Rotbuch - Verband der Feuerwehren in NRW
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Rotbuch - Verband der Feuerwehren in NRW
Rotbuch Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:41 Seite 3 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen Ein gemeinsames Wort vorab D Dr. Jan Heinisch Dipl.-Ing. Thomas Jeziorek ie Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen haben Tradition und Zukunft. In all ihren Aufgabenfeldern Brandschutz, Technische Hilfe, Zivil- und Katastrophenschutz sowie Rettungsdienst sichern sie Menschen, Wirtschaft, Umwelt und Sachwerte. Der Dienst am Nächsten ist Motivation und Verpflichtung zugleich. Diese wertvollen Strukturen und Grundfeste, die eine über 150-jährige Geschichte haben, bestehen jedoch nicht isoliert von gesellschaftlichen und strukturellen Veränderungen. Sie bedürfen der steten Fortentwicklung. Dabei gibt es besonders bedeutsame Zeitfenster, innerhalb derer viel zum Guten der Feuerwehren bewegt werden kann. Eines dieser Zeitfenster ist die anstehende Novelle des nordrhein-westfälischen Feuerschutzrechts. In der Politik und im Staatswesen ist es gute Tradition, Leitlinien und Grundsätze zu bestimmten Themenfeldern in so genannten „Farbbüchern“ zu beschreiben. „Grünbücher“, „Weißbücher“ und viele Werke mehr kennzeichnen auf europäischer und nationaler Ebene den Weg für die Erreichung wichtiger Ziele. So entstand die Idee, anstelle einer formalen Stellungnahme im FSHG-Gesetzgebungsverfahren ein „Rotbuch“ für die Zukunft der Feuerwehren und des Feuerwehrwesens in Nordrhein-Westfalen zu entwickeln und herauszugeben. Es beschreibt auf allen denkbaren Themenfeldern zentrale Herausforderungen und Lösungsansätze für die drängenden Fragen, mit denen sich die Feuerwehren in Haupt- und Ehrenamt auseinander setzen müssen. Über all dem steht das Ansinnen, für unser Bundesland den optimalen Bevölkerungsschutz zu erreichen, soweit die Feuerwehren daran mitwirken. Die Feuerwehren haben in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dankenswerter Weise viele Unterstützer, ohne die es schlecht um sie bestellt wäre. Wir wünschen uns, dass die Feuerwehren intern, aber auch mit allen, die sich ihnen verbunden fühlen, über die Zukunft des Feuerwesens diskutieren. Auch dafür möge unser „Rotbuch“ als Argumentations- und Ideengrundlage dienen. Düsseldorf, im Juli 2013 Walter Wolf Dr. Jan Heinisch Dipl.-Ing. Thomas Jeziorek Walter Wolf Vorsitzender des Verbandes der Feuerwehren in NRW e. V. – VdF NRW Werkfeuerwehrverband NRW e.V. – WFV NRW Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Leiter hauptamtlicher Feuerwachen in NRW – AGHF NRW 3 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:41 Seite 4 Das Wichtige tun. A. Statusbericht D ie Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen garantieren mit ihren insgesamt rund 131.000 Angehörigen die Sicherheit der Menschen in unserem Bundesland. Sie stehen mit aktuell rund 80.000 ehrenamtlichen und 13.000 hauptamtlichen Einsatzkräften täglich über 24 Stunden in allen Kommunen für den Einsatzfall bereit. Neben den Aufgaben des Brandschutzes und der Technischen Hilfe und den Aufgaben im Zivil- und Katastrophenschutz sind die Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen auch der größte Anbieter im Rettungsdienst, in dessen Rahmen sie zwischen 70 und 75% der anfallenden Rettungsdiensteinsätze wahrnehmen. Die Feuerwehren verteilen sich in den 396 Kommunen auf ca. 2.600 Standorte mit 11.500 Fahrzeugen. Die Einsatzzahlen lagen im Jahre 2011 bei insgesamt 1.664.822, davon 1.357.018 Einsätze im Rettungsdienst. 11.500 Fahrzeuge an ca. 2.600 Standorten in Nordrhein-Westfalen. 4 Die Struktur der Feuerwehren in den Kommunen ist sehr unterschiedlich. In allen 23 kreisfreien Städten sowie in derzeit acht kreisangehörigen Städten existieren Berufsfeuerwehren, die jedoch neben den hauptberuflichen Kräften jeweils auch einen starken Bestand ehrenamtlicher Feuerwehrangehöriger aufweisen. In weiteren 77 kreisangehörigen Kommunen bestehen hauptamtlich besetzte Feuer- wachen mit 4.000 Mitarbeitern. Dadurch wird deutlich, dass im weit überwiegenden Teil der hiesigen Städte und Gemeinden, nämlich in den verbleibenden 288 der insgesamt 396 Kommunen, die Feuerwehren nach wie vor ausschließlich ehrenamtlich ausgestaltet und geführt sind. Der Feuerschutz ist die einzige hoheitliche öffentliche Aufgabe, die überwiegend durch Ehrenamtliche wahrgenommen wird. Weiterhin bestehen im Land 89 (private) Werkund Betriebsfeuerwehren an Flughäfen, in großen Industriebetrieben etc. mit rund 6.000 Feuerwehrangehörigen. Nordrhein-Westfalen ist ein sehr verschieden strukturiertes Bundesland mit allgemein hoher Einwohnerdichte und vielen Ballungsräumen, aber auch vielen überaus ländlichen Regionen. Seine Kommunen sind seit der Gebietsreform aus dem Jahre 1975 mit durchschnittlich 44.000 Einwohnern die bezüglich ihrer Einwohnerzahl größten Kommunen aller deutschen Flächenländer, vermutlich gar in Europa. Dennoch ist die Einwohnerzahl kein geeignetes Kriterium für die Beurteilung der Rahmenbedingungen der örtlichen Gefahrenabwehr. Dies verdeutlicht folgende Gegenüberstellung: Alle genannten Kommunen liegen in Nordrhein-Westfalen, haben rund 26.000 Einwohner, nehmen auf der Grundlage entsprechender Brandschutzbedarfspläne ihren Schutzauftrag rein ehren- Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:41 Seite 5 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen „ Die Einwohnerzahl allein ist kein geeignetes Kriterium für die Beurteilung der Rahmenbedingungen der örtlichen Gefahrenabwehr.“ I Unterschiedliche Feuerwehrstrukturen in NRW I Einwohner Feuerwehrstandorte Einsatzkräfte Jugendfeuerwehr Kommune A 26.000 1 75 20 Kommune B 26.000 6 175 40 Kommune C 26.000 26 760 390 amtlich wahr und unterscheiden sich schlicht durch ihre geschichtliche Entwicklung, Gebietsgröße und Stadtstruktur. Zur Nachwuchssicherung unterhalten alle Kommunen bis auf zehn nordrhein-westfälische Städte und Gemeinden Jugendfeuerwehren, in denen im Jahre 2012 rund 20.500 Jugendliche zwischen zehn und 18 Jahren von 6.798 Betreuerinnen und Betreuern ausgebildet und betreut wurden. Die Mitgliederzahlen der 1.145 Gruppen sind trotz demografisch sinkender Bevölkerungsanteile bei Kindern und Jugendlichen erfreulicherweise weitgehend konstant. In 190 Gruppen besteht sogar eine Warteliste für die Aufnahme in die Jugendfeuerwehr. Für unter Zehnjährige („Kinderfeuerwehren“) sieht das nordrhein-westfälische Feuerschutzrecht bislang keine Einbindungsmöglichkeit in die Feuerwehr vor, auch wenn seit 2012 ein dahingehendes Gesetzgebungsverfahren läuft. Im Land existieren daher bis dato nur einige wenige Kindergruppen auf privatrechtlicher Basis. Leider kann nur die JF NRW auf vertieftes Datenmaterial bezüglich der sozialen Struktur der Jugendfeuerwehrleute und ihrer Betreuerinnen und Betreuer zurückgreifen, das jährlich in allen Jugendfeuerwehren erhoben wird. Für den Bereich der Einsatzabteilungen existieren derzeit kaum statistische Erkenntnisse, die neben der reinen Kopfzahl Aufschluss über die Mitgliederstruktur der Feuerwehren und ihre zeitliche Entwicklung geben könnten, z. B. bezüglich der Geschlechter- und Altersverteilung, beruflicher Bildung, Mitgliedschaftsdauer, Gründe für Einund Austritte u. v. m. Die Feuerwehrangehörigen und ihre Organisationen werden auf Landesebene durch den Verband der Feuerwehren in NRW e.V. (VdF NRW) als großen Dachverband, durch die Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF), die Arbeitsgemeinschaft der Leiter der hauptamtlichen Feuerwachen (AGHF) sowie durch den Werkfeuerwehrverband NordrheinWestfalen e.V. (WFV NRW) vertreten. Im VdF NRW besteht als selbständige Teilorganisation die Jugendfeuerwehr NRW (JF NRW) als anerkannter Träger der freien Jugendhilfe. Die genannten Organisationen leisten mit Experten aller Themengebiete eine intensive Facharbeit für die Weiterentwicklung des Feuerwehrwesens in NRW. Die Feuerwehren in NRW garantieren mit ihren insgesamt rund 131.000 Angehörigen die Sicherheit der Menschen in unserem Bundesland. 5 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:41 Seite 6 Das Wichtige tun. Das Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung in Nordrhein-Westfalen (FSHG NRW) ist zuletzt im Jahre 1998 (FSHG vom 10. 02. 1998, GV. NRW. 1998 Seite 122) mit Inkrafttreten zum 1. März 1998 grundlegend reformiert worden. Seitdem hat es mit großer Kontinuität gegolten und wurde nur sporadisch in einigen Detailfragen geändert, wie aus folgender Übersicht entnommen werden kann: I Änderungen des FSHG NRW I 6 Änderungsgesetz Fundstelle Inhalt Gesetz vom 03.02.2004 Gesetz vom 03.02.2004 GV.NRW. 2004 Seite 96 Änderung in § 1: Anfügung von Abs. 7, öffentlichrechtl. Vereinbarungen zur Wahrnehmung einzelner Aufgaben Gesetz vom 16.11.2004 GV.NRW. 2004 Seite 644 Änderung in § 33 IV: Einfügen von § 123 anstatt 120 GO Gesetz vom 05.04.2005 GV.NRW. 2005 Seite 332 Änderung in § 46: Berichtspflicht bis 31.12.2009 Gesetz vom 11.12.2007 GV.NRW. 2007 Seite 662 Änderung in § 37 (Datenverarbeitung) und § 41 II ( Ersatzhaftung bei Ölspuren ) Gesetz vom 08.12.2009 GV.NRW. 2009 Seite 765 Änderung in § 24 a; Einfügung neu § 24 b; Änderung in § 41 II 1 Nr. 4 (Kostenersatz bei gefährlichen Stoffen); Änderung in § 46 S. 2: Berichtspflicht 31.12.2012, danach alle 5 Jahre Gesetz vom 23.10.2012 GV.NRW. 2012 Seite 474 Änderung in § 46: Wegfall der Berichtspflicht Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:41 Seite 7 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen B. Herausforderungen durch gewandelte Rahmenbedingungen Die Feuerwehren sind keine isolierten Organi- sationen, sondern stehen in den Kommunen inmitten der Gesellschaft und werden daher – wie auch viele andere Institutionen und die Wirtschaft – von veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen getroffen. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob es sich dabei um eine ehren- oder hauptamtliche Wahrnehmung der Feuerwehraufgaben handelt, auch wenn die Einflussfaktoren natürlich jeweils unterschiedlich sind. Auch die Werkfeuerwehren sind als Teile der vorhaltenden Unternehmen dem immerwährenden Veränderungsprozess der freien Wirtschaft unterworfen. Eine Alternative zur Wahrnehmung des Feuerschutzes zu der bewährten Form ist nicht denkbar. Ziel allen Handelns von Politik, Gesellschaft und der Feuerwehren selbst muss daher der Strukturerhalt sein. Letzterer kann nur gelingen, wenn Veränderungen mit Einfluss auf die Feuerwehren identifiziert werden und alle Beteiligten im Bewusstsein dieser Herausforderungen gemeinsam im Sinne der Feuerwehren an einer Veränderung und Verbesserung des Feuerwehrwesens arbeiten. Immer wieder stellen wir fest, dass das Ansehen der Feuerwehren und ihrer Angehörigen ungebrochen hoch ist. In allen Umfragen zur Reputation gesellschaftlicher Gruppen führen die Feuerwehren seit Jahren die Spitze an. Diese angenehme Wertschätzung darf jedoch nicht den Blick dafür verschließen, dass der Einsatzalltag mitunter schwieriger geworden ist, weil bestimmte gesellschaftliche Gruppen – vorwiegend im städtischen Milieu – den Einsatzkräften überaus aggressiv gegenüber treten. Minden Bielefeld Weiterhin steigen die Anforderungen an die Feuerwehren stetig. Einerseits bringen der technische und taktische Fortschritt nicht nur Erleichterungen mit sich, sondern bedeuten vielfach auch eine deutliche komplexere Aufgabenwahrnehmung und eine damit einhergehende, intensivere Aus- und Fortbildung; andererseits steigen die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an die Qualität der Aufgabenwahrnehmung bzw. sie wollen immer häufiger in Situationen auf die Dienstleistung Feuerwehren zurückgreifen, die vormals nicht einsatzrelevant wurden. So wird zum Bespiel für Themen und Situationen, die früher im nachbarschaftlichen oder familiären Kontext durch gegenseitige Hilfe gelöst wurden, mittlerweile die Feuerwehr gerufen; der Eigentümer eines überfluteten Kellers erwartet nicht mehr nur, dass die Feuerwehr die große Masse des Wassers abpumpt, so dass er den Rest selbst aus eigener Kraft entfernen kann, sondern er setzt immer häufiger als selbstverständlich voraus, dass der Keller im Anschluss vollständig trocken ist, wenn nicht gar gewischt wird. Münster Gütersloh Lünen Gelsenkirchen Oberhausen Mühlheim an der Ruhr Krefeld Essen Duisburg Hamm Herten Bottrop Herne Dortmund Bochum Witten Hagen Iserlohn Ratingen Mönchengladbach Wuppertal Düsseldorf Remscheid Solingen Dormagen Leverkusen Köln Aachen Bonn Die Struktur der Feuerwehren in NRW ist vielfältig: In den 396 Städten und Gemeinden gibt es 31 Berufsfeuerwehren und 365 Freiwillige Feuerwehren (davon 77 mit hauptamtlichen Kräften). 73 % der Feuerwehr-Arbeit in NRW geschieht also rein ehrenamtlich! 