Grund und Boden - Alternative Bank Schweiz
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Grund und Boden - Alternative Bank Schweiz
AZB P. P. / Journal CH-4601 Olten Zeitung für Geld und Geist // Nummer 4, 2008 // 26. November 2008 Postcode 1 Grund und Boden Stöbern in den Ruinen 6 SUBPRIME-KRISE 8 ZERSTÖRTE LEBENSGRUNDLAGEN 12 FRAUEN IN SÜDAFRIKA Vielfältige Landkonflikte in Guatemala Landarbeiterinnen ohne Schutz und Absicherung INSERATE L’AUTRE ÉDITION DVD energy for a better world Stromfresser lieben Solarstrom. Découvrez la richesse du cinéma du Sud et de l’Est www.trigon-film.org Tél.: 056 430 12 30 Installateure lieben TRITEC. Der internationale Grosshändler, der ausschliesslich Qualität für Solarstromanlagen anbietet. Kein Wunder, mögen uns Stromfresser sowie Fachhandwerker in ganz Europa. 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November 2008 EDITORIAL Foto: Susanne Bobst Foto: Yvonne Joos einblick 6 Boden ist wie Erdöl 9 HAUPTTHEMA: GRUND UND BODEN 4 FOTOS ZUM THEMA von Regula Schaffer 6 SUBPRIME-KRISE Stöbern in den Ruinen 8 ZERSTÖRTE LEBENSGRUNDLAGEN Vielfältige Landkonflikte in Guatemala 10 LANDSCHAFTSINITIATIVE Bodenschutz als Bevormundung? 11 LEBENSRÄUME Tierleben mitten in der Stadt 12 FRAUEN IN SÜDAFRIKA Landarbeiterinnen ohne Schutz und Absicherung 14 OHNE EIGENTUM AN BODEN Anarchos und Anthros für einmal geeint 15 ALTERNATIVEN ZU WOHNTRÄUMEN Selbstverwaltung: Lust & Frust 17 DENKANSTOSS Ziel der Scham ist das Verschwinden ABS-KREDITPORTRÄT 18 BAURECHT ALS ALTERNATIVE Im eigenen Haus – aber ohne Bodenkauf ABS-SEITEN 19 20 21 22 23 Trotz Finanzkrise: Die ABS ist sehr gut unterwegs Umbau mit Hammerschlag eröffnet 18. ordentliche Generalversammlung Langfristige Partnerschaften statt beliebiges Sponsoring KLEINANZEIGEN PERSÖNLICH 24 KEINE KOSTENWAHRHEIT Einfamilienhäuser sind unbezahlbarer Unsinn «Wie zögernd und lustlos ändern sie den Massstab ihrer wachsenden Städte, wie wehmütig, wie widerspenstig und halbbatzig.» So lässt der Architekt Max Frisch seine Hauptfigur im Klassiker «Stiller» die akribisch geplante, aber ideell planlose Siedlungsentwicklung in der Schweiz geisseln. Das war 1954. Avantgardistische Architekturkreise porträtieren das Land zwar inzwischen als städtisches Gebilde, durchsetzt von einigen Pärken. Doch in den Köpfen und in den politischen Strukturen lebt die Dörfli-Schweiz weiter, zelebriert in übersanierten Dorfkernen und Landhaus-Imitaten am Ortsrand. Das kostet Boden, viel Boden. Tatsächlich haben die Schweizerinnen und Schweizer in den letzten fünfzig Jahren für Bauten und Anlagen mehr Boden beansprucht als vorher in viertausend Jahren Siedlungsgeschichte. Es sei «der grösste aller Schildbürgerstreiche, wie sie ihr knappes Land noch immer mit solchen Siedlungen verdörfern», wettert Stiller/Frisch. Bodenverbrauch – das sind wir alle. Die Bauherrin, der städtische Vielreisende, die stadtflüchtige Pendlerfamilie, die Bank, das Baugewerbe. Boden ist wie Erdöl: Alle wissen um den enormen Verbrauch und um die Endlichkeit der Ressource. Lokale Nahrungsproduktion und freier Blick in die Landschaft bleiben zunehmend auf der Strecke. Seien wir also realistisch und fordern als Grundlage für die Zukunft das Unmögliche: die Befreiung des Bodens aus spekulativem Privatbesitz. Gewässer, Luft, Boden – welch schöner Dreiklang an öffentlichen Gütern wäre das. Rico Kessler | rico.kessler@abs.ch moneta ZEITUNG FÜR GELD UND GEIST // NUMMER 4 // 26. NOVEMBER 2008 moneta erscheint mindestens vierteljährlich in deutscher und französischer Sprache. Geht an alle Mitglieder des HerausgeberInnen-Vereins moneta. Wiedergabe von Texten und eigenen Illustrationen nur unter Quellenangabe und mit schriftlicher Zustimmung der Redaktion // Herausgeber HerausgeberInnen-Verein moneta // Redaktion René Hornung (Leitung), Aldo Clerici, Rico Kessler, Dominique Roten, Anna Sax, Dominique Zimmermann // Layout und Produktion Clerici Partner, Zürich // Titelbild Regula Schaffer // Druck ROPRESS Genossenschaft, Zürich // Verlag und Redaktionsadresse moneta, Leberngasse 17, Postfach, 4601 Olten, Telefon 062 206 16 16, moneta@moneta.ch // Abonnemente Jahresabonnement Fr. 20.–, Förderabonnement Fr. 50.– // Auflage dieser Ausgabe 17 500 Ex. // Beilagen und Inserate Beilagen, die nicht von der ABS selbst oder von moneta beigelegt werden, entsprechen bezahlten Inseraten – diese Einnahmen helfen uns, die Produktionskosten der Zeitung zu reduzieren. 3 4 moneta #4 // 26. November 2008 Fotos: Regula Schaffer | regulaschaffer@gmx.ch thema 5 Stöbern in den Ruinen SUBPRIME-KRISE__ Die amerikanische Hypothekenkrise bringt viele Familien in hoffnungslose Verzweiflung. Die Konkursverfahren sind radikal und je nach Bundesstaat sehr kurzfristig. Ein Blick in den Alltag. pfändung stünden. «Die selben Leute, die an der (Kredit-)Front fahrlässig geschäftet haben, wollen nun von mir, dass ich ebenfalls fahrlässig handle», sagte Tom Dart gegenüber der Presse. Die Illinois Bankers Association argumentierte demgegenüber, Dart sei wie jeder Sheriff vom Volk gewählt, um Gerichtsbeschlüsse zu vollstrecken und nicht um selber Richter zu spielen. Trotz des pompösen Titels «Präsident des Kreisvollzugsamtes» ist ein Sheriff in den USA tatsächlich bloss Gerichtsdiener, der unter anderem mit seinem Ausweisungsbefehl den traurigen Schlusspunkt zu Millionen von privaten Hypothekenkrisen setzt. Wenn Hausbesitzende ihre Hypotheken nicht bezahlen, erhalten sie in den USA eine Wiedergutmachungsfrist von mindestens einem Monat, in manchen Bundesstaaten auch länger. Nach deren Ablauf sind die Banken berechtigt, ein Verpfändungsverfahren für das Grundstück einzuleiten. In gewissen Bundesstaaten brauchen sie dazu ein Gerichtsurteil, in anderen ist das Vorgehen bereits im Hypothekenvertrag festgelegt und geht zügig vor sich. Zum Beispiel in meinem Heimatstaat New Hampshire; hier beträgt die Frist zwischen überfälliger Hypothekenzahlung und Zwangsversteigerung des Hauses lediglich etwa drei Monate. Und dem Schuldner wird keine Wiedergutmachungsperiode gewährt. Andere Bundesstaaten mit gerichtlicher Pfändung wie Maine, Kentucky oder New York lassen sich für den gleichen Prozess mindestens sieben bis acht Monate Zeit (vgl. Kasten «Die Zwangsvollstreckung»). 10 000 neue Pfändungsverfahren pro Tag Nach Schätzungen des Branchenverbandes Mortgage Bankers Association (MBA) sind nahezu zehn Prozent aller mit Hypotheken belasteten US-Hausbesitzerinnen und -besitzer Foto: Keystone //__Der Sheriff klopft an die Tür, «Zwangsräumung!». Ein Mann mittleren Alters öffnet, überraschen tut ihn die Nachricht nicht. Er bittet um einen Augenblick Geduld, damit er ein paar Sachen zusammensuchen könne. Dann geht er ins Schlafzimmer, setzt sich auf den Bettrand, steckt die Pistole in den Mund und drückt ab. Manchmal ist der Alltag in der US-amerikanischen Subprime-Krise tatsächlich so dramatisch. In letzter Zeit häuften sich in den US-Medien Schlagzeilen über Selbstmorde wegen überfälliger Hypotheken. In Chicago weigerte sich Polizeichef Tom Dart kurzentschlossen, unschuldige Opfer der Hypothekenkrise auszuweisen. Manche der Mieterinnen und Mieter, die auf die Strasse gestellt würden, hätten ihre Mieten immer bezahlt und wüssten oft nicht einmal, dass ihr Vermieter in Geldschwierigkeiten stecke und ihre Wohnungen kurz vor der Zwangsver- Häuser und Wohnungen räumen – Alltag in den USA. Vertriebene Bewohner deponieren aus Protest ihre Möbel vor dem Sitz von Fannie Mae. 6 moneta #4 // 26. November 2008 thema gegenwärtig entweder mit ihren Zahlungen in Rückstand, oder es läuft bereits ein Verpfändungsverfahren gegen sie. Allein im dritten Quartal 2008 sind 2,75 Prozent aller Hypotheken gekündigt worden. Ende Oktober wurden USA-weit gegen 10 000 Häuser beziehungsweise Familien pro Tag (!) neue Zwangsverpfändungen eingeleitet. Dabei bläst die Krise nicht schön gleichmässig über das Land. Es gibt sozusagen lokale Sturmzentren: Kalifornien und Florida zum Beispiel machen zusammen 18 Prozent der amerikanischen Bevölkerung aus, aber 39 Prozent aller Zwangsvollstreckungen finden in diesen zwei Staaten statt. In Kalifornien enden rund ein Drittel aller Subprime-Hypotheken mit der Zwangsräumung. In Florida hat sich die Zahl der Zwangsversteigerungen im Frühjahr 2008 auf rund 35 000 pro Monat erhöht. Eine surreale Situation sei das, sagt der Journalist Paul Reyes, der seinem Vater seit zehn Jahren rund um Tampa hilft, die von den Banken gepfändeten Immobilien für den Wiederverkauf vorzubereiten (seine Reportage «Bleak Houses» ist nachzulesen in «Harper’s Magazine», Oktober 2008). Die Räumungsequipe seines Vaters arbeitet zurzeit auf Hochtouren. Denn die meisten der ausgewiesenen Bewohnerinnen und Bewohner machen sich erst im letzten Moment davon, kurz bevor sie mit Polizeigewalt herausgeholt werden. Oft lassen sie auf dieser überstürzten Flucht ihr halbes Leben zurück: Säcke voller billigen Kinderspielzeuges, Kisten mit Fotoalben und Geburtstagskarten, defekte Fernseher und zerschlissene Sofas, schmutzige Wäsche und verdorbene Lebensmittel. In manchen der verlassenen Küchen quillt eine stinkende Masse aus dem längst abgeschalteten Kühlschrank und dient als Biotop für Ungeziefer. Die zurückgelassene Ware endet in der Kehrichtverbrennung, das verseuchte Haus wird gründlich desinfiziert – et voilà, das nächste Hypothekenabenteuer mit einem nächsten Schuldner oder der nächsten Schuldnerin kann beginnen. Manche der gepfändeten Häuser sind hingegen gespenstisch leer, wenn der Sheriff mit seinem Ausweisungsbefehl kommt. Sie sind gereinigt von allem Leben, das hier einmal stattfand. Die Hypothekenbanken versuchen eine solch saubere Lösung durch Bargeldanreize zu fördern. Wer das Haus rechtzeitig, gereinigt und in gutem Zustand zurücklässt, erhält bei der Schlüsselübergabe eine «Umzugsentschädigung» von 500 oder gar 1000 Dollar. Mit diesem Geld versuchen Banken nicht bloss säumige oder putzfaule Ausgewiesene zu mehr Tatkraft zu motivieren. Sie versuchen vor allem, die Rache der ehemaligen Hausbesitzerinnen und -besitzer zu beschwichtigen. Diese sind oft verbittert über die Tricks und Kniffe der Kreditgeber – etwa massiv ansteigende Zahlungen nach einer verlockenden Einführungsphase – und über den unberechenbaren Immobilienmarkt. In hilfloser Wut zerschlagen manche von ihnen Treppengeländer und Kochherde, reissen alle elektrischen Einrichtungen und Rohrleitungen heraus, giessen Farbe und Maschinenöl auf die Teppiche und lassen ihre Haustiere zum Abschied ins ehemalige Wohnzimmer pissen… Immobilienmakler schätzen, dass etwa die Hälfte aller zwangsgepfändeten Häuser in den USA bei der Übergabe «substanzielle Schäden» aufweisen. Es rette sich, wer kann Am andern Ende des emotionellen Spektrums, weit weg vom verzweifelten Selbstmörder oder von den rasenden Rächerinnen, finden sich diejenigen Hauseigentümer, welche mit ihrer Realinvestition ebenso kühl spielen oder zu spielen versuchen wie die Banker an der Wall Street bis vor Kurzem mit den Derivaten. In einer Radiosendung er- zählte eine jüngere Frau kürzlich, wie der Wert ihres Hauses dieses Jahr gesunken sei, die Hypothekenzahlungen jedoch zugenommen hätten. Sie habe diese Situation mit klarem Kopf analysiert und an einem bestimmten Punkt einfach die Schlüssel hingelegt. Jetzt könne sie, zwar mit schlechterer persönlicher Bonität, aber sonst finanziell ziemlich unversehrt an einem andern Ort neu anfangen. Diese letztgenannte Subprime-Variante von sozialer Mobilität – ein individuelles «Rette-sich-wer-kann» – hat aber, wie die Ausweitung der Krise auf den Rest der Gesellschaft zeigt, auch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten keine Zukunft.