Sweeter Than Roses
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Sweeter Than Roses
Donnerstag, 26. Juni 2014 Helmut-List-Halle, 20 Uhr Sweeter Than Roses John Dowland (1563 –1626) Come again The lowest trees have tops Robert Johnson (ca. 1583 –1634) Have you seen but a white lily grow Alfonso Ferrabosco d. J. (ca. 1575 –1628) Pavin & Gigue (instrumental) John Dowland In darkness let me dwell Can she excuse my wrongs Come, heavy sleep Christopher Simpson (ca. 1605 –1669) Prelude & Divisions in e (instrumental) Henry Purcell (1659–1695) If music be the food of love (first setting) O solitude Sweeter than roses Anthony Poole (ca. 1630 –1692) Ground divisions in d (instrumental) Henry Purcell By beauteous softness (aus der Ode „Now does the Glorious Day Appear“) Fairest isle (aus „King Arthur“) If music be the food of love (third setting) Terry Wey, Countertenor Luca Pianca, Erzlaute Vittorio Ghielmi, Viola da Gamba Hörfunkübertragung: Dienstag, 15. Juli, 19.30 Uhr, Ö1 Sweeter Than Roses In den Lautenliedern von John Dowland und den „Theatre Songs“ des Henry Purcell spricht ein ganzes Jahrhundert englischer Musikkultur noch heute zu uns – vom „Golden Age“ der Queen Elizabeth I. zur Glanzzeit nach der „Glorious Revolution“ unter der jungen Queen Mary. Im Dunstkreis der Macht haben Dowland und Purcell zeitlose Lieder über die Liebe geschrieben. Ad notam „Nackte“ Lieder „EIN NACKTES AYRE OHNE JEDE FÜHRUNG, STÜTZE ODER Farbe außer seiner eigenen wird leicht von jedem Ohr beurteilt und braucht umso mehr Erfindungskraft, um zu gefallen.“ Der englische Lautenist Thomas Campion verteidigte mit diesen Worten 1601 das Lautenlied, „Song“ oder „Ayre“ genannt, gegen die scharfen Angriffe seiner Gegner aus dem konservativen Lager des „Consort Song“. Die alten Herren wollten Kontrapunkt hören und kunstvolle Verflechtungen der Singstimme mit den Instrumenten, die jungen Komponisten wollten etwas ganz anderes: schöne Texte in eingängige Melodien übersetzen, den Affekt zum Sprechen bringen, anrührenden Sologesang mit sparsamer Lautenbegleitung verbinden. Mit dieser Erfindung schrieben die Meister des Lautenliedes Ge schichte. Bis 1705 die italienische Opernarie nach London kam und das Lied zur Begleitung der Laute verdrängte, beherrschte der englische Song ein Jahrhundert lang die vornehmen Recep tion Rooms der „Upper Class“ ebenso wie die Tavernen und Theater Londons. Seine größten Meister waren John Dowland zu Beginn des Jahrhunderts und Henry Purcell an seinem Ende. Dowland brachte 1597 mit seinem „First Booke of Songes or Ayres“ den Stein ins Rollen. Von den letzten Regierungsjahren der „jungfräulichen Königin“ Elizabeth bis in die frühe Amtszeit ihres Nachfolgers James I. reichte der Boom der Lautenlieder. Bis 1620 erschienen mehr als 30 Bücher mit insgesamt rund 600 Lautenliedern, danach brach die Tradition plötzlich ab, weil die komponierenden Lautenisten um 1620 nacheinander ver starben und mit der Thronbesteigung von Charles I. 1625 der „Theatre Song“ den „Lute Song“ verdrängte. Schon Robert John son schrieb sein Lied „Have you seen but a white lily grow?