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FASERN UND
COMPOSITE
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VERPACKUNGEN
UND KONFORMITÄT
» DRUCK UND
FUNKTIONALE OBERFLÄCHEN
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PAPIERWIRTSCHAFT 4.0
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MATERIALPRÜFUNG
UND ANALYTIK
PTS-FORSCHUNGSBERICHT IK-MF 130082
REDUZIERUNG DER PHTHALATE-MIGRATION AUS RECYCLINGKARTON
IN LEBENSMITTEL
R. Spörl, A. Harling
Reduzierung der Phthalate-Migration aus Recyclingkarton in Lebensmittel
„Phthalate“
PTS-Forschungsbericht
Juni 2016
Papiertechnische Stiftung (PTS)
Heßstraße 134
D - 80797 München
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Download-Information:
Diese Studie steht auf der Homepage der
PTS zum Download bereit:
www.ptspaper.de/forschungsdatenbank
Ansprechpartner:
Dr. Antje Harling
Tel. (03529) 551-663
Antje.Harling@ptspaper.de
Papiertechnische Stiftung PTS
Institut für Zellstoff und Papier IZP
Pirnaer Straße 37
01809 Heidenau
Die Ergebnisse wurden im Rahmen des Forschungsvorhabens
MF 130082 gewonnen, das im Programm zur "Förderung von
Forschung und Entwicklung bei Wachstumsträgern in benachteiligten
Regionen" mit finanziellen Mitteln des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Energie (BMWi) über den Projektträger EuroNorm
Gesellschaft für Qualitätssicherung und Technologie mbH aufgrund
eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert wurde.
Dafür sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
Unser Dank gilt außerdem den beteiligten Firmen für die Probenbereitstellung und für die freundliche Unterstützung bei der Projektdurchführung.
R. Spörl, A. Harling: Phthalate
2 (25)
Reduzierung der Phthalate-Migration aus Recyclingkarton in
Lebensmittel
R. Spörl, A. Harling
Inhalt
1
Zusammenfassung .................................................................................................................... 3
2
Abstract ....................................................................................................................................... 4
3
Einleitung..................................................................................................................................... 6
4
Material und Methoden .............................................................................................................. 8
5
Etablierung der Phthalat-Analytik .......................................................................................... 10
6
Identifizierung Quellen und Senken ...................................................................................... 14
7
Phthalate-Bilanz........................................................................................................................ 15
8
Phthalate-Migration .................................................................................................................. 19
9
Ermittlung Reduktionspotential ............................................................................................. 20
10
Ableitung Handlungsempfehlungen ..................................................................................... 21
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3 (25)
1 Zusammenfassung
Thema
Untersuchung der Eintragsquellen von Phthalaten sowie der An- bzw. Abreicherung im Herstellungsprozess von Lebensmittelverpackungen aus Altpapier.
Ziel des
Projektes
Das Vorhaben hatte zum Ziel, die Phthalate-Migration in Lebensmittel aus
Altpapier basierten Verpackungsmaterialien zu reduzieren. Hierzu sollten die
Phthalat-Quellen identifiziert und quantifiziert sowie das Reduzierungspotenzial
ermittelt werden. Es wurden Handlungsempfehlungen erarbeitet, welche die
Einhaltung aktueller und ggf. zukünftiger Grenzwerte zu Phthalat-Gehalten in
Lebensmitteln sicherstellen.
Ergebnisse
Es wurden umfassende gaschromatographische Methoden entwickelt, mit
welchen die Untersuchung sämtlicher Proben der Prozesskette (Rohstoff Altpapier, Additive, Additivbehälter, Veredelungschemikalien, Druckfarben, Lacke,
Klebstoffe, Wässer, Rejekte, Flotate, Pulpen, Papiere, Pappe, Kartone) erfolgen
kann.
In verschiedenen Papiererzeugenden bzw. -verarbeitenden sächsischen KMU
sowie ergänzend im Technikum der PTS wurden durch umfangreiche Probenahmen die Eintragsquellen und Senkungspotentiale systematisch ermittelt. Eine
Belastung von PPK mit Phthalaten (v.a. DiBP, DBP und DEHP) ist weiterhin
festzustellen. Neue, noch nicht Grenzwert belegte Phthalate wurden nicht als
Problemstoffe für die Migration in Lebensmittel/-simulantien identifiziert.
Die PTS kann im Bereich analytische Dienstleistungen das Angebot um die
Phthalat Bestimmung und Migrationsuntersuchungen erweitern. Im Zuge der
umfassenden Prozessanalytik hinsichtlich Phthalateinträgen und –gehalten in
verschiedenen Stufen, können systematisch und individuell je Unternehmen die
betreffenden Eintragsquellen und Potentiale zur Reduktion im bestehenden
Prozess ermittelt und als Beratungsleistung angeboten werden.
Schlussfolgerung
Aktuelle und zukünftige Grenzwerte für Phthalat-Gehalte in Lebensmitteln und
Reststoffen können mit den erworbenen Kenntnissen des Projektes sicher und
proaktiv eingehalten werden. Die Fortsetzung des Einsatzes von Altpapier als
Rohstoff für Lebensmittelverpackungen ist von großem wirtschaftlichem Interesse. Ein Reputationszugewinn und damit Umsatz- und Gewinnsteigerungen
sind zu erwarten.
Erkenntnisse und Erfahrungen des Projektes werden für die weitere Forschungstätigkeit im Themenkomplex unerwünschte Inhaltsstoffe in Lebensmittelverpackungen aus Papier genutzt.
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4 (25)
2 Abstract
Theme
Reduction of the migration of phthalates from packaging materials made of
recycled board into food.
Project objective
The objective of this project was the reduction of phthalate migration from
packaging materials made of recycled board into food based on identification of
all sources and quantification of phthalate input streams as well as of the
phthalate migration.
Results
Comprehensive gas chromatographic methods were implemented, which were
necessary for investigating all samples of the processing chains (raw material
waste paper, additives, storage boxes of additives, finishing chemicals, printing
inks, lacquers, adhesives, water, rejects, flotation residues, pulps, papers,
cardboards).