__// Lotta Suter | suter@tiac.net Lotta Suter ist Journalistin und Buchautorin und lebt an der amerikanischen Ostküste. Die Zwangsvollstreckung TAG 1 Am Ersten des Monats ist die Hypothek fällig. Der/die Schuldner/in verpasst das Zahlungsdatum. TAG 16 BIS 30 Eine Säumnisgebühr wird erhoben. Die Kreditverwaltung der Hypothekenbank nimmt Kontakt mit dem/der Schuldner/in auf, um die Situation abzuklären. TAG 45 BIS 60 Die Kreditverwaltung sendet eine Mahnung an den/die Hypothekargläubiger/in, welche auf die Verletzung des Hypothekenvertrages hinweist. Der/die Schuldner/in erhält 30 Tage, um die Situation zu berichtigen und die ausstehenden Zahlungen vorzunehmen. TAG 90 BIS 105 Die Kreditverwaltung übergibt das fragliche Darlehen an die Pfändungsabteilung (foreclosure department) der Hypothekenbank und stellt einen lokalen Rechtsvertreter oder ein anderes Unternehmen an, um die Zwangsvollstreckung einzuleiten. Abhängig davon, in welchem US-Bundesstaat das überschuldete Haus steht, wird die Kreditverwaltung der Bank entweder eine offizielle Zwangsversteigerungsankündigung beim örtlichen Gericht deponieren oder die geplante Versteigerung in der örtlichen Zeitung publizieren oder aber Anhörungen über den Fall beiwohnen und die erforderlichen Akten beim Gericht einreichen. TAG 150 BIS 415 Das Haus wird zwangsversteigert oder -verkauft. Jeder Bundesstaat hat dafür andere Vorschriften – deshalb die Zeitdifferenz. Schuldner/innen in Staaten mit gerichtlich angeordneten Zwangsvollstreckungen oder in Staaten, in denen die Gläubiger ihr Eigentum via Gerichtssystem zurückfordern müssen, haben fast ein Jahr, um die Geschäfte zu ordnen bevor das Haus verkauft wird. In den aussergerichtlich operierenden Staaten sind es manchmal bloss zwei Monate. NACH DEM ZWANGSVERKAUF Nach dem Hausverkauf gewähren einige Bundesstaaten den Schuldnern eine «Wiedergutmachungsperiode», in welcher sie das Haus zurückkaufen können, falls sie das Geld dazu haben. Andere Staaten weisen die ehemaligen Hausbesitzenden unmittelbar nach der Auktion aus. Quelle für den Zeitplan: www.bankrate.com 7 Vielfältige Landkonflikte in Guatemala ZERSTÖRTE LEBENSGRUNDLAGEN__In Guatemala besitzen gerade mal zwei Prozent der Bevölkerung 75 Prozent des Landes. Reformen wurden und werden immer wieder gefordert, doch die Mächtigen haben Veränderungen im Agrarsektor bisher erfolgreich verhindert. //__36 Jahre lang tobte im lateinamerikanischen Staat Guatemala ein Bürgerkrieg, der rund 200 000 Menschen das Leben kostete. Als im Dezember 1996 das Friedensabkommen unterzeichnet wurde, war die Hoffnung der Bewohnerinnen und Bewohner gross, doch der Euphorie folgte bald die Ernüchterung. Bis heute finden sich feudale wirtschaftliche und politische Strukturen, und die Bevölkerung leidet unter einem Gewaltregime. Über 1600 ungelöste Landkonflikte gibt es in Guatemala. Oft wegen Megaprojekten für Tagebau-Minen oder für Elektrizitätswerke. Die Landbevölkerung, die von einer einigermassen intakten Umwelt lebt, verliert dadurch ihre kleinen Landstücke. Vor allem die Goldminen hinterlassen grosse Schäden. Bäche und Flüsse, deren Wasser Menschen und Tiere nutzen, werden verschmutzt. Ganze Hügelzüge werden abgetragen und zur Goldgewinnung mit hochgiftigem Zyanid ausgewaschen. Zurück bleiben gefährliche Abfälle und Berge gemahlenen Gesteins. Das Wasser wird nicht nur verschmutzt, sondern auch verbraucht: Die Mine Marlin in San Miguel Ixtahuacán beispielsweise verbraucht 250 000 Liter Wasser pro Stunde. Zum Ver8 gleich: Eine lokale Bauernfamilie braucht 30 Liter Wasser pro Tag. Ihr reicht der Stundenverbrauch der Mine für 22 Jahre. Zwar verlangt die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), dass die indigene Bevölkerung zu Grossprojekten auf ihrem Gebiet befragt werden muss, doch dies geschieht in der Regel nicht. Dabei hat die guatemaltekische Regierung diese Konvention unterzeichnet. Zwar führten zahlreiche Gemeinden Volksabstimmungen zu geplanten Minenprojekten auf ihrem Gebiet durch, doch die Regierung ignoriert die klaren Ergebnisse: Überall hat sich die Bevölkerung mit über 90 Prozent gegen die Minen ausgesprochen. Inzwischen haben sich die Betroffenen organisiert. So auch in San Miguel Ixtahuacán, wo das kanadische Unternehmen Montana Exploradora aus der Mine Marlin Gold und Silber fördert. Doch der Kampf ist zermürbend. Wer sich gegen die Mine engagiert, wird immer wieder belästigt, mit dem Tod bedroht, angegriffen oder auch festgenommen. Die Behörden kriminalisieren den sozialen Protest. Seit eineinhalb Jahren sind deshalb internationale Menschenrechtsorganisationen in der Region von San Miguel Ixtahuacán tätig, darunter auch Freiwillige von Peace Watch Switzerland (PWS). Sie vermitteln der Bevölkerung ein wenig Sicherheit. Einer der Beobachter ist Jann Duri Bantli: «Unsere Anwesenheit soll den Betroffenen zeigen, dass es auch in den Ursprungsländern der multinationalen Firmen, in diesem Fall in Kanada, Widerstand gibt», erklärt er seine Tätigkeit. Mehrjähriger Protest um Finca Neben Metallminen und Elektrizitätswerken sind auch die missachteten Rechte der Landarbeiterinnen und Landarbeiter eine Ursache für die Konflikte. Die Situation verschärft sich, weil der Staat Gewalt anwendet gegen jene, die sich wehren. Ein Beispiel dafür ist die Finca Nueva Linda im Departement Retalhuleu. Dort wurde im September 2003 der Landarbeiter und Gemeindesprecher Hector René Reyes Pérez entführt. Da die Entführung nicht aufgeklärt wurde, haben Bewohnerinnen und Bewohner von 22 umliegenden Dörfern die Finca einen Monat später besetzt. Ein knappes Jahr danach, im August 2004, räumten die Sicherheitskräfte die Finca mit Gewalt, wobei neun Zivilistinnen und Zivilisten moneta #4 // 26. November 2008 Hartes Leben am Rande einer viel befahrenen Strasse: der Protest in Nueva Linda. Über 1600 ungelöste Landkonflikte gibt es in Guatemala. Oft wegen Megaprojekten für Tagebau-Minen oder für Elektrizitätswerke. sowie drei Polizisten umkamen. Über 40 Personen wurden verletzt und rund 300 Häuser zerstört. Die Polizisten wurden für ihren exzessiven Gewalteinsatz bis heute nicht zur Rechenschaft gezogen. Aus Protest leben die Landarbeiterinnen und Landarbeiter, die sich zur Bauernbewegung für Gerechtigkeit Nueva Linda zusam- mengeschlossen haben, seither auf dem schmalen Landstreifen zwischen der Finca und der Strasse. Sie machen auf ihre Anliegen aufmerksam und fordern Gerechtigkeit sowie die Aufklärung der Entführung von Hector Reyes und des Gewalteinsatzes. Dabei werden sie von Freiwilligen unter anderem von Peace Watch Switzerland begleitet. Isabel Lügstenmann, die ebenfalls für PWS in Guatemala war, schildert die bewundernswerte Standhaftigkeit dieser Menschen: «Sie harren unter schwierigsten Umständen am Rand der stark befahrenen Strasse aus, um ihren Forderungen nach Gerechtigkeit Nachdruck zu verleihen.» Die regelmässigen Besuche der Freiwilligen internationaler Menschenrechtsorganisationen sollen diesen Menschen nebst etwas Sicherheit auch die Gewissheit vermit- teln, dass die Welt sie und ihre Situation nicht vergisst: «Unsere Besuche wurden als moralische Unterstützung gewertet und geschätzt», ist Isabel Lügstenmann überzeugt.__// Yvonne Joos | guatemala@peacewatch.ch Die Autorin ist Projektkoordinatorin bei Peace Watch Switzerland für Mexiko und Guatemala. INSERAT Unsere Gesellschaft. Unsere Zukunft? Ausgebeutet und verarmt Die Landbevölkerung in Guatemala leidet unter den Spätfolgen des Kolonialismus. Bis 1821 herrschten die Spanier über das Land, danach wurde Guatemala zur berühmt-berüchtigten Bananenrepublik: Riesige Kaffee- und Bananenplantagen entstanden, die von inländischen Grossgrundbesitzern und ausländischen Firmen wie der United Fruit Company (UFC) – der Vorgängerin der heutigen Chiquita – betrieben wurden. Politisch war das Land instabil und oft von Diktatoren regiert. 1944 läutete ein Volksaufstand den demokratischen Frühling ein, der jedoch nur zehn Jahre dauerte: Als Präsident Jacobo Arbenz mit einer Landreform begann, bei der die heimischen Grossgrundbesitzer, aber auch die UFC mindestens teilweise enteignet werden sollten, wurde die Regierung mit Hilfe der USA und der CIA 1954 gestürzt. In den folgenden Jahrzehnten blieb das Land in der Hand einer Machtelite, die aus Grossgrundbesitzern, Militärs und zunehmend auch aus Industriellen bestand. Die Bevölkerungsmehrheit litt unter Terror und den Todesschwadronen – erst 1996 wurde der 36-jährige Bürgerkrieg beendet. Wahrheit Sicherheit 5. Element Lösung Sozialistische Zeitung Gratis-Probe-Abos: www.vorwaerts.ch 9 Fotos: James Rodriguez thema Bodenschutz als Bevormundung? Foto: Regula Schaffer //__ Jede Sekunde wird in der Schweiz fast ein Quadratmeter Land überbaut. Im Jahr sind es 2700 Hektaren – die Fläche des Brienzersees. Strassen, Ferienhäuser, Lagerhallen brauchen Platz. Vor allem aber die Einfamilienhäuser: Laut Landschaftsinitiative werden jedes Jahr 12 000 neue gebaut. Das Land, auf dem sie stehen, war grösstenteils Kulturland: Wiesen, Felder, Obstgärten. Das sollte nicht nur Bauern und Bäuerinnen beunruhigen. Die Landschaftsinitiative, die diesen Sommer eingereicht wurde, will diese Entwicklung stoppen (siehe Kasten). Zum Trägerverein der Initiative gehören die wichtigsten Umweltverbände, Bio Suisse, die Grüne Partei und die Kleinbauern-Vereinigung. «Es gibt in bäuerlichen Kreisen viel Sympathie für unsere Initiative», sagt Raimund Rodewald, Geschäftsleiter der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz. Der Schweizerische Bauernverband (SBV) gehört dennoch nicht zu den Trägerorganisationen. «Wir unterstützen die Stossrichtung», sagt SBV-Pressesprecher Urs Schneider. «Wir sind natürlich gar nicht erfreut über den Kulturlandverlust. Aber wir befürchten, dass bei einer Annahme der Initiative der Spielraum für bauliche Erweiterungen auf den Höfen eingeschränkt würde. Man kann die Landwirtschaft nicht immer mehr liberalisieren und gleichzeitig alle Bautätigkeit verbieten, wenn Bauern etwa für Agrotourismus mehr Platz brauchen», sagt der Sprecher des Bauernverbandes. Die 2007 beschlossene Teilrevision des Raumplanungsgesetzes bringt den Bauernfamilien Erleichterungen beim Einrichten von Nebenerwerbsbetrieben, beim Umbau oder beim Erstellen von Biogasanlagen. Urs Schneider fürchtet, dass ein Ja zur Initiative – mit ihrer Betonung der Trennung von Bauund Nichtbaugebiet – diese Erleichterungen rückgängig machen könnte. Davon könne keine Rede sein, widerspricht Raimund Rodewald. «Uns geht es um die Einfamilienhäuser, die Zweitwohnungen und die ausufernden Gewerbezonen. Wir wollen damit nicht die Bauern behindern.» LANDSCHAFTSINITIATIVE__Die Begrenzung der Bauzonen sollte ein Anliegen der Bäuerinnen und Bauern sein. Doch der Bauernverband bleibt skeptisch und unterstützt die Initiative zur Begrenzung der Bauzonen bisher nicht. Doch die Idee der Initiantinnen und Initianten, die Bauzonen in gut erschlossene Lagen zu verschieben, ist aus bäuerlicher Sicht nicht immer sinnvoll: Denn dort, am Rand der Städte, liegt oft das beste Ackerland. «Hier gibt es einen Konflikt, das stimmt», gibt Rodewald zu. «Die guten Böden haben rechtlich-politisch einen zu geringen Stellenwert. Ihr Schutz interessiert nur wenige, solange es sich die Schweiz leisten kann, sich mit Importen zu ernähren.» Es könne keine Lösung sein, gutes Ackerland im Mittelland einzuzonen und als Kompensation einen Steilhang im Wallis auszuzonen, den sowieso niemand wolle. «Über solche Fragen diskutieren wir momentan mit der Vereinigung Industrie und Landwirtschaft», so Rodewald. Diese Vereinigung setzt sich für den Schutz des Kulturlandes ein – und ist dabei nicht immer gleicher Meinung mit den Umweltverbänden. Der Disput geht unter anderem um die Bedeutung möglicher globaler Ernährungskrisen. Die Landschaftsinitiative wolle Randregionen bevormunden. Diesen Vorwurf äusserte kürzlich ein Leserbriefschreiber im «Schweizer Bauern». Auch hier widerspricht Rodewald. «Ziel ist, dass eine Region die Bauentwicklung gemeinsam plant. Dann könnte im Hauptort einer Region die Entwicklung konzentriert werden, und die Nachbargemeinden, die auf Wachstum verzichten, würden entschädigt. Heute ist es für eine Gemeinde wegen der Entschädigungsforderungen der Landbesitzer nicht möglich, bestehende Baugebiete auszuzonen.» Der Kanton Thurgau habe schon seit fast zwanzig Jahren einen Einzonungsstopp – allerdings bei sehr grossen Baulandreserven. Das Verschwinden der Landschaft macht selten Schlagzeilen. «Anders als ein Pitbull, der ein Kind totbeisst», meint Hans Weiss, Schweizer Umweltschutz-Urgestein und Sprecher des Aktionskomitees Galmiz. Er bedauert die Politik des Bauernverbandes als «kurzfristig und opportunistisch». Dass der Boden immer mehr zu einer Kapitalanlage werde, sollte die Bauern am meisten beunruhigen, «denn das treibt die Bodenpreise in die Höhe und macht Landwirtschaft langfristig unmöglich.» Eigentlich – so Weiss – gehe die Initiative viel zu wenig weit: «Die bestehenden Bauzonen sind schon viel zu gross. Eigentlich müsste man die Siedlungsfläche einfrieren.» Es stimmt: Auch wenn die Initiative angenommen wird, kann noch zwanzig Jahre lang im gleichen Tempo weitergebaut werden, denn so gross sind die Bauzonen heute. Doch die Annahme der Initiative könnte die Geschwindigkeit drosseln. Und bald kommt das neue Raumplanungsgesetz. Raimund Rodewald ist sich sicher, dass die Initiative zur Stärkung der Raumplanung und des Bodenschutzes beitragen wird. «Dabei ist das jetzige Raumplanungsgesetz gar nicht so schlecht», betont Hans Weiss. «Man müsste es nur umsetzen.» PS: Vielleicht wird der Bauernverband die Initiative im Abstimmungskampf doch noch unterstützen: Ob er für ein Ja plädieren wird, ist noch nicht beschlossen.