7 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:41 Seite 8 Das Wichtige tun. I. Ehrenamt Der Dienst in den Freiwilligen Feuerwehren mag aus unterschiedlichen Motivationen heraus wahrgenommen werden, ist und bleibt jedoch aus Sicht der ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen immer eine – gesellschaftlich besonders wertvolle – Form der freiwilligen Tätigkeit, die sie in ihrer Freizeit verrichten. Verändertes Freizeitverhalten trifft daher vor allem auch das Ehrenamt in den Feuerwehren. Mag der Dienst in der Feuerwehr auch besonders anerkannt sein und auf viele Menschen, insbesondere Kinder und Jugendliche, eine besondere Faszination ausüben, so muss man sich dennoch immer bewusst sein, dass das Ehrenamt in den Feuerwehren dem Einzelnen besonders viel abverlangt. Erstens erfordert es u.a. aufgrund der intensiven – und immer intensiveren – Ausbildungs- anforderungen zwingend eine hohe Kontinuität der Aufgabenwahrnehmung, sprich: Niemand kann im derzeitigen System nur für kurze Zeit in der Feuerwehr engagiert sein, ähnlich wie es andernorts „projektweise“ möglich ist. Aus Sicht des Dienstherrn stellt jede einzelne, voll ausgebildete Einsatzkraft somit ein höchst wertvolles Gut dar, in das im wahrsten Wortsinne erheblich investiert werden muss, um sie für den Dienst zu befähigen. Damit einher geht die Aufrechterhaltung der körperlichen Einsatztauglichkeit (Gesundheit/Sport/Fitness), obwohl diese in absoluter Form nicht für alle Feuerwehrtätigkeiten gleichermaßen erforderlich ist. Zweitens verlangt der Feuerwehrdienst vom Einzelnen eine hohe und im privaten Umfeld nicht immer geschätzte Disziplin bei der Einsatzbereitschaft. So bedeutet die Verbindlichkeit und Qualitätssteigerung, die durch die Brandschutzbedarfsplanung mit messbaren, minutengenauen Schutzzielen und der Bestimmung des Erreichungsgrades zum Nutzen der Bürgerschaft etabliert wurde, im umgekehrten Sinne, dass keine Kompromisse bei Ausrückstärken tolerierbar sind. Mit Blick auf das einzelne Feuerwehrmitglied erwartet dieses System also während der Einsatzbereitschaft eine ständige und sofortige Verfügbarkeit, mithin eine unterbrechungslose Präsenz am Wohn- und Dienstort und die jederzeitige Abkömmlichkeit. Dieser Faktor provoziert nicht nur im privaten, sondern 8 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:42 Seite 9 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen vor allem auch im beruflichen Umfeld der Einsatzkräfte permanent Konflikte, die sie zu lösen bzw. auszuhalten bereit sein müssen. Die Freiwilligen Feuerwehren sind von der Zahl ihrer Angehörigen her Organisationseinheiten mit starker Ähnlichkeit zu kleinen bzw. mittelständischen Unternehmen, da sie jedem Mitglied ein qualitativ anspruchsvolles Tätigwerden und eine hohe Regelmäßigkeit bzw. Verlässlichkeit abverlangen. Anders als Unternehmen werden sie jedoch in der allermeisten Zahl der Fälle rein ehrenamtlich geführt und können nicht dieselben Motivations- und Bindungsfaktoren bieten, insbesondere kein Gehalt. Die Führungskräfte sehen sich daher hinsichtlich ihrer Führungsqualitäten vor besondere Herausforderungen gestellt. Die Feuerwehr hat eine laufbahnrechtlich klar umrissene Zielgruppe für den Einsatzdienst. Die Einsatzkraft beginnt – geistige und gesundheitliche Eignung sowie Verfassungstreue vorausgesetzt – ihre Tätigkeit frühestens mit Vollendung des 18. Lebensjahres, indem sie entweder aus der Jugendfeuerwehr oder von außen in die Einsatzabteilung der Feuerwehr eintritt. Die Höchstaltersgrenze liegt bei 60 bzw. 63 Jahren, Letzteres nur durch schriftliche Erklärung und nach einer obligatorischen ärztlichen Untersuchung. Unter Zehnjährigen ist eine Mitgliedschaft in der Feuerwehr derzeit nicht möglich; ab diesem Zeitpunkt können sie in die Jugendfeuerwehren aufgenommen werden. Die demografische Veränderung bedingt, dass allgemein weniger Menschen für eine Tätigkeit in der Feuerwehr zur Verfügung stehen, ohne dass der Auftrag bzw. Gefährdungslagen im gleichen Maße abnehmen würden. Daher müssen die Feuerwehren künftig quotal mehr Menschen aus der Bevölkerung für sich gewinnen, um ihre Aufgaben im gleichen Maße wie heute sicherzustellen. Andere Bundesländer haben vor diesem Hintergrund eine moderate Anpassung der ehrenamtlichen Dienstaltersgrenzen auf regelmäßig 63, 65 oder gar 67 Jahre vorgenommen, wie eine aktuelle Übersicht des Deutschen Feuerwehrverbandes aufzeigt. Der Unterschied zum Hauptamt mit einer früheren Pensionierung rechtfertigt sich aus der unterschiedlichen Intensität der Aufgabenwahrnehmung: Was für den Einen tagtäglicher Beruf ist und war, bedeutet(e) für den anderen nur eine deutlich weniger häufige Tätigkeit im Rahmen seiner Freizeit – mit allen damit zusammenhängenden Unterschieden für körperlichen Verschleiß. In jedem Fall ist aber die Einsatztauglichkeit bislang zwingende Voraussetzung einer Mitwirkung in der Feuerwehr, obwohl in der Feuerwehr auch eine Vielzahl von zuarbeitenden Aufgaben von Logistik bis Verpflegung oder Gerätewartung vorhanden ist. Es stellt sich daher die Frage, ob die Feuerwehrtätigkeit nicht auch für Personengruppen geöffnet werden sollte, die nicht oder z.B. aufgrund von Erkrankungen nicht mehr einsatztauglich sind. Man würde mithin nicht mehr nur nach Einsatz- und Ehrenabteilung differenzieren, sondern daneben eine weitere, wertvolle Gruppe von nicht Einsatztauglichen, aber dennoch im Alltagsdienst befindlichen Feuerwehrangehörigen schaffen und diesen auch den üblichen Versicherungsschutz eröffnen. Allerdings ist dies nur eine von zwei Perspektiven auf das demografische Problem. Neben der Personalwerbung ist nämlich die Personalbindung der mindestens ebenso wichtige, wenn nicht gar entscheidende Ansatz. Feuerwehrdienst ist weit mehr als nur Einsatztätigkeit, sondern auch umfängliche Einsatzvorund -nachbereitung. 9 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:43 Seite 10 Das Wichtige tun. Personalbindung kann durch Förderung der Vereinbarkeit von Feuerwehr-Ehrenamt und Zivilberuf auch erfolgen, indem den privaten Arbeitgebern eine vereinfachte bzw. pauschalierte Erstattung der Entgeltfortzahlung angeboten wird, um das komplizierte und arbeitsintensive Antragsverfahren zu umgehen. Über die Struktur der ehrenamtlichen Angehörigen der Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen liegen bislang außer der bloßen Anzahl nur wenige statistische Erkenntnisse vor. Daten zur exakten Geschlechterverteilung, der Altersstruktur, der Länge der durchschnittlichen Dienstzeiten, zu Austrittsgründen etc. werden nicht vollumfänglich erhoben. Derartige Daten existieren nur für den Bereich der Jugendfeuerwehren, da dort schon seit Jahrzehnten eine umfangreiche Statistik geführt wird. Erfahrungen für den Bereich der Einsatzabteilung sowie die Auswertung einiger lokaler Daten legen jedoch nahe, dass die Feuerwehrangehörigen nicht gleichmäßig auf alle Altersgruppen verteilt sind, sondern dass der weit überwiegende Teil unter 40 Jahre alt ist. Man darf davon ausgehen, dass die Feuerwehren viele junge Menschen erschließen und ausbilden, die dann jedoch ab Vollendung des 30. Lebensjahres zum Großteil wieder aus der Feuerwehr austreten. Hierbei spielen vermutlich äußere Faktoren wie berufliche und private Veränderungen die entscheidende Rolle, auf die die Feuerwehren mit den Rahmenbedingungen ihres Einsatzdienstes bislang keine ausreichend flexiblen Antworten liefern. 10 Ein ähnlicher „Austrittsknick“ ist bei den Jugendlichen erkennbar, die von der Jugendfeuerwehr mit dem 18. Geburtstag in die Einsatzabteilung wechseln und kurz darauf die Feuerwehr verlassen, obwohl sie zuvor höchst zufrieden über viele Jahre engagierte Mitglieder der Jugendfeuerwehr waren. Die Verlustquote liegt hier nach älteren bundesweiten Erhebungen bei ca. 50% und dürfte kaum gesunken sein (vgl. Homfeldt u.a., Jugendverbandsarbeit auf dem Prüfstand: Die Jugendfeuerwehr – Perspektiven für das verbandliche Prinzip der Jugendarbeit, Weinheim 1995). Dadurch gehen den Feuerwehren wertvolle Kräfte verloren, die erstens überaus engagiert waren und zweitens bestens ausgebildet sind, in die mithin ein erheblicher Aufwand investiert wurde. Der Verlust dieser Einsatzkräfte schmerzt doppelt, denn neben dem Ausbildungsaufwand (inklusive Führerscheinen!) verliert die Feuerwehr mit jedem Austritt eine engagierte Person, die bei längerer „Verweildauer“ innerhalb der Feuerwehr die Zahl der Einsatzkräfte weiter hoch gehalten hätte. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie der allgemeine Diskurs in den Feuerwehren müssen sich gerade diesem Phänomen noch deutlicher widmen. Neben diesen „äußeren“ Einflussfaktoren auf das Ehrenamt finden sich jedoch auch interne Rahmenbedingungen, die erhebliche Bedeutung für die Angehörigen der Feuerwehren und ihre Motivation entfalten. Bei der Betrachtung des üblichen Dienstbetriebes darf man zunächst nicht außeracht lassen, dass das allgemein vorhandene Bild der im Einsatz befindlichen Feuerwehr ihren Alltag nur sehr begrenzt wiedergibt. Zeitlich betrachtet ist Feuerwehr ehren- wie hauptamtlich viel weniger Einsatztätigkeit als Aus- und Fortbildung bzw. Warten auf den Einsatz. Feuerwehr muss also mit Blick auf das Ehrenamt und seine Mo- Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:43 Seite 11 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen tivation auch außerhalb des Einsatzes, der unstreitig ihre Hauptmission ist, attraktiv und interessant sein und Herausforderungen bieten. Das Bewusstsein dieses Umstandes ist bislang jedoch auch in den Feuerwehren und ihrer Führungsausbildung nicht ausreichend verbreitet. Zu jeder Zeit ist eine Feuerwehr den gleichen Mechanismen wie alle menschlichen Gruppen unterworfen, d.h. es gibt jederzeit interne Konfliktpotentiale, Kommunikationsbedürfnisse und allgemein vielzählige und vielschichtige gruppendynamische Prozesse, die sich außerhalb der einsatztaktischen Betrachtungswelt halten. Im unmittelbaren Einsatz spielen diese Mechanismen aufgrund der akzeptierten Führungsstrukturen so gut wie keine Rolle; sie brechen erst bei der anschließenden Diskussion des Einsatzgeschehens, bei der Entscheidung um die Besetzung von Führungsfunktionen sowie allgemein im sonstigen Dienstalltag hervor. Es ist nachvollziehbar, dass die klassische Führungsausbildung, die stets den Einsatzfall im Blick hat, diese Fragen bislang vernachlässigt. Derartige Konflikte zerstören indes die Freude am ehrenamtlichen Feuerwehrengagement, das der Einzelne somit eher als unangenehm und nervenaufreibend empfindet. Damit sind solche internen Einflussfaktoren mindestens genauso bedeutend für die Attraktivität der Feuerwehrmitgliedschaft, wie sie durch äußere Faktoren erschwert werden kann. Dies gilt umso mehr, als dass gesamtgesellschaftlich die Bereitschaft für eine aktive Konfliktlösung bzw. die Toleranzschwelle für das Aushalten eines Konflikts gesunken ist. Eher wird eine der zahlreich vorhandenen Alternativen gesucht, als – wenn auch nur vorübergehend – eine unangenehme Situation zu lösen oder mit der nötigen Gelassenheit an sich vorüber gehen zu lassen. Auch dadurch wird das Führungspersonal zusätzlich in seinen Motivationsfähigkeiten gefordert. Wer sich ehrenamtlich besonderen Risiken in Einsatz und Ausbildung aussetzt, muss im Schadensfall auf eine besondere Absicherung vertrauen dürfen. Leider wird in NRW seitens der Feuerwehren vermehrt Klage über die Arbeit des zuständigen Unfallversicherungsträgers, der Unfallkasse NRW, geführt. Auch nehmen nach verbandlicher Wahrnehmung juristische Konflikte zu, bei denen sich Einsatzkräfte, insbesondere Führungskräfte, staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren oder Haftungsprozessen ausgesetzt sehen. Vermutlich ist dies nicht auf eine gesunkene Qualität der Aufgabenwahrnehmung zurückzuführen, sondern auf verschärfte rechtliche Rahmenbedingungen, eine erhöhte Sensibilität der Öffentlichkeit (z.B. bezüglich potentieller Umwelt gefahren) sowie auf eine erhöhte „Klagefreudigkeit“ aufgrund der heutzutage in der Bevölkerung breit vorhandenen Rechtsschutzversicherungen. „ Trotz aller öffentlichen Wertschätzung sehen sich die Feuerwehren im Einsatzalltag auch Anfeindungen ausgesetzt.“ 11 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:44 Seite 12 Das Wichtige tun. II. Hauptamt Es ist mittlerweile gedankliches Allgemeingut geworden, dass demografische Veränderungen in Deutschland allenthalben besondere Herausforderungen für die berufliche Nachwuchsfindung mit sich bringen. Davon zeugt auch die aktuell intensiv geführte Diskussion zur Zukunft des öffentlichen Dienstes im Allgemeinen, der seine Attraktivität als Arbeitgeber steigern muss. Die demografischen Veränderungen betreffen im gleichen, vermutlich jedoch sogar höheren Maße das Hauptamt in den Feuerwehren, da hierfür junge Menschen mit einem technischen Bildungshintergrund (Ausbildung/Studium) gesucht werden, die bekanntlich ohnehin besonders rar sind. Umso attraktiver und flexibler müssen sowohl das feuerwehrtechnische Beamtenverhältnis sowie der Beruf des Werkfeuerwehrmannes/der Werkfeuerwehrfrau sein. C. Erwartungen an ein neues Feuerschutzrecht E „ Ziel muss ein optimaler Feuer-, Katastrophen- und Zivilschutz sowie Rettungsdienst für NRW unabhängig von der Art und Größe des Schadensereignisses sein.“ 12 in neues FSHG NRW muss die Rahmenbedingungen für die Tätigkeit der Feuerwehren zukunftssicher gestalten und die Resilienz des Systems „Feuerwehr“ erhöhen. Dazu zählen neben einer Antwort auf die veränderten Rahmenbedingungen in Staat und Gesellschaft auch behutsame Strukturanpassungen innerhalb des Feuerwehrwesens (z.B. optimale Ver- zahnung von Haupt- und Ehrenamt) sowie bei der Betrachtungssystematik (u.a. Stichwort: „Katastrophen“-Begriff), um unnötige und mitunter gefährliche Reibungsverluste im Einsatzalltag zu verhindern. Ziel muss ein optimaler Feuer-, Katastrophen- und Zivilschutz sowie Rettungsdienst für Nordrhein-Westfalen unabhängig von der Art und Größe des Schadensereignisses sein. Das FSHG muss in seinen Antworten auf lokale Situationen flexibel sein und dennoch ausreichend klare und einheitliche Strukturen für Nordrhein-Westfalen vorsehen. Weiterhin hat die praktische Anwendung des FSHG NRW aus dem Jahre 1998 an verschiedenen Stellen Unklarheiten und Veränderungsbedarfe aufgezeigt, die sich mitunter in der Rechtsprechung zum FSHG niedergeschlagen haben. Die Feuerwehren haben diese Einzelfragen fortwährend beobachtet und dokumentiert und daraus einen Katalog zusammengestellt, dessen Bearbeitung sie von einer FSHG-Novelle erwarten. Dazu zählt unter anderem auch die Rechtsunsicherheit bezüglich der Einbeziehung ehrenamtlicher Angehöriger der Feuerwehren in den Anwendungsbereich des Landespersonalvertretungsgesetzes (LPVG), auch wenn diese Frage keinen unmittelbaren Bezug zum Feuerschutzrecht aufweist. Inhaltlich besteht hier nach unserem Kenntnisstand Einigkeit mit allen betroffenen Interessenverbänden, insbesondere den kommunalen Spitzenverbänden und den etablierten Gewerkschaften. Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:44 Seite 13 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen D. Vorschläge für ein zukunftsweisendes Feuerwehrwesen Das FSHG NRW ist das Kerngesetz, auf dem die Tätigkeit und die Strukturen der Feuerwehren basieren. Es wird ergänzt durch das Rettungsgesetz und (wenige) Einzelvorschriften in anderen Gesetzen sowie untergesetzlich durch Verordnungen und Erlasse, die auf seiner Grundlage ergehen. Letztere wirken ebenso tief in den Alltag der Feuerwehren hinein wie das Gesetz selbst, so dass sich eine Diskussion über ein zukunftsfähiges Feuerwehrwesen in NordrheinWestfalen nicht isoliert mit Blick auf das FSHG NRW führen lässt. Vielmehr müssen aus Sicht der Feuerwehren auch schon bei der Diskussion um gesetzliche Regelungen mögliche weitere Ausgestaltungsfragen des späteren Verordnungs- und Erlasswesens einbezogen werden. Die Feuerwehren in NRW gehen allerdings davon aus, dass anders als bei der letzten Novelle 1998 das untergesetzliche Feuerschutzrecht im unmittelbaren Anschluss an die Schaffung des neuen FSHG gesetzt wird und dabei nicht wieder ein Zeitraum von zum Beispiel vier Jahren zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes und dem Inkrafttreten der Laufbahnverordnung für die Freiwilligen Feuerwehren verstreicht. Die Ansätze der Feuerwehren in NRW für ein zukunftsfähiges Feuerwehrwesen in NordrheinWestfalen gliedern sich in folgende Themenbereiche: I. Die Feuerwehren: Offen und interessant für alle II. Wertschätzung und Förderung des Ehrenamtes III. Verlässliche, klare und dynamische Strukturen IV. Rechtssicherheit und Effizienz der Gefahrenabwehr V. Ausbildung Diejenigen Punkte, die unmittelbar das Gesetzgebungsverfahren zum neuen Feuerwehrschutzrecht für Nordrhein-Westfalen betreffen, sind in der folgenden Zusammenstellung als Forderungen und Anregungen in Fettdruck ausgeführt und mit einer roten Linie hervorgehoben. 