At different paper producing and paper converting sme from Saxony as well as
complementary at PTS pilot plant comprehensive sample materials were taken
and the phthalate sources as well as reducing potentials were determined
systematically.
Paper and board products continue to exhibit contamination with phthalates
(especially DiBP, DBP and DEHP). Any new and non-restricted phthalates were
identified to be of concern for migration into food or food simulants.
PTS extends the analytical services to the determination of phthalates (content)
and migration. Besides due to systematical investigation of sources and reduction potentials at different processing steps it is possible to offer a comprehensive
and individual check and guidance for the reduction of phthalates at the processing site in question.
conclusion
Due to the results of this project it will be possible to respect nowadays and
future limits for phthalate contents in food and residues in a proactive manner.
Continuation of recycled paper use as raw materials for food packaging is of
huge economic interest. An increase of reputation and therefore a progression
of sales and profit are expected.
Findings and experience of the project outcome will be used for further investigation, research and development dealing with undesired substances in food
packaging materials made of paper.
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Acknowledgement
5 (25)
The research project MF 130082 was funded by the German Federal Ministry of
Economic Affairs and Energy BMWi in the programme for the "Promotion of
Research, Development and Innovation in disadvantaged areas" based on the
decision of the German Parliament and carried out under the umbrella of EuroNorm in Berlin. We would like to express our warm gratitude for this support.
We would also like to thank all involved companies for providing proper samples
as well as for supporting project performance.
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6 (25)
3 Einleitung
Stand der
Technik vor
Beginn des
Projektes
O
O R1
R2
O
O
R1,2 = C1 … C13
Phthalate
Phthalate sind Diester der 1,2-Benzoldicarbonsäure (= Phthalsäure). Sie unterscheiden sich durch Aufbau und Kettenlänge in den Resten R1 und R2, die
typischerweise bis zu 13 C-Atome enthalten. Sie sind meist farblose, fast geruchlose Flüssigkeiten mit vergleichsweise hohen Siedepunkten im Bereich bis
385 °C. Trotz ihres geringen Dampfdrucks im mPa-Bereich bis hin zu wenigen
Pa – i. Vergl. Wasser = 2.340 Pa (20°C) - zählen sie zu den so genannten „semivolatile compounds“. In Wasser sind sie nur sehr wenig löslich, d. h. < 0,1 mg/l
bis zu ca. 1 g/l.
In Westeuropa werden rund 1 Mio. Tonnen Phthalate produziert. Davon gehen
90 % als Weichmacher in die Herstellung von Weich-PVC, das durchschnittlich
25 - 50 Massen-% Phthalate enthält. Hierbei handelt es sich überwiegend um
Diisononyl-, Diisodecyl-, sowie Di(2-ethylhexyl)phthalat (DiNP, DiDP bzw. DEHP)
[1]. Je nach Kettenlänge R1,2 werden Phthalate auch für Nicht-PVC eingesetzt,
z.B. zur Schmutzfestausrüstung, als Bestandteil von Tapeten/ Bodenbelägen/
medizinischen Anwendungen oder dienen der Sicherung der Temperaturstabilität
[2].
Für die papiertechnische Industrie relevante Anwendungen sind Farben und
Lacke, Klebstoffe, Entlüfter/ Entschäumer und als Zusatzstoff in chemischen
Additiven auf Dispersionsbasis.
Funktionsweise
Phthalate fungieren als äußere Weichmacher. Sie lagern sich bei der thermoplastischen Verarbeitung zwischen die Molekülketten des Polymers ein und
lockern deren Gefüge auf. Da es sich hierbei nicht um eine chemische Bindung
handelt, können Phthalatmoleküle an die Oberfläche der Kunststoffpartikel
gelangen und von dort in andere Materialien oder auch auf andere Medien
(Wasser, Luft, Fett, Lebensmittel) übergehen [3].
Toxikologie
Nur einige Phthalate sind hinsichtlich ihrer toxikologischen Eigenschaften
umfassend untersucht. Zu insgesamt acht Phthalaten existieren ausführliche
„risk assessment reports“ (RAR) bzw. sind in Bearbeitung, s. ECB IHCP (European Chemicals Bureau, Institute for Health and Consumer Protection) [4]. Sie
gelten als reproduktionstoxisch (s. z. B. [5]) und sind deshalb auch in der
SVHC-Kandidatenliste (substances of very high concern) der REAChVerordnung enthalten ([6])). Vielen Phthalaten wird auch ein endokrines Potenzial zugeschrieben [7]. Bereits im Jahr 2000 wurden 15 Phthalate in der bkhListe [8] geführt, die insgesamt 553 Stoffe und Stoffgruppen mit einem möglicherweise endokrinen Potenzial umfasst.
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Stand der Technik bei
Vorhabensabschluss
Quellen
Altpapier,
Wasser
Veredelungschemikalien und
Additiv-Behälter
7 (25)
Im Rahmen des vorliegenden Projektes zeigte sich, dass die bei der Papiererzeugung verwendeten Additive wie Entschäumer, Leimungsmittel u.a. keine
Phthalate enthalten. Ebenso werden keine Phthalate durch (Frisch-)Wasser in
den Prozess eingetragen; das Auflöse und Prozesswasser befindet sich in einem
Gleichgewichtszustand mit Phthalaten auf geringem Niveau. Relativ hoch mit
Phthalaten belastet waren die Rejekte.
Der Rohstoff Altpapier wurde als Haupteintragsquelle für die Phthalate bei der
Papiererzeugung ermittelt.
Auch die bei den Papierverarbeitern untersuchten Veredelungschemikalien wie
Maschinenschmierstoffe, Druckfarben, Lacke oder Klebstoffe wiesen keine
signifikanten Phthalatgehalte auf. Hingegen waren die Rohkartons mit Phthalaten
(DBP, DiBP, DEHP) belastet.
