4 189 4.6 Verhalten Die Angaben der Eltern in der Marburger
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4 189 4.6 Verhalten Die Angaben der Eltern in der Marburger
4 DISKUSSION 4.6 Verhalten 189 Die Angaben der Eltern in der Marburger Verhaltensliste (MVL) nach EHLERS et al. (82) gaben Aufschluss darüber, inwieweit das Verhalten herzkranker Kinder im Alltag als auffällig einzustufen war. Bei 42,1 % der Kinder wurde im Vortest ein 'Problemverhalten' (Gesamt-MVL) festgestellt. Ein Vergleich mit den Werten gesunder Kinder zeigt, dass der hier ermittelte prozentuale Anteil erhöht war. In der Normierungsstichprobe der MVL (n = 1172, 605 Jungen, 567 Mädchen, 10,0 ± 1,9 Jahre alt) wurden vor 25 Jahren 9 % der gesunden Kinder als verhaltensauffällig bezeichnet (82). IHLE und ESSER (134) analysierten 17 Studien aus den Jahren 1970-2000, um einen Überblick über den aktuellen Wissensstand zur Epidemiologie psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter zu erhalten. Sie stellten einen Mittelwert von 18 % fest, wobei „ca. ¾ der berichteten Prävalenzraten zwischen 15 und 22 %“ (134, S. 163) lagen und die Gesamtvariationsbreite 6,8 % bis 37,4 % betrug. In der Literatur finden sich Angaben zu einem gehäuften Auftreten von Verhaltensauffälligkeiten und -störungen bzw. ein erhöhtes Risiko dazu bei chronisch kranken (28, 42, 208, 225, 269) wie auch bei herzkranken Kindern und Jugendlichen (45, 126, 127, 128, 143, 147, 160, 165, 169, 231, 288). BLANZ (28) gibt für Kinder mit angeborenen Fehlbildungen, darunter auch Herzfehler, eine gegenüber der Norm zwei- bis dreifach höhere Rate an Verhaltensauffälligkeiten an. Ausgehend von dem bei IHLE und ESSER (134) festgestellten Mittelwert kann unser Untersuchungsergebnis dies bestätigen. Unser Ergebnis bekräftigt auch die in empirischen Studien mit der Child Behavior Checklist (CBCL)/4-18 von ACHENBACH (1) bei Kindern und Jugendlichen mit angeborenen Herzfehlern beobachteten Tendenzen. CASEY et al. (45) fanden Verhaltensauffälligkeiten bei 22 % von 26 Kindern mit komplexen Herzfehlern nach Palliativoperation im Vergleich zu 6,9 % bei einer Kontrollgruppe. MUTSCHLECHNER et al. (201) untersuchten 31 Kinder mit zyanotischen und azyanotischen Herzfehlern im Alter von 6-13 Jahren (21 Jungen, 10 Mädchen, 26 operiert, bei 5 Kindern keine Operation nötig) und stellten zunächst ein fast 'normales' Verhalten fest. Ein Vergleich der Angaben der Eltern mit denen eines Expertenteams zeigte jedoch, dass die Eltern in gewisser Weise gegenüber dem Verhalten ihrer Kinder blind waren und 4 DISKUSSION 190 eine hohe Toleranz gegenüber den pathologischen Zeichen ihrer Kinder aufbrachten (201). Tabelle 4.6-1 zeigt die bei KRAMER et al. (165) und NIEßEN (207) mit der MVL ermittelten T-Werte zum Alltagsverhalten herzkranker Kinder im Vergleich zu den hier vorliegenden Ergebnissen des Vortests. Autor, Untersuchungsgut (Anzahl, Alter, Geschlecht, Diagnosen) ggf. Kontrollgruppe Gesamtgruppe statistischer VerMVL- gleich mit KontrollSkalen gruppe bzw. Normierungsstichprobe (T-Wert: 50) Untergruppen Geschlecht Herzfehler m w Sig. KRAMER et al. (165), n = 37, 6-9 Jahre, mit (n = 23) und ohne (n = 14) 'körperliche Einschränkung', Kontrollgruppe mit 'harmlosem Herzgeräusch' (n = 28) 56-57 Gesamt (51,5 Kontrollgruppe) n.s. keine Angabe zH aH Sig. mit 'körperlicher Einschränkung' ohne 'körperliche Einschränkung' 56 57 n.s. 50 ± 8 50 ± 11 53 ± 11 51 ± 9 48 ± 12 47 ± 8 n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. 52 ± 10 n.s. 52 ± 11 n.s. 54 ± 10 * 53 ± 10 n.s. 50 ± 11 n.s. 51 ± 10 n.s. 55 ± 9 53 ± 13 56 ± 0 55 ± 10 50 ± 15 54 ± 8 50 ± 10 50 ± 9 52 ± 10 51 ± 10 50 ± 6 48 ± 11 n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. 55 ± 11 54 ± 11 54 ± 10 55 ± 12 52 ± 11 55 ± 11 EIGENE UNTER- Gesamt 58 ± 9 *** SUCHUNG, Vortest EL 56 ± 9 *** n = 38, 7-14 Jahre KA 60 ± 8 *** w (n = 13), SK 55 ± 12 * m (n = 25) zH, post OP (n = 16) US 56 ± 10 *** 59 ± 9 58 ± 9 62 ± 8 53 ± 14 55 ± 11 56 ± 8 52 ± 8 57 ± 8 58 ± 9 57 ± 8 n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. 