13 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:44 Seite 14 Das Wichtige tun. I. Die Feuerwehren: Offen und interessant für alle 1. Öffnung der Feuerwehren Die Feuerwehren in NRW halten zur Zukunftssicherung im Ehrenamt eine grundsätzliche Perspektivänderung für dringend geboten. Auftrag der Feuerwehr ist und bleibt der Einsatz und die Hilfe am und für den Nächsten. Allerdings bedeutet dies nicht, dass Feuerwehrtätigkeit auch 14 immer zugleich nur unmittelbare Einsatz- bzw. Ausbildungstätigkeit sein muss. Die Feuerwehr bedarf im alltäglichen Dienstbetrieb sowie im Einsatzfall zwangsnotwendig einer umfänglichen unterstützenden Zuarbeit. Beispielhaft sind die Aufgaben der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit inklusive Pflege des jeweiligen Internetangebots, Büro- und Archivarbeiten, Logistik (Verpflegung, Fahrzeugpflege, Besorgungsfahrten, Pflege des Gerätehauses etc.) zu nennen. Auch die kommunale und damit FeuerwehrAufgabe der Brandschutzerziehung und Brandschutzaufklärung ist mit ihren körperlichen Anforderungen, die sie an den Einzelnen stellt, nicht mit der unmittelbaren Einsatztätigkeit gleichzusetzen. Sie stellt auch inhaltlich andere Ansprüche an diejenigen, die diese Aufgaben wahrnehmen, zum Beispiel bei der pädagogisch hochwertigen Vermittlung der Lehrinhalte an Kinder und Jugendliche. Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:45 Seite 15 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen „ Die Mitgliedschaft in der Ehrenabteilung bedeutet künftig nur noch den Verzicht auf den unmittelbaren Einsatzdienst, aber nicht den Ausschluss von jeglicher Diensttätigkeit.“ In all diesen Fällen ist sehr gut vorstellbar, dass derartige Tätigkeiten auch durch solche Personen ausgeführt werden können, deren körperliche Leistungsfähigkeit aus gesundheitlichen oder aus Altersgründen nicht oder nicht mehr dem Durchschnitt entspricht, die aber den festen Willen und die Motivation haben, sich in die Arbeit der Feuerwehr einzubringen. Die Einbeziehung all solcher Gruppen in die Feuerwehraufgaben ist zudem bestens geeignet, das klassische Einsatzpersonal von vielen Aufgaben zu entlasten; weiterhin verankert sie die Feuerwehr tiefer in der Gesellschaft bzw. Kommune. Die Feuerwehr kann somit für sich deutlich mehr Zielgruppen erschließen und Mithilfe in Anspruch nehmen, als dies bisher der Fall ist. Voraussetzung bleibt indes natürlich – wie bisher auch – die Aufnahme in die und die dauerhafte Mitgliedschaft in der Feuerwehr; dementsprechend sind die Feuerwehrmitglieder auch sämtlich mit Feuerwehrdienstkleidung auszustatten, wobei auf die Einsatzuniform in Gestalt von Überjacke/Überhose ggf. verzichtet werden kann. Schließlich belässt diese Offenheit der Feuerwehr auch solchen Einsatzkräften Mitwirkungsmöglichkeiten, die aufgrund von Erkrankungen plötzlich nicht mehr für unmittelbare Einsatzaufgaben zur Verfügung stehen. Beispielhaft seien hier Fälle von Multipler Sklerose, bestimmte Diabetes- oder Asthma-Formen sowie Herzerkrankungen genannt. Allen Betroffenen bleibt vor dem Hintergrund des geltenden Feuerschutzrechts bislang nur der Weg in die Ehrenabteilung, wohin sie in den aktuellen Strukturen schon altersmäßig nicht passen und wodurch sie – nicht zuletzt bei der Unfallversicherung – zu Unrecht von allen übrigen Aufgaben ausgeschlossen werden. Auch für betagte Feuerwehrmitglieder gleicht das Erreichen der Altersgrenze heute einer „Vollbremsung“ ihres ehrenamtlichen Engagements. Das Land Baden-Württemberg hat im Jahre 2013 anlässlich des 150-jährigen Bestehens des Landesfeuerwehrverbandes die bemerkenswerte Kampagne „Feuerwehr 65 plus – Senioren aktiv in unseren Feuerwehren“ auf den Weg gebracht. Ausgangspunkt der dortigen Überlegungen waren die demografischen Veränderungen, die eine kontinuierlichere Mitwirkung von Menschen aller Altersgruppen im Feuerwehrehrenamt erfordern. Die FeuerwehrSenioren bilden eine gute Brücke zur wachsenden Bevölkerungsgruppe älterer Menschen und können wertvolle Akteure zum Beispiel für die auch dort unverzichtbaren Angebote der Brandschutzerziehung und –aufklärung sein. Die Feuerwehren in NRW fordern daher, dass sie rechtlich für weitere Bevölkerungsgruppen geöffnet werden, ohne dass dadurch ein Rechtsanspruch auf Aufnahme verbunden sein soll. Die Mitwirkung am unmittelbaren Einsatzdienst bzw. die dafür vorauszusetzende gesundheitliche Eignung (vgl. § 1 Abs. 2-4 LaufbahnVO) dürfen nicht zwingende Voraussetzung für die Mitgliedschaft in der Feuerwehr sein. Die überkommene Unterscheidung von Einsatzund Ehrenabteilung als ausschließliche Kategorisierung der über 18-jährigen Feuerwehrmitglieder ist folgerichtig aufzugeben. Mitglieder der heutigen Ehrenabteilung dürfen nicht länger von zuarbeitenden Tätigkeiten ausgeschlossen werden, wenn sie an einem entsprechenden Engagement interessiert sind. Im Umkehrschluss bedeutet die Mitgliedschaft in der Ehrenabteilung künftig nur noch den Verzicht auf den unmittelbaren Einsatzdienst, aber nicht den Ausschluss von jeglicher Diensttätigkeit. Das Ehrenamt in der Feuerwehr braucht viele Gesichter, kann diese aktuell aber nur unvollständig einbinden. 15 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:45 Seite 16 Das Wichtige tun. „ Jugendfeuerwehren sind als Nachwuchsorganisation bewä eines Trägers der freien Juge Ein Meilenstein in der Feuerwehrkarriere der Jugendfeuerwehrmitglieder ist die Übernahme in den Einsatzdienst. 16 2. Altersgrenzen Darüber hinaus ist festzustellen, dass sich die obere Altersgrenze für die Mitwirkung in der Einsatzabteilung in den zurückliegenden Jahren deutschlandweit verändert hat. Eine Übersicht des DFV weist NRW diesbezüglich als eines der Bundesländer mit der niedrigsten Altershöchstgrenze (60 bzw. auf Antrag 63 Jahre) aus. Im Unterschied zu hauptberuflichen Feuerwehrkräften halten es die Feuerwehren in NRW daher für geboten, im Ehrenamt die Altershöchstgrenze für den unmittelbaren Einsatzdienst auf 65 Jahre anzuheben, womit Nordrhein-Westfalen bundesweit noch nicht das obere Ende der denkbaren Skala bildet. Ein Wechsel in die Ehrenabteilung soll auf Antrag des Betroffenen zu einem früheren Zeitpunkt möglich sein; er markiert mit Blick auf die Feuerwehrtätigkeit jedoch nur noch den künftigen Verzicht auf den unmittelbaren Einsatzdienst (s.o.). 3. Jugendfeuerwehren Was für die betagten Mitglieder der Feuerwehren gilt, muss sich auch an der unteren Altersgrenze bemerkbar machen. Bislang stehen die Feuerwehren in Form der Jugendfeuerwehren erst jungen Menschen ab zehn Jahren offen. Die Jugendfeuerwehr leistet eine qualitativ hochwertige Jugendarbeit und bereitet zugleich auf den späteren Feuerwehrdienst vor, indem sie Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt und die persönliche Bindung der Mitglieder untereinander und damit an die Organisation Feuerwehr stärkt. Die Jugendfeuerwehren sind als Nachwuchsorganisation bewährt und unverzichtbar und durch ihre allgemeine Jugendarbeit und den Status eines Trägers der freien Jugendhilfe auch ein wertvoller Partner in der Arbeit für und mit Kindern und Jugendlichen. Landesweit gibt es nach Recherchen des VdF NRW nur noch zehn Kommunen, die keine Jugendfeuerwehr vorhalten. Um die Bedeutung der Jugendfeuerwehr als zentrale Nachwuchsorganisation der Feuerwehren zu unterstreichen und die landesweite Umsetzung zu vervollkommnen, halten es die Feuerwehren in NRW für geboten, die Schaffung einer Jugendfeuerwehr als Pflicht jeder Kommune in das neue Feuerschutzrecht aufzunehmen. Die Erfahrung lehrt, dass eine kontinuierlich zu hohe Quote von Austritten den Übertritt der Jugendlichen von der Jugendfeuerwehr in die heutigen Einsatzabteilungen begleitet. Statistisch ist nach wie vor ein 50-prozentiger Verlust zu vermuten (vgl. dazu aus den neunziger Jahren Homfeldt u.a., Jugendverbandsarbeit auf dem Prüfstand: Die Jugendfeuerwehr – Perspektiven für das verbandliche Prinzip der Jugendarbeit, Weinheim 1995). Viele über Jahre engagierte Jugendliche und damit sehr wertvolle Feuerwehrmitglieder verlieren offenbar an der Schwelle zur „Erwachsenenfeuerwehr“ ihre Motivation. Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:45 Seite 17 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen ation bewährt und unverzichtbar. Sie sind durch ihre allgemeine Jugendarbeit und den Status reien Jugendhilfe auch ein wertvoller Partner in der Arbeit für und mit Kindern und Jugendlichen.“ Die Ursachen sind vielfältig erforscht, aber offenbar nach wie vor nicht ausreichend beantwortet worden. Geboten scheint vor allem ein intensiv begleiteter und behutsam gestalteter Übergang, der die Perspektive der Jugendlichen ernst nimmt: Veränderungen bei den gewohnten Bezugspersonen (von Jugendfeuerwehrbetreuern hin zu den Führungskräften der Einsatzabteilung) bzw. des bisherigen Freundeskreises, der erst mit Verzögerung in die Einsatzabteilung nachfolgt; veränderter Dienstalltag, Lehrgangsteilnahme, Beginn des unmittelbaren Einsatzdienstes inklusive der mitunter schwierig zu verarbeitenden Erlebnisse etc. Der frühzeitige Kontakt der Jugendlichen mit ihren künftigen Kameradinnen und Kameraden und mit dem Dienstalltag in der Einsatzabteilung ist schon vor dem Übertritt zu fördern, was seitens des VdF NRW u.a. mit veränderten Richtlinien für den Leistungsnachweis (Teilnahmemöglichkeit für Jugendliche im letzten Jahr vor dem Übertritt) versucht wird. Durch gesetzgeberische Maßnahmen lässt sich diese Situation indes nur begrenzt beantworten. Die Jugend- feuerwehr NRW wird daher ein Projekt initiieren bzw. sich an einem Diskussionsprozess im Ministerium für Inneres und Kommunales beteiligen, durch das – ähnlich dem „Projekt 17 ½“ der Jugendfeuerwehr Baden-Württemberg – Thesen für einen besseren Übergang von der Jugendfeuerwehr in die Einsatzabteilung erarbeitet und ins Land kommuniziert werden. 17 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:46 Seite 18 Das Wichtige tun. „ Die Feuerwehr wird zur großen Familie von jung bis alt, an der Jeder in jeder Lebensphase nach seinen individuellen Möglichkeiten teilhaben kann.“ 4. Kinderfeuerwehren Ein Ansinnen der Jugendfeuerwehrarbeit ist, wie ausgeführt, die frühzeitige Bindung junger Menschen an die Feuerwehr. Gleiches versuchen andere Vereine durch ihre jeweiligen Kinder- und Jugendbereiche. Letztere haben sich aber zwischenzeitlich schon altersmäßig weiter nach unten geöffnet, so dass diejenigen Kinder und Jugendlichen, die einem Engagement in Vereinen und Organisationen zuneigen, häufig 18 schon anderweitig eingebunden sind, wenn sie das Eintrittsalter für die Jugendfeuerwehr (Vollendung des zehnten Lebensjahres) erreichen. Daher beabsichtigen die Feuerwehren in NRW die Öffnung der Feuerwehren „nach unten“, d.h. auch für Kinder ab sechs Jahren. Anders als in anderen Bundesländern sollen Kinder- und Jugendfeuerwehren jedoch organisatorisch und konzeptionell verschiedene Einrichtungen bleiben. Die Kinderfeuerwehren sollen die Jugendfeuerwehren stärken und nicht schwächen. Sie sollen nicht zusätzlich deren ohnehin schon knappen personellen und finanziellen Ressourcen in Anspruch nehmen. Diese Trennung der Organisationen soll nach einem Beschluss des VdF-Verbandsausschusses auch auf Landesebene durch Schaffung eines zweiten Jugendverbandes, der „Kinderfeuerwehr NRW“, mit eigenem Vorstand und Budget dokumentiert werden. Mit den Kinderfeuerwehren, die auch für den eigenen Nachwuchs der Feuerwehrkräfte interessant sind und aus diesem Grund von den Partnerinnen und Partnern der Feuerwehrangehörigen unterstützt bzw. gestaltet werden können, schließt sich der Kreis der Feuerwehrmitgliedschaft. Die Feuerwehr wird zur großen Familie von jung bis alt, an der jeder Mensch in jeder Lebensphase nach seinen individuellen Möglichkeiten teilhaben kann. Kinderfeuerwehren können konzeptionell und räumlich wie die Jugendfeuerwehren an die Feuerwehren angebunden sein. Allerdings wünschen die Feuerwehren in NRW auch eine Variante, in der die Kinderfeuerwehr an den Grundschulen, zum Beispiel im Rahmen des Offenen Ganztags, etabliert und von der Feuerwehr ausschließlich fachlich durch Ansprechpartner begleitet wird. Ähnlich ist die Umsetzung in Niedersachsen durch eine Vereinbarung zwischen dem Landesfeuerwehrverband und dem zuständigen Schulministerium gestaltet worden. Welche Organisationsform gewählt wird, hängt damit letztlich von der Entscheidung der jeweiligen Kommune und ihrer Feuerwehr ab. Der VdF NRW wird die Etablierung der Kinderfeuerwehren durch Beratung, Schulungen, teilweise sponsorenfinanzierte Ausstattungspakete und eine Handreichung für die inhaltliche Arbeit unterstützen. Die Feuerwehren in NRW wünschen die rechtliche Verankerung von Kinderfeuerwehren für Sechs- bis Zehnjährige in Form einer „KannBestimmung“. Die Vorschrift muss beide Umsetzungsvarianten zulassen. Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:46 Seite 19 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen 5. Personalwerbung im Ehrenamt Personal erschließt sich trotz aller skizzierten Ansätze zur rechtlichen Öffnung der Feuerwehren nicht von allein. Erstens bedarf es einer Vielzahl zufriedener und von ihrer Tätigkeit begeisterter Feuerwehrleute, die innerhalb ihres Bekanntenkreises, aber auch in der Wirkung auf Dritte der beste Werbeträger für die Feuerwehren sind. Demzufolge bedarf die Frage besonderer Hinwendung, wie die Feuerwehrtätigkeit möglichst attraktiv gestaltet werden kann (vgl. dazu unter D.II.). Zugleich müssen sich die Feuerwehren aus Sicht verschiedener und bislang unterrepräsentierter Zielgruppen auseinander setzen, wie sie für diese attraktiver werden können (Frauen, Migranten etc.). Zweitens bedarf es einer kontinuierlichen Image-Werbung für die Feuerwehren sowie der dauerhaften Darstellung der – nach den Vorstellungen der Feuer- wehren in NRW verbreiterten – Mitwirkungsmöglichkeiten in den Feuerwehren sowie der öffentlichen Einladung an potentielle Neumitglieder. Auch dabei sind bislang unterrepräsentierte Zielgruppen noch einmal besonders in den Blick zu nehmen. Viele Kommunen entwickeln schon heute unabhängig voneinander Werbekampagnen von unterschiedlicher Qualität. Mittlerweile etablieren sich sogar darauf spezialisierte Agenturen am Markt. Die Feuerwehren in NRW halten es daher – dem Vorbild anderer Bundesländer folgend – für dringend erforderlich, eine qualitativ hochwertige, ansprechende und wiedererkennbare, jedoch zugleich den örtlichen Gegebenheiten anpassbare Kampagne zu entwickeln, die von allen interessierten Kommunen und ggf. dosiert auch regional/überregional angewandt werden kann. Der VdF NRW sammelt als Vorarbeit so genannte „Best-Practice-Beispiele“ aus dem gesamten Bundesland. So konnte in einem Kreisverband eine erhebliche Zahl von Neumitgliedern für die Feuerwehren erschlossen werden, indem gezielt im Fahrschulunterricht durch einen ansprechenden Film die jungen Führerscheinerwerber an die Feuerwehr herangeführt wurden. Diese Handlungsansätze sollen Eingang in die Rahmenkampagne finden, die den Feuerwehren und damit den Kommunen unnötige Kosten und unnötigen Aufwand spart. 