Viele Additive werden bei der Papierherstellung und -verarbeitung in Kunststoffbehältern gehandhabt. Aufgrund ihrer Migrationsfähigkeit und in Anlehnung an
den Übergang auf Lebensmittel wurde vor Projektbeginn als These formuliert,
dass Phthalate aus diesen Behältern in die Additive migrieren. Im Rahmen des
Projektes wurden diese Gefäße untersucht. Es handelte sich überwiegend um
Polyolefin-Materialien (PP, PE). Sie wiesen keine Phthalate auf. Auch in den
Additiven selbst wurden keine signifikanten Phthalatgehalte detektiert. Die These
wurde damit nicht bestätigt.
Identifizierung
der Phthalate
Die im Rahmen des Projektes in den PPK Erzeugnissen festgestellten Phthalate
sind überwiegend bereits bekannte Problem-Vertreter, namentlich DEHP, DiBP,
DBP. Weitere Phthalate wie BBP und DINP wurden nur in Einzelfällen und nur in
geringer Menge detektiert.
Senken
Senken im Prozess zeigen sich in geringem Maße bei der Auswaschung (DMP,
DEP), in größerer Relevanz bei der Flotation (DBP, DiBP) und bei der Erhitzung/Trocknung (DiBP, DBP, DEHP).
Migration
Migrationen von Phthalaten aus Recycling- und Frischfaserkartons in Lebensmittelsimulantien wurden nur für Recyclingkartone auf geringem Niveau und lediglich für DiBP, DBP, DEHP sowie in sehr geringem Maße DINP festgestellt.
Bestehende Grenzwerte der BfR Empfehlung XXXVI wurden deutlich unterschritten.
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8 (25)
4 Material und Methoden
Methoden zur
Analytik
Gaschromatographie
Zur Bearbeitung des Projektes wurde ein Gaschromatograph der Fa. Shimadzu,
Modell GC 2010 beschafft. Die detaillierten Einstellungen zu Trenn-Säulen,
Geräteparametern (Injektion, Detektion, Ofen-Programm) sind in der aus diesem
Projekt hervorgegangenen Arbeitsanweisung der PTS aufgeführt.
Erreichte Methodenkennwerte wie Blindwerte, Wiederfindungen sowie Nachweis- und Bestimmungsgrenzen je untersuchter Matrix wurden bestimmt.
Probenahmen
Proben aus dem laufenden Prozess der Papiererzeugung (Rohstoffe, Frischwasser, Auflösewasser, Abwasser, Grob- und Fein-Rejekte, Flotat, Pulpen
Decke, Pulpen Einlage, Pulpen Rückseite, Rohkarton, Additive, Proben der
Additiv-Gefäße) wurden bei kooperierenden sächsischen Firmen durch Mitarbeiter des Unternehmens und PTS Mitarbeiter vor Ort genommen.
Ergänzend zur industriellen Papiererzeugung wurden Mehrfachdurchläufe der
Papierherstellung am Papiertechnikum der PTS gefahren und hierbei Proben der
Rohstoffe, der Bütten, des Flotats, des Gutstoffs sowie des Papieres bei kontrollierten Bedingungen untersucht.
Bei Papierverarbeitern wurde in sächsischen Betrieben in Vor-Ort-Terminen die
Proben - Endprodukt Lebensmittel-Verpackung, Rohkartons, Druckfarben,
Lacke, Klebstoffe, Maschinenhilfsstoffe u.a. Prozesshilfsmittel und Additive sowie
Proben von deren Gefäßen - entnommen. Einige graphische Papiere und einige
zugehörige Rohkartone aus dem Ausland wurden postalisch bezogen. Einige
Altpapierqualitäten wurden ergänzend aus dem Fundus der PTS entnommen
und analysiert.
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Probenaufbereitung
Probleme und
Lösung
9 (25)
Je nach Matrix variierte die erforderliche Aufbereitung der Proben. Hierzu wurden
folgende Methoden erarbeitet:
-
Wässrige Proben (Prozesswasser)
Aus wässrigen Proben werden mittels Festphasenextraktion (SPE an
RP18ec Material) Phthalate isoliert und das Ethylacetat-Eluat mittels GC
gemessen.
-
Pulpen, Rejekte
Mittels Trockenwaage wird der Wassergehalt bestimmt. Suspensionen
werden gefriergetrocknet. Das getrocknete Material wird mit Isooctan extrahiert und am GC gemessen.
-
Papier, Pappe, Karton
Das zerkleinerte Material wird mit Isooctan extrahiert, der Extrakt am Rotationsverdampfer aufkonzentriert und mittels GC gemessen.
-
Druckfarben, Lacke, Additive
Chemikalien, Druckfarben, Lacke und Additive werden in Wasser/Ethanol
aufgeschlämmt und mit Isooctan extrahiert. Die Isooctanphase wird am
GC gemessen.
-
Additiv-Behälter aus Kunststoffen
Proben der Additiv-Kunsstoffgefäße wurden mittels ATR-IR auf charakteristische Deformations-und Valenzschwingungen für Polymere (PVC, PE,
PP,…) und darin enthaltene Phthalate (Carbonyl-/Esterbanden, aromatische Schwingungen) untersucht.
Die Feststellung eindeutiger Phthalatgehalts-Senken im Prozess der industriellen Papiererzeugung erwies sich als schwierig. Ursache hierfür ist die starke
Inhomogenität des eingesetzten Rohstoffes Altpapier, wodurch es zu extremen
Schwankungen in der Belastung der beprobten Ströme Ausgangsmaterialien,
Pulpen und Enderzeugnis Karton kommt.
Daher wurden ergänzend zu den Realbedingungen Mehrfachdurchläufe an der
Pilotpapiermaschine des Technikums der PTS in Heidenau gefahren und
begleitend Proben entnommen. Hierdurch ließen sich Trends in der Abreicherung von bestimmten Phthalaten ableiten.