58 ± 9 58 ± 9 n.s. 57 ± 10 55 ± 8 n.s. 61 ± 7 60 ± 9 n.s. 53 ± 13 56 ± 12 n.s. 57 ± 11 56 ± 9 n.s. 57 ± 9 52 ± 8 n.s. 54 ± 8 NIEßEN (207), n = 26, 6-33 Jahre (14,5 ± 6,4), w (n = 13), m (n = 13) ToF (n = 12), VSD (n = 14) aH, post OP (n = 20), keine OP nötig (n = 2) Tab. 4.6-1: Gesamt EL KA SK US IL IL 56 ± 9 *** * 57 ± 10 n.s. Ergebnisse von Studien zum Alltagsverhalten bei herzkranken Kindern, erfasst mit der Marburger Verhaltensliste (MVL) von EHLERS et al. (82), sowie die eigenen Untersuchungsergebnisse des Vortests. Mittlere T-Werte in der Gesamt-MVL und den Subskalen (EL = 'Emotionale Labilität', KA = 'Kontaktangst', SK = 'Unrealistisches Selbstkonzept', US = 'Unangepasstes Sozialverhalten', IL = 'Instabiles Leistungsverhalten') für die Gesamtgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe bzw. Normierungsstichprobe sowie bei Jungen (m) im Vergleich zu Mädchen (w), Kindern mit zyanotischen im Vergleich zu azyanotischen angeborenen Herzfehlern (zH/aH) (OP = Operation, Sig. = Signifikanz, n.s. = nicht signifikant / p > 0,05, * = p ≤ 0,05, *** = p ≤ 0,001). Unsere Ergebnisse bestätigen die von KRAMER et al. (165) und NIEßEN (207) ermittelten Resultate in Bezug auf die Einordnung des Gesamtwertes im mittleren bis oberen Normbereich. Während sich der bei uns festgestellte mittlere T-Wert der GesamtMVL hoch signifikant von dem bei EHLERS et al. (82) angegebenen Mittelwert der Normierungsstichprobe von 50 unterschied, konnte dies jedoch bei NIEßEN (207) 4 DISKUSSION 191 nicht nachgewiesen werden. Hinsichtlich der Ergebnisse von KRAMER et al. (165) ist darauf hinzuweisen, dass die Kontrollgruppe aus Kindern mit harmlosen Herzgeräuschen (innocent murmur) bestand, die möglicherweise bei ängstlichen Eltern nicht mit völlig unbelasteten Kindern zu vergleichen sind. Die von uns festgestellten Auffälligkeiten in den sozialen Bereichen des Verhaltens 'Unangepasstes Sozialverhalten' und insbesondere 'Kontaktangst' – 60,5 % der Kinder zeigten ein problematisches Verhalten – bestätigen die Angaben in der Literatur. Viele Autoren weisen auf die Dominanz intrapsychischer Defizite bei chronisch kranken Kindern (42, 208, 269) und bei herzkranken Kindern (45, 165, 169, 227, 231, 288) hin. Besonders betont wird das Auftreten von Kontaktstörungen in Form von Problemen beim Aufbau und Aufrechterhalten von Sozialkontakten zu Gleichaltrigen. KONG et al. (160) berichten über eine schlechtere soziale Anpassung herzkranker Kinder in Schule und Freizeit. Unsere Ergebnisse bestätigen auch die von NIEßEN (207) festgestellte auffällige 'Kontaktangst' der herzkranken Kinder gegenüber der Normierungsstichprobe sowie die mit anderen Testverfahren ermittelten Resultate. MUTSCHLECHNER et al. (201) stellten im Rahmen ihrer Studie (Child Behavior Checklist, Interviews, projektive Verfahren, Children Anxiety Test) bei 50 % der Kinder 'Probleme mit Gleichaltrigen' in hohem Umfang und bei weiteren 22,6 % in geringem Umfang fest. Bei 29,1 % konnte ein ausgeprägtes und bei 61,3 % ein leicht ausgeprägtes konfliktvermeidendes Verhalten beobachtet werden. RATZMANN et al. (227) untersuchten 9- bis 16-jährige herzoperierte Kinder (34 mit ToF, 28 mit CoA, jeweils vor mindestens einem Jahr operiert) und eine Kontrollgruppe aus 60 Kindern mit funktioneller Kreislaufsymptomatik mit verschiedenen Testverfahren (Mannheimer Biografisches Inventar (MBI) von JÄGER et al. (139), Interviews, Fragebögen, Intelligenz-, Konzentrations- und Lerntests, Angst-Test). Sie stellten fest, dass die herzoperierten Kinder signifikant weniger Erfolge im Kontaktverhalten erlebten als die Kontrollgruppe. Eine Untersuchung von STICKER et al. (272) an jüngeren herzkranken Kindern zeigte dagegen entgegengesetzte Ergebnisse zu den sozialen Komponenten des Verhaltens. Sie führten eine Befragung der Eltern von 38 herzkranken Kindern im Alter von 4-8 Jahren mit dem Verhaltensbeurteilungsbogen für Vorschulkinder (VBV 3-6) (60) durch und fanden im Vergleich zu der entsprechenden Normstichprobe