheitlich zum Kurs 1 GBP = 1,55763 € umgerechnet worden. 481 Nach Marketing-Manager John Hazell, Manager Sponsorships Peter Smith, Gespräche am 9.5.2001, sowie Marketing ;Manager A. Ford, Gespräch am 24.9.2004. Kapitel 5; Arsenal 317 nach einem abgestimmten Vorgehen der Clubs gegen Produktpiraterie.482 Dazu wurde der Markenschutz auf die klassischen und die aktuellen Varianten von Logo (Kanone) und Clubnamen (Arsenal, Gunners) mittels Gerichtsbeschluß verstärkt, um selbst gegen Schwarzmarktproduktionen und -verkäufer vorgehen zu können.483 Die Abgabe der Vermarktung an einen Großvermarkter bzw. Outsourcing wichtiger Kernbereiche hält man bei Arsenal nicht für effektiv. (Allerdings wird beim Catering zeitweilig davon abgewichen.) „Drittfirmen werden nie das Insiderwissen, die Detailkenntnis von Traditionen und Gefühlen im Club und bei seinen Fans haben können. Die spezielle Behandlung und die Profilierung der Marke gehen bei diesen nicht über ein allgemeines Raster hinaus“, unterstrich Marketing-Manager John Hazell.484 Sein Nachfolger A. Ford führt seit 2003 die vom Club bestimmte Wirtschaftsstrategie weiter. „Unabhängig davon, wie effizient ein Auftragnehmer seine eigenen Leistungsbeiträge einschätzt, ist es etwas anderes, im Club zu arbeiten. Fußballclubs sind relativ kleine, sich wandelnde Unternehmen ... Nur wenige können es sich leisten, eine Vielzahl von Spezialisten anzustellen. Wir haben als Vollzeitkräfte derzeit acht für Wirtschaft und Marketing sowie 25 im Handel und 20 im Internetverkauf. Wir regeln auch die Beziehungen mit dem Ausrüster Nike selbst. ... Fußball ist ein Mix von Unternehmensgebieten und es ist fast unmöglich, alle Fachkompetenz im Hause zu haben. Deshalb teilen wir die Geschäftsgebiete in wesentliche Segmente und entscheiden, welches der beste Weg ist, sie zu führen. Kleineren Clubs können sicherlich Geschäftsbeziehungen mit Vermarktern nützlich sein, doch wird ihr Erlöspotential dann geringer sein. ... Mit unseren Hauptsponsoren entwickeln wir spezielle Beziehungen ... wobei es immer stärker darum geht, Wege zu finden, so daß sie sich einbringen und zugleich über unsere Anhängerschaft Ertragsströme aufbauen oder initiieren können.“485 Im Wissen, daß das wirtschaftliche Entwicklungspotential eines Clubs zuerst einmal mit seinem Stadion verbunden ist, suchte Arsenal jahrelang eine größere Lösung. Trotz 99-100 % Stadionauslastung verhindert die mit 38.500 Plätzen im Highbury erreichte Ausbaugrenze höhere Erlöse. Hier hatten Konkurrenzclubs inzwischen Wachstumspotentiale geschaffen. Nach dem gescheiterten Bemühen, das neue Wembleystadion in eigener Regie zu bauen, setzte Arsenal auf das Arena-Projekt im heimischen Stadtgebiet nahe Highbury. Ein auf Sport, Merchandising und Events orientiertes Stadion für 60.000 Zuschauer mit Überdachung (vergleichbar der Veltins Arena auf Schalke) wird ab Saisonbeginn 2006/07 das moderne Clubzentrum. Verbunden damit sind umfangreiche weitere Infrastrukturvorhaben im Stadtbezirk. Für einige Anwohner und Firmen müssen neue Wohnstätten bzw. Gebäude errichtet werden. Ein Mischgebiet mit einem Einkaufszentrum wird parallel entwickelt. 3.500 neue Arbeitsplätze sollen mit den Projekten entstehen. Doch dauerte der Hindernislauf durch die Planungsphasen und Behörden lange. 482 Nach Marketing-Manager John Hazell, Manager Sponsorships Peter Smith; Finanzcontroller Paul M. Game, Gespräch am 9.5.2001 sowie Finanzcontroller Stuart Wisely im März 2003. 483 Ebenda und nach Success for Arsenal in the courts, Official Programme, 27.8.2003, S. 8, The History of Arsenal’s Club Crest, Inside Arsenal, 2003/04, S. 4. 484 Marketing-Manager John Hazell im Gespräch am 9.5.2001. 