Fazit
Mit der im Rahmen diese Projektes erstellten Arbeitsanweisung liegt nun ein
Verfahren zur Untersuchung sämtlicher Proben der Prozesskette vor: Rohstoffe,
Additive, Veredelungschemikalien Druckfarbe/Lacke/Klebstoffe, Additivbehälter,
Wässer, Rejekte, Flotat, Pulpen, Papiere, Pappe, Kartone.
Damit ist es möglich, die Phthalatgehalte individuell für den einzelnen Papiererzeuger / -verarbeiter sowie in
Prozessen der Papiererzeugung und –
verarbeitung zu analysieren und hinsichtlich einer Reduktion zu optimieren.
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10 (25)
5 Etablierung der Phthalat-Analytik
Vorgehen
Auf Basis der Normen DIN EN ISO 18856:2005 „Wasserbeschaffenheit- Bestimmung ausgewählter Phthalate mittels Gaschromatographie/ Massenspektrometrie“ [9], DIN 19742:2014 Bodenbeschaffenheit - Bestimmung von ausgewählten Phthalaten in Schlamm, Sediment, festem Abfall und Boden nach
Extraktion und Bestimmung mittels massenspektrometrischer Gaschromatographie (GC-MS) [10] und der DIN 16453:2014 Zellstoff, Papier und Karton - Bestimmung von Phthalaten in Papier- und Kartonextrakten [11] wurde die Phthalate-Analytik an der PTS etabliert
Aufgrund der ubiquitären Verbreitung vieler Phthalate [12] musste die Optimierung der Phthalatanalytik sehr sorgfältig durchgeführt werden. Sie wurde untergliedert in die drei Abschnitte
•
Betriebsbedingungen Gaschromatographie
•
Hintergrundbelastung
•
Analytanreicherung.
Es wurde ein Gaschromatograph und die erforderlichen Chemikalien (PhthalatStandards, Lösungsmittel) wie vorgesehen beschafft.
Nach Inbetriebnahme des Gaschromatographen wurden die analytischen
Methoden für die Phthalatbestimmung entwickelt und optimiert [13]. Die Nachweis- und Bestimmungsgrenzen der Analysenmethode sowie die Hintergrundbelastung wurden je Analysenmatrix ermittelt. Methoden der Analytüberführung und
Anreicherung wurden für die verschiedenen Matrices Wasser, Pulpe, Papier,
Karton und Druckfarbe optimiert und die Methodik validiert.
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GC Parameter
11 (25)
Für die gaschromatographische Trennung mit anschließender massenselektiver
Detektion wurden die Parameter für Ionenquelle/-temperatur, Scan-Bereich des
Massenanalysator (SIM / Scan / FAST), Injektor/-temperatur, Injektionsvolumen,
Säulenart, Ofen-Temperaturprogramm sowie Trägergasgeschwindigkeit optimiert.
Folgende Phthalate wurden als Standardsubstanzen verwendet:
Nr.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
Name
Benzylbutylphthlatat
Di(2-ethylhexyl)phthalat
Dibutoxyethylphthalat
Dicyclohexylphthalat
Diethoxyethylphthalat
Diethylphthalat
Dihexylphthalat
Diisobutylphthalat
Diisodecylphthalat
Diisononylphthalat
Dimethoxyethylphthalat
Dimethylpentylphthalat
Dimethylphthalat
Di-n-butylphthalat
Di-n-nonylphthalat
Di-n-octylphthalat
Di-n-pentylphthalat
Dipropylheptylphthalat
Hexyl-Ethylhexylphthalat
CAS Nr.
85-68-7
117-81-7
117-83-9
84-61-7
605-54-9
84-66-2
84-75-3
84-69-5
26761-40-0
28553-12-0
117-82-8
146-50-9
131-11-3
84-74-2
84-76-4
117-84-0
131-18-0
53306-54-0
75673-16-4
Als interne Standards wurden die deuterierten Phthalate 3,4,5,6-d4-DiBP und
3,4,5,6-d4-DEHP eingesetzt und hierauf Bezug nehmend die Kalibrierung aufgesetzt. Vergleichende Messungen mittels GC-FID zeigten, dass eine eindeutige
Identifizierung bestimmter Phthalate im niedrigen Konzentrationsbereich aufgrund der in Altpapier-Extrakten gegebenen Matrixbelastung mit einer Vielzahl
von Verbindungen mit ähnlichen Retentionszeiten nicht möglich ist. Im Routinebetrieb wurde daher angestrebt, die Phthalate mittels GC/MS im Scan Modus zu
identifizieren und falls erforderlich (bei niedrigen Konzentrationen) im SIM-Modus
zu quantifizieren. Damit können aufwendige Probenvorbehandlungen zur Matrixseparation, welche ebenfalls zu Messfehlern beitragen können, vermieden
werden.
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12 (25)
Gas Chromatogramm
Beispiel
Abbildung 1: Typisches Gas-Chromatogramm Phthalate
Hintergrundbelastung
Zur Reduzierung der Phthalatblindwerte wurden folgende Maßnahmen durchgeführt: Einsatz neuwertiger Glasgeräte ohne aktive Oberfläche, spülen graduierter
Glasgeräte mit an Kieselgel gereinigtem Iso-Octan, Trocknung im Trockenschrank bei 105°C, nicht geeichte Glasgeräte und Labormaterialien aus Glas
wurden über Nacht im Muffelofen bei 400°C ausgeheizt und anschließend in
Metallboxen oder in Aluminiumfolie eingeschlagen aufbewahrt. Der Rotationsverdampfer wird durch mehrmaliges Verdampfen von reinem Isooctan gereinigt.
Der GC-Geräteblindwert wird durch Injektion gereinigten Iso-Octans überprüft.
Bei jeder Bestimmung werden Methodenblindwerte mitgeführt.
Vor allem die ubiquitäre Verbreitung von Diethylhexylphthalat (DEHP) limitiert die
erreichbaren Messgrenzen der Phthalatbestimmung. Die Methodenblindwerte
bei der Bestimmung von Phthalaten in Papier lagen bei 40 µg/kg (DBP, DEHP),
sowie in Additiven für DBP bei 0,2 mg/kg und für DEHP bei 1,0 mg/kg.
