PDF-Download Critica Nr. 1 / 2009

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PDF-Download Critica Nr. 1 / 2009
Deutschland führt Krieg
in Afghanistan
Lady Bitch Ray und der
neue Feminismus
November 1918: Die
deutsche Revolution
Seite 6–7
Seiten 10—11
Seiten 12—13
critica
Semesterzeitung von Die Linke.SDS  Ausgabe Nr. 1 / 2008  www.linke–sds.org
Foto: Arne Dedert dpa/lhe
Wie die Studiengebühren
gekippt wurden
2
Studiengebühren
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
in Hessen hat der Landtag beschlossen, woran niemand mehr geglaubt
hätte: Die Studiengebühren wurden
gekippt.
Abgeschafft wurden die Studiengebühren im Landtag. Warum das ohne
die Studierendenbewegung nicht
möglich gewesen wäre, steht auf den
Seiten 2 bis 4.
Aber auch an anderen Stellen wehren
sich Menschen. Bereits jetzt werden
Proteste gegen den NATO-Gipfel im
April vorbereitet (Seiten 8 und 9).
Bedeutendster Einsatz für die NATO
ist Afghanistan. Die Bundesregierung
will den Bundeswehreinsatz
in Afghanistan verlängern und
ausweiten, obwohl 70 Prozent der
Bevölkerung den Krieg ablehnen.
In dieser Ausgabe erklärt Oberstleutnant Jürgen Rose, warum der
Bundeswehreinsatz in Afghanistan
die Menschen gefährdet statt rettet
(Seite 6).
Der Krieg wird auch an den
Hochschulen vorbereitet. Eine Kleine
Anfrage im Bundestag hat ergeben,
dass an Dutzenden Instituten im
Auftrag des Verteidigungsministeriums geforscht wird (Seite 5),
während kritische Wissenschaft
zurückgedrängt wird.
Dabei gibt es viele Studenten,
die mit den Verhältnissen nicht
einverstanden sind und Interesse
an kritischer Theorie haben. Das
zeigte unter anderem der Kongress
„40 Jahre 1968 – Die letzte Schlacht
gewinnen wir!“, den Die Linke.SDS
im Mai veranstaltet hat und auf dem
1.600 Teilnehmer diskutierten (Seite
18). Eine neue Generation, die gegen
den G8-Gipfel protestiert oder wie in
Hessen die Autobahnen blockiert hat,
um Studiengebühren zu verhindern,
ist auf der Suche nach dem notwendigen theoretischen Werkzeug,
um die Gesellschaft zu verändern.
Ab dem nächsten Semester startet
Die Linke.SDS bundesweit eine
Kapitallesebewegung, um Marx an
jede Hochschule bringen. Mehr über
die Kapitallesebewegung findet ihr
auf Seite 20.
Interview
„Alles ist möglich“
Janine Wissler, LINKE-Abgeordnete im hessischen Landtag, erklärt im critica–Interview, wieso die Studiengebühren vor allem von der Bewegung abgeschafft wurden.
Janine, du warst jahrelang in linken
Bewegungen aktiv. Bist du dieses Jahr
Abgeordnete geworden, um auch mal
was verändern zu können?
Die Bewegungen haben etwas verändert.
Die politische Stimmung und die öffentliche
Diskussion sind in den letzten Jahren nach
links gegangen und die Menschen haben
das Gefühl bekommen, mit ihrem Unmut
nicht allein zu sein. Das ist ein wichtiger
Erfolg.
In den Parlamenten ist unter der gegenwärtigen Haushaltslage aber nur durchzusetzen,
wofür der gesellschaftliche Druck reicht.
Unser größter Erfolg im hessischen Landtag
war, die Studiengebühren wieder abzuschaffen. Doch ohne die hessische Studierendenbewegung seit 2006 wäre das nicht möglich
gewesen. Das zeigt: Wer kämpft, kann auch
gewinnen.
Gesetze werden im Parlament beschlossen, nicht auf Demonstrationen.
Aber sie werden im Parlament oft nur
beschlossen, wenn sie auf Demonstrationen
gefordert wurden. Politiker reagieren meist
nur auf gesellschaftlichen Druck.
Die Studierendenbewegung hat dazu
beigetragen, dass viele Hessen die CDURegierung nicht mehr wollen. Hätten es
die Demonstrationen nicht in die Medien
geschafft, hätten viele gar nicht erfahren,
dass es Studiengebühren gibt.
Hat die Studierendenbewegung SPD,
Grünen und LINKEN zum Wahlsieg
verholfen?
Nicht nur das. Wer sagt denn, dass die SPD
unter anderen Umständen nicht eine Regierung mit der CDU gebildet und für Studiengebühren abgestimmt hätte? Im Bundestag
stimmen die SPD-Abgeordneten ständig
gegen ihr Wahlprogramm, um die Regierung
zu erhalten. Aber monatelang Demonstrationen, Blockaden und die „Volksklage“ gegen
Studiengebühren mit 80.000 Unterschriften
konnte die SPD nicht ignorieren.
Eure critica-Redaktion

Mit dieser Ausgabe haltet ihr die
erste critica in den Händen. Bisher
sind wir als dielinke.campus
erschienen. Die ersten Ausgaben
kamen bereits vor der Gründung
des Studierendenverbandes Die
Linke.SDS heraus und haben die
Gründung begleitet. Der neue Name
soll deutlich machen, dass eine
neue Organisation für Studierende
entstanden ist. Wir hoffen, dass dir
die Erstausgabe der critica gefällt.
Über Feedback und Kritik freuen wir
uns: info@linkecampus.de.
Was ist der nächste Schritt für die LINKE
Hessen? Eine Rot-Grüne Landesregierung tolerieren?
Unser nächster Schritt ist, Roland Koch als
Ministerpräsident abzuwählen. Seine Politik
ist rassistisch, unsozial und wegen der hessischen Atomkraftwerke lebensgefährlich.
Also muss Rot-Grün an die Landesregierung gebracht werden.
Ja, aber ob wir für ihre Gesetzesentwürfe
„
Janine Wissler ist seit Januar wissenschaftspolitische Sprecherin der LINKE-Fraktion
im hessischen Landtag. Von 2001 bis 2004 war sie Sprecherin von Attac Frankfurt.
Gesetze werden im Parlament oftmals nur beschlossen, wenn sie auf
Demonstrationen gefordert wurden
stimmen, steht auf einem anderen Blatt.
Das werden wir nur tun, wenn sie sozial
und ökologisch sinnvoll sind. Die LINKE
wird nicht für Rot-Grün stimmen, wenn sie
dasselbe machen wie Koch.
Abgesehen vom hessischen Landtag ist
die Politik in Deutschland hauptsächlich
marktliberal. Ist Hessen eine Ausnahme,
die bald verschwindet?
Hessen hat immer noch eine CDU-Regierung.
Ob wir eine rot-grüne Landesregierung zu
einem Politikwechsel bewegen können,
kommt darauf an, ob sich die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse ändern. Wir
brauchen Druck von sozialen Bewegungen,
damit es auch einen Politikwechsel gibt.
Welche sozialen Bewegungen?
Es gibt in Hessen viele Ansätze: die Bürgerinitiativen gegen den Flughafenausbau, die
Schülerstreiks gegen die Kochs Bildungspolitik oder die Landesbeschäftigten, die für
bessere Arbeitsbedingungen auf die Straße
gegangen sind. Wichtig ist, dass Menschen
anfangen, für ihre Rechte und Forderungen
selbst auf die Straße zu gehen. Wir müssen
lernen, uns solidarisch zu organisieren, um
Druck zu entfalten.
Werden Menschen aus Solidarität aktiv,
auch wenn sie nicht direkt betroffen sind?
Teilweise ist das in der Bewegung gegen
Studiengebühren gelungen. Denn neben
Studierenden haben sich auch Eltern,
Schüler, Lehrer, Universitätsangestellte und
andere beteiligt.
Können Studiengebühren auch in
anderen Bundesländern abgeschafft
werden?
Ja. Was in Hessen möglich ist, ist überall
möglich. Es hängt davon ab, ob die Studierendenbewegung den Erfolg in Hessen als
Signal versteht, auch woanders aktiv zu
werden. Vor allem dort, wo Landtagswahlen
stattfinden.
Die nächsten Wahlen sind am 28. September in Bayern. Wird die CSU dort
Studiengebühren zurücknehmen?
Alles ist möglich. Die CSU bekommt ihre
Mehrheiten, weil sie sich auch als soziale
Partei verkauft. Eine große Studierendenbewegung könnte auch die CSU auf Dauer
nicht wegdiskutieren. In anderen Ländern
setzen Bewegungen ihre Ziele gegen Politiker
wie Sarkozy oder Berlusconi durch. Warum
nicht auch gegen Beckstein und Huber?
TIMELINE
5. Mai 2006
10. /11. Mai 2006
Stationen eines
Erfolges
Die CDU-Landesregierung beschließt
einen Gesetzentwurf zur Einführung
von 500 Euro Studiengebühren ab
dem ersten Semester.
In Frankfurt demonstrieren 6000
Studierende nach einer Vollversammlung auf dem Campus und
besetzen die Autobahn A66. Auch
in Marburg besetzen tausende
Studierende die Stadtautobahn.
Studiengebühren
3
Seit diesem Semester gibt es in Hessen keine Studiengebühren mehr. Maximilian Jablonowski
erklärt, warum die hessischen Studierenden erfolgreich waren.
Hessen ist das erste Bundesland, in dem Studiengebühren
abgeschafft wurden
Thorsten Richter
einer der massivsten Studierendenbewegungen der letzten Zeit; zwei Jahre später
wurden die Studiengebühren abgeschafft.
Hessen ist damit das erste Bundesland, in
dem die Studierendenproteste erfolgreich
waren. Schnell kam innerhalb der hochschulpolitischen Linken die Frage auf, ob
die Studierendenbewegungen bald auch in
weiteren Bundesländern ihre leicht verspäteten Erfolge wird feiern können.
Nun hat die Situation in Hessen mit Sicher-
Am Ende der Demonstration
blockierten Tausende
Studierende die Autobahn
heit eines gezeigt: Wer kämpft, kann auch
gewinnen. Doch sollte man vorsichtig sein
mit allzu einfachen Übertragungen, denn
in Hessen kamen mehrere spezifische
Faktoren zusammen, die den Erfolg der
Studiengebührengegnerinnen und -gegner
möglich machten.
Ein bedeutender Grund, der die Ausgangslage der Proteste in Hessen entscheidend
definiert hat, ist die besondere Verfassungssituation. In der hessischen Verfassung steht
in Artikel 59 geschrieben, dass jede Form
von Bildung „unentgeltlich“ zu sein hat. Dies
ist eine wesentlich konkretere Formulierung
als im Grundgesetz oder in anderen Landesverfassungen.
So konnte eine Verfassungsklage eingebracht
werden, die von einem breiten Bündnis aus
Parteien, Gewerkschaften, Asten und vielen
weiteren unterstützt wurde und Auswirkungen über die rein juristische Ebene hinaus
hatte, denn der offensichtliche Verfassungsbruch stellte ein großes Vermittlungsproblem der hessischen Landesregierung für
die Einführung von Studiengebühren in
Hessen dar. Somit solidarisierten sich Teile
der Bevölkerung, die das Thema ansonsten
wahrscheinlich kaum tangiert hätte. Die für
die Verfassungsklage erforderlichen 43.000
Unterschriften wurden weit übertroffen.
Ein weiteres Spezifikum ist, dass es den
KoordinatorInnen der Proteste gelang, die
Studierenden nicht nur für ihr „Partikularinteresse“ Studiengebühren zu mobilisieren,
sondern kommunizierte den Bildungsabbau
In der hessischen Verfassung
steht, dass jede Bildung
„unentgeltlich“ zu sein hat
im Zusammenhang mit Sozial- und Demokratieabbau. Zwar war dies der Anspruch
aller Studierendenproteste bundesweit,
doch sprach dies die Menschen in Hessen
besonders an und konnte den Solidarisie-
November 2006
22. Juni 2007
Große Demonstrationen in Frankfurt,
Marburg, Darmstadt und Gießen.
Unterschriftensammlung für eine
Klage beim hessischen Staatsgerichtshof beginnt. Notwendig sind
etwa 43.000 Unterschriften.
Dem hessischen Staatsgerichtshof werden 71.000 Unterschriften übergeben.
SFG / flickr.com
S
tudierende rannten mit Megafonen durch die Gänge der GoetheUniversität in Frankfurt am Main.
Sie rissen die Türen zu den Hörsälen auf,
forderten die Studenten auf rauszukommen.
Als die Vollversammlung begann, drängten
sich mehrere tausend Studierende auf dem
Campus der Goethe-Universität. Der Tenor
der Vollversammlung war eindeutig: Die am
Morgen verkündeten Pläne der hessichen
Landesregierung, Studiengebühren ab dem
ersten Semester einzuführen, sollten nicht
einfach so hingenommen werden. Die Frankfurter Studierenden demonstrierten in der
Innenstadt. Als der AStA die Demonstration
neben der Autobahn für beendet erklärte,
blockierten tausende Studierende die in das
Zentrum führende A66. Es war der Beginn
rungseffekt wiederum verstärken. Dass dies
so gut gelang, könnte seinen Fluchtpunkt
in der generellen Umbruchsstimmung in
Hessen gehabt haben. Viele Menschen
waren frustriert von der neokonservativen
Hardlinerpolitik aus Wiesbaden, die an
Die Studierenden diskutierten
die Gebühren zusammen mit
Sozial- und Demokratieabbau
kaum jemandem in Hessen spurlos vorüber
ging. Man hoffte auf einen Wechsel und die
Studierendenbewegung traf dann genau zur
richtigen Zeit die richtigen Töne.
Das Thema Studiengebühren und Bildung
generell ist zentrales Wahlkampfthema
geworden, was mit Sicherheit auf die erst
kurz zurückliegenden, populären und öffentlichkeitswirksamen Proteste zurückzuführen war. Sowohl SPD als auch die Grünen
traten mit einem sehr fortschrittlichen
Bildungsprogramm an; die Abschaffung der
Studiengebühren stand an erster Stelle der
Agenda aller drei linken Parteien. Selbst als
Koch die letzte Phase des Wahlkampfes mit
seiner rassistischen Hetze gegen kriminelle
Jugendliche mit Migrationshintergrund
Oktober 2007
Die Zahl der Studierenden
geht in ganz Hessen zurück.
Allein die Uni Frankfurt
verliert 5 000 Studierende.
SFG / flickr.com
Wie wir die Studiengebühren
gekippt haben
4
Studiengebühren
SFG / flickr.com
Im ersten Gesetzentwurf sollten Studierende aus Nicht-EUStaaten 1.500 Euro pro Semester zahlen.
einläutete, war Bildung als Thema Nummer
Eins nicht zu verdrängen.
So konnte eine Mehrheit gegen Studiengebühren in den Hessischen Landtag
einziehen. Dabei sollte man die Rolle der
Bildung wurde zum wichtigsten Thema im Landtagswahlkampf
Studierendenbewegung nicht unterschätzen, denn diese hat mit ihren kreativen und
zahlreichen Protesten auf der Straße und
guter Bündnis- und Öffentlichkeitsarbeit
eine politische Wechselstimmung, wenn
vielleicht auch nicht initiiert, auf jeden Fall
aber aufgegriffen und weiter angefacht.
Der hessische Erfolg bleibt allerdings fragil.