19 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:46 Seite 20 Das Wichtige tun. 6. Nachwuchs im Hauptamt Auch das Hauptamt wird in Zukunft aufgrund der demografischen Veränderungen Probleme bei der Findung einer ausreichenden Zahl von Nachwuchskräften haben. Dies gilt sowohl im mittleren als auch im gehobenen und höheren feuerwehrtechnischen Dienst bzw. im privatrechtlichen Bereich für die Nachwuchsgewinnung bei den Werkfeuerwehren. Neben einer allgemein zu intensivierenden Nachwuchswerbung bedarf es einer Analyse, welche Zielgruppen bislang – ähnlich wie ihm Ehrenamt – bei den Feuerwehren unterrepräsentiert sind und warum, um auf solche Zielgruppen noch einmal gesondert zugehen zu können. Im mittleren Dienst erscheinen Personalwerbemaßnahmen vor allem in den Reihen der Jugendfeuerwehren sinnvoll. Die Feuerwehren verfügen über eine Jugendorganisation, deren Mitglieder sich erst noch in der Berufsorientierungsphase befinden und zu denen ein unmittelbarer Zugang besteht. Weiterhin haben die Jugendlichen ein recht klares Bild von dem betroffenen Berufsfeld. Der VdF NRW wird das Gespräch mit der JF NRW suchen, ob man einen Muster-Veranstaltungsvorschlag für einen Berufsinformationsabend für die örtlichen Jugendfeuerwehren erarbeitet und empfiehlt, so dass bei einem regulären Übungsdienst alle feuerwehraffinen Berufe sowohl im öffentlichen Dienst als auch bei den Werkfeuerwehren inklusive der jeweiligen Ausbildungswege vorgestellt werden. 20 Hinsichtlich der Brandmeisterausbildung erscheint aus Sicht der Feuerwehren in NRW das in Düsseldorf in der Erprobung befindliche Stufenmodell vielversprechend. Es gewährt den Feuerwehren und den Bewerbern größtmögliche Flexibilität. Zudem wird aus demografischen Gründen das Werben um diejenigen Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:46 Seite 21 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen Auch diesen absehbaren Abwerbekonflikt vermeidet das Stufenmodell in beiderseitigem Interesse. Gleiches gilt für Studierende technischer Studiengänge, die nach ihrem Abschluss für den gehobenen und höheren feuerwehrtechnischen Dienst oder für die Werkfeuerwehren in Betracht kommen. Ähnlich wie von vielen Unternehmen vorgelebt, ist durch die Feuerwehren oder ihre Organisationen der frühe und verbindliche Kontakt zu den Studierenden zu suchen. Denkbar ist zum Beispiel eine Feuerwehrakademie, die ähnlich einer Studienstiftung interessante, im hiesigen Fall feuerwehrnahe Begleitprogramme für Studierende veranstaltet, ihnen einen Mentor aus der Praxis an die Seite stellt und zielgerichtete Praktika vermittelt. immer härter werden, die eine handwerkliche Ausbildung abschließen und nach klassischem Verständnis erst in diesem Moment für eine Ausbildung im Hauptamt zur Verfügung stehen. Die ausbildenden Betriebe werden künftig noch mehr als bisher Angebote unterbreiten, um ihre Auszubildenden an den Betrieb zu binden. Aus Sicht der Feuerwehren in NRW bietet es sich an, durch eine Allianz zwischen Feuerwehrorganisationen, dem Städte- und Gemeindebund, dem Landkreistag, dem Städtetag und dem KAV für die Arbeitgeberseite sowie den etablierten Gewerkschaften auf der Arbeitnehmerseite gemeinsam neue Ideen und Vorschläge für die bessere Nachwuchskräftegewinnung zu erarbeiten. Einzubinden ist in jedem Fall auch der Werkfeuerwehrverband, da die Werkfeuerwehren, mitunter angelehnt an die intensive Personalentwicklungsarbeit ihrer großen Unternehmen, schon kreative Modelle zur Förderung und Bindung interessanter Personen entwickelt haben. So bewerten die Feuerwehren in NRW die neuen Ausbildungswege im Bereich der Werkfeuerwehren, die derzeit im Rahmen einer Pilotphase durchgeführt werden, als sehr vielversprechend. Die bisherigen Erfahrungen mit den jungen Kolleginnen und Kollegen sind sowohl aus Sicht der Werkfeuerwehren als auch aufgrund der bisherigen Rückmeldungen der Aufsichtsbehörden uneingeschränkt positiv. Aus Sicht der Feuerwehren in NRW böte sich eine zeitnahe Einladung bzw. Ausrichtung durch die Feuerwehrorganisationen an, bei der der VdF NRW gerne die koordinierende Federführung übernimmt. „ Auch das Hauptamt wird in Zukunft aufgrund der demografischen Veränderungen Probleme bei der Findung einer ausreichenden Zahl von Nachwuchskräften haben.“ 21 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:47 Seite 22 Das Wichtige tun. II. Wertschätzung und Förderung des Ehrenamtes 1. Motivation im Ehrenamt und seine Attraktivität Über unser Bundesland verteilt haben viele Kommunen Ansätze entwickelt, um das Ehrenamt in der Feuerwehr besonders zu fördern bzw. zu unterstützen. Dazu zählen neben „Spontanplätzen“ in Kindertageseinrichtungen nahe der Feuerwachen, die im Einsatzfall eine Kinderbetreuung garantieren, bestimmte Sportangebote, Anreizsysteme zur Dienstteilnahme, verbesserte Rentenansprüche oder sonstige Bonusprogramme, wie sie z.B. in Form von „VdF+“ auch vom VdF NRW organisiert und beworben werden. All diese extrinsischen Faktorn (äußere Anreize in Form von Anweisungen oder reiner Belohnung) bilden eine herausragende Form der Wertschätzung; sie sind jedoch nicht in der Lage, Elemente intrinsischer Motivation zu ersetzen, d.h. das Bestreben, etwas um seiner selbst willen zu tun, weil „es einfach Spaß macht“. Feuerwehr als Ehrenamt und damit als Moment der Freizeitgestaltung bedarf der steten Attraktivität, ohne die der Einzelne nicht bereit ist, sie anderen Optionen der Freizeitgestaltung oder gar beruflichen/familiären Verpflichtungen entgegen zu setzen. 22 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:47 Seite 23 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen Obwohl dies komplexer und schwieriger als die Schaffung extrinsischer Motivationselemente ist, hat eine echte Ehrenamtsförderung zuvorderst die Feuerwehrtätigkeit selbst in den Blick zu nehmen und zu prüfen, inwiefern diese so ausgestaltet werden kann, dass sie der Einzelne nicht als Stressfaktor, erdrückende Pflicht und Belastung, sondern seinen Dienst in der Feuerwehr als positive und bereichernde Herausforderung empfindet. In diesen Kontext passen alle gängigen Motivationstheorien, die ansonsten vor allem in Unternehmen und im Zusammenhang mit der Arbeitsgestaltung angewandt werden – mit der wichtigen Ausnahme, dass anders als im Wirtschaftsleben das Gehalt bzw. finanzielle Anreizsysteme als Motivationsfaktoren ausscheiden, weil für das Feuerwehrehrenamt bekanntlich nichts gezahlt wird. Die Diskussion rund um das Feuerwehrehrenamt bedarf daher vor allem einer Rückbesinnung der Feuerwehren auf sich selbst, da die „Organisation Feuerwehr“ das Ehrenamt mitunter selbst unnötig erschwert. Es bedarf vielmehr des Maßhaltens bei terminlichen Bindungen der Feuerwehrangehörigen, bei der Einführung technischer Neuerungen bzw. Ausbildungsvorgaben von zweifelhaftem Mehrwert; es bedarf der Einbeziehung des familiären Umfeldes in die Feuerwehr, der Effizienz von Entscheidungsfindungsprozessen oder des Alarmierungssystems sowie der richtigen Balance zwischen unumgänglicher, bindender Verpflichtung im Ausbildungs- und Einsatzdienst und dem ungezwungenen gesellschaftlich-kameradschaftlichen Erlebnis. Auffällig ist, dass die Personalstärke der Feuerwehr insbesondere dort höher ist, wo sie nach wie vor systemisch besonders als gesellschaftliche Institution verankert ist, als solche gelebt und von ihren Mitgliedern als solche erfahren wird. Dies trifft tendenziell in ländlichen Bereichen eher zu als in städtischen Milieus. Der Befund als solcher lässt sich auch psychologisch im Sinne der Resilienzforschung mit den in der fest gefügten Gruppe stärker betonten „Shared Values“ begründen. Die Feuerwehren in NRW streben an, innerhalb der Feuerwehren und der Kommunen Entscheider und Führungskräfte verstärkt für diese Aspekte zu sensibilisieren. Die Klage über die steigenden Anforderungen und damit die Probleme des Ehrenamts hat einen wahren Kern, tendiert allerdings auch dazu, den Blick rein auf externe Einflüsse wie Arbeitgeber, familiäre Verpflichtungen etc. zu konzentrieren und damit zugleich von den feuerwehrinternen Einflüssen auf Motivation und Leistbarkeit des Ehrenamtes abzulenken. Zudem verengt sich die damit zusammenhängende Diskussion um die Anzahl der Einsatzkräfte häufig nur auf Maßnahmen der Personalwerbung, vernachlässigt aber völlig die mindestens ebenso wichtige Personalbindung. Dazu gehört auch zum Beispiel eine eindeutige Regelung zur Freistellung ehrenamtlicher Kräfte, die im Hauptberuf in Gleitzeit arbeiten. Das Feuerwehrehrenamt bedarf vor allem der richtigen Balance zwischen unumgänglicher, bindender Verpflichtung im Ausbildungs- und Einsatzdienst und dem ungezwungenen gesellschaftlich-kameradschaftlichen Erlebnis. 23 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:47 Seite 24 Das Wichtige tun. 2. Vertrauenspersonen Maßgeblich für ein angenehmes Miteinander in den Feuerwehren ist die bejahende Aufnahme des Einzelnen in die Gruppe, ohne die er sich in der Feuerwehr nicht heimisch fühlen wird. Eine Feuerwehr ist aber – insbesondere im unmittelbaren Umfeld der jeweils kleinsten und persönlichsten Einheiten Löschgruppe bzw. Löschzug – letztlich auch allen denkbaren gruppendynamischen Einflüssen und Prozessen unterworfen, die sich zumeist außerhalb des eigentlichen Einsatzalltags auswirken. Konflikte, mangelnde Integration und sogar Ausgrenzung und Mobbing existieren in den Feuerwehren ebenso wie überall sonst in der Gesellschaft. Sie schädigen die Feuerwehr mit ihrem Bedarf an kontinuierlicher Ehrenamtsausübung durch den Einzelnen jedoch besonders, wenn sich dieser – ggf. auch im Verbund mit anderen – nicht mehr in seiner Feuerwehr aufgehoben fühlt und diese folglich durch Austritt verlässt. Wahr- und angenommen fühlt man sich in einer Organisation nur dann, wenn die Gruppe in gewissem Maße auf den Einzelnen eingeht. Dies bezieht sich nicht nur auf den Dienstalltag, sondern auch auf seine privaten Herausforderungen und Themen, die ja nicht bei Betreten der Feuerwache aufhören zu existieren. Mitglieder der Feuerwehr erleben privat ebenso viele Beziehungskonflikte, wirtschaftliche Probleme, 24 Sucht- und Krankheitsfälle und vieles mehr wie der Durchschnittsbürger; soweit sie es wünschen und zulassen und soweit es in diesem Zusammenhang möglich ist, muss die Feuerwehr sie dabei im besten kameradschaftlichen Sinne unterstützen. Umso mehr wird der Einzelne sich umgekehrt für „seine Feuerwehr“ einsetzen. Mit Blick auf den Dienstbetrieb stellen sich innerhalb der Gruppe ebenfalls besondere Situationen ein, die eine aktive Begleitung erfordern. So ist die Integration – nicht nur von Menschen mit Migrationshintergrund, sondern von jeglicher Persönlichkeit – stets eine von der Gruppe zu meisternde Herausforderung, die am ehesten gelingt, wenn man sich dieser Aufgabe auch Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:47 Seite 25 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen bewusst und sensibel stellt. Bislang existiert dafür kein einheitliches und verlässliches System, das ähnlich einer psycho-sozialen Unterstützung, wie sie im Einsatzfall gelebt wird, im unmittelbaren persönlichen Umfeld der Feuerwehrangehörigen derartige Themen erkennt und bearbeitet. Die Feuerwehrführungskräfte werden dazu nicht systematisch ausgebildet, weil die Feuerwehrausbildung ausschließlich den Einsatzund Ausbildungsalltag in den Blick nimmt. Ein Mehr an Qualifikationen im Ausbildungsgang unterzubringen, ist auch in Anbetracht der zur Verfügung stehenden Ausbildungszeit unrealistisch. Festzustellen ist weiterhin, dass die Führungskräfte im Altersdurchschnitt immer jünger werden, was für sich genommen keinesfalls ein Fehler ist. Sie sind technisch und taktisch heute so gut ausgebildet wie nie zuvor, müssen sich aber mit tendenziell immer weniger Lebenserfahrung der alltäglichen Leitung von Einheiten stellen, deren Mitglieder häufig älter sind als sie selbst. enspersonen können sich auch besonders bei der Integration neuer Mitglieder einbringen und für diese als Ansprechpartner fungieren. Diese von der jeweiligen Einheit zu wählenden Vertrauenspersonen sind indes nicht mit einer „Interessensvertretung“ der Gruppe gegenüber der Feuerwehrführung oder mit den Sprechern im Bereich der Berufsfeuerwehren zu verwechseln; ihr Aufgabengebiet ist im oben skizzierten Sinne ein völlig anderes. Die Vertrauensperson benötigt keine Führungsausbildung, sondern schlicht besondere empathische und kommunikative Fähigkeiten, um sensibel den sozialen Umgang und individuelle Themen zu begleiten. Die Feuerwehren in NRW fordern die gesetzliche Verankerung von Vertrauenspersonen in der Form, als dass je eine Vertrauensperson inner- halb jeder jeweils kleinsten lokalen Einheit (Löschgruppe/Löschzug) auf jeweils sechs Jahre zu wählen ist. Auf ihre Person/Position ist innerhalb der Einheit in geeigneter Form regelmäßig hinzuweisen. 3. Sprecher der Freiwilligen Feuerwehr in Städten mit Berufsfeuerwehr Das System der Sprecher der Freiwilligen Feuerwehr in den Städten mit einer Berufsfeuerwehr hat sich bewährt. Allerdings halten es die Feuerwehren in NRW für wichtig, dass sich der Sprecher bei der Vertretung der Interessen der Freiwilligen Feuerwehr auch auf deren breite Legitimation berufen kann, was seine Position künftig zusätzlich stärkt. Um die Wahrnehmung der Führungsaufgaben zu unterstützen, die Integration des Einzelnen zu fördern, Konflikten vorzubeugen, diese zu lösen und das soziale Miteinander zu fördern, ist die Schaffung von „Vertrauenspersonen“ auch in den Feuerwehren hilfreich, so wie es Schulen, Vereine, Betriebe und Organisationen schon seit längerer Zeit vorleben. Die Vertrau- 25 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:48 Seite 26 Das Wichtige tun. „ Das Ehrenamt in den Feuerwehren bedarf eines wirksamen Unfallversicherungsschutzes, der verlässlich an der Seite aller Verunfallten steht.“ Zudem erscheint die Wahrnehmung dieser Aufgabe durch eine einzelne Person schon in Anbetracht der Größe einer Feuerwehr einer kreisfreien Stadt als realitätsfremd, so dass der Sprecher künftig Unterstützung durch zwei Stellvertreter erfahren sollte. Die Feuerwehren in NRW fordern daher, dass die Sprecher der Freiwilligen Feuerwehr in Städten mit Berufsfeuerwehr künftig mit dem bewährten Aufgabengebiet im Wege der Urwahl durch alle ehrenamtlichen Angehörigen ihrer Feuerwehr zu wählen sind und auf gleichem Wege auch je zwei Stellvertreter bestimmt werden. 