Geld und Liebe - Alternative Bank Schweiz

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Geld und Liebe - Alternative Bank Schweiz
Geld und Liebe
6 PartNerschafteN uNd soziale herkuNft Gleich und gleich gesellt sich gern
12 Geld ist zum fetisch GewordeN Zwischen Tausch und Macht
16 Bollywood Der Held findet die arme Schöne
24 familieNeiNkommeN Mehr Lohn, aber weniger Geld
AZB
P. P. / Journal
CH-4601 Olten
Zeitung für Geld und Geist // Nummer 4, 2009 // 26. November 2009
einblick
editorial
foto: zvg
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Geld und Liebe
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lieBe uNd Geld
9
das sPiel stärkt die lieBe
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die haltuNG im roteN Brokat
12
TauschsysTeme und ZinsverboT
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denkansToss
Gleich und gleich gesellt sich gern
Lieben oder Haben? Oder Liebhaben?
Neue Bilder mit den alten Symbolen
Geld – zwischen Tausch und Macht
Abrechnen!
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Oikocredit –
in Menschen investieren trägt Früchte.
von Regula Schaffer
im iNdischeN kiNo
GelteN aNdere massstäBe
Der Held findet die arme Schöne
abS-Kreditporträt
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Öffnungszeiten über die Feiertage
Generalversammlung
FINMA-Mitteilung zum Datenschutz
ABS E-Banking bald neu
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Wind, Wasser und Sonne
contra Atom: Spannende
ABS-Geldgespräche
Einzahlungen zum Jahresende
Der ABS-Vogel im neuen Federkleid
Zum Jubiläum ein neues Haus
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kleiNaNzeiGeN
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Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, unter unserem
Titel ein Heft über Prostitution erwartet haben, dann
liegen Sie falsch. Wir haben versucht, das Thema anders
anzupacken, zum Beispiel mit einer Story, die zeigt,
wieso der Satz «Gleich und gleich gesellt sich gern» gilt –
vor allem, wenn man den sozialen und finanziellen
Hintergrund der Paare betrachtet. Wir haben auch Antoine
de Saint-Exupéry und sein bekanntes (Kinder-)Buch
«Der kleine Prinz» zu Rate gezogen. Neu gelesen, entdecken wir dort Überlegungen zu Lieben oder Haben,
und wir fragen: Wie funktioniert dieses «Liebhaben»?
Geld und Liebe steht das Begriffspaar «schön und
reich» gegenüber. Damit hat sich die Kunst seit Jahrhunderten befasst, und die zeitgenössische Fotografie –
vorab die Werbung – schreibt diese Bildsprache fort.
Wenn Menschen sich lieben und eine Familie
gründen, dann kommen ganz andere Geldfragen auf den
Tisch. Zum Beispiel die Kosten der Kinderbetreuung.
Viele Paare stellen erstaunt fest, dass sie just dann finanzielle Einbussen erleiden, wenn sie ein zusätzliches
Einkommen zu erzielen versuchen.
Gibts einen Ausweg aus den vertrackten Geldproblemen? Vielleicht bieten ihn die nicht monetären
Tauschkreise. Schön wärs.
Gute Lektüre wünscht
Cathy Savioz | contact@cathysavioz.ch
perSöNlicH
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moneta #4 // 26. Novmember 2009
moneta
zeituNG fuer Geld uNd Geist // Nummer 4 // 26. november 2009
moneta erscheint mindestens vierteljährlich in deutscher und französischer sprache. Geht an alle mitglieder des herausgeberinnen-vereins moneta. wiedergabe von texten und eigenen illustrationen nur unter
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anna sax, dominique zimmermann // layout und produktion clerici Partner, zürich // titelbild regula schaffer // druck roPress Genossenschaft, zürich // Verlag und redaktionsadresse moneta, c/o alternative
Bank schweiz aG, amthausquai 21, Postfach, 4601 olten, telefon 062 206 16 16, moneta@abs.ch // abonnemente Jahresabonnement fr. 20.–, förderabonnement fr. 50.– // auflage dieser ausgabe 18 300 ex.
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fotos: regula schaffer | regulaschaffer@gmx.ch
thema
fotos : regula schaffer | regulaschaffer@gmx.ch
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moneta #4 // 26. November 2009
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fotos: zvg
thema
Gleich und gleich gesellt
sich gern
lieBe uNd Geld __ Heiraten war einst ein Geschäft zwischen zwei Familien. Vermögen
und Status von potenziellen Schwiegerfamilien wurden geprüft, finanzielle
Fragen im Vorfeld der eheschliessung geklärt. die liebe zwischen dem brautpaar
war zweitrangig. Heute hat die liebesheirat die Vernunftehe abgelöst. Wirklich?
//__«Wer bezahlt?» – die Frage hat schon manches Têteà-Tête getrübt, seit nicht mehr von vornherein klar ist,
dass der Mann im Restaurant die Rechnung begleicht.
Denn was gibt es Unromantischeres als Finanzen? Frisch
Verliebte empfinden es schon fast als unanständig, miteinander über Geld zu sprechen. «Romantik pur – ohne
Geldverschmutzung», so sehen die Träume aus. Doch
nicht selten landen die Paare nach Verblassen der Leidenschaft unsanft auf dem schmutzigen Boden der ungeklärten Geldfragen. «Paare reden nicht gern über Geld», stellte die Paartherapeutin Rosmarie Welter-Enderlin kürzlich
in einer Sendung von Radio DRS fest. Wenn sie es dann
doch tun, ist es oft zu spät. Dann kann es passieren, dass
Geld zum beherrschenden Thema zwischen den ehemals so Verliebten wird. Auch in langjährigen, intakten
Zweierbeziehungen sind ökonomische Themen die konfliktträchtigsten, wie eine österreichische Tagebuchstudie
mit 40 Paaren zeigte.
Vermögender sucht Vermögende
Dass Geldfragen auch langjährige Beziehungen vor Zerreissproben stellen können, ist eine altbekannte Tatsache.
Aber welche Rolle spielen Geld und Prestige beim Kennenlernen und Verlieben? Ist es wirklich so, dass Liebe alle
gesellschaftlichen Schranken überwindet? Ein Blick ins
persönliche Umfeld genügt, um an dieser schönen Vorstellung zu zweifeln. Die Paare im Bekanntenkreis sind
allesamt ziemlich homogen, was familiäre Herkunft, Sozialstatus und Bildung betrifft. Kein Aschenputtel weit und
breit, das sich einen reichen Prinzen geangelt hätte, und
kein armer Schlucker, der mit einer Millionärin glücklich
geworden wäre. Werner Enderli, Inhaber der Partnervermittlungsagentur «Pro Due», bestätigt diesen Eindruck:
«Ein ähnlicher Lebensstandard ist Voraussetzung für eine
erfolgreiche Partnerschaft», stellt er klar. Das Anforderungsprofil, das Enderli mit seinen KundInnen erstellt,
umfasst deshalb auch Angaben über den ökonomischen
Hintergrund der gesuchten Partnerin oder des gesuchten
Partners. Im Internet stösst man ohne langes Suchen auf
Partnerschaftsinserate wie dieses: «Ich bin zwar (mit Immobilie) vermögender Mann in den Fünfzigern und würde mich gerne von einer krankhaft eifersüchtigen Frau
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trennen. Damit nicht alles mit Herzblut Erarbeitete nun
unter den Hammer kommt, würde ich gerne mit einer lebensfrohen und unkomplizierten Frau eine glücklichere
Partnerschaft eingehen, wenn Du dabei mit etwas Zustupf
mein Haus retten kannst.»
Homogamie fördert eine stabile beziehung
Hat damit die Paarbeziehung als Zweckgemeinschaft mit
dem Ziel, das vorhandene Vermögen zu erhalten und zu
mehren, doch nicht ausgedient? Es scheint, dass Frauen
und Männer bei der Partnerwahl noch immer darauf achten, ob jemand aus einem vergleichbaren Milieu stammt
und einen ähnlichen Lebensstandard gewohnt ist. Dies
scheint denn auch die Voraussetzung für das langfristige
Gelingen einer Zweierbeziehung. Bindungswillige stellen
sich die Frage: «Passt diese Person in meine Familie, in
mein Umfeld?» Dabei handelt es sich eigentlich nur um
die alte Frage, die sich früher die Eltern gestellt hatten,
als sie es noch als ihre Aufgabe betrachteten, ihren Nachwuchs erfolgreich unter die Haube zu bringen.
Dieser Eindruck wird übrigens bei einem Blick in die
Fotoalben der jeweiligen Familien von langjährigen Mittelschichtspaaren bestätigt: Fröhliche Kinder am Bergsee,
beim Skifahren und im Planschbad – die Bilder sind austauschbar. «Homogamie» lautet der aus der Botanik entlehnte wissenschaftliche Begriff für die Einhaltung der sozialen Grenzen bei der Partnersuche. Verhaltensforscher
erachten es als erwiesen, dass bei ähnlicher sozioökonomischer Herkunft und übereinstimmenden Wertvorstellungen die Wahrscheinlichkeit einer stabilen Beziehung
zunimmt.
akademikerinnen willkommen
Noch sind in heterosexuellen Beziehungen eindeutig die
Paare in der Mehrzahl, in welchen der Mann es beruflich
weiter bringt und besser verdient als die Frau – vor allem,
wenn das Paar Kinder hat. Die Veränderung findet nur
langsam statt, obwohl Frauen im letzten Jahrzehnt bei
der Bildung enorm aufgeholt haben. Sie erlernen heute
ganz selbstverständlich einen Beruf oder schliessen ein
Hochschulstudium ab, statt sich – wie einst – die Zeit
mit Handarbeiten zu vertreiben, bis der richtige Ernährer
moneta #4 // 26. November 2009
die Fotos aus den Familienalben ...
... gleichen sich wie ein ei dem anderen.
gefunden ist. 57 Prozent der Universitätsabschlüsse und
41 Prozent der Doktorate wurden 2008 von Frauen erreicht – bei steigender Tendenz.
Noch setzen die Frauen diesen Bildungsaufschwung
nicht in eine berufliche Karriere um. Und noch immer
sind sie in Führungspositionen krass untervertreten. Das
Potenzial ist jedoch vorhanden, und der Trend zu ausgeglicheneren ökonomischen Verhältnissen in Partnerschaften wird längerfristig kaum zu bremsen sein. Akademikerinnen, die auf dem Heiratsmarkt bis heute als
«schwer vermittelbar» gelten, werden in Zukunft als Garantinnen für mehr Wohlstand im Haushalt willkommen sein. Das klassische Muster «Arzt heiratet Krankenschwester» ist in Auflösung begriffen, wie Spital-Insider
beobachten: «Pflegefachfrauen sind selbstbewusster geworden und deutlich kritischer gegenüber den Ärzten. Sie
brauchen keinen Doktor als Mann, um ihre gesellschaftliche Stellung zu verbessern», bemerkt ein Chefarzt des
Zürcher Waidspitals trocken. Hingegen geschehe es inzwischen öfter, dass sich Ärztinnen mit Ärzten liieren –
eine günstige Voraussetzung für ausgeglichene ökonomische Verhältnisse einer Ehe.