__// Bettina Dyttrich | bdyttrich@woz.ch Die Autorin ist Redaktorin der «Wochenzeitung» (WOZ). Landschaftsinitiative Die Initiative will die Trennung des Baugebietes vom Nichtbaugebiet und den Schutz des Kulturlandes in der Verfassung verankern. Der Bund müsse die Siedlungsentwicklung nach innen fördern und stärker auf die Raumplanung der Kantone Einfluss nehmen. Und – Kernstück der Vorlage – die Gesamtfläche der Bauzonen wird für zwanzig Jahre eingefroren. Auslöser der Initiative war der Fall Galmiz. Dort, in Galmiz, im Grossen Moos bei Murten, wollte der US-amerikanische Pharmakonzern Amgen eine Fabrik mitten in die Landwirtschaftszone stellen. Die Freiburger Regierung hatte diesen Standort – der jeder Raumplanung widersprach – angeboten. Die Umweltverbände wehrten sich, und an einem Protestspaziergang nahmen über 2000 Leute teil. Amgen zog das Projekt schliesslich zurück. 10 moneta #4 // 26. November 2008 thema Tierleben mitten in der Stadt braucht Platz, und der ist in der Schweiz Foto: Moritz Grubenmann LEBENSRÄUME__ Natur Mangelware. Wildtiere gibt es trotzdem noch, und sie haben ganz unterschiedliche Strategien, sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Einige leben mitten in der Stadt. //__«Natur pur» bezeichnet einen Zustand, der in der Schweiz, vielleicht mit Ausnahme des Hochgebirges, längst nicht mehr existiert. Dennoch hat der Mythos Natur Hochkonjunktur. Wir träumen von stillen Bergseen und endlosen Wäldern, während wir die Landschaft mit Strassen, Parkplätzen, Lagerund Wohnhäusern, Seilbahnen und Skipisten überziehen. Was an Grünraum übrig bleibt, ist in aller Regel intensiv kultivierter, landoder forstwirtschaftlicher Kulturraum und hat mit Wildnis wenig zu tun. Die Menschen haben sich die Natur längst zunutze gemacht. Blumenwiesen sind ein solches Produkt der Bewirtschaftung. Inzwischen wird der Lebensraum vor allem für Wildtiere zunehmend eingeengt und zerstückelt. Weniger «flexible» Arten sterben aus, während andere sich in der von Menschen geprägten Umgebung gut zurechtfinden. So haben etwa die Graureiher entdeckt, dass Kultur und Natur im «Dreieck» Auf dem Areal zwischen Anker-, Zweier- und Gartenhofstrasse in Zürich-Aussersihl hat die Genossenschaft Dreieck vor zehn Jahren damit begonnen, zerfallende Wohn- und Gewerberäume zu sanieren und neu zu beleben. Heute bietet das Dreieck Platz für 150 Bewohnerinnen und Bewohner, 50 Gewerbetreibende und vielfältige kulturelle Projekte. Im Dreieck leben nicht nur Menschen, sondern auch unzählige extra gesetzte oder wilde und verwilderte Pflanzen. Darunter ein uralter Americano-Rebstock, der während der Sanierung erhalten blieb, Glyzinien, Efeu, Drei- und Fünflappiger Wilder Wein, Kletterhortensie, Clematis, Rosen und Pfeifenwinde. Der Biologe Stefan Ineichen erkundet seit Jahren die Natur im Dreieck. Seine Beobachtungen sind nachzulesen unter www.dasdreieck.ch, dort «Kulturbox» anklicken. Buchhinweis: Stefan Ineichen, Die wilden Tiere in der Stadt. Zur Naturgeschichte der Stadt. Die Entwicklung städtischer Lebensräume in Mitteleuropa, verfolgt am Beispiel von Zürich. Ewaldgut Verlag, Fr. 42.– sich auch als Wildtier ein Besuch im Zoo lohnt, weil es sich dort komfortabel wohnen und brüten lässt. Grosse Mühe mit der Veränderung ihres Lebensraums bekunden hingegen die standorttreuen Auerhühner, deren Lebensraum sich auf alte, ruhige, lichte und ungenutzte Mischwälder beschränkt: auf Plätze in der Natur eben, wie sie hierzulande kaum noch existieren. Erdkröten überleben bis jetzt in vielen Grünanlagen oder Wohnquartieren mitten in Zürich. Biber und Stadtkröten Die Artenvielfalt ist allerdings kein Urzustand. Die Landwirtschaft hat vielen Tieren sogar neue Lebensräume geschaffen. Doch je intensiver die Nutzung geworden ist, je mehr die Landschaft «ausgeräumt» wurde, um grossen Maschinen Platz zu machen, desto rascher verschwinden diese Naturoasen wieder. Heute werden deshalb neue Schutzräume angelegt, damit sich Tierpopulationen hier ansiedeln können. An Flussläufen – an der Aare bis hinein ins Stadtgebiet von Solothurn – vermehren sich die Biber inzwischen so prächtig, dass sie bereits wieder für Unmut sorgen, weil sie Bäume fällen, Staudämme bauen und Spazierwege unterhöhlen. Ihre Stadtoasen haben aber auch Füchse, Marder und Amphibien gefunden – und vielleicht sorgen bald schon Wildschweine, die bis in Einfamilienhausgebiete vorstossen, für Aufsehen. Erstaunlich viele Erdkröten, aber auch Bergmolche und Grasfrösche sind in feuchten Nächten in den Zürcher Wohnquartieren rund um den Irchelpark und Käferberg auf Futtersuche. Sie leben während des Jahres versteckt in Hinterhöfen und Gärten und wandern als «Explosionslaicher» im Frühling an ihre immer gleichen Laichplätze und legen dabei bis zu zwei Kilometer zurück. Nur sehr wenige Amphibien überleben allerdings diese ausgedehnten Wanderungen, bedauert Max Ruckstuhl, Leiter der Fachstelle Naturschutz von Grün Stadt Zürich: «Von 3000 Kaulquappen, die aus einem Laich geschlüpft sind, werden höchstens eine oder zwei später als erwachsene Erdkröten wieder am glei- chen Ort laichen, die Übrigen werden gefressen, sterben im Winter, und einige werden überfahren.» Naturinseln genügen nicht allen Wo die Menschen der Natur den Boden entziehen, macht sie sich vom Acker. Oder sie taucht an unerwarteten Orten wieder auf, etwa auf den Geleisefeldern des Zürcher Hauptbahnhofes, wo inzwischen weit über 1000 Mauereidechsen und mehr als 500 verschiedene Pflanzenarten, darunter einige von der Roten Liste der seltenen und bedrohten Arten, zu Hause sind. Die Artenvielfalt zwischen den Geleisen wird heute geschützt, die Naturinseln sind untereinander vernetzt. Viele Tiere und Pflanzen sind erstaunliche Überlebenskünstler, die Natur überrascht uns immer wieder an neuen Plätzen. «Try and error» nennt es Max Ruckstuhl, wenn Libellen so lange herum fliegen, bis sie entweder sterben oder tatsächlich auf einen geeigneten Tümpel treffen, an dem sie sich niederlassen und vielleicht sogar vermehren können. Trotzdem dürfen wir uns keine Illusionen machen über die «Rückeroberung» der Stadt durch die Natur. Viele Tiere und Pflanzen werden für immer verschwinden oder sind bereits verschwunden, weil es für sie auf der intensiv genutzten Fläche keinen Platz mehr gibt und weil einige versprengte, durch Verkehr und Bauten getrennte Naturinseln nicht genügen, um ihr Überleben zu sichern.__// Anna Sax | sax@oekonomin.ch 11 Landarbeiterinnen ohne Schutz und Absicherung FRAUEN IN SÜDAFRIKA__Die Mehrheit der Frauen in Südafrika besitzt kein Land. Dies ist eine Folge der patriarchalen Kultur und Struktur, die die Männer als Land. besitzer bevorzugt. Die Situation ist aber auch eine Folge der Apartheid, die die Landbevölkerung enteignet hatte. Mit schuld sind ausserdem ältere Strukturen wie Sklaverei und Kolonialismus. Generell besitzen Schwarze in Südafrika bis heute nur selten Land. Die Frauen sind das letzte Glied der globalen Wertschöpfungskette, denn die Landbesitzer streichen ihre Jobs zuerst, wenn es darum geht, Kosten zu sparen. //__In Südafrika machen Frauen 64 Prozent der Landbevölkerung aus, doch nur ein Prozent dieser Frauen besitzt selber Land. Die Provinz Westkap, international bekannt für ihr Weinanbaugebiet und ihre Früchteproduktion, hat den höchsten Anteil an Erwerbstätigen in der Landwirtschaft. Schaut man hier die Bevölkerungsstruktur etwas genauer an, zeigt sich, dass die Frauen, die in der Landwirtschaft arbeiten, meistens selber auf einem Landwirtschaftsbetrieb aufgewachsen sind. Sie sind – so die Statistik – meistens schwarz und hatten kaum oder gar keinen Zugang zur Schulbildung. Innerhalb der landwirtschaftlichen Bevölkerungsgruppe stellt man eine klare Geschlechtertrennung fest. Landarbeit ist Männersache, Frauen werden als saisonale oder temporäre Hilfskräfte angeheuert – zu einem deutlich tieferen Lohn als ihre männlichen Kollegen. Eine Untersuchung über Löhne in der Landwirtschaft der Provinz Westkap 1 zeigt, dass Saisonarbeiterinnen nur zwischen 48 und 60 Rand pro Tag verdienen (rund 5 bis 7 Franken) und nicht mehr als 1200 Rand pro Monat (= 136 Franken). Ihre soziale Absicherung ist nicht garantiert. Die wirtschaftlichen und politischen Veränderungen in den Postapartheid-Jahren haben die Landbevölkerung nicht gestärkt. Die Regierung hat Südafrikas Wirtschaft den globalen Märkten geöffnet und protektionistische Tarife abgeschafft. Um die Kosten zu senken, begannen dann die Farmer ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer seltener fest anzustellen und wichen auf Gelegenheits- und Saisonbeschäftigung aus. Zwar haben neue Gesetze 2 die Rechte der Arbeitnehmenden gestärkt und die Arbeitsverhältnisse klarer definiert, doch in der Praxis haben sich die Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten weiter verschlechtert. Immer mehr Landarbeiterinnen Teilzeitbeschäftigung und Feminisierung – immer mehr Frauen arbeiten als Hilfsarbeiterinnen in der Landwirtschaft – haben sich in diesem Bereich immer weiter entwickelt und Frauen machen heute die Masse der Landarbeitenden aus. Doch auch dies brachte den Frauen keine substanziellen Vorteile: Bei Festanstellungen sind es weiterhin vor allem die Männer, die einen Job bekommen. Frauen haben als Saison- oder Teilzeitbeschäftigte INSERAT FährFrauen Tod und Abschied im Lebensfluss Bestattung in Frauenhänden Gestaltung des Abschieds für kirchenferne IndividualistInnen Gelassenheit wider alle Vernunft 24hRuf 044 865 47 44 www.faehrfrauen.ch 12 • fairsicherungsberatung ® • optimalberatenundversichertzufairenkonditionen Die unabhängige Beratungsstelle für Institutionen, Firmen und Privatpersonen in allen Versicherungs- und Vorsorgefragen: • Sozial- und Privatversicherung • Vermögensplanung und Altersvorsorge Wir informieren Sie gerne über unsere Konditionen und freuen uns auf Ihre Kontaktnahme: fairsicherungsberatung ® • holzikofenweg 22 • postfach 6058 • 3001 bern tel. 031 378 10 10 • fax 031 378 10 19 fairsicherungsberatung ® • zweierstrasse 50 • 8004 zürich tel. 044 242 75 75 • fax 044 240 00 45 e-mail fair@fairsicherung.ch • www.fairsicherung.ch moneta #4 // 26. November 2008 thema Frauen organisieren sich Mit Kampagnen versuchen die Organisationen der Landarbeiterinnen und -arbeiter gegen diese Zustände anzukämpfen. Oft sind die Leute aber geografisch so isoliert, dass sie kaum Kontaktmöglichkeiten haben. Obwohl in Südafrika viele Nichtregierungsorganisationen (NGO) und