485 Marketing-Manager A. Ford im Gespräch, M. Glendinning, Football Business International, August 2003, S. 10-12. Kapitel 5; Arsenal 318 Abb. 5-13d Arsenal, Gruppenstruktur 2005486 Arsenal Holdings plc Vorstand (7) Arsenal Overseas Limited (Vermarktung und Handel im Ausland) Arsenal Football Club plc Arsenal TV Limited (Fußball und Teile der Wirtschaftstätigkeit) AFC Broadband Limited (kommerzielle Nutzung der Breitband-Technologie) Ashburton Properties Ltd. (Grundstücksentwicklung) Ashburton Trading Ltd. (Grundstücksentwicklung) Highbury Holdings Ltd. (Dachgesellschaft für Stadionentwick lung, -bau und -betrieb) Gillespie (Jersey) Ltd. (Grundstücksentwicklung) Gillespie Holding Company (Jersey) Ltd. (Grundstücksentwicklung) Diese Verzögerungen schadeten der Konkurrenzfähigkeit des Clubs. Allein die Verbesserungen im Hospitality-Bereich (150 Logen statt bisher 53, ca. 1.500 VIP-Plätze in Logen statt bisher 220 Busineßplätze, vier Restaurants mit Kapazität bis zu 5.000 Plätzen) verdeutlichen die Spanne für deutlich höhere Erlöse. Die 60.095 Plätze sind ohne Probleme auszulasten und zur Aufrechterhaltung der Konkurrenzfähigkeit in der PL-Spitze dringend nötig. Allerdings erscheinen die neuen Kapazitäten noch immer eher knapp bemessen. Der Vertrag mit Emirates über die Namensrechte für 15 Jahre (150 Mio. €) und dessen Trikotsponsoring ab 2006/07 trägt zur Finanzierung bei. Die Zusammenarbeit mit ITV bei der weiteren Entwicklung von Arsenal TV gewinnt dann auch mit Blick auf das neue Emirates-Stadion sowie für den Aufbau eines internationalen Images an Bedeutung. Gerade Arsenal mit seiner Verwurzelung im Einzugsgebiet bieten sich weitere Möglichkeiten, neue Geschäftsfelder einzubeziehen und internationale Aktivitäten auszudehnen. Umfang und Reichweite von Vermarktung und Handel im Ausland sollen erhöht und damit die Konkurrenzfähigkeit in der Spitze des englischen Fußballs gestärkt werden. Daß die Besitzer-Vorstände Arsenals bereit und in der Lage sind, selbst angesichts der Finanzbelastung durch den Stadionbau in die Mannschaft zu investieren, um den Erfolgstrend weiterhin abzusichern, zeigte sich an den 24,5 Mio. €, die 2004 für J. A. Reyes vom FC Sevilla 486 Eigene Darstellung nach Geschäftsberichten Arsenals bis 2005 und Erläuterungen der Gesprächspartner. Kapitel 5; Arsenal 319 ausgegeben wurden, und den 15 Mio., die für Hleb nach Stuttgart fließen. Arsenals Vorsitzender Peter Hill Wood wies stets Zweifel von Medienvertretern zurück, die befürchteten, daß diese Spielerinvestitionen den Stadionbau gefährden und eine Schieflage auslösen könnten.487 Zwischenfazit und Ausblick: Mit einer langfristig angelegten, stetigen Investitionsstrategie sowohl in Spielstärke als auch in Wirtschaftstätigkeit, Infrastruktur und Personal hat Arsenal seine Zugehörigkeit zu den „großen Fünf“ des englischen Fußballs gefestigt und sich in die große Spitzengruppe des europäischen Fußballs gespielt. Die Ertragskraftstärkung wird mit dem neuen Stadion ab August 2006 eine neue Dimension erreichen können. Kontinuität in der Strategie und in der hochqualifizierten Personalbesetzung auf den oberen Führungsebenen (s. Abb. 5-13e im Vergleich zu Abb. 5-13b und Anl. 5-13) sind in Verbindung mit kenntnisreichem Vorgehen der unternehmerischen Führung Arsenals zu einer Wettbewerbsstärke geworden.488 Dies kann längerfristig sichern, daß sich Arsenal in der Konkurrenz zu Chelsea, ManU, Liverpool vielleicht sogar Vorteile erarbeitet. Stärken sind: — — — — 487 die gegenüber vielen Konkurrenten funktional bessere Beherrschung der Wechselwirkungen zwischen Wirtschaft und Fußball im Führungsprozeß von Clubunternehmen, die komplexe Anlage und Umsetzung der Investitionsstrategie im Einklang mit der Gesamtstrategie und neuen Möglichkeiten des Marktes, die stetige Beibehaltung des (unausgesprochenen) Grundsatzes, daß hochqualifiziertes Führungsmanagement vor allem im Fußballbereich die Grundlage für Arsenals Erfolge bildete und bildet und daß für einen Spitzenclub dazu ein Spitzenmanager