Die meisten Paare lernen sich am Arbeitsplatz kennen,
was den Vorteil hat, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse
der potenziellen Partnerin oder des potenziellen Partners
schon von vornherein einigermassen abgeschätzt werden
können. Der Arbeitsplatz bietet auch Gewähr für eine gewisse Übereinstimmung der Grundwerte und Interessen.
Doch immer mehr Singles suchen und finden ihr
Glück im Internet. Internet-Partnerschaftsagenturen wie
«Parship» erstellen ausgeklügelte Persönlichkeitsprofile,
die nebst Hobbys und Essensgewohnheiten auch Beruf,
Bildungsstand und Einkommen enthalten. Solche gläserne Partnerinnen oder Partner fördern womöglich Homogamie noch zusätzlich.
len Herkunft auf die Partnerwahl umso stärker, je besser
das Elternhaus finanziell und sozial gestellt ist. Und nur
in Ausnahmefällen gelingt es, die eigene soziale Stellung
durch Heirat zu verbessern.
Wer träumt nicht gern von der grossen, grenzüberschreitenden Liebe, die alle materiellen Sorgen vergessen
macht? Diese gibts leider höchstens als romantisches Ferienabenteuer, und sie erweist sich in den wenigsten Fällen als alltagstauglich. So bleibt das ökonomische Kalkül
als Basis für eine dauerhafte Beziehung auch rund zweihundert Jahre nach der Entdeckung der romantischen
Liebesheirat erhalten. __//
Soziale Grenzen bleiben
Die Praxis zeigt auf der anderen Seite: Trotz der viel beschworenen gesellschaftlichen Öffnung bleiben die sozialen Grenzen bei der Partnerwahl auch unter modernen Bedingungen weitestgehend erhalten. Gemäss einer
Studie der Universität Bremen ist der Einfluss der sozia-
anna sax | sax@oekonomin.ch
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das sPiel stärkt die lieBe __ Sind wir fähig, etwas zu besitzen und zu lieben, oder
schliesst das eine das andere aus? erhellend ist für solche Fragen die lektüre eines
bekannten Kinderbuches: «der Kleine prinz».
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Der kleine Prinz liebt seine Rose, und er
pflegt mit Liebe seinen Planeten. Ist es hier
angebracht, von Besitz zu sprechen? Ist Liebe und Besitz vereinbar, wenn es für alle Beteiligten vorteilhaft ist? Der Geschäftsmann
hält sich für reich. Er besitzt einen läppischen
Zettel mit einer Zahl darauf und ist völlig arm
an Gefühlen. Lässt uns Besitz emotional verkümmern, oder ist es bloss die Fixierung aufs
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//__Wir könnten uns in sperrigen Theorien
verlieren, um der Unmöglichkeit auf die Spur
zu kommen, das zu besitzen, was wir begehren. Begehren und Lieben sind jedoch nur entfernte Verwandte, und wenn es um die Liebe
geht, scheint die Lektüre des «Kleinen Prinzen»
von Saint-Exupéry ergiebiger. Hier bereisen wir
diverse Planeten, besiedelt von allerlei schrulligen Charakteren: dem König, dem Eitlen,
einem Säufer und auch einem Geschäftsmann.
Dieser findet zuerst kaum Zeit für ein Gespräch,
da er am Zählen ist. Er kann sich vorerst nicht
mehr erinnern, wovon er eigentlich fünfhundertundeine Million gezählt hat. Es stellt sich
heraus, dass es sich um Sterne handelt, die er
zu besitzen glaubt.
«Und was hast du davon, die Sterne zu besitzen?» «Das macht mich reich.» «Und was hast
du vom Reichsein?» «Ich kann noch mehr Sterne
kaufen, wenn jemand welche findet.» Der da,
sagte sich der kleine Prinz, denkt ein bisschen
wie mein Säufer. Und er argumentiert weiter:
«Wenn ich eine Blume habe, kann ich meine
Blume pflücken und mitnehmen. Aber du kannst
die Sterne nicht pflücken!» «Nein, aber ich kann
sie zur Bank bringen.» «Was soll das heissen?»
«Das heisst, dass ich die Zahl meiner Sterne auf
ein kleines Stück Papier schreibe. Und dann
sperre ich dieses Papier in eine Schublade.» «Und
das ist alles?» «Das genügt.» Das ist amüsant,
dachte der kleine Prinz. Es ist fast dichterisch.
Aber es ist nicht ganz ernst zu nehmen. (…)
«Ich», sagte der kleine Prinz noch, «ich besitze
eine Blume, die ich jeden Tag begiesse. Ich besitze drei Vulkane, die ich jede Woche kehre.
Denn ich kehre auch den erloschenen. Man
kann nie wissen. Es ist gut für meine Vulkane
und gut für meine Blume, dass ich sie besitze.
Aber du bist für die Sterne zu nichts nütze…»1
Einschalten, Aufsitzen, Losfahren – mehr braucht
es nicht, um mit einem Lächeln auf den Lippen
grenzenlose Mobilität zu geniessen. Sie treten in die
Pedale und der lautlose Elektromotor verstärkt Ihre
eigene Muskelkraft um maximal 150 %. Die Reichweite beträgt bis 80 km mit einem Akku.
Name
Lieben oder Haben? Oder Liebhaben?
moneta #4 // 26. Novmember 2009
Für das Spiel braucht es Spielraum, und dieser entsteht
nur, wenn immer wieder ein Loslassen möglich wird. Dies
widerspricht allerdings dem Besitzdenken fundamental.
rum kümmern; was uns nicht mehr interessiert, wird lästig. Der Bestseller «simplify your
life» rät treffend, allen unnötigen Ballast abzuwerfen.2
Der kleine Prinz begegnet auch einem
Fuchs:
«Wer bist du?» (…) «Du bist sehr hübsch…»
«Ich bin ein Fuchs», sagte der Fuchs. «Komm
und spiel mit mir», schlug ihm der kleine Prinz
vor, «ich bin so traurig.» «Ich kann nicht mit dir
spielen», sagte der Fuchs, «ich bin noch nicht
gezähmt!» «Ah, Verzeihung!» sagte der kleine Prinz. Aber nach einiger Überlegung fügte er
hinzu: «Was bedeutet das: ‹zähmen›?» «Das ist
eine in Vergessenheit geratende Sache», sagte der
Fuchs. «Es bedeutet: sich ‹vertraut machen›.»3
In einer Welt, wo alles käuflich ist, vergessen wir, welche Rolle Verantwortung und Liebe beim Besitzen oder Zugehörigsein spielen.
Gemeint sind weder eheliche Treueschwüre
noch Gesetze und Verbote, sondern die
grundsätzliche Verantwortung, welche mit
Lieben einhergeht, indem man das Vertrauen
einer Person geschenkt bekommt. Der kleine Prinz und der Fuchs möchten zusammen
spielen. Vielleicht kann man sagen: Wo Liebe
und Vertrauen sind, kann auch gespielt werden. Und dieses Spiel stärkt die Liebe.
Für dieses Spiel braucht es aber auch
Spielraum, und dieser entsteht nur, wenn immer wieder ein Loslassen möglich wird. Dies
widerspricht allerdings dem Besitzdenken
fundamental. Es geht nicht darum, exklusive
Liebesformen abzuschaffen. Doch es scheint
in der Offenheit dem befremdenden Anderen
gegenüber produktive soziale Irritationen zu
geben. Diese sind bei der Konstruktion eines
liebenden Selbst wichtig. In diesem Zusammenhang liefern die «Queer»-Theorien interessante Ansätze, die auch für den Blick auf
das exklusive (heterosexuelle) Liebespaar ge-
winnbringend sind: Heterosexueller Monogamismus ist eben nur eine Liebesform unter anderen. Erst wenn wir eingeprägte Bilder
vergessen, die angeblich festschreiben, wer
wir – und andere – sind oder sein sollten,
wenn wir uns auf Neuland einlassen, wird der
Reichtum an Seinsmöglichkeiten deutlich.
Indem wir uns selber verunsichern und
neu begegnen und indem wir die Irritation
der anderen nicht nur aushalten, sondern
vielmehr geniessen, entsteht ein momentaner Raum für das Unbekannte. In dieser Entfremdung finden wir uns, individuell oder in
Liebesbeziehungen. Dort, wo wir zukünftige
Entwicklungen nicht einmal erahnen, breitet
sich unter Umständen das Spektrum des Lebens neu vor uns aus, mit Überraschungen,
Vielfalt, Differenz und sich auflösenden Verschlingungen. Bestenfalls eine Liebe, gegenüber den Anderen gerade in ihrer Andersheit.
Das wäre dann eine bedingungslose Liebe
jenseits von Haben oder Nichthaben.__//
Dominique Zimmermann | dominique.a.z@bluewin.ch
1 Antoine de Saint-Exupéry:
Der Kleine Prinz, Arche
1950/2000 (S. 45–47).
Original: Le Petit Prince,
Gallimard, Paris 1945.
2 Werner Tiki Küstenmacher
und Lothar J. Seiwert:
simplify your life, einfacher und glücklicher
leben, Campus 2004.
3 Der Kleine Prinz, S. 65.
9
Neue Bilder mit den
alten Symbolen
foto: zvg
foto: anoushaimee.com
foto: zvg
thema
die haltuNG im roteN Brokat __ ein blick auf die bekannten porträtgemälde der
Königstöchter und auf die inszenierungen der aktuellen Gesellschaftsfotografie
zeigt verblüffende Gemeinsamkeiten. die posen der macht und die Symbole
des reichtums sind seit Jahrhunderten die gleichen.
//__In der abendländischen Malerei war das Genre der
dynastischen Porträts lange Zeit dem Adel vorbehalten.
In diesen Gemälden wurde der Stammhalter jeweils mit
seinem Vater oder ausnahmsweise auch mit seiner Mutter porträtiert. Der Jüngling verkörperte dabei den Fortbestand der Familie, er bot Gewähr, dass das Adelsgeschlecht nicht ausstarb. Die Töchter ihrerseits brachten
Schönheit und Jugend als Zeichen ihrer Jungfräulichkeit
ein. Mit ihrer Mitgift boten sie beste Voraussetzungen
für eine gute Partie. Die Adelshäuser mussten nämlich
oft Zweckbündnisse mit dem Grossbürgertum eingehen.