weitere Vereinigungen im Landwirtschaftssektor existieren, gibt es in ihren Kampagnen und Programmen keine klare genderausgerichtete, feministische Perspektive. Deshalb laufen die Betroffenen Frauen Gefahr, mit ihren Bedürfnissen marginalisiert zu werden. Ihre Anliegen kommen nicht auf die entwicklungspolitische Agenda. Immerhin nimmt sich in der Provinz Westkap «The Women on Farms Project» (WFP), eine NGO-Organisation in Stellenbosch, seit 1996 des Themas an. WFP bietet Unterstützung, wenn Landarbeiterinnen sich organisieren wollen und hat selber Kooperativen aufgebaut. Die Frauen bekommen Weiterbildungsmöglichkeiten im persönlichen und beruflichen Bereich. Ziel ist eine nachhaltige Landwirtschaft, die ein sicheres Einkommen generiert. In der Provinz Westkap gibt es auch die erste von Frauen geleitete soziale Bewegung mit gewerkschaftlicher Ausrichtung mit dem Namen Sikhula Sonke. Sie zählt inzwischen 3800 Mitglieder, mehrheitlich Frauen, die hier die Gelegenheit bekommen, sich für die eigenen Belange einzusetzen. «Als Landarbeiterinnen und Feministinnen brauchen wir die kollektive Aktion, um Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen zu bekämpfen. Wir hoffen, dass unsere Kinder einmal eine bessere Zukunft haben als wir. Wenn dies nicht gelingt, wird der Teufelskreis der Armut nie durchbrochen», sagt Wendy Pekeur, die Generalsekretärin von der Gewerkschaft Sikhula Sonke. Als dritte Organisation kämpft auch Alliance for Land and Agrarian Reform (ALARM) für bessere Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne in der Landwirtschaft, gegen Zwangsräumungen, für die Rechte für Saisonarbeiter und für Arbeitssicherheit. Und das Centre for Rural Legal Studies and Lawyers for Human Rights bietet Rechtsberatung an. Heute, 14 Jahre nach der Gründung des demokratischen Südafrika, bleibt die Stellung der Landarbeiterinnen schwach, und ihr Kampf für soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit dauert an.__// Celeste Fortuin | celestef@polka.co.za Celeste Fortuin ist Aktivistin und Beraterin in Gender- und Entwicklungsfragen in Südafrika. Sie arbeitet zurzeit für die gewerkschaftliche Organisation Sikhula Sonke und untersucht die Arbeitsbedingungen der Landarbeiterinnen und die Möglichkeiten, die Frauen besser zu vernetzen. 1 Fortuin, C. & Webster, J. Report on Seasonal Workers Wages. Commissioned by Women on Farms Project and Sikhula Sonke Trade Union, November 2007 2 Labour Relations Act (1995), Extension of Security of Tenure Act (1997), Basic Conditions of Employment Act (1997) Foto: Keystone, Landov Naashon Zalk kaum Zugang zur Krankheits- oder Mutterschaftsversicherung, und die Minimallöhne liegen sehr tief. Die Frauen sind das letzte Glied der globalen Wertschöpfungskette, denn die Landbesitzer streichen ihre Jobs zuerst, wenn es darum geht, Kosten zu sparen. Oft sind die Landarbeiterinnen geschlechterspezifischer Gewalt und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgesetzt. Trotz vermehrten Auftretens der HIV-Infektionen in ländlichen Gebieten haben sie nur einen beschränkten Zugang zum Gesundheitswesen. Wenn sie krank werden, laufen sie Gefahr, Job und Wohnung zu verlieren. Zwar müssen Wohnen und Arbeiten separat geregelt werden, doch viele Landbesitzer verknüpfen die Verträge immer noch. Kommt dazu, dass ein Mietvertrag für die Wohnung auf der Farm meist nur mit dem Mann abgeschlossen wird. Verliert er den Job oder wird er krank, muss die ganze Familie um die Wohnung fürchten. In Südafrikas Landwirtschaft arbeiten immer mehr Frauen, doch ihre Jobs sind nicht gesichert. Erholung ist wertvoll. Unsere naturreinen Bäder sind es auch. 13 Anarchos und Anthros für einmal geeint //__Es war in den Achtzigerjahren, als in Berlin Jugendliche etliche Häuser besetzten. Nach einigem Hin und Her förderte der Senat die Renovation von insgesamt 300 Wohnungen, die dann an die ehemaligen Besetzer zur Selbstverwaltung übergeben wurden. Heute sind dort Monatsmieten von 100 Euro für ebenso viele Quadratmeter keine Seltenheit – freiwillig zieht da keiner aus. Doch Selbstverwaltung soll nicht das Privileg von ein paar wenigen bleiben. Um Kapital für weitere Projekte zu sammeln, wandte sich die anthroposophisch ausgerichtete Stiftung Trias an die Bewohnerinnen und Bewohner damals geförderter Häuser mit der Bitte, neue Projekte mitzufinanzieren. Das Echo ist bescheiden. «Identifizierung keine Bedingung» «Ein kleiner Anfang», räumt Sylvain Coiplet ein, Vorsitzender des Vereins «Bewegung für soziale Dreigliederung». Ziel der Bewegung ist es, dass sich Kultur, Politik und Wirtschaft, aber auch Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit nach ihrer jeweils eigenen Logik entwickeln und organisieren können. Diese anthroposophisch geprägte Organisation veranstaltete Mitte Oktober in Berlin eine Tagung zur Frage, wie Boden und Wohnen der Spekulation entzogen werden können. Die Stiftung Trias war eines der vorgestellten Beispiele. Ein anderes kommt aus Freiburg im Breisgau, wo sich anarchistische Kreise daran machen, Häuser legal zu besetzen: Das «Mietshäuser-Syndikat» beteiligt sich über eine eigens gegründete GmbH an selbst organisierten Hausprojekten. Die «Bewegung für soziale Dreigliederung» hat Kontakte zur Basler Stiftung Edith Maryon (SEM). Diese 1990 gegründete Institution «zur Förderung sozialer Wohn- und Arbeitsstätten» ist ebenfalls anthroposophisch geprägt und verfügt heute über eine Bilanz- INSERAT OHNE EIGENTUM AN BODEN__Wohnen und bauen, auch ohne dass einem das Grund- stück gehört: Diese Idee vereint Anarchisten und Anthroposophen. Die deutsche «Bewegung für soziale Dreigliederung» stösst vielerorts auf Sympathie – ähnliche Ziele verfolgt in der Schweiz die Stiftung Edith Maryon. summe von 80 Mio. Franken und 60 Liegenschaften in der Schweiz, aber auch in Berlin. «Für unsere Bewohner und die Nutzerinnen gibt es zwar keine Vorgaben, sich mit der Anthroposophie zu identifizieren», betont Geschäftsleiter Christoph Langscheid, doch der Geist Rudolf Steiners stehe durchaus hinter der Idee, mit Grund und Boden nicht spekulativ, sondern als etwas Geliehenem umzugehen. Entsprechend werden Häuser nicht verkauft, wenn die SEM sie gebaut oder saniert hat, sondern die Stiftung vermietet sie nur oder übergibt sie im langjährigen Baurecht einem Besitzerverein. Ein weiteres Tätigkeitsfeld der Stiftung sind die Mietkautionen, von denen 500 Personen in prekären Verhältnissen Gebrauch machen (vgl. Kreditporträt in moneta 1/2007). Es existiere ein wachsendes Bevölkerungssegment, das sich auf das Experiment des selbstvertwalteten Wohnens einlassen wolle, meint Langscheid weiter. Rückschläge seien allerdings nicht zu vermeiden, ebenso wenig der Auszug einer Mietpartei, wenn die Absprache mit den Nachbarn oder die geteilte Betreuung des Gartens zu mühsam werde. Auch der Verzicht auf absolute Anonymität bedürfe der Gewöhnung. In Berlin ist die Stiftung Edith Maryon heute bei neun Liegenschaften engagiert, Prunkstücke sind ein 800 Hektaren grosser biologisch-dynamisch bewirtschafteter Hof und eine umgenutzte ehemalige Druckma- schinenfabrik. «Noch immer ist Berlin ein spannendes Pflaster für soziale Immobilienprojekte», so Langscheid, es gebe zahlreiche Objekte, die man für neue Projekte dem Spekulationsmarkt entziehen könne. Dass Anarchisten und Anthroposophen gleichzeitig neue Wege suchen für den Umgang mit Immobilien und dem Boden, auf dem sie stehen, das ist für Sylvain Coiplet von der Bewegung für soziale Dreigliederung unproblematisch. Doch sein Verein hat noch zahlreiche weitere Anliegen. So soll etwa ein Unternehmen nicht verkauft oder vererbt werden dürfen, sondern der abtretende Besitzer soll einen fähigen Nachfolger auswählen. Auch die Schule will man reformieren – mehr in Richtung Projektentwicklung statt straffer Fächeraufteilung. Selbst die Justiz möchte der Kleinstverein nach anthroposophischem Gedankengut ummodeln. Doch wenn man sich in der Sache trifft, will man mit anderen Freigeistern kooperieren: «Bei meiner früheren Tätigkeit, als ich Wehrdienstverweigerer beriet, hatte ich viele Kontakte mit Anarchisten. Mit ihnen kann man bestens zusammenarbeiten.»__// Pieter Poldervaart, poldervaart@kohlenberg.ch www.dreigliederung.de www.syndikat.org www.grundlos-bodenlos.de www.stiftung-trias.de www.maryon.ch Zertifikat soll Zersiedelung eindämmen PLD Eine ganz andere Idee, wie Boden der Spekulation entzogen und damit die Zersiedelung ge- stoppt werden kann, ist das Instrument der Flächennutzungszertifikate (FNZ), wie sie unter anderem von der Umweltorganisation Pro Natura ins Gespräch gebracht werden. Basis der FNZ ist als erster Schritt die Beschränkung der zur Bebauung freigegebenen Zonen. Danach versteigert der Bund die FNZ, die frei handelbar sind. Neue Bauzonen können nur noch dann ausgeschieden werden, wenn der Bauwillige neben dem Boden auch über entsprechende FNZ verfügt. Damit bleiben Neubauten zwar weiterhin möglich, sie sind jedoch jeweils mit einer Rückzonung andernorts verbunden. In den USA ist ein ähnliches Verfahren bereits in 30 verschiedenen Bundesstaaten Praxis. Das Beispiel des Bezirks Montgomery (Maryland) im Grossraum Washington D.C. zeigt, dass FNZ funktionieren: Seit deren Einführung verlangsamte sich die Umwandlung von Landwirtschaftsin Siedlungsfläche markant. In der Schweiz existiert zu FNZ eine Studie, die vorrechnet, dass der Flächenverbrauch um bis zu 60 Prozent reduziert werden könnte. 14 moneta #4 // 26. November 2008 thema Selbstverwaltung: Lust & Frust ALTERNATIVEN ZU WOHNTRÄUMEN__ Wenn Leute nicht ein eigenes Haus oder ein übliches Mietverhältnis anstreben, wird es spannend und manchmal auch spannungsreich. Denn sobald verschiedene Interessen ineinandergreifen, muss verhandelt werden – und nicht nur über die Waschordnung. //__Die «altbewährten» WGs wurden schon Ende der 1960er-Jahre populär. Etliche Wohnsiedlungen mit Selbstverwaltungen, kombinierte Wohn- und Arbeitsformen sowie Zwischennutzungen von vorhandenem Wohnraum oder Fabriken blühten in den 1980er-Jahren. Als Reaktion auf Isolation und unangenehme Erfahrungen mit autoritären Hauswarten und/oder (Ver-)Mietenden wird in Selbstverwaltungen die Verantwortung rund ums Wohnen selber getragen; damit soll auch Machtmissbrauch verhindert werden. Diese Wohnform bedeutet natürlich mehr Aufwand als bei üblichen Mietverhältnissen und kann allerlei Ämtlein und Sitzungen zur Folge haben. Anne Burri, die 1988 das Konzept des selbstverwalteten Wohnmodells der Siedlung «Im Davidsboden» in Basel entwickelt hatte, macht dort gerade eine Umfrage. Erste Resultate zeigten, dass sich flexible Abmachungen besser bewährten als das sture Festhalten an Strukturen. Letztere führten zu mehr Diskussionen und zu mehr Problemen. Heute scheine es nicht mehr zeitgemäss – so Anne Burri – eine Selbstverwaltung streng basisdemokratisch zu organisieren. Denkbar wäre, dass eine Liegenschaftsverwaltung mehr Aufgaben übernimmt, damit fürs Soziale mehr Zeit bleibt. «Heutzutage überfordert es gerade Leute mit Kindern, neben ihrer Arbeit ständig noch mit Ämtlein rund um die Wohnung beschäftigt zu sein. Das führt zu einem schlechten Gewissen bei jenen, die wenig machen und zu Frust bei den anderen, die alles übernehmen», stellt Burri fest. Geteiltes Wohneigentum Für einen gemeinsamen Erwerb von Wohnliegenschaften existieren rechtlich nebst der Gründung einer Genossenschaft zwei weitere Formen: das Stockwerkeigentum und das Mit- oder Gesamteigentum. Zwar sei geteilter Besitz anzustreben, doch Stockwerkeigentum sei nicht unproblematisch, so Burri. «Meinungsverschiedenheiten über Sanierungen sind oft der Grund für jahrelange Streitereien. Aus dem Wohntraum wird dann ein Albtraum.» Geldfragen regeln die selbstverwalteten Wohnmodelle unterschiedlich: Es gibt Siedlungen, die den Mietzins lohnabhängig gestalten, etwa die Stiftung Habitat in Basel. In verschiedenen Lebensphasen zeichnen sich verschiedene Wohnbedürfnisse ab. Und weil es vermehrt Patchwork-Familien gibt und generell eine grössere Vielfalt beim Zusammenleben, kommen immer vielfältigere Wohnformen auf, die auch auf flexiblere Arbeitsformen reagieren. Durchmischung klappt nicht immer Immer wieder werden Siedlungen gebaut, welche eine Mischung aus Alters- und Familienwohnungen vorsehen, und oft sind es Frauen, die gemeinschaftliche Wohnprojekte fürs Alter ins Leben rufen. Die Durchmischung der Generationen kann ein Gewinn sein. Allerdings müssen dafür die baulichen Voraussetzungen geschaffen werden, sonst sind Probleme vorprogrammiert. Das Beispiel «Marienhof» in Basel zeigt, wie Kinderlärm und die Jugendlichen im Hof für die ältere Bewohnerschaft unerträglich werden. Generell ist Lärm das grösste Problem im Zusammenleben. Allerdings gibt es auch gute Beispiele von generationenübergreifenden Siedlungen, zum Beispiel in Ausserholligen bei Bern. Dort haben sich nach Burris Einschätzung ruhigere und weniger ruhige Häuser formiert, ohne dass dies besonders geplant wurde. Eine MieterInnenbefragung im Berner Quartier Ausserholligen ergab folgendes Statement: «Toll finde ich die Grosszügigkeit. Die ist in vielerlei Beziehungen da: Einmal baulich; (…). Dann der viele Raum um die Häuser herum, das viele Grün. Grosszügig ist es auch bezüglich Bewohnern. Vielerlei Leute haben Platz: mit unterschiedlichen Mentalitäten, unterschiedlichen ökonomischen Verhältnissen, Lebensstilen.» Wer wohnt wie? Schweizweit wohnen 56 Prozent der Bevölkerung in rund 3 Mio. Mietwohnungen. 