Denn war die Verfassungsklage zwar ein
Riesenerfolg, so ist sie juristisch dennoch
gescheitert. Kurz nach der Abschaffung der
Studiengebühren lehnte der Staatsgerichtshof
in Wiesbaden die Verfassungsklage ab und
beschied in einem denkbar knappen Urteil
(sechs Richter stimmten dafür, fünf dagegen)
den Studiengebühren ihre Verfassungskonformität. Dabei beriefen sie sich auf den zweiten
Absatz des Artikels 59, der besagt, dass bei
entsprechender wirtschaftlicher Situierung
durchaus Gebühren für Bildung erlaubt sind.
Das Studium bleibe kostenlos, weil nach dem
Gesetz jeder Studierende das Recht habe, einen
Kredit aufzunehmen. Die unterlegenen Richter
warfen der Mehrheit in einer Stellungnahme
den Bruch der Verfassung vor.
Damit verdrehen die obersten Richter Hessens den historischen Wert dieses Absatzes,
der von der KPD vor dem Hintergrund einer
Studiengebühren wurden mit
sechs zu fünf Richterstimmen
für verfassungsgemäß erklärt
kapitalismuskritischen
Grundstimmung
nach der Befreiung vom Faschismus in die
Verfassung gebracht wurde, um finanziell
Bessergestellte für die Bildungschancen von
weniger Gutgestellten zahlen zu lassen. Dieser Treppenwitz der Geschichte sorgt nun
dafür, dass nach einer (trotz aller Diskussionen um ein rot-grün-rotes Bündnis immer
noch möglichen) Neuwahl Studiengebühren
bei geänderten Kräfteverhältnissen schnell
wieder eingeführt werden könnten.
Die Abschaffung der Studiengebühren in
Hessen ist also nur ein Etappensieg – ein
wichtiger zwar, denn er ermöglicht einer
ganzen Menge junger Menschen die (Wieder-)Aufnahme eines Hochschulstudiums
und zeigt, dass der neoliberale Zeitgeist
auch in Deutschland zu bröckeln anfängt,
was auch den Studierenden in anderen
Bundesländern ein erneuter Ansporn sein
kann, weiter zu kämpfen.
Natürlich hat sich mit dem Sieg der Studierenden in Hessen auch die Ausgangslage in
anderen Bundesländern verändert. Wenn
ein Flächenland mit vielen Studierenden
die Studiengebühren abschafft, dann hat
das mit Sicherheit Auswirkungen auf die
Kräfteverhältnisse in den bundesweiten
bildungspolitischen Diskursen. Und auch
wenn das „Hessische Modell“ mit Sicherheit
nicht so ohne weiteres übertragbar ist – der
aktiven Solidarität der hessischen Studierendenbewegung können sich alle Kämpfenden
sicher sein. 
Maximilian Jablonowski ist in der Hochschulgruppe SDS.DIE LINKE Marburg aktiv
und arbeitet für diese als Referent für Hochschulpolitik im Marburger AStA mit.
„Kick it like Hessen“ Konferenz
Januar 2008
26. Januar 2008
27. Januar 2008
Im Landtagswahlkampf sind
Bildungspolitik und Studiengebühren das wichtigste Thema.
Friedliche Demonstration auf
dem Verkehrsknotenpunkt an
der Frankfurter Messe. Polizei
nimmt von 1000 Teilnehmern
200 fest, davon ist die Hälfte
unter 18 Jahre alt.
Die CDU verliert bei den Wahlen
12 Prozent. SPD, Grüne und LINKE
erreichen eine Mehrheit gegen
Studiengebühren.
und –vertreter und Aktive in der
Hochschulpolitik aus ganz Deutschland
am 14. November 2008 zum Erfahrungsaustausch ein.
Info: www.linksfraktion.de/kickit
Die Linke.Darmstadt
Erste Vollversammlung der Studierenden auf dem Campus der
Frankfurter Uni am 5. Mai 2006.
Unter dem Motto „Kick it like Hessen–
Studiengebühren abschaffen! Für ein
selbstbestimmtes Studium und die Öffnung der Hochschulen! “ lädt die Fraktion
DIE LINKE Studierendenvertreter­innen
17. Juni 2008
Ohne eine Regierung zu bilden,
beschließen SPD, Grüne und LINKE,
die Studiengebühren abzuschaffen.
Der Antrag der LINKEN, bisherige
Gebühren zurückzuzahlen, wird
jedoch abgelehnt.
Hochschule
5
1,1 Milliarden gibt die Bundesregierung 2008 für Rüstungsforschung aus, 9,35 Milliarden für das gesamte Bildungssystem.
Einsätze der Bundeswehr werden an zivilen Hochschulen vorbereitet. Ob Psychologie, Medizin,
Chemie oder Ingenieurswesen: Rüstungsforschung findet in vielen Fachgebieten statt.
W
as heute noch als "Echtzeitnahe
Spurenanalyse
von
luftübertragenen
chemi­schen Kampfstoffen und Explosivstoffen" an der Uni Bonn erforscht
wird, kann bald schon in Afghanistan
eingesetzt werden.
Das Ministerium für Verteidigung bekommt
in diesem Jahr 1,1 Milliarden Euro für die
Grundlagenforschung und die Entwicklung
zukünftiger Rüstungstechnologien von der
Bundesregierung.
Der größte Teil dieser Gelder fließt als Drittmittel an die Hochschulen, die dann Wissenschaft zur Vorbereitung und Ausweitung von
Kriegen betreiben. Eine Anfrage der LINKEN
im Bundestag hat eine erste Übersicht zu den
beteiligten Hochschulen und Fachgebieten
erbracht. Die Liste ist lang: In vielen Bundesländern sind Hochschulen aufgeführt – die
Uni Duisburg-Essen ist dabei, die TU Berlin,
die Uni Karlsruhe und dutzende weitere
Hochschulen und Institute.
Schwerpunkt ist die wehrmedizinische
Forschung, aber auch die wehrtechnische
Forschung an den naturwissenschaftlichen
Fakultäten. Hinzu kommen Forschungsprojekte zu nichttechnischer militärischer
Forschung, etwa in der Psychologie, der
Politikwissenschaft oder der Orientalistik.
Institute in zehn Bundesländern bekommen Drittmittel für
Kriegsforschung
Diese Forschungsprojekte finden ihre Anwendung direkt im Krieg. Sie dienen dazu,
den Krieg ideologisch zu legitimieren, neue
Kriegsstrategien zu entwickeln und die
technischen Möglichkeiten der Intervention
zu verbessern.
Jedes dieser Forschungsprojekte, und sei es
die Entwicklung von Eignungstests für Offiziersanwärter, hilft dabei, effektiver Krieg zu
führen. Die Hochschulen leisten einen erheblichen Beitrag für die Militarisierungspolitik
der Bundesregierung und der NATO. Wohin
diese Politik führt, zeigt sich unter anderem
an der Situation in Afghanistan. Es gibt
PapyRossa Verlag
Rolf Verleger:
Israels Irrweg
Eine jüdische Sicht
Br. | 163 Seiten | EURO 12,90
»Das Judentum ist in die Hände
von Leuten gefallen, denen Volk
und Nation höhere Werte sind
als Gerechtigkeit und Nächstenliebe.« Rolf Verleger, Direktorium
des Zentralrats der Juden, will,
dass sich dies wieder ändert. Er
beschreibt seine jüdischen Wurzeln, skizziert die Geschichte des Zionismus und beklagt die »Gewaltpolitik Israels«.
»Eignet sich hervorragend als Orientierungsrahmen für eine
Debatte, in der die Schwarzweißmalerei überwiegt« (NZZ)
immer mehr Tote, und die Bundeswehr hat
das Land nicht aufgebaut, sondern weiter
zerstört.
An den Hochschulen gibt es sowohl personelle Verstrickungen von Lehrpersonal
mit der Rüstungsindustrie als auch Lehrveranstaltungen, die den Krieg ideologisch
untermauern.
Die von der Bundeswehr unterstützten „Military Studies“ an der Universität Potsdam
oder die als „Raketen-Moni“ bezeichnete –
weil aus der Rüstungsindustrie kommende
– Präsidentin der Hamburger Universität
sind zwei ganz besonders offensichtliche Beispiele für eine Situation, die in der deutschen
Hochschullandschaft keine Seltenheit ist.
Widerstand gegen Militarisierung und Krieg
muss deshalb auch an den Hochschulen
aufgebaut werden. Die Linke.SDS setzt sich
für Hochschulen ein, die für eine friedliche
Entwicklung stehen und fordert eine Wissenschaft, die dem Frieden verpflichtet ist.
Dazu muss nicht nur der Stopp der Rüstungsforschung an den Hochschulen durchgesetzt
werden, zugleich müssen auch die Verstri-
| Luxemburger Str. 202 | 50937 Köln
Georg Fülberth:
»Doch wenn sich die
Dinge ändern« – Die Linke
Br. | 169 Seiten | EURO 12,90
»Die Linke« versucht, das durch
Auflösung des alten Wohlfahrtsstaates sowie des Realen Sozialismus entstandene Vakuum
zu füllen. Georg Fülberth beschreibt die Erosion der SPD seit
Schröder, die Geschichte von
PDS und WASG als Grundlagen für die Entstehung der PDL.
Und er fragt nach deren Verlässlichkeit in der Opposition gegen Marktradikalismus und neue deutsche Weltpolitik.
ckungen der Hochschulen mit Bundeswehr
und Rüstungsindustrie aufgedeckt werden.
Wie es anders gehen kann, zeigt ein Blick in
die Hochschulsatzung der TU Berlin, in die auf
Druck von Studierenden bereits in den 80er
Die Uni Potsdam lehrt „Military Studies“, unterstützt von
der Bundeswehr
Jahren eine „Friedensklausel“ aufgenommen
wurde, die Militärforschung und Rüstungsaktivitäten untersagt. Diese Forderung sollte
– neben Aufklärungsaktionen und Boykott­
aktionen gegenwärtiger Projekte – auch an
anderen Hochschulen aufgegriffen werden.
Eine Wissenschaft, die umfassend dem
Frieden verpflichtet ist, wird in der kapitalistischen Gesellschaft zwar eine Illusion
bleiben, aber der Kampf gegen die militärischen Verstrickungen der Hochschulen trägt
entscheidend dazu bei, für eine friedliche
Welt zu streiten. 
Nele Hirsch und Robert Blättermann
»Elegant geschrieben – präzise Argumentation« (taz)
Luciano Canfora:
Die Freiheit exportieren
Vom Bankrott einer Ideologie
Br. | 101 Seiten | EURO 9,90
Vom antiken Sparta über Napoleon bis Afghanistan und Irak:
Gerne verbergen Regierungen
ihre wahren Kriegsmotive hinter hehren Deklarationen. Hegemoniestreben kaschieren sie
als Freiheitsexport. In den so
beglückten Ländern führen sie damit das Gegenteil dessen
herbei, was erreichen zu wollen sie vorgeben. Denn: »Niemand liebt die bewaffneten Missionare«, so Robespierre.
Tel. 0221-44 85 45 | Fax 0221/44 43 05 | www.papyrossa.de | mail@papyrossa.de
Master Sergeant N. McBride
Hochschulen rüsten auf
6
Afghanistan
Deutschland führt Krieg
Oberstleutnant Jürgen Rose meint, dass der Bundeswehreinsatz in Afghanistan Menschenleben
gefährdet statt rettet. Die Zahl der Opfer wird steigen.
W
ie die fast täglich eintreffenden Lageberichte aus
Afghanistan zeigen, arbeitet
Taliban-Kommandeur
Qari
Bashir
Haqqani eifrig daran, seine Drohung in
die Tat umzusetzen.
„Wichtig ist, die Deutschen in Kundus zu
bekämpfen und zu töten“, hatte er im Mai
2008 verkündet. „Die Deutschen sind der
wichtigste Feind im Norden, und wegen ihrer Stationierung in Kundus wird diese Stadt
bald zum Kandahar des Nordens werden.”
Im Juni wurden dort drei deutsche Soldaten
mit einer Bombe schwer verletzt und im August ein Fallschirmjäger aus Zweibrücken
getötet. Seit 2002 sind in Afghanistan 28
deutsche Soldaten ums Leben gekommen
und es werden noch mehr sterben.
Laut einer Studie des Hamburger Instituts
Allein in diesem Jahr wurden
in den ersten sechs Monaten
698 Zivilisten getötet
für Friedensforschung und Sicherheitspolitik stieg die Zahl der „sicherheitsrelevanten
Ereignisse” von etwa 2600 im Jahr 2006 auf
4000 im folgenden Jahr. Das sind mehr als
zehn „Ereignisse” pro Tag.
Nach dem Tod des Deutschen sagte Verteidigungsminister Franz-Josef Jung, der Bundeswehreinsatz müsse weitergehen, damit
Afghanistan nicht „zu einem Rückzugsgebiet
für den Terrorismus” werde. Doch verzeichnete die „Unterstützungsmission der UNO in
Afghanistan“ allein in den ersten fünf Monaten dieses Jahres 698 durch Kampfhandlungen aller Kriegsparteien getötete Zivilisten.
Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren
es 430.
Die meisten Widerständischen
sind keine Taliban
Mitte August starben bei einem Luftangriff
der NATO in Westafghanistan 90 Menschen,
davon 60 Kinder. Aber auch die Besatzungstruppen haben einen immer höheren Blutzoll zu entrichten. “Die drei Sommermonate
waren die schlimmsten seit 2001”, sagte ein
NATO-Sprecher. Seit Beginn des Jahres sind
über 200 Besatzungssoldaten gefallen.
Die Zahl der Aufständischen schätzte die
UNO im Jahr 2006 auf 120.000 bis 200.0000
in mehr als 1000 verschiedenen Gruppen.
Die meisten von ihnen sind keine Taliban,
sondern kämpfen für ein unabhängiges
Afghanistan, gehören zu einer regionalen
Miliz oder zu einer Drogenmafia. Manche
kämpfen für ihre Religion, manche verstehen sich als Al-Qaida, manche verteidigen
ihr Dorf und manche sind aus anderen Ländern gekommen, um die “US-amerikanische
Fremdherrschaft” zu beenden.
Laut einer Untersuchung des politikwissenschaftlichen Instituts Senlis Council
sind Widerstandskämpfer in 54 Prozent
Afghanistans dauerhaft und in 38 Prozent
zeitweise präsent. Sechs Jahre nach Kriegsbeginn wird der Großteil Afghanistans von
Widerstandsgruppen kontrolliert.
Dabei ist die ISAF mit etwa 52.700 Soldaten
so groß wie nie zuvor und soll weiter ver­grö­
ßert­werden. Die deutsche Regierung hat das
Bundeswehrkontingent von ursprünglich
1800 auf heute 3340 Soldaten vergrößert.
Im Oktober soll die Obergrenze von 3500
auf 4500 erhöht werden.
Gleichzeitig wird aus der ehemaligen
Stabilisierungsmission immer mehr ein
offensiver Kampfeinsatz. Seit 2007 liefern
deutsche Kriegsflugzeuge Zielkoordinaten
für Luftangriffe.
Eine deutsche Kompanie sichert jetzt den
Stützpunkt in Kundus, der eine Zeit lang
Ursprünglich wollte die Bundesregierung 1800 Soldaten
schicken, jetzt sind es 3340
fast täglich beschossen wurde. Im Frühjahr
2008 kämpften 60 deutsche Soldaten in der
“Operation Karez” und seit Juli bilden 205
Deutsche eine “Schnelle Eingreiftruppe”, die
in kritischen Lagen in den Kampf geschickt
wird.
Obwohl der Bundeswehreinsatz immer öfter
das Leben von Afghanen und Deutschen
bedroht, soll der Bundestag das Mandat
im Oktober verlängern, diesmal jedoch um
14 Monate, statt der bisher üblichen 12.
Dadurch will die Regierung verhindern,
dass die nächste Verlängerung kurz vor der
Bundestagswahl im September oder Oktober
2009 beschlossen werden muss.
