Sonderdruck_Velotraum
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1/2010 Januar-Februar www.trekkingbike.com DAS MODERNE FAHRRADMAGAZIN LESERANALYSE 2009 REPORTAGE: VELOTRAUM SONDERDRUCK FÜR Leseranalyse 2009 TOP TEN „Hohe Qualität“ 1. Velotraum (97%) 2. Idworx (96%) 3. Riese & Müller (95%) 4. Patria (94%) 5. Utopia (94%) 6. Simplon (93%) 7. Koga Miyata (92%) 8. Cannondale (87%) 9. Fahrradmanufaktur (83%) 10. Gazelle (80%) Beim Radfahren sparen TREKKINGBIKE-Leser nicht. Höhere Ausgaben fürs Rad TREKKINGBIKE fragte, Leser antworteten. Hier sind die interessantesten Ergebnisse und Erkenntnisse aus der aktuellen Leseranalyse. G enau 3259 Leser beantworteten den umfangreichen Fragebogen. Das ist Rekord. So viele Teilnehmer hatte die TREKKINGBIKE-Leseranalyse noch nie. Vielleicht lag es an den attraktiven Preisen, die auch in diesem Jahr wieder unter allen Einsendern verlost wurden. Aber mit Sicherheit am großen Interesse der TREKKINGBIKE-Leser am Thema Fahrrad. Zuerst ein paar Fakten: Etwa 64 Prozent der Leser sind männlichen Geschlechts, im Durchschnitt 47 Jahre alt. Fast zwei Drittel lesen TREKKINGBIKE regelmäßig, genauso viele haben in den vergangenen zwölf Monaten einen Radurlaub gemacht. Jede TREKKINGBIKE-Ausgabe wird im Schnitt von 2,2 Personen gelesen. Deutlich, aber TREKKINGBIKE 1/2010 nicht unerwartet ist das zunehmende Interesse an Informationen aus dem Internet. Etwa 55 Prozent (im Vorjahr 49 Prozent) surfen regelmäßig auf www.trekkingbike.com, in erster Linie auf der Suche nach Kaufinformationen und neuen Tourentipps. Mehr Geld fürs Fahrrad Knapp ein Drittel der Befragten möchte sich in den kommenden ein bis zwei Jahren ein neues Fahrrad zulegen. Auffallend daran: Trotz aktueller Wirtschaftskrise will man deutlich mehr fürs neue Gefährt ausgeben, nämlich im Durchschnitt 1548 Euro, gegenüber 1381 Euro im Vorjahr (plus 12 Prozent). Fast 20 Prozent der Befragten möchten sogar 2500 Euro oder mehr dafür ausgeben. Dabei teilen sich die Käufer in 49 Prozent Befürworter einer Federung am Rad und in 51 Prozent Gegner. Außerdem will die Mehrheit auch in Zukunft ausschließlich mit Muskelkraft radeln, nur ein kleiner Anteil von neun Prozent liebäugelt eventuell mit der Anschaffung eines E-Bikes. Beim Thema Radzubehör fällt auf, dass die meisten dem Fachhandel die Treue halten (78 Prozent), aber auch immer mehr Trekkingbiker ihre Accessoires bei Internet-Anbietern bestellen (15 Prozent), dafür weniger bei Ebay und aus dem Versandhauskatalog. Auf jeden Fall wollen mindestens 65 Prozent (2008: 50 Prozent) der TREKKINGBIKE-Leser in den kommenden Monaten etwas Neues fürs Rad anschaffen, in erster Linie Bekleidung, Reifen, Sattel, Schuhe und Helm. Die beliebtesten Marken Stevens scheint die absolute Lieblingsmarke zu sein: Etwa acht Prozent besitzen ein Modell der Marke und zehn Prozent möchten auch wieder eines kaufen. Genau 7,9 Prozent würden ein Utopia kaufen, 7,6 Prozent ein Idworx und 6,2 Prozent ein Koga Miyata. Bei der Beurteilung des schönen Designs sieht die Reihenfolge ganz anders aus: Hier führen Simplon, Specialized, Velotraum und Steppenwolf die Rangliste an. Geht es um ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis, so fallen vor allem die Namen Bergamont, Gudereit, Bulls und Winora. Eine lange Lebensdauer trauen die TREKKINGBIKE-Leser vor allem den Rädern von Utopia, Velotraum, Patria und Idworx zu. Und gute Komponenten sehen die Befragten vor allem wieder bei Velotraum, Idworx und Utopia. Bei der Antwort auf die allgemeine Frage „Welche Marke finden sie gut?