University of Washington
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PROMOS-Erfahrungsbericht Jahr 2015 Vorbereitung (Planung, Organisation und Bewerbung beim Unternehmen) Meine eigentliche Vorbereitung auf ein Tertial des Praktischen Jahres an der University of Washington im Frühjahr 2015 begann bereits im Jahr 2013, als ich noch auf der Suche nach Famulaturen in Nordamerika war. Doch dazu später mehr… Man merkt leider relativ schnell, wir frustrierend die Suche nach einem Praktikumsplatz in Nordamerika ist. Zu Schulzeiten hatte ich ein Jahr an einer amerikanischen High School verbracht und im Rahmen dessen auch ein Praktikum in der Notaufnahme eines amerikanischen Krankenhauses absolviert. Danach wußte ich nicht nur, daß ich Arzt werden will, sondern auch, daß ich gerne einen Teil meiner Ausbildungzeit in den USA verbringen möchte. Zudem war ich mir auch seitdem darüber im Klaren, welche Hürden bei der Suche nach einem Praktikumsplatz noch auf mich zukommen würden: Aufgrund der Haftbarkeit und Klagefreudigkeit der Patienten in den USA überlegen sich die meisten amerikanischen Mediziner nämlich mehrfach, ob sie einen (ihnen häufig unbekannten) Schüler oder Studenten über ihre Schulter blicken lassen. Dazu kommt, daß die meisten amerikanischen Krankenhäuser und Arztpraxen bezüglich der Kontaktdaten der Ärzte deutlich abgeschotteter als in Deutschland sind, man gelangt ergo nicht so leicht an die E-Mail-Adressen oder Telephonnummern der Ärzte wie hierzulande. Möchte man an einen Einblick in die Universitätsmedizin bekommen realisiert man zudem, daß die meisten amerikanischen Fakultäten es (internationalen) Studenten immer schwerer machen, einen Fuß in die Tür zu bekommen. Gründe dafür sind unter anderem 9/11 und die seitdem deutlich verschärfte Einreisepolitik, andere Impfstandards als in anderen Ländern und wohl hauptsächlich die Tatsache, daß der Wissensstand internationaler Studenten sich häufig drastisch vom Wissensstand amerikanischer Studenten unterscheidet. Dazu kommen (gerade an den Universitäten mit bekannten Namen an West- und Ostküste) sehr hohe Bewerberzahlen. Ich wurde schließlich doch mehrfach in Nordamerika fündig, unter anderem für eine Famulatur im Sommer 2013 an der University of Washington. Dies sollte sich noch von unschätzbarem Vorteil erweisen, da man an der University of Washington nur einen Teil seines Praktischen Jahres verbringen darf, wenn man offiziell von einem Fakultätsmitglied gesponsert wird. Dies bedeutet de facto, daß das Fakultätsmitglied einen Brief an das Dekanat schicken muß, in dem detailliert dargelegt wird, warum ein internationaler Medizinstudent sich überhaupt erst für eine Rotation bewerben darf. Dies ist nicht nur in Seattle so, sondern offiziell (und inoffiziell) auch anderen medizinischen Fakultäten. Hat man diese Hürde erst einmal genommen, beginnt die eigentliche Bewerbung. Als “Final Year Student” sucht man sich das Fach (oder die Fächer) aus einem Katalog aus, gibt an, zu welcher Zeit man sein Praktikum absolvieren möchte und reicht dann eine Menge Papierkram ein: Amerikanische Fakultäten erwarten von “International Visiting Students” in der Regel einen Lebenslauf (“CV”), eine Haftpflichtversicherung (“Professional Liablity and Malpractice Insurance”), eine Auslandsreisekrankenversicherung, (mehrere) Empfehlungsschreiben (“Letters of Recommendation”), eine Übersicht der in Deutschland bereits absolvierten Fächer und Noten (“Transcript of Records”), einen Sprachtest (TOEFL) mit (relativ) hoher Mindestpunktzahl, eine Übersicht aller bereits erhaltenen Impfungen (“Immunization Form”) und ein Schreiben, das besagt, daß man in Deutschland keine Prüfung endgültig nicht bestanden hat und von Seiten der Fakultät einer Rotation nichts im Wege steht (“Dean’s Letter”). Dazu kommt häufig noch eine Bewerbungsgebühr (Application Fee) und zudem leider auch die Studiengebühren (“Tuition”), die pro Monat (!)bis zu USD 5000 betragen können. Hat man erst einmal alles zusammen, wird am besten per UPS oder FedEx über den Teich geschickt. Die Kurierdienste sind nicht so günstig wie die Post, dafür ist die Sendung aber detailliert verfolgbar. Nach erfolgreicher Annahme darf man sich dann um ein Visum, Flüge, einen Platz zum Leben und (je nach Region) auch einen Mietwagen kümmern. Bei Mietwagen ist immer zu bedenken, daß die Preise häufig ohne Versicherung angegeben