Der Designer spricht 3D
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Der Designer spricht 3D
© 2004 Carl Hanser Verlag, München www.cad-cam.de Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern. P R A X I S StudioTools bringt Entwürfe als 3D-Version aufs Papier Der Designer spricht 3D Formvollendete Waschtisch-, Dusch- oder Badewannen-Armaturen, die sich harmonisch in das Gesamt-Design des Raumes einfügen und darüber hinaus hygienisch und wartungsfrei ihren Dienst versehen, sind eine Aufgabe für den Industriedesigner. Nicht nur das äußere Design derartiger Armaturen sowie die darin befindliche Technik haben sich in den letzten Jahren verändert, sondern auch die Methoden, wie die Designer ihre Ideen in reale Produkte umsetzen. Der Anbieter wassertechnologischer Gesamtlösungen Grohe zeigt, wie der Designprozess mit Hilfe von StudioTools verändert und das Zusammenspiel mit der Konstruktionsabteilung optimiert wurde. Designprozesse laufen meist nach dem gleichen Schema ab: Der Designer zeichnet seine Idee auf ein Blatt Papier, bespricht die Idee mit dem Konstrukteur, und dieser fertigt daraus eine erste CAD-Konstruktionsskizze. Seit einiger Zeit geht man bei der Grohe GmbH einen anderen Weg. Von der ersten Skizze bis zur Überspielung der Fertigungs-Daten setzt das Unternehmen konsequent auf ein rein elektronisches System. Dazu nutzen die Grohe-Designer eine Kombination aus der Software ›StudioTools‹ von Alias und dem ›Cintiq Interactive Pen Display‹ von Wacom. »Diese Technologie stellt für mich so etwas wie den Sprung von der Tastatureingabe zur Mauseingabe dar«, erläutert Andreas Enslin, Vice President Design bei Grohe. »Bei der Maus ist der Weg durch das Auge in den Kopf und in die Hand unterbrochen. Alias gibt uns in Kombination mit dem Wacom-Board eine einfache Arbeitsweise zurück. Diese Verknüpfung ist bei Cintiq sehr gut gelungen, so dass die bisher getrennten Elemente Anzeige und Eingabe jetzt zu einer Systemeinheit verschmolzen sind.« Durch die Vernetzung können die Beteiligten zudem in Gruppen arbeiten. »Das ist etwas, was man mit Papier 38 CADCAM 1/2004 nur sehr schwer erreichen kann, denn ich musste mich beim Papier in Gruppengesprächen oft wieder sehr schnell von meinem Blatt Papier lösen, ans Flipchart gehen und mit größeren Formaten arbeiten. Jetzt nehmen wir einfach einen Beamer und arbeiten für alle sichtbar direkt in der Datei.« Auch Renderings können direkt auf dem Bildschirm angelegt werden, stehen dann der Gruppe unmittelbar zur Verfügung und sind sofort interaktiv veränderbar. Einfach wie Papier – aber voll digital Industriedesigner lebten schon immer in dem Spannungsfeld zwischen Kunst und Technik. »Wir Industriedesigner bestimmen die Technik mit«, sagt Andreas Enslin. »Indem wir für die Technik neue Verwendungsmöglichkeiten finden, erwachsen auch neue Anwendungen.« Mit dem CintiqStift arbeitet der Designer fast wie mit einem Bleistift auf Papier – nur liegt jetzt die Technik als Assistent darunter. Andreas Enslin: »Jetzt kann ich meine Kreativität direkt in den Rechner einbringen. Die Arbeit mit 3D-Systemen eröffnet uns völlig neue Möglichkeiten und gestalterische Freiheiten. Darüber hinaus kann ich den Entwurf nun auch fertigen, weil die Kommunikationskette der Daten bis in die Fertigung hineinreicht.« Das Zusammenspiel von StudioTools und Cintiq Interactive Pen Display hat sich als gute Kombination erwiesen. »StudioTools bietet uns den Vorteil, dass es bei Bedarf auch Unschärfe zulässt, so dass wir dreidimensional entwerfen können und nicht konstruieren müssen. Es lässt sich nämlich nicht alles von Anfang an definieren. Wenn ich von Formen spreche, ist die Möglichkeit, eine sphärische Freiformfläche zu gestalten, höchst attraktiv, und genau hier tue ich mich mit Konstruktionsprogrammen schwer.