“, tauchen entsprechend wieder am häufigsten diese drei Namen auf – jedoch in umgekehrter Reihenfolge. Wo Trekkingbike-Urlauber übernachten 49% 43% Pension 18% Hotel 2% Camping 17% Reisemobil anderswo Trekkingbiker haben bei Übernachtungen auf Reisen am liebsten ein festes Dach über dem Kopf. Ausgaben für den Radsport Radurlaub in Deutschland Ferien mit dem Fahrrad sind den TREKKINGBIKE-Lesern sehr wichtig: 61 Prozent waren in den vergangenen zwölf Monaten im Durchschnitt 2,2 mal im Radurlaub, und zwar meistens zu zweit (54 Prozent). Mit der Familie fuhren 18 Prozent, in einer anderen Reisegruppe 17 Prozent und allein 11 Prozent. Leicht bevorzugt sind Etappenfahrten mit wechselndem Standort (54 Prozent) gegenüber Sternfahrten von festen Standorten (46 Prozent). Beliebtestes Reiserevier ist nach wie vor eindeutig Deutschland, wo 81 Prozent der Befragten im Urlaub radelten, vor allem in Bayern (25 Prozent), NordrheinWestfalen (16 Prozent), Baden-Württemberg (13 Prozent) und Niedersachsen (12 Prozent). Zu den beliebtesten Auslandszielen wählten die Leser Österreich (18 Prozent), Italien (10 Prozent) und die Schweiz (7 Prozent) – jeweils mit steigender Tendenz. Die Hälfte der Befragten übernachteten dabei in Hotels und in Pensionen, etwa 18 Prozent auf dem Campingplatz. Die Reisedauer hat im Vergleich zum Vorjahr abgenommen: 58 Prozent verreisten eine Woche (im Jahr zuvor 49 Prozent), 31 Prozent für zwei Wochen (36 Prozent) und elf Prozent drei Wochen und länger (15 Prozent). Bei den Ausgaben für Radreisen stiegen die Beträge von durchschnittlich 825 Euro im Jahr 2008 auf nunmehr 898 Euro. Und auch bei den Reisen wollen die TREKKINGBIKE-Leser künftig nicht auf die Sparbremse treten: Immerhin 86 Prozent wollen voraussichtlich bald wieder Radurlaub machen und zwar genauso lang wie in den vergangenen Jahren auch. 208 Euro 172 Euro Zubehör 898 Euro Bekleidung Reisen mit dem Rad Die TREKKINGBIKE-Leser geben im Durchschnitt fast 900 Euro im Jahr für Radreisen aus. Trekkingbike-Kaufpreis 16 % 51 % 16 % 9% bis 500 bis 1000 bis 1500 bis 2000 5% 3% bis 2500 über 2500 Ein Drittel aller Befragten gibt mehr als 1000 Euro für ein neues Fahrrad aus, fünf Prozent sogar mehr als 2500 Euro. Kaufort Fahrrad Kaufort Fahrrad 89% Fachhandel 5% Versandhaus/Internet 5% Versandhaus/Katalog 3% anderswo 3% Ebay TREKKINGBIKE-Leser halten dem Fachhandel die Treue. 