“ als „Theatre Song“ für Ben Jonsons berühmte Komödie „The Devil is an Ass“. Dies geschah 1616 unter James I. Mit Johnsons Songs betrat das Lautenlied die Theaterbühne, wo es zu Purcells Zeit seine größten Erfolge feiern sollte. Dowlands Melancholie und Erotik DASS JOHN DOWLAND DER GENIALSTE UNTER ALLEN „Liedermachern“ und Lautenisten der elisabethanischen Zeit war, wussten schon die Zeitgenossen. Durch sein melancho lisches Temperament aber stand er sich selbst im Weg. „Semper Dowland, semper dolens“ schrieb er selbst über eine seiner aus drucksvollen Pavanen für Laute. Die „Elizabethan Melancholy“ – eigentlich eine Manier der englischen Adligen und Dichter, die man seinerzeit auf ein Übermaß an schwarzer Galle und die ungesunde Mischung der Körpersäfte zurückführte – hatte für den Musiker fatale Folgen. Weil ihm Queen Elizabeth den Posten eines Hoflautenisten verweigerte, grollte und schmollte er, floh im Zorn auf den Kontinent, mischte sich in katholische Kreise, was ihn als potentiellen Spion verdächtig machte, und diente lieber ausländischen Potentaten wie dem Markgrafen von Hes sen-Kassel oder dem Dänenkönig Christian IV. als den Adligen seiner Heimat. Erst James I. bot ihm endlich in späten Jahren die ersehnte Stelle an – ein schwacher Ersatz für das vergällte Lebensglück. Von der schwarzen Galle des John Dowland zeugen jene Lieder, die man „Songs of darkness“ genannt hat. Wir hören aus dieser Gruppe lediglich einen Song, das berühmte „In darkness let me dwell“. Es ist das Selbstporträt des notorischen Melancholikers Dowland: „Lass mich in Dunkelheit wohnen! Sorge soll der Fuß boden sein, das Dach Verzweiflung, um alles helle Licht von mir fernzuhalten, die Wände aus schwarzem Marmor sollen feucht werden vom Weinen.“ Aus der Tiefe steigt die Singstim me durch etliche Vorhalte in die Höhe der äußersten Ver zweiflung empor. Gott sei Dank lässt uns Terry Wey nicht lange in diesem Haus der schwärzesten Melancholie verweilen. Stattdessen singt er lieber Dowlands liebliche Liebeslieder, die von seinem Sinn für Erotik zeugen und von der meisterhaften „Vermählung zwischen Musik und süßer Poesie“, wie es die Zeitgenossen nannten. „Come again“ ist das Musterbeispiel dieses leichten Stils: „To see, to hear, to touch, to kiss, to die in sweetest sympathy“ heißt es in diesem Lied, „sehen, berühren, küssen, sterben in süßester Sympathie“. Kein englischer Musiker hätte die Steigerung Stufe um Stufe hin zum Höhepunkt erotischer Ekstase schöner beschreiben können als Dowland – es sei denn Purcell 80 Jahre später. Wie fast alle Komponisten von Lautenliedern war auch Dow land Lautenist und nicht Sänger, daher sind manche seiner Lieder auch in Versionen für Laute solo überliefert. „Can she excuse my wrongs“ trägt als Lautenstück den Titel „The Earle of Essex Galiard“. Deshalb darf man vermuten, der Autor des Textes sei kein Geringerer als Robert Devereux, der berühmte zweite Earl of Essex gewesen. Mit 25 Jahren stieg der Kriegs held, Schöngeist und Schönling zum Favoriten von Queen Elizabeth auf, die oft genug Gelegenheit hatte, sich über die Schwächen ihres Geliebten zu beklagen, wenn er sich mit Sir Walter Raleigh duellierte, den spanischen Hafen Cádiz überfiel oder andere Wildheiten beging. Aus gutem Grund wurde ver mutet, dass sich Essex mit diesem Lied wieder einmal bei seiner königlichen Gönnerin und Geliebten entschuldigen wollte. Seine letzte Untat, einen Staatsstreich gegen ihren Kanzler Sir Robert Cecil, konnte ihm Elizabeth nicht verzeihen: 1601 ließ sie ihn im Tower enthaupten. Henry Purcells „Liebesbegleiter“ VOM SPANNUNGSVOLLEN VERHÄLTNIS ZWISCHEN LIEBE UND Macht zeugen auch manche Lieder Henry Purcells. Die meisten von ihnen wurden für Londons Bühnen geschrieben und später in prak tischen Ausgaben