Die je nach Matrix und Analyt variierenden Blindwerte sowie die erreichten
Nachweis- (NWG) und Bestimmungsgrenzen (BG) wurden bestimmt (NWG =
Signal/Noise-Verhältnis = 3:1, BG S/N = 9:1).
Die Ermittlung der Bezugsfunktionen für die einzelnen Phthalate erfolgte durch
Zugabe zweier interner Standards (d4-DiBP, d4-DEHP) und Aufnahme von
Kalibriergeraden aus einem Phthalatemix (z. B. Fa. Ehrenstorfer).
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Analytanreicherung
13 (25)
Je nach Matrix musste die Probenvorbereitung und Reinigung optimiert werden.
Hierzu wurden folgende Methoden erarbeiten:
-
Wässrige Proben (Prozesswasser)
Aus wässrigen Proben werden mittels Festphasenextraktion (SPE an
RP18ec Material) Phthalate isoliert und das Ethylacetat-Eluat mittels GC
gemessen.
-
Pulpen, Rejekte
Mittels Trockenwaage wird der Wassergehalt bestimmt. Suspensionen
werden gefriergetrocknet. Das getrocknete Material wird mit Isooctan extrahiert und am GC gemessen.
-
Papier, Pappe, Karton
Das zerkleinerte Material wird mit Isooctan extrahiert, am Rotationsverdampfer aufkonzentriert und mittels GC gemessen.
-
Druckfarben, Lacke, Additive
Chemikalien, Druckfarben, Lacke und Additive werden in Wasser/Ethanol
aufgeschlämmt und mit Isooctan extrahiert. Die Isooctanphase wird am
GC gemessen.
-
Additiv-Behälter aus Kunststoffen
Proben der Additiv-Kunsstoffgefäße wurden mittels ATR-IR auf charakteristische Deformations-und Valenzschwingungen für Polymere (PVC, PE,
PP,…) und darin enthaltene Phthalate (Carbonyl-/Esterbanden, aromatische Schwingungen) untersucht.
Die erreichten Nachweis- und Bestimmungsgrenzen sowie Validierungsparameter wurden bestimmt.
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14 (25)
6 Identifizierung Quellen und Senken
Untersuchung
der Quellen und
Senken
Bei insgesamt sechs Papiererzeugern und -verarbeitern sowie am PapierTechnikum der PTS wurden die relevanten Materialströme auf ihre Phthalatgehalte mit den entwickelten Methoden untersucht. Zusätzlich wurden gezielt
grafische Papiere als mögliche Eintragsquelle für Phthalate in den Stoffkreislauf
analysiert.
Beprobung
In den o. g. Werken wurden die in Tabelle 1 aufgelisteten Proben auf ihre Phthalatgehalte untersucht.
Tabelle 1 Untersuchte Materialströme bei Papierfabriken und -verarbeitern
Papierfabrik PF, Technikum
Papierverarbeiter PV
Frisch-/Abwasser
Grob- und Fein-Rejekte
Flotat
-
Altpapier-Proben und/oder /-Filtrate
Rohpapiere / -Kartons
Auflösewasser aus der Stoffaufbereitung
Faltschachtelkartone,
Lebensmittelverpackung
Fertigprodukte PPK
Chemische Additive auf Dispersionsbasis,
Entschäumer etc.
Kunststoffmuster von Additivbehältern
Fertigprodukt
Druckfarben, Lacke, Klebstoffe
Kunststoffmuster von Additivbehältern
Auf die Untersuchung von Abluftströmen wurde verzichtet, da nach Kenntnissen
der PTS dort keine Phthalate identifiziert wurden und die Beprobungs- und
Analysenprozedur aufwändig und kostenintensiv ist.
Es dominieren die Phthalate DIBP, DBP und DEHP mit Gehalten zwischen 0,2
und 33 mg/kg. Vereinzelt lassen sich BBP, DCHP, DINP und DNOP nachweisen.
PPK Erzeugnisse Recyclingpapier ist die Haupteintragsquelle; der Beitrag durch Veredelungschemikalien (Druckfarbe, Lack, Kleber) ist vernachlässigbar. Stichproben asiatischer
Faltschachtelkartone waren hoch belastet mit v.a. DBP (> 70 mg/kg, v.a. Kleberschicht) und DEHP (> 30 mg/kg). Phthalate in den untersuchten graphischen
Papieren (v.a. Spezialpapiere für hochwertige Bedruckung) waren vernachlässigbar (Gesamt-Phthalatgehalt < 0,35 mg/kg); bedruckte Zeitungen wurden
bereits bei Altpapieren mit untersucht und zeigten eine Gesamt-PhthalatBelastung von i.d.R. <5 mg/kg. Untersuchte Rohkartons aus Frischfaser enthielten um den Faktor 10 bis 40 verringerte Phthalat-Gehalte gegenüber Recyclingkartons.
Ergebnisse
Proben
Additive und
Prozesschemikalien
Die untersuchten Entschäumer, Retentionsmittel, Flockungsmittel und Farbstoffe
enthalten keine Phthalate als Wirksubstanzen im unteren %-Bereich, jedoch z.T.
als Verunreinigungen im Bereich um 20 mg/kg. Aufgrund der geringen Einsatzmenge der Additive ist der Gesamtbeitrag im PPK-Produkt rechnerisch vernachlässigbar.
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15 (25)
Altpapier
Beprobtes Altpapier war belastet mit DiBP (v.a. geklebte und gestrichene Zeitschriften ~ 6-18 mg/kg), DEHP (v.a. Wellpappen 10 mg/kg, Werbedrucke 1-2
mg/kg) und DINP (v.a. Werbedrucke ~4 mg/kg, Wellpappen ~2 mg/kg).