Diese hatten zwar kein blaues Blut, dafür aber beträchtliche Vermögen. Umgekehrt strebten Kaufmanns- oder
Bankierfamilien in der Renaissance – etwa die Medici in
Florenz – eine dynastische Legitimation an. Dafür heirateten die Männer die Töchter der herrschenden Adelsfamilien. Herzog Cosimo zum Beispiel heiratete Eleonora
von Toledo, die Tochter des Vizekönigs von Neapel vom
Geschlecht der Alba, die ihm zehn Kinder gebar. Von ihr
gibt es ein berühmtes Porträt des Malers Bronzino, zusammen mit ihrem Sohn Giovanni (Bild links).
Streben nach dynastischer legitimation
Sind die Zeiten (glücklicherweise) passé, in denen Töchter im Wettlauf um gesellschaftlichen Erfolg und Macht
ihr Geld, ihr Geschlecht und ihre Schönheit einsetzten?
Betrachtet man das Fotoporträt in der Modezeitschrift
«L’Officiel» aus dem Jahre 2004, das im Rahmen einer Reihe über den Debütantinnenball entstanden ist (Bild Mitte),
darf man daran zweifeln. Fotografiert hat diese Bilderreihe
das Duo Anoush Abrar und Aimée Hoving.
Auch wenn die abgebildeten Frauen nicht namentlich
bekannt sind – ihre Identität soll auch nicht preisgegeben werden –, veranschaulicht dieses Bild ebenfalls den
Wunsch einer gesellschaftlichen Elite nach dynastischer
Legitimation. Die Inszenierung folgt genauen Regeln: Mit
Dekor, Pose, Kleidung und Schmuck werden präzise kulturelle Aussagen gemacht.
Die gerillten Säulen und die massive Säulenbasis lassen auf einen Palast in Gotha schliessen – auf dem Bild ist
es das Hôtel de Crillon, ein ehemaliger Adelspalast an der
Place de la Concorde in Paris. Einer der beiden Säulen10
schäfte verlängert den Oberkörper der Mutter, einer sehr
schönen, stark geschminkten Frau in ihren Fünfzigern,
die vor allem durch ihre lange blonde Haarpracht auffällt.
Sie sitzt in lockerer Pose auf der Armlehne des Sessels ihrer Tochter und blickt mit Selbstsicherheit und Autorität
in die Kamera. Der schwarze Hosenanzug wirkt streng,
ihre Kleidung steht im Kontrast zu jener der Tochter. Diese trägt ein rotes Kleid von einem etwas kräftigeren Karmin als der Sessel, auf dem sie sitzt. Das schulterfreie
Kleid lässt die makellose Haut am Schulterausschnitt erkennen. Geschichtlich gesehen, symbolisiert die karminrote Kleiderfarbe die königliche Macht.
die alten Symbole
Davon zeugt auch das 1518 entstandene Porträt von Raffael und Giulio Romano, auf dem eine wunderschöne junge Frau dargestellt ist, die man lange für Johanna von
Aragón hielt (Bild rechts), von der man aber heute weiss,
dass es Doña Isabel de Requesens, die Gattin des Vizekönigs von Neapel, war, das damals zu Spanien gehörte.
Es ist zwar keines der Gemälde, die von grossen Künstlern
angefertigt und quer durch Europa geschickt wurden, um
eine junge Frau im Hinblick auf eine dynastische Allianz
als Braut zu präsentieren, gemalt wurde aber für einen
König: Ein Kardinal hatte es dem französischen König
Franz I. geschenkt, der einen Hang zu schönen Frauen
hatte. Auch Doña Isabel trägt ein karminfarbenes Kleid
und eine ebensolche Kopfbedeckung mit Seidensatinfutter – prächtige, schimmernde Stoffe, die den Pinsel des
Malers erfreuten. Ihr Kleid ist – ganz nach der damaligen
italienischen Mode – tief ausgeschnitten und hat üppige,
geschlitzte Ärmel, die den Blick auf das feine, goldbestickte Unterkleid freigeben. Die spanische Adlige streicht
mit der rechten Hand über einen braunen Zobelpelz, ein
luxuriöses Stück, Sinnbild für die gebändigte Natur.
Die Debütantin auf dem Fotoporträt trägt als einzigen Schmuck ein Diadem und eine sehr jungfräulich
wirkende Perlenkette. Das Diadem scheint auf dem offenen, übertrieben gebrushten Haar, wie es ein Teenager
heute tragen würde, in labilem Gleichgewicht zu sein. Sie
sitzt leicht seitlich mit halb verschränkten Armen – in genau jener Pose, welche die Frauenmodelle der Maler in
moneta #4 // 26. November 2009
agnolo bronzino, bildnis der eleonora von toledo,
Gattin des Grossherzogs cosimo de medici, mit ihrem
Sohn Giovanni, um 1545. Florenz, uffizien.
anoush abrar und aimée Hoving, Fotografie,
aus der Serie debütantinnenball, 2004.
der ausgehenden Renaissance einnahmen (man denke an
Leonardo da Vincis «Mona Lisa»). Die junge Frau unterscheidet sich jedoch in einem Punkt von ihrer illustren
Vorgängerin, der Gioconda: Auf ihrem Gesicht ist nicht
die Spur eines Lächelns oder gar ein Ausdruck von Fröhlichkeit auszumachen.
Der Brauch des Debütantinnenballs stammt ursprünglich aus England, wo die Töchter der Aristokratie, die oft
frisch aus dem Kloster kamen, der Königin und dem Hof
vorgestellt wurden. 1957 fasste er in Paris wieder neu
Fuss. Das Château de Versailles und die Opéra Garnier
dienten als Schauplatz für diesen mondänen Anlass, um
die Töchter der besseren französischen Familien in die
Gesellschaft einzuführen. Die zweite französische Revolution, jene von 1968, die mit den herrschenden Schichten genauso aufräumen wollte wie jene von 1789, bereitete dem Debütantinnenball ein vorläufiges Ende. 1991
wurde er jedoch wieder eingeführt. Jetzt ist es allerdings
eine Benefiz-Gala, bei der der Erlös aus dem Kartenverkauf einem wohltätigen Zweck gestiftet wird.
die Vips – der neue adel
Heutzutage stammen die Debütantinnen nicht mehr ausschliesslich aus dem Adel, sondern sind VIPs aus der
ganzen Welt. Vermögen, Prominenz und Macht bilden dabei das Kriterium der Teilnahme. Jungfräulichkeit ist nicht
mehr gefragt, dafür müssen die Debütantinnen (man fragt
sich, worin sie noch Anfängerinnen sind) eine Topfigur
haben, die den Regeln der französischen Haute-CoutureHäuser entsprechen, die Ballkleider designen. Die Debütantinnen müssen auch hübsch sein, um die Schmuckkreationen der berühmten Juweliere zu präsentieren.
Einige Namen aus dem europäischen Adel sind zwar weiterhin vertreten, doch stammen die Auserwählten hauptsächlich aus reichen Industriellen- oder Politiker-Familien.
Der Ball von 2003, an dem das abgebildete Fotoporträt
entstanden ist, hatte zu einer ganzen Welle von Kommentaren geführt, weil die Tochter eines Präsidenten des chinesischen Rates für Industrieentwicklung eingeladen worden
war – die Erbin eines Machthabers aus der Republik Maos
im Lanvin-Etuikleid! Inzwischen steht der Ball auch den
Töchtern der russischen Oligarchie offen.
raffael und Giulio romano, bildnis
der doña isabel de requesens, um 1518. louvre.
«Wenn der Geldmann seinen Coup verfehlt, sagen
die Höflinge von ihm: Er ist ein Bürger, ein
Nichts, ein Flegel; wenn ihm der Coup gelingt,
bitten sie ihn um die Hand der Tochter.»
Jean DE LA BRUYÈRE, Die Charaktere (1696)
Betrachtet man die Entwicklung des Debütantinnenballs als Symbol der Macht, der Elite und der international herrschenden Schicht, kommt einem unweigerlich der
prachtvolle Ball in «Il gattopardo», dem Film von Luchino
Visconti, in den Sinn. Visconti – selbst ein Kind des Mailänder Adels – verfilmte den gleichnamigen Roman von
Lampedusa («Der Leopard», 1963). Darin kommt der Fürst
Salina von Sizilien zum bitteren Schluss: «Wenn alles so
bleiben soll, wie es ist, muss sich alles verändern.» Er erlebt
den Untergang einer Welt, nämlich jener des Landadels,
der dem neureichen Kleinbürgertum in seiner ganzen Vulgarität gegenübergestellt wird. Sein Neffe und Erbe, der
vom jungen Alain Delon gespielt wird, geht eine Mésalliance mit der schönen und reichen Angelica ein, um seine
Familie vor dem sicheren Untergang zu bewahren.
Delon, den Visconti mit seinen schönsten Rollen
ebenfalls adelte und der heute so alt ist wie der Fürst Salina, eröffnete 2008 den Debütantinnenball mit dem
«Gattopardo-Walzer» von Nino Rota, am Arm seine Tochter Anouchka. Ironie des Schicksals: Die Partner der Debütantinnen, die am vorgängigen Schnellkurs im Walzertanzen mit dabei sind, stehen nie im Rampenlicht,
selbst wenn sie einem italienischen Adelsgeschlecht entstammen.__//
véronique Germanier | veragermanier@hotmail.com
Übersetzung: Nicole stoll
die verfasserin ist kunsthistorikerin in Genf. sie bedankt sich für die informationen
bei elizabeth fischer, dozentin und Bereichsleiterin an der haute ecole d’art et de
design Genève.
Anoush Abrar und Aimée
Hoving studierten an
der Haute Ecole d’Art et de
Design de Genève. Sie arbeiten als Künstler- und als
Modefotografen zusammen für Zeitschriften wie
«Wallpaper», «Vogue»,
«L’Officiel» und die «Weltwoche». In ihren Bildern
schaffen sie eine raffinierte
Welt der Prominenz und
der Inszenierungen, die sie
oft in Serien bearbeiten
wie beim Debütantinnenball. Die vollständige Serie
findet sich unter:
www.anoushaimee.com
11
fotos: fotolia
thema
foto: zvg
Beim klassischen Geld gibt es Elemente, die
den Austausch in Richtung Rivalität und Macht
lenken: der Zins, die Spekulation mit dem Geld
selbst und die Tatsache, dass es sich nicht um die
Art und den Zweck des Austausches kümmert.
Geld – zwischen Tausch
und Macht
tauschsysteme uNd ziNsverBot __ das ursprüngliche Ziel des Geldes ist es, die Waren-
zirkulation zu erleichtern. doch Geld wird immer mehr zur Fessel. es sollte deshalb
neu erfunden werden, und neue regeln müssen her.