Die Regierung will die Aufstockung der Truppen aus dem
Wahlkampf raushalten
Die große Koalition will damit vermeiden,
dass die Menschen entsprechend der Position der Parteien zum Krieg in Afghanistan
wählen. Denn laut einer Umfrage im Februar
wollen 61 Prozent der Deutschen, dass die
Bundeswehr noch 2008 aus Afghanistan
abzieht. 35 Prozent sind dagegen.
Solche Tricks zeigen, dass die Regierung
selbst nicht glaubt, die Menschen mit ihren
Argumenten von dem Einsatz überzeugen
zu können. Die Herrschenden wollen nicht
den Willen des Volkes umsetzen, sondern
die Menschen so manipulieren, dass sie
dem Willen der Herrschenden zustimmen.
Die Regierung untergräbt damit die Demokratie, statt ihren ungerechten Krieg zu
beenden.
Dipl. Päd. Jürgen Rose ist Oberstleutnant
der Bundeswehr und aus disziplinarrechtlichen Gründen gezwungen, darauf hinzuweisen, dass er in diesem Beitrag nur seine
persönlichen Auffassungen vertritt.
Jose L. Rodriguez / U.S. Army
Der Soldat der Bundeswehr wird gleich eine leichte Panzerabwehrrakete im afghanischen Bagram abfeuern. Ein US-Soldat leitet ihn dabei an.
Afghanistan
Soll die Bundeswehr sofort aus
Afghanistan abziehen?
JA.
Der Abzug der deutschen Truppen darf nicht an
Bedingungen geknüpft sein, meint Sarah Nagel.
Wenn die Truppen jetzt abgezogen werden,
dann kämen vielleicht die Taliban wieder
an die Macht. Würden sie in zehn Jahren
abgezogen werden, würden das vielleicht
ebenfalls passieren – und nach hundert
Jahren vielleicht auch. So drückt es Zoya
aus, eine afghanische Aktivistin, die im
Sommer auf dem Afghanistan-Kongress der
Friedensbewegung in Hannover zu Gast
war. In der Zwischenzeit verschlimmert
sich die Lage der Menschen in Afghanistan
täglich. Bis zu 50.000 Menschen sind seit
Beginn des Einsatzes 2001 durch den Krieg
getötet worden, 4000 durch direkte Kriegshandlungen. Die Regierung unter Karsai
kontrolliert nur etwa 30 Prozent des Landes,
die Warlords der Nordallianz und andere
Akteure gewinnen an Macht. Und die
Taliban, vor der die Besatzer die Afghanen
angeblich retten wollen, bekommt großen
Zulauf aus der Bevölkerung. Das geschieht
vor allem deshalb, weil die Taliban den
kompromisslosesten Widerstand gegen
die Besatzer leistet, welche die meisten
Regierungen, die Truppen nach Afghanistan
geschickt haben antworten auf diese Situation, indem sie mehr Truppen schicken. Jetzt
sind 65.000 Soldaten aus 40 Ländern in
Afghanistan. Die sowjetische Regierung, die
das Land von 1979 bis 1989 besetzte, hatte
120.000 Truppen dort stationiert – und ist
trotzdem gescheitert. Mehr Truppen bringen
nicht mehr Frieden, sondern das Gegenteil.
Anstatt eines vollständigen Abzugs der
Truppen fordern einige Autoren eine
„Exitstrategie“. Diese Strategien bedeuten
aber, dass ein schrittweiser Abzug an
Bedingungen geknüpft ist, zum Beispiel,
dass es zum Zeitpunkt des Abzugs „keine
Aktionen oder Vorbereitung von Aktionen
durch den Widerstand“ geben darf. Mit
solchen Bedingungen wird der Abzug der
Truppen, und damit auch die Chance auf
Frieden in Afghanistan, auf einen Zeitpunkt
verschoben, der unter den jetzigen
Bedingungen nicht eintreten kann.
Sarah Nagel ist aktiv in SDS Die Linke
Bochum.
Info
6,6 Mio.
Afghanen leiden Hunger.
Jedes zweite Kleinkind ist
untergewichtig. 20 Prozent
sterben, bevor sie fünf Jahre alt
werden.
2,4 Jahre
ist ihre durchschnittliche
Lebenserwartung seit 2004
unter der Besatzung gesunken.
Alle 29 Minuten stirbt eine
Afghanin bei der Geburt.
10 %
der Afghanen haben zu Hause
Strom, die meisten davon nur
einige Stunden pro Tag. Der
Grund ist, dass neue Kraftwerke vor allem für Staat, Armee
und Konzerne produzieren.
75 %
der deutschen Ausgaben für
Afghanistan gehen an die
Bundeswehr.
Die Bundeswehr soll nicht sofort abgezogen werden, meint Michael Müller.
Stattdessen muss es eine Exitstrategie geben, die das „danach“ bedenkt.
Seit 2001 operiert nun bereits die internationale Staatengemeinschaft im Rahmen
der „Operation Enduring Freedom“ und des
NATO-geführten ISAF-Mandats in Afghanistan mit dem politischen Ziel, Al-Quaida zu
bekämpfen, die Taliban zu entmachten und
den Menschen in Afghanistan Frieden und
Sicherheit zu garantieren, indem staatliche
Strukturen errichtet werden.
Mittlerweile kann trotz aller Bekundungen
seitens der Bundesregierung konstatiert
werden, dass der Prozess des „statebuilding“ nach über sechs Jahren militärischer Präsenz in Afghanistan gescheitert
ist. Warlords kontrollieren weite Teile des
Landes, der Einfluss der Taliban konnte
nicht bekämpft werden und die gewählte
Regierung um Karsai vertritt in keiner
Weise das ganze Land. Darüber hinaus
können Beobachter quasi täglich Korruption, Vetternwirtschaft, Drogenschmuggel
und Elend beobachten.
Wie ist nun die daraus resultierende Forderung „Bundeswehr raus aus Afghanistan“,
die prominent von der LINKEN vertreten
wird, politisch zu bewerten? Die alleinige
Forderung nach einem sofortigen Abzug ist
sicherlich moralisch begründet, eignet sich
jedoch nicht, um die Lage der Menschen in
Afghanistan spürbar zu verbessern.
Ein alleiniger und unkontrollierter
Truppenabzug Deutschlands kann nicht
unsere einzige Antwort auf die verheerende
Entwicklung des Landes sein. Erst recht
nicht, wenn er ohne jede Verständigung
mit den Regierungen der transatlantischen
Allianz, die als Akteure nicht zu leugnen
sind, geschehen soll. Denn trotz aller
berechtigten Argumente für einen Abzug
der Truppen dürfen Überlegungen über das
„Danach“ nicht vernachlässigt werden. Der
schrittweise und gemeinsame Abzug der militärischen Kräfte muss einhergehen mit der
Formulierung ziviler Aufbauhilfeprogramme
und einer ausgearbeiteten „exit-option“.
Die Stabilisierung von fragilen Staatengebilden wie Afghanistan stellt eine große
Herausforderung und langfristige Aufgabe
dar. Schließlich müssen tragfähige Konzepte
formuliert werden, die den Afghanen die
Möglichkeit geben sich selbst zu verwalten,
dadurch auch eine Ökonomie zu entwickeln und durch die Etablierung eines
rechtsstaatlichen Gewaltmonopols eine
innere Sicherheit zu schaffen, die gesellschaftliches Leben erst möglich macht.
Erst dann ist es sinnvoll, vom Aufbau
demokratischer Strukturen zu sprechen.
Demokratische Lippenbekenntnisse und
von UN-Mitarbeitern beobachtete Wahlen
reichen keineswegs aus, um von einem
wirklichen Demokratisierungsprozess
sprechen zu können.
Eine glaubwürdige LINKE darf ihr
außenpolitisches Profil nicht nur auf den
antimilitaristischen und pazifistischen
Protest beschränken, sondern muss
mit vernünftigen Überlegungen über
mögliche Exit-Optionen nichtmilitärische
Herangehensweisen außenpolitischen
Handelns aufzeigen. Die alleinige Forderung
nach dem sofortigen Abzug vernachlässigt
diesen wichtigen Aspekt alternativer
Außenpolitik.  Michael Müller ist aktiv
im SDS Regensburg.
US-Soldaten führen 2002 während der Operation „Mountain
Sweep“ eine Sprengung in Afghanistan durch.
Foto: Marshall Emerson
NEIN.
Afghanen als Bedrohung wahrnehmen.
„Was die Menschen bewegt ist nicht die
Ideologie, sondern eine instabile Umgebung
zwischen den bestehenden Netzwerken aus
Clans, Stämmen, unzufriedenen Leuten,
Drogenhändlern, Opportunisten und arbeitslosen Jugendlichen“ , erklärt der ehemalige
afghanische Innenminister Ali Ahmad Jalali.
Die Parlamentsabgeordnete Malalai Joya, die
seit Jahren für mehr Frieden kämpft, meint,
das es durchaus Menschen in Afghanistan
gibt, die eine demokratische Gesellschaft
aufbauen wollen. Nur fehlt ihnen dazu die
finanzielle und politische Unterstützung.
In der jetzigen Situation kann in Afghanistan keine Demokratisierung stattfinden, weil
Krieg herrscht. Die ausländischen Truppen
sind offenbar weder dazu in der Lage,
Frieden zu schaffen, noch dazu, den Hunger
zu bekämpfen, den Zugang zu Elektrizität
und Trinkwasser überall zu gewährleisten,
oder die Arbeitslosigkeit zu senken – all das
wird jedoch benötigt, um eine Stabilisierung
zu ermöglichen. Die Nato, die UNO und die
7
8
NATO
US-Soldaten besteigen während einer Übung der Militärberatungskommission der
USA einen Helikopter in dem zukünftigen NATO-Mitgliedsland Georgien.
SSGT S.C. Felde, USAF
Die NATO im neuen
Kalten Krieg
Die NATO dringt tief in strategisch relevante Regionen vor. Tobias ten Brink meint, die Rückkehr der
Geopolitik ist mit der Funktionsweise des globalen Kapitalismus verbunden.
D
ie Rückkehr der Großmächte“,
„Der alte Krieg ist wieder
da“ (FAZ) – so titelten die
Zeitungen während der Eskalation
des Kaukasus-Konfliktes. Beim Krieg
zwischen dem künftigen Nato-Mitgliedstaat
Georgien und Russland um Südossetien und
Abchasien handelte es sich nicht nur um
einen lokalen Konflikt – es ging auch um
das internationale Kräfteverhältnis in einer
geostrategisch relevanten Region. Denn mit
dem Eintritt Georgiens in die NATO, die
sicherheitspolitische Bündnisorganisation
des „Westens“ unter Führung der USA, soll
die „NATO-Osterweiterung“ abgeschlossen
werden.
Das westliche Bündnis umfasst damit Teile
des ehemaligen russischen Territoriums. In
Russland wird diese Strategie nicht ohne
Grund als geopolitische Einkreisung diskutiert: Die NATO dringt tief in eine auch von
Russland nicht nur aufgrund der vorhandenen Öl-, Gasressourcen und Pipelines als
geopolitisch bedeutend erachtete Region vor
– weitere Konflikte sind vorprogrammiert.
Zur Not unterstützt die NATO
auch diktatorische Regime
wie in Saudi-Arabien
Der Leitgedanke der NATO ist es, eine global
einsatzfähige Interventionsmacht zu sein. In
weltwirtschaftlich relevanten Regionen vom
Nahen Osten bis Zentralasien versuchen
die NATO-Staaten die gesellschaftlichen
Verhältnisse in ihrem Sinne zu garantieren
– auch wenn dies wie in Saudi-Arabien die
Unterstützung diktatorischer Regime bedeu-
tet. Zur Erreichung ihrer Ziele des „Stabilitätsexports“, des „Krisenmanagements“ und
der „Terrorismusbekämpfung“ wird vor
allem auf das Mittel der Drohung und des
Einsatzes von Gewalt gesetzt.
Der Kapitalismus bringt
Staatenkonkurrenz hervor
Das Beispiel Afghanistan verdeutlicht,
dass die Politik der NATO-Staaten immer
wieder in Unordnung mündet. „Sicherheit“
und „Entwicklung“ sind in weite Ferne
gerückt. Stattdessen befördert der Westen
eine Rüstungsspirale und macht es anderen
Großmächten wie Russland einfach, ihre
eigenen Militärstrategien zu legitimieren.
In einem Papier zur Erneuerung des „Strategischen Konzepts“ der NATO wird für
den atomaren Präventivschlag (im Falle
einer Eskalation des Konflikts mit dem
Iran) votiert – die groteske Logik dahinter
lautet: Verhindere mit dem Ersteinsatz die
Verbreitung von Atomwaffen!
Selbst Erwägungen über Entwicklungspolitik werden wie selbstverständlich nur noch
im Zusammenhang mit „zivil-militärischen“
Besatzungskonzepten diskutiert.
Die Ursachen dieser Renaissance des
Imperialismus bzw. der Geopolitik liegen
tiefer als in den Gewaltphantasien von Militaristen. Sie sind verbunden mit der Funktionsweise des globalen Kapitalismus. Dieses
System bringt neben der wirtschaftlichen
auch die geopolitische Staatenkonkurrenz
hervor und ist eng mit internationalen Herrschafts- und Unterdrückungsverhältnissen
verwoben.
Militärische Macht gilt heute als „diskrete
Hintergrundinformation“ über das globale
Einflussvermögen von Staaten bzw. Bündnissen. Sie hilft dabei, wirtschaftspolitische
Interessen durchzusetzen, Einfluss in
internationalen Institutionen auszuüben,
oder, wie im Falle der USA, den Dollar als
Weltleitwährung durchzusetzen und hieraus
Vorteile zu ziehen. Die Ungewissheit der zukünftigen globalen Entwicklung veranlasst
die Staaten, ihre Machtvorteile auf absehbare Zeit absichern zu wollen.
Gegenwärtig, so wird befürchtet, bedroht zum
Beispiel der Trend zu einer Verschiebung
der weltwirtschaftlichen Kräfteverhältnisse
in Richtung Ostasien die Vorherrschaft des
Westens. Besonders die Strategien Chinas
stellen relativ stabile Machtverteilungen
und abgesteckte Interessenssphären „alter“
Großmächte in Frage und bergen damit
mittelfristig eine Reihe von möglicherweise
folgenreichen Konfliktverhältnissen in sich.
Der offensive Charakter der NATO hat nicht
zuletzt damit zu tun, diesem potentiellen
Konkurrenten zu verdeutlichen, dass niemand am Westen vorbeikommt, der inter-
Rivalität macht auch vor dem
NATO-Bündnis nicht halt
national um „Mitspracherecht“ und Einfluss
bemüht ist.
Konkurrenz und Konflikt konstituieren
das globale System gewissermaßen – und
machen selbst vor dem NATO-Bündnis nicht
halt, wie Rivalitäten zwischen den Mitgliedstaaten anzeigen (z.B. vor und während des
Irakkrieges 2003 oder bei der Frage des Grades der Eigenständigkeit des EU-Militärs).
Die westlichen Machteliten sind sich mehr
oder wenig einig darin, die Herstellung von
weltweiter Ordnung und einer gelingenden
Kapitalakkumulation auch mittels Gewalt
herzustellen, streiten aber untereinander um
Sollte Obama Präsident werden, wird die NATO wichtiger,
die Welt aber nicht friedlicher
die Rangordnung in der Herstellung dieser
Ordnung.