Frisch-/Ab/Prozesswasser
Frischwasser stellte keinen Phthalateintrag dar (< 0,2 µg/L), das Auflöse/Prozesswasser befindet sich auf niedrigem Level in einem Gleichgewichtszustand v.a. mit den polareren, niedrigmolekularen Phthalaten (DMP ~10 µg/L,
DEP ~20 µg/L), DiBP/DBP ~5 µg/L). Abwasser zur Flußeinleitung enthielt kaum
noch Phthalate (max. 0,5 µg/L). Auf die Untersuchung des Klärschlammes wurde
aus arbeitshygienischen Gründen verzichtet.
Pulpen, Flotat
Der Phthalatgehalt in Pulpen (Büttenproben) lag zwischen < 0,5 mg/kg aller
Phthalate otro für weiße Decke bis max. 16 mg/kg otro DEHP für Außenlage
grau. Das Flotat enthielt v.a. DEHP (~6 mg/kg otro) und DiBP / DBP (je ~3 mg/kg
otro).
Rejekte
Die Phthalat-Gehalte im Grob- und Feinrejekt schwankten sehr stark, was an
stark inhomogenem Material liegt. Durchgängig hohe Gehalte wurden im Grobjekt für DiBP (>12 mg/kg), DBP (>5 mg/kg), und DEHP (>7 mg/kg) festgestellt. Im
Feinrejekt lagen die Gehalte mit i.d.R. <0,2 mg/kg deutlich niedriger, lediglich
DEHP war auch hier konstant erhöht (~10 mg/kg).
7 Phthalate-Bilanz
Bilanzierung
Es sollten diejenigen Stoff- und Materialströme identifiziert werden, die die
höchsten Beiträge zu den Phthalatgehalten in den PPK-Produkten liefern.
Der Bilanzraum für die Papierfabriken ist in Abbildung 2 dargestellt, für die
Papierverarbeitung gelten analoge Systemgrenzen.
Systemgrenze
Papierfabrik
Abluft
*Systemgrenze
Stoffaufbereitung
(vernachlässigbar)
Altpapier*
Additive
Frischwasser
PPK
Produkte
ARA
Abwasser
Papiererzeugung
Altpapier
Auflösewasser
Stoffauflösung
Stoffsuspension
Rejekte
Rejekt,
Schlamm
Abbildung 2 Systemgrenzen in der Papierfabrik.
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R. Spörl, A. Harling: Phthalate
Beprobung
16 (25)
Der Rohstoff Altpapier war die Haupteintragsquelle für Phthalate. Aufgrund der
großen Inhomogenität des Rohstoffes treten Phthalate als punktuelle Belastungsspitzen auf. Die Ermittlung von „Durchschnittwerten“ des Eintrags und
Austrags ist daher trotz Mehrfachbeprobung unter Realbedingungen der Papierfabrik kaum verlässlich möglich. Ergänzend wurden daher Mehrfachdurchläufe
der Papiererzeugung im Technikum der PTS gefahren, um die Schwankungen in
den Stoffströmen etwas auszugleichen. Trends der An-/Abreicherung je Phthalat
im Herstellungsprozess wurden betrachtet (s.u.).
Papierfabrik (PF)
Prozessschema
Abbildung 3: Prozessschema Papierfabrik 1.
In Papierfabrik 1 wurden Pulpen der Decke weiß, der Innenlage I und II grau
sowie der Außenlage grau beprobt und der Phthalatgehalt jeweils ermittelt.
Zudem wurde der resultierende Rohkarton beprobt und der Phthalatgehalt
bestimmt. Der Vergleich von theoretisch erwartetem Gehalt nach Anteil % der
Pulpen im finalen Karton sowie den real ermittelten Phthalatgehalten im Karton
zeigt die An-/ Abreicherung je Phthalat (siehe Tabelle 2). Eine Abreicherung
zeigte sich für DMP, DEP und BBP.
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Pulpen,
Rohkarton (PF)
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Tabelle 2: An-/Abreicherung von Phthalaten in Pulpen vs.
Rohkarton Papierfabrik Firma 1, jeweils bezogen
auf otro.
Wasser, Rejekte
(PF)
Frischwasser stellte erwartungsgemäß keinen Phthalateintrag dar, das Auflöse/Prozesswasser der PF befindet sich auf niedrigem Level in einem (gesättigten)
Gleichgewichtszustand v.a. mit den polareren, niedrigmolekularen Phthalaten
(DMP ~10 µg/L, DEP ~20 µg/L), DiBP/DBP ~5 µg/L). Das Abwasser zur
Flusseinleitung enthielt kaum noch Phthalate (u.a. DEHP 0,3 µg/L). Die Abwasserverordnung (Anhang 28) [14] regelt derzeit keine Anforderungen für Phthalate
in Abwässern der Papiererzeugung. Die Vorgaben der Oberflächengewässerverordnung [15] von 1,3 µg/L DEHP wurden sicher eingehalten. Nennenswert
werden Phthalate (> 5 mg/kg, v.a. DiBP, DBP, DEHP) über das Grob-Rejekt
ausgetragen.
Technikum (TEC)
Ergänzend zum Projektantrag wurden Mehrfachdurchläufe der Papiererzeugung
im Technikum der PTS gefahren. Die Gehalte an Phthalaten in Bütten, Flotat und
Gutstoffen wurden bestimmt und An-/Abreicherungen betrachtet (Bütte – Flotat –
Gutstoff, Durchläufe 1-4). Aus 11 kg Altpapier lutro bestehend aus Deinkingware:
Zeitschriften/ Illustrierte und Zeitungen 1:1 resultierten ca. 10 kg Altpapier otro,
welche in einem 150L Pulper mit 40°C warmen Wasser aufgeschlossen wurden.
Die Flotation fand in einer Flotationszelle statt.
Eine Abreicherung im Prozess durch Auswaschung/Flotation konnte für DMP
und DEP (-100%) beobachtet werden. Durch den Trocknungsprozess konnte
zusätzlich eine Abreicherung von DiBP, DBP (-90%) und schwächer für DEHP
(-70%) festgestellt werden. Das Flotat enthielt v.a. DEHP (~6 mg/kg otro) und
DiBP / DBP (je ~3 mg/kg otro).