//__Geld wurde einst erfunden, um den Austausch zu erleichtern. Münzen mit einem ihnen zugeschriebenen
Wert erlaubten es, die Unbequemlichkeit des direkten
Tausches zu umschiffen. Verderbliche Waren oder solche,
die sich nicht aufteilen liessen, wie etwa eine Kuh, wurden dank Geld zu teilbaren Einheiten – umgerechnet in
Münzen aus Metall. Da diese den Austausch erleichterten,
wurde auch mehr gehandelt. Aber das Geld entmaterialisierte sich schrittweise. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Goldstandard als Umrechnungsgrösse unter den
Währungen abgeschafft, und 1971 wurde der Dollar vom
Gold entkoppelt. Heute ist Geld fast völlig virtuell geworden. Es ist, elektronisch gesteuert, 24 Stunden pro Tag
rund um die Welt unterwegs.
Geld ist zum Fetisch geworden. Er besteht darin, dass der
Tauschwert des Geldes auf dieses selbst übergesprungen
ist: Die Finanzindustrie handelt mit Geld.
Patrick Viveret
12
Doch die riesigen Geldströme sind für all jene ein
Nachteil, die Münzen und Noten weiterhin für ihren einfachen Warenaustausch benötigen. Für diese Menschen
sind die weltweiten Finanzströme bloss ein Hindernis
und bringen ihnen Probleme. Etwa jenen drei Milliarden,
die bis heute keinen Zugang zum Bankensystem haben.
Dies führt zu einer paradoxen Situation: Wie kommt es,
dass Menschen, die gleichzeitig die Möglichkeit und den
Wunsch haben, aktiv zu handeln, sich dies aus Mangel an
Geld aber nicht leisten können? Dieser Widerspruch ist
das Resultat der Entwicklung, die Geld zum Fetisch werden liess. Er besteht darin, dass der Tauschwert des Geldes
auf dieses selbst übergesprungen ist: Die Finanzindustrie
handelt mit Geld. Der Fetisch wurde noch dadurch verstärkt, dass das ursprünglich benutzte Gold oder Silber
dem Geld selbst einen Wert verliehen.
Hier zeigt sich das unheimliche Gesicht des Geldes. Es
ist vom Instrument des Tausches zum Instrument der Macht
geworden. Obwohl es insgesamt im Überfluss vorhanden
ist, leiden viele unter dem Mangel an Geld. Ein Mangel, den
die mächtigen Akteure künstlich schaffen und der die Benachteiligten in ihrem Tauschpotenzial einschränkt.
moneta #4 // 26. November 2009
Die Weltwirtschaft ist heute doppelt bedroht. Durch
den Mangel an Geld bei den Ärmsten auf der einen und
durch den Exzess der Reichen auf der anderen Seite. Die
Folgen sind Armut und Elend und all ihre destruktiven
Konsequenzen. Alle zehn Jahre versprechen die internationalen Organisationen, sie würden die Schulden streichen. Aber weil sie sich dann immer wieder mit den
Symptomen statt mit den Ursachen der Probleme beschäftigen, bleiben diese Versprechen toter Buchstabe.1
– Was den Exzess betrifft, so hat die Finanzblase dazu geführt, dass die zirkulierende Geldmenge nichts mehr mit
der Realwirtschaft zu tun hat. In den USA beträgt das Verhältnis von spekulativ benutztem Geld zum realen Wirtschaftsgeld 40 : 1.
Je weiter entfernt der Ort und die Zeit sind, in denen das Geld zirkuliert, desto mehr «Misstrauensgarantie» wird einkalkuliert. So handeln auch die Besitzenden
gegenüber den Armen. Damit aber wird Geld zum Werkzeug der Macht, und die Hindernisse für jene, die kaum
oder gar kein Geld besitzen, werden immer höher.
internationale lösungsansätze
Dieses Problem muss auf zwei Wegen gelöst werden, zwei
Wege, die eigentlich beide parallel beschritten werden
müssten. Der erste Weg, der radikalere, besteht darin, die
grossen Geldströme zu reorganisieren. Das beginnt beim
Euro-System und den Akteuren, die es erfunden haben
und es erhalten und die diese Währung zirkulieren lassen: die Zentral- und Kreditbanken und die Geldmärkte.
Ziel einer Veränderung muss sein, dass Geld nicht länger
zum Krieg anstiftet.
Dieser Ansatz einer weltweiten Reform ruft notwendigerweise nach neuen internationalen Regeln. Diese
müssen verhindern, dass Geldreserven entstehen, die
der Mafia oder dem Terrorismus dienen – und die in den
Finanzparadiesen liegen. Diese Reform ruft auch nach
einem System, das Geld so einsetzt, dass es soziale und
ökologische Strukturen weder schädigt noch zerstört. Es
muss – umgekehrt – soziales und ökologisches Tun unterstützen. Diese radikale Reform setzt eine breite Unterstützung in ganz Europa voraus – und ein Umdenken bei
der Verwendung des Euro.
Der zweite Weg, der kurzfristig eher realisierbar
scheint, besteht darin, Tauschsysteme zu begünstigen –
oder mindestens zu erlauben –, die auf Vertrauen und
nicht auf Misstrauen beruhen und die einen direkten
Austausch vor Ort ermöglichen. Ein solches System hätte auch den Vorteil, selbst in einer grösseren Finanzkrise
Patrick Viveret
das soziale Netz zu garantieren. Es würde einer demokratischen Gemeinschaft die Macht über das eigene Geld geben und das Recht, selber soziales Geld zu schöpfen, ganz
nach dem Bedürfnis der Gemeinschaft. In diesem Sinn
arbeiten die nicht monetären Geldsysteme wie das «système d’échange locaux» (SEL) 2 oder das Experiment «Solidaire» (SOL)3, wie wir sie in Frankreich finden.
tauschsysteme in der Nähe
Wenn die bestehenden Währungen ihre Rolle im friedlichen Austausch erfüllen würden, wäre es gar nicht nötig,
nach einem Ersatz zu suchen. Alle alternativen Systeme,
alte und neue, haben eines gemeinsam: Sie schaffen wieder ein Tauschsystem der Nähe, denn das offizielle Geld
erfüllt diese Aufgabe nicht mehr. Wenn den Akteuren das
Geld fehlt und dieses sie beim Handel behindert, ist die
klassische Geldtheorie ad absurdum geführt.
Beim klassischen Geld gibt es zwei Elemente, die den
Austausch in Richtung Rivalität und Macht lenken. Das
erste ist das Prinzip des Zinses, der die Spekulation mit
dem Geld selbst antreibt und verhindert, dass Geld als
Tauschmittel eingesetzt wird. Das andere Element ist die
Tatsache, dass das offizielle Geld sich nicht um die Art
und den Zweck des Austausches kümmert. Das bringt die
Fragen des «schmutzigen Geldes» auf und führt bis in die
Steuerparadiese, in denen es zirkuliert. Zwar kritisieren
die Regierungen nun diese Entwicklungen, doch sie belassen es noch immer bei Worten und handeln nicht.
Soziales Geld, wie das System «SOL» es versteht, muss
zwei Kriterien erfüllen. Es darf keinen Zins abwerfen und
darf nicht für die Spekulation eingesetzt werden. Es ist an
Aktivitäten gebunden, die eine ökologische und soziale
Funktion und Zielsetzung haben.
Diese zwei Kriterien sind fundamental. Sie sind nötig,
um das Geld in eine friedenstiftende Richtung zu lenken,
die auf Solidarität und Kooperation, letztlich auf die Liebe zielt. Dabei geht es nicht um die Abschaffung des offiziellen Geldes – das wäre eine völlig unrealistische Forderung. Aber Geld müsste wieder zu seiner ursprünglichen
Funktion als Tauschmittel zurückfinden. Das würde zu
einem ausgewogenen Handel führen. Heute aber führt
das Geld zur sozialen Gewalt, wie man an mafiösen oder
terroristischen Erscheinungen ablesen kann.__//
Patrick Viveret | patrick.viveret@wanadoo.fr
Der Autor ist Philosoph und publiziert zu Globalisierungsthemen.
Er lebt in Frankreich. Übersetzung: moneta
1 Die Zahlen des Uno-Entwicklungsprogramms
zeigen klar, dass es die
Welt bisher nicht geschafft hat, die Armut zu
beseitigen. Die Uno
zeigte für 1998 auf, dass
die Werbe- und Rüstungsausgaben sowie die
Ausgaben für Suchtmittel
zwanzigmal so hoch
waren wie die Mittel, die
nötig wären, um allen
Menschen zu sauberem
Wasser, zu einer Grundernährung und zur Grundversorgung zu verhelfen.
2 «Système d’échange
locaux» (SEL): Die Tauschbörsen oder nicht monetären Geldsysteme gibt es
seit den Achtzigerjahren,
die Idee stammte ursprünglich aus Kanada. In
Frankreich entwickelte
sich die Bewegung ab
Mitte der Neunzigerjahre.
Inzwischen gibt es 300
lokale Organisationen,
deren grösste 20 000 Mitglieder zählt.
3 Solidaire (SOL). Eine in
Frankreich von diversen
Gruppen seit dem
Jahr 2000 verwendete
Alternativwährung:
1 Euro = 10 SOL.
(www.sol-reseau.org)
13
denkanstoss
iNserat
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kostet 470 Franken im Jahr; dafür erhalten Sie ein WOZ-Abo.
//__Ach komm, erzähl mir doch nichts! Und bitte bring
jetzt nicht deine ewig gleiche Ausrede, es sei halt deine
Natur. Du brauchest den Wechsel, du seiest nicht monogam. Eine feste, dauerhafte Beziehung sei gar schädlich
für dich.
Ich weiss schon lange, dass sich deine Zuneigung in
Grenzen hält, von Liebe kann keine Rede sein. Ich war für
dich nie etwas anderes als eine kurze Episode. Eine zähdauerhafte allerdings. Ein G’schleick, ich kann nicht von
dir lassen. Ich brauch dich einfach.
Manchmal verzeih ich dir deine Niedertracht. Denn
du hast mir auch Vergnügen bereitet, wenigstens für kurze Zeit. Darum kommt keine Wehmut auf beim Abschied.
Denn inzwischen weiss ich, dass du wieder zurückkommen wirst. Deine Rückkehr nehme ich ohne Euphorie zur
Kenntnis, begrüsse dich so cool wie möglich. Alle Versuche, dich einzuschliessen, habe ich längst aufgegeben.
Du findest immer einen Ausweg.
Ich lass dich deshalb in Ruhe, betrachte dich, wenn
du auf einer Bank sitzst und einfach darauf wartest, dass
ich dich rufe. Dann bist du sofort zur Stelle, hellwach und
auf dem Sprung, deine Freiheit zu nutzen, dich so rasch
als möglich einem andern zuzuwenden. So ist das halt.
Wie oft wurde ich vor dir gewarnt, dass du allen schöne Augen machst, und dass das nichts zu bedeuten habe.
Ich nahm das nicht ernst. Heute weiss ich es besser.
Du hast einen schlechten Ruf, weil du so viele von dir
abhängig machst. Die können ohne dich gar nicht leben.