in Bezug auf 4 DISKUSSION 192 Aggressivität und soziale Kompetenz keine Defizite der Kinder. Im Rahmen ihrer Studie untersuchten sie die betroffenen Kinder mit dem Hamster-Test von DEEGENER et al. (57) und dem Netzwerkskulpturverfahren von GÖDDE et al. (101). Auch hinsichtlich des sozialen Netzwerks konnten STICKER et al. (272) keine Defizite feststellen. Das niedrigere Alter der Kinder und die Verschiedenartigkeit der Methoden sind bei der Bewertung zu beachten. Denkbar wäre, dass ein früheres Operationsalter der jüngeren Kinder zu günstigeren Entwicklungsbedingungen geführt hat (105, 264) und daher von STICKER et al. (272) keine Defizite in sozialen Komponenten des Verhaltens nachzuweisen waren. Im Rahmen unserer Untersuchung zeigte ein Drittel der Kinder sowohl im Bereich 'Kontaktangst' als auch im Bereich 'Unangepasstes Sozialverhalten' ein auffälliges Verhalten und bei Kindern, die Auffälligkeiten bezüglich der 'Emotionalen Labilität' aufwiesen, war eine erhöhte 'Kontaktangst' festzustellen. Dies weist auf mögliche Zusammenhänge zwischen diesen Faktoren hin und sollte in weiteren Untersuchungen näher betrachtet werden. In den emotionalen Komponenten des Verhaltens 'Emotionale Labilität' und 'Unrealistisches Selbstkonzept' wurden bei den hier untersuchten Kindern gegenüber dem Wert der Normierungsstichprobe jeweils hoch signifikant bzw. signifikant erhöhte mittlere T-Werte festgestellt. Dies konnte von NIEßEN (207) nicht nachgewiesen werden. Mit anderen Testverfahren wurden widersprüchliche Ergebnisse bezüglich emotionaler Verhaltenskomponenten bei herzkranken Kindern festgestellt. RATZMANN et al. (227) ermittelten in ihrer Studie, dass herzoperierte Kinder und Jugendliche im Vergleich zu gesunden hinsichtlich des Verhaltens in Stresssituationen signifikant weniger frustrationstolerant bzw. störanfälliger waren. Eine Befragung der entsprechenden Lehrer (n = 44) ergab, dass sich bei der Hälfte der Kinder eine geringe Frustrationstoleranz zeigte (228). MUTSCHLECHNER et al. (201) stellten im Rahmen ihrer Untersuchung fest, dass von den untersuchten Kindern 25,8 % stark und 38,7 % leicht depressiv waren. STICKER et al. (272) ermittelten bei jüngeren Kindern, auf Basis der Angaben ihrer Eltern, emotionale Auffälligkeiten, die im Durchschnitt signifikant über dem Mittelwert der Norm lagen. Im Gegensatz dazu zeigten sich laut den Angaben der Kinder gegenüber der Norm jedoch keine Defizite hinsichtlich der 'Emotionalen Labilität'. Hier ergibt sich die Problematik der 4 DISKUSSION 193 Vergleichbarkeit verschiedener Untersuchungsergebnisse aus Sicht der Eltern oder auf Basis einer Einschätzung durch die Kinder selbst. Ein unrealistisches Selbstbild bzw. Selbstkonzept kann einerseits in Form eines zu niedrigen Selbstbildes (87, 128, 148, 213) oder eines stärkeren Minderwertigkeitsgefühls vorliegen (165, 288), andererseits kann es auch in Form eines übersteigerten Selbstbildes auftreten (128, 148). KAHLERT (147) befragte 31 herzkranke Jugendliche im Alter von 12-18 Jahren mit dem Mannheimer Biografischen Inventar (139) und ermittelte, dass 35,5 % ein extrem positives, 12,9 % ein eher negatives und 51,6 % ein der Norm entsprechendes Selbstbild zeigten. UZARK und MESSITER (291) stellten im Gegensatz dazu bei einer Fragebogenerhebung fest, dass sich Jugendliche und junge Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern (n = 90, 13-22 Jahre alt, mittleres Alter: 16,1 Jahre, 73 % operiert) in ihrem Selbstkonzept nicht von Gleichaltrigen ohne chronische Erkrankung (n = 54) unterschieden. Für diese heterogenen Ergebnisse können möglicherweise unterschiedliche Untersuchungsverfahren sowie Unterschiede der Probanden in Alter und Krankheitsbild mit verantwortlich sein. Die leistungsbezogene Komponente des Verhaltens 'Instabiles Leistungsverhalten' kann z. B. in Form von Konzentrationsstörungen und unstetem Arbeitsverhalten zum Ausdruck kommen. Diese Variable betreffend bestätigen unsere Beobachtungen nicht die Ergebnisse von NIEßEN (207), jedoch die Resultate