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Bilanz
Technikum (TEC)
Papierverarbeiter
(PV)
Der für die Produktion eingesetzte Rohkarton aus Recyclingpapier war die
Hauptquelle für Phthalate. Die im Rahmen des Projektes untersuchten Additive
wie Hotmelt-Klebstoffe, Druckfarben, Lacke, zeigten nur in Einzelfällen geringe
Belastungen in Größenordnungen von 10-40 mg/kg mit Phthalaten (z.B. Druckfarbe mit BBP; kein Rezepturbestandteil). In den untersuchten Klebstoffen waren
keine Phthalate bestimmbar. Der Beitrag zum Gesamtphthalatgehalt von fertigen
PPK ist aufgrund des geringen Anteils der Veredelungschemikalien an der
fertigen Lebensmittelverpackung daher irrelevant. Eine signifikante An- oder
Abreicherung durch den Verarbeitungsprozess (schneiden, Rillen, Drucken,
Trocknen) im Vergleich zum Rohkarton findet bei Phthalat-freien Additiven nicht
statt, wie der Vergleich von Rohkartons mit den korrespondierenden veredelten =
bedruckt/lackierten fertigen Faltschachtelkartons zeigt (Abbildung 4).
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Papierverarbeiter
(PV)
Abbildung 4: Gegenüberstellung Rohkarton F5-6 und F5-19
und deren veredelte Faltschachtelkartons.
8 Phthalate-Migration
Vorgehen
In ausgewählten, mit Phthalaten belasteten PPK-Produkten aus den bilanzierten
Werken wurde die Phthalat-Migration bestimmt. Die belasteten Produkte waren
ausschließlich für trockene Lebensmittel bestimmt, weshalb die MigrationsSimulation mit modifiziertem Polyphenylenoxid (Tenax ®) nach DIN EN
14338:2004-03 durchgeführt wurde. Es zeigte sich, dass bei 5 Tagen 40°C
Lagerdauer und nachfolgender Extraktion des Tenax mit Isooctan aus Recyclingfaser-Kartonen und einem angenommenen Oberfläche/Volumenverhältnis von
6dm2 / kg Lebensmittel messbare Migrationen von DEHP (10-25 µg/kg Lebensmittel), DiBP (~25-120 µg/kg Lebensmittel) und DBP (10-20 µg/kg Lebensmittel)
auftraten. Bei Frischfaserkartonen war keine messbare Migration von Phthalaten
feststellbar.
Grenzwerte
Bestehende Grenzwerte für DiBP/DBP und DEHP den Übergang auf Lebensmittel (BfR XXXVI [16]) wurden bei diesem beschleunigten Simulations-Test sicher
eingehalten. Migrationen weiterer Phthalate als jene der bereits mit SML belegten wurden darüber hinaus nicht detektiert.
Reduktionspotential
Reduktionspotential für die Migration von DEHP, DiBP und DBP besteht v.a. bei
der Verwendung von Phthalat-reduzierten Altpapiersorten bei der Papierproduktion oder dem Einsatz von Frischfasermaterial. Möglich ist auch die Aufbringung
einer Migrationsbarriere, deren Wirksamkeit mit Migrationsversuchen zu belegen
ist. Diese Thematik ist jedoch nicht Bestandteil des vorliegenden Projektes.
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Entfrachtung
20 (25)
Die Möglichkeit der Entfrachtung von belasteten PPK wurde durch Extraktion
mit Isooktan geprüft und bestätigt. Nach einmaliger Extraktion mit Isooctan
konnten die Phthalate DEHP und DiBP nahezu vollständig aus dem Karton
extrahiert werden.
9 Ermittlung Reduktionspotential
Differenzierte
Betrachtung der
Quellen
Bei der Zuordnung der Reduzierungspotenziale wurde eine differenzierte
Betrachtung der Quellen und Senken vorgenommen. Gemäß Abbildung 5 sind
„lokalisierbare“ und „diffuse“ theoretische Ein- und Austräge zu unterscheiden.
AP-Recycling
Kunststoffbehälter
chemische Additive?
AP-
lokalisierbar
diffus
Quellen
Senken
Abbildung 5 Eintragsquellen und –Senken in der Wertschöpfungkette PPK für
Lebensmittelverpackungen sowie denkbarer Verbleib in der Prozesskette.
Eintragsquellen
und Senken
Die Ergebnisse der Identifizierung und Bilanzierung zeigten, dass die Haupteintragsquelle der Rohstoff Altpapier ist. Untersuchte Additive, deren Behältnisse,
Wasser sowie Veredelungschemikalien (Klebstoffe, Druckfarben) stellten keine
signifikante Eintragsquelle dar. Senken ergeben sich durch die Abtrennung von
Störstoffen (v.a. Grobrejekte), Flotation, in geringerem Maße der Auswaschprozess und Trocknung auf der Papiermaschine.
Altpapierauswahl
Das Potenzial zur Reduzierung der Phthalatgehalte in PPK und damit der
Beitrag zu einer Reduzierung des Gehalts in Lebensmitteln kann daher effektiv
vor allem durch Auswahl und Zusammensetzung der Altpapierrohstoffe erfolgen. Eine Reduktion des Anteils von am stärksten mit Phthalaten belasteten
Erzeugnissen wie Zeitschriften und Zeitungen, verklebten Produkten (u.a.
Wellpappe) sowie Thermo-/Durchschreibpapiere stellt hier den größten Ansatzpunkt zur Senkung der Gehalte im PPK für Lebensmittel dar.