35 Prozent sind Haus- oder Wohneigentümer. Dazu kommen rund 1700 Wohnbaugenossenschaften mit total 160 000 Genossenschaftswohnungen. In der Statistik des Schweizerischen Verbandes für Wohnungswesen finden sich zusätzlich 160 selbstverwaltete Haus- oder Wohnungsgemeinschaften mit 740 Wohnungen. In den letzten Jahren entstanden verschiedenste Wohnmodelle, die geprägt sind von Zeitdruck und Angst vor Isolation. So gibt es in der Zürcher Überbauung «James» Concièrge-Dienstleistungen. Diese können von unterstützungsbedürftigen Menschen ebenso beansprucht werden wie von Familien und Singles. Übers Intranet können Bewohnerinnen und Bewohner Kontakte pflegen und Dienstleistungen anfordern. Ein Portier kümmert sich bei Abwesenheit um die Post und die Haustiere. Hier leistet man sich den Luxus der wohldosierten Geselligkeit. Ein anderes Modell, das sich in Skandinavien bereits grosser Beliebtheit erfreut, könnte auch bei uns bald Schule machen: getrennt lebende Paare mit Kindern finden eine optimale Lösung, indem die Kinder immer am gleichen Ort wohnen und die Elternteile abwechselnd an diesem und einem Zweitort leben. Ohne einen gewissen Idealismus und der Vision, dass das Zusammenleben nicht auf blosses Wohnen und auf die Kleinfamilie und Singles beziehungsweise Paare reduziert bleiben muss, wird wenig ausprobiert. Und dies, obwohl in Selbstverwaltungen klare Vorteile ausgemacht werden können: offenere Beziehungs- und Familienstrukturen, gegenseitige Hilfe bei der Kinderbetreuung, eine Umgebung mit Kindern für Kinderlose. Verschiedene Generationen können voneinander lernen, und physisch beeinträchtigte Menschen sind besser integriert. Hier können Begegnungen stattfinden, und es gibt Raum für die Erprobung neuer Lebensformen.__// Dominique Zimmermann | dominique.a.z@bluewin.ch Literatur/Links: www.hindernisfrei-bauen.ch | Wohnen 9/2002 Friedensarbeit leisten. Streit unter Nachbarn – was können Hauswarte und Verwaltungen tun? ETH Wohnforum: www.wohnforum.arch.ethz.ch/publikationen/pub_uebersicht.html www.svw.ch | www.stockwerk.ch | www.wohnstadt.ch www.stiftung-habitat.ch/default.aspx?code=01 www.wohnforum.arch.ethz.ch/forschung/davidsboden.html | WIR, die Siedlungszeitung im Davidsboden Nr. 12 /Oktober 2008 | Hochbauamt Stadt Bern Nr. 2 / 2001: Ausserholligen – ein Quartier zum Leben. Siedlungssanierung 1996 –2001. | www.wogeno.ch | Wegweisend wohnen. Gemeinnütziger Wohnungsbau im Kanton Zürich an der Schwelle zum 21. Jahrhundert. Hrsg: Christian Caduff und Jean-Pierre Kuster, Zürich und Frankfurt 2000. 15 INSERATE !"3 " E I IE D 3TAND 3 N CHE LLE U S "E R (A E IN D 7ISSEN(ANDELN'ENIESSEN .!452-ESSEUND&ESTIVAL ¯ &EBRUAR ¯ 5HR IN DER MUBA (ALLE -ESSEZENTRUM "ASEL .ATIONALER.!452+ONGRESS ¦$IE .ATUR DER %NERGIE ¯ DIE %NERGIE DER .ATUR§ $ONNERSTAG &EBRUAR #ONGRESS #ENTER "ASEL WWWNATURCH (AUPTSPONSOR 'UTSCHEIN F~R ERMiSSIGTEN %INTRITT IN .!452 -ESSE UND MUBA STATT &RANKEN +INDER BIS *AHRE IN "EGLEITUNG %RWACHSENER GRATIS 3PONSOREN +OMMUNIKATIONSPARTNER - , " / -EDIENPARTNER }ÃV >}iL>ÕÌ >À }i >`iÌ ÀiÌ Û iL>ÕiÀ ÀÃV Û `iÀ ÀÌi iÃÕ` Õ` iViÀ E>ÀÊ,ëi`>ÌÌiÊ xÊ}ÊvØÀÊ ÊÈä°q *iÀÊ*ÃÌ° `ÀiÃÃ>}>LiÊLÌÌiÊÊÀÃÃLÕV ÃÌ>LiÊ>ÕÃvØi° xÊ}ÊE>ÀÊ,ëi`>ÌÌiÊvØÀÊ ÊÈä°qÊ ÀÌivÀÃV >Õà /ÕiÃi\ 7 iÀ 7 } vØÀ vÌÕ Ì i Li Õ` ` V ÕÌâ i Ì Ã i }i i À Õ Ã L>> i } i ` i« ÜiÀÌi Ãi À } >à ~ B Ì À ° ÃÜi vi i E>À ,ëi`>ÌÌi ÝÕÃÛ >Õv 6ÀLiÃÌiÕ} q Óä />}i Û `iÀ ">Ãi âÕ i >V >ÕÃi° 16 " 4 iÃÌiiÊ-iÊ}iV t ÜÜÜ°}iL>>°VÉ`>ÌÌi /i°Êä{ÎÊÎÈÈÊÈxÊää .AME6ORNAME 3TRASSE 0,:/RT %-AIL iÀ *Àià ÛiÀÃÌi Ì ÃV ° Ü-Ì°] iÝ° n°q 6iÀÃ>`ÃÌi° 7À LÌÌi Õ Ài 6ÀLiÃÌiÕ} Là âÕ ££° iâiLiÀ Óään] `>Ì ÜÀ `i >ÌÌi iÀÌi vÀÃV `ÀiÌ Li >ÕiÀ Liâi i i° v>} iâiLiÀ ÜiÀ`i `i >ÌÌi /ÕiÃi ÛiÀÃV vvÌ Õ` Ã` Là ÌÌi iâiLiÀ Li i âÕ >ÕÃi° GEBANAAG:OLLSTRASSE#(:àRICHINFO GEBANACH moneta #4 // 26. November 2008 denkanstoss Ziel der Scham ist das Verschwinden In letzter Zeit ist viel von Nullen die Rede. Wie viele Nullen haben die Milliarden, welche in die Finanzwelt gepumpt wurden? Es ist auch die Rede von den Nullen, welche diese Nullen verursacht haben. Und den Nullen, welche sie eingesackt haben. Als «Nieten in Nadelstreifen» bezeichnete ein Buchtitel 1995 einen Teil der Wirtschaftsmanager. Momentan ist auch dies wieder ein geflügeltes Wort neben «Zocker», «Crash-Clique» usw. Gemeint sind diese «Hexenmeister», welche «die unterirdischen Gewalten nicht mehr zu beherrschen» vermögen, welche sie heraufbeschworen haben.1 Jetzt wird ins «freie Spiel des Marktes» eingegriffen, dessen unsichtbare Hand wird ersetzt durch die gut sichtbare Hand der Allgemeinheit, des Staates. Die Gier der Manager wird verurteilt. Aber Gier gehört zum Kapitalismus wie Eiweiss und Dotter zum Ei. Soziales Denken und Handeln sind störende Nebengeräusche uneinsichtiger, weltfremder Philanthropen. Während eines Anlasses an der Hochschule St.Gallen mit dem Thema Investment wurden Studenten nach ihrem Traumberuf gefragt. Etliche wollen Banker werden, gaben unumwunden zu, dass sie der hohe «Verdienst» locke. Die zukünftige Elite der Bonusfischer und Profitmaximierer steht in der Warteschlange, bereits standesgemäss gestylt. Weckt das Hoffnung? Auch «Kleinanleger» hechelten gierig hinter den Verlockungen her, wollten auch Kasse machen. Und jammern jetzt, sie seien hereingelegt worden, vergessen ihre durch die eigene Gier vernebelte Urteilsfähigkeit. Realwirtschaft als Beute Die Produktion wird von den Beutezügen der Finanzwelt unter Druck gesetzt. Kurzfristig müssen Höchstrenditen erzielt und in Quartalsberichten ausgewiesen werden. Ob dabei Produktionsstätten und damit Arbeitsplätze flöten gehen, spielt keine Rolle, denn die Gewinne sind bereits eingesackt. Das ist das «freie Spiel des Marktes», das sind die vielbeschworenen «Selbstregulierungskräfte». Wenn ich als Kleinstunternehmer eine Eigenkapitalrendite von wenigen Prozenten erwirtschaften kann, bin ich zufrieden. Aber bei diesen Leuten stehe ich als Versager da, denn für sie sind Eigenkapitalrenditen von 15, 20 oder mehr Prozent anzustreben. Alles andere gilt als unrentabel. Einer gab mir am Telefon den Rat, alles zu verkaufen und das Geld in ihre Finanzprodukte zu «investieren», das bringe mehr als arbeiten. Die Bankleute sollten sich schämen, sagte eine alte Frau im Tram zu ihrer Begleiterin. Scham? Warum denn? Sie haben zwar weltweit Unternehmen an den Rand des Ruins getrieben. Aber sie haben es geschafft, Regierungen aus dem Busch zu klopfen und diese in die Staatskassen greifen zu lassen, um ihnen mit gigantischen Summen unter die Arme zu greifen. Das ist doch eine Leistung! Und das sollte doch mit weiteren Boni belohnt werden! Sie sind offensichtlich wichtiger als jene, welche diese Werte wirklich geschaffen haben durch reale Arbeit, nicht durch Spekulationen und Casinowetten. Gedopte Sportler müssen Medaillen und Gelder zurückgeben, was auch sie mit Lügen und faulen Ausreden verhindern wollen. Sie haben keine Gnade zu erwarten, weil sie die Siege durch Betrug errungen haben. Zudem kassieren sie noch ein zweijähriges Berufsverbot. Sie sind halt Sportler, eigenverantwortlich, keine Banker. 1 Zitat aus dem «Kommunistischen Manifest» von Marx und Engels 2 Als erste Kantonalbank machte schon am 21.10.08 im «cash» Werbung für ‹BKB-Swiss Financials Tracker› mit dem Hinweis, sie hätten Staatsgarantie. Und: «Dank den schnellen Massnahmen und Rettungspaketen ist eine Erholung dieser angeschlagenen Bran- Wetten, dass schon bald wieder die nadelgestreifte Arroganz herrschen wird? Dass alles versucht wird, die errungenen Privilegien zu behalten (diverse Steuererleichterungen, Abschaffung der Erbschaftssteuer usw.), erschlichen mit Hilfe der von ihr geschmierten Politik und der Medien, auch über Volksabstimmungen mit Slogans, welche die Wirklichkeit auf den Kopf stellen. Wird es ihnen gelingen, einen Teil der versprochenen Kohle auch wirklich abzusaugen oder abzuschöpfen, das eigene Versagen von der Allgemeinheit ausbaden zu lassen? Damit es für sie weitergehe wie bisher – vielleicht etwas vorsichtiger, bescheidener.2 Sie werden weiter versuchen, mit fremdem Geld ihre Wettcasinos aufrechtzuerhalten. Es wird nach wie vor gepredigt, wir müssten einfach akzeptieren, dass diese Leute so hohe «Löhne» beziehen, weil sonst nicht die Besten zu bekommen seien. Offenbar waren die Besten am Ruder. Und haben tatsächlich das Beste herausgeholt – für sich. Ein Leben lang oder einen Monat arbeiten? UBS-Boss Kurer erzählte, dass er bloss noch 10 Millionen «verdienen» werde, ein paar Tage später noch 2 Millionen, kein Bonus. Haben wir uns inzwischen an diese Riesen«löhne» gewöhnt, so dass uns diese Nachricht geradezu als Botschaft grosser Bescheidenheit vorkommt? Aber jetzt soll sich alles ändern, Bezüge und Boni sollen «internationalen Standards» entsprechen. Etwa dem US-amerikanischen wie bisher? Mir sind auch diese bescheidenen Millionenbezüge sozusagen im Hals stecken geblieben. Deshalb habe ich bei der AHV meine Lohnbezüge über 45 Jahre Arbeit ausdrucken lassen. Ich habe in meinem bisherigen Arbeitsleben 2 548 749 Franken Lohn bezogen. Wenn ich die Millionen-Jahres«gehälter» von Ospel oder Vasella nehme, dann mussten diese, um auf meinen Lebensverdienst zu kommen, bloss einen Monat lang arbeiten. Der bescheidene Herr Kurer mit nur 2 Millionen muss etwas mehr als ein Jahr den Bürosessel beschweren. Hoffentlich hält er diese Diskriminierung aus und muss nicht zum Psychiater, welche laut «Tages-Anzeiger» vom 11.10.08 einen enormen Zulauf von Bankern verzeichnen. Vielleicht können sie dort ihrer Scham Ausdruck verleihen. Es genügt, wenn sie sich auf die Couch legen anstatt öffentlich voller Scham in Grund und Boden zu versinken. Diese Leute haben doch nur gemacht, was beispielsweise Wirtschaftsprofessor Borner nach wie vor predigt: Manager sollen sich auf den Profit konzentrieren und nicht mit Gutmenschelei Zeit und Geld verlieren. Der Markt regle alles, auch die Selbstverantwortung. 3 Werden jetzt mehr Menschen als bisher wachgerüttelt, wird soziales und nachhaltiges Handeln aktuell und gesellschaftsfähig? Oder wird sobald als möglich wieder das Lied der Privatisierung und Profitmaximierung gesungen? Schliesslich hat «unsere» UBS ihre «Risikopositionen aus ihrer Bilanz durch Transaktion mit der schweizerischen Nationalbank entfernt». 