Die NATO dient insofern als kollektives institutionalisiertes Gremium der Bearbeitung
von „Weltproblemen“, dessen Nützlichkeit
fallweise ermittelt wird. Sollte Barack Obama
die Wahlen in den USA gewinnen, wird die
„multilaterale“ Nato in den nächsten Jahren
womöglich eine wichtigere Rolle im globalen
Spiel um Macht und Einfluss erhalten. Leider
verheißt das keinen Fortschritt auf dem Weg
in eine friedliche Welt. 
Tobias ten Brink ist Politikwissenschaftler
am Institut für Sozialforschung in Frankfurt/Main. Zuletzt erschienen: "Staatenkonflikte" (UTB, Stuttgart 2008) und "Geopolitik"
(Westfälisches Dampfboot, 2008).
Seminar
Tobias ten Brink referiert neben anderen
bei dem Seminar Imperialismustheorien:
Staatenkonkurrenz und Geopolitik im
globalen Kapitalismus; Seminar des
Fördererkreises. 14.-16. 11. 2008; Frankfurt/
Main. Info: www.foerdererkreis.de
NATO
9
Nach Heiligendamm, der NATO-Gipfel
Im Juni 2007 demonstrierten
Zehntausende gegen den G8-Gipfel
in Heiligendamm. Im nächsten
Jahr ist wieder ein großer Protest
geplant: Die Nato feiert ihr 60jähriges Jubiläum voraussichtlich am
3. und 4. April 2009 in Straßburg
und Kehl. In europäischen Ländern
organisiert sich breiter Widerstand.
Auf dem ersten Treffen des
deutschen Bündnisses haben die
Aktiven beschlossen, dass es eine
Großdemonstration, ein Protestcamp, Workshops und Aktionen
des zivilen Ungehorsams geben
soll.
Mehr Infos: www.gipfelsoli.org
www.linke-sds.org
Interview: Nein zum NATO-Beitritt
Arielle Denis, Vizepräsidentin des französischen Friedensbündnisses Mouvement
de la Paix, über den Beitritt Frankreichs zur NATO und die Bewegung dagegen.
Anfang April findet in Straßburg das
60jährige Jubiläum der NATO statt. Die
französische Regierung will dort volles
Mitglied der NATO werden. Warum?
Sarkozy verfolgt eine neue Strategie gegenüber der NATO. Die Politik der Regierung
unter Charles de Gaulle in den Sechziger
Jahren besagte: Mit Atomwaffen machen
wir uns von der NATO unabhängig und sind
freie Spieler auf dem internationalen Feld.
Sarkozy will die europäische Sicherheits–
und Verteidigungspolitik stärker mit der
NATO verbinden, und vertritt eine andere
Rechte als de Gaulle. Er sieht sich näher an
den US-amerikanischen Neokonservativen
als an der traditionellen Politik der französischen Konservativen.
Wie ist die Stimmung in der Bevölkerung
gegenüber dem NATO-Beitritt?
Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der
Franzosen gegen den Beitritt ist. Die NATO
ist ein Kriegsbündnis, und ich denke, die
Menschen wissen das. Es gibt auch bereits
seit Monaten ein breites Bündnis, das Proteste gegen das NATO-Jubiläum vorbereitet.
Die Franzosen haben 2005 gegen die
EU-Verfassung gestimmt. Sind viele
Unterstützer der „Non“-Kampagne jetzt
wieder mit dabei?
Ja, viele Organisationen und Menschen beteiligen sich auch an der Mobilisierung gegen
den NATO-Gipfel. Viele Franzosen stimmten
vor drei Jahren gegen den Vertrag, weil sie
die NATO ablehnen. Damals war schon klar,
welche Strategie die Konservativen verfolgen, und das sie eine stärkere Anbindung
an die NATO wollen. Wir versuchen, all
die Menschen, die das ablehnen, in unsere
„Mobilisierung gegen die Natoisierung“
einzubinden.
Von den Protesten gegen das NATOJubiläum wird manchmal als „zweites
Heiligendamm“ gesprochen. Was kann
der Protest erreichen?
Ich bin davon überzeugt, dass wir in
Straßburg etwas bewirken werden. Das
erste, was Politiker morgens tun, ist sich
die Umfragewerte anzusehen. Wenn wir
weiter daran arbeiten, einen Gegenprotest
zu organisieren und mit den Menschen
darüber sprechen, welche kriegerische Rolle
die NATO spielt, dann wird das auch in der
Regierung ankommen.  
Das Interview führte Sarah Nagel.
VERLAG WESTFÄLISCHES DAMPFBOOT
Elmar Altvater/Birgit Mahnkopf
Konkurrenz für das Empire
Die Zukunft der Europäischen Union
in der globalisierten Welt
2007 – 304 S. – € 24,90
ISBN 978-3-89691-652-5
Tobias ten Brink
Geopolitik
Geschichte und Gegenwart
kapitalistischer Staatenkonkurrenz
(Theorie und Geschichte der
bürgerlichen Gesellschaft Band 23)
2008 – 307 S. – € 27,90
ISBN 978-3-89691-123-0
WWW. DAMPFBOOT - VERLAG . DE _ INFO @ DAMPFBOOT - VERLAG . DE
10
Feminismus
Karriere, Kindererziehung und das Einkaufen nicht vergessen. Dabei bitte immmer
sexy aussehen. Frauen haben heute viel zu tun.
Der eingebildete
Feminismus
Monatge: Noel Douglas
Im letzten Jahr wurde von den Medien ein „neuer
Feminismus“ entdeckt. Anna Gomer schreibt darüber,
was dahinter steckt und wem er tatsächlich etwas nützt.
W
enn man sich in den Milchschaum-Bezirken unserer
Städte bewegt, könnte man
den Eindruck bekommen, die Welt sei in
Ordnung. Die vielen gut gekleideten Kinder
und das strahlende, von gesundem Selbstbewusstsein zeugende Lächeln der Mütter,
lassen uns die Janusköpfigkeit europäischer
Städte mit den entstellten Zwillingsgesichtern der Ghettos vergessen. Hier scheinen
die Frauen das Leben zu meistern, Kinder
und Beruf problemlos verbinden zu können.
Es ist der Wohnort der neuen kreativen
Frauen, die als Sinnbild für den durchschlagenden literarischen und wirtschaftlichen
Erfolg von Frauen in den letzten Jahren
herhalten sollen. Zu diesen gehören auch die
Der Latte Macchiato auf dem
Spielplatz wird als
feministisch deklariert
„Neuen Feministinnen“, die eine Wiederbelebung der Frauenbewegung, eine entspannte
Haltung zur Sexualität und zu ihrem Körper
repräsentieren, die Frau als Subjekt behaupten und obendrein nett anzuschauen sind.
Wenn man hier mit Gesellschaftskritik
ankommt, riskiert man pathologisiert (man
sei problemorientiert) oder in die politische
Schmuddelecke des Wohlstandschauvinismus gestellt zu werden – Intellektuellen
wird schnell vorgeworfen, sie jammerten
Armut trifft nicht nur
„bildungsferne Schichten“
auf hohem Niveau. Und selbst wenn man
nicht gerade in besagten Bezirken wohnt,
aber Student/in ist, begegnet man heute
womöglich der Kritik an der Gesellschaft
und vor allem der feministischen Debatte
eher genervt.
Frau hat nämlich die Hoffnung, ja geht
sicher davon aus, dass sie nach dem Studium schon alles meistern wird, es kommt
ja immer auf einen selber an, die sozialen
Probleme treffen ja immer die anderen, vor
allem die „bildungsfernen Schichten“. Wenn
sich eine Studentin überhaupt noch mit dem
Thema Feminismus beschäftigt, dann oft in
der Art der „Alpha-Mädchen“, die von drei
jungen Autorinnen in diesem Jahr in einem
Buch beschrieben werden.
Der neue Feminismus muss sexy sein, nicht
so spröde viktorianisch wie der alte. Wir
sind jetzt offen, lieben Porno und Analsex,
wollen Karriere und Kinder und auch noch
einen Latte Macchiato auf dem Spielplatz.
Alles gut und schön und durchaus nicht
zu verachten. Aber: Wie ist das alles zu
bewerkstelligen? Ohne Geld schon mal gar
nicht, und eine Kinderfrau muss auch heran.
Da wären wir schon bei einigen politischen
Problemen. Arbeit soll einfach an andere,
sozial schwächere Frauen delegiert werden,
soweit Geld da ist. Damit ist auch nichts
geklärt, verdienen doch Frauen im Durchschnitt 26 Prozent weniger als Männer in
gleichen Berufen.
Man darf sich also von den poppigen Liedern
und Büchern und frech selbstbewusstem,
durchaus löblichem Auftreten der Neuen
Der neue Feminismus muss
sexy sein
Feministinnen nicht täuschen lassen: selbst
die erfolgreichen, gebildeten jungen Frauen,
die in ihrer Partnerschaft Gleichberechtigung zu leben glauben, müssen diese sehr
häufig mit der Geburt des Kindes aufgeben.
Da die Frau im Regelfall weniger verdient,
bleibt sie auch zu Hause, während der Mann
weiterhin an der Karrierekurbel dreht.
Es ist erschreckend, dass 25 Prozent aller
in Deutschland lebenden Frauen, sprich
jede Vierte, unter 500 Euro im Monat hat.
Davon kann Frau nicht leben und bleibt auf
Jede Vierte hat weniger als
500 Euro pro Monat
den ERnährer angewiesen. Die Hausarbeit,
Kindererziehung – das sind gesellschaftlich
wichtige Bereiche, ohne die die Produktion
und Wirtschaft nicht funktionieren - werden
immer noch auf die weiblichen Schultern
aufgebürdet und als selbstverständliche moralische Aufgabe gehandelt, die auch nicht
von der Wirtschaft bezahlt werden braucht.
Wenn Frauen als Arbeitskräfte auftreten,
dann als „Dazuverdienende“, deren Hauptaufgaben eben im Privaten liegen.
Von den gut bezahlten Berufen hingegen
sind Frauen regelrecht ausgeschlossen.
So auch an der Universität. Macht die Zahl
der weiblichen Studierenden in vielen
Studiengängen – zum Beispiel in der Germanistik, Psychologie oder Medizin – den
größten Anteil aus, sieht sich das so geartete
Auditorium immer noch hauptsächlich mit
Feminismus
Der neue Feminismus findet
nur individuell statt
viduellen, Subjektiven widmen („Alles ist
subjektiv!“– wozu dann die intersubjektive
Sprache, wozu überhaupt Wissenschaft?).
Über die eigenen Hämorrhoiden zu schreiben, wie es Charlotte Roche tut, kommt besser an – cooler, ironischer – als langweiliges
Durchforsten von Statistiken und Literatur
und der politische Aktivismus. Deswegen der
durchschlagende Verkaufserfolg des „Neuen
Feminismus“. Dabei fallen einem Verkleinerungen und Selbstverniedlichungen auf,
die im Diskurs um den sogenannten Neuen
Feminismus an der Tagesordnung sind, ungeachtet dessen, dass schon Gretchen sich
gegen die Bezeichnung Fräulein sträubte.
Und doch nennen sich heute junge Frauen
Fräulein Wunder und Alphamädchen, wenn
auch ironisch, ist es doch verniedlichend.
Ihre Inhalte und Forderungen wie sexuelle
Selbstbestimmung sind sicherlich wichtig.
Es wäre nur schade, wenn der Neue
Feminismus durch Selbstbeschneidung,
Selbstausgrenzung aus der Politik, auf dem
Müllhaufen der kommerziellen Beliebigkeit
oder in einer politischen Sackgasse der Zeit
Kindererziehung bleibt im
privaten Bereich, damit sie
nicht bezahlt werden muss
endet. Der spröde alte Feminismus der Siebziger Jahre hat vieles auf dem politischen
Wege erreicht, gerade die Voraussetzungen
des heutigen Selbstverständnisses (Abtreibung, Eingehen eines Arbeitsverhältnisses
ohne die Erlaubnis des Ehemannes).
Es ist nicht genug. Politisch ist viel zu tun.
Dass das Private politisch ist, merkt eine
Jede von uns spätestens, wenn sie Mutter
wird. Das Gesetz zementiert die Armut, die
weiblich ist. Vor allem auf der politischen
Bühne sind die Haare auf den Zähnen für
das Sexsubjekt entscheidender als auf den
Beinen.
Der sich im privat-individuellen einnistende
Neue Feminismus verweigert sich dem Versuch, sich einen gesamtgesellschaftlichen
Überblick zu verschaffen, und ohne daraus
abgeleitete politische Aktivität riskiert er,
zum bloßen Lifestyle zu werden. So ist es
Frauen oft geschehen und geschieht es noch.
Ohne politischen Kampf werden sie in die
‚Nebenwidersprüche‘ und ‚Seitengänge‘ des
öffentlichen Bewusstseins abgedrängt. So
wie die Porträts der Wissenschaftlerinnen in
der Hall of Fame im Hauptgebäude der Humboldt–Uni zu Berlin: Streng nach Geschlecht
von denen ihrer männlichen Kollegen segregiert, hängen sie in den Seitengängen.
Anna Gomer ist aktiv in SDS.Die Linke HU.
Kommentar
Stichwort
Fotzen-Workout reicht nicht
Elterngeld
D
Familienministerin Ursula von
der Leyen (CDU) ist stolz, dass
in Deutschland mehr Kinder
geboren werden als in den letzten
Jahren, und führt das auch auf
die Familienpolitik der Großen
Koalition zurück. Sie sieht in der
gestiegenen Geburtenrate einen
„überwältigenden Vertrauensvorschuss“ für ihre Politik. Seit
Januar 2007 gibt es das Elterngeld, welches Eltern beantragen
können, die bis zu 14 Monate
lang im Beruf aussetzen, um sich
um das Kind zu kümmern. Von
der Reform profitieren vor allem
Besserverdienende.
er neue Feminismus will sexy
sein – und geht Hand in Hand
mit dem Kapitalismus.
Die Rapperin Lady Bitch Ray propagiert den
Vagina Style und bietet auf ihrer Homepage
das „Votzen-Sport-Workout-Programm“ an.
Charlotte Roche bringt ein Buch heraus,
dessen Protagonistin einen sehr offenen
Umgang mit ihrem Körper pflegt. Sie spricht
Tabuthemen an und legt einiges offen, was
sonst als unweiblich gilt.
In dem Buch „Wir Alphamädchen. Warum
Feminismus das Leben schöner macht”
sagen Meredith Haaf, Susanne Klingner
und Barbara Streidl, dass Feminismus Spaß
machen und sexy sein muss.
Das klingt doch toll, endlich endlich
kann wieder von einem Feminismus
gesprochen werden, endlich gibt es wieder
mutige Frauen. Aber stimmt das? Sind diese
„Alphamädchen“ oder auch die „neuen
deutschen Mädchen“ (nach Jana Hensel) die
neuen Feministinnen?
Sie sagen beispielsweise, dass Männer nicht
per se scheiße sind, dass sich Frauen sexuell
befreien müssen, nennen also Punkte, in
denen viele Frauen ihnen zustimmen.
Irgendwas ist aber faul an diesem aufkeimenden stolzen Frausein. Bezeichnend ist,
dass besonders subjektive Befindlichkeiten
im Vordergrund stehen.
Der Begriff von Gleichberechtigung,
Frauenbefreiung und Feminismus wird hier
auf Biographien und persönliche Empfindungen reduziert.
Männer sind nicht per se
scheiße
In eine Opferrolle schlüpfen will keine
dieser Frauen, was durchaus verständlich
ist, denn wer will schon als „Opfer“
bezeichnet werden. Aber hier wird einiges
aus Eitelkeit verkannt und durch fehlende
Analyse verfälscht.