4. Feuerwehrehrenamt und öffentliches Vergaberecht Das nordrhein-westfälische öffentliche Vergaberecht bezieht seit neuestem eine nicht unerhebliche Anzahl von Vergabekriterien ein, die nicht mehr in unmittelbarem Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Günstigkeit der Angebote stehen. Es handelt sich insbesondere um ökologische und soziale Aspekte, die entscheidend dafür sein können, ob ein Bieter sich überhaupt an Vergabeverfahren beteiligen oder diese im Endergebnis für sich entscheiden kann. Die Feuerwehren in NRW sind der Überzeugung, dass die Funktionsfähigkeit des Brand- und Katastrophenschutzes in Nordrhein-Westfalen ein ebenso bedeutsames Anliegen und hohes Gut 26 wie der Umwelt- und Naturschutz, Tariftreue oder die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen ist, zumal die Schwierigkeiten bei der Freistellung von Feuerwehrangehörigen durch ihre Arbeitgeber hinlänglich bekannt sind. Er hält es nicht für vermittelbar, dass diesbezüglich positiv engagierte Arbeitgeber auf jährliche, „unverbindliche“ Förderpreisverleihungen beschränkt werden, sich dann aber parallel dazu ihre Mitbewerber im Wettbewerb um öffentliche Aufträge aufgrund der höheren Gewichtung diverser anderer Kriterien durchsetzen. Die Feuerwehren in NRW fordern, im nordrheinwestfälischen Vergaberecht Kriterien der Beschäftigung von ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen in gleichem Rang wie ökologische und soziale Belange aufzunehmen und zu berücksichtigen, um die Funktionsfähigkeit des Brand- und Katastrophenschutzes zu gewährleisten. 5. Ehrenamtliche Feuerwehrangehörige im Öffentlichen Dienst Die besondere Bedeutung der Sicherstellung des Brand- und Katastrophenschutzes ist jedoch nicht nur eine Verpflichtung der privaten Arbeitgeber. Die öffentliche Hand, die per Gesetz den Arbeitgebern entsprechende Pflichten bei der Freistellung von Einsatzkräften auferlegt und implizit davon ausgeht, dass die Beschäftigung von Feuerwehrangehörigen in den Unternehmen ein gesellschaftlicher, aber auch unternehmerischer Mehrwert ist, muss den öffentlichen Belang des Brand- und Katastrophenschutzes mit ihren Mitteln besonders fördern. Ebenso wie bestimmte andere Gruppen aus verschiedenen Erwägungen heraus im Falle gleicher Qualifikation bevorzugt in den öffentlichen Dienst einzustellen und bei Auswahlverfahren allgemein bevorzugt zu berücksichtigen sind, muss dies auch für ehrenamtliche Feuerwehrangehörige gelten. Zudem ist leider feststellbar, dass sich öffentliche Arbeitgeber aller staatlichen Ebenen häufig schwerer mit einer Freistellung ihrer Mitarbeiter für den Feuerwehrdienst oder die Betreuung einer Jugendfreizeit tun, als dies bei privaten Arbeitgebern der Fall ist. Die Feuerwehren in NRW sind bei jedem neuen Fall, der ihnen angetragen wird, schockiert über das Agieren der Öffentlichen Hand, die häufig nicht mit Kritik am privaten Arbeitgeber spart. Hier muss mit vereinten Kräften auf eine Durchsetzung der Freistellungsverpflichtungen gerade auch im öffentlichen Dienst hingewirkt werden. Die Feuerwehren in NRW fordern eine Änderung des öffentlichen Dienstrechts dahingehend, als dass ehrenamtliche Feuerwehrangehörige bei Einstellungen und Auswahlverfahren mit anderen Bevölkerungsgruppen Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:48 Seite 27 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen gleichgestellt werden, indem sie im Falle gleicher Qualifikation bevorzugt zu berücksichtigen sind und ihre Bewerbungen besonders begrüßt werden. Die Feuerwehren in NRW fordern, dass auch öffentliche Arbeitgeber bei der gesetzlich vorgegebenen Freistellung der bei ihnen beschäftigten Feuerwehrangehörigen stärker in die Pflicht genommen werden, so dass die Freistellung auch in der täglichen Praxis umgesetzt werden kann. 6. Verbesserter Unfallversicherungsschutz Das Ehrenamt in der Feuerwehr schöpft seine Kraft unter anderem daraus, dass sich die Feuerwehrmitglieder stets eines besonderen Schutzes durch die gesetzliche Unfallversicherung nach dem SGB VII bewusst sein können. Zwar ist die Hilfe für den Nächsten unter Gefährdung der eigenen Gesundheit oder gar des eigenen Lebens vor allem eine moralische Verpflichtung; aber die besondere Hingabe besteht für den Einzelnen dennoch in der Gefährdung oder gar Aufopferung des eigenen – vor allem auch beruflichen – Schicksals und desjenigen seiner nächsten Angehörigen, für die er ebenfalls Verantwortung trägt. Der Unfallversicherungsschutz ist in Deutschland und damit auch in Nordrhein-Westfalen grundsätzlich - außer bei Auslandseinsätzen, bei denen Regelungsbedarf besteht - in angemessener Form gewährleistet. Allerdings gelangen in letzter Zeit immer wieder Fälle in das Licht der Öffentlichkeit, in denen vom Unfallversicherungsträger, hier der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen (UK NRW), Leistungen mit dem Verweis auf Vorschädigungen oder so genannte „innere Ursachen“ abgelehnt werden. Beispiele sind der Riss der Achillessehne (ohne Vorschaden kaum denkbar), bestimmte Meniskus-Verletzungen oder ein Herzinfarkt beim kardiologisch fordernden Einsatz unter Atemschutz. Diesen Fällen ist gemeinsam, dass das verletzte Feuerwehrmitglied stets von der eigenen „Tauglichkeit“, d.h. dem Nichtvorhandensein derartiger Ursachen ausgegangen ist und aufgrund der normalen Erkenntnislage inklusive etwaiger arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen wie der G26.3 (Tragen von Atemschutzgeräten) auch von seiner Eignung ausgehen durfte. 27 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:48 Seite 28 Das Wichtige tun. Der VdF NRW hat daher im März 2013 beim Deutschen Feuerwehrverband dringend die Forderung nach einer bundesrechtlich umzusetzenden Änderung der §§ 8, 104 Abs. 1 und 106 Abs. 3 SGB VII angeregt und erwartet für dieses Ansinnen die Unterstützung der nordrheinwestfälischen Landespolitik. Sollte ein Leistungsfall eintreten, profitieren der verletzte Feuerwehrangehörige bzw. seine Angehörigen neben der Übernahme der Heilbehandlungskosten vor allem von den im SGB VII vorgesehenen, so genannten „Mehrleistungen“ wie Entschädigungsleistungen im Falle der Arbeitsunfähigkeit, Rentenzahlungen für den Verunfallten oder – im Todesfall – für seine Angehörigen oder Zahlungen noch während des Heilbehandlungsprozesses zur Kompensation entsprechender Einkommensausfälle (vgl. dazu ausführlich den Anhang zu § 21 der Satzung der UK NRW). Es sind gerade diese Mehrleistungen, die den besonderen Schutz der Feuerwehrmitglieder und ihrer Angehörigen sicherstellen. Auch wenn der Katalog der Mehrleistungen bundesrechtlich vorgegeben ist, so füllen die Unfallversicherungsträger auf Länderebene diese Leistungen vom Umfang her unterschiedlich aus. Der Feuerwehrausschuss der UK NRW bereitet das bestehende Mehrleistungssystem derzeit auf, um die darin enthaltene Schwerpunktsetzung auf ihre gesellschaftliche Aktualität und Tauglichkeit für das Berufsleben zu hinterfragen. Darauf aufbauend sollen ggf. nötige Veränderungen erarbeitet werden. Der VdF NRW begleitet diesen Prozess intensiv, weil auch er der Überzeugung ist, dass nur ein zeitgemäßes Mehrleistungssystem den Feuerwehrleuten und ihren Angehörigen bei Unfällen einen echten und wirksamen Schutz vermitteln kann. „ Nur ein zeitgemäßes Mehrleistungssystem kann den betroffenen Feuerwehrleuten und ihren Angehörigen bei Unfällen einen echten und wirksamen Schutz vermitteln.“ 28 Die Einsätze der Feuerwehren sind vielfältig und stets von besonderen Gefahren begleitet, denen sich der Einzelne aussetzt. Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:48 Seite 29 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen III. Verlässliche, klare und dynamische Strukturen 1. Berufsfeuerwehren und Freiwillige Feuerwehren Die öffentlichen Feuerwehren werden – abgesehen von den bislang vermeidbaren Pflichtfeuerwehren – in Berufs- und Freiwillige Feuerwehren unterteilt. Das geltende Feuerschutzrecht enthält indes keine Definition des Begriffs „Berufsfeuerwehr“. Strukturell ist einzig der Unterschied vorgegeben, dass ehrenamtliche Angehörige der Berufsfeuerwehr in der unmittelbaren Führungsspitze nicht mehr vertreten sein können; die Belange der ehrenamtlichen Angehörigen werden in der Berufsfeuerwehr nur noch von einem Sprecher gegenüber der Leitung der Berufsfeuerwehr vertreten. Statistisch ist festzustellen, dass sich in den vergangenen Jahren Feuerwehren im kreisangehörigen Raum in Berufsfeuerwehren „umfirmiert“ haben. Dadurch profitieren die jeweiligen Kommunen von bestimmten Rabatten bei den Beiträgen zur Unfallkasse NRW als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung für die ehrenamtlichen Kräfte, ohne dass deutlich würde, wodurch dieser Beitragsvorteil durch die schlichte Begriffsänderung zu rechtfertigen wäre. Denn ausweislich entsprechender Landesstatistiken existiert eine Vielzahl von Freiwilligen Feuerwehren mit hauptamtlichen Kräften, bei denen die Anzahl der hauptberuflichen, feuerwehrtechnischen Beamten diejenige bei kleineren Berufsfeuerwehren übersteigt. Ein neues Feuerschutzrecht in Nordrhein-Westfalen muss hier für Klarheit in den Feuerwehrstrukturen sorgen. Der Status einer „Berufsfeuerwehr“ mit rein hauptamtlicher Leitung rechtfertigt sich ausschließlich im kreisfreien Raum dadurch, dass in der Ämterstruktur der kreisfreien Stadt bei der Feuerwehr Aufgaben zusammenfallen, die im kreisangehörigen Raum zwischen den Kommunen und der Kreisverwaltung aufgeteilt sind, für die also auch die dortigen Leitungen der Feuerwehren nicht verantwortlich sind und daher auch nicht ex lege einer rein hauptamtlichen Führungsstruktur bedürften. Konkret handelt es sich im kreisfreien Raum um die gleichzeitige Vorhaltung der Leitstelle, die Durchführung der Rettungsdienstbedarfsplanung, der Organisation der Krisenstabsarbeit sowie die Zuständigkeit für die sonst vom Kreis wahrgenommenen Aufgaben im Zivil- und Katastrophenschutz. Die Feuerwehren in NRW fordern daher, dass ein neues Feuerschutzrecht in Nordrhein-Westfalen Berufsfeuerwehren mit den bestehenden organisatorischen Besonderheiten (Leitung, Sprecher etc.) ausschließlich im kreisfreien Raum und ansonsten Freiwillige Feuerwehren (ggf. wie bislang mit hauptamtlichen Kräften) vorsieht. 29 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:49 Seite 30 Das Wichtige tun. 2. Nicht öffentliche Feuerwehren (Werk- und Betriebsfeuerwehren) Die Werk- und Betriebsfeuerwehren stellen in ihren Zuständigkeitsbereichen die Wahrnehmung der Feuerwehraufgaben sicher. Aufgrund der Bedeutung der Industrie und Logistik am Standort Nordrhein-Westfalen kommt den für sie geltenden Vorschriften daher eine besondere Bedeutung zu. Die Werk- und Betriebsfeuerwehren besorgen die Sicherheit von Menschen, Umwelt und Industrieanlagen. So sind allein in den 72 Werkfeuerwehren und 15 Betriebsfeuerwehren, die als ordentliche Mitglieder im Werkfeuerwehrverband NRW organisiert sind, insgesamt ca. 5700 Mitarbeiter tätig. In diesen Feuerwehren besetzen rund 2300 hauptberufliche Mitarbeiter täglich ca. 570 Funktionen, weitere rund 3400 nebenberuflich in den Werkbzw. Betriebsfeuerwehren engagierte Mitarbeiter noch einmal ca. 440 Funktionen pro Tag. Aufgrund der großen Bedeutung unterstützen die Feuerwehren in NRW die nachfolgenden Überlegungen zur Zukunft dieses Feuerwehrbereichs: Die Zielsetzung, die Veränderungen in der industriellen Landschaft zu berücksichtigen und allen Werkfeuerwehren eine gesicherte Rechtsgrundlage zu geben, ist grundsätzlich richtig, selbst wenn dies für das neue Feuerschutzrecht bedeutet, dass die Forderung einer Werk- bzw. Betriebszugehörigkeit in der Neufassung des FSHG entfallen muss. 30 Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Forderung einer Werk- oder Betriebsangehörigkeit in der Vergangenheit für den hohen Qualitätsstand der Werkfeuerwehren und damit auch für den hohen Sicherheitsstandard in der nordrhein-westfälischen Industrie nicht unwesentlich war. Daher bedingt das Entfallen dieser Forderung unbedingt eine sinnvolle Kompensation, für die drei wesentliche Eckpunkte zu nennen sind: • • • Grundlagen für die Bemessung und Anerkennung nicht öffentlicher Feuerwehren Einführung definierter Qualitätsanforderungen und die Sicherstellung der Gefahrenabwehr aus einer Hand (siehe dazu unten) Definierte Qualitätsanforderungen können nur durch die verbindliche Einführung einer „Verordnung nicht öffentliche Feuerwehren“ gesichert werden, da hierbei eine Vielzahl von Punkten zu regeln ist, die nicht in einem Gesetz zu platzieren sind. Die Regelungen in der Verordnung sind branchenspezifisch zu treffen. Als Beispiele wären ohne Anspruch auf Vollständigkeit folgende Punkte bzw. Themenbereiche zu benennen: Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:49 Seite 31 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen „ Insgesamt ca. 5700 Mitarbeiter sind in den 72 Werkfeuerwehren und 15 Betriebsfeuerwehren tätig, die als ordentliche Mitglieder im Werkfeuerwehrverband NRW organisiert sind.