4 Bald wird das herumstreunende oder abwartende Finanzkapital nach neuer Beute suchen. Zum Beispiel nach Rohstoffen, Lebensmitteln und anderem? Kündigt sich der Niedergang des heutigen kapitalistischen Systems an? Oder wird die hohle Hand des Kapitals bald weitere Rettungsaktionen anpeilen? Geht das Marx’sche Gespenst wieder um, diesmal nicht nur in Europa, sondern weltweit? Oder bleibt es ein Gespenst, das wieder verschwindet, sobald es heller wird? Aldo Clerici | aldo.clerici@clerici-partner.ch che in Sicht. Steigen Sie jetzt ein . . . » Alles unter ihrem Motto «fair banking». Andere Kantonalbanken sind dieser Argumentation inzwischen gefolgt. 3 «Rundschau», Schweizer Fernsehen, 8.10.08 4 UBS-Website, News vom 16.10.08 Der Titel ist ein Zitat von Léo Wurmser: die Maske der Scham; gefunden durch googeln. 17 kreditporträt Im eigenen Haus – aber ohne Bodenkauf 18 BAURECHT ALS ALTERNATIVE__Im eigenen Haus wohnen, ohne den Boden zu be- sitzen, das ist für den Liegenschaftenentwickler und Treuhänder Niklaus Schär ein gangbarer Weg. Seine ausgeklügelten Finanzierungsmodelle eignen sich für die Nutzung von Industriebrachen ebenso wie für Wohnüberbauungen – die ABS hilft mit. Solidaritätsbeitrag von voraussichtlich 80 Franken pro Monat zahlen. Kann eine Partei nur bescheidene Mittel aufbringen oder sich nicht einkaufen, muss der Baurechtszins mit einer Annuität zur Tilgung des Kaufwertes bezahlt werden. Klare Abmachungen helfen Für eine Miteigentümerinnengemeinschaft brauche es aber auch klare Verträge, betont Schär. Damit werden die Alltags-, Verwaltungs- und Finanzierungsfragen geregelt. Zudem sind im Grundbuch die gemeinschaftlich genutzten Flächen und die zu jedem Haus gehörenden Sondernutzungen eingetragen. Das schafft Klarheit, ohne dass Zäune nötig werden. In den Überbauungen wird angestrebt, dass sich die Familien für einen gemeinsamen Spielplatz zusammentun oder dass Waschküchen gemeinsam genutzt werden. Zieht jemand aus, muss der oder die Nachfolger/in diese Regelungen übernehmen. Das Modell scheint bloss auf den ersten Blick kompliziert. Es leuchtet nach ein paar Erklärungen rasch ein und hat Erfolg. Vor allem Familien, die der Anthroposophie nahestehen, sind davon überzeugt. Die Ökosiedlung von Schafisheim liegt gleich neben der Steiner-Schule. Schule und Siedlung profitieren voneinander: Die Kinder haben kurze Wege, die Schule wieder mehr Schüler. Bereits ist eine weitere Siedlung nach Schärs Modell in Planung. In Dornach, ebenfalls in Nachbarschaft zur Steiner-Schule, wird bald der erste Spatenstich getan. Dort baut die neu gegründete Genossenschaft Sofie Stinde – sie trägt den Namen einer der engagierten Frauen im Umfeld Rudolf Steiners. Und die Seidenfärberei Colora, mit der alles angefangen hat? Sie zählt heute mehr als ein Dutzend Mitarbeitende, es geht ihr gut. Inzwischen werden jährlich zwei modische Saisonkollektionen hergestellt, und in der neuen Überbauung «Innenstadt» in Langenthal wurde eben ein eigener Laden eröffnet. Rund die Hälfte der Mitarbeitenden sind übrigens Mitbesitzer. Schär hat die Anteile verschenkt und dies aus den Erträgen finanziert. «Die Firma soll massgeblich denen gehören, die für sie arbeiten», so sein Grundsatz. Gewachsen ist – teils dank gemeinsamer Aktivitäten – auch die CoOpera-Sammelstiftung. Sie ist heute auch eine Beteiligungsund Immobiliengesellschaft, eine Leasinggesellschaft, ein Liquiditätsverbund und eine Arbeitsgemeinschaft. Und viele dieser Netzwerke sind mit der ABS verbunden.__// René Hornung | hornung@pressebuero-sg.ch www.colora.ch, www.coopera.ch Foto: zvg //__Niklaus Schär hat seine beruflichen Erfahrungen zuerst in der Textilindustrie gemacht: Vor über 20 Jahren hat er für seine kleine Seidenfärberei Colora Seta AG eine Produktionsstätte gesucht und sich in Huttwil in einer alten Möbelfabrik eingemietet. Einige Jahre später ergab sich die Gelegenheit, das Areal zu kaufen. Der Kontakt zur ABS war rasch geschaffen «und die Bank hat damals den Kauf überhaupt erst ermöglicht», blickt Schär zurück. Nach dem Kauf galt es, neue Nutzerinnen und Nutzer für das Areal zu suchen, die Brache zu «entwickeln», wie es in der Fachsprache heisst. Und das machte Niklaus Schär immer mehr Spass. Liegenschaftenentwicklungen sind inzwischen zu seinem «zweiten Standbein geworden», wie er feststellt. Rund um die Colora AG ist in den letzten Jahren ein bunt gemischtes Konglomerat entstanden, Gewerbebetriebe, aber auch Wohnungen. Niklaus Schär ging aber nie den konventionellen Weg. Für ihn war immer klar, «dass wir den Boden nicht wie eine beliebige Ware handeln können». Boden lässt sich nicht vermehren «und alle Menschen haben ein Recht darauf, auf einem kleinen Stückchen Boden zu leben und es so zu bebauen, dass sie sich ernähren können», so seine aus der Anthroposophie stammende Überzeugung. Die üblichen Besitzverhältnisse und die daraus resultierende Spekulation lehnt er ab. In den Ländern des Südens, namentlich in Südamerika, seien die Auswirkungen sogar «brutal». Dort sind die Grossgrundbesitzer übermächtig. Viel Land liegt brach, die landlosen Familien dürfen es nicht einmal bearbeiten. Auf die Schweiz und in den Alltag umgemünzt, sagt Niklaus Schär: «Es reicht, wenn die Nutzung geregelt ist, man muss den Boden nicht besitzen.» Deshalb suchte er den Kontakt nicht nur mit der ABS, sondern auch mit der Sammelstiftung «CoOpera», die das Geld ihrer Pensionskassen-Versicherten nicht an der Börse, sondern in die Realwirtschaft investiert. Die Zusammenarbeit bewährt sich inzwischen sehr gut. Die Projekte sind differenziert und den jeweiligen Gegebenheiten entsprechend finanziert. In der Ökosiedlung «Mülleracher» in Schafisheim, in der Schär auch selbst wohnt, blieb der Boden im Besitz der Stiftung. Die Hausbesitzer haben «nur» ein Nutzungseigentum. Das Land wird damit de facto unverkäuflich. Der jeweilige Anteil am Boden für das eigene Haus wurde – so eine Partei über genügend Mittel verfügte – mit einer Einmalzahlung abgegolten. Die Folge: Während einer definierten Zeit – hier während 26 Jahren – muss kein Baurechtszins mehr bezahlt werden. Nach Ablauf dieser 26 Jahre werden die Parteien wieder einen Huttwil: einst eine Möbelfabrik, heute Wohnhaus und Seidenfärberei. moneta #4 // 26. November 2008 abs-seite Welche Baukultur finanziert die ABS? Die Geschäfte der ABS sind von der aktuellen Finanzmarktkrise nicht betroffen. Das hat Gründe: Erstens ist die ABS konsequent in der Realwirtschaft tätig. Zweitens vergibt sie Kredite nur in der Schweiz und nur an KundInnen, die sie gut kennt. Und drittens kann die ABS ihre Kredite vollständig aus den ihr anvertrauten Spargeldern finanzieren. Sie ist also nicht auf Kredite von anderen Banken angewiesen. In den Gründungsjahren der ABS war die Finanzierung von selbstgenutztem Wohneigentum tabu. Weder der Neubau noch die Eigentumswohnung in der Stadt oder die Übernahme des elterlichen Wohnhauses konnte über die ABS finanziert werden. Diese Politik war für immer mehr ABS-KundInnen nicht nachvollziehbar. Die ABS entwickelte daraufhin die ABS-Hypothek mit Immobilienrating. Dieses Produkt verknüpft die Bedürfnisse der ABS-Kundschaft mit den ökologischen und sozialen Zielen der ABS, indem es besonders nachhaltiges Bauen mit günstigen Konditionen fördert. «Nachhaltig» heisst dabei nicht einfach «niedriger Energieverbrauch». Vielmehr werden auch Faktoren wie die Verfügbarkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln, die Wirtschaftlichkeit, der Bodenverbrauch oder die flexible Nutzbarkeit der Liegenschaft gewichtet. Das Schwergewicht der Immobilienfinanzierungen liegt bei der ABS weiterhin bei gemeinschaftlich genutzten Wohnbauten. Per Ende Juni 2008 waren 71,3 % der von der ABS ausgeliehenen Gelder im Immobilienbereich angelegt. Davon flossen 40,9 % in Mietobjekte (vor allem Genossenschaften), 17 % in Einfamilienhäuser, 7,3 % in Eigentumswohnungen und 6,1 % in Geschäftsliegenschaften. 80 % des von der ABS finanzierten selbstgenutzten Wohneigentums erfüllt die Nachhaltigkeitsanforderungen der ABS-Hypothek. Das Interesse am Geschäftsmodell der ABS ist in diesen Tagen gross. In der Woche nach Bekanntgabe des Stützungspaketes für die UBS gelangten täglich zwei bis drei Medien an die ABS, um sich nach deren Lage zu erkundigen. Auch ein vermehrter Zugang von NeukundInnen zeichnet sich für dieses Jahr ab. Allerdings wird die ABS nicht dermassen überrannt, wie das dem Vernehmen nach bei Raiffeisen- und Kantonalbanken oder der Postfinance der Fall ist. Ganz offensichtlich suchen viele verunsicherte KundInnen eine konkrete geografische Nähe, die die ABS bisher nicht flächendeckend bieten kann. Das massvolle Wachstum der ABS hat den Vorteil, dass sie praktisch alle ihr zufliessenden Gelder in Form von Krediten weitergeben kann. Wie sicher sind die ABS-Einlagen? Die ABS-Geschäftsleitung rechnet weiterhin mit einem erfreulichen Geschäftsverlauf. Auch für den Fall einer Rezession ist die ABS mit ihren soliden Reserven und ihrem realwirtschaftlich orientierten Geschäftsmodell gut gerüstet. Sollte der unwahrscheinliche, aber theoretisch mögliche Fall eintreffen, dass die Schweizer Banken reihenweise zusammenbrechen, wird auch die ABS als Teil des Finanzsystems nicht verschont bleiben. Alle Einlagen bei der ABS sind im gleichen Ausmass abgesichert wie bei jeder anderen Schweizer Bank (30 000 Franken pro Kundin und Kunde für Sparguthaben und Kassenobligationen). Immerhin: Kapitalismusdiskussion Die ABS floriert, die UBS floppt. Auf billige Schadenfreude verzichtet die ABS dennoch. Es gibt zu viele Menschen, die in ihrem konkreten Alltag schmerzlich von den Auswirkungen des CasinoKapitalismus betroffen sind. Erstaunlich bleibt die breite politische Zustimmung zu staatlichen Rettungsmassnahmen für die UBS bei gleichzeitiger Abwesenheit fast jeglicher Diskussion über ethische Aspekte der UBS-Geschäftspolitik. Die Symptomdiskussion über Boni verdeckt mehr, als sie klärt. «Right or wrong, my bank!», scheint die Devise zu sein, wenn sich sogar der Präsident einer ansonsten gesellschaftskritischen Partei wenige Tage vor Bekanntwerden der UBS-Milliardenspritze in den Medien fröhlich zu seinem UBS-Konto bekennt. Als Bankkundinnen und -kunden tragen wir alle Verantwortung für das Tun und Lassen der Schweizer Banken. Es ist unser Geld, mit dem die SpekulantInnen spielen. Wir haben also die Banken, die wir verdienen. Das ist vielleicht der positive Aspekt der Finanzmarktkrise: Viele Menschen denken heute über Geld, Wirtschaft und Verantwortung neu nach. Und manche ziehen sogar Konsequenzen. Dieser Text ist mit Redaktionsschluss 12. November 2008 entstanden. Wenn Sie ihn lesen, haben sich manche Aspekte möglicherweise bereits wieder verändert. Auf Vermutungen über die Zukunft verzichten wir ausdrücklich. An ExpertInnen-Orakeln und Konjunkturprognosen, die heute gut klingen und sich morgen als falsch erweisen, ist ja kein Mangel. Eine aktuelle Einschätzung der ABS finden Sie jederzeit auf www.abs.ch oder können diese unter 062 206 16 16 bestellen. ABS zahlt für Einlagensicherung Die Einlagensicherung der Schweizer Banken ist keine staatliche, sondern eine private Einrichtung. Die Beteiligung ist aber für alle Schweizer Banken obligatorisch. Die Sicherung von Guthaben bis zum Höchstbetrag von 30 000 Franken pro Kundin oder Kunde erstreckt sich also auch auf die ABS. Umgekehrt muss sich die ABS auch an Garantieleistungen beteiligen, die sich aus dem Zusammenbruch anderer Banken ergeben. In der aktuellen Finanzmarktkrise ist das bisher ein Mal geschehen. Per 20. Oktober 2008 musste die ABS 44 219.15 Franken für die durch den Zusammenbruch der Kaupthing Bank Luxembourg SA geschädigte Kundschaft bezahlen (pikanterweise auf ein Konto bei der UBS). Die Kaupthing Bank hatte (seit Juli 2008) eine Zweigniederlassung in Genf. Der Beitrag der ABS bemisst sich nach der Höhe der bei ihr angelegten, gesicherten Gelder. Falls nach der Liquidation der Kauphting Bank noch Geld vorhanden ist, könnte theoretisch eine Rückvergütung erfolgen. Müsste nach dem Zusammenbruch grösserer Banken die volle Summe der Einlagensicherung von 4 Milliarden Franken ausgeschöpft werden, entstünden für die ABS Kosten in der Höhe