anderer Untersuchungen mit gleichaltrigen und jüngeren herzkranken Kindern. Laut RATZMANN et al. (227) besteht ein signifikant unterdurchschnittliches Konzentrationsvermögen herz- operierter Kinder im Vergleich zur Norm gesunder Kinder. Zwei Drittel der untersuchten Kinder gaben an, Leistungs- und Konzentrationsschwierigkeiten zu haben, 61,8 % der Kinder mit ToF und 67,9 % der Kinder mit CoA. Signifikant niedrigere Konzentrationsleistungen der herzkranken gegenüber den gesunden Kindern bestätigten auch deren Lehrer (228). STICKER et al. (272) ermittelten auf Basis der Angaben der Eltern Auffälligkeiten der herzkranken Kinder im Bereich Hyperaktivität/Spielausdauer, welcher Ablenkbarkeit, fehlende Ausdauer und schnelles Aufgeben beinhaltet. 4 DISKUSSION 194 Eine geschlechtsspezifische Auswertung der Untersuchungsergebnisse zeigte das auffälligste Verhalten bei den Jungen hinsichtlich der Subskala 'Kontaktangst'. Dies bestätigt die Ergebnisse von NIEßEN (207). IHLE und ESSER (134) stellten bei ihrer Metaanalyse fest, dass psychische Störungen in hohem Maße geschlechtsabhängig sind. Bis zum Alter von 13 Jahren traten höhere Gesamtprävalenzen bei Jungen auf, im Zuge der Adoleszenz fand eine Angleichung der Raten statt. Bei Jungen zeigten sich höhere Raten 'externalisierender Störungen'. Hinsichtlich der 'internalisierenden Störungen' traten depressive Auffälligkeiten im Schulalter bei Jungen häufiger auf, ab dem späten Jugendalter jedoch häufiger beim weiblichen Geschlecht. Auf ein allgemein höheres Auffälligkeitsrisiko herzkranker Jungen gegenüber Mädchen wiesen RESCH et al. (232) hin. FLOQUET et al. (87) konnten bezüglich der emotionalen Verhaltenskomponente 'Selbstkonzept' mit dem Youth Self Report (YSR) von ACHENBACH (1) an Kindern und Jugendlichen mit angeborenen Herzfehlern (n = 48, 12-16 Jahre alt) ein in allen Bereichen signifikant oder sehr signifikant schlechteres Ergebnis der Jungen gegenüber gesunden Gleichaltrigen (n = 49) feststellen. Bei den Mädchen dagegen lagen keine signifikanten Unterschiede zur Kontrollgruppe vor. In der Untersuchung von RATZMANN et al. (227) war jedoch der Faktor Geschlecht bei keinem Verhaltensmerkmal von Bedeutung. Unterschiedlich eingesetzte Testverfahren sind als Ursache für diese Diskrepanzen zu diskutieren. Im Rahmen der Ursachenforschung für das von ihnen festgestellte Ergebnis beobachteten FLOQUET et al. (87) bei den herzkranken Jungen einen Zusammenhang zwischen 5 von 7 überprüften Bereichen des Selbstkonzepts und ärztlich auferlegten sportlichen Einschränkungen. Letztere waren wiederum abhängig von der Schwere der Erkrankung. Jungen, die ein Sportverbot hatten, zeigten signifikant niedrigere Werte im Selbstkonzept als Jungen, die am Sport teilnahmen. Die Autoren interpretierten diese Zusammenhänge in der Form, dass das Sportverbot bei Jungen für die Akzeptanz und Integration in die Gruppe der Gleichaltrigen hinderlich ist. Innerhalb der Gruppe der Mädchen dagegen basiert ihrer Meinung nach die Anerkennung nicht auf körperlicher Fitness, so dass das Gefühl des 'Andersseins' ihr Selbstkonzept nicht in der Form beeinflusst. Im Rahmen unserer Untersuchung hatten lediglich zwei Jungen eine vollständige und ein Junge eine Teilbefreiung vom Schulsport. Vermutlich ist das der Grund dafür, dass gerade in der Subskala 'Unrealistisches Selbstkonzept' das günstigste Ergebnis der Jungen ermittelt wurde. 4 DISKUSSION 195 Bei der Auswertung nach Alter zeigten sich größere Auffälligkeiten im Verhalten der älteren gegenüber den jüngeren herzkranken Kinder. Der Unterschied war im Vortest signifikant bezüglich der Variable 'Unrealistisches Selbstkonzept'. Inwieweit dem Beachtung geschenkt werden muss, sollte in weiteren Untersuchungen hinterfragt werden. Ein Vergleich der von angeborenem Herzfehler bzw. postoperativem Restbefund unterschiedlich schwer betroffenen Kindern zeigte keine signifikanten Unterschiede in den Ausprägungen des Verhaltens. Dies wird dadurch bekräftigt, dass kein Zusammenhang zwischen der maximalen relativen