Dabei hast du keine Ausstrahlung, dein Charme ist künstlich. Trotzdem bist du durchaus salonfähig, man zeigt
sich gerne mit dir. Aber offenbar bin ich für dich doch zu
wenig attraktiv. Du alterst zwar auch, aber bleibst doch
begehrenswert. Manchen raubst du gar den Schlaf.
Wenn du weg bist, weiss ich meist, wo du dich herumtreibst. Oft versteckst du dich hinter einer Bank und
glaubst, du seist in Sicherheit. Aber pass bloss auf! Nicht
alle sind wie ich, viele wollen etwas von dir, suchen dich,
wollen mehr als nur deine Gegenwart. Sie wollen Nachwuchs von dir und hoffen, dass du deshalb bei ihnen
044 448 14 14, prowoz@prowoz.ch, www.prowoz.ch,
Förderverein ProWOZ, Hardturmstrasse 66, 8031 Zürich,
illustration: c.p.a. | karin hutter
PC 80-22251-0. Danke.
Anz_ProWOZ_H_211x279_moneta.indd1 1
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10.11.2009 9:40:14 Uhr
moneta #4 // 26. Novmember 2009
bleibst. Bei denen sollst du dann arbeiten, das erwarten
sie von dir. Viele wissen nicht, dass du Arbeit scheust, lieber andere arbeiten lässt.
Nie musstest du für mich arbeiten, meist konntest du
faul herumliegen. Einmal habe ich einen grossen Fehler
gemacht, als ich dich einem Freund überliess. Ich bekam
deine Rache für meine Gedankenlosigkeit zu spüren. Du
wolltest gar nicht mehr zu mir zurück. Jahrelang habe ich
dich gebeten, zurückzukehren. Du gabst mir zu spüren,
dass ich nachlässig mit dir umgegangen bin.
Manchmal überkommt mich auch Schadenfreude,
wenn ich sehe, wie du mit anderen zusammen herumgehetzt wirst. Geschieht euch allen recht! Könnt ihr denn
nicht einfach bleiben, einfach da sein, hie und da nett
sein, einem vielleicht sogar helfen? Würde das euch nicht
auch Freude machen?
Auf Reisen hast du immer deinen Namen gewechselt.
Du hast dann die Leute dort umschmeichelt, weil sie dich
bewundert haben. Sie überschätzen dich doch, wahrscheinlich weil sie dich so selten aus der Nähe sehen.
Du hast in all den Jahren, die ich dich jetzt kenne, dir
ein paar Mal neue Kleider beschafft. Angeblich um deine Eigenart zu bewahren, dich zu schützen, damit nicht
andere in billigen Nachahmungen herumlaufen können,
weil du exklusiv sein willst.
Wie siehst du manchmal aus! Nicht zum Herzeigen!
Da muss ich mich geradezu schämen für deinen Auftritt:
Völlig zerknittert und gar schmutzig. Ich wasch dich jedenfalls nicht, da kannst du noch so dreckig sein. Zwar
lege auch ich keinen grossen Wert auf mein Äusseres,
darum trag ich dir deine offensichtliche Nachlässigkeit
nicht weiter nach. Und welche Überraschung, wenn du
plötzlich unzerknittert auftauchst – eine wahre Freude.
Zu wem gehörst du eigentlich? Manchmal sagst du:
Zu allen. Aber in Wirklichkeit sind es nur sehr wenige, zu
denen du dich hingezogen fühlst. Auf jeden Bluffer fällst
du rein. Dabei wirst du doch von denen nur an der Nase
herumgeführt. Sie renommieren mit deiner Anwesenheit.
Was sind das alles für nichtsnutzige Schaumschläger, die
an dich glauben, dich vergöttern, dich herzeigen wie ein
Ausstellungsobjekt. Stört dich das nicht?
Viele von denen sind geradezu süchtig nach dir, engagieren dich und deinesgleichen gruppenweise, hecheln
nach Anerkennung, die sie dann von den Medien auch
prompt erhalten. Die treiben dich dann durch die Welt.
Was für eine Genugtuung meinerseits, wenn du auch von
diesen genug hast, ihnen den Rücken zeigst: Welche Panik dann bei diesen Aufschneidern ausbricht!
Zwar wurmt es mich schon etwas, wenn du weg bist
und ich nicht genau weiss, weshalb du gegangen bist.
Wenn ich nicht weiss, wann ich wieder mir dir rechnen
darf. Wer weiss, was du in Zukunft vorhast, ob du dich
bei mir noch rarer machen willst, als das schon heute der
Fall ist?
Genug jetzt?!
Alles klar?
Also –: Zahlen bitte.
Ciao! Bis zum nächsten Lohn... __//
Aldo Clerici | aldo.clerici@clerici-partner.ch
15
thema
Der Held
findet die arme Schöne
im iNdischeN kiNo GelteN aNdere massstäBe__ es war der klassische Schluss romantischer Filme:
der reiche Held heiratet aus liebe die arme Schöne. diese unschuldigen Zeiten bringt bollywood dem
foto: zvg
//__Es ist die erlösende Schlussszene nach vier Stunden
Film: Der Held jubelt und umarmt doch noch die Dorfschönheit. Ihre Konkurrentin, die reiche Engländerin,
wendet sich enttäuscht ab. Es ist das genretypische Ende der Bollywood-Produktion «Lagaan»: Ein perfektes
Happyend, bei dem die Guten gewinnen und die Liebenden über alle Hindernisse hinweg zueinander finden.
Die bombastisch-kitschigen Filme aus der indischen
Metropole Mumbai, dem früheren Bombay, galten lange
als cineastisches Randgebiet. Die Produktionen waren in
den europäischen Kinos kaum zu sehen – oder bloss unter Ausschluss der einheimischen Kinogänger: Im kleinen
St.Galler «Kinok» mieteten in den Neunzigerjahren Inder
aus Sri Lanka jeweils am Sonntag den Saal. Die Filme –
samt den dazugehörenden Snacks – importierten sie auf
verschlungenen Wegen selber. Gezeigt wurden die Streifen bloss ein einziges Mal, und sie zogen doch oft mehr
Zuschauer an als das alternative «Kinok» mit seinem kritischen Programm in einer ganzen Woche. Der Siegeszug
der DVD und des Heimkinos beendete allerdings diese
Sonntagsmatinées.
«bride and prejudice» ist eine bollywood-adaption von Jane austens romanvorlage.
16
Das indische Kino galt als zu exotisch, um im westlichen Kinomarkt Chancen zu haben – zumindest bis
2002. Dann lancierte der unabhängige Schweizer Verleih
Trigon «Lagaan: Once Upon a Time in India» und landete damit einen Grosserfolg. Der Film dauert fast vier Stunden, und während der Hälfte der Zeit dreht sich die Handlung um einen Kricketmatch, ein Spiel, dessen Regeln in
Mitteleuropa weitgehend unbekannt sind. Der Verleih
sah sich veranlasst, zum Kinostart ein Begleitheft herauszugeben, in dem das komplexe Regelwerk der englischen
Nationalsportart erklärt wurde.
bollywood-boom
«Lagaan» ist in Europa zum Bollywood-Markenzeichen
geworden, obwohl der Schluss bereits nach wenigen Minuten absehbar ist und obwohl die Story immer wieder
von minutenlangen Tanz- und Gesangsnummern unterbrochen wird, die der Handlung jegliches Tempo nehmen.
Eigentlich alles klare Anzeichen dafür, dass «Lagaan»
höchstens an Filmfestivals Beachtung finden könnte.
Doch dann geriet die Premiere in Locarno zum Beginn
eines Triumphzuges durch die Schweizer Kinos. Das Publikum auf der Piazza Grande harrte hingerissen auf den
unbequemen Stühlen aus und wählte danach «Lagaan»
zum besten Film des Festivals. Dies bedeutete den Durchbruch für das indische Kino in der Schweiz: Seither laufen hier regelmässig Bollywood-Produktionen wie etwa
«Kabhi Khushi Kabhie Gham», «Devdas» oder aktuell «Dil
Bole Hadippa!». Für die Filmindustrie in Mumbai sind die
zusätzlichen Besucherzahlen allerdings kaum von Bedeutung. Geschätzt wird, dass inzwischen rund 500 Millionen Inder «Lagaan» gesehen haben.
Eigentlich könnte die späte Entdeckung Bollywoods
hierzulande erstaunen. Denn die Schweiz – genauer die
idyllischen Berglandschaften – spielt seit den Sechzigerjahren in zahllosen Produktionen eine entscheidende
Rolle. Einer der Gründe war, dass in den gebirgigen Landschaften von Kaschmir jahrelang aus politischen Gründen nicht gefilmt werden durfte. Die verschneite Schweizer Bergwelt wirkt für die indischen Zuschauer wohl
genauso exotisch wie umgekehrt die Tanzszenen auf
das Schweizer Kinopublikum. Die indischen Filmcrews
sorgen indirekt dafür, dass die Schweiz inzwischen für
zahlreiche indische Brautpaare zum Traumreiseziel für
die Flitterwochen geworden ist. Die Tourismusdirektoren von Gstaad oder Grindelwald freuen sich darüber
moneta #4 // 26. November 2009
foto: zvg
Schweizer Kinopublikum zurück.
der bollywood-Film «lagaan» ist im Westen zum markenzeichen eines Genres geworden.
und sorgen dafür, dass in Hindi geschriebene Speisekarten vorliegen. Mit «Tandoori Love» gibt es auch einen
Schweizer Film à la Bollywood, der sich allerdings nicht
mit den opulenten Tanzszenen in den indischen Produktionen messen konnte. Bollywood-Anleihen prägten aber
vor allem Danny Boyles «Slumdog Millionaire», der 2009
gleich acht Oscars erhielt.
erinnerungen kommen hoch
Wieso aber verzeihen wir den Bollywood-Filmen jenen
Kitsch, der uns an einer Hollywood-Produktion so stört?
Vielleicht ist es die Freude, einen Film ohne Schere im
Kopf anschauen zu können. Es spielt keine Rolle, dass
das Verhältnis zwischen Mann und Frau komplett anti quiert ist, dass die Dialoge teilweise platt, die Handlung
unrealistisch, das Tempo schleppend und der Schluss absehbar ist. Die Filme bieten die Rückkehr zu einer cineastischen Unschuld, die das westliche Unterhaltungskino
längst verloren hat. Die Bollywood-Produktionen erinnern an die Zeit der Musicals und romantischen Komödien, als die Stars noch Fred Astaire und Cary Grant, Ginger Rogers und Grace Kelly hiessen und man das Kino
mit Tränen in den Augen verliess. Auch in der Schweizer
Kino geschichte lassen sich Entsprechungen finden: bei
den Gotthelf-Verfilmungen von Franz Schnyder mit ihrem
vorprogrammierten Happyend zwischen Ueli und Vreneli. Die gleiche Sehnsucht nach Romantik erklärt auch den
Erfolg der Verfilmungen der Romane von Jane Austen, die
das Publikum scharenweise ins Kino locken. Folgerichtig kam 2004 mit «Bride and Prejudice» eine BollywoodAdaption von Austens «Stolz und Vorurteil» in die Kinos.