1/2010 TREKKINGBIKE Reportage: Velotraum In Farbe träumen Stefan Stiener ist „Mister Velotraum“. Mit einer großen Packung Fahrradbesessenheit und Gestaltungsdrang hat der kantige Schwabe die Marke geschaffen – und ein ausgesprochen stilvolles Königreich drumherum errichtet. JÖRG SPANIOL ❘ text EROL GURIAN ❘ fotos Die Populärpsychologie sagt: Ein ausgeprägter Unterkiefer kennzeichnet eine willensstarke Persönlichkeit. Der Mann, der uns an der großen Glastür entgegenkommt, hat so etwas. Eine Kinnpartie wie ein Nussknacker. Und ein paar Hände, so groß und quadratisch wie ein Plattencover, und zwar aus der Zeit vor der CD. Gut, das ist bei näherem Hinsehen stark übertrieben. Und doch ist die Geschichte der Marke „Velotraum“ eine kleine Seitenlinie der Fahrradgeschichte, die ohne ihren eigenwilligen Gründer einfach ausgefallen wäre. In den 80er-Jahren, als Triathlonsport und Mountainbikes etwa gleichzeitig populär wurden, hat Stefan Stiener angefangen, im eigenen Keller Räder für Freunde zusammenschrauben. Fotos aus diesen Tagen zeigen einen wuchtigen, athletischen Typen, der in quietschfarbenen Klamotten an irgendwelchen Rennen teilnimmt und die Räder dabei ein wenig zu verbiegen scheint. Heute trägt Stiener eher gedeckte Farben. Dafür hängen die Bilder an quietschbunten Wänden – den Wänden des ziemlich neuen und ziemlich ungewöhnlichen Firmensitzes seiner eigenen Fahrradmarke. Der steht in Weil der Stadt, im Industriegebiet. Die Straßenschilder huldigen tatkräftigen Automobilschwaben wie den Herren Daimler und Diesel, doch die Glasfront des mehrstöckigen Velotraums überstrahlt die berühmten Namen. Stefan Stiener, gelernter Technischer Zeichner, Kein Problem mit unkonventionellen Ideen: der Chef als Liege-Radler. 1/2010 TREKKINGBIKE Technik zum Anfassen: die Ausstattungs-Alternativen am Beratungstisch. „Neunzig Prozent der „Manufaktur“ bedeutet: viel Handarbeit. Ein Mann, ein Rad: Jörg Hallmayer übersetzt die Kundenmaße in Aluminium. TREKKINGBIKE 1/2010 Zwischen Daimler- und Dieselstraße leuchtet die Velotraum-Zentrale. anstudierter Architekt und fahrradproduzierender Quereinsteiger, blickt ein wenig ungläubig über sein Reich und sagt schulterzuckend: „Vor sechs Jahren waren wir noch ein Fahrradgeschäft mit Eigenmarke.“ Heute, könnte man ergänzen, ist es eher umgekehrt: Velotraum ist eine kleine Fahrradmarke mit ziemlich großem Fahrradgeschäft. Die Hälfte aller Räder der Marke wird hier gekauft. Außer ihnen gibt es nur noch Schuhe und Helme jeweils eines Herstellers, aber das eher so nebenbei. Wie bei einer Bäckerei, in der auch je ein Glas mit Gummibärchen und eines mit Lakritze auf der Theke steht. In der ebenerdigen Verkaufsausstellung glänzen viele bunte Veloträume, diskret arrangiert wie in einem Autohaus. Eigentlich müsste an jedem Rad der Hinweis „Serviervorschlag“ hängen, denn mehr als unverbindliche Muster sind die Räder nicht: Es regiert die Einzelanfertigung. Mittendrin, an einem altarähnlichen Tisch mit dicker Filzabdeckung, erörtert Velotraum-Mitarbeiter Markus Mehigan seit knapp einer Stunde mit einem künftigen Kunden die Feinheiten der dort ausgebreiteten Komponenten. Pedale, Bremsen, Sättel – alles zum Anfassen. Daneben Rahmenrohre in einem Dutzend von 200 möglichen Rahmenfarben. Der ganz große Baukasten, ein Universum von Kombinationsmöglichkeiten, durch das Mehigan seinen Gesprächspartner gezielt navigiert. Derweil steht sein Chef auf der Galerieetage und erläutert das Prinzip Velotraum: „Wir versuchen, aus den Bedürfnissen des Kunden ein Produkt zu machen. Durch die sehr universellen Rahmen und die vielen Optionen sind wir nicht gezwungen, ein vorhandenes Rad gegen Aufpreis für den Kunden zurechtzubiegen. Jedes Rad ist individuell. Das dauert natürlich – eine Stunde ist normal. 