zum häuslichen Musizieren herausgegeben. Eine dieser Sammlungen trug den einleuchtenden Titel „Comes Amoris; or the Companion of Love“, sprich: „Der Liebesbegleiter“. So nannte der Londoner Verleger John Carr eine Sammlung mit Solosongs, die er 1687 zum Druck gab. Unzählige solcher Kollektionen erschie nen damals unter den blumigsten Titeln, um den Bedarf der vor nehmen Engländer und besonders Engländerinnen an Liebesliedern zu befriedigen. Auch anspruchsvolle Arien fanden ihren Weg in dergleichen Bände. John Carrs „Liebesbegleiter“ war so erfolgreich, dass er bis 1693 drei weitere Bände unter diesem Titel heraus brachte. In jedem von ihnen war Henry Purcell der Star. Der Komponist ging sogar so weit, das Vorwort zum ersten Band „To all lovers of music, performers and scrapers“ zu vertonen. Außerdem stellte er Carr einige seiner besten Lieder zur Verfügung. Eines davon ist „If music be the food of love“. Kein Text könnte besser in eine Sammlung mit dem Titel „Liebesbegleiter“ passen: „Wenn Musik der Liebe Nahrung ist, sing weiter, bis ich von Freude ganz erfüllt bin“. In Carrs Sammlung erschien das Lied in a-Moll, doch hat Purcell später denselben Text noch ein zweites Mal in g-Moll vertont. Diese Fassung wurde 1692 im „Gentleman’s Journal“ gedruckt und dank eines Neudrucks im Jahre 1908 zu einem der populärsten Purcell-Lieder überhaupt. Freilich lohnt sich auch der Blick in die erste Fassung wegen ihrer feinen melo dischen Zeichnung und der subtil ausgekosteten erotischen Details: „Your eyes, your mien, your tongue declare that you are music everywhere!“ „Deine Augen, deine Miene, deine Zunge ver künden, dass du überall aus Musik bestehst!“ Terry Wey singt beide Vertonungen. (Von drei Fassungen spricht man nur, weil die erste Vertonung in zwei Versionen vorliegt.) „A Song upon a Ground by Mr. Henry Purcell“ steht über einem weiteren Glanzstück im „Liebesbegleiter“: „O solitude, my sweetest choice“. Purcell schrieb dieses Solo über einem „Grund bass“, einem „Ground“ von vier Takten, der 24-mal wiederholt wird. Gleichsam mit schweren Schritten, im pathetischen Drei halbetakt zieht das melancholische Mollthema seine Bahn, während der Sänger darüber immer neue Variationen singt, reich an Melismen und ausdrucksstarken Intervallen. Der eng lische Dirigent Robert King nannte diesen Song in seiner Pur cell-Biographie „eines der größten Juwelen unter seinen Solo songs“ und beschrieb den Aufbau in begeisterten Worten: „Über 24 hypnotischen Wiederholungen des melancholischen Grund basses schlängelt sich die Sololinie des Sängers und illustriert in vielfältiger Weise die Metaphern eines schönen Textes.“ Die Dichterin Katherine Philips wusste, wovon sie schrieb, als sie die Einsamkeit pries: Sie verbrachte ihr Leben fernab von Lon don in der ländlichen Abgeschiedenheit von Denbighshire im Nordosten von Wales. Vier letzte Lieder „SWEETER THAN ROSES“ ENTSTAMMT DER VORLETZTEN Schauspielmusik, die Purcell vor seinem Tod noch vollenden konnte. Zu Beginn der Winterspielzeit 1695/96 erlebte die Tragö die „Pausanias oder Der Verräter seines Landes“ von Richard Norton ihre Uraufführung. Purcell konnte nur noch zwei Songs beisteuern, bevor er von seiner letzten Krankheit ans Bett ge fesselt wurde. Ähnlich wie bei Mozart, der mit 35 Jahren ver starb, scheint eine Virusinfektion eine unerwartet dramatische Wendung genommen zu haben, so dass Purcell sein Testament erst wenige Stunden vor seinem