Keine unserer neuen selbstbewussten und
emanzipierten Frauen (denn „wir werden
doch gar nicht mehr benachteiligt“ oder „wir
sind doch schon längst in der Gleichberechtigung angekommen“) bietet eine ernsthafte
Strategie für eine Frauenbefreiung. Lady
Bitch Ray sagt, dass sie die „noch immer
als Opfer erzogenen Frauen aus der
Tyrannei des Patriarchats ins gelobte Land
der vaginalen Selbstbestimmung führen“
will und behauptet von sich, dass sie eine
ziemliche „Emanzen-Ader“ hätte.
Aber so richtig Gewicht hat das alles
nicht: „Emanzen-Ader“, „Feminismus muss
sexy sein“.. Wo bleibt hier eine kritische
Tariflöhne sind zu unsexy für
Alphamädchen
Gesellschaftsanalyse? Die soziale Frage wird
auch komplett ausgeblendet.
Unterdrückung von Frauen findet nicht
nur sexuell statt, sondern auch auf dem
Kontoauszug: Frauen sind oft von Männern
abhängig, weil sie weniger Geld verdienen.
Die Alphamädchen aber hangeln sich lieber
von einem schlecht bezahlten kreativen
Projekt zum nächsten, anstatt für anständige Tariflöhne und gleiche Bezahlung zu
streiten.
Die Ausblendung der wirtschaftlichen
Unterschiede im „neuen Feminismus“
produziert am Ende Probleme. Durch die
aggressive Übernahme von sexistischen
Klischees kommt es beispielsweise nicht
automatisch zur Befreiung, sondern kann
auch zu einer Verstärkung von sexistischen
Stereotypen führen.
Heute ist frau dann eine Feministin, wenn
sie eine starke Individualistin ist. Jede
ist für sich selbst verantwortlich, es gibt
keinen Bedarf an einem Zusammenhalt der
Gesellschaft.
Unsere Alphamädchen kämpfen individuell
und ihr Feminismus ist lediglich eine Fassade. Dieser neue Feminismus passt also gut
in unser gesellschaftliches Konzept, er geht
Hand in Hand mit dem Neoliberalismus. 
Friederike Benda ist aktiv in Die Linke.SDS
Potsdam
Info
82 %
Prozent der Eltern, die das neue
Elterngeld beziehen, sind Frauen.
2/3
Zwei Drittel der Väter, die das
Elterngeld beantragen, bleiben nur
die Mindestzeit von zwei Monaten
zu Hause.
1.800
Fast zweitausend Euro pro Monat
bekommen Eltern, die schon
vorher viel verdient haben – das
Elterngeld macht 67 Prozent des
Gehalts aus. Nur 3,7 Prozent der
Frauen erhalten zwischen 1.500
und 1.800 Euro.
52,6 %
Mehr als die Hälfte der Frauen,
die Elterngeld bekommen, sind
geringverdienende. Durch die
Reform der Familienpolitik
erhalten sie nur noch die Hälfte
der Unterstützung, die sie vorher
bekamen.
50 %
Die Rapperin Lady Bitch Ray fordert vaginale Selbstbestimmung und bietet auf ihrer
Homepage ein Fotzen-Workout an.
http://www.myspace.com/ladybitchray
männlichen Dozenten konfrontiert, nicht zu
sprechen von der verschwindend geringen
Anzahl der Professorinnen.
Politisch dagegen ankämpfen zu wollen,
die Missstände zu benennen, mit oder ohne
die grand récits in den späten Werken des
postmodernen Theoretikers Lyotard, der an
der Uni so hoch gehandelt wird und uns im
Prinzip dazu rät, nicht das Wissbare – sei
es aus der persönlichen Wahrnehmung, sei
es aus den Statistiken abgeleitet – wissen
zu wollen. Wir sollen uns ganz dem Indi-
11
Die Häfte aller Frauen arbeiten
im Niedriglohnbereich. Jede
Vierte hat weniger als 500 Euro
im Monat zur Verfügung. Nur 20
Prozent der Männer sind dagegen
Geringverdiener.
12
Novemberrevolution
Als die Macht auf
der Straße lag
1918 stand Deutschland an der Schwelle zum Sozialismus. Wie es der SPD gelang,
die Revolution zu verraten, schildert Florian Wilde.
R
iesige, teilweise bewaffnete Demonstrationszüge unter roten
Fahnen zogen am Morgen des
9. November 1918 aus den proletarischen
Außenvierteln ins Stadtzentrum Berlins.
Aus den meisten Kasernen, an denen sie
vorbeizogen, schlossen sich ihnen Soldaten
an. Nur vereinzelt kam es zu Blutvergießen. Mittags erreichten die immer mehr
anschwellenden Demonstrationen das
Zentrum. Das Polizeipräsidium wurde
gestürmt und die Polizisten entwaffnet. In
den frühen Nachmittagsstunden brach der
Widerstand einzelner Offiziere, die sich in
der Universität und in der Staatsbibliothek
verschanzt hatten, zusammen.
Die Bewegung, die wenige Tage zuvor
mit dem Aufstand der Matrosen in Kiel
begonnen und sich rasend schnell über das
ganze Reich ausgebreitet hatte, hatte nun
Der Widerstand einzelner
Offiziere bricht zusammen
auch die Hauptstadt erreicht und auch hier
in wenigen Stunden die jahrhundertealte
Monarchie hinweggefegt. Zwei Tage später
beendete ein Waffenstillstand das vierjährige Massenmorden des Ersten Weltkriegs.
Ein derartiges Ende des Krieges erschien
bei seinem Ausbruch vier Jahre zuvor als
unwahrscheinlichste aller Optionen. Von
einer beispiellosen nationalistischen Welle
erfasst zogen 1914 Millionen begeistert für
Kaiser, Volk und Vaterland in den Krieg.
Für die SPD schien sich die Gelegenheit
unter dem permanenten Repressionsdruck
der Polizeibehörden mühevoll und illegal
aufgebaut werden. Immer wieder wurden
die Aktivisten der bald unter dem Namen
ihrer Untergrundzeitung „Spartakus“
bekannten Gruppe verhaftet, wurden
Zeitungen und Flugblätter beschlagnahmt.
Die SPD will ihre „RegieUnd trotzdem verbanden sich ihre radirungsfähigkeit“ beweisen und kalen Positionen allmählich mit der wachsenden Wut in der Arbeiterschaft über die
befürwortet den Krieg
schrecklichen Opfer des Krieges. Ab 1916
alle Beschlüsse der Internationalen Sozia- konnten erste Demonstrationen und bald
listenkongresse. In denen hatte sie sich zur auch Streiks gegen den Krieg organisiert
Ablehnung des Krieges verpflichtet und da- werden, und die ständige Agitation der
rauf, sollte er sich nicht verhindern lassen, Spartakusgruppe setzte die gemäßigten
„für dessen rasche Beendigung einzutreten Kriegsgegner in der SPD so stark unter
und mit allen Kräften dahin zu streben, die Druck, bis sie 1917 mit der USPD eine
durch den Krieg herbeigeführte wirtschaft- eigene Partei gründeten, in der Spartakus
liche und politische Krise zur Aufrüttelung mitarbeitete.
des Volkes auszunutzen und dadurch die
Beseitigung der kapitalistischen Klas- Die Aktivisten der Untergrundsenherrschaft zu beschleunigen.“ Nun
stimmte die sozialdemokratische Reichs- zeitung „Spartakus“ werden
tagsfraktion den Kriegskrediten zu und die verhaftet
Parteiführung schloss einen „Burgfrieden“
Neben den Spartakisten waren es die „Remit Regierung und Militärbehörden.
Es war anfangs nur ein winziges Häuflein volutionären Obleute“, die in den letzten
aufrechter SozialistInnen um Rosa Luxem- Kriegsjahren vor allem in den Betrieben der
burg, Karl Liebknecht und Clara Zetkin, Metall- und Rüstungsindustrie Netzwerke
die an einer radikalen Antikriegshaltung linksradikaler AktivistInnen aufgebaut
festhielten. Bitter rächte sich nun das hatten. In großen Streiks im April 1917
Versäumnis dieser Linksradikalen in der und Januar 1918 gelang es ihnen zeitweise,
SPD, rechtzeitig eigene, handlungsfähige die Rüstungsindustrie lahmzulegen. Diese
Strukturen aufzubauen. So standen sie bei linken Strukturen spielten auch bei den ErKriegsbeginn ohne Zeitungen, ohne Gelder, eignissen des 9. Novembers eine wichtige
ohne einem landesweiten Netzwerk da. All Rolle.
das musste in den folgenden Kriegsjahren Mit der Novemberrevolution wurde der
zu bieten, aus ihrer jahrzehntelangen
Außenseiterrolle im Parteiensystem auszubrechen und endlich ihre „Regierungsfähigkeit“ unter Beweis stellen zu können.
Sie verriet dafür ihr eigenes Programm und
Kaiser gestürzt und der Frieden erzwungen. Aber welche Gesellschaftsordnung
würde dem Kaiserreich folgen? Die SPD,
die bis zuletzt nach Wegen gesucht hatte,
die Monarchie zu erhalten, versuchte nun,
sich an die Spitze der Bewegung zu setzen:
Ihr Vorsitzender Phillip Scheidemann rief
die Republik aus. Zeitgleich proklamierte
Karl Liebknecht die „freie sozialistische
Republik“.
Noch am 9. November wandte sich Liebknecht mit mahnenden Worten an die
Massen auf dem Berliner Schlossplatz:
„Die Herrschaft des Kapitalismus, der
Europa in ein Leichenfeld verwandelt hat,
ist gebrochen. […] Wenn auch das Alte
niedergerissen ist, dürfen wir doch nicht
glauben, dass unsere Aufgabe getan sei.
Wir müssen alle Kräfte anspannen, um die
Regierung der Arbeiter und Soldaten aufzubauen und eine neue staatliche Ordnung
des Proletariats zu schaffen, eine Ordnung
des Friedens, des Glücks und der Freiheit
unserer deutschen Brüder und unserer Brüder in der ganzen Welt. Wir reichen ihnen
die Hände und rufen sie zur Vollendung
der Weltrevolution auf.“
Überall im Land lag die Macht im November
1918 in den Händen von Arbeiter- und Soldatenräten. Ihre Mitglieder wurden meist
in Betrieben und Kasernen demokratisch
gewählt, waren ihrer Basis rechenschaftspflichtig und konnten jederzeit abgewählt
werden. Sie organisierten das öffentliche
Leben, die Verteilung von Nahrung und
die Demobilisierung der Soldaten. Spontan
war so aus den Kämpfen der Massen eine
Novemberrevolution
13
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Demonstranten ziehen im November 1918 durch Berlin. Sie sind
dabei, die jahrhundertealte Monarchie zu stürzen.
Die Macht liegt in den Händen
von Arbeiterräten
mokratischen Kontrolle durch die Massen
unterworfen wären.
Aber ein weiteres Mal zeigte sich, wie sehr
der Apparat der SPD und ihre traditionelle
Verankerung in der Arbeiterbewegung den
schwachen Strukturen der revolutionären
Linken überlegen waren: Auf allen reichsweiten Rätekongressen gelang es der SPD,
eine Mehrheit der Delegierten zu stellen.
Die SPD-Deligierten argumentierten für
ein Ende der Rätebewegung. Unter ihrem
Einfluss gaben die Räte ihre Macht schließlich selbst wieder ab und stimmten für die
Wahl zu einer Nationalversammlung, also
für die parlamentarische Demokratie.
Wo sich die Räte – wie in Bremen oder
München – weigerten, ihre Macht abzugeben, oder wo – wie in Berlin – die Revolutionäre weiter für ein Vorantreiben der
Revolution kämpften, wurden sie durch ein
Bündnis der SPD mit den „alten Mächten“
blutig niedergeschlagen. Luxemburg und
Liebknecht sind nur die bekanntesten Toten dieses verzweifelten Kampfes für eine
sozialistische Rätedemokratie.
Und dennoch: alle Errungenschaften der
Weimarer Republik – die Republik selbst,
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('((09\ic`e#f[\i]Xo\eXe'*'&,*-*,,$++
das Frauenwahlrecht, der Achtstundentag,
Betriebsräte, die Sozialgesetzgebung – wären ohne die revolutionären Aktionen der
Massen im November 1918 nicht möglich
gewesen.
Andererseits bestätigte die Novemberrevolution das Wort Saint-Justs aus der Französischen Revolution: Wer eine Revolution
nur halb macht, schaufelt sich sein eigenes
Grab. Die Kapitalisten, die Deutschland bereits in den 1. Weltkrieg getrieben hatten,
behielten ihre Macht. Staatsapparat, Justiz
und Militär wurden nicht umfassend demokratisiert, ihre Säuberung von monarchistischen Gegnern der Republik unterblieb.
Im Bündnis mit den Nationalsozialisten
konnten diese „Eliten“ so 1933 die Republik
beseitigen, die Arbeiterbewegung zerschlagen und einen weiteren Weltkrieg für ihre
Ohne die Novemberrevolution
kein Frauenwahlrecht
Profite und Großmachtphantasien führen.
Was vom November 1918 bleibt, ist die Erkenntnis, dass umfassende Verbesserungen
nur durch Massenbewegungen erkämpft
werden können, dass radikale Linke interventionsfähige Strukturen brauchen und
dass rätedemokratische Alternativen zum
Parlamentarismus möglich – und letztendlich auch nötig – sind. 
Florian Wilde ist Mitglied im Bundesvorstand von Die Linke.SDS und der Historischen Kommission der Partei DIE LINKE.
Täglich. Kritisch. Anders.
Die linke Tageszeitung aus Berlin.
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Foto: aurelius/PIXELIO
reale rätedemokratische Alternative zum
Stellvertretertum des bürgerlichen Parlamentarismus entstanden. Eine Alternative,
in der auch die Wirtschaft, der Staatsapparat und die Medien einer beständigen de-
VVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVVV
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Druck von Links.
14
International
Ein Obama macht
noch keine Veränderung
D
ie Wahlkampagne von Barack
Obama, dem ersten schwarzen
Präsidentschaftskandidaten,
elektrisiert Millionen. Eine Welle des
Enthusiasmus, wie es sie seit den 60er
Jahren nicht mehr gab, hat Amerika
erfasst. Linke und linksliberale Kräfte feiern Obamas Kandidatur als historischen
Bruch und definitives Ende der Bush-Ära.
Gewerkschaften und soziale Bewegungen
stehen hinter ihm.
Manche Beobachter sehen Obamas Kampagne als Anzeichen für einen neuen
linken Aufbruch. „Change, we can believe
in“ steht auf seinen Plakaten. Doch ein
nüchterner Blick macht deutlich: Es wird
wenig „Change“ unter einem Präsidenten
Obama geben.
In den meisten Bereichen, die den Menschen
am Herzen liegen, wie die Kriege in Irak
und Afghanistan oder die Wirtschaftspoli-
Obamas Wahlkampfhelfer
sind meist linker als er selbst
tik, steht Obama rechts von der Mehrheit
der US-Amerikaner. Seit Mai distanziert
sich Obama von seinen früheren linken Äußerungen und orientiert sich immer mehr
am neoliberalen Kurs der Regierung.
In seiner Rede vor der Siegessäule in Berlin
forderte er etwa die NATO und die EU auf,
den US-Krieg in Afghanistan stärker zu
unterstützen. Seine Wahl von Joe Biden
als Vizepräsident-Kandidaten, einem ProfiPolitiker, der im Senat als Vertreter der
US-Banken bekannt ist, zeigt, wie wenig
„Change“ Obama eigentlich möchte.