“ 1. Begriffsbestimmung „Nichtöffentliche Feuerwehren“ (Werk-/ Betriebsfeuerwehren) 2. Grundlagen der Bemessung und Anerkennung für nicht öffentliche Feuerwehren, d.h. übergreifend für alle Bezirksregierungen verbindliche, klare und eindeutige Vorgaben für die Festlegung von Schutzzielen, Hilfsfristen, Erreichungsgraden sowie die Durchführung einer Bedarfsplanung bei Werkfeuerwehren unter Berücksichtigung der Anforderungen an die einzelnen Branchen 3. Schnittstellen zur öffentlichen Gefahrenabwehr mit Festlegungen zur Einsatzleitung, dem Verbleib der Abschnittsleitung, wenn die öffentliche Feuerwehr die Gesamteinsatzleitung übernimmt, der Teilnahme nicht öffentlicher Feuerwehren am BOS Funk sowie einem Kommunikationskonzept Leitstellen/ Sicherheitszentralen unter Berücksichtigung der StörfallVO 4. Struktur und Organisation von Gefahrenabwehr und Krisenmanagement; Einbindung der Werkfeuerwehr in das Krisenmanagement des Standortes als Verpflichtung 5. Regelung zur Aus- und Weiterbildung von haupt- und nebenberuflichen Feuerwehrkräften unter Berücksichtigung betriebsspezifischer Erfordernisse 6. Ausbildungsberuf „Werkfeuerwehrmann/ -frau“ für hauptberufliche Mitarbeiter, d.h. Übernahme des bestehenden Erlasses in die Verordnung sowie Anerkennung des Ausbildungsweges als Voraussetzung für den Dienst in der Werkfeuerwehr in Gleichwertigkeit zur klassischen Ausbildung der Feuerwehren 7. Qualitätsanforderungen Technik gemäß den örtlichen und branchenspezifischen Gegebenheiten 8. Nachweis von Konzepten bei Personal- bzw. Technikausfall 9. Anforderungen an das Personal von Sicherheitszentralen, Einsatzzentralen bzw. Notruf-Meldestellen 10. Regelungen über Aufgaben der Werkfeuerwehren im vorbeugenden Brandschutz: Übertragung der Brandschau und deren Durchführung, Brandsicherheitswachen, Brandschutzerziehung und -aufklärung, Beteiligung am Baugenehmigungsverfahren 11. Vorgehen bei (regelmäßiger) Überprüfung und Auditierung (Systemaudit) 12. Regelungen zur überörtlichen Hilfeleistung, z.B. bei TUIS, Kostenverrechnung (soweit nicht geregelt) 13. Dienstgrade und Dienstgradabzeichen bei Werkfeuerwehren 14. Schnittstellen zu Feuerwehren aus anderen Rechtsbereichen (Bergrecht, ICAO), soweit dies aus Sicht der Feuerschutzgesetzgebung des Landes zu regeln ist 31 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:49 Seite 32 Das Wichtige tun. Den vorstehend angesprochenen Grundlagen zur Bemessung und Anerkennung von Werkfeuerwehren kommt eine besondere Bedeutung zu, denn die Anerkennung bzw. Anordnung von Werkfeuerwehren/Betriebsfeuerwehren basiert derzeit in der Regel nicht auf eindeutig nachvollziehbaren Grundlagen, sondern häufig auf rein individuelle Beurteilungen von Unternehmen und Bezirksregierungen. Befürwortet wird daher eine klar strukturierte „Schutzzielorientierte Bedarfsplanung“ der betrieblichen Gefahrenabwehr, abhängig von Gefahrenpotential (Risikobetrachtung) unter Anwendung von branchen- und standortspezifischen Szenarien sowie in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit der jeweiligen öffentlichen Gefahrenabwehr. Die Anwendung unternehmensübergreifend einheitlich festgelegter Szenarien ist abzulehnen, da sie die individuelle Situation der Unternehmen nicht hinreichend berücksichtigen können. Die Sicherstellung der Gefahrenabwehr aus einer Hand ist insbesondere durch die Forderung zu erreichen, dass für einen Industrieparkstandort – aber auch für Mono-Standorte mit angesiedelten Betrieben von Subunternehmern – ein einheitlich strukturiertes und organisiertes Gefahrenabwehr- bzw. Krisenmanagement 32 gefordert wird. Ein möglicher Weg wäre, die Verpflichtung zur Vorhaltung einer Werkfeuerwehr dem für die Gesamtsicherheit des Standortes verantwortlichen Standortbetreiber aufzuerlegen. Gegebenenfalls könnten hier auch Regelungen aus den Arbeitsschutzbestimmungen hilfreich sein. Auch auf die Bedeutung der Betriebsfeuerwehren ist gesondert hinzuweisen. Dem Werkfeuerwehrverband NRW sind insgesamt 15 Betriebsfeuerwehren mit zirka 550 Mitarbeitern angeschlossen. Viele dieser Betriebsfeuerwehren sind aus durchaus schlagkräftig und werden zum Teil von Feuerwehrangehörigen geführt, welche eine Qualifikation als Brandinspektor besitzen. Betriebsfeuerwehren haben aus Versicherungsgründen aber auch im Hinblick auf die Betriebssicherheit eine hohe Bedeutung für ihre Unternehmen. Aufgrund der fehlenden Berücksichtigung im aktuellen FSHG ist für diese Feuerwehren jedoch die Möglichkeit einer Ausbildung extrem erschwert worden. Darüber hinaus können auch andere für Feuerwehren wichtige Regelungen, wie z.B. Regelungen zur LKW-Fahrerlaubnis, auf Betriebsfeuerwehren nicht angewendet werden, da sie im derzeitigen Gesetz überhaupt nicht als Feuerwehren berücksichtigt sind. Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:49 Seite 33 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen „ Den Leitstellen kommt eine maßgebliche Bedeutung für die alltägliche Arbeit der Feuerwehren zu.“ Daher wird vorgeschlagen, die Betriebsfeuerwehren wieder im Gesetz zu berücksichtigen, um ihnen einen Zugang zu den notwendigen Weiterbildungsangeboten für Führungskräfte am Institut der Feuerwehr NRW zu geben und sie in den Regelungsbereich spezieller Feuerwehrverordnungen einzubinden. Dabei durchaus vertretbar, • • durch Festlegung einer Mindeststärke eine bestimmte Relevanz für den operativen Feuerwehreinsatz zu fordern sowie diese Feuerwehren auf Basis freiwilliger Vereinbarungen in die kommunale Gefahrenabwehr einzubinden. Bezüglich der Aufschaltung von Notrufen wird angeregt, die Aufschaltung betriebsinterner Notrufe auf Sicherheits- oder Einsatzzentralen von nicht öffentlichen Feuerwehren zu berücksichtigen. Es ist weiterhin unumgänglich, dass sich unseren Bürgern eine einheitliche Notrufnummer einprägt. Diese Nummer sollte auch gültig sein, wenn Betriebsmitarbeiter Hilfe bei ihrer Werkfeuerwehr anfordern. 3. Einheiten auf Kreisebene; Leitstellen Bei der Zuständigkeitsverteilung zwischen Land, Kreisen und Städten und Gemeinden sieht der heutige § 1 Abs. 5 FSHG NRW auf Kreisebene nur Einrichtungen für Feuerschutz und Hilfeleistung wie Atemschutzübungsstrecken, bestimmte Werkstätten etc. vor, nicht hingegen entsprechende Einheiten. Aufgrund der vom VdF NRW stets begrüßten Erarbeitung und Umsetzung der Landeskonzepte, insbesondere des ABC-Schutz-Konzepts NRW oder der Konzepte für Information und Kommunikation (IuK), kann es im Aufgabenbereich der Feuerwehren jedoch erforderlich werden, Kräfte aus mehreren kreisangehörigen Kommunen zu einer entsprechenden Einheit zu bündeln. Gleiches kann übrigens auch im Bereich der Feuerwehrmusik erforderlich sein, um entsprechend große, leistungsfähige Einheiten zusammen zu stellen. Die Feuerwehren in NRW regen daher an, die Kreise auch zur Errichtung von FeuerwehrEinheiten zu ermächtigen, soweit dafür ein überörtlicher Bedarf besteht. Den Leitstellen kommt eine maßgebliche Bedeutung für die alltägliche Arbeit der Feuerwehren zu. Die Qualität des dortigen Personals entscheidet mindestens ebenso sehr über den Einsatzerfolg wie diejenige der Kräfte an der unmittelbaren Einsatzstelle. Leitstellenpersonal bedarf zur Einschätzung und zum Verständnis der Zusammenhänge eines nachhaltigen Praxisbezugs. Die Feuerwehren in NRW fordern daher, dass hauptberufliches Leitstellenpersonal in Leitstellen mit öffentlicher Notrufabfrage mindestens über eine B-III- und Rettungsassistenten-Qualifikation (künftig: Notfallsanitäter) verfügen muss. Die Leitstellen der Kreise und kreisfreien Städte müssen untereinander und mit den übergeordneten Landesbehörden vernetzt werden, um den erforderlichen Informationsaustausch mit Lagebildern und Gefahrenveränderungen sicherzustellen. Außerdem müssen in allen Kreisen und kreisfreien Städten Redundanzen bei Komplettausfällen der Leitstellen gewährleistet sein; ebenso sind die Vorgaben für den Ausfall des Notrufes 112 landesweit zu vereinheitlichen. Die Qualität der Leitstellen ist für den Einsatzerfolg ebenso entscheidend wie gut ausgebildete Einsatzkräfte und optimale Austattung an der Einsatzstelle. 33 Das Wichtige tun. 4. Leitung der Feuerwehren im kreisangehörigen Raum Im kreisangehörigen Raum finden sich analog zu unterschiedlichen kommunalen Strukturen auch sehr verschieden strukturierte Feuerwehren. 288 der 396 Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen organisieren ihre Feuerwehr ausschließlich ehrenamtlich. Daneben gibt es eine Zahl von Freiwilligen Feuerwehren mit hauptamtlichen Kräften, wobei bislang nicht gesetzlich definiert ist, welche Stärke eine „hauptamtliche Wache“ im Gesetzessinne haben muss. Allgemein kommt den Leitern der Feuerwehren eine Schlüsselfunktion für die Zukunft ihrer Feuerwehren zu. Sie haben unmittelbare Verantwortung für das Personal sowie die Personalentwicklung und sind in allen fachlichen Belangen der unmittelbare Ansprechpartner, darunter natürlich auch Politik und Verwaltung der jeweiligen Kommune. Konzepte zur Mitgliederwerbung, Mitgliederbindung oder zum sozialen Zusammenhalt der Feuerwehren sowie die Einführung technischer oder taktischer Neuerungen sind ohne die Mitwirkung und das Engagement der Leiter der Feuerwehren undenkbar. Die Feuerwehren in NRW möchten die Leiter der Feuerwehren daher künftig bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben stärker unterstützen und unterstützt wissen. Bei größeren hauptamtlichen Wachen, deren Mitarbeiterzahl dementsprechend hoch ist, 34 kommt dem Wachleiter eine besondere Position, Funktion und Verantwortung für die gesamte Feuerwehr zu. Es ist davon auszugehen, dass bei einer hauptamtlichen Wache, die rund um die Uhr sechs Funktionen (Staffelstärke) oder mehr, d.h. mindestens eine Staffel im Brandschutz, also unter Abzug der Kräfte im Rettungsdienst, vorhält, diese hauptamtliche Wache aufgrund ihrer Größe die gesamte alltägliche Hintergrunddienstleistung für die Feuerwehr trägt. Darunter fallen zum Beispiel das Werkstattwesen, die Gebäudetechnik – soweit in der eigenen Regie der Feuerwehr – und die Aufgaben der Einsatzvorbereitung und –planung. Zugleich wird das Ehrenamt in solchen Strukturen vollumfänglich von diesen Aufgaben entlastet. Die Leiter solcher hauptamtlicher Wachen sind anders als die ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen schon allein aus beruflicher Verpflichtung ganztägig an der Feuerwache präsent und somit in der Lage, die vielfältigen Angelegenheiten tagsüber ohne Konflikte mit dem Arbeitgeber zu regeln. Aus Sicht der Feuerwehren in NRW ist es aufgrund dieser hervorgehobenen Bedeutung sinnvoll, die Leiter derart großer hauptamtlicher Wachen besonders für das Wohl der Gesamtfeuerwehr in die Pflicht zu nehmen und sie zwingend in die Leitung der Feuerwehr (Leiter oder Stellvertreter) einzubinden. Dadurch bleibt im kreisangehörigen Raum die bisherige Wahlfreiheit der Kommune erhalten, den Leiter der Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen Feuerwehr aus dem Ehren- oder dem Hauptamt zu bestellen; anders als derzeit hat der Leiter der hauptamtlichen Wache nun jedoch die Möglichkeit und die Pflicht, sich voll und ganz in die Verantwortung für die Entwicklung der Gesamtwehr einzubringen. Die Feuerwehren versprechen sich von dieser Lösung nicht nur eine größere Dynamik, sondern auch die Vermeidung von Konfliktlinien, die mancherorts zwischen Haupt- und Ehrenamt existieren. Trotz der verpflichtenden Einbindung des Leiters der hauptamtlichen Wache in die Leitung der Feuerwehr muss es zur Vereinheitlichung des Systems bei der jeweils zeitlich auf sechs Jahre befristeten Bestellung bleiben, so dass für alle Mitglieder der Leitung der Feuerwehr dieselben (Wieder-) Bestellungsregelungen gelten. Für Kommunen, in denen bislang keine Einbindung des Leiters der hauptamtlichen Wache in die Leitung der Feuerwehr gegeben ist, ist eine Übergangsregelung dahingehend zu schaffen, dass die Umsetzung der neuen Regelung mit dem Ablauf der letztmaligen Wiederbestellung des bisherigen Leiters/Stellvertreters erfolgt, um keine funktionierenden Führungsstrukturen zu zerschlagen. Im Vorfeld der Bestellung des Leiters der Feuerwehr ist auch heute schon eine Anhörung durchzuführen. Aufgrund der Unklarheit des Begriffs der „aktiven Wehr“, der heute in den entsprechenden Vorschriften normiert ist, schlagen die Feuerwehren in NRW vor, künftig eine Anhörung „der Feuerwehr“ vorzusehen. Erstens wird dadurch klargestellt, dass z.B. auch die jeweiligen Feuerwehrmusikeinheiten, die Jugendfeuerwehr und Ehrenabteilung bezüglich ihres Leiters der Feuerwehr anzuhören sind; zweitens beugt eine solche gleichbehandelnde Regelung Abgrenzungsproblemen vor, die sonst im Falle der vom VdF NRW vorgeschlagenen Öffnung der Feuerwehren entstehen könnten. Die Feuerwehren in NRW begrüßen die mit der letzten Reform eingeführte Begrenzung der Amtszeiten allgemein, d.h. nicht nur für die Leiter der Feuerwehren, sondern auch für sonstige Führungskräfte. Allerdings erkennt er aufgrund der Praxiserfahrung der vergangenen Jahre nicht, welchen Erkenntniswert die Anhörung auch bei Wiederbestellungen von Leitern der Feuerwehren und ihren Stellvertretern hat. Die Feuerwehren in NRW fordern, dass ein neues Feuerschutzrecht die Rechtsverhältnisse der Führungsverantwortung bei Vorhandensein einer hauptamtlichen Wache mit Vorhaltung einer Staffel im Brandschutz rund um die Uhr klar regelt. Demnach ist in solchen Fällen der Leiter der hauptamtlichen Wache zwingend in die Leitung der Feuerwehr einzubinden. Für amtierende Leiter der Feuerwehren und Stellvertreter gilt bis zum Ablauf der letztmaligen Wiederbestellung Bestandsschutz. Bei Anhörung im Vorfeld der Bestellung ist künftig eine Anhörung „der Feuerwehr“ vorzusehen. Die formale Anhörung ist künftig nur noch bei der erstmaligen Bestellung der betroffenen Person vorzusehen. Die Führungskräfte tragen eine besondere Verantwortung für die Feuerwehren – nicht nur im Einsatzfall. 35 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:49 Seite 36 Das Wichtige tun. 5. Bezirksbrandinspekteure Die Feuerwehren in NRW sehen das existierende System der Bezirksbrandmeister als bewährt an. Allerdings sollten die Bezeichnungen zur Verdeutlichung der Aufsichtsfunktion vereinheitlicht werden. Die Feuerwehren in NRW schlagen daher vor, die Bezirksbrandmeister künftig analog zu den Funktionsbezeichnungen auf örtlicher Ebene und in anderen Bundesländern als „Bezirksbrandinspekteure“ zu bezeichnen. 