Doch das nostalgische Erlebnis ist nur eine Erklärung:
Bollywood-Filme bieten vor allem perfektes Kino, das unverblümt auf Emotionen setzt. Die langsame Erzählweise
schafft die Nähe zum Helden, zur Heldin, Nebenfiguren
erhalten Raum. Die Tanzszenen sind bildgewaltig choreo-
grafiert, die Dekors üppig. Es sind Filme, die in einem indischen Dorfkino genauso funktionieren wie in Zürich.
Sie sind vielleicht der Beweis für die universale Wirkung
des Kinos, das quer durch alle Gesellschaften die gleichen
Sehnsüchte befriedigt.
Dieser Effekt hat allerdings auch Grenzen. Ein Teil
des Schweizer Publikums goutiert die unrealistischen Geschichten vor allem, weil sie aus einem scheinbar exotischen Filmland und nicht aus den USA stammen. Das
steht allerdings im klaren Widerspruch zur Bedeutung des
indischen Kinos: Jährlich werden dort zwischen 800 und
1000 Filme produziert, deutlich mehr als in Hollywood.
Jeden Tag werden zwölf Millionen Eintritte verkauft, und
etwa zwei Millionen Menschen verdienen ihren Lebensunterhalt in der indischen Filmindustrie.__//
Andreas Kneubühler | akn@pressebeuro-sg.ch
Liebe, Geld und Politik
akn. Bollywood-Filme haben den Stempel des Romantischen, doch wichtige Streifen
sieht das europäische Filmpublikum gar nie. Innerhalb des Bollywood-Schemas
mit Happyend-Garantie spielt nämlich die Rahmenhandlung eine entscheidende Rolle.
Sie ist im Kontext oft zeitgeistig angelegt und verursacht immer wieder politische
Debatten. Ab und zu reagiert deshalb auch die Zensurbehörde. So löste etwa «Bis das
Glück uns scheidet» eine heftige Diskussion über Ehebruch und Scheidungen aus.
In «Khakee» spielt die ehemalige Miss World 1994 Aishwarya Rai die Hauptrolle.
Auch hier finden wir Traumsequenzen auf blühenden Wiesen mit fliegenden weissen
Tauben, und es entwickelt sich eine Romanze. Doch in der Handlung geht es um
Terrorismus, den Konflikt zwischen Hindi und Moslems, um Korruption in höchsten
Regierungskreisen. Die von Aishwarya Rai gespielte Figur entpuppt sich als Verräterin,
die sogar einen der Helden erschiesst. Am Schluss siegt zwar die Gerechtigkeit,
doch der Film bewegt sich meilenweit weg von den romantischen Produktionen, die
es in die hiesigen Kinos schaffen.
17
kreditporträt
foto: ecoservices
iNserate
Gestalten in der Altstadt.
V.l.n.r: die partner
von ecoservices:
pietro Godenzi, eric
dubouloz und carole
Zgraggen linser.
Wir verstecken unsere Haltung nicht.
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18
moneta #4 // 26. Novmember 2009
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7.9.2009 14:16:53 Uhr
Écoservices, carouGe__die mitarbeitenden der Genfer umweltengineering-Firma
ecoservices sorgen seit über zehn Jahren für arbeitssicherheit auf baustellen
und für eine saubere umwelt. im unternehmen selbst gelten hohe soziale und
ethische Wertmassstäbe.
//__Ein paar Schritte vom Marktplatz von
Carouge bei Genf entfernt arbeitet Ecoservices in einem umgebauten Industriegebäude. Ein Kredit der ABS über 100 000 Franken
ermöglichte die Renovation, mit der die alten Industriehallen in helle, moderne Büros
verwandelt wurden. «Engineering, Umwelt
Sicherheit», so beschreibt das 1998 als Pionierbetrieb gegründete Unternehmen seine
Arbeitsfelder im Untertitel.
Im Laufe der gut zehnjährigen Entwicklung hat Ecoservices immer wieder neue
Leistungen angeboten. Begonnen hatte man
mit der Übernahme von Mandaten zur Koordination von Sicherheitsfragen auf Baustellen. Es werden Audits durchgeführt, die garantieren sollen, dass die Arbeitnehmenden
auch bei der Ausführung gefährlicher Arbeiten möglichst gut geschützt sind. Die saubere Entsorgung von Abfällen oder den Abtransport von belasteten Böden organisieren
die Ingenieure ebenso wie die Klärung von
Baustellenabwässern. Und sie rechnen auch
CO 2-Bilanzen aus.
Dann wurde man immer mehr mit der Asbestproblematik konfrontiert. Weil es in der
Schweiz keine Ausbildung für Asbestsanierungen gab, schickte Ecoservices die Mitarbeitenden zur Schulung ins Ausland und bietet nun seit drei Jahren selber entsprechende
Kurse an. Die Ingenieure aus Genf führten
auch als Erste den «Phazir» ein, ein tragbares Asbestmessgerät, das es ermöglicht, die
Zahl der Proben um 20 Prozent zur reduzieren. Heute erzielt Ecoservices rund 20 Prozent des Gesamtumsatzes von zwei Millionen
Franken im Feld der Baustellensicherheit und
je 40 Prozent im Umweltbereich und mit Asbestsanierungen. Die Mitarbeitenden sind im
technischen Umweltschutz tätig. Die drei leitenden Köpfe sind alle auch Aktionäre: Pietro Godenzi, Carole Zgraggen Linser und Eric
Dubouloz.
Als im Jahr 2008 Ecoservices neue Räume
brauchte, wandten sich die Verantwortlichen
an die ABS. Hier gab es einen Renovationskredit, der innert zehn Jahren zu amortisieren ist. Bei dieser Gelegenheit wechselte das
Unternehmen auch mit einem Kontokorrent
zur ABS. «In einem Betrieb wie unserem ist
die Bank ein enger Partner, und die Tatsache,
dass die ABS die gleichen Werthaltungen verfolgt wie wir, freut uns. Zusätzlich profitieren
wir von einem interessanten Zinssatz, weil
wir im Umweltbereich aktiv sind», sagt Carole Zgraggen Linser, die administrative Leiterin. Sie schätze auch die persönliche Beratung und die immer gleiche Ansprechperson
der Bank. «Wir wären schon früher zur ABS
gekommen, aber 2002, als wir uns dies zum
ersten Mal überlegten, beurteilten wir die
Bank noch als zu schwachen Partner», blendet sie zurück.
Niemand arbeitet mehr als 80 prozent
Ecoservices hat sich als Unternehmen Nachhaltigkeit und Ethik ins Leitbild geschrieben.
Nachgelebt wird dem unter anderem mit
dem Anschluss an die Pensionskasse Nest, die
ethische Grundsätze verfolgt. Und auffallend
ist, dass hier alle Mitarbeitenden höchstens
80 Prozent, also bloss an vier Wochentagen,
arbeiten. Mit organisatorischen Massnahmen
bietet Ecoservices der Kundschaft dennoch
an allen fünf Arbeitstagen seine Dienstleistungen an. Kompetente und informierte Ansprechpartner sind immer verfügbar. «Wir
versuchen, so viel Sachkompetenz wie mög-
lich anzubieten», erklärt Carole Zgraggen Linser den Grundsatz. Das sei für die Ingenieure
zuerst einmal interessant, doch vor allem erleichtere es ihnen die konkrete Organisation
auf der Baustelle.
Weiterbildung hat hohen Stellenwert
Dabei sorgt Ecoservices dafür, dass die eigenen Mitarbeitenden gut ausgebildet sind und
sich auch ständig weiterbilden. Sowohl interne wie externe Kurse tragen zur Arbeitszufriedenheit bei. Man kennt kaum Absenzen:
Diese liegen bei 1,9 Prozent im Vergleich zu
3,2 Prozent im Schweizer Durchschnitt. Auch
Kündigungen seien äusserst selten – ein gutes
Zeugnis für das Betriebsklima. Die 18 Mitarbeitenden, darunter ein Ingenieur, der sich
um die Nachbarkantone Waadt und Wallis kümmert, sowie ein Mitarbeiter in Frankreich, sind jung: Das Durchschnittsalter liegt
unter 40 Jahren.
Die Kompetenzen der Mitarbeitenden, die
sie dank des 80-Prozent-Pensums am Arbeitsplatz auch im Familienleben oder in Sportvereinen entwickeln können, seien für das
Unternehmen nützlich, stellt Carole Zgraggen Linser fest. Und sie weist darauf hin, dass
sich unter den Kolleginnen und Kollegen, die
auf der Baustelle die Sicherheit kontrollieren,
auch ein Sporttrainer befindet, dass sich viele
auch in der Freizeit für eine bessere Umwelt
engagieren, dass ein anderer Mitarbeiter in
seiner Freizeit als Kapitän tätig ist oder ein
Kollege ein humanitäres Projekt zum Laufen
bringt. «Berufsleute eben, mit einer Ader für
das Menschliche.»__//
Cathy Savioz | contact@cathysavioz.ch
Übersetzung: moneta
19
abs-seite
Für das Jahr 2009 gelten folgende
Maximalbeiträge für die Säule 3a:
– CHF 6566.– für Erwerbstätige, die
einer Pensionskasse angeschlossen sind, oder
– 20 % des AHV-pflichtigen Einkommens, jedoch maximal
CHF 32 832.– für Erwerbstätige,
welche keiner Pensionskasse
angehören
Damit Ihre Einzahlung für das Steuerjahr 2009 in Abzug gebracht werden
kann, muss sie bis spätestens am
29. dezember 2009 bei uns eingetroffen sein. Da der Zahlungsverkehr
in verschiedenen Banken und bei der
Post vor Jahresende häufig mehr
Zeit beansprucht, empfehlen wir
Ihnen, Ihre Überweisung bis spätestens 15. dezember 2009 zu tätigen.
Öffnungszeiten
über die Feiertage
In der Weihnachtswoche bleibt
die Bank ab Donnerstag, 24. Dezember 2009, 12 Uhr, geschlossen. In
der Neujahrswoche ist die Bank ab
Donnerstag, 31. Dezember 2009,
12 Uhr, geschlossen. Die Mitarbeitenden der ABS wünschen dem Aktionariat und allen Kundinnen und
Kunden friedliche, heitere Feiertage
und einen guten Jahreswechsel.
Wir ziehen um!
Neue postadresse
ab 30. November 2009:
Alternative Bank Schweiz AG
Amthausquai 21
Postfach
4601 Olten
Telefonnummern und
E-Mail-Adressen bleiben gleich.
Am Freitag, 27. November,
bleibt die ABS geschlossen.