Trotzdem ist seine Kampagne ein wichtiges
Zeichen für die politische Veränderung, die
in den USA jetzt stattfindet. Denn Obamas
Kampagne bezieht sich rhetorisch auf
die massenhafte Unzufriedenheit der USAmerikaner.
Seine Kampagne ist die erste
politische Bewegung seit 40
Jahren, die Millionen begeistert
Nach den drei katastrophalen Jahrzehnten
der Regierungen Reagan-Bush seniorClinton-Bush junior, einer Periode, die durch
imperialistische Kriege und Neoliberalismus
gekennzeichnet war, steigt das Verlangen
nach politischer Veränderung. Wegen der
Inflation und der Zerstörung des Sozialstaats
ist der Lebensstandard in den USA in den
letzten 40 Jahren deutlich gesunken.
US-Amerikanische Arbeiter verdienen immer weniger Reallohn, wobei ihre Kosten
für Gesundheitsversorgung, Studiengebühren, Benzin und Miete ständig steigen.
Die Kriege in Irak und Afghanistan haben
schon über 4 000 US-Amerikaner und noch
viel mehr Iraker und Afghanen getötet.
„Change“ ist nicht nur Baracks WahlkampfParole, sondern auch etwas, das die USamerikanische Bevölkerung dringend will
und braucht. Deswegen ist seine Kampagne
so schnell beliebt geworden. Obama liefert
einen Anschein von „Change“, ohne in der
Realität diesen Wandel zu bringen.
Wie bei den meisten Wahlkampagnen der
Demokraten steht Obamas Basis viel weiter
links als er selbst. Wegen einschränkender
und undemokratischer Wahlgesetze ist es
fast unmöglich für eine dritte Partei, im
Wahlkampf eine Chance zu haben. Daher
betrachten viele Linke in den USA Obama
als die einzige Alternative zu Bush, und
sammeln sich trotz seiner Politik um ihn.
Diese Situationen kommt auch den Demokraten zu Gute, indem sie nicht mal „links“
sein müssen, um die Wähler anzuziehen,
sondern nur linker als die Republikaner.
Für die US-amerikanische Linke ist die
Obama-Kampagne dennoch eine Chance,
weil sie viele Menschen politisiert, die
Politik seit Jahren für hoffnungslos halten.
Während die US-amerikanische Linke seit
Jahren Probleme hat, Leute zu mobilisieren
und auf die Straße zu bringen, gibt es nun
zum ersten Mal seit vierzig Jahren eine
Nach Clintons Wahlsieg 1992
hat die Linke sich nicht gegen
seine neoliberale Politik gewehrt
politische Bewegung, die Unpolitische
und Nichtwähler begeistert. Eine politisch
engagierte Bevölkerung kann die Linke nur
stärken.
Die Gefahr in dieser Situation ist, dass
die Kampagne selbst zur Bewegung wird,
während sie andere linke Bewegungen
übernimmt und demobilisiert. Antikriegsbündnisse und Gewerkschaften fuhren
letztes Jahr ihre Demonstrationen und
Sheppard Fairey
Viele US-Amerikaner wollen eine neue Politik.
Loren Balhorn meint, dass dafür mehr als ein neuer Präsident nötig sei.
Kampagnen runter und konzentrieren sich
auf den Wahlkampf. Statt auf Obama und
andere Demokraten Druck auszuüben, hält
sich die US-amerikanische Linke zurück,
um Kontroversen zu vermeiden.
Ähnlich ging es der Linken 1992 während
der Kampagne von Bill Clinton – mit katastrophalen Folgen. Eine demobilisierte und
Aus der Bewegung für
Obama muss eine Bewegung
für linke Politik werden
schlecht organisierte Linke war unfähig,
sich nach Clintons Wahlsieg gegen seine
neoliberalen Angriffe zu wehren. Ohne
starke, außerparlamentarische Opposition
ist die Linke im Nachteil.
Wie geht’s weiter für die Linke in den USA?
Fest steht: Selbst wenn Obama der nächste
Präsident wird, und vielleicht die extremsten Exzesse des Bush-Regimes beendet,
wird es keinen linken Wahlsieg geben.
Wichtig für die Linke ist, dass die Bewegungen aktiv und unabhängig bleiben. Am
1. September demonstrierten 30.000 Menschen gegen den Parteitag der Republikaner und den Krieg in Irak und Afghanistan.
Es war keine Demonstration für Obama,
sondern für eine andere Politik.
Millionen haben sich in der Kampagne von
Obama politisiert. Sie können dafür sorgen,
dass es tatsächlich „Change“ gibt. 
Loren Balhorn studiert in Chicago und ist
aktiv in der Chicago Coalition Against War
and Racism. Als Austauschstudent an der HU
Berlin in Die Linke.SDS aktiv.
Kultur
15
Wenn gut ist, was Geld bringt
Was Kunst ist, entscheidet heute keine kulturelle Elite mehr,
sondern der Preis des Kunstwerks. Von Robert Misik.
J
ahrhunderte lang lagen die Dinge
vergleichsweise simpel. Auf der
einen Seite gab es die Mehrheit der
Spießbürger mit ihren engen Auffassungen,
mit ihrem standardisierten Lebensstil, mit
ihren konformistischen Ansichten darüber,
was „man“ tut und was „man“ nicht tut und
ihren Weisheiten von der Art: „Ohne Fleiß
kein Preis“ oder „Gutes Benehmen ist immer
gefragt“. Sie waren die Mehrheit, die sich
auch untereinander weitgehend glich. Und
auf der anderen Seite fand sich die Minderheit der Anderen: Die Nonkonformisten, die
Unkonventionellen.Sie hatten abweichende
Meinungen zu politischen Fragen, aber auch
eine andere Ästhetik. Sie verärgerten die
Kleinbürger und machten sich einen Spaß
aus der Verachtung der Krämertugenden
der Bourgeosie, sie schreckten sie mit ihren
Epater les Bourgeois, wie in klassischen
Avantgardetagen und später mit dem gegenkulturellen Rebellengestus von Rock bis
Hippies bis Punk.
Die Theoretiker des Konservativismus
mochten vielleicht den Individualismus
beschwören, aber irgendwie sahen diese
Prediger des Individuellen alle gleich aus
– wirklich individuell waren die anderen.
Man war politisch links, hörte hippe Popmusik und fand die künstlerische Moderne
gut. Und auf der Gegenseite war die Sache
Die Konservativen predigten
Individualität – und sahen alle
gleich aus
exakt andersrum: Wer politisch rechts war,
der hielt Pop für Lärm und stieß, wenn er
abstrakte Gemälde, ein Happening oder
Werke der Konzeptkunst erblickte, laut aus:
„Und das soll Kunst sein?“
Aber irgendwie sind die Dinge komplizierter
geworden. Besonders gewiefte Trendsetter
haben begonnen die „Neue Bürgerlichkeit“
auszurufen. Das Verhältnis der neuen
hippen Smokingfreaks zum pausbäckigen
Altkonservativismus lässt sich am besten so
beschreiben: Die „Neubürgerlichen“ machen
mit ihrer Prise Ironie Haltungen respektabel,
die ansonsten nur mehr belächelt würden.
Über die Ästhetisierung wird ein neuer
Konservativismus salonfähig, und zwar in
Kreisen, in denen man bisher Konservative,
um das in den polemischen Worten der
Autorin Thea Dorn zu sagen, als „dumpfe,
katholische, saumagenfressende, homohassende, rassistische, Frauen-hinter-den-Herdprügelnde Neandertaler“ ansah. Vor allem
in manchen Zirkeln der kulturellen Eliten ist
es plötzlich chic geworden, mit Hilfe einer
gewissen elitären Manieriertheit, die Schnöseltum mit Kunstsinnigkeit, Dandyness und
Individualismus-Pose kombiniert, die alte
Allianz aus Rebellentum, linker Solidarität
und ästhetischer Moderne aufzukündigen.
So wie dieses neukonservative Bürgertum
sein Verhältnis zur zeitgenössischen Kunst
gerändert hat und nun selbst auf kaum et-
„Ohne Fleiß kein Preis“ hat
ausgedient
was soviel Wert legt wie darauf, „absolutely
contemporary“ zu sein, so hat sich damit
auch die Kunstwelt verändert. Sie ist mehr
und mehr ein Markt, ein Jahrmarkt der
Eitelkeiten, der Künstler ist eine Marke und
seine Produkte sind gefragte Markenartikel,
für die man derart astronomische Preise zu
erzielen vermag, dass sie ebenso gut zur
Geldanlage dienen wie zur Zurschaustellung
der eigenen ökonomischen Potenz. Sie liefert
die Accessoires zur elitären Selbstinszenierung eines stilbewussten Neobürgertums,
das sich gegenüber dem stillosen Pöbel
abgrenzen will.
Mehr und mehr gelten in der Kunst die
gleichen Gesetze wie auf allen Märkten.
Da gibt es die Rankings der bedeutendsten
Künstler, Galeristen, Händler und Mäzene,
und die großen Kunstmessen. Längst ist
Kunstsinn nicht mehr mit dem Rebellentum
einer Boheme und Avantgarde verbunden,
vielmehr hat sich Kunstverständnis mit
Wohlstand, Erfolgsstreben, Glamour und
Kunst ist nicht mehr mit dem
Rebellentum einer Avantgarde
verbunden
dnyinnyc / flickr.com
sozialem Aufstieg assoziiert, sodass sogar
die Illustrierte „Monopol“, eigentlich selbst
ein Produkt dieses Trends, feststellen muss:
„Jegliche gedankliche Tiefe, die Kunst einmal hatte, ist ihr dabei ausgetrieben worden,
und die leere Hülle wird gefüllt mit debilen
Slogans.“
Künstler und Sammler bilden heute wieder
eine Symbiose wie früher Mäzene und ihre
Hofkünstler. Der Künstler von Weltrang,
dessen Werke viele Millionen Dollar kosten,
produziert oft gar nicht mehr für den anony-
men Markt, sondern für den Sammler, der
die Abnahme des Kunstwerkes zu einem festen Preis bereits versprochen hat, bevor der
Künstler noch die Arbeit aufgenommen hat.
Es sind Kooperationen zum beiderseitigen
Vorteil. Künstler agieren mehr und mehr
auch wie Manager. Und es ist vor allem der
Jeff Koons und Damien Hirst
sind bedeutend, weil ihre
Werke teuer sind
Preis, den er für seine Kunstwerke bei den
großen Auktionen erzielt, der den Rang des
Künstlers bestimmt.
Jeff Koons und Damien Hirst gelten als die
„bedeutendsten“ Künstler der Gegenwart,
weil für ihre Werke einfach die höchsten
Preise erzielt werden. Insofern durfte man
sich gar nicht mehr wundern, als sich
heraus stellte, dass Hirst selbst zu dem aus
anonymen Sammlern bestehenden Käuferkonsortium zählte, das seinen rekordteuren
Totenschädel erwarb. Eine sinnvolle Investition: Die paar Millionen, die es ihn gekostet
haben mag, seinen Totenkopf zum „teuersten
Kunstwerks aller Zeiten“ hochzulizitieren,
fließen x-fach zurück – weil damit ja auch
der Preis jedes anderen Hirst-Kunstwerks
nach oben sprang.
Die Radikalität der Avantgarde spielt nun den Auktionshäusern in die Hände
In einer solchen Zeit ist natürlich die alte
Frage: „Was ist Kunst?“ völlig neu gestellt
und die ressentimentgeladene Philisterwendung: „Das soll Kunst sein?“ vollends
von gestern. Denn weder Geschmack noch
Kunstsinn noch ästhetisches Urteil von
Experten oder Kritikern entscheiden darüber, was Kunst ist, sondern der Markt. Was
am Kunstmarkt einen Preis erzielt, das ist
Kunst. Man mag das als Demokratisierung
feiern, als Entmachtung der Kunst-Experten
und Säkularisierung des Kunst-Religiösen.
Freilich: Die Radikalität der einstigen Avantgarden, die den Kunstbegriff ausweitete, die
Verbindung zur Tradition kappte und mit
Ready-Mades und Alltagsgegenständen die
konventionellen Standards niederriss, wird
nun zum Vorteil der Auktionskunst gewendet. Wenn alles Kunst sein kann, dann führt
das ganz nebenbei zu einer erfreulichen
Ausweitung des Marktgeschehens, was
natürlich den Kunstagenten die wunderschönsten Gewinnaussichten garantiert. 
Robert Misik ist Publizist und lebt in Wien.
Eben erschien von ihm: „Das Kult-Buch. Glanz
und Elend der Kommerzkultur“ im Berliner
Aufbau-Verlag. (199 Seiten, 19,95 Euro).
Mehr als 63 Millionen Euro hat eine Gruppe von Sammlern 2007 für Damien Hirsts Werk „For
the Love of God“ bezahlt. Später stellte sich heraus, das Hirst selbst der Gruppe angehörte.
16
Finanzkrise
Wie auf diesen Bildern müssen Millionen US-Amerikaner ihr Haus verlassen, weil sie
die Zinsen nicht mehr zahlen können. Manche Familien werden obdachlos.
Wenn die Blase platzt
Millionen Amerikaner haben durch die Immobilienkrise ihr Haus verloren. Warum viele wussten,
dass die Krise kommt, aber niemand etwas tun konnte, erklärt Simon Zeise.
Deshalb schritten weder Regierung noch
Notenbank ein: Die US-Wirtschaft befand
sich im Abschwung und musste noch die
geplatzte Blase der „New Economy“ am
Aktienmarkt verdauen.
In hochentwickelten kapitalistischen Staaten
Die Verschuldung der USAmerikaner verhalf anderen
Ländern zur Expansion
gibt es einen grundsätzlichen Widerspruch
zwischen Kapital und Arbeit. Dadurch, dass
der Wert der Ware Arbeit gedrückt wird,
also die Masseneinkommen niedrig gehalten
werden, kommt es zu einer ungenügenden
Gesamtnachfrage.
Demzufolge sparen in kapitalistischen
Volkswirtschaften normalerweise die Privathaushalte. Ihre Ersparnisse werden den
Unternehmen durch das Bankensystem als
Kredit zur Verfügung gestellt.
In den Vereinigten Staaten wurde dieses
Prinzip umgekehrt. Die fehlende Kaufkraft
der Löhne wurde durch eine massenhafte
Verschuldung der Haushalte ersetzt
und profitabel ausgebaut, wodurch die
Privathaushalte die größten Kreditnehmer
wurden.
Die US-amerikanische Volkswirtschaft ist
Karl Marx/
Friedrich Engels:
Werke
Band 1 bis 43, Sachregister,
Verzeichnis in zwei Bänden
gebunden
14,90/19,90/24,95 Euro
Gesamt-ISBN
978-3-320-00611-2
Die Bände 1 und 41
wurden nach dem heutigen
Forschungsstand neu
erarbeitet.
Marx-Engels-Werke, Band 1
682 S., gebunden, 19,90 Euro
ISBN 978-3-320-02088-0
die größte der Welt, weshalb ihre Privathaushalte auch als „Konsumenten letzter
Instanz“ bezeichnet werden. Ihre Neigung
sich zu verschulden, um Waren zu kaufen
verhalf anderen Ländern zur Expansion.
Weder hätte Chinas Export derart geboomt,
noch hätten Rohstoffexporteure wie die
OPEC-Staaten und Russland regen Handel
betreiben können, oder Binnenmärkte von
anderen hochentwickelten Volkswirtschaften aus der Stagnation gefunden.
Das Volumen der „subprime“-Kredite belief
sich auf etwa 1,5 Billionen Dollar, wovon ein
Viertel an Kreditnehmer mit ungesichertem
oder zu niedrigem Einkommen vergeben
wurde. Bereits im Februar 2007 war jeder
fünfte Schuldner eines Subprime-Kredites in
Zahlungsverzug.