Leistungsfähigkeit und der Ausprägung des Verhaltens der Kinder festzustellen war. Ein Einfluss des Operationsalters konnte lediglich auf die Subskala 'Unangepasstes Sozialverhalten' bestätigt werden. Kinder, die bis zum Alter von 2,5 Jahren operiert wurden, zeigten annähernd normgerechte Ergebnisse, während später operierte Kinder eine demgegenüber signifikant erhöhte Verhaltensauffälligkeit aufwiesen. KRAMER et al. (165) konnten in ihrer Untersuchung die Hypothese, dass Kinder mit Einschränkungen der Leistungsfähigkeit häufiger ein anormales Verhalten aufweisen, ebenfalls nicht bestätigt finden. NIEßEN (207) stellte lediglich bei der Subskala 'Instabiles Leistungsverhalten' signifikant höhere Werte bei Kindern mit ToF gegenüber Kindern mit VSD fest. Unter Verwendung anderer Testverfahren finden sich insgesamt widersprüchliche Hinweise hierzu. MUTSCHLECHNER et al. (201) stellten bei ihrer Untersuchung keine Korrelation der präoperativen Diagnose und des postoperativen Status mit irgendeiner psychologischen Variable fest. Sie stellten auch keine Beziehung zwischen Selbstvertrauen und Einschränkungen der körperlichen Aktivitäten (p = 0,08) fest. STEIN et al. (267) setzten die Child Behavior Checklist (1) ein, um das Verhalten von 16 Kindern mit operierten azyanotischen Herzfehlern (Gruppe 2), 18 Kindern mit operierten zyanotischen Herzfehlern (Gruppe 3) und 16 Kindern, deren Herzfehler nicht therapiebedürftig waren (Gruppe 1), durch ihre Eltern einschätzen zu lassen. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Tendenziell wies Gruppe 1 die geringsten Verhaltensauffälligkeiten auf und Gruppe 3 zeigte günstigere Ergebnisse als Gruppe 2. Das bessere Abschneiden der Gruppe 3 gegenüber Gruppe 2 führten die Autoren auf eine besondere Förderung dieser Jugendlichen zurück. In der Untersuchung von RATZMANN et al. (227) gab es keine signifikanten 4 DISKUSSION 196 Unterschiede hinsichtlich der Verhaltensmerkmale zwischen den schwerer betroffenen herzoperierten Kindern mit ToF gegenüber den leichter betroffenen Kindern mit CoA. UTENS et al. (289) untersuchten die Eltern von 10- bis 15-jährigen herzoperierten Kindern (n = 144) mit der Child Behavior Checklist (1) sowie herzoperierte Kinder (n = 179) im Alter von 11-17 Jahren mit dem Youth Self Report (1). Sie konnten ebenfalls keine signifikanten Unterschiede im Verhalten unterschiedlicher kardialer Diagnosegruppen finden. Eine weitere Befragung der Eltern von 125 herzkranken Kindern im Alter von 10-15 Jahren mit der Child Behavior Checklist (1) durch UTENS et al. (290) ergab jedoch stärkere Auffälligkeiten in Zusammenhang mit einer höheren Anzahl an Herzoperationen. In der Literatur finden sich jedoch auch Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Verhaltensauffälligkeiten und Schweregrad der Erkrankung bei herzkranken Kindern und Jugendlichen (28, 126, 127). Psychosoziale Schwierigkeiten sind dabei vornehmlich in Verbindung mit bleibenden körperlichen Beeinträchtigungen zu beobachten (147, 148, 165, 230, 268). Therapiepflichtige psychosoziale Störungen treten gehäuft bei Patienten mit palliativ operierten Vitien auf (169). Konkrete Angaben hierzu finden sich vor allem zu emotionalen Aspekten des Verhaltens, insbesondere zum Selbstwert. Laut RESCH (231) und RESCH et al. (232) zeigen Kinder mit aktueller kardialer Symptomatik im Vergleich zu denen, die keine Symptome aufweisen, deutlich häufiger Probleme mit dem Selbstwert und der Zukunftsorientierung sowie Gefühle der Depression und einen Mangel an Optimismus. KAHLERT (147) stellte im Rahmen ihrer Studie bei Jugendlichen mit angeborenen Herzfehlern fest, dass je ungünstiger der somatische Befund und die Krankheitsprognose waren, desto eher wichen die Jugendlichen bezüglich ihres Selbstbildes von gesunden Altersgenossen ab. UZARK und MESSITER (291) konnten im Rahmen ihrer Fragebogenerhebung feststellen, dass Patienten mit schwereren Erkrankungen ein signifikant niedrigeres Selbstkonzept hatten als diejenigen mit leichteren Erkrankungen (p < 0,05). KRAMER