Tod mit letzter Kraft abfassen konnte. Er starb am 21. November 1695 im Alter von 36 Jahren, plötzlich und unerwartet, wie seine Witwe Frances bestätigte. Die Nachricht von seinem Tod legte sich wie ein dunkler Schat ten über die Feierlichkeiten zum Caecilientag am 22. November – beide Daten übrigens nach dem Alten Stil. In England wurde der gregorianische Kalender erst 1752 eingeführt – sieben Jahre vor Händels Tod und mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Tod Purcells. In England gingen die Uhren bzw. der Kalender eben schon damals anders. „Sweeter than roses“ wurde durch die tragischen Begleitum stände zu einem der „Vier letzten Lieder“ von Purcell. Es strahlt vollkommen die dazu passende Melancholie aus. Wieder zitieren wir Robert Kings begeisterte Beschreibung: „Der Text inspirierte Purcell zu einem seiner intensivsten Liebeslieder, voll der sinnlichsten Textausdeutungen. Die ‚kühle Abendbriese‘ weht sanft durch die Musik, der ‚süße Kuss, der mich erzitternd frösteln machte‘ wird durch eine atemberaubende harmonische Rückung hervorgehoben, um gleich danach das eindringlichste Bild des Liebesfeuers zu zeichnen (‚und schoss danach wie Feuer überall hervor‘). Die leidenschaftliche Arie, die sich anschließt, wird in ihrem triumphalen Bekenntnis zum Sieg der Liebe nur durch eine kurze Erinnerung an jenen süßen Kuss aufgehalten. Purcell hat die Uraufführung dieses Liedes vermutlich nicht mehr hören können.“ Die schöne Königin und ihre Insel DIE LETZTEN LIEDER DES PROGRAMMS ENTHALTEN WIEDER politische Botschaften, eingekleidet in die schönsten Melodien. Kaum war die „Glorious Revolution“ glücklich vollzogen, kaum hatte Queen Mary mit ihrem Gemahl William III. den Thron ihres vertriebenen Vaters bestiegen, da liefen die Vorbereitungen zur Krönung in Westminster Abbey auf Hochtouren. Sie war für den 11. April 1689 vorgesehen. Dennoch galt es, den 27. Geburts tag der neuen Königin nicht zu vergessen, der auf den 30. April fiel. Zu dieser Gelegenheit schrieb Purcell die erste jener sechs Geburtstagsoden, die er bis zu ihrem vorzeitigen Tod 1694 der Königin widmen sollte. Höhepunkt der ersten Geburtstagsode ist das Altsolo „By beauteous softness mixed with majesty“, „Durch schöne Sanftheit, verbunden mit Majestät“. Über einem wahrhaft sanft in die Tiefe fallenden Grundbass im Dreiertakt stimmt der Altist sein Lob der vollendeten Königin an, die wohl nie zuvor einen Lobpreis von so schmelzender Schönheit gehört hatte. In der Ode fallen am Ende die Streicher mit einem wun derschönen fünfstimmigen „Ritornello“ ein, das unsere Inter preten durch ein Duo für Laute und Gambe ersetzen. Zwei Jahre später, kurz nach ihrem 29. Geburtstag, durfte die Königin im Dorset Garden Theatre eine Huldigung ganz anderer Art entgegennehmen: Purcell und der englische Dichterfürst John Dryden brachten „King Arthur“ auf die Bühne, eine Ver herrlichung des sagenumwobenen König Artus in Form einer „Semi-Opera“. Drydens dramatische Handlung wurde immer wieder von musikalischen Einlagen unterbrochen, die wie „Fan tasy-Filme“ in fantastische Welten führten, aber auch die hero ische Seite des Dramas nach Kräften unterstrichen. Schließlich ging es um „The British Worthy“, wie der Untertitel des Dramas versprach, um den überragenden Wert Britanniens auf dem Schlachtfeld und in Friedenszeiten. Unter all dem Pomp und der „Action“ in Purcells Musik zu „King Arthur“ ragt eine simple Melodie leuchtend