20
Vorankündigung
Samstag, 8. mai 2010, olten
19. ordentliche Generalversammlung
der alternativen bank Schweiz mit Jubiläumsfest
Die Generalversammlung 2010 steht ganz im
Zeichen des 20. Geburtstages der ABS und des
neuen Hauptgebäudes der Bank. Sie findet morgens im Stadttheater Olten statt. Anschliessend sind Aktionärinnen, Aktionäre, Gäste und
Öffentlichkeit zum Strassenfest vor dem neuen
ABS-Hauptsitz eingeladen. Kultur, Information,
Verpflegung und natürlich Führungen im ABSHaus dürfen Sie sich nicht entgehen lassen!
Die Aktionärinnen und Aktionäre erhalten rechtzeitig eine persönliche Einladung mit Talon zur
Anforderung der Unterlagen mit einer Zutrittskarte und einer Vollmacht für eine allfällige Vertretung. Die Einladung zur Generalversammlung
mit der detaillierten Tagesordnung wird am
10. April 2010 verschickt. Ak tionärinnen und
Aktionäre werden auf die folgenden statutarischen Fristen hingewiesen:
– Kandidatinnen und Kandidaten, die vonseiten
der Aktionärinnen und Aktionäre an der Generalversammlung zur Wahl in die Ämter vorge-
schlagen werden möchten, müssen dem Verwaltungsrat bis spätestens am 8. März 2010
(Poststempel) gemeldet werden. Kandidaturen, die nach dem 8. März 2010 gemeldet
werden, können nur berücksichtigt werden,
wenn sie vom Verwaltungsrat vorgeschlagen
werden.
– Anträge aus dem Aktionariat müssen ebenfalls bis am 8. März 2010 (Poststempel) schriftlich dem Verwaltungsrat eingereicht werden.
Traktandiert werden können ausschliesslich
Angelegenheiten, die gemäss Art. 9 der ABS-Statuten in die Zuständigkeit der Generalversammlung fallen.
ABS E-Banking
bald neu mit SMS-Code
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht bittet
alle Banken um die folgende Mitteilung an die
Kundschaft:
Bei Wertschriftentransaktionen können Daten über Auftraggeber und Empfänger ins Ausland gelangen und dort verarbeitet und gespeichert werden. Die entsprechenden Systeme unterstehen strengen Datensicherheitsstandards, nicht jedoch dem schweizerischen
Datenschutz. Sollten Sie Fragen in diesem Zusammenhang haben, können Sie sich bei Ihrem
Kundenberater erkundigen oder die Informationen der Schweizerischen Bankiervereinigung
konsultieren (www.finma.ch > Aktuell > Mitteilung 3/2009)
Anfang 2010 wird das ABS E-Banking noch einfacher und sicherer. Auf Wunsch ist dann anstelle der heutigen Streichliste der Zugangscode über das eigene Mobiltelefon erhältlich. Es
ist auch möglich, mit diesem System Zahlungsvorgänge zu überwachen. Die Details über das
Angebot und die Zugangsbedingungen erhalten
E-Banking-KundInnen direkt im Januar 2010.
Einzahlungen
zum Jahresende
Regelmässig berichten die Medien über ausgeklügelte Methoden, mit denen Kriminelle sich
Zugang zu den persönlichen Daten von Kredit- oder Maestrokarten-NutzerInnen verschaffen. So werden zum Beispiel Magnetstreifen mit
eigens konstruierten, selbst angebauten Vorsatzgeräten auf Geldautomaten kopiert, die CodeEingabe wird gleichzeitig mit einer kleinen Kamera gefilmt oder versteckt beobachtet. Auch
das Lesegerät an der Eingangstür zu einem Geldautomatenraum kann manipuliert sein. Umgehend werden die betreffenden Konten dann mit
einer «nachgebauten» Karte geplündert, meist im
Ausland. Solche Schäden sind nicht versichert
und müssen von der Inhaberin oder dem Inhaber der Karte selber getragen werden. ABS-KundInnen waren bisher in zwei Fällen Opfer solcher
Straftaten. Es lohnt sich, im Umgang mit Maestro- und Kreditkarten einige einfache Regeln zu
beachten:
Schriftliche Zahlungsaufträge, die
bis Ende 2009 erledigt sein sollen,
müssen spätestens am 23. Dezember
bei der ABS eintreffen. Bitte beachten Sie, dass auch die Post über
die Feiertage stark belastet ist –
eine frühzeitige Aufgabe Ihres Zahlungsauftrages erspart Ärger und
Unsicherheiten.
Rund hundert Personen verfolgten die Geldgespräche 2009 in der stimmungsvollen Halle Querfeld in Basel, im ehemaligen Industrieareal Gundeldinger Feld. Im Zentrum der Diskussion stand
die Frage, ob die Förderung erneuerbarer Energien durch den gleichzeitigen Ausbau der Atomstromerzeugung mitsamt Pumpspeicherung sinnvoll ergänzt oder eher absichtsvoll behindert
wird. Nach einem aufrüttelnden Einstiegsreferat
von Solarpionier und ABS-Kreditnehmer Josef
Jenni diskutierten hochkarätige Gäste über die
Zukunft der Stromversorgung in der Schweiz: Sabine von Stockar (SES), Susan Boos («WOZ», Leitung), Manfred Thumann (Axpo AG), Josef Jenni
(Jenni Energietechnik) und ABS-Verwaltungsratspräsident Eric Nussbaumer. Unmittelbarer Anlass für die Gespräche zu diesem Thema war der
Umstand, dass einzelne von der ABS geförderte
Kleinwasserkraftwerke im Zuge von Nachfolgeregelungen in den Besitz von grossen Energieunternehmen, die Atomstrom produzieren, übergegangen sind.
Referat und Diskussion sind als Audiodatei
auf www.abs.ch aufgeschaltet und können nachgehört werden.
Der ABS-Vogel
im neuen Federkleid
das von clerici partner aufgefrischte
abS-logo.
Die an der GV 2009 beschlossene
Änderung der Firmabezeichnung in
«Alternative Bank Schweiz AG» und
der Adresswechsel der ABS erforderten Anpassungen unseres Briefkopfes und Logos.
Es war schnell klar, dass die ABS
ihrem eleganten Vogel die Treue
hält. Etwas kräftiger schwingt er seine Flügel auf dem aufgefrischten
Logo, das nun auch selbstbewusst
den Zusatz «Schweiz» trägt. Der
landesweite Anspruch ist für die ABS
von jeher wichtig. Ab dem 1. Dezember 2009 wird das neue Logo eingesetzt.
oben, von links nach rechts:
Susan boos (redaktionsleiterin «WoZ»), Solarpionier
Josef Jenni, manfred thumann (ceo axpo aG).
mitte: begrüssung durch
Geschäftsleitungsmitglied edy Walker.
unten: apéro – für Gesprächsstoff war gesorgt.
moneta #4 // 26. November 2009
– Schirmen Sie Ihre Code-Eingabe mit der freien Hand ab.
– Beziehen Sie Geld während der Öffnungszeiten an Automaten, die sich innerhalb von
Bankräumlichkeiten befinden. Das gilt vor
allem für Bezüge im Ausland.
– Meiden Sie Automaten mit improvisiert wirkenden Tastaturen, Kratz- oder Hitzespuren.
– Lassen Sie Ihre Karte unverzüglich sperren,
wenn sie Ihnen abhanden kommt – auch
dann, wenn Sie in einem Automaten stecken
bleibt.
– Befolgen Sie keine improvisiert angebrachten
Anweisungen auf Geldautomaten (z. B. Aufforderung zu doppelter Code-Eingabe).
– Geben Sie keiner unbekannten Person Ihren
Code bekannt, auch nicht am Telefon oder in
einer E-Mail. Ihre Bank wird solche Daten von
Ihnen nie auf diesem Weg erfragen.
Wind, Wasser und Sonne contra Atom:
Spannende ABS-Geldgespräche
Ihre Fragen zur ABS-Generalversammlung beantworten wir Ihnen gerne. Sie erreichen uns
mit E-Mail unter gv-ag@abs.ch, per Post (Alternative Bank Schweiz AG, Postfach, 4601 Olten)
oder telefonisch auf 062 206 16 16.
FINMA-Mitteilung
zum Datenschutz
Maestro-Karte: Vorsicht, Datenklau!
fotos: heiner Grieder
Wenn Sie diese Zeilen lesen, bleibt
Ihnen nur noch wenig Zeit, vor dem
Jahreswechsel eine Einzahlung
auf Ihr ABS 3-Vorsorgekonto vorzunehmen. Wir bitten Sie, einen allfälligen Vergütungsauftrag bald abzuschicken.
foto: fotalia
Bis 15. Dezember auf
das ABS 3-Vorsorgekonto einzahlen!
abs-seite
Während des Jubiläumsjahres 2010 wird
es mit diesem Zusatz ergänzt.
21
abs-seite
kleinanzeigen
Zum Jubiläum ein neues Haus
Eng war es geworden im früheren Wohnblock
an der Leberngasse in Olten, in dem die ABS
immer mehr Platz beanspruchte. Fast achzig Mitarbeitende brauchen Arbeitsplätze,
das Wachstum ist seit Jahren ungebremst –
seit der Bankenkrise erst recht. Als das Haus
des ehemaligen Walter-Verlags in Olten zum
Verkauf stand, entschied sich der Verwaltungsrat deshalb zu einem mutigen Schritt.
Die Bank investiert 14 Millionen Franken
(Kauf und Umbau) in den neuen Hauptsitz.
Doch ein Verlagsgebäude in eine Bank mit
allen Sicherheitsanforderungen umzubauen,
ist keine Kleinigkeit. «Hier diese Türe und
die andere da draussen, die gehören zum Sicherheitskonzept, doch davon weiss ich offiziell nichts, und wenn ich es wüsste, würde
ich schweigen», sagt Ilse Sewer, seit 15 Jahren
Bauleiterin des Planungs- und Architekturbüros Metron bei der Besichtigung mit einem
verschmitzten Lachen. So genau wollen wir
es aber gar nicht wissen. Eine Konsequenz
der Sicherheitsvorschriften sehen die Kundinnen und Kunden: Der Zutritt zur Schalterhalle im Erdgeschoss ist vom Zugang zu den
Büros und zu den fremdvermieteten Räumen
getrennt.
Nachhaltig umgebaut
Geplant hat den Umbau die Metron AG – Pionierin des nachhaltigen Bauens. Bestehende
Gebäudeteile blieben soweit möglich erhalten. Man entdeckt vor allem in der obersten
Etage noch den einen oder anderen alten Balken des wuchtigen Daches. Dieses wurde mit
Zellstoff hoch isoliert. Im obersten Stock findet sich aber nicht etwa die Teppichetage der
Bankleitung. Hier treffen wir auf die dem Personal zugängliche Cafeteria, Sitzungs- und
Veranstaltungsräume und zwei Terrassen.