90 Prozent der Kunden kommen deshalb mit Termin zu uns.“ Was ein Velotraum von anderen Baukastenrädern unterscheidet, ist die bewusste Beschränkung auf drei technische Grundsätze. Erstens: Alle Rahmen sind für 26-Zoll-Laufräder konstruiert. Zweitens: Unbe- Kunden kommen mit Termin zu uns.“ dingte Zuverlässigkeit geht vor Leichtgewicht. Drittens: Alle Räder, vom Geländerad bis zum Langstreckentourer, entstehen mehr oder weniger auf der Basis eines einzigen, selbst entwickelten Rahmenmodells. Verschiedene Varianten, Größen und Anbauteile machen den Velotraum-Rahmen so universell, wie es eine kleine Marke braucht. Angesichts einer Stückzahl von nur etwa 1000 Rädern pro Jahr muss das ausgefuchste Design alles können, was bei Großserien-Herstellern mit einem halben Dutzend verschiedener Rahmen erledigt wird. Doch zu wachsen, um einer von diesen zu werden, das ist nicht Stieners Velo-Traum. „Wachstum ist dann gut, wenn es mehr Spaß oder mehr Sicherheit bringt,“ sagt er. „Stückzahl um ihrer selbst willen ist uninteressant. Wir produzieren im Manufakturmaßstab, und der hat eine kritische Größe. Würden wir stark wachsen, müssten wir auf Fabrikproduktion umstellen – das entspricht nicht meinen Vorstellungen.“ Von Fabrikproduktion ist die Velotraum-Zentrale indessen weit entfernt. Sieben Festangestellte, darunter er selbst, seine Frau und seine Schwester, sind die Firma. Marketing, Montage, Verkauf, Service, Warenannahme, Laufradbau, Versand und Kantine – die sieben Veloträumer machen alles, und das zwangsläufig oft in Personalunion. Markus Mehigan, der nach eineinhalbstündiger 1/2010 TREKKINGBIKE Vegetarisches Kochstudio: Der Bulgur passt nur zufällig zur Wandfarbe. Beratung eine 3500 Euro schwere Radbestellung abgibt, trinkt einen großen Schluck Wasser und entschwindet dann zu einem der drei Montageständer im Hintergrund. Währenddessen ist sein Kollege Jörg Hallmeyer, ein ehemaliger Koch, längst damit beschäftigt, aus Tofu, Linsen, Bulgur und Radicchio das gemeinsame vegetarische Mittagessen zu kochen. „Farben sind Leben! Davor haben wir in Deutschland eine seltsame Scheu.“ Würde man nur diese Küche sehen, läge der Verdacht nahe, es handele sich bei Velotraum um ein Musterküchen-Studio. Hochwertige Technik und starke Farben in so mutiger Zusammenstellung, wie sie ein durchschnittlicher Häuslebauer bewundern, aber dann doch nicht bestellen würde. Kein Ikea nirgends, sondern – ganz Velotraum – lauter Einzelanfertigungen. Hellblau, gelbgrün, orange, blaugrün und sonnengelb leuchten Schränke und Wände. „Farben sind Leben! Sie haben ganz starke Wirkungen. Davor haben wir in Deutschland eine seltsame Scheu,“ analysiert der Hausherr. Dann verschränkt er die Arme, lehnt sich zurück und spricht fast ein wenig zu sich selbst: „Alles aus einem Guss machen zu können, vom Gebäude über die Räder bis zum Internetauftritt, das macht es aus. Das ist die Gestaltung einer eigenen Welt.“ Multifunktionale Mitarbeiter: Markus Mehigan berät und montiert. © Copyright by Delius, Klasing & Co