« Was bedeutet diese ›Unschärfe‹ für Grohe? Ein gutes Beispiel hierfür ist ein Wasserhahn, da dieser an keiner Stelle gerade ist. Er wird von einer Vielzahl sphärischer Flächen begrenzt, die mathematisch schwer beschreibbar sind. Das Definieren dieser Flächen ist in einem Konstruktionsprogramm ein großes Problem. Wenn man mit Volumen arbeitet, muss man stets definierte, geschlossene Volumina haben. Man kann also nicht mit © 2004 Carl Hanser Verlag, München www.cad-cam.de Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern. P R A X I S einem Volumen arbeiten, wenn der entsprechende Körper nicht geschlossen ist. »Der Flächen-Modeller von StudioTools ermöglicht es uns, eine virtuelle äußere Haut anzulegen, so dass wir manche Dinge noch offen lassen können«, berichtet Andreas Enslin aus dem Arbeitsalltag. »Zugleich ermöglicht es uns der Vorschaumodus, die Qualität der Flächen zu überprüfen und dabei die Übergänge, Tangentialität und so weiter zu analysieren.« Enslins Forderungen an seine Software sind klar definiert: »Ich brauche im Entwurfsprozess nicht nur Geschwindigkeit, sondern auch die Möglichkeit, schnell etwas zu ändern sowie verschiedene Varianten zu betrachten. Außerdem möchte ich in der Lage sein, das, was ich so erzeugt habe, später in weiteren Schritten intensiver zu definieren. Genau diese Funktionalität bietet mir Alias – und zwar durchgängig.« Konstruktion und Design arbeiten parallel Neben der Einführung der 3D-Software war für Grohe auch eine Restrukturierungs-Maßnahme im Unternehmen notwendig, da sonst die Design-Abteilung eine Insel geblieben wäre. »Jetzt arbeiten Konstruktion und Design ein Stück weit parallel nebeneinander und nicht mehr rein seriell«, führt Enslin weiter aus. »Wir haben die Schnittstellen und den Workflow in Kombination mit anderen Abteilungen neu definiert, was den Ablauf erheblich beschleunigt. Mit Studio können wir durchgängig kommunizieren und Verzögerungen vermeiden.« So berichtet Enslin von einem Projekt, bei dem sich nach den ersten Erklärungen niemand im Hause so recht vorstellen konnte, was die Designer dabei im Hinterkopf hatten. Zur Erläuterung haben die Designer daraufhin zwei Tage lang mit den StudioTools an einer entsprechenden Animation zu dem Projekt gearbeitet. »Kurz darauf hatten wir die Entwicklungsfreigabe, weil wir unsere Idee klar visualisieren konnten«, vermeldet Enslin. »So etwas macht wirklich Spaß.« Datenkette ist lückenlos geschlossen Bei etwa zehn Mitarbeitern im Design- und circa 120 im Konstruktions-Bereich sowie 3500 lebenden Produkten war die Software-Einführung keine leichte Aufgabe. »Bei derart vielen Arbeitsplätzen ist es wichtig, auf eine Konsistenz der Daten zu achten«, erläutert Enslin. »Die meisten CADProgramme haben an dieser Stelle ein Problem, aber bei StudioTools klappt der Im- und Export in und aus Unigraphics rundum gut. Damit ist bei uns die Datenkette lückenlos geschlossen: vom ersten Sketching mit Hilfe des Cintiq-Boards über die Verarbeitung dieser Daten in Studio und die Weitergabe an die CAD-Programme der Konstrukteure bis zur Fertigungsvorbereitung.