hervor: „Fairest isle, all isles excelling, seat of pleasures and of love“, „Schönste Insel, die alle Inseln übertrifft, Sitz der Vergnügen und der Liebe“ – das schönste Loblied, das in barocker Zeit auf die Insel Britannien verfasst wurde. Selbst Purcell, dem so viele unvergessliche Melodien eingefallen sind, hat nur einmal ein so himmlisch schönes langsames Menuett erfunden. Instrumentale Intermezzi DREI INTERMEZZI AUS DEN ZEITEN DOWLANDS UND Purcells haben sich Vittorio Ghielmi und Luca Pianca herausge sucht. Sie verbinden den Klang der Erzlaute mit dem der Bass gambe in Tänzen und „Grounds“. Zufällig stammen alle drei Stücke von katholischen Komponisten, was im England des 17. Jahrhunderts alles andere als selbstverständlich war. Der Stammbaum der Ferraboscos füllt in der führenden eng lischen Musikenzyklopädie fast eine ganze Seite, so weit ver zweigt war diese Bologneser Musikerfamilie. Ihr bekanntestes Mitglied, der jüngere Alfonso, hat jedoch Italien nie gesehen. Er kam um 1575 in Greenwich zur Welt, als uneheliches Kind seines Vaters Alfonso, der damals in Diensten der englischen Königin stand. Als der ältere Alfonso nach Italien zurückkehrte, bat er Elizabeth vergeblich um die Herausgabe seiner Kinder, die in der Obhut eines königlichen Musikers erzogen wurden – als Geiseln. Elizabeth hatte eine so neurotische Angst vor katholischen Ver schwörungen, dass sie selbst Kinder von ihren Eltern trennte. Der jüngere Alfonso wurde als Engländer erzogen und avan cierte später unter den Stuartkönigen zum bedeutendsten Kom ponisten für die Viola da Gamba. Er leitete das königliche Gam benconsort und beeindruckte selbst die italienischen Musiker der Königin Henrietta Maria dermaßen, dass sie zugaben, in ganz Italien gäbe es keinen Gambisten wie den großen „Farabos co aus England“. Christopher Simpson war zwar Katholik wie Ferrabosco, aber kein Jesuit wie Anthony Poole. Seine Identifikation mit einem 1634 zum Priester geweihten Jesuiten gleichen Namens aus Yorkshire hat sich als falsch erwiesen – Gott sei Dank, sonst hätte man das wunderschöne Porträt Simpsons in der Faculty of Music der Universität von Oxford sicher von der Wand ge nommen. Als guter Katholik war Simpson ein treuer Anhänger der Stuarts, stand mit den Truppen von Charles I. im Feld gegen die „Iron Sides“ des Oliver Cromwell. Nach der Hinrichtung des Königs musste er die Zeit der puritanischen Diktatur aussitzen, wurde aber von Charles II. wieder in Ehren aufgenommen. Durch sein Buch „The Division-Violist“ wurde er zum wich tigsten englischen Musiktheoretiker des 17. Jahrhunderts, zu gleich war er ein so virtuoser Gambist, dass sich sein Ruf bis nach Rom herumsprach. Wir hören eines seiner Präludien und virtuose Variationen, so genannte „Divisions“. Anthony Poole war Jesuit – ein Wort, das die Engländer noch heute mit Schrecken erfüllt, wurde doch seit den Zeiten der glor reichen Queen Elizabeth so gnadenlos gegen die Gesellschaft Jesu polemisiert und so grausame Menschenjagd auf ihre Mit glieder gemacht, dass es schon ein hohes Maß an Mut erforderte, als Engländer Jesuit zu werden. Anthony Poole wurde es 1646 am English College in Rom, von wo er nur deshalb wieder nach England zurückkehren konnte, weil King James II. selbst Katho lik war. Nicht zufällig sind die wenigen Werke, die wir von Poole kennen, in einem Oxforder Manuskript mit dem Wappen des Königs überliefert. Meistens handelt es sich um „Ground di