werden. Eine gute Versicherungsabdeckung sollte man aber insbesondere in den USA immer wählen. Eine Anmietung sollte idealerweise über eine der einschlägigen Online Plattformen in Deutschland erfolgen, da dort die sinnvollen Versicherungen bereits kostengünstig Teil des Mietpreises sind. Unterkunft Ich bin privat bei Bekannten untergekommen. Seattle gehört zu den teuersten amerikanischen Großstädten, man bezahlt für ein Zimmer je nach Jahreszeit zwischen USD 700 und USD 1500. Vor Seattle hatte ich in mehreren anderen Großstädten Nordamerikas Praktika abgeleistet, leider läuft es immer auf das gleiche Spiel hinaus: Niemand wartet auf einen internationalen Studenten, der “nur” für ein paar Wochen, respektive Monate, eine Bleibe sucht. Es hilft leider auch nicht, lange im Voraus zu reservieren. Am besten, man orientiert sich vorher grob an der Lage des Krankenhauses (im Falle von Seattle sind es mehrere Krankenhäuser) und reist vor Beginn des Praktikums an. Dann sucht man sich erst einmal ein Zimmer in einem Hotel/ Motel für die ersten Tage und organisiert sich einen Leihwagen und klappert dann zeitnah alle einem interessant erscheinenden Angebote auf Craigslist ab. Dafür sollte man sich auch innerhalb der ersten Tage um eine lokale PrepaidKarte für das Handy bemühen, dies erleichtert nicht nur die Wohnungssuche, sondern später auch die Kommunikation im Krankenhaus. Ablauf und Wert des Praktikums Die Arbeitszeiten waren im Vergleich zu Deutschland deutlich härter, dafür macht einem die Arbeit aber auch deutlich mehr Spaß. Die Visite beginnt (in chirurgischen Fächern) morgens irgendwann zwischen 05:00 und 06:30, danach folgen in der Regel die Operationen, manchmal auch Konferenzen oder Präsentationen. Je nachdem, wie umfangreich der Operationsplan für den Tag ist, verlässt man dann zwischen 17:30 und 21:00 wieder das Krankenhaus. Es existieren kaum Hierarchien, das Pflegepersonal und die Ärzte verstehen sich bestens. Jeder ist bemüht, dem Studenten etwas beizubringen. Das medizinische Equipment ist top, es ist alles im Überfluß vorhanden. Während der Konferenzen oder Präsentationen ist in der Regel ein FrühstücksBuffet vorhanden, an dem man sich reichlich bedienen darf. Die medizinische Ausbildung ist ebenfalls top und auch deutlich praktischer als in Deutschland ausgelegt. Man lernt viel, die Ärzte lassen einen in den OPs auch mehr praktisch machen. Dafür erwartet man von den Studenten auch viel, sie stellen morgens während der Visite die Patienten vor, erstellen von sich aus Präsentationen, etc. Alltag und Freizeit Um die exorbitanten Kosten zu minimieren, bin ich bei Bekannten unterkommen, die zwei Stunden von Seattle entfernt wohnen. Aufgrund der Pendelei hatte ich relativ anstrengende Arbeitstage (Aufstehen um 03:00, Einschlafen gegen 23:00). Ergo beschränkte sich jegliche Form der Freizeitgestaltung auf das Wochenende. Seattle ist eine relativ teure Stadt (in Rankings immer unter den Top Ten der USA vertreten), dafür ist der öffentliche Nahverkehr mit dem in Deutschland vergleichbar. Man ist ergo nicht unbedingt auf einen Mietwagen angewiesen (was in den USA nicht selbstverständlich ist). Je nach Fachrichtung (und der damit verbundenen Visitenzeit) kann es allerdings vorkommen, daß man auf den öffentlichen Nahverkehr in den frühen Morgenstunden noch nicht zurückgreifen kann. Dann sollte man darauf achten, relativ nah des Krankenhauses eine Bleibe zu finden. Fazit (beste und schlechteste Erfahrung) Ich kann wirklich nur jedem empfehlen, eine Famulatur oder einen Teil des Praktischen Jahres in den Vereinigten Staaten von Amerika zu absolvieren. Die Ausbildung ist überdurchschnittlich gut (die Ärzte haben Freude daran, einem etwas beizubringen). Durch die sehr flachen Hierarchien wird man deutlich mehr in die Patientenversorgung mit eingebunden und wird nicht wie ein Student, sondern wie ein Kollege behandelt. Zudem ist ein Praktikumsaufenthalt in den USA im Lebenslauf immer gern gesehen, teilweise wird er heute sogar schon erwartet. Möchte man zudem später einmal beruflich in die USA, sind Rotationen in den USA von unschätzbarem Vorteil. Der große (und meiner Meinung auch einzige Nachteil) sind die immensen Kosten, die mit einem Praktikum in den USA verbunden sind: Man sollte (je nach Region und Universität) als Richtwert mit einer Summe zwischen USD 3500 und USD 7000 kalkulieren - pro Monat!