von rund sechs Millionen Franken. Diese sind durch Reserven und Rückstellungen abgesichert. Die zurzeit politisch populäre Forderung nach einer Erhöhung der Einlagensicherung wirft gerade für kleine Banken wie die ABS die Frage auf, wie denn die dafür erforderlichen Rückstellungen finanziert werden sollen. Foto: ABS/Sébastien Volery Trotz Finanzkrise: Die ABS ist sehr gut unterwegs Von der ABS finanziert: Genossenschaftliches Wohnen in der Siedlung Les Voirets, GrandSaconnex GE. 19 abs-seite Umbau mit Hammerschlag eröffnet Einige kräftige Hammerschläge, und die (präparierte) Wand stürzte ein – symbolisch eröffneten GL-Mitglied Etienne Bonvin und VR-Präsident Eric Nussbaumer am 19. September 2008 den Umbau des ehemaligen Walter-Verlages in Olten zum neuen ABS-Hauptsitz. Und legten dieses ambitiöse Projekt gleich in bewährte Frauenhände: Ilse Sewer, seit 15 Jahren Bauleiterin der Metron AG, hat bei der Erweiterung und Erneuerung des Behandlungstraktes im Stadtspital Triemli (Zürich) reiche Erfahrungen mit komplexen Umbauprojekten gesammelt. Spürbare Vorfreude auf den handfesten Umbau und den absehbaren Umzug der ABS prägte den zwanglosen Baustellen-Apéro mit Wurst, Wein und Bier. Die Mauer fällt – Etienne Bonvin und Eric Nussbaumer haben zugeschlagen. Fotos: Sabina Bobst Oltens Stadtpräsident Ernst Zingg erinnert sich an den früheren WalterVerlag. Ilse Sewer, Metron AG, leitet den Umbau. www.abs.ch Die Alternative Bank ABS ist eine durchgehend sozial und ökologisch ausgerichtete Alltagsbank. Vor achtzehn Jahren gegründet, hat sie heute 22 000 Kundinnen und Kunden in der ganzen Schweiz und 72 Mitarbeitende in Olten und Lausanne. Die Bilanzsumme beträgt 825 Millionen Franken. Mitwirkung im Verwaltungsrat der Alternativen Bank ABS Für die Mitwirkung im Verwaltungsrat suchen wir ab Mai 2009 ein bis zwei im Wirtschaftsleben von Unternehmen oder im Bankfach erfahrene Persönlichkeiten, welche die weitere Entwicklung unseres Unternehmens mitgestalten wollen. Es wird Ihr Auftrag sein, über strategische Massnahmen mitzubestimmen, die Oberaufsicht zu wahren und Ihre speziellen Kenntnisse im Kredit- oder Prüfungsausschuss des Verwaltungsrates und in die Verwaltungsratsarbeit unserer Bank einzubringen. Sie denken generalistisch, kommunizieren offen, haben rasch den Überblick und sind klar im strategischen Denken. Sie 20 haben Erfahrung in der Banken- oder Finanzbranche oder bringen Führungserfahrung und Verständnis für die Funktionsweise und Entwicklungsschritte eines KMU mit. Sie verknüpfen Ethik und Nachhaltigkeit mit wirtschaftlichem Handeln und verstehen Argumente auch auf Französisch. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktnahme oder die Zusendung Ihrer Kurzbewerbung an den Präsidenten des Verwaltungsrates, Eric Nussbaumer (eric.nussbaumer@abs.ch). Er beantwortet Ihnen auch gerne Ihre weiteren Fragen. Die Bewerbungsfrist endet am 20. Dezember 2008. moneta #4 // 26. November 2008 abs-seite Kontaktadressen Alternative Bank ABS Vorankündigung 18. ordentliche Generalversammlung der Alternativen Bank ABS Samstag, 16. Mai 2009, Winterthur Die Generalversammlung 2009 findet erstmals in der ABS-Geschichte in Winterthur statt. Als Veranstaltungsort wurde das Hotel «Banana City» gleich beim Bahnhof ausgewählt. Der Hotelname ist keine modische Marketing-Kreation. Er nimmt Bezug auf die gekrümmte Form des markanten ehemaligen VOLG-Lagergebäudes, das im Volksmund «Banane» heisst. Wo einst Äpfel, Rüebli und Randen gelagert wurden, erwarten am 16. Mai 2009 Verwaltungsrat, GL und Team der ABS die AktionärInnen zu vielfältigen Begegnungen und Gesprächen. Die ABS-GV findet nachmittags statt und endet mit einem reichhaltigen Apéro. Die Aktionärinnen und Aktionäre erhalten rechtzeitig eine persönliche Einladung mit Talon zur Anforderung der Unterlagen mit einer Zutrittskarte und einer Vollmacht für eine allfällige Vertretung. Die Einladung zur Generalversammlung mit der detaillierten Tagesordnung wird am 18. April 2009 verschickt. Aktionärinnen und Aktionäre werden auf die folgenden statutarischen Fristen hingewiesen: Leberngasse 17 4601 Olten Tel. 062 206 16 16 contact@abs.ch www.abs.ch Montag bis Freitag Telefon: 8 – 17 Uhr Schalter: 9 – 12 Uhr, 14 – 16.30 Uhr – Kandidatinnen und Kandidaten, die von Seiten der Aktionärinnen und Aktionäre an der Generalversammlung zur Wahl in die Ämter vorgeschlagen werden möchten, müssen dem Verwaltungsrat bis spätestens am 16. März 2009 (Poststempel) gemeldet werden. Kandidaturen, die nach dem 16. März 2009 gemeldet werden, können nur berücksichtigt werden, wenn sie vom Verwaltungsrat vorgeschlagen werden. – Anträge aus dem Aktionariat müssen ebenfalls bis am 16. März 2009 (Poststempel) schriftlich dem Verwaltungsrat eingereicht werden. Traktandiert werden können ausschliesslich Angelegenheiten, die gemäss Art. 9 der ABS-Statuten in die Zuständigkeit der Generalversammlung fallen. Ihre Fragen zur ABS-Generalversammlung beantworten wir Ihnen gerne. Sie erreichen uns mit E-Mail unter gv-ag@abs.ch, per Post (Alternative Bank ABS, Postfach, 4601 Olten) oder telefonisch auf 061 206 16 16. Ökologische Partnerschaft der ABS mit den Industriellen Betrieben Genf Die Industriellen Betriebe Genf (Services Industriels de Genève, SIG) beliefern die Genferinnen und Genfer mit Wasser, Strom und Wärme. Die SIG haben sich ehrgeizige Umweltziele gesetzt. Sie wollen bis 2011 in ihrem Verteilgebiet den Stromkonsum pro Kopf auf den Stand von 1990 und den gesamten CO2 -Ausstoss (ohne Mobilität) um 5 Prozent senken. Dazu hat das öffentlich-rechtliche Unternehmen das Projekt Eco21 gestartet. 21 Millionen Franken investieren die SIG bis 2011 in Anreize für Energieeffizienzmassnahmen. Sowohl Privatpersonen wie auch Firmen werden darin beraten und unterstützt, solche Massnahmen zu realisieren. Dabei übernehmen die SIG den technischen Teil der Abklärungen. Für die Beurteilung der finanziellen Hauptsitz Olten Aspekte und die Gesamtfinanzierung der Projekte suchte die SIG geeignete Banken, die bereit sind, ökologische Leistungen mit attraktiven Konditionen zu honorieren. Klar, dass die ABS Interesse gezeigt hat. Dominique Roten, Leiter der ABS-Vertretung in Lausanne: «Die Stossrichtung von Eco21 passt ausgezeichnet zur ABS. Ich denke, mit unserer breiten Erfahrung in ökologischen Finanzierungen können wir einen Beitrag zum Erfolg des Programms leisten.» Die ABS wird im Rahmen von Eco21 vergünstigte Firmenkredite für Investitionen in alternative Energien anbieten und hat eine entsprechende Vereinbarung mit den SIG unterzeichnet. www.eco21.ch Kontaktstelle ABS Kontaktstelle Zürich Limmatstrasse 275 8005 Zürich Tel. 043 344 87 00 zuerich@abs.ch Montag bis Freitag 9 bis 12 Uhr, 13.30 bis 17 Uhr Öffnungszeiten über die Feiertage In der Weihnachtswoche bleibt die Bank ab Mittwoch, 24. Dezember, 12 Uhr, bis Freitag, 26. Dezember, geschlossen. In der Neujahrswoche ist die Bank vom Mittwoch, 31. Dezember, 12 Uhr, bis Freitag, 2. Januar 2009, geschlossen. Die Mitarbeitenden der ABS wünschen dem Aktionariat und allen Kundinnen und Kunden friedliche, heitere Feiertage und einen guten Jahreswechsel. Korrigendum Kreditliste Durch ein Versehen sind in der Liste der bewilligten Neugelder der ABS zwei falsche Beträge publiziert worden. Der Kredit «Büttiker Ariane, Starrkirch-Wil, Wohnfinanzierung für Personal», beträgt korrekt 290 000 Franken (nicht 215 701 Franken). Der Kredit «Günzburger Eric, Zgraggen Thomas und Baltisberger Monika, Gelterkinden, Wohngemeinschaft», beträgt korrekt 435 000 Franken (nicht 300 496 Franken). Damit steigt der Gesamtbetrag der im ersten Halbjahr 2008 bewilligten Neugelder auf 93 671 178 Franken. 21 abs-seite Bis 15. Dezember auf das ABS 3-Vorsorgekonto einzahlen! Wenn Sie diese Zeilen lesen, bleibt Ihnen nur noch wenig Zeit, vor dem Jahreswechsel eine Einzahlung auf Ihr ABS 3-Vorsorgekonto vorzunehmen. Wir bitten Sie, einen allfälligen Vergütungsauftrag bald abzuschicken. Für das Jahr 2008 gelten folgende Maximalbeiträge für die Säule 3a: – 6365 Franken für Erwerbstätige, die einer Pensionskasse angeschlossen sind oder – 20 % des AHV-pflichtigen Einkommens, jedoch maximal 31 824 Franken für Erwerbstätige, welche keiner Pensionskasse angehören Damit Ihre Einzahlung für das Steuerjahr 2008 in Abzug gebracht werden kann, muss sie bis spätestens 29. Dezember 2008 bei uns eingetroffen sein. Da der Zahlungsverkehr in verschiedenen Banken und bei der Post vor Jahresende häufig mehr Zeit beansprucht, empfehlen wir Ihnen, Ihre Überweisung bis spätestens 15. Dezember 2008 zu tätigen. Langfristige Partnerschaften statt beliebiges Sponsoring Dutzende von Sponsoringgesuchen gehen jährlich bei der ABS ein. Viele Gesuche kommen von Organisationen und Personen, die der Bank nahestehen oder betreffen Aktivitäten, die gut zu ihrer Ausrichtung passen würden. Die ABS strebt eine Gleichbehandlung aller GesuchstellerInnen an. Viele erhalten deshalb ungefähr dieselbe Antwort, die da lautet: Die ABS verzichtet auf Gewinnmaximierung. Was andere Banken einnehmen und dann für Sponsoring wieder ausgeben, fliesst bei uns direkt in Förderkredite, nachhaltiges Handeln und den Innovationsfonds. Wir streben im Einzelfall verbindliche längerfristige Partnerschaften in zentralen Bereichen unserer Tätigkeit an. Beispiele dafür sind aktuell der Hausverein Schweiz und die Aktion Finanzplatz Schweiz. Der Hausverein, die Organisation für ökologisch und sozial bewusste HausbesitzerInnen, hat 2008 auch dank der Hilfe der ABS massiv an Mitgliedern zugelegt. Die ABS hat zwei Ausgaben der Vereinszeitschrift «casanostra» finanziert. Im Gegenzug steht ihr eine Kolumne in der Zeitschrift zu, und sie wird als Partnerin des Hausvereins präsentiert (Website, Veranstaltungen). Beim gemeinsamen Auftritt an der diesjährigen Messe «Bauen und Modernisieren» in Zürich kam auch der Mehrwert der gemeinsamen Beratung für KundInnen und Mitglieder klar zum Tragen. «Ökologisch und sozial wohnen und vermieten, nachhaltig finanzieren» könnte als Titel und Programm dieser Zusammenarbeit gelten, die auch 2009 weitergeführt wird. Wo eine längerfristige Partnerschaft aus thematischen oder finanziellen Gründen nicht in Frage kommt, unterstützt die ABS soziale, kulturelle und ökologische Aktivitäten mit einem eigenen Werbeauftritt. Massgeblich ist dabei die jeweilige Marketing-Jahresplanung samt Budget. Solche Werbeauftritte waren 2008 unter anderem möglich am Poverty Requiem der Hilfsorganisation Interteam in Luzern/Malters, an den Energiesalons von Hochparterre/Atelier Bob Gysin in Zürich, auf der Kinder-Hörspiel-CD «Die faire Banane» der terrafair, im Projekt Ecoquartier in Lausanne, beim Schweizerischen Verband für Wohnungswesen, im Projekt «Filme für die Erde». Die ABS hat 2008 die Herausgabe von «casanostra» unterstützt. ABS-AktionärIn werden – jetzt erst recht! Einzahlungen zum Jahresende Schriftliche Zahlungsaufträge, die bis Ende 2008 erledigt sein sollen, müssen spätestens am 23. Dezember bei der ABS eintreffen. Bitte beachten Sie, dass auch die Post über die Feiertage stark belastet ist – eine frühzeitige Aufgabe Ihres Zahlungsauftrages erspart Ärger und Unsicherheiten. Kleininserate Informationen zu den Kleininseraten erhalten Sie auf www.abs.ch -> moneta oder Tel. 062 206 16 16. Ihr Kleininserat schalten Sie am einfachsten mit E-Mail an moneta@ moneta.ch oder mit Fax an 062 206 16 17 oder mit dem Talon auf www.abs.ch -> moneta 22 Das Aktienkapital der ABS hat in den letzten Jahren erfreulich und kontinuierlich zugenommen. Mit einem Aktienkapital von heute 42,7 Millionen Franken ist die Bank gut gerüstet für alle geltenden gesetzlichen Auflagen zur Eigenkapitalunterlegung. Um sich auch in Zukunft weiterentwickeln zu können, ist die ABS auf ein entsprechendes Wachstum ihrer Eigenmittel angewiesen. Die ABS ist – wie jede Bank – verpflichtet, ihre Geschäftstätigkeiten, abgestuft nach Risiken, mit Eigenmitteln zu hinterlegen, also abzusichern. Dadurch gewährleistet sie laufend die Umsetzung ihrer ökologisch und sozial orientierten Kreditpolitik. Mehr Eigenmittel schaffen und gewährleisten für die ABS Spielraum. Jede Aktionärin, jeder Aktionär investiert also in die Handlungsfreiheit der ABS. Die ABS-Aktie ist kein Spekulationspapier. Sie wird nur über die Bank gehandelt. Statutengemäss kann keine Aktionärin, kein Aktionär mehr als 3 Prozent aller Aktien im Aktienregister eintragen lassen. So gewährleistet die ABS maximale Aktionariatsdemokratie. Die heute so heiss diskutierten Forderungen nach Transparenz bei den Management-Löhnen hat sie übrigens längst freiwillig erfüllt. Alle Bezüge von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung sind im jährlichen Geschäftsbericht nachzulesen. Boni kennt die ABS ohnehin nicht. Der innere Wert der ABS-Aktie hat sich in den vergangenen Jahren stetig erhöht und beträgt heute für die B-Aktie 1278 Franken (Stand 30. Juni 2008). Der Ausgabepreis der B-Aktie für das Jahr 2008 beträgt gemäss Beschluss des Verwaltungsrates 1200 Franken. Bei gleich bleibendem Geschäftsgang kann davon ausgegangen werden, dass der Ausgabepreis im nächsten Jahr entsprechend erhöht und dem inneren Wert der Aktie angepasst wird. Bis Ende 2008 haben Sie die Möglichkeit, sich ABS-Aktien der Kategorie B zum attraktiven Preis von CHF 1212.