et al. (165) ermittelten mit Hilfe des Persönlichkeitsfragebogens für Kinder (PFK) 9-14 von SEITZ und RAUSCHE (261) in ihrer Untersuchung bei herzkranken Kindern (n = 54, 10-14 Jahre alt), dass diejenigen mit eingeschränkter körperlicher Leistungsfähigkeit gegenüber gesunden Kindern einer Kontrollgruppe ein ausgeprägteres Unterlegenheits- und Minderwertigkeitsgefühl (p = 0,00033) sowie ein stärkeres Angsterleben (p = 0,00638) aufwiesen. Keine dieser Auffälligkeiten 4 DISKUSSION 197 bestand bei herzkranken Kindern ohne eine physische Beeinträchtigung. Bezüglich sozialer Komponenten des Verhaltens stellten MUTSCHLECHNER et al. (201) fest, dass eine Zunahme von Einschränkungen der körperlichen Aktivität in signifikanter Beziehung zu einer Reduzierung des Kontakts mit Gleichaltrigen steht (p = 0,03). Weiterhin beobachteten sie, dass sich mit früherem Operationsalter die Chance einer 'normalen' Mutter-Kind-Beziehung verbesserte (p = 0,04) und offenbar damit zusammenhängend auch die Fähigkeit, Konflikte zu lösen, steigerte (p = 0,01) (201). RATZMANN et al. (227) vermuten, dass sich ein überbehütender und damit einengender Erziehungsstil der Eltern bei früherem Operationstermin weniger ausprägt und daher in diesem Fall weniger Verhaltensauffälligkeiten auftreten. Nach dem motorischen Förderprogramm kam es lediglich zu nicht signifikanten Veränderungen des Alltagsverhaltens der herzkranken Kinder. Der Anteil der Kinder mit 'Problemverhalten' (Gesamt-MVL) erhöhte sich zum Nachtest von 42,1 % auf 55,3 %. Veränderungen ergaben sich insbesondere bei der Subskala 'Instabiles Leistungsverhalten'. Im Widerspruch zu den mit der MVL ermittelten Ergebnissen standen die von den Eltern im Interview gemachten Angaben zu Verbesserungen durch das Sportprojekt. Methodische Aspekte sind vermutlich für die Diskrepanzen verantwortlich. STICKER et al. (272) konnten im Rahmen ihrer Studie nach Beendigung eines vergleichbaren motorischen Förderprogramms feststellen, dass alle vorher schon normgerechten Ergebnisse bestehen blieben. Im Gegensatz dazu wird bei herzkranken Kindern im Zusammenhang mit den physischen Effekten eines Rehabilitationsprogramms auch über Verbesserungen emotionaler und sozialer Verhaltenskomponenten berichtet. So wird eine positive Veränderung der sozialen Interaktion, des Selbstvertrauens, der Kontaktfreudigkeit sowie eine Reduktion von Ängsten angeführt (43, 189, 247). FREDRIKSEN et al. (90) untersuchten 10- bis 16-jährige herzkranke Kinder und Jugendliche verschiedener Diagnosen (n = 55) und Kinder einer Kontrollgruppe (n = 38) mit dem Youth Self Report (1) und befragten die Eltern der Kinder mit der entsprechenden Child Behavior Checklist (1). Die Kinder der Trainingsgruppe absolvierten ein 2-wöchiges Trainingsprogramm in einem Rehabilitationszentrum oder ein zweimal wöchentlich stattfindendes 5-monatiges ambulantes Programm (Einführung in Schwimmen, Fußball, Volleyball und andere Aktivitäten zur Schulung von Kraft, Koordination, Gleich- 4 DISKUSSION 198 gewicht, Flexibilität und Ausdauer). Laut Angaben der Eltern reduzierten sich die Auffälligkeiten im Bereich 'internalisierendes Problemverhalten' – insbesondere sozialer Rückzug und somatische Beschwerden betreffend – bei der Trainingsgruppe signifikant (p = 0,047); bei der Kontrollgruppe war dagegen keine signifikante Veränderung festzustellen. 'Externalisierendes Problemverhalten' konnte sowohl bei der Trainingsgruppe (p = 0,008) als auch bei der Kontrollgruppe (p = 0,008) signifikant vermindert werden. Eine signifikante Reduktion von Auffälligkeiten konnte für beide Gruppen auch für den Bereich der sozialen Probleme nachgewiesen werden (Trainingsgruppe: p = 0,002, Kontrollgruppe: p = 0,009). Bezüglich Ängstlichkeit und Depression gaben die Eltern keine Veränderungen an. Die Angaben der Kinder und Jugendlichen im Youth Self Report konnten jedoch die der Eltern nicht bestätigen. Laut STICKER et al. (272) neigen die Eltern herzkranker Kinder offenbar dazu, die kindliche Entwicklung ihrer Kinder besonders