Zu den strukturellen Änderungen des
Hauses gehört ein neuer Anbau auf der Westseite, dessen Glasfassade viel Licht in die Büros bringt. Zwei frühere Treppenhäuser wurden abgebrochen. Dafür macht eine neue,
farbig gestaltete Erschliessung mehrere Wege
durchs Haus möglich, und der behindertengerechte Lift erschliesst das Gebäude auch
Rollstuhlfahrenden.
Die ABS prüft bei jeder Hypothek, die sie
vergibt, ob sie für nachhaltiges Bauen verwendet wird. Diese strengen Massstäbe gelten auch für den eigenen Hauptsitz. Deshalb
wurde die Gebäudehülle in den wesentli22
foto: Patrick lüthi
die abS wird demnächst 20 Jahre alt – und sie ist
umgezogen. am amthausquai 21, am aareufer
gleich gegenüber dem oltner bahnhof, leuchtet
nachts vom mächtigen Gebäude das Wort «alternative». das frühere Haus des Walter-Verlags
ist zum banksitz mit Schalterhalle geworden.
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alterNatiVe: markenzeichen und denkanstoss am abS-Gebäude.
chen Teilen nicht verändert. Die Fensteröffnungen sind dort, wo sie immer waren. Die
Laibungen wurden hoch isoliert und im Innern mit schlichten, aber eleganten Holzrahmen eingefasst. Die Fensterflächen selber weisen ebenfalls beste Dämmung aus, sie sind
aber nicht unterteilt. Sie lassen so viel Licht
ins Innere. Von aussen wirken sie allerdings
als schwarze Löcher. Hier musste die Ästhetik
hinter die Energieeffizienz zurücktreten.
Beim Innenausbau wurde darauf geachtet, dass möglichst wenig graue Energie in den
Materialien steckt. Die Lehmbauplatten werden aus natürlichen Materialien hergestellt
und regulieren das Raumklima optimal. Akustikdecken schaffen in den Grossraumbüros
die nötige Ruhe. Eingerichtet wurde das Haus
mit dem bisherigen Büromobiliar. Die Böden
bestehen aus geschliffenem Anhydrit, eigentlich bloss ein Unterlagsboden, in den die Bodenheizung verlegt ist. Diese wird von Erdwärmesonden geheizt, die dem Grundwasser
Energie entziehen. Die Besprechungszimmer
sind als einfache Glaskabinen gestaltet, die
am Treppenhauskern angedockt sind.
Der Umbau muss dem strengen Standard
«Minergie-P eco Umbau» und den Zielen der
2000-Watt-Gesellschaft entsprechen. Dies ist
nur mit einer Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung zu erreichen. Zusätzlich mit
einer Photovoltaik-Anlage selber Strom zu
produzieren, liegt allerdings wegen der ungünstigen Ausrichtung des Gebäudes nicht
drin (Ausnahme: Die Kunst am Bau). Im Gegenzug verzichtet das Haus aber auf eine
zentrale Warmwasseraufbereitung. Die Toiletten werden mit Regenwasser gespült. Die
früheren Öltanks sind zu Wasserspeichern
umgenutzt. Selbstverständlich wird auch
die Beleuchtung energieeffizient ausgelegt
und mit Bewegungsmeldern geregelt. Drucker
und Kopierapparate sind in besonders belüfteten zentralisierten «Service-Points» untergebracht. Auch Elektrosmog wird kein
Thema sein, dafür sorgen optimal verlegte
Kabel. Funktelefone gibt es im neuen Hauptsitz nicht mehr. Die Mitarbeitenden sind nun
wieder an die Strippe «gefesselt».
Sonnenenergie speist leuchtschrift
Dass die Alternative Bank Schweiz mit einem
Standort bloss 300 Meter vom Bahnhof entfernt ihren Mitarbeitenden und KundInnen
keine Parkplätze, aber genügend gedeckte
Veloabstellplätze zur Verfügung stellt, versteht sich hier von selbst. Das Tüpfelchen
auf dem «i» aber ist die Beschriftung. Auf der
Fassade steht schlicht «Bank», doch oben auf
dem Dach sind rote «Kästen» montiert. Sie
sind das Werk des 1961 geborenen Künstlers
und Kurators Stefan Banz. Er hat Paneele entworfen, die sich mit der Sonne drehen. Jedes
Element speichert für sich genug Energie, um
sich zu drehen und am Abend einen Buchstaben leuchten zu lassen – Buchstaben, die
den Zusatz, den Anspruch und den Denkanstoss der Bank weithin sichtbar machen:
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René Hornung | hornung@pressebuero-sg.ch
moneta #4 // 26. November 2009
23
persönlich
Mehr Lohn, weniger Geld
falsche suBveNtioNsreGelN __Viele doppelverdienerpaare stellen erstaunt fest,
dass die Kosten für die Kinderkrippe das zusätzlich erzielte einkommen zu
einem grossen teil wieder auffressen. monika bütler, professorin an der universität
St.Gallen, ist den Gründen dieses phänomens nachgegangen.
monika bütler, Sie haben in einer Studie
für die Westschweizer Kantone nachgewiesen, dass in gewissen Fällen zusätzliche
erwerbsarbeit das Familieneinkommen verschlechtern kann.
monika bütler
foto: hannes thalmann
Monika Bütler: Wenn ein Paar mit Kindern
seine Erwerbstätigkeit steigert, dann steigen
auch die Kosten für familienergänzende Kinderbetreuung. Die Krippensubventionen werden mit zunehmendem Einkommen geringer und fallen im mittleren bis mittelhohen
Einkommensbereich ganz weg. Dazu kommt
die Steuerprogression. Diese beiden Faktoren
führen in gewissen Situationen dazu, dass
sich zusätzliche Erwerbsarbeit sogar negativ
auf das verfügbare Einkommen auswirkt.
also sind Familien besser bedient, wenn die
mütter zu Hause bei den Kindern bleiben?
Oder die Väter! Aber in der Realität sind fast
immer Frauen die «Zweitverdienerinnen».
Eine zusätzliche Erwerbstätigkeit im kleinen
Rahmen kann sich durchaus auszahlen. Ein
doppeltes Einkommen lohnt sich zudem bei
sehr tiefen oder bei sehr hohen Löhnen.
und wie steht es um die mittleren
einkommen?
Die Erwerbsquote der Mütter ist in der Schweiz
zwar hoch, aber der Erwerbsumfang hält sich
auf tiefem Niveau, gerade im Mittelstand. Für
eine gut qualifizierte Tätigkeit ist jedoch ein
Arbeitspensum von 60 Prozent das Minimum.
Eine Führungsposition ist unter einer 80-Prozent-Anstellung kaum zu bewältigen. Doch
ausgerechnet hier setzt der negative Effekt
der Krippensubvention ein: Gut ausgebildete
Frauen werden dafür bestraft, wenn sie ihr
Arbeitspensum auf ein Niveau steigern, das
ihren Qualifikationen entspricht.
Schon wieder trifft es den mittelstand.
Dem Mittelstand geht es heute besser als vor
dreissig Jahren. Was mich stört, ist die Tatsache, dass sich Arbeit in bestimmten Konstellationen nicht auszahlt, sondern – im Gegenteil – bestraft wird. Oder anders ausgedrückt:
Der mehr arbeitende Mittelstand ist kaum
besser gestellt als der wenig arbeitende. Das
hat mit einer Subventionspolitik zu tun, die
durch perverse Anreize die Erwerbsarbeit unattraktiv macht. Ironischerweise sind es gerade diejenigen Frauen, welche der Staat mit
24
hohen Kosten ausgebildet hat, die aus dem
Arbeitsmarkt gedrängt werden und so zu erheblichen Steuerausfällen beitragen.
ist Familienarbeit weniger wertvoll?
Nein, ich mache sie ja auch. Wenn Frauen
ihre Kinder selber betreuen wollen, sollen sie
dies auch tun dürfen. Nur sollte eine schlecht
durchdachte Sozialpolitik Frauen nicht daran
hindern, ihre beruflichen Fähigkeiten umzusetzen.
Weshalb arbeiten überhaupt so viele mütter,
obwohl es sich finanziell kaum lohnt?
Tatsache ist, dass gerade Mütter mit guten beruflichen Qualifikationen und mittleren Einkommen nur in Ausnahmefällen 60 Prozent
und mehr arbeiten. Sie verhalten sich damit
im ökonomischen Sinn rational, weil oberhalb
dieser Grenze die zusätzlichen Kosten für die
Kinderkrippe den Zusatzverdienst wieder zunichtemachen. Allerdings spielt nicht nur der
kurzfristige finanzielle Nutzen eine Rolle. Auch
die Befriedigung bei der Arbeit und die Erhaltung der beruflichen Qualifikationen sind
wichtige Motive.
Was tun, damit die Situation ändert?
Subventionen für Krippenplätze dürfen nicht
länger ans steuerbare Einkommen geknüpft
ist Direktorin des Schweizerischen Instituts für Empirische
Wirtschaftsforschung (SEW)
und Professorin für Volkswirtschaft an der Universität
St. Gallen (HSG). Davor war
sie Professorin an der holländischen Tilburg University
sowie der Universität Lausanne.
Sie war Mitglied der Eidgenössischen Kommission für
Konjunkturfragen und Beraterin
der Weltbank. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Sozialversicherungen, Arbeitsmarkt und
Informationsökonomik. Monika
Bütler ist verheiratet und hat
zwei schulpflichtige Söhne.
werden, denn auf diese Art werden diejenigen
belohnt, die wenig verdienen, weil sie wenig
arbeiten. Wenn schon subventioniert wird,
dann muss das erzielbare Einkommen oder
der Stundenlohn als Basis genommen werden. Wer sich dann trotz abgeschlossenen
Studiums und guter Aussichten auf dem Arbeitsmarkt dafür entscheidet, seine Erwerbstätigkeit zu reduzieren, hat keinen Anspruch
auf verbilligte Krippenplätze. In der Romandie ist dies teilweise bereits der Fall. Ab dem
Alter von vier Jahren wünschte ich mir flächendeckend Tagesschulen.
Sie wollen also die Kinder lieber vom Staat
grossziehen lassen als von ihren eltern ...
Nein, auch mit Tagesschulen ziehen die Eltern die Kinder gross – wie dies in fast allen Ländern der Fall ist. Die schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Familie führt aber
dazu, dass gut ausgebildete Frauen entweder
ihr Potenzial nicht ausschöpfen können oder
auf Kinder verzichten. Das nützt weder der
Wirtschaft noch den Familien etwas. Ich bin
überzeugt, dass sich die Freude an meinem
Beruf dank einer guten Betreuung der Buben
positiv auf das Familienleben auswirkt.
Interview: Anna Sax | sax@oekonomin.ch
moneta #4 // 26. November 2009