Zwangsversteigerungen standen auf der
Im Juni wurden pro Tag 8000
Häuser zwangsversteigert
Tagesordnung und Millionen Familien wurden über Nacht obdachlos oder wohnten im
Auto. Im Juni lag die Zahl der Zwangsversteigerungen bei 8000 pro Tag.
Die US-Investmentbank Bear Stearns musste
wegen gewaltiger Verluste mit subprimeKrediten zwei Hedge-Fonds schließen. Damit
Die wichtigste Frage des
Antikapitalismus lautet:
Wie verwandeln wir unseren
ständigen Widerstand in eine
Kraft, die den Kapitalismus
als Ganzes abschaffen kann?
Der neue Antikapitalismus
ist Erbe der vergangenen
Kämpfe. Gleichzeitig ist er
anders – weil er aus der
Vergangenheit gelernt hat,
um sich der Gegenwart
anzupassen.
Ezequiel Adamovsky, Ilustradores Unidos
Antikapitalismus für alle, für alle, für alle ...
175 S., Broschur, 9,90 Euro, ISBN 978-3-320-02109-2
Rainer Rilling
Risse im Empire
rls
50
hatte die Hypothekenkrise die Wall Street
erreicht.
Von da aus ging es quer über den Globus. Ob
BNP Paribas in Frankreich, die Hedge Fonds
Caliber Global Investment und Queen's Walk
in London, der australische Basis Yield Alpha
Vor 20 Jahren mussten
Banken Kredite mit
Eigenkapital absichern
Fund, die Bank of China oder IKB Bank und
Sachsen LB in Deutschland: Überall drohte
plötzlich Konkurs oder Verkauf.
Einerseits stellen wir fest, dass sich der
Kapitalismus verändert hat. In allen hochentwickelten kapitalistischen Staaten hat
sich die Ideologie der neoliberalen Wirtschaftspolitik durchgesetzt. Die Interessen
von Finanzinvestoren, Aktionären und Vermögensbesitzern dominieren. Ihr Ziel ist die
völlige Deregulierung des Kapitalverkehrs.
So waren Banken vor 20 Jahren noch verpflichtet, einen Teil der zu vergebenen Kredite durch einen Eigenkapitalanteil und eine
Einlage bei der Zentralbank abzusichern.
Damit waren der Kreditvergabe Grenzen
gesetzt.
Heute streben große Banken danach, nur
Arrangeure der Kredite zu sein und diese
Die Politik der Ära
Bush hat dazu geführt,
dass die Rede von der
»imperialen Politik« in
die Alltagssprache zurückgekehrt ist. Welche
Politik after Bush wird
kommen? Wird es einen
Wandel geben und wird
er wirklich einen Unterschied machen?
Was wird aus dem
American Empire?
Rainer Rilling: Risse im Empire
Texte 50 der RLS, 184 Seiten, Broschur
14,90 Euro, ISBN 978-3-320-02159-7
dietz berlin
F
rankfurts Studenten hat es übel
mitgespielt, denn Deutsche Bank
Chef Josef Ackermann wird zum
Semesterstart Honorarprofessor an der
Goethe-Uni.
Die Unileitung meint, er sei der „weltweit
angesehenste Experte auf dem Gebiet des
Bankwesens“. Doch es war Ackermann, der
2005 nach Rekordgewinnen „seiner“ Bank
über 6000 Mitarbeiter entließ, um zwei
Jahre später zu verkünden, die Bank habe
wegen Spekulationen auf dem Finanzmarkt
2,3 Milliarden Euro abschreiben müssen.
Dieses Jahr hat er sich mit 2,5 Milliarden
Euro, allein im ersten Quartal, selbst übertroffen. Und dabei ist die Deutsche Bank nur
eine unter vielen…
In den USA stiegen Eigenheime derart
im Wert, dass sich die Privathaushalte
in einem Rausch zu befinden schienen.
Die Wertsteigerungen wurden so weit
getrieben, dass Hypothekenbanken Kredite
immer laxer vergaben. Durch sogenannte
„Subprime“-Kredite sollten sich auch diejenigen verschulden, die offensichtlich nicht in
der Lage waren, ihr geliehenes Geld später
zurückzuzahlen.
Gerade der Immobilienmarkt stützte in den
letzten Jahren die US-Wirtschaft. Der Boom
verschaffte den privaten Haushalten Vermögen, was sie wiederum ausgeben konnten.
www.dietzberlin.de
17
Marx zu Finanzkrisen
Daniel Friedrich erklärt, warum Marx meinte, dass das Finanzsystem
Krisen beschleunigen kann.
Risikopositionen möglichst schnell weiterzuverkaufen, weshalb Ökonomen von einem
„finanzmarktgetriebenen
Kapitalismus“
sprechen.
Andererseits stellt sich die Frage, warum
Finanzinstitute überhaupt massenweise
in risikoreiche Geschäfte einstiegen, von
denen sie wussten, dass sie platzen würden.
Die Antwort der Neoliberalen ist der hohe
Anlagedruck. Die Antwort der Marxisten
lautet Überschuss an Kapital.
Die kapitalistische Weltökonomie und ihre
Akteure hatten nicht das Problem, Kapital
aufzutreiben, denn der Krise gingen Rekordgewinne voraus. Allein die Deutsche Bank
präsentierte noch im Frühjahr 2007 das „beste Quartal der Unternehmensgeschichte“.
Banken vergeben riskante
Kredite und
verkaufen sie weiter
Die Verschuldung der US-Haushalte war
für die Kapitalisten ein Segen. Also blähten
sie die Blase auf dem Rücken der abhängig
Beschäftigten auf – bis sie schließlich
platzte.
Simon Zeise ist aktiv in Die Linke.SDS
Leipzig.
Q
uelle von Wert ist für Marx die
menschliche Arbeit, sofern sie
effizient eingesetzt wird.
Durch Finanztransaktionen wird also kein
Wert geschaffen, sondern nur verteilt.
Effiziente Produktion erfordert Produktionsmittel, beispielsweise Maschinen.Produktionsmittel sind nicht automatisch Kapital.
Sie werden es dann, wenn sie eingesetzt
Produktionsmittel sind für
Marx wirkliches Kapital.
Wertpapiere sind es nicht
werden, um Profit zu machen, also um Wert
zu akkumulieren.
Das ist in einer kapitalistischen Gesellschaft
die Regel.
Produktionsmittel sind für Marx wirkliches
Kapital. Wertpapiere sind es nicht. Sie stellen
lediglich Ansprüche auf wirkliches Kapital
dar. Der Clou besteht darin, dass in einer
kapitalistischen Gesellschaft Ansprüche
auf wirkliches Kapital bedeuten, dass man
Ansprüche auf einen Teil der Profite hat, die
beim Einsatz der Produktionsmittel entstehen. Da der Wert durch Arbeit geschaffen
wird, bedeutet dies, dass Wertpapiere Ansprüche auf die Früchte der Arbeit anderer
darstellen.
Da Wertpapiere selbst kein wirkliches Kapital sind, zerstört eine Finanzkrise auch nur
illusorisches und kein wirkliches Kapital.
Umgekehrt gilt jedoch: Ohne steigende
Verwertung des wirklichen Kapitals, also
ohne steigende industrielle Gewinne, keine
dauerhaft steigende Verwertung des illusorischen Kapitals in Form von Wertpapieren.
Im Jahr 2006 reklamierte der Finanzsektor
in den USA 1/3 der Unternehmensgewinne
für sich. Das konnte auf die Dauer nicht gut
gehen.
Die Entwicklung der Wertpapiermärkte
beraubt die üblichen Rechtfertigungen des
Kapitalismus jeglicher Plausibilität. Es ist
offensichtlich, dass der Aktionär keinen
produktiven Beitrag leistet. Die Manager
agieren nicht mit eigenem, sondern mit
fremdem Kapital, sie bekommen „immer
Der US–Finanzsektor reklamierte 1/3 der Profite für sich.
Das konnte nicht gut gehen
mehr den Charakter reiner Glücksritter“[1].
Nicht Sparsamkeit, sondern Verschwendungssucht ist Vorrausetzung für ihre
gesellschaftliche Funktion.
Aktiengesellschaften und Fonds fassen das
Staatenkonflikte
Zur Analyse von Geopolitik und
Imperialismus – ein Überblick
Die Hollywood–Linke setzt
von Tobias
Brink
auf dieten
Demokratische
Partei
2008. V/313 S., kt. € 19,90. UTB 2992. ISBN 978-3-8252-2992-4
Das vorliegende Buch stellt verschiedene Ansätze zur Erklärung zwischenstaatlicher Konkurrenzverhältnisse, einer militarisierten Außenpolitik und weiterer internationaler, teilweise gewaltsamer Konflikte vor. Es zielt darauf, einen für Studierende und weitere Interessierte nützlichen Wegweiser
Kapital vieler Einzelkapitalisten zusammen.
Die Produktion ist zu umfangreich geworden, um privat organisiert zu werden. Hier
zeigt sich der Widerspruch zwischen dem
gesellschaftlichen Charakter der Produktion
(viele Menschen arbeiten zusammen) und
dem privaten Charakter der Aneignung (der
Gewinn fließt dem Kapitalisten zu).
Die Entwicklung der Finanzmärkte be-
Kredite beschleunigen den
Ausbruch von Krisen
schleunigt die Konzentration des Kapitals.
In Phasen der Euphorie schaffen sie billigen
Kredit für die Ausweitung der Produktion.
In Phasen der Panik verknappen sie das
Kreditangebot drastisch und führen damit
zu Verwerfungen in der Produktion.
„Das Kreditwesen beschleunigt daher die
materielle Entwicklung der Produktivkräfte
und die Herstellung des Weltmarkts (...)
Gleichzeitig beschleunigt der Kredit die gewaltsamen Ausbrüche dieses Widerspruchs,
die Krisen, und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise.“[2] 
[1] MEW, Band 25, S. 456
[2] MEW, Band 25, S. 457
durch eine mitunter komplexe Debatte bereitzustellen. Dabei
stehen unter anderem folgende Fragestellungen im Mittelpunkt:
• Welches sind die Triebkräfte von Geopolitik und Staatenkonflikten?
• Wie entwickeln sich die weltweiten Kräfteverhältnisse?
Zusammenfassend werden die Erkenntnisse, Weiterentwicklungen und Defizite der verschiedenen Theorieansätze erörtert.
UTB FÜR WISSENSCHAFT · Stuttgart
Tel. 0711/782 95 55-0 · FAX 0711/780 13 76
utb@utb-stuttgart.de · www.utb.de
www.luciusverlag.com
Maproom Systems / flickr.com (2)
Finanzkrise
18
Die Linke.SDS
Kongress zur Revolte
Foto: Jakob Huber
1.600 Studierende diskutierten beim Kongress „40 Jahre 1968 – Die letzte
Schlacht gewinnen wir!“ – jetzt erscheint das Buch zum Kongress.
G
esiegt?
Gescheitert?
Was
bleibt von 1968?“ – So hieß
eine der Veranstaltungen auf
dem Kongress „40 Jahre 1968 – Die letzte
Schlacht gewinnen wir!“, den Die Linke.
SDS und Linksjugend [`solid] im Mai
an der Berliner Humboldt-Universität
veranstaltet haben.
Der linke Politikwissenschaftler Frank Deppe, der Historiker Gerd Koenen und Katharina Volk, Studentin und Geschäftsführerin
von Die Linke.SDS, diskutierten auf dem
Abendpodium. Einige hundert Teilnehmer,
die meisten von ihnen Studenten, waren gekommen, um mehr über die Bewegung von
`68 zu erfahren, Hintergründe zu verstehen,
zu diskutieren und aus den Erfahrungen zu
Berichte
meint Katharina Volk. Die Veranstaltungen
reichten von „Hat Kunst einen politischen
Auftrag?“, über „Adorno, Horkheimer &
Co – Einführung in die Frankfurter Schule“
und „1968 in Lateinamerika“ zu „Vom
Kalten Krieg zur neuen Weltunordnung: Imperialismusanalyse vor und nach 1968“, zu
„68-Klassiker neu gelesen: Wilhelm Reich –
Die sexuelle Revolution“ oder dem Podium
„Vom SDS zur RAF: Führte die APO zum
Terrorismus?“, auf dem der emeritierte Professor Klaus Meschkat mit Grünen-Politiker
Hans-Christian Ströbele diskutierte.
Leo Panitch, Professor an der Universität
Toronto, stellte auf dem Samstagabendpodium zu „1968 International" fest: „Die
Aufbruchsstimmung auf dem Kongress
erinnert mich an die Zeit als ich vor genau
40 Jahren in London Proteste an der Uni
organisierte." Einen gesellschaftlichen Aufbruch wie `68 gibt es vielleicht 2008 noch
nicht. Vom Kongress ging aber das Signal
aus, die Theorie mit der Praxis zu verbinden,
die Hochschulen mit kritischen Ideen zu
erobern und Widerstand gegen neoliberale
Politik zu leisten.
Im Oktober erscheint jetzt das Buch zum
Kongress im VSA Verlag, in dem die Beiträge vieler Redner noch einmal nachgelesen
werden können. 
„Die letzte Schlacht gewinnen wir!“ 40 Jahre
1968 – Bilanz und Perspektiven, VSA Hamburg (2008), 200 Seiten, 12.80 Euro
Steinmeier geht über Leichen
Foto: Paul Stadelhofer
Aktionen
lernen. „Bastelt euch doch nicht so einen
Pop-Rudi“, forderte Koenen von den anwesenden Studenten und meinte damit Rudi
Dutschke, einen bekannten Aktivisten des
historischen Studierendenverbandes SDS,
der in den späten Sechziger Jahren eine
große Rolle in der Bewegung spielte und
sich 1970 auflöste. Die Kongressteilnehmer
sprachen aber über weit mehr als nur Rudi
Dutschke und begegneten dem alten SDS
auch kritisch.
„Eine neue Generation, die gegen den
G8-Gipfel protestiert oder wie in Hessen
die Autobahnen blockiert hat, um Studiengebühren zu verhindern, ist auf der Suche
nach dem notwendigen theoretischen Werkzeug, um die Gesellschaft zu verändern“,
Kein Zutritt für Thor Steinar
Mehr Aktionsberichte von
Hochschulgruppen vor Ort
unter www.linke–sds.org
Bei einem öffentlichen Interview
des Spiegels mit Außenminister
Frank-Walter Steinmeier in
der Humboldt-Universität zu
Berlin haben wir ihm mit einem
so genannten „Die In“ den Zugang
zum Audimax erschwert. „Blutverschmiert“ legten wir uns dem
Außenminister in den Weg, um an
die Todesopfer in Afghanistan zu
erinnern, so dass wie beim Krieg in
Afghanistan Steinmeier auch bei
seinem Uni-Besuch über Leichen
ging.
Wir forderten den sofortigen Abzug
der Bundeswehr aus Afghanistan,
weil sie dort keinen Frieden bringt.
In das Audimax kamen wir nicht
– kritische Nachfragen waren
unerwünscht  SDS.Die Linke HU
Auch in Dresden haben sich
Naziklamottenläden etabliert, die
unter anderem Modeartikel der
Marke „Thor Steinar“ vertreiben und
auch eine Anlaufstelle für Neonazis
sind. In Zusammenarbeit mit der
Antifa-Hochschulgruppe in Dresden
haben wir als Die Linke.SDS Dresden
die Aktion „Kein Zutritt für ThorSteinar-Träger_innen“ durchgeführt
und mit Plakaten an den Hörsälen
darauf hingewiesen, dass Nazis an
der Uni nichts zu suchen haben. Wir
appellierten an die Studierenden,
Personen mit eindeutig rechtsextremer Bekleidung aus den Hörsälen
zu verweisen und sich damit der
Ausbreitung des rechten Lifestyles
entgegenzustellen. 