genau zu verfolgen. Dies erscheint den Autoren bei Eltern mit entwicklungsgefährdeten Kindern auch durchaus nachvollziehbar. Jungen und Mädchen sowie unterschiedlich schwer betroffene Kinder unterschieden sich in der Veränderung des Verhaltens vom Vor- zum Nachtest nicht. Hinsichtlich der beiden Altersgruppen war bei den jüngeren Kindern eine signifikante Veränderung von dem zuvor normgerechten Ergebnis in Richtung eines erhöhten Wertes bei der Subskala 'Unrealistisches Selbstkonzept' festzustellen; die älteren Kinder veränderten ihren eingangs bereits erhöhten Wert nicht. Vergleichsuntersuchungen hierzu liegen nicht vor. Verhaltensauffälligkeiten bei herzkranken Kindern können vielfältige Ursachen haben, wobei die chronische Erkrankung in Abhängigkeit vom Vorliegen bestimmter Variablen das Verhalten sehr unterschiedlich beeinflussen kann (28). Hinsichtlich der krankheitsbedingten Faktoren werden der Schweregrad des Herzfehlers (28, 126, 127), das Ausmaß an postoperativen Restdefekten (126, 127) sowie der Operationszeitpunkt (201, 227) diskutiert. Weiterhin wird auf die Bedeutung von Umweltbedingungen für die Entstehung von psychosozialen Auffälligkeiten aufmerksam gemacht (36, 100, 143, 169, 184, 210, 222, 227). Insbesondere massive psychische Auffälligkeiten bei herzkran- ken Kindern sind in der Regel nicht allein mit dem Herzfehler sondern mit der zusätzlichen familiären Problematik in Zusammenhang zu bringen (231). Laut KONG 4 DISKUSSION 199 et al. (160) werden Verhaltensstörungen sogar eher durch mütterliche Faktoren (emotionale Störung, Schuld und Angst) als durch krankheitsbedingte körperliche Einschränkungen verursacht. Die Autoren stellten fest, dass soziale Verhaltensstörungen in signifikanter Beziehung zu mütterlichen Schuldgefühlen (p < 0,05) und zum Verwöhnen (p < 0,02) stehen. Auch in der Untersuchung von MUTSCHLECHNER et al. (201) zeigten Mutter-Kind-Merkmale eine Beziehung zum Kontakt zu Gleichaltrigen (p = 0,04) und zu Konfliktlösestrategien (p = 0,041). Eine 'normale' Beziehung zwischen Mutter und Kind führte dabei zu 'normalem' Kontakt zu Gleichaltrigen und einer guten Fähigkeit, Konflikte zu lösen. Soziale Kompetenz zeigte wiederum einen Einfluss auf das Selbstvertrauen (p = 0,03) (201). Auch emotionale Verhaltensstörungen der Kinder zeigten einen signifikanten Zusammenhang zu Verhaltensstörungen (p < 0,01), Schuldgefühlen (p < 0,01) und Ängstlichkeit bei der Mutter (p < 0,05) (160). In der Regel treten jedoch nach erfolgreicher Herzoperation normale Familien- verhältnisse ein und die Mütter kehren zu einem ausgeglichenen Erziehungsverhalten zurück (169). Umgekehrt können jedoch auch Umwelteinflüsse im positiven Sinne kompensierend wirken. So beobachtete KAHLERT (147), dass trotz körperlicher Defizite ein positives Selbstbild aufgebaut wurde, wenn ein starker familiärer Rückhalt, persönliche Reife und eine gute intellektuelle Ausstattung vorlagen. Die familiäre Situation der hier untersuchten Kinder erschien eher günstig. Die Tatsache, dass die Mehrzahl der herzkranken Kinder noch jüngere Geschwister hatte, lässt sich vorsichtig als zuversichtliche Haltung der Eltern interpretieren, da die Eltern sich 'getraut haben', nach dem herzkranken Kind noch ein weiteres Kind zu bekommen. Ungünstig erschienen die bei einem Teil der Kinder bestehenden Ausgrenzungen im Schul- bzw. Freizeitsport. Inwieweit die hier beobachtete auffällige 'Kontaktangst' möglicherweise mit dem Erleben von Versagen, Inkompetenz und Ausgegrenztheit in der Auseinandersetzung mit Umwelt, Schule und Freunden in Zusammenhang steht, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Die beobachteten geschlechtsspezifischen Tendenzen bezüglich der 'Kontaktangst' können neben dem generellen Trend zu vermehrten Auffälligkeiten bei Jungen gegenüber Mädchen im Kindes- und frühen Jugendalter (134) vermutlich auch daran liegen, dass die Herzerkrankung jeweils unterschiedlich bewältigt wurde. Der hier festgestellte Alterseffekt ist ggf. darauf zurückzuführen, dass sich die älteren