« Die Visualisierung in guter Qualität eröffnet Grohe zudem neue ästhetische Möglichkeiten, da sich viel mehr Beteiligte im Rahmen des Bearbeitungsprozesses formal mit dem Design auseinander setzen. Andererseits bekommen die Designer die Möglichkeit, stärker in die Technik einzugreifen und zum Beispiel Anordnungen schon im Voraus zu definieren. Bei der Überarbeitung einer Produktlinie können die Designer die 3D-Daten einladen, daraus einen Tif-File generieren und diese Daten in der Sketching-Funktion von StudioTools so nutzen, dass ein echtes Sketching möglich ist und verschiedene Entwürfe erzeugbar sind. Möglichst realitätsnah Dank der Kombination der Software ›StudioTools‹ mit dem ›Cintiq Interactive Pen Display‹ sind die bisher getrennten Elemente Anzeige und Eingabe zu einer Systemeinheit verschmolzen. Die Entscheidungen für ein Design fallen bei Grohe im so genannten Produkt-Design-Forum. Zur Präsentation innerhalb dieses Forums ist es günstig, möglichst realitätsnah zu sein, so dass ein verchromtes Modell sicherlich am besten geeignet wäre, aber aus Kosten- und Zeitgründen existieren auch Vorstufen des realen Produkts. »Außerdem gibt es Dinge, die man in einem Modell nicht darstellen kann, wie Teilfunktionen, Innenaufbau und so weiter«, erläutert Andreas Enslin. »Auch eine Montageabfolge lässt sich am festen Modell nur schwer aufzeigen. Mit StudioTools sowie der 3DComputergrafik-Software Maya, ebenfalls von Alias, können wir all das deutlich kommunizieren und auch als Animation in Schulungen nutzen.« Auch CADCAM 1/2004 39 © 2004 Carl Hanser Verlag, München www.cad-cam.de Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern. P R A X I S Verschiedene Varianten: Der Vorschaumodus in ›StudioTools‹ ermöglicht es, die Qualität der Flächen zu überprüfen und dabei die Übergänge, Tangentialität und so weiter zu analysieren. am Ende noch hingewiesen: Es besteht die Gefahr, dass man einen Entwurf präsentiert, der so noch gar nicht existent ist: »Wenn man ein derartiges fotorealistisches Rendering zeigt, ist man noch etwa 1,5 Jahre von der Verfügbarkeit auf dem Markt entfernt. Wenn man es der Öffentlichkeit vorstellt, muss man sicher sein, dass es so funktioniert und das Produkt zu den angestrebten Preisen auch umsetzbar ist.« Design ist Kunst, die sich nützlich macht Einfach: Mit dem Cintiq-Stift arbeitet der Designer fast wie mit einem Bleistift auf Papier. Die 3D-Technik liegt als Assistent darunter. bei der Beurteilung von Entwurfs-Varianten hilft Alias-Software. Die Grohe-Designer haben beispielsweise diverse Badezimmer-Keramiken in ihrer Bibliothek angelegt, so dass sie die einzelnen EntwurfsVarianten virtuell auf diesen BadezimmerKeramiken platzieren können, um so das Zusammenspiel aus Form, Größe und so weiter zu beurteilen. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, das entsprechende Ambiente von der Duschkabine bis zur Küche hinzuzuladen, um den Gesamteindruck bewerten zu können. Auf ein Problem sei allerdings 40 CADCAM 1/2004 Grohe, nach eigenen Angaben weltgrößter Exporteur von Badarmaturen, hat seinen Hauptsitz im westfälischen Hemer und fertigt zusätzlich noch an vier weiteren Standorten in Deutschland sowie in je einem Werk in China, Kanada, Portugal und Thailand. Hinzu kommen 19 Vertriebsgesellschaften weltweit sowie 11 Repräsentanzen in mehr als 140 Ländern. Im Jahr 2002 erzielte Grohe mit seinen weltweit etwa 6000 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von zirka 898 Millionen Euro, wobei der Exportanteil rund 75 Prozent betrug. Grohe ist führender Anbieter wassertechnologischer Gesamtlösungen, wie Armaturen und Brausen für Bad und Küche, Automatik-Armaturen für den gewerblichen und öffentlichen Bereich, Druck- und Urinalspül-Systeme sowie Vorwandinstallations-Systeme. www. grohe.de.