gehört, der innovativ ist und neue Impulse setzt. Das langjährige persönliche Engagement der großen Anteilsinhaber als geschäftsführende Direktoren hat sie zu führenden Unternehmerpersönlichkeiten im Teamsport und zu Fußball-Wirtschaftsexperten ersten Ranges gemacht. Dadurch werden Prinzipal-AgentProbleme, wie sie im Teamsport mitunter verstärkt wirken, von der Führungsebene weggedrückt und in der Wirkung deutlich reduziert. Zur Wirksamkeit der Führungsarbeit ebenso wie zur weiteren Verminderung der Prinzipal-Agent-Problematik trug bei, daß Arsenal als einer der ersten FC überhaupt, ein effizientes Controlling einrichtete, und daß dabei der Company-Controller ein erfahrener Stratege war, der als spezifischer Helfer des Vorstandes wirkte. Arsenal ist es meist gelungen, hier wie für die Führungspositionen berufserfahrene und integere Manager - im Controlling, für die Wirtschaftsbereiche und als Team-Manager - zu gewinnen. Arsenal hat 140.000 Mitglieder (2006); lange Wartelisten trotz 9 % Preiserhöhung für Tickets im Schnitt der letzten acht Jahre; der Umsatz je Besucher in 2004/05 betrug 2.822 €. Bereits im Herbst 2003 hatte Arsenal (lt. Bloomberg, 26.9.2003) mehr als 400 Mio. € am Kapitalmarkt aufgenommen (bereitgestellt u.a. von N. M. Rothschild & Söhne, Royal Bank of Scotland, Hamburgischer Landesbank). Diese Mittel dienen dem Stadionprojekt und der Rückzahlung von Kreditverbindlichkeiten bei Barclays (39 Mio. GBP) sowie sportlichen Investitionen. Weitere Mittel wurden durch differenzierte Vergabe von Namensrechten im Stadion gewonnen. Eine handelbare Anleihe im Juli 2006 (£260 Mio. in zwei Tranchen über 13,5 bzw. 7,1 Jahre, gesichert durch Ticketverkäufe) dient der weiteren Restrukturierung der Bankverbindlichkeiten. Nach Soccer Investor Weekly v. 5.2. und 18.3.2004, 4.7. und 17.7.2006. 488 Der Leiter RW und Finanzcontroller, St. Wisely, betonte den Aspekt der Personalkontinuität als typisches Unterscheidungsmerkmal Arsenals zu zahlreichen anderen Proficlubs. Gespräch am 2.11.2005. Voraussetzung ist natürlich die Fähigkeit der Eigentümer, hinreichend gute Fachleute zu gewinnen und erfolgreiche Strategien sowie Vorgehensweisen zu entwickeln. Sonst nützt die beste Personalkontinuität nichts. Kapitel 5; Arsenal 320 Abb. 5-13e Arsenal, Arbeitsstruktur 2005/06, Führungsebenen Life Vice President C. E. B. L. Carr Arsenal F.C. PLC Aktionärsversammlung Vorstand - Board of Directors (7) P. D. Hill-Wood (Chairman), D. B. Dein (Vice Chairman), Lady Nina Bracewell-Smith, Sir Roger Gibbs, D. D. Fiszman, K. J. Friar, K. G. Edelman Vorstand für Entwicklung Ken J. Friar Geschäftsführen der Vorstand Keith G. Edelman Vice Chairman David. B. Dein Company Sekretär David Miles RW und Controlling Stuart W. Wisely Fußball Team-Manager Arsene Wenger NachwuchsAkademie Liam Brady Ticketing Ivan Worsell Stadion manager John Beattie Manager Trainigsstätten Sean O'Connor Frauenfußball Manager Claire Wheatley IT Paul Farmer Pressebüro, Kommunikation A. Docherty Wirtschaft & Marketing Adrian Ford Reise-Club Manager Sue Conolly Action Sportshal Manager Alan Sefton — Zu den Stärken des Clubs gehört auch die Führungsfähigkeit zur selbstkritischen Analyse und Korrektur, was sowohl in der wirtschaftlichen Geschäftstätigkeit als auch in der sportlichen Arbeit als ein wichtiges Merkmal zu Leistungssteigerung angesehen wird489, was sich jedoch nur bei wenigen FC hinreichend ausgeprägt findet. 