– (Ausgabepreis inkl. Umsatzabgabe) zu sichern. Sie können unseren Zeichnungsschein und den Emissionsprospekt telefonisch unter 062 206 16 16 anfordern, bei contact@abs.ch bestellen oder auf www.abs.ch > Infos>pdfs lesen und herunterladen. moneta #4 // 26. November 2008 kleinanzeigen DIENSTLEISTUNGEN www.naturbaustoffe.ch Isolationen: Kork, Flachs, Cellulose, Schafwolle. Naturputze + Farben: Kalk, Lehm. Bio-Dämmung + Entfeuchtung, Elektrosmog-Abschirmung. HAGA AG, Rupperswil Tel. 062 897 41 41 Engagiert und persönlich Das Treuhandbüro mit ökologischer, sozialer und unternehmerischer Verantwortung. 8sam Treuhand GmbH, Luzern Tel. 041 362 11 23 www.8sam-treuhand.ch www.ecovisions.ch Bio Online-Shop, Tel. 026 418 20 02 Baby-Biowindeln + Pflege Naturkosmetik, Haushalt Hygiene-Produkte für die Frau Architektur und Baubiologie Einfaches, natürliches Bauen. Holz/Lehm/Solarenergie/Grundofen/Hypokausten. Sehr behagliches Wohnklima. Neu- und Umbauten aller Art. Paul Nijman, Tel. 041 937 19 18, Nottwil www.archinatura.ch www.wohngesundes-bauen.ch Renovation, Neubau, Lehmbau, Beratung, Planung, Ausführung Klimagerecht sanieren, gesund wohnen. Naturbaustoffe, Kalk, Lehm, Holz. Arch./Baubiologe Hannes J. Heuberger, www.hjhbiobau.ch, Tel. 031 829 22 33 Ökologisch umbauen, renovieren • Produktunabhängige Beratung • Anleitung für Selber-Macher ARMIN MEIER (vormals Bauhütte für menschengemässes Bauen) Tel. 062 295 71 91, 079 300 35 66, www.bauhuette.biz Webseiten-Tipps.ch Verzeichnis mit Webseiten rund um Ausbildung, Autos, Bauen, Jobs, Reisen, Ferien, Familie usw. www.webseiten-tipps.ch Betriebswirtschaftliche Beratung, Steuern, Buchhaltung: 076 376 83 14, BMI@beatmeier.com Bio-Malerei, www.singeisen.ch, Tel. 034 423 00 34 /078 633 50 16 Sind Buchhaltung und Steuererklärung 2007 noch pendent? Tel. 071 364 27 30 anrufen. Landwirtin schneidet junge u. alte Obstbäume, Sträucher u. Hecken fachgerecht (Kt. BE). Weber Baumpflege, Tel. 031 331 11 16 FERIEN / REISEN / ERHOLUNG Maggiatal: Studio, Zimmer in Öko-Gästehaus, F’Haus, Rustici, Wohnung; sonnig, gemütlich, ruhig, Wasser + Wanderwege. www.ca-stella.ch, info@ca-stella.ch, Tel. 091 754 34 34, 091 754 16 75 Langsamreisen Peter Luder Unterwegs sein, erleben, an Orten verweilen, Gast sein, ins Gespräch kommen. Programm 2009: Schneeschuhlaufen in Graubünden und Norwegen, Passwanderungen, Ferien im Leuchtturm. www.langsamreisen.ch, Tel. 061 763 71 71 Magst du ein 300-jähriges, feines Ferienhaus mit 2 Whg. in Wiesen GR mit uns teilen? Wir suchen 2–3 weitere GenossenschafterInnen. 16 Jahre gut eingespieltes offenes Team, prima funktionierender, flexibler Belegungsschlüssel, einfache Infrastruktur. Siehe www.obergass.ch/Kontakt und Infos: cmorgenthaler@bluewin.ch Moesana-Soazza/GR: renoviertes, stimmungsvolles Steinhaus für Menschen, die ruhige Tage und schöne Umgebung suchen und schätzen. Bilder, Infos und Kontakt: www.ca-colomb.ch Tel. 078 765 00 38 Studio in Kathmandu Komplett ausgestattetes gemütliches 1-Zi-Studio, Küche, Bad, Halbpension (Nepali-Essen) falls erwünscht, Putzdienst. US-$ 200/Woche oder US-$ 500/Monat. info@eldot.org (attn. Mrs. Sushila Chand); Tel: +977 1 5523 508. Urwälder und Renaissancestädte aus der Märchenzeit; bequeme Entdeckungsreisen in den Osten Europas mit Begleitung des Naturwaldexperten Georg von Graefe. Infos: Silvatur, Tel. 043 366 91 13, www.silvatur.ch STELLENANGEBOT Der Verein Friedensdorf in Broc FR sucht auf den 1.1.2009 eine/n erfahrene/n Buchhalter/in, dem/der die Friedensarbeit am Herzen liegt. ca. 160h/Jahr. D und F nötig. Mehr Infos www.friedensdorf.ch GEMEINSCHAFT WEITERBILDUNG Interspirituelle ÖKODORF-Festivals mit internationalen Gemeinschaften&Interessierten jährlich 8.–14. August + 28.12.–1.1. in Gemeinschaften in Deutschland. Beratung + Seminare zur Gemeinschaftssuche / -gründung bei Basel: ÖKODORF-Institut, oekodorf@gemeinschaften.de, Tel. 0049 7764 933 999 «Männer in Saft und Kraft». Naturseminare/Schwitzhütte. Stefan Gasser, Männercoach, www.maenner-initiation.ch vision – die Drehscheibe für Gemeinschaftsprojekte CH/D Netzwerk: Newsletter mit 880 AbonnentInnen, mr@kmuplus.ch Wir bieten: Projektentwicklung, Treffen, Exkursionen. Wir suchen: geeignete Häuser (ab 3 Wohnungen), Bauland für Ökosiedlungen (für 10–50 Wohneinheiten), Gärtnereien, Restaurants, alte Fabriken, Lagerhäuser mit viel Umschwung. Markus Rüegg, Tel. 0041 52 222 40 04, www.kmuplus.ch Vorträge zur Globalisierung 7. Jan. 09: ... und das Ziel? Ulrich Duchrow, Heidelberg 27. Jan.: ... und was tun wir dazu? Claudia Nielsen, Zürich. Markuskirche, Thun, jeweils 19.30 Uhr. www.kirchgemeindestraettligen.ch KULTUR Spirituelle Psychologie Basisausbildung für Mentalberatung. IPSIM Institut, Seestrasse 80, Uster, Tel. 044 942 04 03, www.ipsim.ch «Chäschpu, Balz&Meuch» – ein mit frischem Wind beflügeltes Dreikönigsspiel und Vorlesebuch von Rhaban Straumann. Das eigensinnige Plädoyer für Kinder ist eine wunderschöne, witzig-freche Interpretation eines uralten Stoffes – ohne jeglichen sakralen Mief. Direktbestellungen: www.verlag-textwerkstatt.ch. «genmobbing» – erfrischend schräges Kabarett in bester Theaterform mit Sandra Brändli, Gabor Németh&Rhaban Straumann. Nach dem Tod des Samenspenders 2022 treten seine unzähligen Kinder eine irrwitzige Erbschaft an. www.allestheater.ch. 9./10.1.2009, 20.30h, Spielleute Pavillon Luzern, 041 210 53 63 (Hüte&Mützen GmbH). STELLENSUCHE Biete meine Arbeitskraft in TIERHEIM etc. an gegen tierfreundliche, einfache Wohnung (2 HUNDE, 2 KATZEN/KEINE WG) und grosszügig eingezäunten Auslauf für die HUNDE (zus. mit ARTGENOSSEN). Bitte per Mail an ici-soglio@bluewin.ch – werde Sie anrufen! 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Dez. in Zuzwil BE: grosse (98 m 2 ) 31/2-Dachwohnung in Bauernstöckli, 13km nördlich von Bern, Alpensicht, Garten, ÖV, Schulen, Einkaufen im Dorf, Miete: 1300 netto. Wir freuen uns auf viel munteres Leben im und um das Haus. Dok: www.stalders.ch, Tel. 031 951 62 03 23 Foto: zvg persönlich Einfamilienhäuser sind unbezahlbarer Unsinn KEINE KOSTENWAHRHEIT__ Müssten die Einfamilienhausbesitzerinnen und -besitzer die vollen Erschliessungs- und die Transportkosten, die sie verursachen, selber bezahlen, könnte sich kaum jemand mehr ein «Hüsli» auf der grünen Wiese leisten. Dies sagt «Stadtwanderer» und «Hochparterre»Gründer Benedikt Loderer im moneta-Interview. vor allem der Transportkosten sind die Einfamilienhäuser Unsinn, und sie wären unbezahlbar, wenn die Eigentümer die vollen Kosten übernehmen müssten. moneta: Benedikt Loderer, Sie sind unter den Architektur-Fachjournalisten wohl der engagierteste Kämpfer gegen die «Hüslipest». Warum hängen die Leute eigentlich an ihren Einfamilienhäusern? Benedikt Loderer: Viele haben die Vorstellung, dass sie mit dem Hausbau eine Dynastie begründen. Sie wollen den Kindern später mal etwas hinterlassen. Schafft der Schweizer das nicht, hat er versagt. Dabei wissen wir längst, dass die Kinder diese Hüsli später so schnell wie möglich los haben wollen. Dann gibt es natürlich auch wirtschaftliche Gründe: Heute flüchten alle in Sachwerte, raus aus der Börse. Mit einem Haus gehört man ausserdem zu den Inflationsgewinnern, denn dessen Wert steigt ja ständig – jedenfalls bis gestern. Und schliesslich ermöglicht unser System auch Steuerersparnisse. Dennoch: In der Schweiz wohnen zwei Drittel der Bevölkerung zur Miete, sind also gar keine Grundeigentümerinnen oder -eigentümer. Ist die Problematik wirklich so ausgeprägt? Selbstverständlich haben wir nicht die gleichen Probleme wie die USA oder England, wo sich eine Bevölkerung von lauter Kleinspekulanten entwickelt hat. Wir sind immer noch eine Nation von Kleinsparern. Aber aus Sicht des Landverbrauchs, der Erschliessungs- und Viele Hauseigentümer weisen darauf hin, dass sie im neuen Minergie-Eigenheim doch wesentlich ökologischer wohnen als in der alten Blockwohnung. Das ist alles nur Abwehrzauber. Klar, das neue Haus ist super isoliert, wird mit Erdsonde und Wärmepumpe beheizt, produziert eigenen Strom – und das eine der beiden Autos in der Garage ist ein Hybridmodell. Aber: In der Garage stehen eben doch zwei Autos, und eines muss ein repräsentatives sein, schliesslich gehört das zum Status. Und zwei Autos brauchts, weil man sonst nirgends hinkommt. Wenn man nur endlich all die Transportkosten korrekt rechnen würde! Warum werden Einfamilienhausquartiere eigentlich heute nicht nachverdichtet? Solange die Erbauer-Generation in den Häusern wohnt, will niemand ein Mehrfamilienhaus nebenan. Noch immer gilt als idealer Wohnort das Haus von Rotkäppchens Grossmutter: Weit und breit niemand, allein am Waldrand, völlig ruhig – aber doch Bahnstation und Autobahnanschluss nebenan. Und im Alter muss die Apotheke mit den «Finken» erreichbar sein. – Wenn dann die «Hüsli» einmal vererbt sind, dann gibt es allerdings die Chance der Nachverdichtung. Die Erben sind oft bereit, Landreserven zu versilbern. Noch immer gilt als idealer Wohnort das Haus von Rotkäppchens Grossmutter: Weit und breit niemand, allein am Waldrand, völlig ruhig – aber doch Bahnstation und Autobahnanschluss nebenan. 24 Neu Bauen ist ja nur möglich, weil die Bauern Land verkaufen. Was sagen Sie den Bauern? Wir haben ja keine wirklichen Bauern mehr, die – wie früher – das Land für die Nahrungsmittelproduktion «verteidigen». Heute wartet der Bauland-Bauer nur darauf, sein Land verkaufen und den Beruf an den Nagel hängen zu können. Die Zersiedelung wird zwar von allen kritisiert – fürs eigene Hüsli beansprucht dann aber doch jede und jeder eine Ausnahme. Die jüngste Volksinitiative will die Bauzonen aber beschränken . . . . . . schön und gut, aber die Initiative bevorzugt die Grundeigentümer. Solange es keine Überbauungspflicht für eingezonte Grundstücke gibt, erreichen wir nie die nötige Dichte und werden weiterhin draussen am Rand auf der grünen Wiese bauen. Heute müsste man Bauzonen abtauschen können – doch mehr als vage Expertendiskussionen gibt es dazu noch nicht. Werden wir dereinst Einfamilienhausbrachen haben, wie wir heute Industriebrachen kennen? In den weit von den Ortszentren entfernten Siedlungen ist das durchaus vorstellbar. Interview: René Hornung, hornung@pressebuero-sg.ch Benedikt Loderer *1945, hat nach einer Hochbauzeichnerlehre an der ETH das Architekturstudium abgeschlossen. Als «Stadtwanderer» schreibt er seit Jahren über Planung und Städtebau. Er ist Mitgründer von «Hochparterre», dem Magazin für Architektur und Design. Loderer ist kürzlich von einer Altstadtwohnung in Zürich in ein Altstadthaus nach Biel-Bienne umgezogen. loderer@hochparterre.ch moneta #4 // 26. November 2008