visions“, also um virtuose Variationen über einen Grundbass. Wir hören ein besonders schönes Beispiel für diese Form, das Pooles Virtuosität auf der Gambe belegt. Josef Beheimb Die Interpreten Terry Wey, Countertenor TERRY WEY WURDE 1985 IN EINE SCHWEIZER-AMERIKA nische Musikerfamilie geboren und erhielt seine Gesangsausbil dung als Solist der Wiener Sängerknaben bei Silvija V. Purchar sowie später bei Kurt Equiluz und Christine Schwarz am Kon servatorium Wien Privatuniversität, wo er auch Klavier-Kon zertfach studierte. Über erste Auftritte mit dem Clemencic Con sort 2003 fand der junge Preisträger mehrerer Wettbewerbe rasch Anschluss an die internationale Konzert- und Opernszene. Unter Dirigenten wie William Christie, Thomas Hengelbrock, Marc Minkowski oder Michael Hofstetter, mit Originalklang orchestern wie dem Balthasar-Neumann-Ensemble, Les Arts Florissants oder Les Musiciens du Louvre Grenoble war er in be deutenden Festivals und Konzertsälen zu Gast. Auf der Bühne interpretierte der Countertenor so unterschied lichste Rollen. Bisherige Höhepunkte bildeten seine umjubelte Interpretation der männlichen Hauptrolle in Händels „Parteno pe“ am Theater an der Wien an der Seite von Christine Schäfer (Christophe Rousset / Pierre Audi, 2009), Jommellis „Betulia Liberata“ bei den Salzburger Pfingstfestspielen 2010 unter Riccardo Muti in der Felsenreitschule sowie die Rolle des Ar samenes in Stefan Herheims gefeierter Inszenierung von Hän dels „Xerxes“ an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf (2013). Daneben führte seine Liebe zur Renaissancemusik zur Grün dung des Vokalensembles Cinquecento sowie zu Auftritten mit führenden Ensembles wie dem Huelgas Ensemble, Le Poème Harmonique oder Weser-Renaissance. Als Diskografie liegen von ihm vor: unter anderem sieben CDs mit Cinquecento, weiters Pergolesis „Stabat Mater“ mit dem Counter-Kollegen Valer Sabadus (Oehms) oder Bachs h-Moll-Messe unter der Leitung von Marc Minkowski. Luca Pianca, Erzlaute DER IN LUGANO GEBORENE LUCA PIANCA IST DERZEIT einer der gesuchtesten Musiker auf dem Gebiet der Interpreta tion auf Originalinstrumenten. Er nimmt seit vielen Jahren regelmäßig an zahlreichen Festivals und Konzertserien in ganz Europa, den USA und in Japan teil. Solistisch feiert er weltweit große Erfolge und tritt regelmäßig als Partner von herausra genden Sängerinnen auf, darunter Cecilia Bartoli, Silvia McNair oder Eva Mei. Seit 1982 arbeitet er mit Nikolaus Harnoncourt – bei dem er am Mozarteum in Salzburg studiert hat – zusammen. Er ist ferner einer der Mitbegründer des Mailänder Ensembles „Il Giardino Armonico“. Seit 1999 bereits arbeitet er im Team mit Vittorio Ghielmi zu sammen, seit 2001 mit Roman Turovsky-Savchuk, einem zeitge nössischen Lautenkomponisten, von dem er zahlreiche Werke zur Uraufführung brachte. 2008 hat er gemeinsam mit Georg Nigl im Wiener Konzerthaus einen Bachkantatenzyklus installiert. Die Teldec hat mit Luca Pianca einen Exklusivvertrag abgeschlos sen: Am Markt sind vorerst Einspielungen der gesamten Lauten werke Bachs und Vivaldis erhältlich. Ebenso eine erkleckliche Zahl an Einspielungen gemeinsam mit Vittorio Ghielmi. Seine CDs erhielten fünf Diapason d’Or, vier Choc du Monde de la Musique, den Gramophone Award 1996 und den Deutschen Schallplattenpreis 1998. Luca Pianca gibt bis zu 100 Konzerte pro Jahr, darunter Soloauftritte vom Wiener Musikverein bis hin zur Carnegie Hall New York. Neues