489 Zu unterschiedlichen Zeitpunkten und mit unterschiedlichen Worten haben das David Dein, Arsène Wenger und Paul Game reflektiert, um das stete Streben des Führungsmanagements nach Qualitätsverbesserung und Wirksamkeit zu unterstreichen. Kapitel 5; Arsenal 321 Es gibt z.B. kaum einen Club, der in den letzten acht Jahrzehnten eine solche Serie innovativer Spitzenkräfte als Team-Manager verpflichtet hat und wo der Vorstand deren Impulse jeweils nachdrücklich aufgegriffen, gefördert und verstärkt hat. Am ehesten sind solche Vorgehensweisen noch bei Bayern München, Real, Juve, Milan und Liverpool erkennbar. Arsène Wenger ist für Arsenal sicherlich eine konzentrierte Erfolgsbilanz mit Seltenheitswert gelungen: In acht vollen Spieljahren wurde die Mannschaft stets Meister oder Vizemeister. Zu den sieben Titeln in acht Jahren gehören drei Siege im FA-Cup. Der Liga-Rekord von 49 Spielen ohne Niederlage reichte von 2003/04 ins Spieljahr 2004/05 hinein. In Europawettbewerben dagegen blieben Triumphe bisher aus. Während ManU nach dem Eigentümerwechsel eher in eine instabile Periode geschliddert scheint, arbeitet Arsenal weiter an seiner Konkurrenzfähigkeit in der Spitze. Dafür wie auch für eine anhaltende Konkurrenz zum Milliardärsclub Chelsea gibt es eine Reihe von Gebieten, wo Arsenal durchaus Steigerungspotential hat, wo es wachsen kann. Dazu gehört z.B. die Breite der Anhängerschaft im Inland wie im Ausland, wo Arsenal noch hinter den Spitzenclubs des Kontinents rangiert. Da würde sicherlich ein Einzelerfolg in der CL ein erster Durchbruch sein. Doch bedarf es zum sportlichen Ergebnis auch eines größeren Flairs. Mit erneuertem Logo und einer einheitlich-modernen Präsentation seiner Tradition wird an der Ausstrahlung gearbeitet. Nick Hornby hat das Seine vor einem reichlichen Jahrzehnt beigetragen. Weiteres Entwicklungspotential ergibt sich z.B. bei: a) Marketing und PR, das nicht alles dem Internet überläßt und das neben der Ausstrahlung ins Ausland auch stärker als bisher auf die Gewinnung neuer Anhänger außerhalb des Großraumes London in anderen Regionen der Insel abstellt; b) der direkten Wahrnehmung von Geschäftsfeldern, selbst wenn sie nicht zu denjenigen Ertragsbringern gehören, die das „ganz große Geld“ eintragen; c) einer Clubaktivität, die (neben der erforderlichen Kooperation mit Großsponsoren und mit Partnern auf solchen Gebieten, die ein spezielles technisches Know-how erfordern, wie z.B. Breitband, TV), unternehmerisch und basisorientiert ausgerichtet bleibt, und auch Stakeholderverbindungen in ihrer ganzen Breite weiterhin einbezieht. Zu letzterem gehört z.B. auch, die Verbindung zu Stakeholdergruppen verschiedenster Art auf persönliche Weise und durch direkte Ansprache zu pflegen, und nicht vorrangig technische Kommunikationsmethoden der auf Massenkonsum abstellenden industriellen Produkt- und Kundenwerbung einzusetzen. Viele Fußballanhänger werden mit einer Rolle als „ferngesteuerte Kunden“ unzufrieden sein. Arsenal läuft, wie etliche andere Großclubs auch, möglicherweise in Gefahren hinein, die unter anderem dadurch entstehen, daß man sich zu einseitig auf die Gebiete mit großem Erlöspotential ausrichtet. So ist es nur bedingt nachvollziehbar, warum die entstehende schöne Heimstatt zwar modernste Arbeitsbedingungen für die Presse und für Konferenzen, auch zwei Clubshops für das Merchandising und vier Großrestaurants zur Versorgung der bis zu 5.000 Geschäftskunden bietet, ansonsten aber kaum Angebote für die Anhänger und für wirtschaftliche Zusatzerlöse. Möglicherweise hat neben einer skeptischen Betrachtung des Standorts das Ertragspotential aus der Verwertung der übrigen Grundstücke (Wohnungsbau und Verkauf der Eigentumswohnungen) solche Potentiale als vergleichsweise gering in den Schatten gestellt? Das Schaffen geeigneter Treffpunkte, von Plattformen menschlicher Begegnung an allen Tagen der Woche, mithin eine Symbiose von Fankultur und Wirtschaftsorientierung erscheinen hier durchaus paßfähig zum bisherigen Wachsen und Werden des Clubs. Möglicherweise werden solche Stätten dann in den neuen Wohn- oder Mischgebieten entstehen, aber das wäre dann nicht mehr ein Platz Arsenals. (Hinweis: Die oben gezeigten und weitere Charts, auch in Farbe – siehe Anlagen auf der „CD zum Buch“)