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21 (25)
Reinigung
Durch Reinigung mit Lösemittel kann der Phthalatgehalt im Papier gesenkt
werden. Eine Aufbereitung der Faserstoffe für den Einsatz als Lebensmittelverpackungs-Altpapier-Qualität ist denkbar. Ökologisch und ökonomisch aussichtsreichere Verfahren wie z.B. die Hydrodynamische Kavitation zur Faserstoffbehandlung [17] oder auch die Extraktion mit überkritischem CO2 [18] sollten in
weiteren Forschungsarbeiten auf ihr Potential und die wirtschaftliche Machbarkeit geprüft werden
Auswirkungen
vor dem
Hintergrund
gesetzlicher
Regelungen
Im Rahmen des Projektes wurden im Vergleich zu bestehenden Erkenntnissen
[19] keine neu zu beachtenden Phthalate in den PPK Erzeugnissen und Altpapieren detektiert. Die Grenzwerte für bestehende Phthalatbeschränkungen
(DiBP, DBP, DEHP) wurden in Migrationsversuchen deutlich eingehalten. Eine
zusätzliche Belastung einiger PPK Produkte, jedoch nur eine sehr geringe
Migration, wurde für Diisononylphthalat (DINP) festgestellt. Verschärfte gesetzliche Regelungen für die bekannten und weiteren Phthalate erfordern daher vor
diesem Hintergrund keinen dringenden Handlungsbedarf.
Die Belastung in ausgehenden Materialströmen kann für Abwasser als gering
betrachtet werden. Handlungsbedarf könnte sich aufgrund der Phthalatbelastung der Grob- und ggf. Feinrejekte ergeben. Dieser werden derzeit v.a. durch
Verbrennung zur Energiegewinnung verwertet. Beschränkungen bestehen unter
Berücksichtigung der Wirkstärke für die Abluft für DEHP (<0,1kg/h resp.
<20 mg/m3) [20 Punkt 5.2.5]. Sollten sich die Phthalatbeschränkungen in
diesem Sektor verschärfen, könnte hier Handlungsbedarf entstehen. Die Abluft
aus Verbrennungsanlagen wurde im Rahmen dieses Projektes nicht untersucht.
10 Ableitung Handlungsempfehlungen
Papiererzeuger
Durch Auswahl der Altpapierrohstoffe und Reduktion des Anteils von Zeitschriften, Zeitungen, verklebten Produkten (u.a. Wellpappe) sowie Thermo/Durchschreibpapieren kann der Gehalt im PPK für Lebensmittel am effektivsten
gesenkt werden. Eine technologisch verbesserte Aufbereitung der Faserstoffe
sollte in weiteren Forschungsarbeiten auf ihr Potential geprüft werden.
Die Ergebnisse des Projektes zeigen keinen Eintrag durch bei der Papiererzeugung derzeit verwendeten Additive. Dennoch sollten Papiererzeuger bei Umstellung und Anwendung neuer Produkte vom Lieferanten ein Zertifikat für die
Eignung für Lebensmittelverpackungen einfordern, welches u.a. auch Angaben
zu Phthalatgehalten und ggf. begleitende Analysenzertifikate beinhalten sollten.
Bei der Zuführung von (Grob-)Rejekten zur Verbrennung und Energiegewinnung sollten aufgrund der Phthalatbelastung dieser Abfallprodukte mit > 5mg/kg
der Phthalatgehalt der Abluft überwacht werden und ggf. Gegenmaßnahmen
zur Abluftreinigung getroffen werden.
Die Belastung der Abwasser lag bei max. 0,3 µg/L DEHP und damit in einem
unkritischen Bereich. Diese Werte sollten daher in unregelmäßigen Abständen
stichprobenweise überwacht werden, um die Einhaltung der Oberflächengewässerverordnung weiter einzuhalten.
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Papierverarbeiter Papierverarbeiter sollten sich die Eignung der Papiere für den Lebensmittelkon-
takt z.B. nach BfR XXXVI vom Erzeuger chargenbezogen bescheinigen lassen.
Hierzu zählen insbesondere analytische Untersuchungen zum Gehalt und bei
hohen Werten >0,05 mg dm2 DBP/DiBP bzw. >0,25 mg/dm2 (DEHP) Karton
Migrationsuntersuchungen in das Simulanz Tenax oder bei vorgesehenem
Kontakt mit fettigen Lebensmitteln die Untersuchung des Lösemittelextraktes
nach DIN EN 15519 [21] auf Phthalate.
Von Lieferanten von Additiven sowie Veredelungschemikalien für Lebensmittelverpackungen wie Klebstoffe, Druckfarben, Lacke, Maschinenschmierstoffe etc.
sollten sich Papierverarbeiter die Eignung für den Lebensmittelkontakt durch
chargenbezogene Bescheinigungen und ggf. analytische Zertifikate nachweisen
lassen. Hierzu zählt auch eine Untersuchung und Angabe von Phthalatgehalten
(v.a. DiBP, DBP, DEHP) des Erzeugnisses, welche eine rechnerische Risikobetrachtung für die Lebensmittelverpackung ermöglicht. Insbesondere asiatische
Erzeugnisse sollten nach Ergebnissen dieses Projektes aufgrund hoher Phthalatgehalte sorgfältig hinterfragt werden.
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Ansprechpartner für weitere Informationen:
Dr. Antje Harling
Tel. +49 (0)3529 / 551-663
Antje.Harling@ptspaper.de
Papiertechnische Stiftung PTS
Institut für Zellstoff und Papier IZP
Pirnaer Straße 37
D-01809 Heidenau
Tel. 03529 / 551-60
Fax 03529 / 551-899
E-Mail: info@ptspaper.de
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S.1108, 2625)
15
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vom 20. Juli 2011, BGBl. I Nr. 37, 25. Juli 2011, S. 1429 – 1469.
16
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http://bfr.zadi.de/kse/faces/resources/pdf/360.pdf;jsessionid=045F19370AA49AFE4F8DD28A43CE96DD
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Anlei¬tung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft) v. 24. Juli 2002; GMBl. 2002, Heft 25–29, S. 511 –
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DIN EN 15519:2008, Papier und Pappe vorgesehen für den Kontakt mit Lebensmitteln,
Herstellung eines organischen Lösemittelextraktes.
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