Terrain betrat er im September 2001: Ein Auftritt mit Sting stand auf dem Programm. Vittorio Ghielmi, Viola da Gamba DER MAILÄNDER VITTORIO GHIELMI GEWANN 1995 DEN Internationalen Wettbewerb „Romano Romanini” für Barock streichinstrumente in Brescia; 1997 wurde ihm „The Erwin Bod ky Award” in Cambridge, Massachusetts, verliehen. Vittorio Ghielmi spielt als Solist mit verschiedenen Orchestern in den bedeutendsten europäischen und amerikanischen Kon zertsälen. Er konzertierte im Duo mit dem Cembalisten Gustav Leonhardt, mit Cecilia Bartoli, András Schiff, Thomas Quast hoff, Mario Brunello, Enrico Onofri, Viktoria Mullova, Giuliano Carmignola und vielen anderen und tritt regelmäßig mit Luca Pianca, Christophe Coin und Il Giardino Armonico auf. Er ist einer der wenigen Gambisten, der auf Einladung von Orchestern immer wieder als Solist zu hören ist (mit Konzerten für Viola da Gamba und Orchester von Johann Gottlieb Graun, Telemann und anderen). Zahlreich sind seine CD-Einspielungen, auch ge meinsam mit Luca Pianca. Er hat als Interpret bei Weltpremieren vieler neuer Komposi tionen mitgewirkt (etwa Kevin Volan „White Man’s Sleep“, Nadir Vassena „Bagatelle trascendentali“, Uri Caine, Konzert für Viola da Gamba und Orchester, das ihm gewidmet ist). Gern befasst er sich mit der Didaktik seines Instrumentes und der Herausgabe von unveröffentlichtem Repertoire. Er ist Grün der des Ensembles „Quartetto Italiano di viole da gamba” und von „Il Suonar Parlante“. Der Inhaber des Lehrstuhls für Viola da Gamba am Luca Marenzio Konservatorium in Brescia und der Professur für Viola da Gamba am Mozarteum in Salzburg gibt Meisterklassen und Vorlesungen an Universitäten und Konservatorien auf der ganzen Welt. Vittorio Ghielmi spielt auf einer Gambe von Michel Colichon, Paris 1688. HAUS DER KUNST Galerie . Andreas Lendl A-8010 GrAz . JoAnneumrinG 12 Tel +43/(0)316/82 56 96 . Fax 82 56 96-26 Gsm 0664/34 01 364 . office@kunst-alendl.at Ölgemälde . AquArelle . Zeichnungen . druckgrAphik reproduktionen . k u n s t p o s t k A r t e n . k u n s t k AtA l o g e exklusive rAhmungen Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag von 09.00 bis 18.00 Uhr; Samstag von 09.00 bis 13.00 Uhr Aviso Donnerstag, 3. Juli Minoritensaal, 20 Uhr O Sweet Woods Englische Lautenlieder von Dowland (O Sweet Woods / The Lowest Trees Have Tops), Morley und Danyel (Thou Pretty Birds) u. a. Spanische Gitarrenlieder von Marin, Durón u. a. Mariana Flores, Sopran Hopkinson Smith, Laute & Barockgitarre John Dowland kennt man als tränenreichen Sänger der „English Melancholy“ im Zeitalter Elisabeths I. Hopkinson Smith zeigt ihn von einer ungewohnten Seite: als Meister fröhlicher Naturlieder. Auf der Laute trägt er die bildschöne Argentinierin Mariana Flores, wenn sie die heitersten Lieder der englischen Renaissance anstimmt. Nach der Pause geht es ins Spanien der Barockzeit, das keineswegs nur streng und düster war. In den herrlichen „Tonos humanos“ des Juan Marín geht es um die Nachtigall im Lorbeer baum und andere Naturgeschichten, gehüllt in den Klang der spanischen Barockgitarre. HIMMER, BUCHHEIM & PARTNER „DER STANDARD sucht Streit. Aber deshalb abonniere ich ihn ja.“ Cornelius Obonya, Schauspieler und Abonnent seit 2000 Jetzt 3 Wochen gratis testen! Bestellen unter 0810/20 30 40 oder auf derStandard.at/Testabo Er vermeidet die Harmonie; er sucht die Konfrontation. 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