Die Linke.SDS Dresden
Die Linke.SDS
19
Kontakt an deiner Hochschule
Die Linke.SDS gibt es mittlerweile an fast allen Hochschulen. Hier
findest du Kontakt zu Gruppen vor Ort.
Rostock
Greifswald
Wedel
 Imperialismustheorien. Staatenkonkurrenz
und Geopolitik im globalen Kapitalismus;
Seminar des Fördererkreises. 14.-16. 11. 2008;
Frankfurt/Main. Info: www.foerdererkreis.de
 90 Jahre Novemberrevolution. Veranstaltungs-Tour an vielen Hochschulen. Mehr Info
auf www.linke-sds.org
Kontakt: Florian Wilde, flowilde@gmx.de
Impressum
critica. Semesterzeitung von Die Linke.SDS (SozialistischDemokratischer Studierendenverband): Ausgabe
Nr. 1/2008. Anschrift: critica, c/o Linke.SDS, Kleine
Alexanderstraße 28, 10178 Berlin. Redaktion: Nele Haas,
Hans Krause, Sarah Nagel, David Noack, Jonas Rest,
Erik Richter, Oskar Stolz, Simon Zeise. Layout: Jonas
Rest. V.iS.d.P.: Steffi Graf. Kontakt: info@linkecampus.de,
Anzeigen: info@linkecampus.de, www.linke-sds.org
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China im Aufbruch
– wohin?
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Karen Schierhorn (Hrsg.)
Hello Marx
Zwischen »Arbeiterfrage«
und sozialer Bewegung
heute
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ISBN 978-3-89965-317-5
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Zwischen »Arbeiterfrage« und
sozialer Bewegung heute
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VSA: Marx für heute
Der Band reagiert auf das
wiedererwachte Interesse
an Marxscher Theorie.
Neben einer Inventur des
begrifflichen Kernbestands
unternehmen die AutorInnen
eine Prüfung historisch-materialistischer Kategorien an
Konflikten, die abseits klassischer »Arbeiterfragen« liegen – Rassismus, Migration,
Geschlechterfragen, Cultural
Studies, Post-Marxismus.
Leandro Scholz (S.18); Robert Richter (S.19)
 Ökologie geht nur von links. Seminar des
Fördererkreises. 7.-9. 11. 2008; Podsdam. Info:
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Robert Richter; sushibob@web.
Hamburg
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Augsburg
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Freiburg
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HALLE: Kontakt: Hendrik Lange.
E-Mail:buero@hendriklange.de;
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mariushackenspiel@gmx.
info@dielinke-sds-hamburg.de;
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0176 6784727 ; www.dielinke-sdshsg-koeln/  KONSTANZ: Kontakt:
Kontakt: Jan Windisch; jan.
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windisch@gmx.de; 0174 7143649
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Simon Zeise; linke-hsg-leipzig@
chemariafri@aol.com; 0160
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Regensburg Kontakt: Michael
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Riechey; malte@riechey.de; 0173
Müller; michi1000@web.de; 0176
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2462882MAINZ: Linke.SDS Mainz
24766269; www.sds-regensburg.
HAW: Linke.SDS HAW Kontakt:
Kontakt: Sebastian Buhl; email@buhde ROSTOCK: Linke.SDS
Sabahattin Aras; arasa@gmx.de;
li.de; 0177 9223543 MANNHEIM:
Rostock Kontakt: Patrick Hoppe;
0162 3656698 HANNOVER:
Linke.SDS Mannheim Kontakt: Felix
patrick.hoppe@uni-rostock.
Linke.SDS Hannover Kontakt:
Waldkirch; f.waldkirch@gmx.de;
de; 0176 53085237; www.
Marcello Sorrentino; info@hsg.
0621 1540864MARBURG:SDS.
sds-rostock.de SAARBRÜCKEN:
die-linke-region-hannover.de;
DieLinke Marburg Kontakt: Jan
Linke.SDS Saarbrücken Kontakt:
015771426997; hsg.die-linke-regiSchalauske; jan.schalauske@gmx.de;
Sebastian; sds.saarbruecken@
on-hannover.de  HANNOVER:
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googlemail.comSTUTTGART:
SDS Hannover Kontakt: Michael
de MÖNCHENGLADBACH:
Kontakt: Martin Horsch;
Kölle; info@linke-sds-hannover.de;
BGSB.SDS Kontakt: Nick Grün;
stuttgart@linke-hochschulgruppe.
0177 5734334; www.sds-hannover.
fsr-sprecher@gmx.de; 0160
de TÜBINGEN: [`solid].SDS
de HEIDELBERG: Linke.
5977010MÜNCHEN: Linke.SDS
Tübingen Kontakt: Frederico
SDS Heidelberg Kontakt: Pablo
München Kontakt: Max Steininger;
Elwing; info@solid-tuebingen.
Klinkisch; pklinkisch@hotmail.com;
maxsteininger@gmx.de; 0172
de; 0179 6712980 Homepage:
06221 6394946 JENA: Linke.
9006980 MÜNSTER: Linke.
www.solid-sds.de TRIER: FH
SDS/ROT Jena Kontakt: Christian
SDS Münster Kontakt: Hannes
Trier Umweltcampus. Kontakt:
Götze; christians_adresse@web.
Draeger; hannes-draeger@gmx.de;
Tobias Spiess; projekt–links@
de; 03641 297427 KARLSRUHE:
0176 21174818 NÜRNBERG/
web.de  WEDEL: Kontakt: Sven
Kontakt: Daniel Bruns; karlsruhe@
ERLANGEN: Kontakt: Ramona
Dehmlow; sven@solid-hamburg.
linke-hochschulgruppe.de; 0721
Tax; ramona.tax@web.de; 0175
de WÜRZBURG: SDS.Die
35 48 577 KASSEL: Linke.
4776527 OLDENBURG: Linke.
Linke Würzburg Kontakt: Julia
SDS Kassel Kontakt: Sebastian
SDS Oldenburg Kontakt: Bahattin
Altenburger; sds-wuerzburg@
Zintel; elbandini@yahoo.de ;0176
Aslan; bahattin_aslan@web.de;
gmx.de; 0178 5975041; www.
24671420; www.linke-sds-kassel.de
0171 2355840 OSNABRÜCK:
sds-wuerzburg.de
VS
Termine
AACHEN: FHTW Aachen:
Kontakt: Marco Hennigs; marco@
marco-hennigs.de  BAMBERG:
Kontakt: Arthur Murphy; sds–
bamberg@gmx.de; 0951 2096395
 BERLIN EVFH: SDS.DieLinke.
EFB Kontakt: Sebastian Friedrich;
sds-efb@web.de; 0171 3516272
 BERLIN FHTW: SDS.DieLinke.
FHTW Kontakt: Maxim Wahl E-Mail:
mxm030@gmx.net Telefon: 0176
625 30 231  BERLIN FU: SDS.
DieLinke.FU Kontakt: Georg Frankl:
g.frankl@gmx.net; 0177 6002725;
www.linke-sds.org/linke-fu 
BERLIN HU: SDS.DieLinke.HU
Kontakt: Julia Dück: sds.dielinke–
hu@web.de; 0176 23932884;
hu-berlin.linke-sds.orgBERLIN
TFH: Oregano und Pott Kontakt:
Anja Gadow; anja.gadow@solid-web.
de  BERLIN TU: Linke.SDS TU
Kontakt: Sebastian Koch: sebastian.
koch@gmail.com; 0176 60894543;
www.dielinke-tu.de  BIELEFELD:
SDS Bielefeld Kontakt: Laura
Dittmar: sdsbielefeld@yahoo.de 
BOCHUM: Linke.SDS RUB Kontakt:
Sarah Nagel; sarah_nagel@gmx.de;
0176 63114249  BONN: Linke.
SDS Bonn Kontakt: Anatol Koch;
dielinke.hsg-bonn@gmx.de ; 0176
21205629 BRAUNSCHWEIG:
Linke.HSG Braunschweig; HSG-DieLinke.BS@gmx.deBREMEN: SDS
Bremen Kontakt: Felix Pithan; felix.
pithan@gmx.net; 0157 74748089
DARMSTADT FH: SDS-HDA
Kontakt: Frank Ritz; fr@nk-ritz.
de; 0178 3724445DARMSTADT
TU: Linke.TU Kontakt: Pazhareh
Heidari; pazhareh@gmx.de; 0176
21917357 DORTMUND: Linke
Liste Dortmund; linkeliste@asta.
uni-dortmund.deDRESDEN:
Linke.SDS Kontakt: Erik Richter;
hsg-dresden@linksmail.de ; 0176
70071807; www.linke-hsg-dresden.
deDUISBURG/ESSEN: Linke.SDS
Duisburg/Essen Kontakt: Oliver
Opitz; oliver.opitz@gmail.com;
0177 6304878  EICHSTÄDT/
INGOLSTADT: Linke.SDS
Eichstädt/Ingolstadt Kontakt: Daniel
Haselsteiner ; haslsteiner@yahoo.de;
0170 2390834 ERFURT: Linke.
SDS/ROT Erfurt Kontakt: Robert
Blättermann; robert_bl@web.de;
0162 9515837  FRANKFURT/
MAIN: Linke.SDS FFM Kontakt:
Serdar Damar; dielinke.sds@gmx.
de; 0179 6823700 Homepage:
dielinke.sds-ffm.deFRANKFURT/
ODER: Linke.SDS Viadrina Kontakt:
Erreiche dein
nächstes Level
Ab dem Wintersemester organisiert Linke.SDS bundesweit Kapital-Lesekreise. Einige der bekanntesten
kritischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterstützen uns dabei.
D
ie Linke.SDS will Marx zurück
an die Uni bringen und auch
an die Fachhochschule.
Mit Beginn des Wintersemesters gründen
wir an bisher 30 Hochschulen KapitalLesekreise. Wir wollen Dich einladen, mit
uns gemeinsam einzusteigen in diesen
Klassiker der Kapitalismuskritik.
Wir wollen uns auf die Suche machen
nach einer Erklärung für die nach wie
vor tief greifenden sozialen Spaltungen
im globalen Kapitalismus und seine
permanente Krisenanfälligkeit.
Mit der Idee einer „Kapital-Lesebewegung“
schließen wir an eine Tradition an, die
ihren Ursprung Ende der 60er, Anfang der
70er Jahre hat. Das Projekt wird von Die
Linke.SDS angestoßen und getragen, es
soll aber nicht auf uns beschränkt sein.
Wir wollen mit allen Lesegruppen, Aktivistinnen und Aktivisten, Dozentinnen und
Dozenten zusammenarbeiten, die daran
interessiert sind, einen Diskussionsraum
zu schaffen, der Platz lässt für verschiedene Interpretationen und „Marxismen“.
Wir haben uns einige Wege überlegt, wie
wir die Lesekreise miteinander vernetzen
können. Die bundesweite Kapital-lesenArbeitsgruppe hat einen begleitenden
Reader sowie einen Leseplan-Vorschlag für
zwei Semester entwickelt, welcher bei der
Organisation hilfreich sein kann. Dazu gibt
es Schaubilder und weitere Materialien
online.
Da es an den meisten Orten keine
erfahrenen Kapital-Leser mehr gibt, haben
wir seit Februar drei Wochenendseminare
für „Kapital-Teamer“ angeboten. Sie
haben einen ersten Überblick gewonnen
und wollen so das gemeinsame Lesen
unterstützen.
Für alle ungeklärten Fragen gibt es unser
Internet-Forum mit Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftlern, die das Projekt
unterstützen. Elmar Altvater, Alex
Demirovic, Frank Deppe, Frigga Haug,
Michael Heinrich u.a. werden euch mit
ihren Antworten als „Tutoren“ zur Seite
stehen.
Damit wollen wir erreichen, dass die
Lesekreise nicht nur nebeneinander
lernen, sondern auch miteinander. Es ist
ein besondere Ressource, dass sich 30
Gruppen bundesweit mit einer gemeinsamen Textgrundlage auseinandersetzen.
Am Ende der zwei Semester soll es daher
eine große Auswertungskonferenz mit
unseren Tutoren und internationalen
Gästen geben. 
Mehr Info unter: www.kapital-lesen.de,
E-Mail: info@kapital-lesen.de,
Telefon: 0177/4259730 (Win)
Wieso wir Das Kapital lesen
Studenten aus der ganzen Bundesrepublik beteiligen sich an der Kapital-Lesebewegung. Hier erzählen vier von ihnen, warum.
Ich hoffe, dass die Kapital-Lesebewegung eine möglichst breite
Debatte darüber anstößt, in welcher Welt wir leben, konkret
in welchen wirtschaftlichen Strukturen wir uns bewegen.
Nur in der Diskussion mit anderen sehe ich die Möglichkeit,
uns kritisch in der Gegenwart zu verorten. Erst mit dieser
neu gewonnenen Orientierung können wir die Gesellschaft
dauerhaft verändern.  Anne-Kathrin Krug, Berlin
Ich bin Kapital-lesen-Teamerin, weil ich mir und anderen
das Fundament für das Nachdenken über eine bessere
Gesellschaft legen möchte und weil ich nicht in späteren
Jahren verbittert dem Irrglauben verfallen will, des Menschen Kern sei böse und die Gesellschaft unabänderlich. 
Pia Probst, Leipzig
Krisen, Krieg und eine wachsende Kluft zwischen Arm und
Reich. Mich interessieren die Triebkräfte hinter solchen
Entwicklungen: Warum werden Menschen entlassen?
Warum kommt es im Kapitalismus immer wieder zu Krisen?
In unserem Kapital-Lesekreis wollen wir auf diese Fragen
eine Antwort finden. Nikolas Grimm, Freiburg
Ich möchte einen Kapital-Lesekreis organisieren, da für
mich die Universität ein Ort der politischen Auseinandersetzung. Marx hat ein nützliches Werkzeuglager an
Argumenten und Verständnishilfen bezüglich des heutigen
real existierenden Kapitalismus geschaffen. 
Moritz Kirchner, Potsdam
Auftakt-Tour: Marx neu entdecken
Zu Beginn der Lesekreise finden an 32 Hochschulen Diskussionen statt. Mit dabei: Elmar Altvater, Alex Demirovic, Michael Heinrich u.v.m.
Baden-Württemberg: Freiburg 28.10. 
Konstanz 29.10. Tübingen 23.10.
Bayern: München 04.-06.11. 
Würzburg 29.10.
Berlin/Brandenburg: FHs Berlin 30.10.
 FU Berlin 29.10.  HU Berlin 30.10. 
Frankfurt/Oder 28.10.  Potsdam 28.10.
Hamburg: Hamburg 28.10.
Hessen: Kassel 28.10. Darmstadt
28.10. Gießen 28.10. Marburg 30.10.
Frankfurt a.M. 29.10.
Mecklenburg-Vorpommern:
Greifswald 30.10.  Rostock 29.10.
Niedersachsen: Lüneburg 21.10.
Oldenburg 30.10.  Hannover 21.10.
Göttingen 28.10.
Nordrhein-Westfalen: Essen/ Duisburg
22.10.  Bochum 29.10.  Dortmund
29.10.  Münster 30.10.  Köln 23.10.
Rheinland-Pfalz: Mainz 30.10.
Saarland: Saarbrücken 29.10.08
Sachsen: Dresden 30.10.  Leipzig
23.10.08
Thüringen: Erfurt 29.10.  Jena 28.10
Mehr Info zu Rednern und
Veranstaltungsraum sowie Änderungen:
www.kapital–lesen.de