36 6. Kreisbrandinspekteure Das System der Unterstützung des Landrats bei seiner Aufsicht im Feuerwehrwesen durch die Funktion des Kreisbrandmeisters ist bewährt, hilfreich und grundsätzlich bestens funktionsfähig. Allerdings sollten die Aufgaben und Befugnisse des Kreisbrandmeisters bzw. des Landrats über die heutige Regelung in § 34 FSHG NRW hinaus konkretisiert werden. Die Aufsicht muss über alle kreisangehörigen öffentlichen Feuerwehren in gleichem Maße bestehen. Die Feuerwehren in NRW schlagen vor, folgenden Aufgabenkatalog und – soweit es sich um aufsichtsbehördliche Aufgaben handelt – entsprechend klare Ermächtigungen des Landrats vorzusehen, die sich auf alle öffentlichen Feuerwehren im Kreisgebiet beziehen: • • • • • Fachaufsicht über die Kreisleitstelle Einsatzplanung und Einsatzvorbereitung auf Kreisebene, z.B. MANV, ABC, überörtliche Hilfe Koordinierung der Kreisausbildung Optionale Übernahme einer Einsatzleitung (wie bisher) Katastrophenschutz einschließlich Führung/Einsatzleitung (allgemein zum KatS siehe auch unten) • Koordination der Zusammenarbeit von Feuerwehr und Rettungsdienst einschließlich fachlicher Mitwirkung bei der Aufstellung von Rettungsdienstbedarfsplänen • Fachaufsicht über und Überprüfung der Leistungsfähigkeit von allen kreisangehörigen Feuerwehren und Hilfsorganisationen • Mitwirkung bei allen Feuerwehr- und Katastrophenschutzbelangen im Rahmen der Kommunalaufsicht • Fachliche Beratung der Leitungen der kreisangehörigen Feuerwehren Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:50 Seite 37 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen Die Feuerwehren in NRW sehen kein Bedürfnis, entgegen des funktionsfähigen Systems künftig zwingend hauptamtliche Kreisbrandmeister vorzusehen, zumal innerhalb des skizzierten Aufgabenspektrums je nachdem auch eine sachbearbeitende Zuarbeit durch sonstige Verwaltungskräfte in der Kreisverwaltung erfolgen kann. Soweit möglich, soll den Kreisen die – im Übrigen auch sehr kostengünstige – ehrenamtliche Wahrnehmung dieser Funktion möglich sein, so wie dies heute in einer Vielzahl von Kreisen in Nordrhein-Westfalen bestens organisiert ist. Soweit anderweitige Lösungen durch eine Festanstellung in Voll- oder Teilzeit erforderlich sind, darf sich das FSHG diesen natürlich auch nicht verschließen. In jedem Fall muss die Wahrnehmung der Aufgabe – gleich ob haupt- oder ehrenamtlich – weiterhin mit einer im Ehrenamt erworbenen FQualifikation möglich sein. Die Kreisbrandmeister unterstützen den Landrat bei der Aufsicht im kreisangehörigen Raum vor allem über ehrenamtlich geprägte Feuerwehren, so dass es überaus wichtig, aber auch ausreichend ist, dass der Kreisbrandmeister auf seinem Ausbildungsweg die Belange und Abläufe dieses Ehrenamtes selbst erfahren hat. Dies schließt eine Wahrnehmung der Aufgabe durch einen feuerwehrtechnischen Beamten (B-Qualifikation) natürlich nicht aus. Da aber weder F- noch B-Ausbildung die Besonderheiten der aufsichtsbehördlichen Aufgabenfeldes lehren, bedarf es für den Kreisbrandmeister einer besonderen Vermittlung der mit seinem Tätigkeitsfeld verbundenen Besonderheiten. Hierfür halten die Feuerwehren in NRW einen Lehrgang am Institut der Feuerwehr NRW im Umfang des heutigen F-VI-Lehrgangs für sinnvoll. Schließlich sollte auch auf Kreisebene eine Vereinheitlichung der Funktionsbezeichnung vorgenommen werden. Für die Amtszeiten und die vor der erstmaligen Bestellung erforderliche Anhörung gilt das zum Leiter der Feuerwehr Ausgeführte sinngemäß. Die Feuerwehren in NRW fordern eine Klarstellung der Aufgaben des Kreisbrandmeisters und Befugnisse des Landrats. Als Zugangsvoraussetzung für die Funktion des Kreisbrandmeisters bleibt es unabhängig davon, ob der entsprechende Amtswalter haupt- oder ehrenamtlich tätig ist, bei der heute vorgesehenen F- oder BQualifikation, der ein gesonderter Lehrgang am Institut der Feuerwehr NRW angefügt wird. Eine Anhörung der örtlichen Leiter der Feuerwehr soll nur noch bei der erstmaligen Bestellung vorgesehen werden. Die Feuerwehren in NRW schlagen vor, die Kreisbrandmeister künftig analog zu den Funktionsbezeichnungen auf örtlicher Ebene und in anderen Bundesländern als „Kreisbrandinspekteure“ zu bezeichnen. 37 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:50 Seite 38 Das Wichtige tun. 7. Wiedereinführung des Begriffssystems „Katastrophe/Katastrophenschutz – KatS“ Das FSHG aus dem Jahre 1998 war geprägt von dem Gedanken, aufgrund sicherheitspolitischer Veränderungen vom bisherigen System des Katastrophenschutzes zugunsten der so genannten „Großschadenereignisse“ abzurücken. Nach über einem Jahrzehnt Gesetzesanwendung ist aus Sicht der Feuerwehren in NRW festzuhalten, dass sich die damit verbundenen Erwartungen und Zielsetzungen nicht realisiert haben. Das vormalige Begriffssystem des Katastrophenschutzes war – auch in der Bevölkerung – verständlicher und klarer und ist zudem nach wie vor Realität in den benachbarten Bundesländern, mit denen je nach Lage eine geordnete Zusammenarbeit funktionieren muss. 38 Die Feuerwehren in NRW fordern daher, zum alten Begriffssystem von Katastrophe/Katastrophenschutz (KatS) zurückzukehren und dies möglichst auch schon im Gesetzesnamen des neuen Feuerschutzrechts deutlich zu machen. Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:50 Seite 39 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen 8. Organisation des Katastrophenschutzes Katastrophen im Rechtssinne sind zum Glück selten auftretende Ereignisse. Dennoch bedarf es im Falle eines Falles eines optimalen Katastrophenschutzes, der wegen der Seltenheit der Ereignisse, aber auch aufgrund des fachlichen und ressourcenbezogenen Anspruchs der jeweiligen Lage an die Gefahrenabwehrkräfte einen Großteil seiner Funktionalität aus stringenter Organisation und guter Vorbereitung schöpft. Die Feuerwehren in NRW fordern daher beim Katastrophenschutz die Normierung und Errichtung eines besonders effizienten, klar strukturierten und bestens vorbereiteten Systems. Im Einzelnen: • Es ist klarzustellen, dass die (untere) KatS-Behörde auch Zugriff auf kommunale Ressourcen hat, um ihre Aufgaben zu erfüllen. • Auch auf Ebene der kreisangehörigen Kommunen muss der Rahmen für ein klares System administrativ-organisatorischer Stäbe (begrifflich als „Stab für außergewöhnliche Ereignisse“ in Abgrenzung zum „Krisenstab“) vorgegeben werden. • Beim Begriff „Krisenstab“ ist zu prüfen, inwieweit eine bessere Abgrenzung zu „Krisenstäben“ in anderen Rechtsbereichen (Veterinärwesen, Gesundheitsbereich) erreicht werden kann. Auch wenn mitunter bei der Arbeit auf Infrastruktur des Krisenstabes gem. FSHG n.F. zurückgegriffen wer den kann, so ist dennoch die Zuarbeitsver-pflichtung gegenüber anderen oberen/ obersten Landesbehörden als dem MIK zu klären und zu regeln, umgekehrt deren Weisungsbefugnisse gegenüber dem Stab, um Widersprüche auszuschließen. • Die Identifikation von kritischen Infrakstrukturen (KRITIS) und deren Absicherung sowie Ausfallkompensation inklusive entsprechender Gefahrenabwehrplanung muss zur verpflichtenden Aufgabe der Katastrophenschutzbehörden erklärt werden. Systemische Aspekte und Bedarfsplanung: • Es bedarf einer klaren Festlegung des Übergangs von Zuständigkeiten, Verantwortung und Kostenträgerschaft bei der Gefahrenabwehr zwischen Gemeinden, Kreisen und Land. • Die derzeitige Kopplung von Eintritt/Feststellung einer Katastrophe (aktuell: “Großschadenereignis“) an einen rückwärtigen Unterstützungsbedarf durch die administrativ-organisatorische Komponente ist nicht sachgerecht. Zur Anordnung von Maßnahmen zur Verhinderung des Ausfalls von kritischen Infrastrukturen bedarf es in Anlehnung zu der aktuellen Regelung in § 24 FSHG einer Ermächtigungsgrundlage. • Die Katastrophenschutzbehörden müssen verpflichtet werden, einen Katastrophenschutzbedarfsplan aufzustellen und mindestens alle fünf Jahre fortzuschreiben. So ergibt sich im Dreiklang durch untereinander abgestimmte Festlegungen in den Brandschutzbedarfsplänen, Rettungsdienstbedarfsplänen und Katastrophenschutzplänen der optimale Bevölkerungsschutz. Eine Katastrophenschutzbedarfsplanung sichert neben der Gefahrenabwehrplanung eine politische Entscheidung über Standards. Der VdF NRW wird das Gespräch mit der Landesverwaltung suchen, um möglichst gemeinsam ein Forschungsprojekt zu initiieren, wie eine Katastrophenschutzbedarfsplanung sinnvoll auszugestalten ist. • Mit Blick auf Gefahrenabwehrmaßnahmen an gefährlichen Anlagen sind Zuständigkeitsregelungen festzulegen, die auch Anlagen außerhalb der NRW-Landesgrenzen berücksichtigen (z.B. grenznahes Atomkraftwerk in Niedersachsen). 39 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:50 Seite 40 Das Wichtige tun. Im Katastrophenfall muss die Feuerwehr berechtigt sein, auch komplexe Einsatzstellen vollständig für Unbefugte abzusperren, da Polizei und Ordnungsbehörden in vielen Katastrophenlagen dies nicht so schnell wie nötig umsetzen können. Nur ein effektives Warn- und Informationssystem garantiert die Sensibilisierung der Bevölkerung im Katastrophenfall. 40 • Die aktuellen Regelungen des § 24 FSHG (besonders gefährliche Objekte), die den Betreibern bestimmte Mitwirkungspflichten bei der Gefahrenabwehr bzw. deren Vorbereitung auferlegen, sind auf Störfallbetriebe im Sinne des heutigen § 24a FSHG auszudehnen. • Die Informations-, Unterrichtungs- und Meldepflichten der Katastrophenschutzbehörden untereinander sind klar festzulegen, vor allem wenn Wirkradien von Gefährdungen die Grenzen der jeweiligen Zuständigkeitsgebiete überschreiten. • Eine Harmonisierung bzw. Kompatibilität der hiesigen Vorschriften mit denjenigen benachbarter Bundesländer ist anzustreben. Selbsthilfe, Warnung und Information der Bevölkerung: • Die Information der Bevölkerung zur „Selbsthilfe“ (vgl. § 8 FSHG) soll als Teilbereich der Brandschutzerziehung und Brandschutzaufklärung als verpflichtende Aufgabe der Kommunen festgeschrieben werden. Zu klären bleibt, inwieweit hier auch Belange des Zivilschutzes berücksichtigt werden können. • Ebenso müssen die Zuständigkeiten für Warnung und Information der Bevölkerung im Gefahrenfall klar geregelt werden. Die Beschreibung eines dahingehenden Systems ist als zentrale Aufgabe des Landes im Sinne des heutigen § 3 Abs. 3 FSHG vorzusehen. Dazu gehört auch die Schaffung von Rechtsgrundlagen, die die Nutzung öffentlicher Telekommunikationssysteme zu Warnzwecken gestatten (z.B. Cell-Broadcast). • Die Feuerwehren in NRW halten die flächendeckende Präsenz von Sirenen als erste Grundlage eines „Wecksystems“ für unverzichtbar. Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:50 Seite 41 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen • Die Auslösung einer Warnung im Ereignisfall erfolgt durch die Kreisleitstellen auf Anforderung durch den örtlichen Einsatzleiter oder den Krisenstab. Das modulare Warnsystem des Bundes (MoWaS) ist den Leitstellen zu diesem Zweck durch das Land als Bedieneroberfläche zur Verfügung zu stellen; es könnte ggf. auch für die gegenseitige Unterrichtung der KatS-Behörden unter einander dienen. Für das Sperren von Übertragungs- leitungen durch die privaten Netzbetreiber ist ein Genehmigungsvorbehalt im Einzelfall durch das MIK vorzusehen. • Für die Personenauskunftsstellen (PASS) sind Standards hinsichtlich Organisation, Kapazität und Reaktionszeit (von Alarmierung bis Betriebsaufnahme) zu beschreiben und zu klären, inwieweit die heutigen zwei PASS ausreichend sind. U.U. ist eine PASS pro Regierungsbezirk sinnvoller. Evtl. ist eine für die allgemeine PASS-Arbeit erforderliche Anpassung der Datenschutzvorschriften zu prüfen. • Ebenso muss geklärt werden, inwieweit PASS sich nicht auch neuen Mediennutzungen (Internet, Sozialnetzwerke) anzupassen hat, anstatt sich allein auf das Telefon zu beschränken. Kosten: • Die Rechtslage bei vorgeplanten Veranstaltungen bedarf bzgl. des Kostenersatzes aus der Sicht der örtlich nicht unmittelbar zuständigen, sondern nur unterstützenden Katastrophenschutzbehörden der Überprüfung. Gleiches gilt für eine Ermächtigungsgrundlage zur Gebührenfestsetzung für Aufwendungen im Zusammenhang mit geplanten Großveranstaltungen. Die Arbeit in Stadien ist unverzichtbar, aber eine besondere Herausforderung. 41 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:50 Seite 42 Das Wichtige tun. 9. Vorbeugender Brandschutz Der Vorbeugende Brandschutz ist für die Gefahrenabwehr mindestens ebenso wichtig wie der abwehrende Brandschutz im realen Einsatzfall. Der Vorbeugende Brandschutz sorgt nicht nur 42 für die Vermeidung von Einsatzereignissen, sondern gerade auch im Schadenfall für bestmögliche Rettungs- und Einsatzbedingungen, weshalb er einer engen Verzahnung mit der örtlich zuständigen Feuerwehr bedarf. Die Feuerwehren in NRW fordern daher, künftig Brandschutzerziehung und Brandschutzaufklärung gesetzlich eindeutig als für die Kommunen verpflichtend („Muss-Bestimmung“) festzuschreiben. Die Feuerwehren in NRW fordern daher, keinesfalls von der hoheitlichen Wahrnehmung des Vorbeugenden Brand- und Gefahrenschutzes in den Händen oder unter Beteiligung der Feuerwehren in der bewährten Form abzusehen. 11. Klarstellende Änderung des LPVG Bei der Novellierung des Landespersonalvertretungsrechts im Jahre 2011 wurde dessen Anwendungsbereich auf Personenkreise ausgedehnt, die – insbesondere im kommunalen Bereich – ehrenamtlich mit öffentlichen Aufgaben betraut sind. Nach Wahrnehmung der Feuerwehren in NRW zielte diese Regelung nicht auf die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren ab, zumal damit auch die Frage der Mitbestimmung der Personalvertretung in Angelegenheiten des Ehrenamtes in den Feuerwehren zu beantworten wäre. Der Wortlaut des LPVG bedarf indes aufgrund seiner weiten Formulierung einer klärenden Auslegung, was eine erhebliche Rechtsunsicherheit mit sich bringt. In einem Streitfall im Rahmen der Personalratswahlen Anfang des Jahres 2012 hat das Verwaltungsgericht Aachen mit Beschluss vom 30.08.2012 (Aktenzeichen: 16 K 1643/12.PVL) die Rechtsauffassung der Feuerwehren in NRW bestätigt und ehrenamtliche Feuerwehrleute vom Anwendungsbereich des LPVG ausgenommen. Es fehlt zu dieser Frage indes nach wie vor an höchstrichterlicher Rechtsprechung. 10. Brandschutzerziehung und Brandschutzaufklärung Brandschutzerziehung und Brandschutzaufklärung sind unverzichtbare Elemente vorbeugender Gefahrenabwehr. Entgegen häufiger Ansicht sind Zielgruppe nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern Menschen jeden Alters und in jeder Lebenssituation. Der VdF NRW bietet über seine Fachstelle Brandschutzerziehung und Brandschutzaufklärung, die er mit Unterstützung der Provinzial-Versicherungen unterhält, eine Vielzahl an Hilfestellungen, Schulungen und qualitativ hochwertigen Materialien an. Allerdings ist feststellbar, dass bislang nicht alle Kommunen diese – schon heute im FSHG NRW normierte – Aufgabe mit der gleichen Hingabe wahrnehmen. Die flächendeckende Wahrnehmung dieses Handlungsfeldes muss jedoch klares Ziel der Gefahrenabwehr sein. Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:51 Seite 43 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen Die Feuerwehren in NRW fordern daher die klarstellende Korrektur des LPVG dahingehend, dass ehrenamtliche Angehörige der Feuerwehren und damit entsprechende Tatbestände innerhalb der ehrenamtlichen Feuerwehren nicht in den Anwendungsbereich des LPVG fallen. IV. Rechtssicherheit und Effizienz der Gefahrenabwehr 1. Sachliche Zuständigkeit der Feuerwehren Seit Jahren werden intensive Diskussionen über den Umfang der Feuerwehrzuständigkeiten geführt, da neue und mitunter sehr arbeitsintensive Einsatzformen, die im Kern niemand auf den ersten Blick mit der Institution Feuerwehr assoziieren würde, bei der juristischen Betrachtung der Regelung in § 1 FSHG durch die Rechtsprechung den Feuerwehren zugeschrieben wurden. Im Kern geht es um die viel diskutierte Beseitigung von Ölspuren auf öffentlichen Straßen, welche automatisch zu Folgediskussionen um Verfahrensweisen bei sonstigen Vorkommnissen auf Straßen führt, z.B. bei der Räumung von Tierkadavern, verlorener Ladungs- oder Kfz-Teile etc. Insbesondere die ehrenamtliche Aufgabenwahrnehmung und die dafür ggf. erforderliche Freistellung durch die Arbeitgeber der ehrenamtlichen Feuerwehrkräfte sind nicht hinnehmbar, zumal derartige Fälle eigentlich primär durch die Straßenbaulastträger zu behandeln sind. Die Feuerwehr läuft aufgrund ihrer reinen Vorhaltung und der durch das Ehrenamt gegebenen wirtschaftlichen Günstigkeit Gefahr, für sämtliche ungeliebte Aufgaben – im Zweifel im Wege der Amtshilfe – herangezogen zu werden. 