Kinder in einer anderen 4 DISKUSSION 200 Form mit ihrer Erkrankung beschäftigen als die jüngeren und so bewusster ihre Einschränkungen erleben. Eine gegenseitige Beeinflussung der motorischen Fähigkeiten mit emotionalen und sozialen Verhaltensweisen, wie bei STICKER (270) und ZIMMER (310) beschrieben, konnte im Rahmen unserer Untersuchung nicht nachgewiesen werden. RETHORST (233) bestätigte dies jedoch für gesunde Kinder (n = 160) im Vorschulalter. Der Autor untersuchte die motorischen Fähigkeiten der Kinder mit dem Motoriktest für 4- bis 6-jährige Kinder (MOT 4-6) von ZIMMER und VOLKAMER (308) und ihre emotionalen und sozialen Verhaltensweisen auf Basis von Kriterien, die von ZIMMER (312) entwickelt wurden. Es zeigte sich eine positive Korrelation der Körperkoordination mit dem Selbstkonzept, der sozialen Kompetenz und den Reaktionen auf spielerische und motorische Aufgaben. Die Tatsache, dass im Rahmen unserer Untersuchung keine positive Veränderung des Verhaltens nachgewiesen werden konnte, liegt vermutlich daran, dass das 8-monatige und einmal wöchentlich stattfindende Programm zu kurz und zu wenig intensiv war. Eine Untersuchung von PIEHLER (224) bestätigt, dass die Früchte einer speziellen Förderung sich nur schwer im Alltag von Kindern bemerkbar machen. Die Autorin stellte bei einer Untersuchung an 29 Grundschulkindern des ersten und zweiten Schuljahres fest, dass auch nach 2 Jahren Sportförderunterricht die Außenseiterstellung der Kinder nicht abgebaut werden konnte, obwohl Kontakt- und Kommunikationsschwierigkeiten abnahmen. DORDEL (61) weist darauf hin, dass sich sogar im Sportförderunterricht erreichte positive Effekte, wie z. B. eine Integration sozial randständiger Kinder oder der Abbau auffälliger Verhaltensweisen, nicht unbedingt auf die alltägliche Situation auswirken. Die von FREDRIKSEN et al. (90) nachgewiesenen Verbesserungen könnten ein Hinweis darauf sein, dass ein mehr als einmal pro Woche durchgeführtes Programm eher geeignet ist, Verbesserungen im psychosozialen Bereich zu erzielen. Methodisch gesehen besteht bei der Verwendung der MVL die Vermutung, dass im Nachtest eine genauere Beobachtung der Kinder durch die Eltern stattgefunden hat und damit das Testergebnis unter Umständen in ungünstige Richtung beeinflusst wurde. 4 DISKUSSION 201 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die herzkranken gegenüber gesunden Kindern Verhaltensauffälligkeiten im Alltag zeigten. Insbesondere war eine zu stark ausgeprägte 'Kontaktangst' zu beobachten, bei der die Jungen stärker auffielen als die Mädchen. Die älteren Kinder zeigten ein auffälligeres Verhalten als die jüngeren, insbesondere das 'Unrealistische Selbstkonzept' betreffend. Hinsichtlich der Rahmenbedingungen der Erkrankung zeigte sich ein Einfluss des Operationsalters auf das Sozialverhalten. Nach dem Förderprogramm konnte keine Veränderung des Verhaltens festgestellt werden. Für die Praxis lässt sich ableiten, dass im Rahmen der Bewegungstherapie mit herzkranken Kindern Verhaltensauffälligkeiten zu beachten sind. Das Hauptaugenmerk ist auf den Abbau von Kontaktängsten zu legen. Insbesondere bei späterem Operationstermin ist auf ein frühzeitiges Nachholen sozialer Erfahrungen zu achten, um die Entwicklung eines adäquaten Sozialverhaltens zu fördern. Hier kann vermutlich eine zusätzliche Intensivierung der Zusammenarbeit mit Eltern und Lehrern helfen, negative Einflüsse aus der Umwelt, wie z. B. Überbehütung, abzubauen. Ein Beobachten ihrer Kinder bei der Bewegungstherapie und ein Bewusstmachen ihrer Bewegungsmöglichkeiten könnte dazu führen, dass die Eltern den Kindern mehr zutrauen und ihnen mehr Freiraum bei 'Bewegung, Spiel und Sport' lassen. Hier scheint die Mutter als die meist engste Bezugsperson des herzkranken Kindes eine Schlüsselrolle einzunehmen. Um die Möglichkeiten für eine positive Verhaltensänderung im Alltag durch Bewegungstherapie zu verbessern, müssen offenbar mehr als eine Übungseinheit pro Woche über einen länger als 8-monatigen Zeitraum stattfinden.