43 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:51 Seite 44 Das Wichtige tun. Dies schadet der Feuerwehr, deren Mitglieder sich eigentlich aus anderen Gründen dort zum Dienst verpflichtet haben, zumal die genannten Einsatzarten im Verhältnis zum Kernspektrum der Feuerwehraufgaben überhand nehmen. Sinngemäß gilt dies auch für den Einsatz der Ein Boxermischling wird aus einer Notlage in einem Steilhang befreit: Eine klare Zuständigkeit der Feuerwehr. 44 Feuerwehr bei der, wenn überhaupt, den Ordnungsbehörden obliegenden „Tierrettung“, bei der einzufangende Hunde etc. nicht aus einer unmittelbaren Gefahrenlage zu befreien, sondern schlicht dem Tierheim zuzuführen sind. Eine weitere Konstellation ist der Einsatz der Feuerwehr im Rettungsdienst, vor allem unter dem Einsatzstichwort „Tragehilfe“, bei der in der Regel schwergewichtige Patienten durch das vor Ort eingesetzte Rettungsdienstpersonal aus physischen Gründen nicht aus der Wohnung getragen werden können, sondern es der Mithilfe weiteren Personals bedarf; zu diesem Zweck werden meist nicht etwa weitere Rettungsmittel, sondern die Feuerwehren alarmiert. Dies mag auf den ersten Blick insofern noch naheliegen, wenn die Feuerwehr zugleich auch den Rettungsdienst wahrnimmt, so dass die Tragehilfe vordergründig das Aushelfen bei den eigenen Kollegen bedeutet. Dennoch darf nicht in Vergessenheit geraten, dass der Rettungsdienst eine über die Krankenversicherung abgerechnete Leistung ist, deren Durchführung im Rettungsgesetz geregelt ist. Soweit – aus welchen Gründen auch immer – die zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichen, ist entweder im Zuständigkeitsbereich des Rettungsdienstes nach weiteren Ressourcen zu suchen (Nachalarmierung) oder rechtlich für eine entsprechende Kostenerstattung an den Träger des Feuer schutzes zu sorgen. Die Feuerwehren in NRW fordern daher, die Zuständigkeitsbeschreibung für die Feuerwehren künftig analog zu anderen Bundesländern dahingehend zu konkretisieren, als dass die oben genannten Fallgruppen nicht mehr hineinfallen. Weiterhin ist eine Subsidiarität des Feuerwehreinsatzes dahingehend vorzusehen, dass die Feuerwehren nur für die erste unmittelbare Gefahrenabwehr zuständig sind, soweit neben ihnen auch andere Behörden oder Einrichtungen zur Schadenverhütung bzw. Schadenabwehr zur Hilfe verpflichtet sind. 2. Brandschutzbedarfsplanung Die Brandschutzbedarfsplanung, die mit dem FSHG 1998 verankert wurde, hat sich aus Sicht der Feuerwehren in NRW grundsätzlich bewährt. Der Brandschutzbedarfsplan ermöglicht einer jeden Kommune eine zielgerichtete und transparente Festlegung ihrer Feuerwehrressourcen. Bislang existieren allerdings keine konkreten Vorgaben, wie mit einer Fortschreibung der Planung vor Ort umzugehen ist. Allerdings hat sich in mehr als einem Jahrzehnt Praxiserfahrung mit der Brandschutzbedarfsplanung gezeigt, dass an der einen oder anderen Stelle zusätzliche Hilfestellung für Kommunen und Feuerwehren sinnvoll ist, da aus Sicht der Feuerwehren in NRW zu hohe Mittel in Beratungsunternehmen anstatt in die Umsetzung von Maßnahmen aus der Brand- Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:51 Seite 45 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen schutzbedarfsplanung investiert werden (müssen). Zudem erscheinen einige Fragen der existenten Konzepte für Brandschutzbedarfspläne überarbeitungsbedürftig. U.a. bedarf auch die aufsichtsbehördliche Praxis einer kritischen Überprüfung und der Vereinheitlichung. regelungen des Feuerschutzrechts, um bei der Rechtsanwendung im Detail größere Rechtssicherheit zu erzeugen. Weiterhin ist für Fälle des § 24a FSHG (Unfälle mit gefährlichen Stoffen) eine entsprechende Kostenregelung in Anlehnung an die Fälle des § 24 FSHG (Besonders gefährliche Objekte) zu verankern. Aktuell bilden vor allem die Tatbestände der Gefährdungshaftung sowie Vorsatz eine Ausnahme der Kostenfreiheit. Allerdings ist es in den vergangenen Jahren zu einer Vielzahl von Einsätzen gekommen, wo Gefahrenlagen grob fahrlässig herbeigeführt wurden und durch die Feuerwehren zu bearbeiten waren, z.B. durch unsachgemäßen Umgang mit exotischen Tieren oder durch Selbstgefährdungen ohne Suizidabsicht (Sprung von einer Rheinbrücke etc.). In diesen Fällen erscheint es unsachgemäß, die Kosten solcher Einsätze den Kommunen und damit der Allgemeinheit aufzuerlegen. Der VdF NRW beabsichtigt daher, gemeinsam mit einer hiesigen Hochschule ein Forschungsvorhaben durchzuführen, das Ergebnisse für künftige Handlungsleitfäden bei der Brandschutzbedarfsplanung erarbeitet. Die Feuerwehren in NRW fordern, das bewährte Instrument der Brandschutzbedarfsplanung beizubehalten und gesetzlich eine fünfjährige Fortschreibungsverpflichtung vorzusehen, soweit eine Fortschreibung nicht aus anderen Gründen schon vorher geboten ist (Errichtung eines neuen Gewerbegebietes o.ä.). Das Land Nordrhein-Westfalen muss in diesem Zusammenhang für seine Aufsicht durch die Bezirksregierungen einheitliche Verfahrensanweisungen festlegen. Der VdF NRW lädt das Land Nordrhein-Westfalen und die kommunalen Spitzenverbände zu einem Dialog über ein Forschungsprojekt ein, mit dem das Instrument der Brandschutzbedarfsplanung weiter qualifiziert und – aus der Sicht der einzelnen Kommune/Feuerwehr – vereinfacht werden kann. 3. Vorschriften zur Kostenerstattung Feuerwehreinsätze sind aus gutem Grund für den Verantwortlichen im Grundsatz kostenfrei. Dies gilt aber natürlich nicht für alle Einsätze. Die praktische Handhabung der Kostenerstattungsvorschriften legen in vielen Detailfragen eine Überarbeitung nahe, um für die Kommunen und ihre Feuerwehren zu einer größeren Rechtssicherheit zu gelangen. Die Feuerwehren in NRW fordern eine zielgerichtete Überarbeitung der Kostenerstattungs- Die Feuerwehren in NRW fordern daher, dass die Kostenerstattungspflicht auch auf Fälle grober Fahrlässigkeit ausgedehnt wird. 45 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:51 Seite 46 Das Wichtige tun. ren ist zu berücksichtigen, dass jede Ausbildungsteilnahme Kompromisse mit anderen Bedürfnissen wie Beruf und Familie erfordert. Insofern ist z.B. unverständlich, dass der ehrenamtliche Zugführerlehrgang („F-IV“) in Nordrhein-Westfalen vom Zeitaufwand her erheblich umfangreicher ist, als in der bundesweiten Musterausbildungsvorschrift vorgesehen. Dies deutet einen erheblichen systemischen Überprüfungsbedarf in unserem Bundesland an, dem sich die Feuerwehren in NRW stellen möchten. Die Feuerwehren werden auf Dauer nur attraktiv und qualitativ stark bleiben, wenn es gelingt, die Ausbildung mit der größtmöglichen organisatorischen Effizienz und Flexibilität, inhaltlich und beim Umfang mit dem richtigen Augenmaß und orientiert an den Bedürfnissen der Feuerwehr(kräfte) zu gestalten. Die Ausbildung ist in diesem Sinne eine der Schicksalsfragen der Feuerwehren – nicht bezüglich ihrer Qualität, sondern auch bezüglich der Attraktivität und damit Zukunftsfähigkeit vor allem im Ehrenamt. V. Ausbildung Eine qualitativ hochwertige Ausbildung ist Grundlage jeder qualifizierten Einsatztätigkeit. Die Feuerwehrausbildung ist durch bundesweite Mustervorschriften, die auch in NRW umgesetzt wurden, geregelt. Diese Vorschriften sehen einen bestimmten Rahmen der Ausbildung vor; einzelne, insbesondere organisatori- 46 sche Aspekte, sind darin jedoch offen gelassen und bedürfen der weiteren Ausformung auf Landesebene. Die bestehende Freiheit ist durch alle für die Ausbildung verantwortlichen Stellen in dem Sinne zu nutzen, als dass die Ausbildung dem einzelnen Feuerwehrangehörigen bestmöglich entgegen kommt und dadurch die größtmögliche Effektivität entfaltet. Bezüglich der ehrenamtlichen Angehörigen der Feuerweh- 1. Allgemeine Zuständigkeiten Das System des V. Abschnitts des FSHG mit den Zuweisungen der unterschiedlichen Ausbildungszuständigkeiten je nachdem, um welche Ausbildungsstufen es sich handelt, hat sich aus Sicht der Feuerwehren in NRW im Grundsatz bewährt. Eine Ausnahme bildet die Frage, inwieweit Kommunen bezüglich des Ehrenamts mit Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:52 Seite 47 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen überschaubarem Aufwand bei ihren Ausbildungsaufgaben unterstützt werden können. Hierbei ist zunächst zu betonen, dass auch die Ausbildung im kommunalen Raum durch ehrenamtliche Kräfte geleistet wird, die folglich nicht nur den Unterricht zu halten haben, sondern auch eine umfangreiche Vorbereitungsarbeit leisten müssen. Dies gilt umso mehr, als dass die Ansprüche an die Ausbildertätigkeit zum einen aufgrund neuer Mediennutzung stetig wachsen, zum anderen auch aufgrund sich immer schneller ändernder rechtlicher Vorschriften, taktischer Ansätze in der Einsatzlehre etc., die eine laufende Anpassung der Lehrinhalte erfordern, wozu wiederum eine stete Suche nach etwaigen Neuerungen erforderlich ist. So sind landauf-landab tausende Ausbilder ständig damit beschäftigt, unter erheblichem Aufwand Ausbildungsunterlagen und mediale Elemente ihres Unterrichts zu gestalten und aktuell zu halten. Diese Aufgabe könnte ohne großen Aufwand zentral über das Institut der Feuerwehr NRW (IdF NRW) in Münster geleistet werden, das den Feuerwehren auch für die kommunale Ausbildung zuarbeiten müsste. Darunter fallen z.B. die Erstellung von Lehrunterlagen, medialen Präsentationen, kurzen Lehrfilmen etc. Das Internet eröffnet hierzu perfekte und kostengünstige Verbreitungswege. Der Feuerwehraufgabe wäre insofern gedient, als dass die IdF-Arbeit gleichsam als „Qualitätssiegel“ für aktuelle und inhaltlich richtige Wissensvermittlung stünde. Die Feuerwehren in NRW fordern daher, die Landeszuständigkeit bezüglich des IdF NRW um die zentralisierte Bereitstellung von Ausbildungsmaterialien für die kommunalen Ausbildungsfelder zu ergänzen. 47 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:52 Seite 48 Das Wichtige tun. Die Übungshalle des Instituts sowie das Übungsgelände ermöglichen eine praxisorientierte und realitätsbezogene Ausbildung der Feuerwehrführungskräfte. Eine solche reale und praxisnahe Ausbildung ist indes auch für die Mannschaftsdienstgrade unverzichtbar. Hierzu bedarf es nicht des hohen Standards der Übungshalle, sondern schlicht eines einfachen Geländes, das die Gestaltung verschiedener Einsatzlagen erlaubt. Gerade auch mit Blick auf einen schlagkräftigen Katastrophenschutz stellen derartige Einrichtungen und ihre Übungsmöglichkeiten einen besonderen Mehrwert dar. Einfache, aber vielseitige Übungsgelände – wie hier beim THW in Wesel – böten einen großen Mehrwert bei der Feuerwehrausbildung. 48 2. Einrichtungen auf Landesebene Das IdF NRW ist eine qualitativ hochwertige, zentrale Ausbildungseinrichtung für die Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen. Die Feuerwehren in NRW begrüßen es sehr, dass nach vielfältigen Diskussionen über seine Kapazitäten und diverse organisatorische Aspekte ausgehend von einer Sitzung des Innenausschusses des Landtags nunmehr eine umfangreiche Organisationsuntersuchung des Hauses erfolgen soll. Die Feuerwehren in NRW werden dieser Untersuchung in jeder Form zuarbeiten, soweit dies hilfreich ist. Allerdings können die Kommunen und noch nicht einmal die Kreise entsprechende Kapazitäten sinnvoll vorhalten, um eine praxisbezogene Ausbildung in einem Übungsgelände zu gewährleisten. Der Bedarf dokumentiert sich eindrucksvoll dadurch, dass das am Wochenende für Feuerwehren nutzbare Übungsgelände des IdF stets auf Jahre im Voraus ausgebucht ist. Weitere Übungsgelände sind daher dringend erforderlich. Aus Sicht der Feuerwehren in NRW wäre ein Gelände pro Regierungsbezirk sinnvoll, auch wenn die Gelände nicht zwingend nur den Feuerwehren im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Bezirksregierung, sondern allen Wehren landesweit offenstehen sollten. Bei den Übungsgeländen ist kein Standard vergleichbar des IdF NRW erforderlich, sondern ausreichend wären flexible Gelände wie z.B. diejenigen des THW-Landesverbandes NRW. Dazu gehören in der Regel einfache Unterkünfte, damit sich die mit den Großfahrzeugen zeitraubende Anfahrt zu den Geländen auch im Sinne eines zwei- oder mehrtägigen Übungsbetriebs nutzen lässt. Derartig umnutzbare Gelände sollten sich ohne große Schwierigkeiten im landeseigenen Immobilienbestand ausfindig machen lassen. Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:52 Seite 49 Rotbuch // Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen Die Übungshalle des IdF in Münster ist ein hervorragender Baustein der Führungskräfteausbildung. Die Feuerwehren in NRW fordern daher zur Verbesserung der Feuerwehr-Praxisausbildung sowie für organisationsübergreifendes Training im Katastrophenschutz die Vorhaltung von je einem Übungsgelände inklusive einfacher Übernachtungs- und Selbstversorgungsmöglichkeiten pro Regierungsbezirk und die dahingehende Festschreibung einer Landeszuständigkeit im FSHG. 3. Flexibilisierung/Verzahnung der Ausbildung zwischen B- und F-Bereich Die Ausbildung im B- und F-Bereich (Hauptamt/Ehrenamt) ist sich bereits heute im Umfang deutlich näher, als gemeinhin bewusst ist. Die Feuerwehren in NRW halten es für geboten, auf allen in der Ausbildung tätigen Ebenen daran zu arbeiten, die Ausbildung – jedenfalls modular – weiter zu harmonisieren und nach Möglichkeit zu bündeln, so dass bei parallelen Ausbildungsinhalten Haupt- und Ehrenamt gemeinsam lernen können, soweit dies organisatorisch möglich ist. Dies fördert das gegenseitige Verständnis und macht den Ausbildungsbetrieb deutlich effizienter. 49 Rotbuch_3430_Layout 1 12.07.13 10:52 Seite 50 Das Wichtige tun. E. Schlusswort D ie Feuerwehren in NRW sind überzeugt, dass die genannten Aspekte und Forderungen maßgeblich zu einer Sicherung der Zukunft der Feuerwehren und damit der Wahrnehmung ihres wichtigen Auftrags zugunsten der Bevölkerung beitragen werden. Sie haben zu Beginn des Jahres 2013 überdies einen gemeinsamen Dialogprozess mit dem Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen gestartet, in dem Experten aller Themenfelder sowie auch alle sonst in der Feuerwehr engagierten Personen Positionen für die Zukunft unseres Feuerwehrwesens erarbeiten werden. Dieser Prozess, der auch die Resilienz des „Systems Feuerwehr“ erhöhen soll und muss, wird zum Teil neue Ideen mit sich bringen und zum Teil die oben aufgeführten Aspekte konkretisieren. Der VdF NRW freut sich, dass er dabei viele Menschen und Organisationen in Politik und Gesellschaft an der Seite unserer Feuerwehren weiß. 50 Verband der Feuerwehren in NRW e.V. Suitbertus-Stiftsplatz 14 b 40489 Düsseldorf geschaeftsstelle@vdf-nrw.de facebook.com/vdf-nrw Tel.:0211 56 65 29 29 Fax:0211 56 65 29 31