SGB II
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Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 Überblick über die Rechtsprechung zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) Rüdiger Lenski c/o Stadt Frankfurt am Main Jugend- und Sozialamt (51.50) Eschersheimer Landstraße 241-249 60320 Frankfurt am Main Tel.: (069) 212-44106 E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de 1 Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 Gliederung: 1. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes 2. Entscheidungen der Sozialgerichte und der Landessozialgerichte 2.1 Nachranggrundsatz 2.2 Eheähnliche Gemeinschaften, Bedarfsgemeinschaften, Haushaltsgemeinschaften 2.3 Umfang der Leistungen 2.4 Anspruch auf Leistungen/Erwerbsfähigkeit 2.5 Auszubildende und Studierende 2.6 Umfang der Unterkunftskosten 2.7 Einkommen 2.8 Vermögen 2.9 Kürzung, Wegfall und Verwirkung der Hilfe 2.10 Gewöhnlicher Aufenthalt 2.11 Verfahrensrecht 3. Atypische Entscheidung, die sich nicht ohne weiteres in das Recht der Einzelfallhilfe einordnen lassen Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de 2 Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 3 1. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 1.1 Einstweiligen Rechtsschutz in Sozialgerichtsverfahren: Entscheidung: 1 BvR 569/05 vom 12.05.2005 Sachverhalt: Der Beschwerdeführer begehrt Grundsicherung für Arbeitsuchende. Er bot in der Vergangenheit Dienstleistungen auf Wochenmärkten an und bediente einen Sparvertrag über € 25,- mtl. Die Arbeitsgemeinschaft lehnte den Antrag ab. Eilanträgen blieben sowohl in der 1. als auch in der 2. Instanz erfolglos. Der Beschwerdeführer erhob Verfassungsbeschwerde. Diese hatte Erfolg. Die Sache wurde an das Sozialgericht zurückverwiesen. Gründe: Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientierten wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen. Das gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Entschließen sich die Gerichte zu einer Entscheidung auf dieser Grundlage, so dürfen sie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller des Eilverfahrens nicht überspannen. Die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, dass der Beschwerdeführer mit seinen Begehren verfolgt. Dies gilt insbesondere, wenn der Amtsermittlungsgrundsatz gilt. Außerdem müssen die Gerichte Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen. Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen an Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 4 1.2 Verfassungsbeschwerde eines Hilfsbedürftigen Entscheidung: 1 BvR 143/05 vom 18.03.2005 Sachverhalt: Die Antragsteller wenden sich gegen einen Bewilligungsbescheid. Das Bundesverfassungsgericht lehnte es ab, die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung anzunehmen. Gründe: Die Beschwerdeführer hätten eine eigene, gegenwärtige und unmittelbare Betroffenheit nicht ausreichend dargelegt. Die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig, wenn ein Gesetz – wie das SGB II – besondere Vollziehungsakte vorsehe. Insofern hätte sich die Verfassungsbeschwerde gegen die inzwischen ergangenen Bewilligungsbescheide richten müssen. Doch selbst in diesem Fall hätte zunächst der Rechtsweg ausgeschöpft werden müssen (§ 90 Abs. 2 BVerfGG); im Übrigen sei das Verfassungsgericht selbst bei Vorliegen der Annahmevoraussetzungen für eine unmittelbar gegen ein Gesetz gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zu einer Vorabentscheidung verpflichtet. Wen die einfachrechtliche Lage und die tatsächlichen Auswirkungen einer gesetzlichen Regelung noch nicht geklärt seien und das Verfassungsgericht daher genötigt wäre, auf ungesicherter Grundlage weit reichende Entscheidungen zu treffen, spreche dies gegen eine Vorabentscheidung. Rechtsschutz gegen Verfassungsverletzungen obliege vorrangig auch den Fachgerichten (ebenso Beschlüsse vom 29.10.2004 zu Az: 1 BvR 2323/04 und 14.02.2005 zu Az: 1 BvR 199/05). Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 5 1.3 Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Beratungshilfegesetz Entscheidung: Beschluss vom 11.05.2009, 1 BvR 1517/08 Pressemitteilung Nr. 64/2009 vom 18. Juni 2009 Sachverhalt: Verfassungsbeschwerde gegen Versagung von Beratungshilfe Gründe: Die Beschwerdeführerin beantragte beim Amtsgericht Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz (BerHG), um sich mit einem Widerspruch gegen die Kürzung von Arbeitslosengeld II zu wenden. Die Beratungshilfe wurde ihr u. a. mit der Begründung versagt, dass ein vernünftiger Ratsuchender ohne anwaltliche Hilfe Widerspruch eingelegt hätte; es sei der Beschwerdeführerin zumutbar, bei der Widerspruchsbehörde vorzusprechen und deren kostenlose Beratung in Anspruch zu nehmen, auch wenn diese mit der Ausgangsbehörde identisch sei. Der Bescheid werde im Widerspruchsverfahren von Amts wegen überprüft, ohne dass es rechtlicher Ausführungen zur Begründung bedürfe. Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat diesen Beschluss des Amtsgerichts auf die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin hin aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Die Entscheidung verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Anspruch auf Rechtswahrnehmungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 1 GG und Art. 20 Abs. 3 GG), wonach eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten auch im außergerichtlichen Rechtsschutz geboten ist. Vergleichsmaßstab ist das Handeln eines Bemittelten, der bei der Inanspruchnahme von Rechtsrat auch die Kosten vernünftig abwägt. Ein vernünftiger Rechtsuchender darf sich unabhängig von Begründungspflichten aktiv am Verfahren beteiligen. Für die Frage, ob er einen Anwalt hinzuziehen würde, kommt es insbesondere darauf an, inwieweit er fremde Hilfe zur effektiven Ausübung seiner Verfahrensrechte braucht oder selbst dazu in der Lage ist. Im vorliegenden Fall benötigte die Beschwerdeführerin fremde Hilfe wegen eines rechtlichen Problems, das zum Zeitpunkt der Antragstellung noch keine höchstrichterliche Klärung erfahren hatte. Entgegen dem Beschluss des Amtsgerichts kann es der Beschwerdeführerin nicht zugemutet werden, den Rat derselben Behörde in Anspruch zu nehmen, deren Entscheidung sie im Widerspruchsverfahren angreifen will. Auch bei einer organisatorisch getrennten und mit anderem Personal ausgestatteten Widerspruchsstelle entscheidet dann dieselbe Ausgangs- und Widerspruchsbehörde über die Leistungen der Beschwerdeführerin. Es besteht die abstrakte Gefahr von Interessenkonflikten, die die beratungsbedürftige Beschwerde- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 6 führerin selbst nicht durchschauen kann. Aus Sicht der Rechtsuchenden ist der behördliche Rat nicht mehr dazu geeignet, ihn zur Grundlage einer selbständigen und unabhängigen Wahrnehmung ihrer Verfahrensrechte im Widerspruchsverfahren zu machen. Im Hinblick auf die prozessrechtlichen Grundsätze der Waffengleichheit und der gleichmäßigen Verteilung des Risikos am Verfahrensausgang im sich möglicherweise anschließenden Gerichtsverfahren darf der Beschwerdeführerin eine unabhängige Beratung nicht vorenthalten werden. Auch wenn sich im Einzelfall ein objektiver Mehrwert anwaltlicher Beteiligung gegenüber behördlicher Beratung nicht empirisch voraussagen lässt, handelt es sich bei einer zusätzlichen und von außen kommenden Durchsetzungshilfe im Widerspruchsverfahren grundsätzlich um eine geeignete Maßnahme zur Effektivitätssteigerung des Verfahrens. Dies ist insbesondere wegen des existenzsichernden Charakters des Arbeitslosengelds II von Bedeutung. Wegen der grundsätzlich zeitverzögernden Wirkung des Vorverfahrens und seiner Verbindung zum Klageverfahren ist auf eine möglichst effektive Gestaltung des Vorverfahrens zu achten. Der fiskalische Gesichtspunkt, Kosten zu sparen, kann nach den dargestellten Gründen nicht als sachgerechter Rechtfertigungsgrund zur Versagung der Beratungshilfe angesehen werden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 7 1.4 Verfassungsbeschwerde eines Leistungsempfängers Entscheidung/Gericht: BVerfG, Entscheidung vom 30.11.2009, 1 BvR 2395/09 Juris 19.11.2009 Sachverhalt: Effektiver Rechtsschutz durch mögliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung Gründe: Das BVerfG hat entschieden, dass effektiver Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 GG durch die Möglichkeit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klageerhebung ausreichend gewährleistet ist. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen eine sozialrechtliche Eingliederungsvereinbarung, die einen Verwaltungsakt (§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II) ersetzen soll. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner noch zu erhebenden Klage gegen den Verwaltungsakt blieb vor dem Landessozialgericht ohne Erfolg. Das BVerfG hat diese Verfassungsbeschwerde mangels Zulässigkeit nicht zur Entscheidung angenommen. Nach Auffassung des Gerichts hat der Beschwerdeführer insbesondere die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung durch das Landessozialgericht nicht ausreichend begründet. Mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG sei es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Betroffene trotz einer von Gesetzes wegen fehlenden aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs oder seiner Klage die Möglichkeit hat, effektiven – d. h. hier auch vorläufigen – Rechtsschutz durch eine gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu erhalten. Diese Möglichkeit sei durch § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG hinreichend gewährleistet. Es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Gerichte dabei die Interessen des Bürgers an der vorläufigen Aussetzung der Entscheidung mit dem Vollzugsinteresse der Allgemeinheit abwägen sowie die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs beurteilen, soweit sie beachten, dass schon die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes ein besonderes öffentliches Interesse erfordert, das über jenes hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 8 1.5 Vorlagebeschlüsse und Klagen Gericht/Entscheidung: BVerfG, Urteil vom 09.02.2010, 1 BvL 1, 3, 4/09 Quelle: BVerfG Gründe: Rechtsmäßigkeit des SGB II Sachverhalt (Leitsätze): · · · · Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Lebens unerlässlich sind. Dieses Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG hat als Gewährleistungsrecht in seiner Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung. Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat. Dabei steht ihm ein Gestaltungsspielraum zu. Zur Ermittlung des Anspruchsumfangs hat der Gesetzgeber alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu bemessen. Der Gesetzgeber kann den typischen Bedarf zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums durch einen monatlichen Festbetrag decken, muss aber für einen darüber hinausgehenden unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf einen zusätzlichen Leistungsanspruch einräumen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 9 1.6 Verfassungsbeschwerde Entscheidungsdatum: 16.03.2011 Aktenzeichen: Gegenstand: 1 BvR 591/08, 1 BvR 593/08 Volle Anrechnung der Verletztenrente auf "Hartz IVLeistungen" Das BVerfG hat entschieden, dass eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung einkommensmindernd auf Hartz IV-Leistungen angerechnet werden kann. Auszüge aus der Begründung: Die Beschwerdeführer seien nicht in ihrem Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Sie würden zwar als Empfänger der voll als Einkommen berücksichtigten Verletztenrente gegenüber den Empfängern der nach § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGB II privilegierten Leistungen ungleich behandelt. Die Ungleichbehandlung sei jedoch sachlich gerechtfertigt. Zweckbestimmte öffentlich-rechtliche Leistungen unterschieden sich dadurch von anderen Einnahmen, dass der Gesetzgeber selbst angeordnet habe, dass die Leistung ganz oder teilweise einen anderen Zweck dienen solle als die Leistungen nach dem SGB II und insbesondere nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts gedacht sei. Die gesetzgeberische Zweckbestimmung sei ein hinreichend gewichtiges Unterscheidungskriterium. Es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das BSG die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auch nicht teilweise als zweckbestimmte Einnahme bewertet habe. Denn nach der gesetzgeberischen Konzeption stelle sie eine abstrakt berechnete Verdienstausfallentschädigung dar, die ebenso wie der Arbeitslohn selbst der Sicherung des Lebensunterhalts diene. Eine eindeutige gesetzgeberische Bestimmung der Verletztenrente zu einem anderen Zweck als der Sicherung des Lebensunterhalts folge insbesondere nicht daraus, dass der Teil der Verletztenrente, der einer Grundrente des sozialen Entschädigungsrechts entspreche, nicht auf Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet werde. Die betreffende Regelung sei auf das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung beschränkt. Dies schließe es aus, dem Gesetzgeber zu unterstellen, dass er generell und damit unabhängig davon, welche Sozialleistung der Leistungsempfänger neben der Verletztenrente beziehe, anordnen wollte, dass die Verletztenrente zumindest teilweise nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt sei. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 10 2. Entscheidungen der Sozialgerichte und der Landessozialgerichte 2.1 Nachranggrundsatz (Keine weitere Untergliederung) 2.1.0.01 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen, Beschluss vom 14.04.2005, L 3 B 30/05 AS-ER Sachverhalt: Frage der Anrechung von Tilgungsleistungen für Schulden bei nicht ehelicher Partnerschaft. Gründe Tilgungsleistungen für Schulden mindern nicht das einzusetzende Einkommen eines Hilfesuchenden. Im zu entscheidenden Fall hatte der nichteheliche Partner die pfändbaren Teile seines Arbeitseinkommens freiwillig an den Gläubiger abgetreten. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.1.0.02 Gericht/Entscheidung LSG NRW, Beschlüsse vom 21.04.2005 und 12.05.2005, L 9 B 4/05 SO ER, L 9 B 6/05 SO ER, L 9 B 12/05 ER Sachverhalt: Berücksichtigung des Einkommens für das Kind der Partnerin, bei nicht gegebener Vaterschaft Gründe: Es bestehen Bedenken gegen die Berücksichtigung des Einkommens des nichtehelichen Partners beim Anspruch des Kindes der Partnerin, dessen Vater nicht der Partner ist. Dies sei nur möglich, wenn der Partner Vater oder Stiefvater des Kindes sei. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 11 2.1.0.03 Gericht/Entscheidung: Landessozialgericht Hamburg, Beschluss vom 28.01.2005, L 3 B 16/05 ER SO Sachverhalt: Ungeklärte Erwerbsfähigkeit, Nachrang der Sozialhilfe, Vorläufige Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende Gründe: Die Leistungen der Sozialhilfe sind nach der zum 01.01.2005 wirksam gewordenen Neuordnung der sozialen Sicherungssysteme als ein gegenüber der Grundsicherung für Arbeitsuchende des SGB II insgesamt grundsätzlich nachrangiges Leistungssystem zu begreifen. Ist der Hilfebedürftige dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II, ist es ihm grundsätzlich zuzumuten, sich zunächst an den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu wenden, dort um Leistungen nachzusuchen und so seine Hilfebedürftigkeit abzuwenden. Der Bezug von Leistungen nach dem SGB XII bleibt auch dann ausgeschlossen, wenn sich der Hilfebedürftige weigert, den nach § 37 Abs. 1 SGB II für den Bezug der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erforderlichen Antrag zu stellen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 12 2.1.0.04 Gericht/Entscheidung: Landessozialgericht NRW, Beschluss vom 14.06.2005, L 1 B 2/05 AS ER FEVS Bd. 57 S. 470 Sachverhalt: Kein Arbeitslosengeld II bei unklarer Beweislage Gründe: Ein Antragsteller erhält kein Arbeitslosengeld II und auch keine weiteren Leistungen nach dem SGB II, wenn er sein Einkommen und Vermögen gegenüber Sozialleistungsträgern systematisch verschleiert. Im konkreten Fall war der Antragsteller u. a. nachprüfbare Angaben über den Verbleib einer Erbschaft in Höhe von € 30.000, ferner über die Kosten und die Einnahmen aus einem gegenüber den Sozialleistungsträgern nicht gemeldeten Gewerbebetrieb (Produktion und Vertrieb von Pornofilmen mit daraus resultierenden Filmverträgen und professioneller Kameraausrüstung) sowie über Einnahmen aus eBayVerkäufen schuldig geblieben. Da der Antragsteller einräumte, gegenüber Sozialhilfebehörden zum Mittel der "Notlüge" gegriffen zu haben und Vermögen bis zu einem von ihm selbst bestimmten Zeitpunkt zu verschweigen, entschied der 1. Senat, dass die hieraus folgende Ungewissheit zu seinen Lasten und nicht zu Ungunsten der durch die Sozialhilfeträger handelnden Allgemeinheit gehe. Dabei stelle die Mitwirkungspflicht umso größere Anforderungen an den Antragsteller, je umfassenderes Sonderwissen er über die zugrundeliegenden wirtschaftlichen Aktivitäten aus seinem Bereich habe. Die behördliche Ermittlungspflicht finde dort ihre Grenze, wo eine weitere Aufklärung des Sachverhalts ohne Mitwirkung des Antragstellers unmöglich werde. Sei die persönliche Glaubwürdigkeit eines Antragstellers aufgrund besonderer Umstände erheblich erschüttert, müssten zum Beleg seines Vorbringens zudem Nachweise in Form beweiskräftiger Urkunden oder durch das Zeugnis glaubwürdiger Zeugen gefordert werden, woran es im konkreten Fall des Antragstellers fehlte. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 13 2.1.0.05 Gründe/Entscheidung: Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 26.10.2005, L 7 AS 65/05 ER Sachverhalt: Glaubhaftmachung eines Anspruchs, geringes Einkommen Gründe: Die Arbeitsgemeinschaft versagte Leistungen für eine 1981 geborene Antragstellerin und ihren 1999 geborenen Sohn, weil sie nicht habe nachvollziehen, wie die Antragstellerin seit dem Monat Januar 2005 mit dem ausgerechneten Resteinkommen ihren Lebensunterhalt hätte bestreiten können. Damit hätte die Arge die tatsächliche Einkommens- und Vermögenssituation der Antragstellerin nicht feststellen können. Sie müsse vielmehr davon ausgehen, dass weiteres Einkommen und Vermögen vorhanden sei, welches die Existenz der Antragstellerin sichere. Der Senat bejahte einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund. Die Hilfebedürftigkeit könne nicht mit dem Hinweis darauf verneint werden, es sei den Antragstellern über Monate hinweg möglich gewesen, den Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe zu sichern. Insbesondere kann die Antragsgegnerin nicht mit der Argumentation Erfolg haben, sie könne nicht nachvollziehen, wie die Antragsteller mit so wenig Geld überhaupt über "die Runden" gekommen seien. Der Senat sei in ständiger Rechtsprechung der Auffassung, dass einem Hilfesuchenden die Gewährung der Hilfe zum Lebensunterhalt nicht zunächst verweigert werden kann, um ihm dann entgegenzuhalten, dass bereits das Überleben ohne die verweigerte Hilfe Zweifel an der Hilfebedürftigkeit begründen würden. Es hätte eines konkreten Vortrags der Arge bedurft, über welches weiteres Einkommen und Vermögen die Antragstellerin verfüge. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 14 2.1.0.06 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 01.08.2005, L 19 B 33/05 ER FEVS Bd. 57 S. 256 Sachverhalt: Berechtigte Zweifel, Hilfebedürftigkeit – Einstweilige Anordnung, Leistungsumfang Gründe: Berechtigte Zweifel an der Hilfebedürftigkeit bestehen nicht, wenn die Antragsteller plausibel dargelegt haben, wie sie trotz einer monatlichen Unterdeckung ihren Lebensunterhalt bestritten haben. Absenkungen von Sozialleistungen sind die Folge von Pflicht- und Obliegenheitsverletzungen des Hilfebedürftigen. Demgegenüber steht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes im Vordergrund; mit dem Zusprechen des vollen Regelsatzes im Verfahren nach § 86 b Abs. 2 SGG wird eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung im Verhältnis zu den Verfahren des § 86 b Abs. 1 SGG vermieden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.1.0.07 Gericht/Entscheidung: Landessozialgericht NRW, Beschluss vom 08.11.2005, L 19 B 82/05 AS ER Sachverhalt: Die Arge stellte die Zahlung der Grundsicherung für Arbeitssuchende ein, weil sie verschwiegenes Einkommen und Vermögen vermutete. Das Sozialgericht verpflichtete die Arge. Das LSG wies die Beschwerde der Arge zurück. Gründe: Die vorläufige Zahlungseinstellung setze nach § 331 SGB II die Kenntnis von Tatsachen voraus, die kraft Gesetzes zum Ruhen oder zum Wegfall des Anspruchs führen. Ein bloßer Verdacht genüge auch im Hinblick auf den nicht unerheblichen Eingriff in die Rechte des Leistungsbeziehers nicht. Informationen über die maßgeblichen Fakten müssten vielmehr einen Sicherheitsgrad erreichen, der vernünftige, nach den Erfahrungen des Lebens objektiv gerechtfertigte Zweifel schweigen lasse. Zum Zeitpunkt der Zahlungseinstellung habe die Arge jedoch keine Kenntnisse in diesem Sinne von Einkünften oder Vermögen der Antragsteller besessen, welche ihre Hilfebedürftigkeit i. S. von § 9 SGB II ausschließen und zu einer Aufhebung der Bewilligung führen könnten. Die Arge habe lediglich von dem Besitz der Antragsteller eines Großbildfernsehers, einer Einbauküche und eines Computers gewusst. Sie habe jedoch den alleine ausschlaggebenden Wert der genannten Gegenstände nicht gekannt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 15 2.1.0.08 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07.03.2006, Az: L 7 AS 423/05 ER Sachverhalt: Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende an Untersuchungshäftlinge Gründe: Untersuchungshäftlinge haben Anspruch auf Leistungen im Umfang von 10 vom Hundert des Regelsatzes. Das SGB II schließt lediglich Personen aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes aus, die aus gesundheitlichen Gründen am Arbeitsmarkt nicht teilnehmen können. Der Aufenthalt eines Untersuchungshäftlings in einer JVA stellt keine Unterbringung in einer stationären Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 SGB II dar. Entsprechend ihrer Natur ist Untersuchungshaft stets als vorübergehender Zustand anzusehen, der regelmäßig unter sechs Monaten liegt. Zwar werde er beherbergt und verköstigt, jedoch verfüge er nicht über Barmittel, um sich etwa Tabakwaren und Genussmittel oder Zeitungen oder Telefonkarten anzuschaffen. In der früheren Rechtsprechung zum BSHG sei aber ein Taschengeldanspruch für den Untersuchungshäftling anerkannt gewesen, sodass im Hinblick auf die Zusammensetzung der Regelsätze ein Betrag in Höhe von 10 v. H. des Regelsatzes angemessen, aber auch ausreichend sei. Während der Verbüßung einer Strafhaft besteht Anspruch auf Taschengeld nach § 46 Strafvollzugsgesetz. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 16 2.1.0.09 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Dessau, Beschluss vom 15.07.2005, S 9 AS 396/05 ER ZfF 6/2006 S. 134 Sachverhalt: Anspruch auf Sozialgeld für einen Ausländer, dem Arbeitsaufnahme nicht gestattet ist. Wirkung einer Verpflichtungserklärung Gründe: Eine Berechtigte und ein Ausländer leben in eheähnlicher Gemeinschaft. Eheschließung ist terminiert. Nach Auffassung des Gerichts findet § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II jedoch für einen Anspruch auf Sozialgeld nach §§ 28 Abs. 1, 7 Abs. 2 und 3 SGB II keine Anwendung. Dieser Ausschluss gilt nach der Gesetzessystematik nur für Personen, die unter § 7 Abs. 1 SGB II fallen. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II konkretisiert die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II, wonach der erwerbsfähige Hilfebedürftige seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben muss. Aufgrund der Gesetzessystematik ist daher auch nicht erforderlich, dass Empfänger von Leistungen nach § 7 Abs. 2 SGB II ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Eine solche Einschränkung sehen §§ 7 Abs. 2, 28 SGB II nicht vor. Voraussetzung ist nur, dass sie z. B. in eheähnlicher Gemeinschaft leben, d. h. zusammen eine Wohnung bewohnen. Die Verpflichtungserklärung des Onkels führt nicht zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit. Hierbei handelt es sich lediglich um eine Verpflichtungserklärung gegenüber der Ausländerbehörde, sämtliche öffentliche Mittel, die für den Lebensunterhalt einschließlich der Versorgung mit Wohnraum usw. aufgewendet werden, zu erstatten. Eine Verpflichtungserklärung nach § 84 AuslG würde dem Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II nur entgegenstehen, wenn der Leistungsberechtigte von demjenigen, der die Erklärung abgegeben hat, tatsächliche Leistungen erhält. Der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller hat in der Sitzung vorgetragen, dass der Antragsteller zu 1 zumindest seit April 2005 keinerlei Leistungen von seinem Onkel erhält. Aufgrund summarischer Prüfung ist somit von einer Hilfebedürftigkeit auszugehen. Ein Anordnungsgrund ergibt sich bereits daraus, dass die Antragsteller ihren Lebensunterhalt nach Aktenlage nicht auf andere Weise sicherstellen können, sodass die von ihnen erstrebte Regelung eilbedürftig ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 17 2.1.0.10 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 30.03.2007, L 19 B 22/07 AS ER FEVS Bd. 58 S. 560 Sachverhalt: Hilfebedürftigkeit, realisierbarer Anspruch Gründe: Hilfebedürftigkeit i. S. d. § 9 SGB II soll nach dem Willen des Gesetzgebers ausgeschlossen sein, wenn sie dadurch beseitigt werden kann, dass bestehende Ansprüche gegenüber Dritten durchgesetzt werden. Trotz der in § 9 Abs. 1 SGB II verwendeten Formulierung dass nicht hilfebedürftig ist, wer die erforderliche Hilfe von anderen "erhält", kommt es daher nicht darauf an, dass Leistungen aufgrund der Ansprüche tatsächlich zufließen. Ausreichend ist vielmehr, dass solche Ansprüche (hier ein urkundlich bestätigter Unterhaltsanspruch) ohne weiteres realisiert werden können. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.1.0.11 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 28.01.2008, L 5 B 21/08 ER AS FEVS Bd. 59 S. 424 Sachverhalt: Hilfebedürftigkeit, Schwangerschaft, Unterhalt Gründe: Ist der Übergang eines Unterhaltsanspruchs auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, scheidet die Berücksichtigung eines solchen Anspruchs nach § 9 Abs. 1 oder § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II aus. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 18 2.1.0.12 Gericht /Entscheidung: OVG Bremen, Beschluss vom 09.01.2008, S2 B 483/07 FEVS Bd. 59 S. 426 Sachverhalt: Geldbetrag, Hilfebedürftigkeit, Nachweis Gründe: Ist nicht zweifelhaft, dass jemand einen größeren Geldbetrag zur Verfügung gehabt hat, kann die Behörde zum Nachweis der Bedürftigkeit eine genaue Aufschlüsselung des Verbleibs des Geldes verlangen. Nur wenn im Einzelnen substanziiert und nachvollziehbar dargelegt worden ist, dass und weshalb von dem Geldbetrag nichts mehr vorhanden ist, kommen öffentliche Hilfeleistungen in Betracht. Das Schweigerecht des Beschuldigten nach § 136 Abs. 1 Satz 2 hat nicht zur Folge, dass an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG geringere Anforderungen zu stellen sind. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 19 2.2 Eheähnliche Gemeinschaften, Bedarfsgemeinschaften, Haushaltsgemeinschaften Übersicht: 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.5 2.2.6 Auskunftsanspruch Bedarfs-/Haushaltsgemeinschaft Beschreibung einer eheähnlichen Gemeinschaft/Ermittlung des Sachverhalts Gleichgeschlechtliche Paare Schuld-/Unterhaltsverpflichtungen Nichtfunktionierende Bedarfsgemeinschaften 2.2.1 Auskunftsanspruch 2.2.1.01 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20.04.2007, L 13 AS 40/07 ER FEVS Bd. 58 S. 472 Sachverhalt: Auskunftsanspruch, Eheähnliche Gemeinschaft, sofortige Vollziehung Gründe: Der Träger der SGB II-Leistungen kann das Verlangen auf Auskunft über die Einkommensund Vermögensverhältnisse der Partnerin eines Hilfesuchenden nach § 60 Abs. 4 SGB II durch einen Verwaltungsakt betreiben. Dieser Verwaltungsakt kann im überwiegenden Interesse des Hilfesuchenden gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG für sofort vollziehbar erklärt werden. Vorläufiger Rechtsschutz beurteilt sich dann nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG. Der Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft bzw. Partnerschaft i. S. d. § 7 Abs. 3 und Abs. 3 a SGB II steht nicht entgegen, dass der Hilfesuchende keinen zivilrechtlichen Anspruch auf Unterhalt gegen die zur Auskunft herangezogene Partnerin hat. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 20 2.2.2 Bedarfs-/Haushaltsgemeinschaft 2.2.2.01 Gericht/Entscheidung BSG, Urteil vom 13.11.2008, B 14 AS 2/08 R Quelle: Juris Sachverhalt: Berücksichtigung des Einkommens des Partners in der Bedarfsgemeinschaft zugunsten der nicht leiblichen Kinder ab 01.08.2006 - Verfassungsmäßigkeit Gründe: Es ist verfassungsgemäß, dass seit dem 01.08.2006 nach dem SGB II bei der Feststellung des Hilfebedarfs eines Kindes, das mit einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, auch das Einkommen und Vermögen dessen Partners zu berücksichtigen ist. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende zum 01. August 2006 ist eine rechtlich wesentlich Änderung eingetreten. Nach der Neufassung des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II ist bei der Festsetzung des Hilfebedarfs eines (unverheirateten) Kindes, das mit einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, u. a. auch das Einkommen und Vermögen dessen Partners zu berücksichtigen. Es ist nicht Aufgabe des SGB II, bis in jede Einzelheit für eine Verteilung der für das Existenzminimum der einzelnen Personen notwendigen Gelder zwischen allen Beteiligten zu sorgen. Für die Leistungsgewährung nach dem SGB II ist deshalb unerheblich, ob und wie Unterhaltsansprüche nach bürgerlichem Recht gegen ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft realisiert werden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.2.2.02 Gericht/Entscheidung: Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 07.04.2006 L 19 B 6/06 AS ER Sachverhalt: Bei Verwandten lebende Hilfesuchende Gründe: Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts steht der Annahme eines Anordnungsgrundes nicht der Umstand entgegen, dass die Antragstellerin Leistungen in Form von Lebensmitteln von ihrer Mutter und ihrer Schwester erhält. Zur Überzeugung des Senats kann nach vorstehenden Maßstäben die Antragstellerin vorläufig nicht auf die Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen ihrer Mutter verwiesen werden. Die Antragstellerin verfügt über eine eigene abgeschlossene Wohnung im Haus ihrer Mutter. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 21 2.2.2.03 Gericht/Entscheidung: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.12.2005, L 8 AS 3441/05 ER-B FEVS Bd. 57 S. 398 Sachverhalt: Alleinstehende, Haushaltsgemeinschaft, Mietvertrag, Rückforderung Gründe: Allein stehend i. S. d. § 20 Abs. 2 SGB II ist, wer volljährig, unverheiratet und ohne eine andere Person in seiner Wohnung oder in einer Wohngemeinschaft lebt. Nicht allein stehend ist, wer mit anderen in einer Bedarfsgemeinschaft i. S. d. § 7 Abs. 2 und 3 SGB II oder in einer Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten (Haushaltsgemeinschaft i. S. d. § 9 Abs. 5 SGB II) lebt. Das Bestehen eines (wirksamen) Mietvertrages zwischen zwei Personen schließt die Annahme einer Haushaltsgemeinschaft aus, weil ein "Wirtschaften aus einem Topf" wie dies für eine Haushaltsgemeinschaft kennzeichnend ist, nicht angenommen werden kann, wenn einer dem anderen Mietzins zahlen muss. Nach § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II sollen die Leistungen jeweils für sechs Monate bewilligt werden. Dieser zeitliche Rahmen kann auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren als Maßstab für eine zeitliche Begrenzung herangezogen werden. Die Gerichte sind nicht berechtigt, Leistungen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nur darlehensweise zu bewilligen, um eine spätere Rückgängigmachung nicht unnötig zu erschweren. Soweit der Leistungsträger in Ausführung der Entscheidung des Sozialgerichts dem Hilfebedürftigen höhere Leistungen bewilligt hat, werden die Bescheide, soweit sie nur die gerichtliche Entscheidung ausführen, gegenstandslos, wenn sich im Hauptsacheverfahren ergeben sollte, dass dem Hilfebedürftigen die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zugesprochenen Leistungen nicht zustehen. Damit wären die (höheren) Leistungen rechtsgrundlos erbracht worden und könnten vom Leistungsträger unter entsprechender Anwendung des § 50 Abs. 2 SGB X zurückgefordert werden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.2.2.04 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.05.2007, L 18 B 472/07 AS ER FEVS Bd. 58 S. 573 Sachverhalt: Bedarfsgemeinschaft SGB II/AsylbLG, Regelsatz Gründe: Nach Sinn und Zweck des § 20 Abs. 3 SGB II kann der "Mischregelsatz" von 90% nicht für eine Bedarfsgemeinschaft gelten, in der ein Partner Arbeitslosengeld II und der andere Partner Leistungen nach dem AsylbLG bezieht, denn diese Bedarfsgemeinschaft erhält nicht den zweifachen "Mischregelsatz". Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 22 2.2.2.05 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.08.2006, L 5 B 549/06 AS ER ZfF 1/2007 S. 16 Sachverhalt: Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, individuelle Ansprüche. Gründe: Die Vermutungsregelung des § 38 SGB II ändert nichts daran, dass die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ihren jeweiligen individuellen Anspruch behalten, der auch für sie individuell entschieden werden muss. Im Übrigen erstreckt sich die Vollmachtsvermutung ihrem klaren Wortlaut nach auf die Antragstellung und die Entgegennahme von Leistungen. Eine generelle und uneingeschränkte Vollmacht wird hingegen nicht vermutet. Es kann daher nicht angenommen werden, dass auch eine Bevollmächtigung für das Aufhebungs- und Erstattungsverfahren vorliegt. Gegenüber jedem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft muss ein rechtlich gesonderter Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ergehen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.2.2.06 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.07.2006, L 1 B 23/06 AS ER FEVS Bd. 58 S. 170 Sachverhalt: Auslandsaufenthalt, Unterkunftskosten, Haushaltsgemeinschaft Gründe: Eine Haushaltsgemeinschaft i. S. v. § 9 Abs. 5 SGB II liegt vor, wenn die betreffenden Personen tatsächlich in einem gemeinsamen Haushalt leben und zwischen ihnen eine Wirtschaftsgemeinschaft besteht. Die Haushaltsgemeinschaft wird durch einen ca. neunmonatigen Auslandsaufenthalt einer Person nicht beseitig, wenn die Rückkehr in die gemeinsame Wohnung von vornherein zeitlich absehbar ist. Bei einer Haushaltsgemeinschaft sind die Unterkunftskosten grundsätzlich nach Kopfteilen aufzuteilen. Diese im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gebotene Aufteilung ist einer Abbedingung durch Vereinbarungen der Mitbewohner zulasten des Sozialleistungsträgers nicht zugänglich. Ein unabweisbarer Bedarf i. S. v. § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II liegt nur dann vor, wenn es im Falle seiner Deckung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bedarfe insgesamt kommt, die auch nicht durch Mittelumschichtung innerhalb der Regelleistung beseitigt bzw. aufgefangen werden kann. Hiervon ist frühestens bei einer Bedarfsunterdeckung von 20 v. H. auszugehen. Diese Grenze kann jedenfalls von den im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringenden Zuzahlungen nicht erreicht werden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 23 2.2.2.07 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.02.2006, L 19 B 51/06 AS ER FEVS Bd. 58 S. 203 Sachverhalt: Gartenlaube, Haushaltsgemeinschaft Gründe: Ein volljähriges Kind, das in der Gartenlaube seiner Eltern wohnt, kann mit den Eltern eine Haushaltsgemeinschaft i. S. d. § 9 Abs. 5 SGB II bilden. Die Gartenlaube ist offensichtlich für die Nutzung durch die Familie bestimmt und gehört damit zum erweiterten Wohnbereich; es ist auch davon auszugehen, dass die laufenden Kosten für den Erhalt und die Ausstattung der Gartenlaube aus der Haushaltskasse getragen werden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.2.2.08 Gericht/Entscheidung: LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.03.2007, L 11 B 13/07 AS ER Sachverhalt: Unterkunftskosten, Bedarfsgemeinschaft Gründe: Die 23-jährige Klientin war nach Trennung von ihrem Partner beim Vater in dessen 40 qm große Wohnung eingezogen. Der Vater mietete eine andere Wohnung an, da er die Treppen nicht mehr steigen konnte. Die Tochter mietete ohne vorherige Zustimmung eine eigene, angemessene Wohnung. Der Einwand, sie hätte mit ihrem Vater umziehen können, wurde vom Gericht zurückgewiesen. Das Sozialgericht verpflichtete die Arge zur Leistungsgewährung in Form der Unterkunftskosten für die eigene Wohnung und den Regelsatz. Die Beschwerde der Arge wurde zurückgewiesen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 24 2.2.2.09 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.12.2006, L 1 B 36/06 AS ER FEVS Bd. 58 S. 307 Sachverhalt: Einstandsgemeinschaft, Haushaltsgemeinschaft, Mitwirkung Gründe: Im Rahmen der Amtsermittlung sind die Behörden bei der Feststellung, ob eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt, in besonderer Weise auf die gesetzlich vorgeschriebene Mitwirkung der Beteiligten angewiesen. Unklarheiten, die sich aus widersprüchlichen oder unwahren Angaben der Beteiligten ergeben, können sich zu ihren Lasten auswirken. Maßgeblich für das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft sprechen der Abschluss eines gemeinsamen Mietvertrages, der gemeinsame Umzug in die Wohnung, die zeitgleiche Ummeldung und die Anschaffung von Einrichtungsgegenständen durch einen Beteiligten (auch) für den anderen Beteiligten. Eine Haushaltsgemeinschaft setzt nicht voraus, dass in allen Bereichen des Lebens aus einem gemeinsamen Topf gewirtschaftet wird (hier getrennte Besorgung von Lebensmitteln und dergleichen). Von einer Auflösung der Haushaltsgemeinschaft kann erst dann ausgegangen werden, wenn ernsthafte und nachhaltige Anstrengungen zum Auszug eines Beteiligten unternommen werden; diese müssen in einer permanenten Beobachtung des Mietwohnungsmarktes und dem beständigen Versuch bestehen, Kontakte zu Vermietern aufzunehmen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.2.2.10 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 6/06 R FEVS Bd. 58 S. 347 Sachverhalt: Alleinstehende, Haushaltsgemeinschaft, Haushaltsvorstand, Regelleistung Gründe: Beim Arbeitslosengeld II steht die Regelleistung für Alleinstehende allen volljährigen Personen zu, die nicht Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft sind. Das SGB II stellt im Gegensatz zur RSVO im Sozialhilferecht nicht auf die Rechtsfigur des Haushaltsvorstandes ab. Leistungen von Verwandten und Verschwägerten in der Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs. 5 SGB II können nur dann erwartet werden, wenn diesen Angehörigen ein deutlich über den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts liegendes Lebensunterhaltsniveau verbleibt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 25 2.2.2.11 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 29.03.2007, B 7b AS 2/06 R FEVS Bd. 59 S. 1 Sachverhalt: Bedarfsgemeinschaft, Leistungsausschluss, Einkommenseinsatz, Verletztenrente Gründe: Ist ein Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Regelung vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen (hier als Altersrentenempfänger), sind Anträge im Zweifel nicht so auszulegen, dass auch Leistungen für den vom Leistungsbezug Ausgeschlossenen verlangt werden. Auch Entscheidungen der Gerichte sind im Zweifel nicht dahin auszulegen, dass sie Ansprüche von Personen erfassen, die vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen sind. Zu verfahrensrechtlichen Fragen einer einheitlichen Beurteilung der Hilfebedürftigkeit bei gespaltener Leistungsträgerschaft. Anders als bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit ist die Bundesagentur für Arbeit auch nicht nach Sinn und Zweck der Regelung des § 44a Satz 3 SGB II (i. d. F. des Kommunalen Optionsgesetzes) verpflichtet, von einer Hilfebedürftigkeit auszugehen, solange sie den kommunalen Träger nicht kontaktiert hat. Zum Einsatz einer Verletztenrente als Einkommen i. S. d. § 11 SGB II. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.2.2.12 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 18.04.2008, L 9 AS 139/07 ER FEVS Bd. 59 S. 107 Sachverhalt: Einkommenseinsatz, Stiefeltern-Auszug, Unterkunftskosten Gründe: Stiefelterneinkommen ist nach der Neuregelung in § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II nur nach den Maßstäben von § 9 Abs. 5 SGB II auf den Bedarf der Stiefkinder anzurechnen. Wird die Unterkunft durch den Auszug eines Haushaltsangehörigen unangemessen, ist den nunmehr Leistungsberechtigten eine angemessene Frist zur Senkung der Unterkunftskosten einzuräumen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 26 2.2.2.13 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08.02.2007, L 9 AS 14/06 FEVS Bd. 59 S. 12 Sachverhalt: Bedarfsberechnung, Bedarfsgemeinschaft SGB II/SGB XII Gründe: Zur Erreichung einer Gleichbehandlung von Partnern, die getrennt in die Systeme des SGB II und des SGB XII eingeordnet sind, ist § 9 Abs. 2 SGB II so auszulegen, dass das Einkommen der Partnerin einerseits bei der Ermittlung des Gesamtbedarfs zu berücksichtigen ist, andererseits jedoch – im Hinblick auf die jeweilige individuelle Anspruchsberechtigung und Bedarfsermittlung – ein ihr zustehender Bedarf auch als Nicht-Leistungsberechtigte im System des SGB II berücksichtigt werden muss. Da die Partnerin im Falle ihrer Hilfebedürftigkeit nur nach dem System des SGB XII (§§ 41 ff.) leistungsberechtigt wäre, verbleibt zur Vermeidung einer Vermischung der individuellen Bedarfe aus zwei Gesetzessystemen nur eine Bedarfsermittlung nach den §§ 41 ff. SGB XII und der Einsatz des sich hiernach ergebenden weiteren Einkommens sodann beim nach SGB II leistungsberechtigten Partner entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 27 2.2.2.14 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 27.01.2009, B 14 AS 6/08 R Yahoo-Nachrichten v. 24.04.2009 Sachverhalt: Zusammenleben mit Verwandten, Haushaltsgemeinschaft Gründe: Wenn Hartz IV-Empfänger mit erwachsenen Verwandten zusammen wohnen, darf das Jobcenter nicht automatisch von einem gemeinsamen Wirtschaften ausgehen und das Arbeitslosengeld II kürzen. Erst wenn das Job-Center eine so genannte Haushaltsgemeinschaft formal feststellt, könne das ALG II reduziert werden. In dem entschiedenen Fall ging es um einen Mann, der mit seinem heute 74 Jahre alten Vater in einem Haus im Raum Kempten zusammen wohnt. Er hatte mit ihm einen Mietvertrag abgeschlossen. Einkauf und Zubereitung des Essens regelte jeder selbst, ebenso die Reinigung der Wäsche. Dennoch wertete die Arbeitsgemeinschaft Kempten das Zusammenleben mit dem Vater als Haushaltsgemeinschaft. Sie unterstellte, dass der Vater dem Sohn einen fiktiven Unterhalt in Höhe von knapp € 180 gewährte. Schließlich kürzte sie das ALG II des Arbeitslosen um € 118,75. Zu Unrecht befand der 14. Senat des BSG. Eine Haushaltsgemeinschaft liege erst dann vor, wenn aus einem Topf gewirtschaftet werde. Dies sei hier aber nicht der Fall. Die Arbeitsgemeinschaft müsse zudem beweisen, ob eine Haushaltsgemeinschaft vorliege. Auch der in Wohngemeinschaften häufig anzutreffende gemeinsame Einkauf von Grundnahrungsmitteln und Sanitärartikeln aus einer Gemeinschaftskasse begründe noch keine Wirtschaftsgemeinschaft, erklärte der 14. Senat. Der arbeitslose Kläger hatte in erster Instanz vor dem Sozialgericht Augsburg nicht Recht bekommen, aber das bayrische Landessozialgericht hatte zu seinen Gunsten entschieden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 28 2.2.2.15 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 68/07 R FEVS Bd. 61 S. 1 Sachverhalt: Einkommenseinsatz, Haushaltsgemeinschaft, Leistungsvermutung Gründe: Der Begriff der Haushaltsgemeinschaft wird gegenüber der Wohngemeinschaft dadurch gekennzeichnet, dass ihre Mitglieder nicht nur vorübergehend in einer Wohnung zusammenleben, sondern einen gemeinsamen Haushalt in der Weise führen, dass sie aus einem "Topf" wirtschaften. Die Vermutung der Erbringung von Unterstützungsleistungen ist allerdings nur gerechtfertigt, wenn dies nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen erwartet werden kann. Die Vermutung des § 9 Abs. 5 SGB II i. V. m. § 1 Abs. 2 SGB II, dass Hilfebedürftige von mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebenden Verwandten oder Verschwägerten Leistungen erhalten, kann im Einzelfall widerlegt werden, wenn vom Antragsteller Tatsachen benannt werden, die geeignet sind, Zweifel an der Richtigkeit der Vermutung zu begründen. § 1 Abs. 2 der Alg II-VO steht im Einklang mit der Verordnungsermächtigung des § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.2.2.16 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 27.01.2009, B 14/7b AS 8/07 R FEVS Bd. 61 S. 13 Sachverhalt: Haushaltsgemeinschaft, Mehrbedarf Alleinerziehung, Pflegekind Gründe: Der Mehrbedarf wegen Alleinerziehung nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II ist auch bei Pflege und Erziehung von Kindern zu berücksichtigen, mit denen der Begünstigte keine Bedarfsgemeinschaft, sondern nur eine Haushaltsgemeinschaft bildet (hier: Pflegekinder). Der Berücksichtigung des Mehrbedarfs steht die Gewährung von Leistungen nach § 39 SGB VIII nicht entgegen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 29 2.2.2.17 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 13.11.2008, B 14 AS 2/08 R FEVS Bd. 61 S. 22 Sachverhalt: Einkommenseinsatz, Stiefeltern, Verfassungsmäßigkeit-Bedarfsgemeinschaft Gründe: Es ist verfassungsgemäß, dass seit dem 01.08.2006 nach dem SGB II bei der Feststellung des Hilfebedarfs eines Kindes, das mit einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, auch das Einkommen und Vermögen dessen Partners zu berücksichtigen ist. Aus dem im Sozialhilferecht geltenden sog. Faktizitätsprinzip ("bereite Mittel") kann nicht abgeleitet werden, dass es innerhalb der Bedarfsgemeinschaft wegen der Hilfebedürftigkeit des einzelnen Mitglieds auf den tatsächlichen Zufluss der Mittel bei ihm, mithin auf die Weitergabe dieser Mittel innerhalb der Bedarfsgemeinschaft, ankommt. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.2.2.18 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.05.2009, B 8 SO 8/08 R FEVS Bd. 61 S. 108 Sachverhalt: Haushaltsgemeinschaft SGB II/SGB XII, Regelsatz Gründe: Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII können Einsparungen bei gemeinsamem Haushalt nur angenommen werden, wenn die zusammenlebenden Personen eine Bedarfsgemeinschaft i. S. d. SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft i. S. d. § 19 Abs. 1 SGB XII bilden. Eine Leistungen nach §§ 41 ff. SGB XII beziehende Mutter, die mit ihrem 36-jährigen Sohn, der Arbeitslosengeld II erhält, in Haushaltsgemeinschaft lebt, hat somit Anspruch auf den sogenannten Eckregelsatz. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 30 2.2.2.19 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 18.02.2010, B 14 AS 32/08 R FEVS Bd. 62 S. 168 Sachverhalt: Angehörige, Einkommenseinsatz, Haushaltsgemeinschaft, Vermögenseinsatz Gründe: Nur soweit Hilfebedürftige mit Verwandten oder Verschwägerten in einer Haushaltsgemeinschaft leben, kann vermutet werden, dass ihnen Unterstützungsleistungen zufließen, ohne dass dies im Einzelnen nachgewiesen sein muss. Eine faktische Bedarfsdeckung durch Hilfeleistungen Dritter kann auch nicht dann unterstellt werden, wenn das Lebensnotwendige beim Antragsteller ohne Grundsicherungsleistungen offensichtlich gesichert war. Unterstützungsleistungen von Verwandten oder Verschwägerten, die über deren Leistungsfähigkeit hinaus erfolgen, sind zur Deckung der Bedarfe nur heranzuziehen, wenn ihr Zufluss im Einzelnen nachgewiesen ist. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.2.2.20 Gericht/Entscheidung: LSG BW, Urteil vom 20.05.2010, L 7 AS 5263/08 FEVS Bd. 62 S. 221 Sachverhalt: Beurlaubung in Elternhaus, zeitweise Bedarfsgemeinschaft Gründe: Dem minderjährigen Kind eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, für das Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege durch Unterbringung in einer Pflegefamilie nach dem SGB VIII gewährt wird, steht für Tage, an denen es sich mehr als zwölf Stunden bei dem bedürftigen Elternteil aufhält, mit dem es insoweit eine temporäre Bedarfsgemeinschaft bildet, ein Anspruch auf anteiliges Sozialgeld gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu, soweit der Träger der Jugendhilfe das Pflegegeld an die Pflegefamilie ausbezahlt und für die Beurlaubung ins Elternhaus keine Kostenerstattung gewährt. Der Gesetzgeber will im Rahmen des § 7 Abs. 4 SGB II ausdrücklich an den Begriff der Erwerbsfähigkeit anknüpfen. § 28 SGB II enthält für nicht erwerbsfähige Angehörige erwerbsfähiger Hilfebedürftiger eine Sonderregelung, die an das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen anknüpft. Ein Ausschluss des Anspruchs auf Sozialgeld nach § 7 Abs. 4 SGB II kommt daher nach der Systematik des Gesetzes nicht in Betracht. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 31 2.2.3 Beschreibung einer eheähnlichen Gemeinschaft/ Ermittlung des Sachverhalts 2.2.3.01 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.04.2005, L 2 B 9/05 AS ER FEVS Bd. 57 S. 282 Sachverhalt: Eheähnliche Gemeinschaft, Wohnungsbesichtigung, Beweislast, Mitwirkungspflicht Gründe: Die Ablehnung der Wohnungsbesichtigung ist durch das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG gedeckt; sie darf schon deshalb nicht als Zugeständnis einer eheähnlichen Gemeinschaft gewertet werden. Für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft obliegt dem Träger der Grundsicherung die Beweislast. Die mit dem Nachweis des Bestehens einer eheähnlichen Gemeinschaft verbundenen Schwierigkeiten rechtfertigen auch bei längerem Zusammenleben von Mann und Frau keine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast. Der in § 66 Abs. 3 SGB I vorgesehene schriftliche Hinweis muss konkret und unmissverständlich auf den individuellen Fall bezogen sein. Hat die Leistungsberechtigte bereits Weigerungsgründe genannt, die der Leistungsträger für nicht triftig hält, so hat er der Berechtigten die Umstände hierfür darzulegen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 32 2.2.3.02 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Hamburg, Beschluss vom 01.03.2005, S 55 AS 106/05 ER Sachverhalt: Unzulässigkeit einer vorläufigen Zahlungseinstellung bei anfänglicher Rechtswidrigkeit, Vermutung der Bedarfsgemeinschaft, Rücknahme der Bewilligung, Beweislast Gründe: Es bleibt offen, ob ein Schreiben über eine vorläufige Zahlungseinstellung i. S. des § 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB II i. V. m. § 331 SGB III entgegen dem Wortlaut des Gesetzes Verwaltungsqualität hat. Eine vorläufige Zahlungseinstellung nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist nur bei einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse i. S. von § 48 SGB X zulässig, nicht jedoch im Fall anfänglicher Rechtswidrigkeit i. S. von § 45 SGB X. Die Voraussetzungen für die Rücknahme der Bewilligung nach § 45 SGB X liegen jedoch nicht vor, wenn der Leistungsträger allein aufgrund eines Miteigentumsanteils an der Wohnung, der alleinigen Tragung des Hypothekendarlehens durch einen Partner und dem schuldrechtlichen Ausgleich durch den anderen Partner – trotz gegenteiliger eidesstattlicher Versicherung – eine eheähnliche Gemeinschaft vermutet, ohne dass diese nachgewiesen wäre. Die Beweislast trägt jedoch zumindest im Rahmen der Prüfung nach § 45 SGB X der Leistungsträger. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.2.3.03 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschlüsse vom 29.06.2005, L 7 AS 1/05 ER u. L 7 AS 18/05 ER Sachverhalt: Kriterien für eine eheähnliche Gemeinschaft Gründe: Das Zusammenleben in einer gemeinsamen Meldeanschrift sei für eine eheähnliche Gemeinschaft noch kein ausreichender Anhaltspunkt. Es handelt sich nur dann um eine eheähnliche Gemeinschaft, wenn das Zusammenleben auf Dauer angelegt ist und über eine reine Haushalts- und Wohngemeinschaft hinausgeht. Dabei ist zu berücksichtigen, wie ernsthaft und kontinuierlich die Beziehung der Betroffenen ist und ob Anzeichen wie die gemeinsame Versorgung von Angehörigen auf ein gegenseitiges Einstehen hindeuten. Zudem dürfe sich die Prüfung nicht auf einen länger zurückliegenden Hausbesuch stützen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 33 2.2.3.04 Gericht/Entscheidung: Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16.06.2006, L 19 B 28/06 AS ER Sachverhalt: Eheähnliche Gemeinschaft Gründe: Die Arbeitsgemeinschaft hat die Leistungen wegen des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft eingestellt. Das Sozialgericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wieder hergestellt. Das Sozialgericht ist auf der Grundlage der Beweiserhebung zu dem Ergebnis gelangt, dass sich eine eheähnliche Gemeinschaft zwischen der Antragstellerin und dem Zeugen C nicht beweisen lassen. Das Landessozialgericht hat die Beschwerde der Arbeitsgemeinschaft zurückgewiesen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.2.3.05 Gericht/Entscheidung: LSG BW, Beschluss vom 02.12.2005, L 8 AS 4496/05 ER-B Sachverhalt: Eheähnliche Gemeinschaft Gründe: Eine eheähnliche Gemeinschaft i. S. d. § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b SGB II ist allein die Lebensgemeinschaft eines Mannes und einer Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (vgl. BVerfGE 87, 234). Für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft reicht es aus, dass ein Mann und eine Frau in einer Wohnung zusammenleben und ihr gemeinsames Kind betreuen. Diese Art des Zusammenlebens ist als Ausdruck einer engen inneren Bindung zu werten. In einem solchen Fall ist die Behauptung der Partner, sie seien nicht bereit, für den anderen finanzielle einzustehen, unbeachtlich, weil sie den tatsächlichen Gegebenheiten widerspricht. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 34 2.2.3.05 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 22.11.2005, L 29 B 1212/05 AS ER FEVS Bd. 57 S. 452 Sachverhalt: Anordnungsanspruch, eheähnliche Gemeinschaft Gründe: Das Gericht i. S. d. § 86 b Abs. 2 SGG ist nicht gehindert, auch dann über das Bestehen eines Anordnungsanspruches zu entscheiden, wenn die Antragsgegnerin die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit einem auf § 66 SGB I gestützten – noch nicht bestandskräftigen – Bescheid versagt oder die Weiterbewilligung einstellte. Die Beweislast der Behörde für das Vorliegen der Voraussetzung des § 7 Abs. 3 Nr. 3 b SGB II zwingt nicht dazu, nur dann von einer eheähnlichen Gemeinschaft auszugehen, wenn dies von den Betroffenen zugestanden wird. Vielmehr beurteilt sich die Frage nach allen äußeren objektiv erkennbaren Umständen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.2.3.06 Gericht/Entscheidung: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.01.2006, L 7 SO 5532/05 ER B FEVS Bd. 58 S. 23 Sachverhalt: Eheähnliche Entscheidung, Einstweilige Anordnung, Mitwirkung Gründe: Eine Regelungsanordnung im Sinne der Verpflichtung zur vorläufigen Leistung kann auch bei Ablehnung von Arbeitslosengeld II wegen mangelnder Mitwirkung nach § 66 SGB I ergehen, da bei Leistungen zum Lebensunterhalt nur so effektiver Rechtsschutz gewährt wird (wie LSG Berlin-Brandenburg, FEVS 57, 452). Das Vorliegen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft muss als anspruchsvernichtende Tatsache bewiesen sein; die Behörde trägt hierfür die objektive Beweislast. Auf die für die eheähnliche Lebensgemeinschaft konstituierende Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft kann i. d. R. nur aus so genannten Indiztatsachen im Rahmen einer Gesamtwürdigung geschlossen werden. An den Nachweis sind erhöhte Anforderungen zu stellen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 35 2.2.3.07 Gericht/Entscheidung: LSG NW, Beschluss vom 04.07.2007, L 19 B 56/07 AS ER FEVS Bd. 59 S. 128 Sachverhalt: Eheähnliche Gemeinschaft, Zusammenleben Gründe: Bei Partnern, die kürzer als ein Jahr zusammenleben, können nur besonders gewichtige Gründe die Annahme einer Einstandsgemeinschaft i. S. d. § 7 Abs. 3 Nr. 3 c SGB II rechtfertigen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.2.3.08 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11.01.2008, L 7 AS 772/07 ER FEVS Bd. 59 S. 469 Sachverhalt: Eheähnliche Gemeinschaft, Auskünfte, Mitwirkung, Leistungsentziehung Gründe: Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende wegen fehlender Mitwirkung auf der Grundlage des §§ 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I haben nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Einstweiliger gerichtlicher Rechtsschutz dagegen erfolgt grundsätzlich im Vollzugsaussetzungsverfahren nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Werden auf der Grundlage des § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende versagt, kann die bloße Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels jedoch keinen effektiven Eilrechtsschutz bewirken. Vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz ist daher nach § 86 b Abs. 2 SGG im Wege der einstweiligen Anordnung statthaft. Die Grenzen der Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 ff. SGB I sind überschritten, wenn der Träger der Grundsicherungsleistungen einem Leistungsantragsteller aufgibt, Urkunden von einem privaten Dritten zu beschaffen und vorzulegen, der nicht am Sozialleistungsverhältnis beteiligt ist. Auskunftspflichten, die Dritte betreffen, erstrecken sich allenfalls auf Tatsachen, die dem Leistungsempfänger selbst bekannt sind. Grundsätzlich besteht keine Ermittlungspflicht des Leistungsempfängers gegenüber Dritten. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Dritte es abgelehnt hat, entsprechende Angaben zu machen oder preiszugeben. Entsprechendes gilt für das Verlangen, mit einem Dritten eine gemeinsame Antragstellung vorzunehmen. Der Träger der Grundsicherungsleistungen ist gehalten, für entscheidungserheblich erachtete Auskünfte nach § 60 SGB II direkt von dem Dritten zu beschaffen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 36 2.2.3.9 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 18.02.2010, B 4 AS 49/09 R Juris 19.02.2010 FEVS Bd. 62 S. 1 Sachverhalt: Bedarfsgemeinschaft auch bei "Versorgungsehe" Gründe: Das Einkommen eines Ehepartners bei der Ermittlung einer Bedarfsgemeinschaft kann auch dann berücksichtigt werden, wenn beide Eheleute bereits bei der Eheschließung vereinbart hatte, eine Ehe ohne räumlichen Lebensmittelpunkt (gemeinsame Wohnung) zu führen. Das BSG geht von den Grundsätzen aus, die zum familienrechtlichen Begriff des Getrenntlebens entwickelt worden sind. Für das Getrenntleben im familienrechtlichen Sinne müsse regelmäßig der nach außen erkennbare Wille eines Ehegatten hinzutreten, die häusliche Gemeinschaft nicht herstellen zu wollen, weil er die eheliche Gemeinschaft ablehnt. In der vorliegenden Konstellation einer Ehe ohne gemeinsamen räumlichen Lebensmittelpunkt müsse entsprechend der Wille eines Partners festgestellt werden, diese gewählte Form der Ehe aufgeben zu wollen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.2.3.10 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.07.2009, L 7 AS 606/09 B ER FEVS Bd. 61 S. 523 Sachverhalt: Eheähnliche Gemeinschaft Gründe: Eine Partnerschaft auf Probe, die erst seit sechs Monaten besteht, kann eine Einstehensund Verantwortungsgemeinschaft i. S. d. § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c) SGB II darstellen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 37 2.2.4 Gleichgeschlechtliche Paare 2.2.4.01 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 11.04.2005, L 5 B 58/05 ER AS Sachverhalt: Eheähnliche Gemeinschaft, Homosexuelle Gründe: Das Gericht hat im Gegensatz zum SG Düsseldorf keine Bedenken gegen die Anrechnung des Einkommens des nichtehelichen Partners beim Arbeitslosengeld II. Wenn die Mittel eines solchen Partners nicht berücksichtigt würden, bedeutete dies einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und den Schutz der Ehe. Ausgehend vom Sinn und Zweck der Regelungen der §§ 7 Abs. 3 Buchstabe b, 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II, Leistungen nur bei Hilfebedürftigkeit eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft zu gewähren, könnte eine das verfassungsrechtliche Benachteiligungsgebot verletzende Ungleichbehandlung zwischen Partnern eheähnlicher Lebensgemeinschaften und homosexueller Gemeinschaften konsequent nur dadurch beseitigt werden, dass auch das Einkommen des Partners einer homosexuellen Gemeinschaft zu berücksichtigen ist, nicht jedoch durch Nichtanrechnung des Partnereinkommens bei eheähnlichen Gemeinschaften (vgl. dazu auch Wank/Maties, Anmerkung zu SG Düsseldorf in DB 2005, 619 f.). -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.2.4.02 Gericht/Entscheidung: LSG BW, Beschluss vom 17.12.2007, L 7 AS 5125/07 ER-B FEVS Bd. 59 S. 312 Sachverhalt: Lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft Gründe: Hinsichtlich der Burteilungskriterien für das Vorliegen einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c SGB II (hier einer lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft) ist auf die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur eheähnlichen Gemeinschaft entwickelten Maßstäbe zurückzugreifen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 38 2.2.5 Schuld-/Unterhaltsverpflichtungen 2.2.5.01 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen, Beschluss vom 14.04.2005, L 3 B 30/05 AS-ER Sachverhalt: Frage der Anrechung von Tilgungsleistungen für Schulden bei nicht ehelicher Partnerschaft Gründe Tilgungsleistungen für Schulden mindern nicht das einzusetzende Einkommen eines Hilfesuchenden. Im zu entscheidenden Fall hatte der nichteheliche Partner die pfändbaren Teile seines Arbeitseinkommens freiwillig an den Gläubiger abgetreten. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 39 2.2.6 Nichtfunktionierende Bedarfsgemeinschaften 2.2.6.1 Gericht/Entscheidung: LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02.01.2009, L 11 B 541/08 AS ER FEVS Bd. 60 S. 430 Sachverhalt: Nichtfunktionierende Bedarfsgemeinschaft, Einkommenseinsatz Gründe: Die Anrechnung von Einkommen eines anderen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft kann, auch bei Berücksichtigung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II, dann ausgeschlossen sein, wenn es sich um eine "funktionierende Bedarfsgemeinschaft" handelt. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.2.6.2 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.07.2009, L 6 AS 335/09 B ER FEVS Bd. 61 S. 247 Sachverhalt: Nichtfunktionierende Bedarfsgemeinschaft, volljähriger im Haushalt lebender Sohn kommt seinen Mitwirkungspflichten nicht nach Gründe: Werden aufgrund der gegen einen volljährigen unter 25-Jähren, der Mitglied einer aus mehreren Personen bestehenden Bedarfsgemeinschaft ist, nach § 31 Abs. 5 Satz 2 SGB II rechtmäßig ausgesprochenen Sanktionen dessen Kosten für Unterkunft und Heizung eingestellt, sind den davon mitbetroffenen übrigen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft in Abweichung von der grundsätzlichen Aufteilung nach Kopfteilen die tatsächlich zu entrichtenden Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren. Die vollständige Einstellung des Arbeitslosengeldes II hat für die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zur Folge, dass der entfallende Anteil für Unterkunft und Heizung durch diese aufzubringen ist, obwohl sie hierzu aufgrund eigener Hilfebedürftigkeit nicht oder nur unter äußerst erschwerten Bedingungen in der Lage sind. Der Gesichtspunkt des individuellen Anspruchs unterstreicht die Erforderlichkeit eines Abweichens vom Regelfall der Aufteilung der Kosten für Unterkunft und Heizung bei einem Wegfall des Alg II junger Hilfebedürftiger zugunsten der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 40 2.2.6.3 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 18.02.2010, B 4 AS 49/09 R Juris 19.02.2010 Sachverhalt: Bedarfsgemeinschaft auch bei "Versorgungsehe" Gründe: Das Einkommen eines Ehepartners bei der Ermittlung einer Bedarfsgemeinschaft kann auch dann berücksichtigt werden, wenn beide Eheleute bereits bei der Eheschließung vereinbart hatte, eine Ehe ohne räumlichen Lebensmittelpunkt (gemeinsame Wohnung) zu führen. Das BSG geht von den Grundsätzen aus, die zum familienrechtlichen Begriff des Getrenntlebens entwickelt worden sind. Für das Getrenntleben im familienrechtlichen Sinne müsse regelmäßig der nach außen erkennbare Wille eines Ehegatten hinzutreten, die häusliche Gemeinschaft nicht herstellen zu wollen, weil er die eheliche Gemeinschaft ablehnt. In der vorliegenden Konstellation einer Ehe ohne gemeinsamen räumlichen Lebensmittelpunkt müsse entsprechend der Wille eines Partners festgestellt werden, diese gewählte Form der Ehe aufgeben zu wollen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 41 2.3 Umfang der Leistungen Übersicht: 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.5 2.3.6 2.3.7 2.3.8 2.3.9 2.3.10 2.3.11 2.3.12 2.3.13 2.3.14 2.3.15 Absenkung der Regelsatzleistung, Wohngruppen Darlehensgewährung Eingliederungsmaßnahmen, Fahrtkosten Energierückstände/Nachzahlungen Erstausstattung Klassenfahrten/Schulbedarf, Nachhilfeunterricht Krankenbehandlung Mehrbedarfszuschläge Mischregelsatz Regelsatzüberschreitungen, Heil- und Hilfsmittel Reparaturkosten Umgangsrecht Versicherungsbeiträge/Versicherungsschutz Nachlassverbindlichkeiten Sonstige Leistungen (z. B. Qualifizierungsmaßnahmen, Fahrtkosten, Restkosten für eine private Krankenversicherung, Schuldnerberatung, Hygienebedarf) 2.3.1 Absenkung der Regelsatzleistung/Wohngruppen 2.3.1.01 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Kassel, Beschluss vom 01.02.2005, S 20 AS 3/05 ER Sachverhalt: Obdachlose, gewöhnlicher Aufenthalt, Absenkung der Regelleistung Gründe: Obdachlose können trotz Fehlens einer festen Unterkunft am Ort des dauernden Aufenthaltes einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen. Auf die Unterkunftsverhältnisse am Ort des dauernden Aufenthaltes kommt es nicht an. Für die Zurückbehaltung des für Ansparungen bestimmten Anteils der Regelleistung bei Obdachlosen, um diesen im Falle eines akuten Bedarfs an Hausrat oder Bekleidung den Anteil in Form einer konkreten Kostenübernahme zur Verfügung zu stellen, fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 42 2.3.1.02 Gericht/Entscheidung LSG NRW, Urteil vom 3.12.2007, L 20 AS 2/07 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Erörterung der Frage, ob die Regelleistung wegen eines stationären Krankenhausaufenthalts um 35% gekürzt werden durfte. Gründe: Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, welche die Beklage nach näherer Maßgabe des § 48 SGB X hätte berechtigen können, den Bewilligungsbescheid hinsichtlich der bewilligten Regelleistung teilweise aufzuheben, hat nicht vorgelegen. Insbesondere sind die diversen stationären oder teilstationären Krankenhausaufenthalte des Klägers in der Zeit von Januar bis März 2005 keine rechtserheblichen und damit wesentliche Änderungen der Verhältnisse. Eine solche Änderung könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn ein stationärer oder teilstationärer Krankenhausaufenthalt während des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II einen geringeren Anspruch auf Regelleistungen nach § 20 SGB II zur Folge hätte. Dies ist nicht der Fall. Nach § 20 Abs. 2 SGB II in der im hier streitigen Zeitraum geltenden Fassung beträgt die monatliche Regelleistung für Personen, die (wie der Kläger) alleinstehend sind, in den alten Bundesländern € 345. Die Höhe der Regelleistung ist damit als Pauschale festgelegt, ohne dass die Möglichkeit bestünde, wegen einer anderweitigen Deckung von (Teil-) Bedarfen, die – wie hier Nahrungsmittel und Getränke – aus der Regelleistung zu bestreiten sind, die Regelleistung zu kürzen. Denn die Bedarfe zur Sicherung des Lebensunterhalts sind vom Gesetzgeber des SGB II hinsichtlich der Regelleistung bewusst pauschal bemessen worden. Eine von dieser Pauschale abweichende Festlegung der Bedarfe ist ausgeschlossen. Dies ist gesetzlich mit der Einfügung des § 3 Abs. 3 Satz 2 SGB II mit Wirkung vom 01.08.2006 vom Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt worden. Es galt jedoch bereits sei Inkrafttreten des SGB II am 01.01.2005 und damit auch im hier streitigen Zeitraum: Einmalige konkreteinzelfallbezogene Leistungen waren im SGB II von Anfang nur im Ausnahmefall (vgl. § 23 SGB II) vorgesehen. Dies führt (unbeschadet der Regelungen in §§ 21 und 23 SGB II) dazu, dass sowohl nach unten wie nach oben eine abweichende, individuelle Bedarfsfeststellung unzulässig ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 43 2.3.1.03 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14 AS 46/07 R Medieninformation des BSG Nr. 27/08 vom 18.06.2008 Sachverhalt: Kürzung der Regelleistung weil Verpflegung im Haushalt der Eltern Gründe: Das Gericht hat entschieden, dass die Beklagte für die streitige Zeit die Regelleistung im Hinblick auf die Verpflegung im Haushalt der Eltern nicht kürzen durfte. Dies folgt bereits daraus, dass es in der hier streitigen Zeit für eine Berücksichtigung von Verpflegung als Einkommen noch keine Rechtsgrundlage gab. Zwar lässt die auf den streitigen Zeitraum noch nicht anwendbare Regelung in § 2 Abs. 5 ALG II-Verordnung vom 17.12.2007 die Berücksichtigung von Vollverpflegung als Einkommen zu. Ob die Regelung letztlich rechtmäßig ist, war hier nicht zu entscheiden. Ebenfalls war nicht zu entscheiden, in welchem Umfang der Klägerin tatsächlich Verpflegung von ihren Eltern zur Verfügung gestellt worden ist. Die in § 2 Abs. 5 Alg II-Verordnung enthaltene Differenzierung nach dem Umfang der dem Hilfeempfänger gewährten Verpflegung macht aber deutlich, dass der Grundsicherungsträger im Einzelnen feststellen müsste, ob die regelmäßige Versorgung des Hilfebedürftigen durch die von einem Dritten gewährte Sachleistung tatsächlich in dem Umfang sichergestellt ist, den er als Einkommen berücksichtigen will. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 44 2.3.1.04 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14 AS 22/07 R Medieninformation des BSG Nr. 26/08 vom 18.06.2008 FEVS Bd. 60 S. 252 Sachverhalt: Kürzung des Regelsatzes wegen Verpflegung im Krankenhaus Gründe: Das Gericht hat entschieden, dass die Beklagte für die streitige Zeit die Regelleistung im Hinblick auf die Krankenhausverpflegung nicht kürzen durfte. Sie war deshalb nicht berechtigt, den Bescheid zu ändern, mit dem dem Kläger für das erste Halbjahr 2006 Arbeitslosengeld II in voller Höhe gewährt worden war. Grundsätzlich lässt das SGB II eine Reduzierung der Regelleistung auf der Grundlage einer individuellen Bedarfsermittlung nicht zu, denn die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts hat pauschalierenden Charakter. Dies schließt sowohl die Berücksichtigung individuell geringerer als auch höherer Bedarfe aus. Ob hieraus zugleich folgt, dass die Grundbestandteile der Regelleistung grundsätzlich auch nicht als Einnahmen bedarfsmindern berücksichtigt werden dürfen, war nicht zu entscheiden. Jedenfalls in der hier streitigen Zeit gab es für ein solches Vorgehen noch keine Rechtsgrundlage. Die vom Landessozialgericht herangezogene Rechtsgrundlage (§ 2 b AlG II-Verordnung in Verbindung mit der Sachbezugsverordnung) ließ die Berücksichtigung von Krankenhausverpflegung als Einkommen nicht zu. Der Senat brauchte nicht zu entscheiden, ob § 2 Abs. 5 Alg II-Verordnung vom 17.12.2007, wonach Vollverpflegung pauschal in Höhe von monatlich 35 Prozent der Regelleistung als Einkommen zu berücksichtigen ist, rechtmäßig ist. Hiergegen bestehen erhebliche Bedenken. Doch auch auf der Grundlage dieser hier noch nicht anwendbaren Regelung wäre eine Berücksichtigung der Krankenhausverpflegung nicht in der von der Beklagten angenommenen Höhe zulässig gewesen. Es hätten vielmehr die Freibetragsgrenzen in Satz 3 der Vorschrift und auch sonstige Absetzbeträge vom Einkommen (z. B. der Pauschbetrag von € 30) beachtet werden müssen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 45 2.3.1.05 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.02.2008, L 9 AS 839/07 ER FEVS Bd. 59 S. 524 Sachverhalt: Anrechnung von Verpflegung während einer Reha-Maßnahme Gründe: Die einem Empfänger von Grundsicherungsleistungen während einer stationären RehaMaßnahme gewährte Verpflegung ist weder Einkommen i. S. v. § 11 SGB II noch bedarfsdeckend i. S. v § 20 SGB II. Die Alg II-VO findet deshalb keine Anwendung. Soweit die Alg II-VO so ausgelegt wird, als erlaube sie eine Anrechnung von bereitgestellter Vollverpflegung als Einkommen, kann dem aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden, weil § 13 SGB II unter Berücksichtigung der Anforderungen von Art. 80 GG insoweit nicht als Ermächtigungsgrundlage herangezogen werden kann, denn dieses räumt lediglich die Ermächtigung ein, Einkommen von der Anrechnung auszunehmen (entgegen LSG Niedersachsen-Bremen, 13. Senat, FEVS 58, 543; im Anschluss an LSG Niedersachsen-Bremen, B. v. 30.07.2007 – L 8 AS 186/07 ER). -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.1.06 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14/11b AS 61/06 R FEVS Bd. 60 S. 289 Sachverhalt: Regelsatzbemessung, Wohngemeinschaft Gründe: Bei reinen Wohngemeinschaften ist jede Person als alleinstehend i. S. d. § 20 Abs. 2 SGB II anzusehen und somit auch für die Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten jeweils auf die Einzelperson abzustellen. Bestehen keine vertraglichen Abreden über die zu tragenden Mietanteile, ist die Aufteilung der Wohnkosten grundsätzlich nach Köpfen vorzunehmen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 46 2.3.2 Darlehensgewährung 2.3.2.01 Gericht/Entscheidung: OVG Bremen, Beschluss vom 19.03.2007, S1 B 77/07 FEVS Bd. 58 S. 548 Sachverhalt: Brille, Ansparung, Darlehen, Regelbedarf Gründe: Brillen sind dem von der Regelleistung umfassten Bedarf zuzuordnen und die Kosten vom Hilfebedürftigen grundsätzlich im Rahmen des Regelsatzes nach § 20 Abs. 1 SGB II anzusparen. Ist eine Ansparung im Rahmen des Regelsatzes zumutbar, kommt eine Darlehensgewährung nach § 23 Abs. 1 SGB II grundsätzlich nicht in Betracht. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.2.02 Gericht/Entscheidung LSG Hamburg, Beschluss vom 08.06.2005, L 5 B 159/05 ER AS Sachverhalt: Bewilligung von Bekleidung für Vorstellungsgespräch Gründe: Das Gericht hat es abgelehnt, einer Alg II-Empfängerin eine einmalige Beihilfe für die Anschaffung von Bekleidung sowie für Verpflegung anlässlich von auswärtigen Vorstellungsgesprächen zu gewähren, da das Gesetz für Bekleidung Beihilfen nur im Fall der Erstausstattung vorsehen. Die Hilfeempfängerin, die nach eigenen Angaben nur über Jeanskleidung verfüge, hätte bei einer angestrebten Tätigkeit im Finanzdienstleistungsbereich die früher gezahlte Bekleidungspauschale für angemessene Anschaffungen verwenden können; eine darlehensweise Gewährung nach § 23 Absatz 1 hatte die Hilfesuchende nicht beantragt. Hinsichtlich der Verpflegung sei es der Hilfeempfängerin auch als Vegetarierin zuzumuten, Proviant in Form von Broten und Obst mitzunehmen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 47 2.3.2.03 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Hannover, Beschluss vom 31.08.2005, S 46 AS 531/05 ER Sachverhalt: Leistungen für Schulbedarf (Arbeitshefte und –bücher, Schulranzen) Gründe: Das Sozialgericht Hannover hat die ARGE "Jobcenter in der Region Hannover" in zwei Fällen mittels einstweiliger Anordnung verpflichtet, einmalige Zahlungen/Leistungen für o. a. Schulbedarf darlehensweise zu erbringen. Die Darlehenstilgung erfolgt durch monatliche Aufrechnungen mit der laufenden Regelleistung (in Höhe von maximal 10% der laufenden Regelleistungen, § 23 Abs. 1 SGB II). In dem Verfahren S 46 AS 531/05 (Beschluss vom 31.08.2005) ging es um Arbeitshefte und –bücher sowie um eine Bibel für den Religionsunterricht im Gesamtwert von € 101,40 (für zwei Kinder). Das Sozialgericht Hannover führte zur Begründung u. a. aus, dass die Ausgaben für sämtliche Schulmaterialien (einschließlich Ranzen) grundsätzlich aus der laufenden Regelleistung zu bestreiten seien. Einmalige Leistungen (im Sinne einer vollen Kostenübernahme) seien beim Arbeitslosengeld II – anders als nach dem bis 31.12.2004 geltenden Bundessozialhilfegesetz – nicht mehr vorgesehen. Da die Antragsteller jedoch jeweils geltend gemacht hatten, derzeit nicht über entsprechende Geldmittel zur Anschaffung der Schulmaterialien zu verfügen, verpflichtete das Sozialgericht die ARGE wegen der besonderen Eilbedürftigkeit (Beginn des neuen Schuljahres) zur Leistungsgewährung im Darlehenswege. ------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.2.04 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20.08.2009, L 7 AS 852/09 B ER FEVS Bd. 61, S. 544 Sachverhalt: Darlehen, Vermögensverwertung Gründe: Eine darlehensweise Leistungsgewährung gemäß § 23 Abs. 5 SGB II, weil die sofortige Verwendung des zu berücksichtigenden Vermögens nicht möglich ist, kommt nicht in Betracht, wenn der Vermögensinhaber eine Verwertung ablehnt bzw. die ersten Schritte in diese Richtung nicht unternimmt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 48 2.3.3 Eingliederungsmaßnahmen, Fahrtkosten 2.3.3.01 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Schleswig, Beschluss vom 08.02.2005, S 17 SO 7/05 ER Sachverhalt: Eingliederungshilfe, vorläufige Zuständigkeit bei Nichtweiterleitung des Antrags, Kostenübernahme für arbeitstherapeutische Maßnahme, Kostenerstattung, Ersetzung der Antragsweiterleitung durch Beiladung, Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger, Fortgeltung der Vergütungsvereinbarung Gründe: Unterbleibt eine Weiterleitung des Antrages auf Eingliederungshilfe an den eigentlich zuständigen Träger, so führt dies weder zu einer Verwirkung der späteren Weiterleitung noch zu einer Ausschlussfrist. Wird der Antrag auf Eingliederungshilfe nicht binnen zwei Wochen an den eigentlich zuständigen Träger weitergeleitet, wird der zuerst angegangene Träger vorläufig zuständig und leistungspflichtig. Dieser Auslegung steht auch nicht die Regelung des § 14 Abs. 4 Satz 3 SGB IX entgegen. Eine Kostenerstattung von dem eigentlich zuständigen Träger nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX kann der zuerst angegangene Träger für den Zeitraum nicht verlangen, in dem er für die Leistung vorläufig zuständig ist. Die Beiladung im gerichtlichen Verfahren ersetzt die Antragsweiterleitung im behördlichen Verfahren. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IX kann der zuständige Rehabilitationsträger Leistungen zur Teilhabe allein oder gemeinsam mit anderen Leistungsträgern ausführen. Durch die Neustrukturierung der Eingliederungshilfe aus dem BSHG in das SGB II einerseits und das SGB XII andererseits ergibt sich die Folge, dass in dem Fall, in dem der jeweilige Leistungsträger für einen Teil einer Gesamtmaßnahme verantwortlich ist, in Abstimmung mit dem anderen Rehabilitationsträger dem jeweiligen Betroffenen das für ihn erforderliche Budget im Sinne des § 17 Abs. 2 SGB XII zur Verfügung zu stellen ist. Zum Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine arbeitstherapeutische Maßnahme nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB III i. V. m. §§ 98 Abs. 2 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b, 103 Satz 1 Nr. 3, 109 SGB III und § 33 SGB IX durch den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Hat die Arbeitsgemeinschaft nach Ablauf des Vereinbarungszeitraums noch keine neue Vergütungsvereinbarung abgeschlossen, so ist es für die Übergangszeit sachgerecht und angemessen, § 77 Abs. 2 Satz 4 SGB XII analog mit der Folge anzuwenden, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Übernahme der Teilnahmekosten in Höhe der in der "alten" Vergütungsvereinbarung vereinbarten oder festgesetzten Vergütung besitzt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 49 2.3.3.02 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Schleswig, Beschluss vom 26.01.2005, S 19 SO 4/05 ER Sachverhalt: Kostenübernahme für eine arbeitstherapeutische Maßnahme der Eingliederungshilfe und Aufenthalt in Wohngruppe Gründe: Bei dem Wohnprojekt und der Arbeitsmaßnahme handelt es sich nicht um eine insgesamt einheitliche Maßnahme. Die Arbeitsmaßnahme fällt unter den Leistungskatalog des § 16 Abs. 1 SGB II, da für Eingliederungsmaßnahmen an erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige die Vorschriften der §§ 97 bis 99, 100 Nr. 1 bis 3 und 6, 101 Abs. 1, 2, 4 und 5, 102, 103 Satz 1 Nr. 3, Satz 2, 109 Abs. 1, Satz 1 und Abs. 2 SGB III entsprechend gelten. Für das Wohnprojekt ist der Träger der Sozialhilfe im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII zuständig. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.3.03 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Hannover, Beschluss vom 25.01.2005, S 5 AL 32/05 ER Sachverhalt: Förderung der beruflichen Weiterbildung, einstweiliger Rechtsschutz, Anordnungsanspruch und –grund, effektiver Rechtsschutz Gründe: Zu Anordnungsanspruch und –grund bei vorläufiger Förderung der beruflichen Weiterbildung. Durchbrechung des grundsätzlichen Verbots der Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung in Vornahmesachen. Bei § 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II handelt es sich um eine Rechtsgrundverweisung auf das einschlägige Leistungsrecht, sodass auch die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung unmittelbar den einschlägigen Vorschriften des SGB II zu entnehmen sind. Die Durchbrechung des grundsätzlichen Verbots der Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung in Vornahmesachen ist zulässig, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung des effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, das heißt, wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 50 2.3.3.04 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.09.2005, L 10 B 1024/05 AS ER FEVS Bd. 57 S. 407 Sachverhalt: Eingliederung in Arbeit, Ermessen, Weiterbildung Gründe: Ergibt sich die Notwendigkeit der Weiterbildung des Antragstellers aus dem fehlenden Berufsabschluss und kann er keine berufliche Vortätigkeit von insgesamt drei Jahren nachweisen, muss zur Begründung der Weiterbildungsnotwendigkeit zudem feststehen, dass eine berufliche (= betriebliche) Ausbildung oder berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme aus in seiner Person liegenden Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist, wobei solche Gründe insbesondere im Hinblick auf Schulbildung, Alter, familiäre oder sonstige private Umstände bejaht werden können. Sind die Voraussetzungen erfüllt, an die der Zugang zu Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung geknüpft ist (§ 16 SGB II, § 77 SGB III) und steht die Förderung einer Maßnahme infrage, die ihrer Art nach den in §§ 84, 85 SGB III genannten Voraussetzungen entspricht, hat die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens nicht zum Gegenstand, abzuwägen, ob überhaupt eine Förderung erfolgen soll. Vielmehr muss der Leistungsträger zumindest in der Weise tätig werden, dass er aus den ihm möglichen Leistungen die konkret angebrachte ermessensfehlerfrei auswählt und erbringt. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.3.05 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.03.2007, L 8 B 41/06 SO ER Sachverhalt: Tagesstätte für Suchtkranke, Übernahme der Kosten im Rahmen der Eingliederungshilfe Gründe: Der überörtliche Träger der Sozialhilfe ist zuständig, wenn der Besuch einer Tagesstätte für die Wiedereingliederung in die Gesellschaft notwendig ist. Die Zuständigkeit der Arge ist hingegen gegeben, wenn Hilfe unmittelbar für eine beabsichtigte Arbeitsaufnahme besteht, oder wenn eine gelegentliche psychosoziale Betreuung und Suchtberatung ausreichend ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 51 2.3.3.06 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.03.2007, L 28 B 298/07 AS ER Sachverhalt: Weiterbildung zur Mediengestalterin für Digital- und Printmedien Gründe: Die Antragstellerin verkennt, dass es sich bei den Eingliederungsleistungen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch, zu der auch die von ihr begehrte Weiterbildungsmaßnahme gehört, um Leistungen handelt, die im Ermessen des Leistungsträgers liegen. Ein Anspruch der Antragstellerin bestünde demnach nur, wenn dieses Ermessen ausschließlich in dem Sinne ausgeübt werden könnte, dass jede andere Entscheidung, als die Förderung der von der Antragstellerin bevorzugten Maßnahme fehlerhaft wäre. Entsprechende Anhaltspunkte sind aber nach dem Sach- und Streitstand nicht ersichtlich. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.3.07 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.08.2005, L 5 B 52/05 AS ER Sachverhalt: Anspruch auf SGB II-Leistungen zur Weiterbildung als staatl. anerkannte Altenpflegerin Gründe: Die Antragstellerin stammt aus Kasachstan. Die hat dort die Qualifikation einer "Technikerin-Mechanikerin" erworben. Sie unterzieht sich seit dem 28.06.2004 einer Ausbildung zur staatlich anerkannten Altenpflegerin. Die Weiterbildungskosten in Form eines Schulgeldes in Höhe von € 6.237 werden finanziert durch einen Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit nach § 77 Abs. 3 SGB III. Die Arge lehnte die Gewährung von Alg II ab. Ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz an das Sozialgericht hatte keinen Erfolg. Das Landessozialgericht hob die Entscheidung auf und bewilligte Leistungen bis zur Entscheidung in der Hauptsache. Nach Ansicht des Landessozialgerichts werden nur Ausbildungen für anspruchsausschließend erklärt, die nach §§ 60 bis 62 SGB III als "Berufsausbildung" förderungsfähig sind. Eine berufliche Weiterbildung nach §§ 77 ff. SGB III erklärt § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II dagegen nicht als anspruchsausschließend, was angesichts der genauen Formulierung dieser Vorschrift auch nicht als Zufall gelten kann: Der Gesetzgeber wollte zur Überzeugung des Senats offensichtlich nicht verhindern, dass nach § 77 ff. SGB III mit einem Bildungsgutschein geförderte berufliche Weiterbildungen die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II ausschließen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 52 2.3.3.08 Gericht/Entscheidung: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 22.11.2007, L 7 AS 31/07 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Gewährung von Einstiegsgeld Gründe: Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II kann Einstiegsgeld erbracht werden, wenn dies zur Eingliederung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist. Im vorliegenden Fall war zu klären, unter welchen Voraussetzungen die Gewährung von Einstiegsgeld zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist, wenn eine bereits ausgeübte Tätigkeit geringen Umfangs zu einer vollen, den Lebensunterhalt sicherstellenden Tätigkeit ausgebaut werden soll. Das BSG hat mit Urteil vom 23.11.206 (B 11b AS 3/05 R, Juris) entschieden, dass eine Bewilligung von Einstiegsgeld gem. § 29 SGB II grundsätzlich dann ausscheidet, wenn die Förderung einer bereits ausgeübten Erwerbstätigkeit beantragt wird, ohne dass gleichzeitig Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung der Beschäftigung bestehen, beispielsweise von einer geringfügigen zu einer vollen Erwerbstätigkeit. Anderenfalls kann die Zielsetzung des SGB II nicht realisiert werden, die gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB II darin besteht, die Arbeitsuchenden dabei zu unterstützen und zu fördern, seinen Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten zu können. Da § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit mit der Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichsetzt, können die Ausführungen des BSG auch für den Fall Geltung beanspruchen, in dem wie hier eine (möglicherweise bestehende) selbständige Tätigkeit bereits ausgeübt wird. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 53 2.3.3.09 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 06.12.07, B 14/7b AS50/06 R FEVS Bd. 59 S. 554 Sachverhalt: Eingliederungsleistung, Fahrtkosten Gründe: Bei Ermessensentscheidungen des Grundsicherungsträgers über Fahrtkosten zu Meldeoder Beratungsterminen sind die Direktiven des § 39 SGB I zu beachten. Eine Ablehnung der Kostenübernahme kommt gegenüber Leistungsempfängern nach dem SGB II in der Regel nicht in Betracht. Die Regelleistung ist zwar nach dem Willen des Gesetzgebers nicht als Summe einzelner Leistungsposten, sondern als pauschalierte Geldleistung zu verstehen. Dennoch können die der Bildung der Regelleistung zugrunde gelegten anteiligen Bedarfe einen Anhaltspunkt für die Wertigkeit einzelner Bereiche geben. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.3.10 Gericht/Entscheidung: VGH München, Beschluss vom 23.06.2009, 12 ZB 07.2852 FEVS Bd. 61 S. 87 Sachverhalt: Abgrenzung Grundsicherung für Arbeitsuchende, Kinder- und Jugendhilfe Gründe: Zur Abgrenzung von Leistungen nach dem SGB II und dem SGB VIII. Ein Vorrang des SGB II gegenüber Leistungen i. S. v. § 13 Abs. 2 SGB VIII besteht nur dort, wo erwerbstätige Hilfebedürftige i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II umfassend bei der Eingliederung in Arbeit beraten und unterstützt werden sollen. In Fällen, in denen der Ausgleich sozialer Benachteiligungen im Vordergrund steht und die soziale Integration bzw. die Festigung der Lebensverhältnisse das Ziel der Hilfe darstellen, sind Maßnahmen der Jugendhilfe nach § 13 Abs. 2 SGB VIII vorrangig. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 54 2.3.3.11 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 06.04.2011, B 4 AS 117/10 R, B 4 AS 119/10 R, B 4 AS 16/10 R, B 4 AS 12/10 R, B 4 AS 3/10 R, B 4 AS 5/10 R Juris 07.04.2011 Sachverhalt: Fahrtkosten zur Praktikumsstelle Gründe: Die Sprungrevision des Beklagten hatte keinen Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf weitere € 169,60 Fahrtkosten. Der Beklagte hat die Fahrtkosten für die Wegstrecke hin und zurück zur Praktikumsstelle in Höhe von € 0,20 der gefahrenen km zu erstatten. Anspruchsgrundlage für die Fahrtkostenerstattung in der benannten Höhe ist § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i. V. m. § 81 Abs. 2 SGB III und § 5 Abs. 1 BRKG. Die Entscheidung über den Umfang der zu erstattenden Fahrtkosten richtet sich ausschließlich nach den Vorschriften des SGB III, wenn die Maßnahme selbst – wie hier – als Weiterbildungsmaßnahme nach § 77 SGB III bewilligt worden ist. Das "Ob" der Bewilligung steht insoweit nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II zwar im Ermessen des Grundsicherungsträgers, die Gewährung der Fahrtkostenerstattung ist in der Folge der Grundentscheidung jedoch eine gebundene Entscheidung nach § 81 SGB III. Soweit es den Umfang der Fahrtkostenerstattung betrifft, ist auch keine abweichende Regelung i. S. d. § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II im Grundsicherungsrecht vorhanden. Eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3b Alg II-V scheidet aus. Es mangelt bereits an einer planwidrigen Lücke im Hinblick auf die Fahrtkostenerstattung im SGB II. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 55 2.3.4 Energierückstände/Nachzahlungen 2.3.4.01 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.09.2005, L 8 AS 125/05 ER Sachverhalt: Energiekosten, Nachzahlung, Schulden Gründe: Ein unabweisbarer Bedarf i. S. d. § 23 Abs. 1 SGB II liegt vor, wenn die Abdeckung des fraglichen Bedarfs keinen Aufschub duldet und eine erhebliche Beeinträchtigung der Bedarfe vorliegt, die auch nicht durch Mittelumschichtung innerhalb der Regelleistung beseitigt bzw. aufgefangen werden kann. Hierunter fallen auch Kosten für regelmäßige Bedarfe wie Haushaltsenergie, soweit diese nicht durch die Regelleistungen abgedeckt sind und es sich nicht um Schulden handelt. Bei der Prüfung der Frage, ob es sich bei Energiekostenrückständen um Schulden i. S. d. § 34 Abs. 1 SGB XII oder um einen Bedarf i. S. d. § 23 Abs. 1 SGB II handelt, ist maßgeblich darauf abzustellen, ob die Nachforderung trotz Zahlung der geforderten Abschlagsbeträge durch Mehrverbrauch oder durch eine Erhöhung der Energiekosten im Abrechungszeitraum entstanden ist. In einem solchen Fall handelt es sich um einen Bedarf der Leistungsberechtigten. Nur wenn die Energiekostenrückstände durch die Nichtzahlung der geforderten Abschlagsbeträge verursacht worden sind, die bereits als Teil der Regelleistungen nach § 20 SGB II bedarfsbegründend berücksichtigt wurden, handelt es sich um Schulden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 56 2.3.4.02 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 05.07.2005, L 4 B 183/ER SO Sacherhalt: Übernahme von Stromschulden Gründe: Eine Sperrwirkung des § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II (bzw. § 21 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) gegenüber § 34 SGB XII tritt nicht ein, zumal ein Fall der Übernahme von Kosten der Unterkunft, insbesondere der Übernahme von Mietschulden gem. § 22 Abs. 5 SGB II nicht gegeben ist (§ 5 Abs. 2 Satz 2, § 21 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Dementsprechend bleiben Stromschulden nach dem SGB II unberücksichtigt; die von der Antragsgegnerin beanstandete Verschiebung der Kostentragung für den eigentlich mit der Regelleistung abzudeckenden Bedarf an Haushaltsenergie (§ 20 Abs. 1 SGB II) nimmt das Gesetz in diesem Fall hin (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Das LSG verpflichtete den Träger der Sozialhilfe. Es sei nicht ersichtlich, dass sich die Antragstellerin aus der akuten Notlage auf andere Weise, etwa durch Wechsel des Stromversorgers oder durch Inanspruchnahme des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), rechtzeitig befreien könne. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.4.03 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.11.2007, L 20 B 1361/07 AS ER FEVS Bd. 59 S. 362 Sachverhalt: Darlehen, Stromschulden Gründe: Die Übernahme von Stromschulden ist nicht gerechtfertigt, wenn der Hilfesuchende nicht glaubhaft gemacht hat, dass er die Selbsthilfemöglichkeiten zur Beseitigung der Notlage ausgeschöpft hat. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 57 2.3.4.04 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.09.2007, L 2 B 242/07 AS ER FEVS Bd. 59 S. 455 Sachverhalt: Energiekostenübernahme Gründe: Es spricht für eine Übernahme der beim Energieunternehmen aufgelaufenen Stromschulden der Leistungsempfänger, wenn der Träger der Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II vorher zu geringe Leistungen, insbesondere für Wohnung und Heizung erbracht hat, und dies zumindest zum Teil ursächlich für das Auflaufen der Schulden war. Je nach Umfang des Verursachungsbeitrags kann sich ergeben, dass für die Tilgung der Schulden ausnahmsweise nicht nur ein Darlehen, sondern ein Zuschuss zu gewähren ist. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.4.05 Gericht/Entscheidung: SG Münster, Beschluss vom 31.01.2008, S 3 AS 10/08 ER ZfF 4/2009 S. 90 Sachverhalt: Energiekostenübernahme Gründe: Hat der Stromversorger für den Fall der weiteren Nichtzahlung der Stromschulden das kurzfristige Inkrafttreten einer Stromsperre angekündigt, handelt es sich um einen unabweisbaren Bedarf i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II, für den ein Darlehen zu gewähren ist. Der Hilfesuchende kann nicht erwarten, dass ihm immer wieder ein Darlehen gewährt wird, wenn davon ausgegangen werden muss, dass er sich mutwillig in die Schuldensituation bringt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 58 2.3.4.06 Gericht/Entscheidung LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27.12.2010, L 3 AS 557/10 B ER Juris 18.01.2011 Sachverhalt: Kein Darlehen für Stromschulden im Bereich des SGB II bei sozialwidrigem Verhalten Gründe: Das LSG Rheinland-Pfalz hat eine vorläufige Verpflichtung des Centers für Arbeitsmarktintegration zur Übernahme von Stromschulden aufgrund sozialwidrigem Verhalten abgelehnt, selbst wenn von der Stromsperre minderjährige Kinder im Haushalt betroffen sind. Die Antragstellerin begehrte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Stromschulden in Höhe von rund € 1.150. Diese waren entstanden, weil Abschläge, für die durch den Antragsgegner entsprechende Zahlungen erbracht wurden, nicht an den Stromversorger weitergeleitet wurden. Das Sozialgericht hatte den Antragsgegner zur Gewährung eines Darlehens verpflichtet, insbesondere weil im Haushalt drei minderjährige Kinder wohnen. Das jüngste ist neun Jahre alt. Die Rückstände waren durch ein sozialwidriges Verhalten der Antragstellerin entstanden, die im Vertrauen auf ein späteres Darlehen die Abschläge nicht geleistet hat. Zwar seien durch die Stromsperre auch die Kinder der Antragstellerin betroffen. Für deren ordnungsgemäße Versorgung sei allerdings vorrangig sie selbst verantwortlich. Zudem sei der Haushalt weiterhin mit Heizenergie und Warmwasser versorgt, so dass bei den Kindern keine Gesundheitsgefährdung droht. Auch ein neunjähriges Kind könne zumindest für eine Übergangszeit hinreichend mit kalten Speisen ernährt werden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 59 2.3.5 Erstausstattung 2.3.5.01 Gericht/Entscheidung Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.07.2005, L 3 ER 45/05 AS FEVS Bd. 57 S. 181 Sachverhalt: Mobiliar bei Geburt eines Kindes Gründe: Bestandteil der Erstausstattung ist auch ein Kinderbett einschließlich Matratze und Lattenrost und ein Kinderwagen. Allerdings müssen die Gegenstände nicht neu sein. Sie können auch gebraucht beschafft werden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.5.02 Gericht/Entscheidung: Hess. Landessozialgericht, Beschluss v. 23.11.2006, L 9 AS 239/06 ER Sachverhalt: Bewilligung einer Wohnungserstausstattung für Klientel, das früher bereits eine Wohnung besaß, die jedoch aufgegeben wurde (Zwangsräumung, Haft etc.). Gründe: Die Arge bewilligte eine Wohnungsausstattung darlehensweise und sah eine monatliche Tilgungsrate von € 80,- vor. Die gegen die darlehensweise Hilfegewährung beantragte einstweilige Anordnung hat das Sozialgericht Wiesbaden abgelehnt. Das Landessozialgericht Hessen hat den Beschluss aufgehoben und die Wohnungsausstattung als einmaligen Zuschuss zugesprochen. Der Klient hatte seine Wohnung im Jahre 2002 gekündigt und die Wohnungseinrichtung entsorgt bzw. verschenkt. Das Tatbestandsmerkmal "Erstausstattung" ist erfüllt, wenn der Hilfebedürftige nicht oder nicht mehr über die notwendige Wohnungsausstattung verfügt. Anders als im Falle des § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II, der bei einem von den Regelleistungen umfassten und nach den Umständen unabweisbaren Bedarf zu Sicherung des Lebensunterhaltes als Darlehen vorsieht, besteht bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II Anspruch auf Zuschussgewährung der Leistungen. Das Gericht bejaht einen Anordnungsgrund, weil dem Klienten die monatliche Aufrechnung mit der zu zahlenden Regelleistung nicht zuzumuten sei. An die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes sind nämlich dann niedrigere Anforderungen zu stellen, wenn – wie hier – ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 60 2.3.5.03 Gericht/Entscheidung: LSG Bayern, Beschluss vom 28.08.2006, L 7 B 481/06 AS ER FEVS Bd. 58 S. 427 Sachverhalt: Wohnungserstausstattung Gründe: Der Begriff Wohnungserstausstattung ist bedarfsbezogen zu interpretieren. Er beschränkt sich nicht auf den Neubezug aus öffentlichen Unterkünften und Untermietverhältnissen ohne eigenen Hausstand sowie den erstmaligen Bezug einer Wohnung, sondern entsteht beispielsweise auch nach einem Wohnungsbrand oder bei Erstanmietung nach einer Haft bzw. wenn der Betroffene seine Wohnungsausstattung verloren hat oder nie innehatte; auch ein neuer Bedarf aufgrund außergewöhnlicher Umstände (z. B. Geburt eines Kindes) fällt darunter. Der Einzug einer weiteren erwachsenen Person kann nicht als außergewöhnlicher Umstand angesehen werden; insofern ist keine Vergleichbarkeit mit der Geburt eines Kindes gegeben. Abzugrenzen ist der mit einer Erstausstattung verbundene (Mehr-) Bedarf vom Erhaltungs- und Ergänzungsbedarf, der aus der Regelleistung zu decken ist. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.5.04 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.06.2008 FEVS Bd. 60 S. 81 Sachverhalt: Wohnungserstausstattung, Vermieter, Herausgabeanspruch Gründe: Kann der Hilfesuchende die Herausgabe seines Hausrats vom Vermieter der früheren Wohnung unter Hinweis auf seine Besitzschutzansprüche auch im Rahmen der einstweiligen Verfügung nach §§ 935, 940 ZPO verlangen, hat er keinen Anspruch auf eine Wohnungserstausstattung. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 61 2.3.5.05 Gericht/Entscheidung: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 01.10.2008, L 5 B 342/08 AS FEVS Bd. 60 S. 373 Sachverhalt: Bekleidung, Erstausstattung, Rehabilitationsmaßnahme Gründe: Die Leistungsgewährung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II ist, ebenso wie bei Erstausstattungen für die Wohnung, im Sinne eines "Startpakets" in einer grundlegend neuen Lebenssituation zu verstehen. Der Begriff der Erstausstattung setzt deshalb voraus, dass so gut wie keine Ausstattung für die jetzige Bedarfssituation vorhanden ist. Die Teilnahme an einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme begründet keine neue Bedarfssituation aufgrund neuer Lebensumstände, zumal der vorhandene Bekleidungsbestand nur ergänzt werden soll. Die Hilfegewährung ist nur darlehensweise möglich. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.5.06 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 64/07 R Quelle: Juris Sachverhalt: Trennung vom Partner, Erstausstattung, Waschmaschine Gründe: Auch bei der Neubegründung eines Haushalts nach einer Trennung vom Partner kann i. S. des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II erstmals ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung entstehen. Auch unter der Geltung des SGB II zählt eine Waschmaschine zu den für eine geordnete Haushaltsführung erforderlichen Haushaltsgeräten. Steht die früher von den Ehegatten gemeinsam genutzte Waschmaschine im ausschließlichen Eigentum des anderen Ehegatten, so kann sie gem. § 9 HausratsV nur ausnahmsweise dem hilfebedürftigen Ehegatten zugewiesen werden, wenn der andere Ehegatte nicht auf die Weiterbenutzung angewiesen ist und die Überlassung zumutbar ist. Ungeachtet der Frage, welche Bemühungen vom Hilfebedürftigen im Fall der Trennung vom Ehegatten und der Aufteilung von Hausrat grundsätzlich erwartet werden können, konnte eine Herausgabe der Waschmaschine daher hier nicht verlangt werden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 62 2.3.5.07 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21.02.2006, L 9 B 37/06 AS Quelle: Juris Sachverhalt: Wohnungsausstattung nach Umzug Gründe: Wird eine Ersatzbeschaffung von Möbeln dadurch notwendig, dass bei einem genehmigten Umzug Möbelstücke wegen ihrer Beschaffenheit (hier: unlösbare Verleimung und Verschraubung bei vorausgegangener Reparatur) nicht ohne wesentliche Beschädigungen transportiert werden können, so kann ein Anspruch auf Kostenübernahme unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Übernahme erforderlicher Umzugskosten (§ 22 Abs. 3 S. 1 und 2 SGB II) bestehen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 63 2.3.5.08 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen, Urteil vom 17.04.2008, L 3 AS 107/07 Sachverhalt: Erstausstattungsbegriff, Antragserfordernis Gründe: Das Antragserfordernis aus § 37 Abs. 1 SGB II gilt für alle Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, auch für Leistungen für Erstausstattung der Wohnung einschließlich Haushaltsgeräte. Leistungen zur Wohnungserstausstattung sind dem Antrag auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erkennbar mit inbegriffen, denn sie betreffen einen speziellen, mit dem Bezug einer Wohnung verbundenen einmaligen Bedarf. Der Antrag nach § 37 Abs. 1 SGB II hat konstitutive Wirkung, d. h. ohne ihn sind keine Leistungen zu erbringen. Der Antrag wirkt ex nunc, d. h. grundsätzlich erfolgt keine rückwirkende Leistungsgewährung. Dies hat zur Folge, dass die bis zu diesem Tage entstandenen Kosten für die Erstausstattung der Wohnung nicht vom Grundsicherungsträger zu erstatten sind. Für die in § 23 Abs. 3 Satz 5 SGB II eröffnete Ermessensbetätigung ist kein Raum. Von § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II werden nicht nur Haftentlassene oder von Wohnungsbrand Betroffene umfasst. Eine Beschränkung des Kreises der Begünstigten in dem beschriebenen Sinne durch eine restriktive Auslegung des § 23 Abs. 3 SGB II findet im SGB II keine Stütze. Gegenstände wie Spiegelschrank, Rollwagen, Schuhschrank und Tisch sind nicht deswegen von der Leistungspflicht des Grundsicherungsträgers ausgenommen, weil sie nicht mehr von dem Begriff der Erstausstattung umfasst wären. Der Begriff der Erstausstattung für Wohnung einschließlich Haushaltsgeräte ist umfassend und darf nicht zu eng ausgelegt werden. Bei einer Bedarfsdeckung nach Antragstellung ist die zwischenzeitlich erfolgte Bedarfsdeckung – wie hier z. B. durch Dritte – zumindest dann nicht anspruchsvernichtend, wenn ein längeres Zuwarten auf die Entscheidung über die Wohnungserstausstattungsgewährung aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar erscheint und der Grundsicherungsträger bereits darauf hingewiesen hat, dass die Entscheidung negativ ausfallen werde. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 64 2.3.5.09 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 25.03.2008, L 19 B 13/08 AS ER Sachverhalt: Wohnungserstausstattung, Trennung von Ehegatten Gründe: Ein Anspruch auf Erstausstattung i. S. des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II kommt in Betracht, wenn nach einem Auszug aus einer gemeinsamen Wohnung nach der Trennung vom Ehegatten eine Wohnung erstangemietet wird. Zu einer Wohnungsausstattung zählen alle wichtigen Einrichtungsgegenstände, die für eine geordnete Haushaltsführung und für ein menschenwürdiges Wohnens erforderlich sind. Dabei beschränkt sich der Begriff der "Erstausstattung" i. S. des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II nicht auf eine Vollausstattung der Wohnung, sondern umfasst auch die Teilausstattung. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.5.10 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 64/07 R FEVS Bd. 60 S. 513 Sachverhalt: Getrenntleben, Waschmaschine, Wohnungserstausstattung Gründe: Der Anspruch auf eine Wohnungserstausstattung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist nicht notwendig auf eine komplette Ausstattung gerichtet, sondern kann sich auch auf Einzelgegenstände beziehen. Entscheidend ist, ob erstmals ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung entsteht; eine solche Situation kann auch bei der Neubegründung eines Haushalts nach einer Trennung gegeben sein. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 65 2.3.5.11 Gericht/Entscheidung: SG Düsseldorf, Beschluss vom 06.11.2009, S 35 AS 206/07 Juris 05.02.2010 Sachverhalt: Wohnungserstausstattung nach Freitodversuch Gründe: Der Arbeitslosengeld-II-Bezieher unternahm einen Freitodversuch. Er überlebte. Zuvor hatte er seine Wohnungseinrichtung entsorgt, da die Gegenstände von niemandem zu gebrauchen seien. Nach erfolgter Behandlung bewilligte ihm die Arge eine Wohnungserstausstattung auf Darlehensbasis. Der Kläger war jedoch der Auffassung, dass ihm nicht nur ein Darlehn, sondern ein verlorener Zuschuss zustehe. Das Gericht hat der Klage mittels Gerichtsbescheid stattgegeben. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.5.12 Gericht/Entscheidung: SG Bremen, Beschluss vom 27.02.2009, S 23 AS 255/09 ER ZfF 2/2010 S. 37 Sachverhalt: Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt Gründe: Die Leistungen für Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt dürfen bei Geschwisterkindern niedriger ausfallen als bei ersten Kindern, weil davon auszugehen ist, dass bei zweiten (oder weiteren) Kindern auf das bereits Vorhandene zurückgegriffen werden kann. Die Leistungen für Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt für zweite (oder weitere) Kinder müssen nicht danach unterscheiden, ob das zweite Kind ein anderes Geschlecht hat als das erste. Denn es ist nicht allgemein üblich, dass Säuglinge je nach Geschlecht unterschiedlich gekleidet sind. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 66 2.3.5.13 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 77/08 R FEVS Bd. 61 S. 145 Sachverhalt: Umzug, Wohnungserstausstattung Gründe: Die Voraussetzungen für eine Wohnungserstausstattung i. S. d. § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II sind auch erfüllt, wenn allein aufgrund eines vom Leistungsträger veranlassten Umzugs in eine angemessene Wohnung Möbel des Hilfebedürftigen unbrauchbar werden und insoweit eine Ersatzbeschaffung erforderlich ist. Die Leistungspflicht im Rahmen des § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II ist entsprechend ihrem Ausnahmecharakter eng begrenzt, sodass der Leistungsträger nicht schon dann für Ausstattungsgegenstände aufzukommen hat, wenn diese zwar weiterhin funktionsfähig sind, ihrem Besitzer jedoch nicht mehr gefallen, sie nicht mehr optimal zur neuen Wohnung passen oder wenn die Gegenstände ohnehin – auch ohne den Umzug – wegen Unbrauchbarkeit hätten durch andere Gegenstände ersetzt werden müssen. Vielmehr ist es dem Hilfeempfänger in diesen Fällen zumutbar, auf etwa aus der Regelleistung zu bildende Rücklagen zurückzugreifen, um für Ersatz zu sorgen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.5.14 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 20.08.2009, B 14 AS 45/08 R FEVS Bd. 61 S. 216 Sachverhalt: Ermessen, Wohnungserstausstattung, Zuschuss Gründe: Der Anspruch auf eine Wohnungserstausstattung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist im Sinne eines unbedingten Rechtsanspruchs zu realisieren, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Eine Darlehensgewährung kommt nach dem Regelungszusammenhang des § 23 SGB II nicht in Betracht. Es steht im Ermessen des Leistungsträgers, in welcher Form (Sach- oder Geldleistung) und in welcher Höhe (ggf. auch als Pauschalbetrag) er diesen Anspruch erfüllt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 67 2.3.5.15 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.08.2010, B 14 AS 36/09 R Juris 02.02.2011 Sachverhalt: Antragstellung bei Erstausstattung Gründe: Der Anspruch auf Leistungen für Erstausstattung für die Wohnung hängt, wie das BSG mit Urteil vom 19.08.2010 (B 14 AS 10/09 R, vgl. auch BSG, Urt. v. 23.03.2010 – B 14 AS 6/09 R) entschieden hat, nicht davon ab, dass der Hilfebedürftige vor der Beschaffung der entsprechenden Gegenstände einen gesonderten Antrag gestellt hat. Entscheidend für die Auslegung des Begriffs der Erstausstattung ist, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Der Hilfebedürftige hat in diesem Fall, der hier gegeben war, grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Erstausstattung. Dem Grundsicherungsträger steht allerdings ein Auswahlermessen zu. Er kann die Ausstattung entweder als Sachleistung zur Verfügung stellen oder hierfür Geldleistungen erbringen. Da die Beklagte dieses Auswahlermessen nach der Selbstbeschaffung der Möbel durch den Kläger nicht mehr ausüben kann, besteht der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Geldleistung nur, wenn das Ermessen der Beklagten im Sinne einer "Ermessensreduktion auf Null" einschränkt war. Dies ist u. a. der Fall, wenn der Grundsicherungsträger aufgrund verwaltungsinterner Regelungen für die Erstausstattung einer Wohnung stets eine Leistung in Geld erbringt. Eine derartige Ermessensbindung könnte hier aufgrund eines Beschlusses des Kreistages gegeben sein, was das LSG zu ermitteln haben wird. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 68 2.3.5.16 Gericht/Entscheidung BSG, Urteil vom 24.02.2011, B 14 AS 75/10 R Juris 25.02.2011 Sachverhalt: Fernsehgerät gehört nicht zur Erstausstattung einer Wohnung Gründe: Zur Erstausstattung einer Wohnung gehörten nach ständiger Rechtsprechung des BSG wohnraumbezogene Gegenstände, die für eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen erforderlich seien. Hierzu zähle ein Fernsehgerät nicht. Es sei weder ein Einrichtungsgegenstand noch ein Haushaltsgerät. Die Sicherstellung von Freizeit-, Informations- und Unterhaltungsbedürfnissen, der das Fernsehen diene, solle grundsätzlich aus der Regelleistung erfolgen. Insoweit erforderliche Konsumgegenstände, die wie das Fernsehgerät entsprechend verbreitet seien, aber nicht zur Erstausstattung einer Wohnung zählten, könnten – im Gegensatz zum Rechtszustand unter dem BSHG – nur noch darlehensweise erbracht werden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 69 2.3.6 Klassenfahrten, Schulbedarf, Nachhilfeunterricht 2.3.06.01 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 20.09.2005, L 9 AS 38/05 ER FEVS Bd. 57 S. 456 Sachverhalt: Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten Gründe: Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten sind im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen in tatsächlicher Höhe zu erbringen. Eine Pauschalierung oder Festlegung einer Obergrenze ist nicht zulässig. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.6.02 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.04.2007, L 5 B 473/07 AS ER Sachverhalt: Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten Gründe: Das SG hat den Antragsgegner zu Recht verpflichtet, die Kosten für eine fünftägige Klassenfahrt nach London in der tatsächlich anfallenden Höhe von € 347 und nicht nur in Höhe von € 260 zu übernehmen. Bereits der Gesetzeswortlaut enthält keinerlei Hinweis darauf, dass der Antragsgegner, der das Vorliegen einer Klassenfahrt im Sinne der Norm nicht in Abrede stellt, zu einer irgendwie gearteten Begrenzung der Kosten berechtigt wäre. Die Anspruchsgrundlagen und den Leistungsumfang bestimmt der Gesetzgeber, nicht aber die Verwaltung, solange dieser nicht ein entsprechender Beurteilungs- oder Ermessensspielraum eingeräumt bzw. sie zu bestimmten Regelungen ausdrücklich ermächtigt wird. Das aber ist hier offensichtlich nicht der Fall. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 70 2.3.6.03 Gericht/Entscheidung: LSG Bayern, Beschluss vom 10.05.2007, L 11 AS 178/08 FEVS Bd. 59 S. 76 Sachverhalt: Klassenfahrt, Schulskikurs Gründe: Der Begriff der Klassenfahrt nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II ist weit auszulegen, sodass auch von der Schule durchgeführte (mehrtägige) Studienfahrten, Kurs- und Jahrgangsfahrten, Schüleraustausch und Schulskikurse darunter fallen. Auf eine drohende Ausgrenzung von Schülern, insbesondere darauf, ob die Mehrzahl der Schüler aus dem Klassenverband bzw. der Jahrgangsstufe an der Veranstaltung teilnimmt, kommt es ebenso wenig an wie auf den mit der Klassenfahrt verfolgten – ggf. pädagogischen – Zweck. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.6.04 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Halle an der Saale, Urteil vom 05.02.2008, S 2 AS 1367/07 Quelle: yahoo-Nachrichten Sachverhalt: Kindergartenfahrt Gründe: SGB II-Empfänger haben keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine mehrtägige Kindergartenabschlussfahrt. Die Hilfebedürftige hatte ihre Klage damit begründet, dass die Abschlussfahrt gleichzeitig eine "Schulanfängerfahrt" gewesen sei, da ihr Kind mit vielen anderen Kindergartenkindern in einer Klasse eingeschult werde. Hätte es nicht an der Abschlussfahrt teilgenommen, wären schwere Nachteile für die schulische und psychische Entwicklung zu befürchten gewesen. Nach Ansicht des Gerichts können einmalige Leistungen nach dem SGB II nur für Klassenfahrten übernommen werden. Die Teilnahme an einer Klassenfahrt sei nämlich verpflichtend und als "Fortsetzung des Unterrichts auf anderer Ebene" anzusehen. Eine Kindergartenabschlussfahrt sei hingegen freiwillig, so dass die Arge keine einmaligen Leistungen übernehmen müsse. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 71 2.3.6.05 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.02.2008, L 20 B 8/08 AS ER FEVS Bd. 59 S. 421 Sachverhalt: Klassenfahrt, Skiausrüstung, Taschengeld, Zusatzkosten Gründe: Zu den Kosten der Klassenfahrt (Skifreizeit) gehören auch die unmittelbaren Kosten für die Skiausrüstung (Helm). Ein, hier von der Schule vorgeschlagenes, Taschengeld für eine Klassenfahrt, das auch Telefonkosten (Kontakt zum Elternhaus) beinhaltet, ist nicht zu übernehmen, weil diese Kosten aus der Regelleistung zu bestreiten sind. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.6.06 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 13.11.2008, B 14 AS 36/07 R Quelle: Juris FEVS Bd. 60 S. 433 Sachverhalt: Klassenfahrt, Pauschalierung Gründe: Der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat die tatsächlichen Kosten mehrtägiger Klassenfahrten ohne Beschränkung auf einen Höchstbetrag zu übernehmen, wenn die Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen stattfindet und das Schulrecht selbst keine Kostenobergrenze für Klassenfahrten vorsieht. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II erlaubt es nicht, die Übernahme der Kosten für mehrtägige Klassenfahrten in der Höhe zu beschränken. Die gesetzlichen Ermächtigungen zu einer Pauschalierung bzw. zu einer Einführung von Höchstbeträgen nehmen die Erstattung der Kosten für Klassenfahrten aus. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 72 2.3.6.07 Gericht/Entscheidung: LSG Thüringen, Beschluss vom 04.12.07, L 7 AS 1150/07 ER FEVS Bd. 60 S. 77 Sachverhalt: Regelbedarf, Schulbedarf Gründe: Aufwendungen für Schulbücher und Schulsachen (hier Kosten für ein Schulschließfach) sind von der Regelleistung nach § 20 Abs. 1 SGB II umfasst. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.6.08 Gericht/Entscheidung: SG Berlin, Beschluss vom 14.04.2010, S 39 AS 9775/10 ER Juris 22.04.2010 Sachverhalt: Kostenübernahme für Kita-Fahrt Gründe: Nach Auffassung des Gerichts gibt es für einen Zuschuss des Jobcenters – anders als für "mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen schulrechtlicher Bestimmungen" in § 23 Abs. 3 Nr. 3 SGB II – keine Rechtsgrundlage. Kindergartenfahrten seien vom Gesetz nicht erfasst. Es besteht auch kein Anspruch aufgrund der Härtefall-Rechtsprechung des BVerfG – 1 BvL 1/09), denn es gehe nicht um einen laufenden besonderen Bedarf, sondern um einen einmaligen. Ein Darlehen komme nicht in Betracht, denn der Betrag kann durch Umschichtung aus den bereits gewährten Leistungen aufgebracht werden. Auch die Reise hätte auch gespart werden können, zumal sie seit einem Jahr geplant gewesen ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 73 2.3.6.09 Gericht/Entscheidung: SG Dortmund, Urteil vom 09.06.2010, S 29 AS 209/08 Juris 25.08.2010 Sachverhalt: Kostenübernahme für Streitschlichtungsseminar Gründe: Das SG Dortmund hat entschieden, dass die ARGE zu Übernahme der Kosten einer mehrtägigen Schulfahrt verpflichtet ist, die nicht im Klassenverband durchgeführt wird. Eine 1992 geborene Schülerin aus Dortmund hatte im Rahmen einer von der Schule angebotenen klassenübergreifenden Ausbildung im Bereich Mediation/Streitschlichtung an einem Seminar vom 23.02.2007 bis 25.02.2007 teilgenommen. Sie verlangte von der ARGE Dortmund die Übernahme der Kosten. Diese lehnte die Übernahme ab, da es sich um keine Klassenfahrt, sondern um ein außerschulisches Seminar gehandelt habe. Das SG Dortmund hat der Klägerin Recht gegeben und die ARGE zur Übernahme der entstandenen Kosten i. H. von € 90 verurteilt. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich um Kosten einer mehrtägigen Klassenfahrt i. S. d. § 23 Abs. 3 Nr. 3 SGB II. Der Begriff der Klassenfahrt sei im Gesetz nicht definiert; es müsse sich um eine Fahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen handeln. Hierunter fielen zum einen Schulfahrten, die im Klassen- bzw. Kursverband durchgeführt werden und deren Teilnahme verpflichtend ist. Nach den Richtlinien für Schulwanderungen und Schulfahrten des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen könnten aber auch Veranstaltungen zu einzelnen Unterrichtsbereichen – z. B. religiöse Freizeiten, Seminare zur Sucht- und Drogenvorbeugung, Schulorchesterfreizeiten, Veranstaltungen zur Berufsorientierung oder Schullandaufenthalte mit sportlichem Schwerpunkt – Gegenstand von Schulwanderungen und Schulfahrten sein. Um eine solche Schulfahrt handele es sich bei dem Schlichtungsseminar. Der Kurs sei ähnlich einer Schulorchesterfreizeit eine freiwillige, klassenübergreifende Veranstaltung. Auch sei von der Schulleitung bestätigt worden, dass es sich um eine Fahrt nach den Richtlinien für Schulwanderungen und Schulfahrten handelt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 74 2.3.6.10 Gericht/Entscheidung: LSG BW, Urteil vom 22.06.2010, L 13 AS 678/10 Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Aufwendungen für einen Schüleraustausch mit einer in den USA gelegenen High School Gründe: § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. Satz 2 SGB II verpflichtet die Grundsicherungsträger, die Kosten einer mehrtägigen Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen über die Regelleistung des § 20 SGB II hinaus zu übernehmen. Das LSG definiert den Begriff "Klassenfahrt" und kommt zu dem Ergebnis, dass selbst wenn es sich bei freiwilligen Schüleraustauschen um schulische Veranstaltungen handelt, sind diese Veranstaltungen von der Klasse losgelöst, sodass diese nicht als eine Veranstaltung der Klasse angesehen werden können. Werden mit freiwilligen Angeboten, die den Unterricht nicht ersetzen, sondern zu ihm hinzutreten, nur besondere Interessen und eine begrenzte Zahl von Schülern angesprochen, handelt es sich nicht um eine Veranstaltung der Klasse. Solche Bedarfe sind von § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II nicht erfasst. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.6.11 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 23.03.2010, B 14 AS 1/009 R Juris 18.11.2010 Sachverhalt: Kostenübernahme bei mehrtägiger Klassenfahrt auch für vorbereitende eintägige Schulveranstaltung Gründe: Hängt die Teilnahme an einer mehrtägigen Klassenfahrt in schulrechtlich zulässiger Weise von der vorherigen Teilnahme an einer eintägigen Veranstaltung ab, gehören auch diese Kosten zu den Kosten der mehrtägigen Klassenfahrt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 75 2.3.6.12 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.06.2010, L 2 AS 138/10 B ER FEVS Bd. 62 S. 139 Sachverhalt: Nachhilfeunterricht, unabweisbarer Bedarf Gründe: Der Härtefallanspruch, der nach dem Urteil des BVerfG vom 09.02.2010 – 1BvL 1/09 u. a. – unmittelbar aus der Verfassung abzuleiten ist, kann sich grundsätzlich auch auf Übernahme der Kosten für einen privaten Nachhilfeunterricht durch den Träger der Grundsicherung ergeben. Ein atypischer Bedarf kann vorliegen, wenn sich eine Lese- und Rechtschreibschwäche auf verschiedene schulische Fächer auswirkt. Es ist nicht erforderlich, dass ein spezieller Nachhilfeunterricht zur Behebung der Lese- und Rechtschreibschwäche in Anspruch genommen wird. Der Anspruch ist nur begründet, wenn ein unabweisbarer Bedarf vorliegt. Dies erfordert, dass der Bedarf unaufschiebbar ist und ohne die Bedarfsdeckung eine Gefährdungslage für das unabdingbar zu gewährleistende Leistungsniveau entstünde. Wenn der Schüler in keinem der unterrichteten Fächer schlechter als mit der Note "befriedigend" beurteilt ist, dürfte dies regelmäßig einen unabweisbaren Bedarf für außerschulischen Nachhilfeunterricht ausschließen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.6.13 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 23.03.2010, B 14 AS 1/09 R FEVS Bd. 62 S. 174 Sachverhalt: Klassenfahrt, Vorbereitungsveranstaltung Gründe: Bei einer mehrtägigen Klassenfahrt i. S. d. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II handelt es sich um eine Fahrt, die zumindest eine Übernachtung außerhalb der Wohnung des Schülers notwendig macht. Es soll eine Freistellung von sämtlichen Kosten erfolgen, die mit der Teilnahme an der Klassenfahrt einhergehen. Hängt die Teilnahme an einer mehrtägigen Klassenfahrt also in schulrechtlich zulässiger Weise von der vorherigen Teilnahme an einer eintägigen Veranstaltung ab, gehören auch diese Kosten zum Leistungsumfang nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 76 2.3.7 Krankenbehandlung 2.3.7.01 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen, Beschluss vom 14.04.2005 – L 3 B 30/05 AS/ER Sachverhalt: Hilfe bei Krankheit, Krankenbehandlung Gründe: Arbeitsuchende, die wegen Einkommensanrechnung keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben, können Krankenhilfe nach dem Sozialhilferecht erhalten. Der Versicherungsschutz zur Kranken- und Pflegeversicherung ist nicht dem Bedarf für Arbeitslosengeld II zuzuordnen, sondern über die Krankenhilfe des SGB XII bzw. § 264 Abs. 2 SGB V abzudecken. Einer "Ein-Cent-Bewilligung" zur Vermeidung eines infiniten Regresses bedarf es nicht (a. A. SG Saarbrücken, B. v. 28.01.2005 – S 21 AS 21/05 ER). Aus Sinn und Zweck der Vorschrift, insbesondere dem Auffangcharakter der Krankenhilfe nach § 48 SGB XII, ergibt sich, dass auch derjenige Leistungsempfänger i S. d. § 264 Abs. 2 SGB V ist, der ausschließlich Hilfen bei Krankheit beanspruchen kann, die ihm aber wegen des Vorrangs der Krankenbehandlung nach § 264 Abs. 2 SGB V tatsächlich nicht gewährt werden müssen. Zur Berechnung der Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.7.02 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.05.2009, B 8 SO 4/08 R FEVS Bd. 61 S. 197 Sachverhalt: Nothelfer, SGB II-Berechtigter Gründe: Ein Erstattungsanspruch des Krankenhauses nach den Vorschriften des SGB XII gegen den Sozialhilfeträger ist bei der Notfallbehandlung eines Arbeitslosengeld II-bzw. Sozialgeldberechtigten, der keinen Antrag auf diese Leistung gestellt hat und diese Leistung nicht erhält, nicht gesetzlich ausgeschlossen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 77 2.3.8 Mehrbedarfszuschläge 2.3.8.01 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Oldenburg, Beschluss vom 12.01.2005, S 45 AS 1/05 Sachverhalt: Studentin, Anspruch auf MBZ wegen Alleinerziehen Gründe: Keinen Mehrbedarf wegen Alleinerziehung (§ 21 SGB II) erhält eine Hilfebedürftige, die keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II hat, weil sie sich in einer Ausbildung befindet. Die Gewährung eines Mehrbedarfes setze voraus, dass die Person, für die dieser gezahlt wird, selbst leistungsberechtigt sei. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.8.02 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27.07.2007, L 13 AS 50/07 FEVS Bd. 59 S. 8 Sachverhalt: Mehrbedarf für allein Erziehende Gründe: Leben Enkelkind, Mutter und Großmutter gemeinsam in einem Haushalt, kann die Mutter in der Regel nicht den Mehrbedarfszuschlag für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 SGB II beanspruchen (entgegen OVG Lüneburg, FEVS 38, 209). Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 78 2.3.8.03 Gericht/Entscheidung: Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 26.02.2007, L 7 AS 241/09 Sachverhalt: Mehrbedarf für Diabetiker Gründe: In der medizinischen Wissenschaft ist die Frage nach der Notwendigkeit und Wirksamkeit einer besonderen Diabetes-Kost bisher nicht endgültig entschieden. Solange dies so sei, folge das Gericht den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge. Dieser empfiehlt derzeit noch eine besondere Krankenkost für Diabetiker. Da die Diabetiker-Kost einen medizinisch notwendigen tatsächlichen Bedarf abdecke, gehöre ihre Finanzierung zum verfassungsrechtlich geschützten Existenzminimum. Dem Kranken sei nicht zuzumuten, diesen Mehrbedarf aus dem sogenannten "Ansparanteil" des Regelsatzes zu decken, da dieser für einmalige besondere Bedarfe gedacht sei. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.8.04 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26.02.2007, L 6 AS 71/07 ER FEVS Bd. 59 S. 39 Sachverhalt: Diabetes mellitus, Mehrbedarf, Ernährung Gründe: Nach dem aktuellen medizinisch-ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisstand – der in dem Rationalisierungsschema 2004 des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner u. a., den Ernährungsempfehlungen für Diabetiker der Diabetes-Gesellschaft Deutschland und der Stellungnahme des Ausschusses Ernährung der Deutschen Diatbetologischen Gesellschaft zum Ausdruck kommt – lässt sich nicht feststellen, dass bei einer DiabetesMellitus-Erkrankung eine besondere Diät oder Ernährung erforderlich ist, die einen erhöhten finanziellen Aufwand i. S. d. § 21 Abs. 5 SGB II erfordert. Die empfohlene ausgewogene Mischkost entspricht der Vollkost, die zur Gesunderhaltung allen Bevölkerungskreisen angeraten und die vom Regelsatz gedeckt wird. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 79 2.3.8.05 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.03.2007, L 19 AS 41/06 FEVS Bd. 58 S. 515 Sachverhalt: Behinderung, Mehrbedarf, Teilhabe am Arbeitsleben Sachverhalt: Ein Anspruch auf Mehrbedarf wegen Behinderung nach § 21 Abs. 4 SGB II besteht, wenn Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i. V. mit §§ 97 bis 99 SGB III erbracht werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob im Bescheid des Maßnahmeträgers ausdrücklich "Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX" bewilligt worden sind. Es spielt auch keine Rolle, ob es sich um eine behindertenspezifische Aus-/Fortbildung handelt. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.8.06 Gericht/Entscheidung: Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 13.09.2007, L 11 AS 258/06 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Höhe des Mehrbedarfs bei Laktoseintoleranz Gründe: Der Kläger begehrt für den Zeitraum November 2005 bis Januar 2006 einen höheren als den bewilligten Betrag wegen Mehrbedarfs aufgrund kostenaufwendiger Ernährung. Hinsichtlich der Höhe des Mehrbedarfs sind die vom DV entwickelten und an typisierten Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen heranzuziehen. Die Beklagte hat entsprechend diesen Grundsätzen gehandelt und den Höchstbetrag, der in den Empfehlungen des DV aus dem Jahr 1997 enthalten ist, ihrer Entscheidung zugrunde gelegt. Dies ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Die Berufung hat jedoch insoweit Erfolg, als die Beklagte es versäumt hat, den Betrag aus dem Jahr 1997 entsprechend hochzurechnen und zwar insgesamt um 7,68%. Ab dem Jahr 2005 hat sich eine weitere Fortschreibung der Beträge an den Fortschreibungen der Regelleistungen nach dem SGB II zu orientieren, weil es sachdienlich ist, die Pauschalen nach dem SGB II insoweit einheitlich fortzuführen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 80 2.3.8.07 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.05.2008, L 19 B 69/08 AS ER Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Mehrbedarf bei Fruktose-/Laktoseintoleranz Gründe: Nach der vom Senat eingeholten Auskunft des Dr. Q vom 25.04.2008 i. V. mit dem beigefügten Laborbericht des Facharztes für Innere Medizin H liegen bei der Antragstellerin eine Laktose- und Fruktoseintoleranz vor. Dies erfordert die gezielte Auswahl laktosefreier und fruchtzuckerarmer Nahrungsmittel. Ob und ggf. in welcher Höhe allein bei Laktoseintoleranz ein Mehrbedarf im Sinne von § 21 Abs. 5 SGB II besteht, ist in Rechtsprechung und Literatur derzeit ungeklärt. Das Bundessozialgericht hat in einer Pressemitteilung zum Urteil vom 27.02.2008 – B 14/7b AS 64/04 R – zu erkennen gegeben, dass es zwar die Empfehlung des deutschen Vereins als generelle Leitlinie für die Verwaltungspraxis ansieht, ein im Einzelfall über die Empfehlungen hinausgehender Mehrbedarf jedoch konkret zu ermitteln ist. Vor diesem Hintergrund ist ein Mehrbedarf der Antragstellerin jedenfalls im Umfang der Mehrkosten für laktosefreie Milchprodukte als glaubhaft gemacht anzusehen. Ein völliger Verzicht auf diese Produkte erscheint nicht zumutbar, da das Spektrum tolerierter Nahrungsmittel durch die zugleich vorliegende Fruktoseintoleranz ohnehin schon stark verengt ist. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.8.08 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.05.2008 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Mehrbedarfszuschlag an Alleinerziehende; Klärung: wann liegt das Merkmal "allein erziehend" vor? Gründe: Der Vater des Kindes lebt in C. und geht dort seiner Ausbildung nach. C. ist 160 km von A. wo die Beschwerdeführerin mit ihrem Kind lebt, entfernt. Der Vater des Kindes begibt sich am Wochenende freitags nach Beendigung seiner Arbeit nach A., wo der am Samstag und Sonntag bis zu seiner erneuten Abreise nach C. die Beschwerdeführerin auch bei Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes unterstützt. In dieser Unterstützung an zwei von sieben Tagen der Woche vermag der Senat keine Mitwirkung in erheblichem Umfang zu erkennen, wie sie Voraussetzung für das Entfallen des Anspruchs auf den Mehrbedarfszuschlag für Alleinerziehende wäre. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 81 2.3.8.09 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 27.02.2008, B 14/7b AS 64/06 R FEVS Bd. 60 S. 113 Sachverhalt: Arzneimittel, Empfehlungen des DV, Mehrbedarf Ernährung Gründe: Die Empfehlungen des DV für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe enthalten generelle Leitlinien für die Verwaltungspraxis, die den Leistungsträger dann nicht von der Notwendigkeit entbinden, den Sachverhalt hinsichtlich eines angemessenen Mehrbedarfs für eine kostenaufwendige Ernährung weiter aufzuklären, wenn der Hilfebedürftige einen höheren Bedarf geltend macht. Die in den Empfehlungen des DV aus dem Jahr 1997 ausgewiesenen DM-Beträge sind in Euro umzurechnen und fortzuschreiben. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Bedarfe für mehrere, eine kostenaufwendige Ernährung bedingende Erkrankungen kumulativ in Ansatz gebracht werden. Einen Mehrbedarf für Arzneimittel sieht § 21 SGB II nicht vor; Kosten für medizinisch nicht notwendige Arzneimittel sind von der Regelleistung gedeckt. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.8.10 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 03.03.2009, B 4 AS 50/07 R Medieninformation Nr. 11/09 des BSG Sachverhalt: Hälftiger Mehrbedarf für Alleinerziehende bei Abwechslung in der Betreuung Gründe: Das BSG hat entschieden, dass erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ein hälftiger Mehrbedarf für Alleinerziehende zusteht, wenn sich geschiedene und getrennt wohnende Eltern bei der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes in größeren, mindestens eine Woche umfassenden zeitlichen Intervallen abwechseln und sich die anfallenden Kosten in etwa hälftig teilen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 82 2.3.8.11 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21.10.2008, L 6 AS 458/08 ER FEVS Bd. 60 S. 321 Sachverhalt: Laktoseintoleranz, Mehrbedarf Ernährung Gründe: Eine Laktoseintoleranz kann nach dem aktuellen medizinischen Kenntnisstand eine Leistungen für Mehrbedarf rechtfertigende kostenaufwendige Ernährung aus medizinischen Gründen erfordern. Ist der Sachverhalt insoweit nicht vollständig aufgeklärt, ist über eine einstweilige Anordnung aufgrund einer Folgenabwägung zu entscheiden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.8.12 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 07.03.2007, L 20 B 328/06 AS Quelle: Juris Sachverhalt: Mehrbedarf im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht Gründe: Ein Mehrbedarf für Alleinerziehende kommt einem hilfebedürftigen Vater für Zeit der Wahrnehmung seines Umgangsrechts mit seinen Kindern, die ansonsten im überwiegenden Umfang im Haushalt ihrer Mutter leben, nicht zu. Für die zusätzlichen Lebenshaltungskosten in den Zeiten, in denen die Kinder des Antragstellers bei diesem gewohnt haben, ist allerdings die Annahme einer zeitweisen Bedarfsgemeinschaft i. S. des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II gerechtfertigt. Bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen kommen lediglich die Kinder selbst als Anspruchsinhaber in Betracht. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 83 2.3.8.13 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 21.06.2007, L 8 AS 491/05 Quelle: Juris Sachverhalt: Mehrbedarf im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht Gründe: Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II müssen die Ausübung des verfassungsrechtlich garantierten Umgangsrechts ermöglichen. Hierzu ist dem Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf wegen Alleinerziehung nach § 21 Abs. 3 SGB II auch für die Kinder zuzubilligen, mit denen er bei Ausübung des Umgangsrechts nur zeitweise zusammenlebt. Umfasst die zeitliche Betreuung des Umgangrechts mindestens ein Drittel des Jahres, ist der Mehrbedarf in vollem Umfang zu gewähren. Die Gewährung eines Darlehens ist bei ständig wiederkehrenden zusätzlichen Bedarfen nicht zulässig. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.8.14 Gericht/Entscheidung BSG, Urteil vom 27.02.2008, B 14/7b AS 32/06 Quelle: Juris Sachverhalt: Mehrbedarf bei mehreren Erkrankungen Gründe: Liegen bei einem Leistungsempfänger mehrere Erkrankungen vor, für die jeweils ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen geltend gemacht wird, so ist der Ernährungsaufwand aufgrund des gesamten Krankheitsbildes konkret zu ermitteln. Die Verwaltungspraxis, in einem solchen Fall von dem höchsten Wert für die kostenaufwändigste Erkrankung entsprechend den Empfehlungen des Deutschen Vereins auszugehen, ist rechtswidrig. Die "Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe" des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. aus dem Jahre 1997 sind weder als Rechtsnormen noch derzeit als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen. Sie können im Regelfall zur Konkretisierung des angemessenen Mehrbedarfs i. S. des § 21 Abs. 5 SGB II herangezogen werden. Soweit in den Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zu § 21 SGB II ausgeführt wird, dass bei Adipositas (Fettleibigkeit) ein Mehrbedarf für Reduktionskost nicht zu gewähren ist, kann dem in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Vielmehr ist auch hier im Einzelfall festzustellen, ob der Fettleibigkeit Krankheitswert zukommt und diese Krankheit einer besonderen Diät bedarf. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 84 2.3.8.15 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 27.01.2009, B 14/7b AS 8/07 R FEVS Bd. 61 S. 13 Sachverhalt: Haushaltsgemeinschaft, Mehrbedarf Alleinerziehung, Pflegekind Gründe: Der Mehrbedarf wegen Alleinerziehung nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II ist auch bei Pflege und Erziehung von Kindern zu berücksichtigen, mit denen der Begünstigte keine Bedarfsgemeinschaft, sondern nur eine Haushaltsgemeinschaft bildet (hier: Pflegekinder). Der Berücksichtigung des Mehrbedarfs steht die Gewährung von Leistungen nach § 39 SGB VIII nicht entgegen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.8.16 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 03.03.2009, B 4 AS 50/07 R FEVS Bd. 61 S. 18 Sachverhalt: Abwechselnde Betreuung, Mehrbedarf Alleinerziehung Gründe: Besondere Lebensumstände, die die Zuerkennung des in § 21 Abs. 3 SGB II geregelten Mehrbedarfs für Alleinerziehende rechtfertigen, liegen grundsätzlich vor, wenn sich geschiedene und getrennt wohnende Eltern bei der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes in größeren, mindestens eine Woche umfassenden Intervallen abwechseln und sich die anfallenden Kosten in etwa hälftig teilen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 85 2.3.8.17 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 22.03.2010, B 4 AS 59/09 R Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Anspruch auf Mehrbedarf bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Gründe: Das LSG wird dementsprechend aufzuklären haben, ob sich die Vermittlungs- und Beratungstätigkeit (durch den Integrationsfachdienst) in einem organisatorischen Mindestrahmen vollzogen hat, der die Zuerkennung des Mehrbedarfs wegen der Teilnahme an einer Maßnahme rechtfertigt. Es kann hierbei auf die Grundsätze zurückgreifen, die vom BSG zum Begriff der förderungsfähigen Maßnahme im Recht der Weiterbildung entwickelt worden sind. Die Anforderungen würden danach nicht erfüllt, wenn lediglich kurze Gespräche durchgeführt worden sein sollten, wie sie auch im Rahmen der "regulären" Arbeitsvermittlung durch den Grundsicherungsträger mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen geführt werden. Eine Mehrheit von Teilnehmern ist demgegenüber nicht erforderlich. Unerheblich ist mit Rücksicht auf die dem Mehrbedarf zugrunde liegende Betrachtungsweise schließlich auch, ob die Leistung im konkreten Einzelfall geeignet war, zusätzliche Aufwendungen beim Kläger auszulösen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.8.18 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 09.07.2009, L 7 5 AS 566/09 B ER FEVS Bd. 61 S. 226 Sachverhalt: Hilfebedarf, Mehrbedarf Ernährung Gründe: Leistungen für Mehrbedarfe wegen kostenaufwändiger Ernährung (hier: Laktoseintoleranz) setzen den Grundanspruch auf Arbeitslosengeld II und somit Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II voraus. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 86 2.3.8.19 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 15.12.2010, B 14 AS 44/09 R Juris 17.12.2010 Sachverhalt: Mehrbedarfszuschlag bei Maßnahme der Eingliederungshilfe für Behinderte Gründe: Nach § 21 Abs. 4 Satz 1 erhalten erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen erbracht werden, einen Mehrbedarf von 35 v. H. der nach § 20 maßgebenden Regelleistung. Die dem Kläger bewilligte Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten zählt nicht hierzu. Der Mehrbedarf für erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige wegen der Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben setzt, wie bereits entschieden, die Teilnahme an einer regelförmigen Maßnahme voraus, an der es hier fehlt. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.8.20 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 21.12.2009, B 14 AS/08 R FEVS Bd. 62 S. 15 Sachverhalt: Arbeitsmarktrente, Erwerbsfähigkeit, Mehrbedarf wegen Erwerbsminderung Gründe: Im Hinblick auf die Voraussetzungen einer sog. Arbeitsmarktrente bei einem verbliebenen Restleistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden und Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes ist der rentenversicherungsrechtliche Begriff der Erwerbsfähigkeit mit dem in § 8 Abs. 1 SGB II in Bezug genommenen grundsicherungsrechtlichen Begriff nicht deckungsgleich. Mit dem Vorrang der Eingliederung in Arbeit als Grundvorstellung des SGB II-Gesetzgebers wäre es nicht zu vereinbaren, solche Personen als nicht erwerbsfähig i. S. d. § 8 Abs. 1 SGB II zu qualifizieren und sie damit von vornherein von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit auszuschließen. § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII ist bis zum Inkrafttreten des § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II zum 01.08.2006 auf voll erwerbsgeminderte Empfänger von Sozialgeld analog anzuwenden. Im Hinblick auf den Personenkreis der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen fehlt es für die analoge Anwendung des § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII an einer planwidrigen Regelungslücke, denn es entsprach von vornherein dem gesetzgeberischen Anliegen, erwerbsfähigen Hilfebedürftigen einen Mehrbedarf allein wegen ihrer Schwerbehinderteneigenschaft und der Zuerkennung des Merkzeichens "G" nicht zugänglich zu machen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 87 2.3.8.21 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 06.05.2010, B 14 AS 3/09 R FEVS Bd. 62 S. 177 Sachverhalt: Kind, Mehrbedarf, Erwerbsminderung Gründe: Aus der Gesetzgebungsgeschichte und der systematischen Stellung des § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II folgt, dass Kinder unter 15 Jahren grundsätzlich nicht begünstigt werden sollen. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus der Übernahme der im Wesentlich identischen Regelung des § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII, denn für den Bereich des SGB XII ist unstreitig, dass nur Personen, die im Sinne des Rentenversicherungsrechts voll erwerbsgemindert sind, den Mehrbedarf erhalten können. Ein Mehrbedarf Erwerbsminderung für ein vierjähriges Kind kommt nicht in Betracht, weil es auch im gesunden Zustand rechtlich und tatsächlich nicht in der Lage ist, sich etwas hinzuzuverdienen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 88 2.3.9 Mischregelsatz 2.3.9.01 Gericht/Entscheidung: LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 08.08.2005, L 9 B 158/05 SO ER Sachverhalt: Bedarfsgemeinschaft, Mischregelsatz Gründe: Beteiligen sich beide Ehepartner oder Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft an den Lasten und Generalunkosten des Haushalts, ist die Differenz zwischen den Regelsätzen für den Haushaltsvorstand und für einen Haushaltsangehörigen unter den Partnern nach der Höhe der Beteiligung aufzuteilen (Mischregelsatz). Lässt sich ein bestimmtes Beteiligungsverhältnis ohne umfangreiche Ermittlungen oder eine Beweisaufnahme nicht feststellen, darf die Verteilung der Differenz der Regelsätze nach Kopfteilen erfolgen. Erhält ein Partner den Regelsatz nach § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II, hat der Sozialhilfeträger dem Empfänger von Grundsicherungsleistungen im Alter einen Mischregelsatz zu gewähren. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.9.02 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.12.2005, L 15 B 1095/05 SO ER FEVS Bd. 58 S. 9 Sachverhalt: Grundsicherung für alte und voll erwerbsgeminderte Menschen, Arbeitslosengeld II, Mischsatz, Mehrbedarf Gründe: Im Falle einer Bedarfsgemeinschaft eines volljährigen Grundsicherungsberechtigten nach dem 4. Kapital des SGB XII mit einem volljährigen Bezieher von Arbeitslosengeld II steht beiden ein Mischregelsatz von 90 v. H. entsprechend § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II zu; dies gilt unabhängig davon, ob einer von ihnen als Haushaltsvorstand im Sinne der zum SGB XII ergangenen Regelsatzverordnung anzusehen ist oder dies nicht festgestellt werden kann. Dieser Mischregelsatz stellt auch die Grundlage für einen Mehrbedarfszuschlag nach § 42 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 30 SGB XII dar. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 89 2.3.9.03 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 16.10.2007 – B 8/9b SO 2/06 R FEVS Bd. 59 S. 249 Sachverhalt: Bedarfsgemeinschaft SGB II/SGB XII; Regelsatz Gründe: § 3 RSVO enthält eine Lücke für die Fälle, in denen der eine Partner einer Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II, der andere aber nach dem SGB XII erhält. In diesen Fällen ist, um eine einheitliche Leistungshöhe zu gewährleisten, im Rahmen des § 3 RSVO § 20 Abs. 3 SGB II analog heranzuziehen; danach erhalten beide Partner einer Bedarfsgemeinschaft, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, Regelleistungen von 90 v. H. Wer Haushaltsvorstand bzw. –angehöriger ist, ist ohne Bedeutung. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 90 2.3.10 Regelsatzüberschreitungen, Heil- und Hilfsmittel 2.3.10.01 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.08.2005, L 19 B 41/05 AS ER FEVS Bd. 57 S. 275 Sachverhalt: Abführmittel, Mehrbedarf, Nachrang, Regelsatzüberschreitung Sachverhalt: Bei Abführmitteln handelt es sich nicht um eine kostenaufwändige Ernährung, deren Anerkennung als Mehrbedarf in angemessener Höhe § 21 Abs. 5 SGB II erlaubt. Der Hilfesuchende ist darauf zu verweisen, dass er Möglichkeiten ausschöpfen muss, Ansprüche gegen die Krankenkasse nach SGB V durchzusetzen, bevor er Leistungen nach SGB II bzw. SGB XII in Anspruch nehmen kann. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.10.02 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.04.2007, L 19 B 400/07 AS ER FEVS Bd. 58 S. 562 Sachverhalt: HIV-Erkrankung, Hygienemehrbedarf, Unabweisbarer Bedarf Sachverhalt: Zusätzliche Leistungen für einen besonderen Hygienemehrbedarf (hier bei HIVErkrankung) sieht das SGB II nicht vor. Kosten für Körperpflege sind der Regelleistung nach § 20 SGB II enthalten. Die Aufzählung der besonderen Mehrbedarfssituationen in § 21 SGB II ist abschließend, sodass hierzu nicht ein Mehrbedarf im Bereich der Körperpflege gehört. Eine Unabweisbarkeit im Sinne einer erheblichen Beeinträchtigung des Bedarfs (§ 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II) liegt nicht bereits dann vor, wenn eine Bedarfsunterdeckung entsteht, sondern erst dann, wenn anderenfalls eine Gefährdungslage für das sozialstaatlich unabdingbar gebotene Leistungsniveau entstünde. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 91 2.3.10.03 Gericht/Entscheidung: Landessozialgericht Nordrhein Westfalen, Beschluss vom 22.06.2007, L 1 B 7/07 AS ER Sachverhalt: Übernahme von Kosten für Körperpflegemittel Gründe: Eine Kostenübernahme im Rahmen des SGB II scheidet aus. Der Senat ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass die Antragstellerin ihren Anspruch nach § 73 SGB XII gegen den Beigeladenen geltend machen kann. Wegen der Vorläufigkeit der Regelung hat der Senat es auch für sachgerecht angesehen, die Leistungen im zuerkannten Ausspruch darlehensweise zu gewähren. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.10.04 Gericht/Entscheidung: LSG Bayern, Beschluss vom 30.05.2007, L 7 B 204/07 AS ER FEVS Bd. 59 S. 66 Sachverhalt: Mehrbedarf, Neurodermitis Gründe: Die Vorschrift des § 73 SGB XII ist eine Auffangnorm für absolute Ausnahmefälle. Aus Sinn und Zweck der Regelung ergibt sich, dass sie nur dann in Erwägung gezogen werden darf, wenn eine spezielle gesetzliche (Bedarfs-)Regelung fehlt, also eine unbekannte Bedarfssituation gegeben ist. Abschließend geregelte Tatbestände dulden keine Aufstockung oder Ausweitung über § 73 SGB XII. § 73 SGB XII kann für einen SGB II-Leistungsempfänger nur dann Bedeutung erlangen, wenn das SGB II einen strukturellen Mangel aufweist, nämlich einen Bedarfstypus übersehen hat. Insbesondere darf § 23 Abs. 1 SGB II – der für "Sonderbedarf" die Darlehensregelung vorsieht – nicht durch einen Rückgriff auf § 73 SGB XII umgangen und funktionslos gemacht werden. Mehrbedarfe nach § 21 Abs. 5 SGB II sind nur dann kumuliert zu gewähren, wenn besondere Umstände vorliegen. Bezüglich dieser besonderen Umstände trägt der Hilfesuchende die Beweislast. Zum Ernährungsmehraufwand und sonstigem Mehrbedarf bei Neurodermitis. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 92 2.3.10.05 Gericht/Entscheidung: SG Stuttgart, Beschluss vom 29.09.2005, S 21 SO 5122/05 ER ZfF 8/2006 S. 180 Sachverhalt: Regelsatzüberschreitung Gründe: Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Haushaltshilfe ergibt sich für einen Hilfebedürftigen, der erwerbsfähig ist und daher Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II hat, aus einer analogen Anwendung von § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Zur Leistung verpflichtet ist in diesem Fall der Leistungsträger nach dem SGB II. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.10.06 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Oldenburg, Beschluss vom 30.05.2005, S 2 SO 49/05 ER Sachverhalt: Finanzierung einer Haushaltshilfe beim Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine Hilfe zur Weiterführung des Haushalts, Anwendbarkeit vom § 61 Abs. 5 Nr. 4 SGB XII Gründe: Für die früher in § 11 Abs. 3 BSHG und nunmehr in § 27 Abs. 3 SGB XII vorgesehene Hilfe für hauswirtschaftliche Tätigkeiten besteht eine Regelungslücke dann, wenn der behinderte Hilfesuchende erwerbsfähig ist und Leistungen nach dem SGB II erhält. Denn dann kann er Leistungen lediglich nach § 23 SGB II als Darlehen erhalten. Diese Regelungslücke wird durch ein erweiterndes Verständnis von § 61 Abs. 5 Nr. 4 SGB XII geschlossen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 93 2.3.10.07 Gericht/Entscheidung: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.03.3006 L 7 SO 509/06 ER-B FEVS Bd. 58 S. 93 Sachverhalt: Haushaltshilfe, Hilfe zur Pflege, Leistungsausschluss Gründe: Die Ausschlussregelungen in § 5 Abs. 2 SGB II und § 21 Satz 1 SGB XII erfassen u. a. nicht die Leistungen der Eingliederungshilfe (§§ 53 bis 60 SGB XII) und der Hilfe zur Pflege (§§ 61 bis 66 SGB XII). Ein erwerbsfähiger Behinderter, der unterhalb der Schwelle der §§ 14, 15 SGB XI (Pflegestufe "0") in der Weise der Pflege bedarf, dass er Hilfe zur Führung des Haushalts benötigt, kann hierfür neben dem Arbeitslosengeld II vom Träger der Sozialhilfe Hilfe zur Pflege durch Übernahme der Kosten einer Haushaltshilfe erhalten. Anspruchsgrundlage hierfür kann § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII sein. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.10.08 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 03.12.2007, L 7 AS 666/07 ER Quelle: Sozialgerichtsbarkeit der Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Übernahme der Kosten einer Monatskarte, um mit dem Bus die 11. Gymnasialklasse besuchen zu können. Gründe: Das Gericht hat die Verpflichtung, die Kosten zu übernehmen, auf § 73 SGB XII gestützt. Eine Verpflichtung des Trägers der Grundsicherung gem. § 23 SGB II scheidet aus. Diese Vorschrift sieht vor, dass, wenn im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch das Vermögen noch auf andere Weise gedeckt werden kann, die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung erbringt und dem Hilfebedürftigen ein entsprechendes Darlehen gewährt. Zwar sind Kosten für die Monatskarte eines Schülers von den Regelleistungen umfasst. Allerdings kommt diese Regelung bei Sonderbedarfen. die dauernd oder zumindest regelmäßig wiederkehrend auftreten, nicht in Betracht. Die in § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II angeordnete Aufrechnung hätte faktisch eine unerträgliche Schuldenspirale zu Folge. Als Anspruchsgrundlage ist § 73 SGB XII heranzuziehen. Die Vorschrift dient im Sinne der Individualisierung dazu, den sonstigen Bedarfen in atypischen Lebenssituationen Rechnung zu tragen. Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus dem Einwand des Antragsgegners, die Schülerbeförderung sei grundsätzlich in landesrechtlichen Vorschriften geregelt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 94 2.3.10.09 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 22.04.2008, B 1 KR 10/07 R Medieninformation des BSG Nr. 17/08 vom 22.04.2008 Sachverhalt: Existenzminimum wird durch Zuzahlungen von € 41,40 im Jahr bei Arbeitslosengeld II-Beziehern nicht unterschritten Gründe: Die beklagte Krankenkasse hob den Befreiungsbescheid auf und berief sich darauf, dass der Kläger als chronisch Erkrankter 1 v. H. der Bruttoeinnahmen als Zuzahlung zu entrichten habe. Die Beklagte setzte die Belastungsgrenze des Klägers für Zuzahlungen in den Jahren 2005 und 2006 auf jeweils € 41,40 fest und befreite ihn jeweils nach Zuzahlung dieses Betrags für den Rest des Jahres von weiteren Zuzahlungen. Der Kläger meint, er werde durch die ihm abverlangten Zuzahlungen unzumutbar und verfassungswidrig belastet, weil deshalb sein Existenzminimum nicht mehr gewährleistet sei. Das BSG konnte sich in seiner Entscheidung nicht von einem Eingriff in das Existenzminimum überzeugen. Das Grundgesetz garantiert mit der Menschenwürde und dem Sozialstaatsgebot, dass dem Einzelnen das Existenzminimum gewährleistet wird. Über dessen sozialrechtlich zu gewährende Mindesthöhe hat in erster Linie der Gesetzgeber zu entscheiden. Die Ausgestaltung der Zuzahlungspflicht und der Sozialleistungen für Leistungsbezieher nach dem SGB II zielt nicht auf die denkbar untersten verfassungsrechtlichen Grenzen ab, das physische Existenzminimum, sonder geht darüber hinaus. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 95 2.3.10.10 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 27.02.2008, B 14/7b AS 64/06 R FEVS Bd. 60 S. 113 Sachverhalt: Arzneimittel, Empfehlungen des DV, Mehrbedarf Ernährung Gründe: Die Empfehlungen des DV für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe enthalten generelle Leitlinien für die Verwaltungspraxis, die den Leistungsträger dann nicht von der Notwendigkeit entbinden, den Sachverhalt hinsichtlich eines angemessenen Mehrbedarfs für eine kostenaufwendige Ernährung weiter aufzuklären, wenn der Hilfebedürftige einen höheren Bedarf geltend macht. Die in den Empfehlungen des DV aus dem Jahr 1997 ausgewiesenen DM-Beträge sind in Euro umzurechnen und fortzuschreiben. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Bedarfe für mehrere, eine kostenaufwendige Ernährung bedingende Erkrankungen kumulativ in Ansatz gebracht werden. Einen Mehrbedarf für Arzneimittel sieht § 21 SGB II nicht vor; Kosten für medizinisch nicht notwendige Arzneimittel sind von der Regelleistung gedeckt. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.10.11 Gericht/Entscheidung: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.04.2008, L 7 AS 1477/08 ER-B FEVS Bd. 60 S. 168 Sachverhalt: Brille, Darlehen, Regelsatz Gründe: Sehhilfen sind dem von den Regelleistungen umfassten Bedarf zuzuordnen. Die Ausstattung mit bestmöglichen Sehhilfen gehört nicht zum von der Regelleistung umfassten notwendigen Bedarf. Der Bezieher von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II muss sich deshalb regelmäßig mit einer Brille im unteren Preissegment begnügen. Zur Darlehensgewährung nach § 23 Abs. 1 SGB II ist glaubhaft zu machen, dass der Bedarf unabweisbar ist und die Bedarfsdeckung aus Ansparreserven oder einer Ausgabenumschichtung innerhalb der Regelleistung nicht möglich ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 96 2.3.10.12 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 23.03.2010, B 14 AS 81/08 R Juris 24.03.2010 FEVS Bd. 62 S. 182 Sachverhalt: Keine einmaligen Leistungen für Mehrbedarfe wegen Kinderkleidung im Wachstumsalter Gründe: Nach Auffassung des Gerichts stehen den im streitigen Zeitraum drei und vier Jahre alten Klägern die geltend gemachten Kosten für Bekleidung nicht als einmalige Leistung zu. Ein solcher Anspruch könne weder aus § 23 Abs. 3 Nr. 2 SGB II (Erstausstattung für Bekleidung als Sonderbedarf) hergeleitet werden noch sei er Bestandteil der nach der Entscheidung des BVerfG vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09 u. a.) verfassungsrechtlich zwingend gebotenen Härtefallregelung. Auch bei Kindern gehöre die Notwendigkeit, Kleidungsstücke sowohl wegen des Wachstums als auch wegen des erhöhten Verschleißes in kurzen Zeitabschnitten zu ersetzen, zum regelmäßigen Bedarf. Er falle gerade nicht einmalig, sondern laufend an. Der wachstumsbedingte besondere Aufwand sei als kindspezifischer, regelmäßiger Bedarf mit der Regelleistung abzudecken. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.10.13 Gericht/Entscheidung: Antwort der Bundesregierung (BT-Drs. 17/1070) auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion Juris 25.03.2010 Sachverhalt: Brillen und Zahnersatz fallen nicht unter Härtefallklausel Gründe: Ob im Einzelfall ein Härtefall vorläge, entschieden derzeit die Grundsicherungsstellen vor Ort. Maßgebend für deren Entscheidung seien die vom BVerfG vorgegebenen Kriterien. Bei Brillen und Zahnersatz handele es sich nicht um "laufende, sondern um einmalige Bedarfe". Hierfür könne aus der Entscheidung des Gerichts kein grundsätzlicher Anspruch auf die Übernahme eines Sonderbedarfs hergeleitet werden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 97 2.3.10.14 Gericht/Entscheidung: SG Duisburg, Urteil vom 18.02.2010, S 41 (31) AS 69/09 ZfF 1/2011 S. 9 Sachverhalt: Restkosten für orthopädische Schuhe Gründe: Der bei Kostenübernahme durch die Krankenkasse für orthopädische Schuhe vom Versicherten zu erbringende Eigenanteil (= allgemeiner Gebrauchsanteil, hier € 76) ist im Regelsatz enthalten und damit abschließend geregelt, denn dieser Betrag liegt unter Berücksichtigung der höherwertigen Qualität und der zweijährigen Mindesttragedauer von orthopädischen Maßschuhen im Normbereich dessen, was im Regelfall für die Anschaffung von Straßenschuhen aufzuwenden ist. Eine atypische Bedarfslage ist somit nicht gegeben, sodass weder eine Leistung nach der sog. Härtefallregelung des BVerfG (Urteil vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09 u. a.) noch nach § 73 SGB XII in Betracht kommt. Auch die Voraussetzungen für eine Darlehensgewährung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II liegen nicht vor, weil es dem Hilfesuchenden zumutbar gewesen wäre, die Zahlung über die Regelleistung zu bewerkstelligen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 98 2.3.11 Reparaturkosten 2.3.11.01 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 08.03.2007, L 5 B 118/06 ER AS Sachverhalt: Reparaturkosten für ein Behindertendreirad Gründe: Das Rechtsmittel der Beschwerde in einem Prozesskostenhilfeverfahren wurde als begründet angesehen, soweit der Antragsteller die Übernahme der Reparaturkosten für sein Behindertendreirad als Beihilfe und nicht nur als Darlehen erreichen möchte. Die Frage, ob der Antragsteller den gewährten Betrag später an die Antragstellerin zurückzahlen muss oder nicht, ist nicht eilbedürftig. Es ist ihm zuzumuten, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 99 2.3.11.02 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.03.2008, B 11b AS 31/06 R Quelle: Datenbank des BSG Sachverhalt: Schönheitsreparaturen sind den Unterkunftskosten zuzuordnen Gründe: Die im Regelsatz enthaltenen Anteile für "Reparatur und Instandhaltung der Wohnung" können entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gleichgesetzt werden mit den im vorliegenden Fall in der Miete enthaltenen Aufwendungen für "Instandhaltungskosten für vom Vermieter übernommene Schönheitsreparaturen". Dass mit den in der EVS bzw. der RSV genannten Aufwendungen nicht mietvertraglich geschuldete Schönheitsreparaturen – erst recht nicht in der vorliegenden Form monatlich zu zahlender Zuschläge – gemeint sein können, folgt auch insbesondere aus der Höhe der angesetzten Beträge. Aus der für die Regelsatzbemessung maßgebenden EVS ergeben sich bezüglich des Ausgabeverhaltens der Angehörigen von Haushalten mit niedrigem Einkommen monatliche Beträge von 7 DM betreffend "Erzeugnisse für die regelmäßige Instandhaltung und Reparatur der Wohnung – Mieter/Untermieter" und von 3 DM für "Dienstleistungen für die regelmäßige Instandhaltung und Reparatur der Wohnung - Mieter/Untermieter". Diese Aufwendungen von insgesamt 10 DM monatlich, von der Beklagten hochgerechnet auf 5,48 € sind im Regelsatz berücksichtigt. Mit etwa 5 € monatlich lassen sich aber turnusmäßig anfallende Aufwendungen für Schönheitsreparaturen zuzüglich anderer Maßnahmen für die Instandhaltung der Wohnung oder für sonstige Reparaturen nicht bestreiten. Das ergibt sich auch daraus, dass § 28 Abs. 4 Satz 2 der II. BV (i.d.F. vom 13.09.2001, BGBl. I 2376, 2397) den Vermieter berechtigt, allein für die Kosten von Schönheitsreparaturen Beträge von bis zu 8,50 € je Quadratmeter Wohnfläche im Jahr in der Miete anzusetzen; insoweit würden sich für die streitgegenständliche Wohnung von rund 65 qm pro Jahr etwa 550 €, monatlich als etwa 46 €, errechnen. Da der streitgegenständliche Betrag von 39,16 € nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Mietvertrages ausschließlich dazu bestimmt war, Beträge für vom Vermieter übernommene bzw. zu übernehmende Schönheitsreparaturen abzudecken und hierfür anfallende Aufwendungen – wie ausgeführt – nicht in die Regelleistung eingeflossen sind, ist die Beklagte zu dem von ihr vorgenommenen Abzug von monatlich 19,70 € nicht berechtigt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 100 2.3.11.03 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.10.2008, L 10 B 1279/08 AS NZB FEVS Bd. 60 S. 369 Sachverhalt: Reparaturkosten für einen Gasherd Gründe: Aufwendungen eines Hilfebedürftigen für die Reparatur eines Gasherdes zählen nicht zum Erhaltungsaufwand eines Eigenheims, sondern sind grundsätzlich aus der Regelleistung zu decken, da diese zur Sicherung des Lebensunterhalts u. a. Hausrat umfasst. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.11.04 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 28.09.2009, L 7 AS 334/09 B ER Juris 05.11.2009 Sachverhalt: Übernahme von Reparaturkosten bzw. Erneuerung von zwei defekten Rollläden Gründe: Das LSG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Hartz IV-Empfänger haben Anspruch auf Erstattung angemessener Unterkunftskosten. Bei selbstgenutztem Wohneigentum umfasst dies Aufwendungen, die zu dessen Erhalt geeignet und erforderlich sind. Ob dies auch für die Reparatur defekter Rollläden gilt, beurteilt das Hessische LSG als fraglich. Jedenfalls aber bestehe keine Eilbedürftigkeit. Denn es sei nicht plausibel, dass die vom Kläger beklagten Gesundheitsbeschwerden auf die defekten Rollläden zurückzuführen sind. Diese Auffassung sei gegebenenfalls in einem Hauptsacheverfahren zu überprüfen. Vor dieser Klärung sei die Arbeitsagentur mangels Eilbedürftigkeit jedenfalls nicht zu einer Kostenübernahme zu verpflichten. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 101 2.3.12 Umgangsrecht 2.3.12.01 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 23.09.2005, L 7 B 132/05 AS (Prozesskostensache in einem Hauptsacheverfahren) Sachverhalt: Die Arbeitssuchende begehrt die Übernahme der Aufwendungen für die Wahrnehmung des Umgangsrechts mit ihren Kindern im Rahmen eines verlorenen Zuschusses. Sie lehnt eine darlehensweise Hilfegewährung nach § 23 SGB II ab, weil sie bei Rückzahlung eine Unterschreitung des Existenzminimums befürchte. Gründe: Das Sozialgericht hatte den Anspruch auf Prozesskostenhilfe abgelehnt. Das LSG gab der Beschwerde statt, weil § 20 SGB II als Rechtsgrundlage für die Übernahme der im Rahmen des Umgangsrechts anfallenden Kosten geeignet sein könne. Zwar umfasst die Übernahme nach § 20 Abs. 1 SGB II die dort aufgeführten Fälle. Die Aufzählung in § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II sei aber nicht erschöpfend, wie das Wort "insbesondere" zeige. Das Gericht zitiert das SG Schleswig, das in einer ähnlichen Fallkonstellation ausführe, dass mit der Schaffung des SGB II für erwerbsfähige Bedürftige eine neue gesetzliche Grundlage geschaffen worden sei. Der Rückgriff auf die Leistungen der Sozialhilfe sei durch § 5 SGB II ausgeschlossen. Nach Auffassung der Kammer bedeute dies jedoch nicht zwangsläufig eine Schlechterstellung der Arbeitslosengeld II-Empfänger gegenüber den Sozialhilfeempfängern. Denkbar sei nach Ansicht des LSG auch, dass ergänzende Leistungen nach § 73 SGB XII in Betracht kämen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 102 2.3.12.02 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28.04.2005 – L 8AS 57/05 ER Sachverhalt: Aufrechnung, Darlehen, Fahrtkosten, Hilfe in sonstigen Lebenslagen, Umgangsrecht Gründe: Durch die Regelleistung des SGB II werden grundsätzlich sämtliche laufenden und auch einmaligen Bedarfe abgegolten. Kann ein von den Regelsätzen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, ist § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II heranzuziehen. Fahrkosten sind dem Grund nach in der Regelleistung des § 20 Abs. 1 SGB II enthalten. Soweit die Regelleistung für die zur Wahrnehmung des Umgangsrechts erforderlichen Fahrtkosten nicht ausreichen, muss eine zusätzliche Geldleistung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II erbracht werden, da insoweit eine Kostendeckelung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zulässig ist. Wenn diese Leistungen für längere Zeit zu zahlen sind, wird zu prüfen sein, ob im Wege der Ermessensausübung von einer Aufrechnung abzusehen ist. Die Vorschrift des § 73 SGB XII ist keine generelle Auffangnorm für sämtliche Hilfearten. Die Hilfe in sonstigen Lebenslagen des § 73 SGB XII muss eine gewisse Nähe zu den "Hilfen in besonderen Lebenslagen" der §§ 47 bis 74 SGB XII haben, was bei Kosten des Umgangsrechts nicht festgestellt werden kann, weil diese der Hilfe zum Lebensunterhalt zuzuordnen und somit bei erwerbsunfähigen Hilfebedürftigen nach § 37 SGB XII zu behandeln sind. Bei einer Verpflichtung zur vorläufigen Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist auf den Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz bei Gericht abzustellen (anders noch zum BSHG; OVG Lüneburg, FEVS 55, 363). -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.12.03 Gericht/Entscheidung: LSG Bayern, Beschluss vom 04.10.2005, L 11 B 441/05 SO ER FEVS Bd. 57 S. 418 Sachverhalt: Fahrtkosten, Umgangsrecht Gründe: Fahrtkosten im Rahmen des Umgangsrechts fallen nicht unter die Hilfe in sonstigen Lebenslagen i. S. d. § 73 SGB XII, weil sie von den Regelleistungen umfasst sind. Als Anspruchsgrundlage für Bezieher von Arbeitslosengeld II kommt deshalb § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Betracht. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 103 2.3.12.04 Gericht/Entscheidung LSG Thüringen, Beschluss vom 15.06.2005, L 7 AS 261/05 ER Sachverhalt: Notwendiger Lebensunterhalt, Umgangsrecht, Unabweisbarer Bedarf Gründe: Es besteht eine planwidrige Regelungslücke, wenn ein verfassungsrechtlich anerkannter Bedarf zum Lebensunterhalt (hier: Kosten des Umgangsrechts) wegen der Neuregelung des SGB II als Besonderheit des Einzelfalles nicht (mehr) erfasst wird. Diese Regelungslücke kann verfassungskonform nur dadurch geschlossen werden, dass im Rahmen des § 23 Abs. 1 SGB II auch Bedarfe erstattet werden, die nicht zu den Regelleistungen des § 20 SGB II gehören, aber im Einzelfall als verfassungsrechtlich vorgesehene Bedarfe zu erstatten sind. Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts durch den nichtsorgeberechtigten Elternteil sind als Teil des notwendigen Lebensunterhalts dem Grunde nach anerkennungsfähiger Bedarf, denn die Ausübung des Umgangsrechts ist ein persönliches Grundbedürfnis seines täglichen Lebens. Der Bedarf ist i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II unabweisbar, wenn er nicht aufgeschoben werden und auch nicht auf anderweitige Art und Weise gedeckt werden kann. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.12.05 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 14/06 R FEVS Bd. 58 S. 289 Sachverhalt: Ausübungen des Umgangsrechtes Gründe: Die Regelungen des SGB II lassen eine Erhöhung der Regelleistung zur Sicherung des Labensunterhalts über die gesetzliche Pauschale hinaus nur in den dort ausdrücklich geregelten Fällen zu. Ein Anspruch kann sich allenfalls aus § 73 SGB XII ergeben. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 104 2.3.12.06 Gericht/Entscheidung: LSG Thüringen, Beschluss vom 12.11.2007, L 8 SO 90/07 ER FEVS Bd. 59 S. 416 Sachverhalt: Umgangsrecht, Angemessenheit Gründe: Wird die Ausübung des Umgangsrechts durch eine große Entfernung zwischen Elternteil und Kind – sowie damit verbundene hohe (Fahrt-)Kosten – erschwert, ist die Sozialüblichkeit zu prüfen; dies kann auch zu einer Reduzierung der im zivilgerichtlichen umgangsrecht festgesetzten Regelung führen. Die Regelung erfolgte auf der Grundlage des § 73 SGB VII. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.12.07 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 02.07.2009, B 14 AS 75/08 R Medieninformation Nr. 30/09 vom 02.07.2009 des BSG Sachverhalt: Grundsicherungsleistungen für die Wahrnehmung des Umgangsrechts Gründe: Die Kinder leben bei ihrem Vater. Entsprechend einer Umgangsrechtsvereinbarung halten sich die Kinder alle zwei Wochen von Freitag, 17.00 Uhr bis Sonntag, 18.00 Uhr und weitere 14 Tage während der Sommerferien bei der Klägerin auf. Das Sozialgericht hat die Arge verurteilt, anteiliges Sozialgeld in Höhe von € 6,90 für jeden vollen Tag des Aufenthalts bei der Klägerin zu gewähren. Die Berufung des Grundsicherungsträgers hat das Landessozialgericht zurückgewiesen. Die Arge macht geltend, dass zumindest das an den Vater gezahlte Kindergeld anteilig anzurechnen sei. Der Vater der Kinder erhält selbst keine Sozialleistungen. Der 14. Senat hat das Urteil des LSG bestätigt und die Revision zurückgewiesen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 105 2.3.12.08 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07.11.2008, L 8 SO 134/08 ER FEVS Bd. 61 S. 90 Sachverhalt: Erforderlichkeit, Örtliche Zuständigkeit, Umgangsrechtskosten Gründe: Generell spricht Überwiegendes dafür, den für den Ort der Ausübung des Umgangsrechts örtlich zuständigen Sozialhilfeträger auch als für die Übernahme der erforderlichen Fahrtkosten zuständig anzusehen, denn in seinem Zuständigkeitsbereich wird mit den in Ausübung des Umgangsrechts durchgeführten Besuchsaufenthalten die Ursache für den zu deckenden Fahrtkostenbedarf geschaffen. Kind im Alter von 14 bzw. 15 Jahren ist grundsätzlich zumutbar, eigenständig mit öffentlichen Verkehrsmitteln ohne die Begleitung eines Elternteils zu fahren, sodass Kosten für das Abholen bzw. Zurückbringen vom bzw. zum sorgeberechtigten Elternteil im Rahmen des Umgangsrechts nicht erforderlich sind. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.12.09 Gericht/Entscheidung LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24.11.2010, L 1 SO 133/10 B ER Juris 02.12.2010 Sachverhalt: Kostenübernahme für Umgangsrecht auch bei Fahrten in die USA Gründe: Das Gericht hat entschieden, dass die Kosten des Umgangsrechts durch den Träger der Grundsicherung nach dem SGB II in angemessenem Umfang auch für Fahrten in die USA zu übernehmen sind. Der Antragsteller begehrte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme seiner Kosten zur Ausübung des Umgangsrechts mit seinem sechsjährigen Kind in den USA, nachdem die Mutter mit diesem aus Deutschland dorthin gezogen war. Im Hinblick auf die hohe Bedeutung des verfassungsrechtlich geschützten Umgangsrechts müssten die Kosten in dem Umfang übernommen werden, den auch ein Erwerbstätiger üblicherweise maximal aufwenden würde. Im Falle des Antragstellers waren dabei die besonders enge Verbindung mit dem Kind, die regelmäßige telefonische Ausübung des Umgangsrechts und die bereits innerhalb Deutschlands nach dem ersten Umzug der Mutter nach Berlin häufig zurückgelegten weiten Strecken zu berücksichtigen. Gegenüber den bisher zur Ausübung des Umgangsrechts durch den Sozialhilfeträger übernommenen Kosten für Fahrten nach Berlin ergab sich keine wesentliche Kostensteigerung. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 106 2.3.12.10 Gericht/Entscheidung: LSG BW, Beschluss vom 03.08.2010, L 13 AS 3318/10 ER-B FEVS Bd. 62 S. 228 Sachverhalt: Fahrtkosten, Umgangsrecht, unabweisbarer Bedarf Gründe: Unabweisbar ist ein (Sonder-)Bedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II auch dann nicht, wenn er ohne nachvollziehbaren Grund geschaffen worden ist und ein bemittelter ihn vermieden hätte. Entstehen Fahrtkosten für die Ausübung des Umgangsrechts (hier ca. € 430 mtl.) aufgrund eines nicht nachvollziehbaren Umzugs, für den auch keine Zusicherung des SGB II-Trägers eingeholt wurde, stellen sie keinen unabweisbaren Bedarf dar. Für inhaltlich unter § 21 Abs. 6 SGB II fallende Tatbestände scheidet § 73 SGB XII als Anspruchsgrundlage aus. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 107 2.3.13 Versicherungsbeiträge/Versicherungsschutz 2.3.13.01 Gericht/Entscheidung: LSG BW, Beschluss vom 30.06.2005, L 8 AS 2374/05 ER-B Sachverhalt: Berücksichtigung von Versicherungsbeiträgen Gründe: Versicherungsbeiträge gehören nicht zum Lebensunterhalt, der mit den Regelleistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende abgegolten werden müsse. Wenn jedoch eigenes Einkommen vorhanden ist, bleibt davon ein Pauschbetrag von € 30 anrechnungsfrei (§ 11 Absatz 2 Nummer 3 SGB II, § 3 Nummer 1 Alg II-V). Darin läge keine rechtswidrige Ungleichbehandlung, denn soweit die Berücksichtigung der Versicherungsbeiträge bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens eines Einkommensbeziehers diesen im Vergleich zu einkommenslosen Leistungsempfängern begünstige, seien dies Rechtsfolgen bedingt durch unterschiedliche Voraussetzungen (vorhandenes bzw. fehlendes Einkommen). Es sei auch unter Geltung des SGB II nicht dasselbe, ob ein einkommensloser Hilfeempfänger Anspruch auf eine Versicherung mit Mitteln der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts haben solle, oder ob dem Bezieher eines Einkommens gestattet werde, einen Teil seiner Einkünfte für Vorsorgemaßnahmen zu verwenden, ohne dadurch den Anspruch auf Hilfe zu verlieren. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.13.02 Gericht/Entscheidung: LSG BW, Beschluss vom 30.06.2009, L 2 SO 2529/09 Er-B Quelle: Beck-Aktuell vom 17.08.2009 Sachverhalt: Krankenkassenbeitrag von privat krankenversicherten ALG II-Empfänger Gründe: Sind Sozialhilfeempfänger privat krankenversichert, muss der Sozialhilfeträger auch die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung übernehmen. Bislang hatten die zuständigen Träger die Beiträge "gedeckelt" und nur die Kosten übernommen, die für einen gesetzlich versicherten Bezieher von Arbeitslosengeld II anfallen. Dem Gesetzgeber sei bewusst gewesen, dass insoweit eine Regelungslücke bestehe. Das Problem sei allerdings vor dem Hintergrund der fehlenden politischen Einigungsmöglichkeiten nicht gelöst worden. Dem Versicherten als schwächstes Glied in der Kette könne es nicht zugemutet werden, die Folgen dieser gesetzgeberischen Unzulänglichkeit zu tragen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 108 2.3.13.03 Gericht/Entscheidung: LSG Bayern, Beschluss vom 29.01.2010, L 16 AS 27/10 B ER Juris 22.04.2010 Sachverhalt: Zuschuss zu Versicherungsbeiträgen für private Krankenversicherung für Bezieher von Arbeitslosengeld II Gründe: Unzumutbare, nicht wiedergutzumachende Nachteile entstehen dem privat krankenversicherten Hilfebedürftigen nicht dadurch, dass der Leistungsträger des SGB II nur Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung in der Höhe zahlt, die für einen Bezieher in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen sind, da nach § 193 Abs. 6 Satz 5 VVG bzw. § 193 Abs. 6 Satz 6 VVG Krankenversicherungsschutz besteht. Eine mit der privaten Krankenversicherung vereinbarte Selbstbeteiligung stellt grundsätzlich keinen aktuellen Bedarf dar, der im Wege des Eilverfahrens zugesprochen werden kann. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.13.04 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 22.03.2010, L 9 AS 570/09 B ER Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Zuschuss zu Versicherungsbeiträgen für private Krankenversicherung für Bezieher von Arbeitslosengeld II Gründe: Das Gericht verneint sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch. Für den Kreis der privat gegen Krankheit versicherten Personen, zu denen der Antragsteller gehört, ist zunächst von Bedeutung, dass mit Inkrafttreten des GKV-WSG zum 01.01.2009 für den Fall des Eintritts von Beitragsrückständen weit reichende Schutzvorschriften zugunsten der Versicherten geschaffen worden sind. Sie würden auch dadurch nicht ihren Versicherungsschutz verlieren, wenn sie die geschuldeten Beiträge nicht aufbringen können. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 109 2.3.13.05 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 23.03.2010, L 16 KR 329/10 B ER Juris 19.10.2010 Sachverhalt: Versicherungsschutz bei ehemals Selbständigen bei Bezug von Hartz IV Gründe: Grundsätzlich begründet der Bezug von Arbeitslosengeld II Versicherungspflicht in der GKV. Dies allerdings nur, wenn der Betreffende nicht unmittelbar vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II überhaupt nicht krankenversichert und hauptberuflich selbstständig erwerbstätig war. Für die Zugehörigkeit zu dem von der Versicherungspflicht in der GKV ausgeschlossenen Personenkreis kommt es allein auf den durch die letzte berufliche Tätigkeit erlangten Status an, auch wenn die selbstständige Tätigkeit schon kurz vor dem Leistungsbezug beendet worden ist. Andererseits würde die gesetzgeberische Grundentscheidung verfehlt. Der Gesetzgeber habe im Interesse einer gleichmäßigeren Lastenverteilung zwischen privater und gesetzlicher Versicherung die Risiken dem System zuweisen wollen, dem sie auf Grund der bisherigen beruflichen Tätigkeit des Betroffenen zuzuordnen sind. Da die privaten Versicherer verpflichtet sind, unabhängig von Vorerkrankungen einen Vertrag im Basistarif abzuschließen, müsse der Betroffene sich um eine entsprechende private Versicherung bemühen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.13.06 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 18.01.2011, B 4 AS 108/10 R Medieninformation Nr. 3/11 des BSG Sachverhalt: Übernahme von Beiträgen zur privaten Krankenversicherung in voller Höhe Gründe: Der Kläger konnte nicht Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung werden, sondern musste seine private Krankenversicherung mit einer Beitragsbelastung in Höhe von € 207,39 aufrecht erhalten. Eine ausdrückliche Regelung dazu, wie der offene Beitragsanteil auszugleichen ist, findet sich im SGB II nicht. Den Gesetzesmaterialien zu dem GKVWettbewerbs-Stärkungsgesetz lassen sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber den privat krankenversicherten Beziehern von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewusst und gewollt einen von ihnen finanziell nicht zu tragenden Beitragsanteil belassen wollte. Die schriftlich niedergelegten Motive enthalten Hinweise auf einen "bezahlbaren Basistarif" und dies berücksichtigende Regelungen, die sicherstellten, dass "die Betroffenen finanziell nicht überfordert würden". Die planwidrige Regelungslücke ist daher durch eine analoge Anwendung der Regelung für freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Personen zu Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 110 schließen. Hieraus ergibt sich die Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der Beiträge in voller Höhe. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 111 2.3.14 Nachlassverbindlichkeiten 2.3.14.01 Gericht/Entscheidung: LSG Bayern, Urteil vom 13.09.2007, L 11 AS 177/07 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Übernahme von Nachlassverbindlichkeiten Gründe: Der Klient bezieht SGB II-Leistungen. Er bewohnt eine abbezahlte Eigentumswohnung. Er begehrt die Übernahme von Nachlassverbindlichkeiten, die im Zusammenhang mit dem Ableben seines Vaters entstanden sind. Das Erbe des Klägers bestand aus der Eigentumswohnung mit einem Wert von ca. € 90.000 und aus den bis dahin angehäuften Schulden des Vaters sowie den Kosten des Erbfalles (u. a. Beerdigungskosten). § 22 Abs. 5 SGB II betrifft von seinem Sinn und Zweck her lediglich Schulden, die sich aus dem Miet- und Eigentumsverhältnis ergeben. Eine allgemeine Verschuldung genügt nicht. Unabhängig davon, dass es sich vorliegend weder um Schulden aus dem Miet- und Eigentumsverhältnis handelt, noch die Übernahme rückständiger Nebenkosten nicht zur dauerhaften Sicherung der Unterkunft führt, ist auch eine vergleichbare Notlage nicht gegeben. Die Klage hatte in allen drei Instanzen keinen Erfolg. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 112 2.3.15 Sonstige Leistungen (z. B. Qualifizierungsmaßnahmen, Fahrtkosten) 2.3.15.1 Gericht/Entscheidung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.12.2008, L 7 AS 3614/08 Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Fahrtkosten für eine Qualifizierungsmaßnahme gem. § 16 Abs. 1 SGB II Gründe: Nach § 16 Abs. 1 SGB II kann im Rahmen des Ermessens auf Leistungen nach dem SGB III zurückgegriffen werden. Die Arge bewilligte niedrigere Fahrtkosten als bei SGB IIILeistungen. Die Auffassung, wonach eine Ermessensleistung grundsätzlich auch dem Inhalt der Leistung bzw. deren jeweiliger Höhe nach anzunehmen ist, hat sich der Senat nicht angeschlossen. Auch SGB II-Empfänger haben Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten vergleichbar Empfängern von SGB III-Leistungen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.15.2 Gericht/Entscheidung: LSG Bayern, Urteil vom 14.03.2008, L 7 AS 267/07 FEVS Bd. 60 S. 374 Sachverhalt: Internet, Telefon Gründe: Der Bedarf für Telefon- und Internetkosten ist in der Regelleistung enthalten, sodass es im Recht der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts keine Rechtsgrundlage für einen gesonderten Zuschuss gibt. Auch § 73 SGB XII erhält keine zusätzlichen Leistungen, denn abschließend geregelte Tatbestände dulden keine Aufstockung oder Ausweitung über die Hilfe in sonstigen Lebenslagen. Eine Eingliederungsleistung nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II kommt ebenfalls nicht in Betracht. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 113 2.3.15.03 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 06.12.2007, B 14/7b AS 50/06 R Datenbank des BSG Sachverhalt: Reisekosten zu Melde- und Beratungsterminen Gründe: Bei Ermessensentscheidungen des Grundsicherungsträgers über Fahrtkosten zu Meldeoder Beratungsterminen sind die Direktiven des § 39 SGB I zu beachten. Eine Ablehnung der Kostenübernahme kommt gegenüber Leistungsempfängern nach dem SGB II in der Regel nicht in Betracht. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 114 2.3.15.04 Gericht/Entscheidung: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.09.2009, L 3 AS 3934/09 ER-B Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Beitrag zur privaten Krankenversicherung Gründe: Mit Beschluss vom 13.08.2009 hat das SG die Antragsgegnerin im wegen der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig einen monatlichen Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von € 252,86 unter Anrechnung bereits gewährter Leistungen sowie den jährlichen Selbstbehalt von € 300 vom 24.07.2009 bis zum 31.12.2009 zu zahlen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es liege sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund vor. Richtig sei zwar, dass der Wortlaut der gesetzlichen Regelung des § 26 Abs. 2 SGB II i. V. m. § 12 Abs. 1c Sätze 5 und 6 VAG den von der Antragsgegnerin zu gewährenden Zuschuss auf den für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragenden Betrag beschränke. Der danach zu gewährende Zuschuss in Höhe von € 125,22 für die Krankenversicherung und € 17,20 für die Pflegeversicherung führe angesichts eines vom Antragsteller zu zahlenden Beitrags in Höhe von € 252,66 zu einer regelmäßigen Bedarfsunterdeckung in Höhe von monatlich € 111,24. Dies widerspreche bereits der gesetzgeberischen Absicht, die der Änderung von § 5 SGB V ab dem 01.01.2009 zugrunde gelegen habe. Der Gesetzgeber sei bei der Einfügung des § 5 Abs. 5a SGB V ausweislich der Gesetzesbegründung ersichtlich davon ausgegangen, dass mit der Einführung eines Basistarifs in der privaten Krankenversicherung die Einbeziehung der Personengruppe der Selbständigen und bisher privat Krankenversicherten in die gesetzliche Krankenversicherung nicht mehr erforderlich sei. Es liege deshalb eine gesetzgeberische Lücke in verfassungsrechtlichem Ausmaß vor. Der Gesetzgeber habe zum einen den Versicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr für notwendig gehalten, zum anderen durch die Neuregelung des Zuschusses eine Bedarfsunterdeckung verursacht. Der Gesetzesbegründung zu § 12 Abs. 1c VAG könne nicht entnommen werden, dass dem Gesetzgeber die Folgen des Ausschlusses der privat versicherten Alg II-Bezieher aus der gesetzlichen Krankenversicherung und die Neuregelung des § 26 Abs. 2 SGB II mit der Beschränkung des Zuschusses auf den Beitrag für Leistungsbezieher in der gesetzlichen Krankenversicherung vor Augen gestanden habe. Es spreche deshalb viel dafür, dass hier ein gesetzgeberisches Versehen vorliege. Das LSG hat die Beschwerde der Arge zurückgewiesen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 115 2.3.15.05 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.01.2010, L 34 AS 2001/09 B ER Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Übernahme des vollen Beitrages für eine private Krankenversicherung während des SGB II–Bezugs Gründe: Es ist dem Antragsteller nicht zuzumuten, sich in einer Situation der Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Erkrankung, die zur Hilfebedürftigkeit führt, in eine Auseinandersetzung mit seiner Krankenkasse zu begeben und zu riskieren, dass bei Nichtzahlung der Beiträge für zwei Monate ein Ruhen der Leistungen eintritt und nur für eine Notversorgung Leistungen erstattet werden. Dem Antragsteller ist der Differenzbetrag zwischen dem vom Antragsgegner getragenen Zuschuss und dem monatlichen Krankenkassenbeitrag auf Grund einer Folgeabwägung zu bewilligen. Ob letztendlich eine Rechtsgrundlage besteht oder das Entstehen der geschilderten Deckungslücke verfassungswidrig ist, ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht zu klären. Das Gericht lässt verfassungsrechtliche Bedenken zur getroffenen Regelung des Gesetzgebers erkennen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.15.06 Gericht/Entscheidung: LSG Bayern, Urteil vom 23.04.2009, L 11 AS 125/08 FEVS Bd. 61 S. 277 Sachverhalt: Bekleidung, Kommunion, Regelbedarf Gründe: Der durch den Regelsatz abgegoltene Bedarf umfasst die gesamte Ausstattung an Bekleidung auf für besondere Anlässe (z. B. Kommunion); auch die anlässlich der Kommunionfeier entstehenden Kosten sind aus dem Regelsatz zu decken. Die Kosten sind in keiner Weise unter die Begriffe der einmaligen Leistungen zu fassen, wie sie in § 23 Abs. 3 SGB II geregelt sind. Ein Leistungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 73 SGB XII, denn eine Kommunion ist keine atypische Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den in §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Sachverhalten aufweist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 116 2.3.15.07 Gericht/Entscheidung: LSG Saarland, Urteil vom 13.04.2010, L 9 AS 15/09 Juris 14.07.2010 Sachverhalt: Übernahme der Beiträge zur privaten Krankenversicherung für Bezieher von Hartz IV Gründe: Im vorliegenden Fall wurde der Kläger aufgrund der ab dem 01.01.2009 geltenden Regelung in § 5 Abs. 5 a Satz 1 SGB V nicht wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II versicherungspflichtig in der Krankenversicherung und die Beklagte übernahm deswegen bzgl. der Beiträge zu Krankenversicherung nach § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II nur den Betrag, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist. Dies führte bei dem Kläger zu einer Deckungslücke, da die Beiträge des Klägers für die private Krankenversicherung über dem von der Beklagten berücksichtigten Betrag lagen. Das Sozialgericht hatte der Klage stattgegeben. Das LSG hat die Berufung der Arge zurückgewiesen. Das Landessozialgericht hat sich dabei auf eine verfassungskonforme Auslegung von § 26 Abs. 2 SGB II gestützt. Diese Auslegung habe sich am Regelungszweck des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II zu orientieren, der bei freiwilligen Mitgliedern in der gesetzlichen Krankenversicherung die Übernahme des vollen Beitrages vorsieht. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung sei nicht ersichtlich. Grundsicherungsleistungen müssten zumindest so beschaffen sein, dass der gesetzlich festgelegte Hilfebedarf gedeckt ist. Damit sei nicht vereinbar, dass durch den Bezug von Grundsicherungsleistungen in Folge einer gesetzlich vorgegebenen Bedarfsunterdeckung monatlich existenzbedrohend Schulden anfallen. Denn ohne dass der Kläger dies willentlich beeinflussen konnte, müsste er bei wörtlicher Auslegung des Gesetzes einen Teil seiner Krankenversicherungsbeiträge selbst tragen. Zum Abschluss der Krankheitskostenversicherung sei er nach § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG verpflichtet. Eine weitere Reduzierung des Beitrages war ihm allerdings nicht mehr möglich. Auch anderweitige Rechtsgrundlagen zu Schließung der Lücke seien nicht ersichtlich. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 117 2.3.15.08 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 13.07.2010, B 8 SO 14/09 R, Juris 14.07.2010 FEVS Bd. 62, S. 241 Sachverhalt: Keine vorbeugende Schuldnerberatung zur Verhinderung des Eintritts von Bedürftigkeit Gründe: Das BSG hat die Entscheidung des LSG zwar darin bestätigt, dass der erwerbsfähigen Klägerin keine Schuldnerberatung nach dem SGB XII zur Vermeidung des Eintritts von Hilfebedürftigkeit zustehen könne. Aufgehoben wurde jedoch das Urteil des LSG, soweit die beigeladene Arge als nach dem SGB II zuständiger Leistungsträger verurteilt worden ist. Nach Auffassung des BSG setzt die Schuldnerberatung nach § 16 Abs. 2 a. F. – entgegen der Ansicht des LSG – zum einen eine bereits bestehende Hilfebedürftigkeit und zum anderen voraus, dass sie für die Eingliederung des Erwerbsfähigen in das Erwerbsleben erforderlich ist. Beide Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Anders als im SGB XII genüge insbesondere nicht, dass eine Hilfebedürftigkeit erst droht. Dem stehe nicht entgegen, dass die §§ 1, 3 SGB II auch auf die Vermeidung von Hilfebedürftigkeit hinweisen. Diese Vorschriften beinhalten lediglich Programmsätze, die der Umsetzung in der jeweiligen Anspruchsnorm bedürfen. Dies sei in § 16 SGB II für die Schuldnerberatung der Erwerbsfähigen gerade nicht geschehen. Hierin liege keine unzulässige Ungleichbehandlung gegenüber den Nichterwerbsfähigen, für die §§ 11, 15 SGB XII auch eine präventive Schuldnerberatung vorsehen. Von einem erwerbsfähigen Nichthilfebedürftigen könne erwartet werden, dass er auf eigene Kosten präventive Maßnahmen ergreift, um den Eintritt von Hilfebedürftigkeit zu vermeiden und seine Erwerbsfähigkeit beizubehalten. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 118 2.3.15.09 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.08.2010, B 14 AS 13/10 R Juris 20.08.2010 FEVS B. 62 S. 311 Sachverhalt: Hygienebedarf von Aids-kranken SGB II-Leistungsempfängern Gründe: Das BSG hat entschieden, dass die Kosten des Hygienebedarfs eines an Aids erkrankten SGB II-Leistungsempfängers in vergangenen Zeiträumen vom Träger der Sozialhilfe und nicht vom Grundsicherungsträger zu tragen waren. In der Zukunft dürfte allerdings eine Zuständigkeit des SGB II-Leistungsträgers für Fälle wie den vorliegenden aufgrund der neuen Norm des § 21 Abs. 6 SGB II bestehen. Zu Recht habe das Sozialgericht den beigeladenen Sozialhilfeträger auf Grundlage des § 73 SGB XII verurteilt, die Kosten des Hygienebedarfs des an Aids erkrankten Klägers zu tragen, so das BSG. Innerhalb des SGB II sei für den streitigen Zeitraum für den Kläger keine gesetzliche Anspruchsgrundlage gegeben, weil das SGB II ein abgeschlossenes und pauschaliertes Leistungssystem enthält. Auch der neue, vom BVerfG am 09.02.2010 geschaffene verfassungsrechtliche Anspruch bei Vorliegen eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarfs steht dem Kläger für den streitigen Zeitraum nicht zur Verfügung. Das BSG gehe – unabhängig von der Frage, ob dieser verfassungsrechtliche Anspruch bereits für vergangene Zeiträume eingreift – davon aus, dass er – subsidiär – nur zum Zuge kommen kann, wenn dem jeweiligen Kläger nicht bereits einfachrechtlich ein Anspruch auf Leistung zusteht. Dies sei hier aber der Fall gewesen, weil das Sozialgericht den Beigeladenen zu Recht gemäß § 73 SGB XII verurteilt hat. ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.15.10 Gericht/Entscheidung: SG Potsdam, Urteil vom 18.08.2009, S 46 AS 979/09 ZfF 7/2010 S. 158 Sachverhalt: Steuernachzahlung Gründe: Es besteht kein Anspruch auf Übernahme einer Steuernachzahlung, weder nach § 19 SGB II noch nach § 23 SGB II. Steuernachzahlungen sind keine Kosten, die über den Regelbedarf abgegolten werden, sodass der Leistungsträger nicht verpflichtet ist, die Kosten als Darlehen zu gewähren. Eine Übernahme von Steuernachzahlungen wäre auch nicht sachgerecht, weil die Wahl der richtigen Steuerklasse oder die Höhe der Vorauszahlungen sowohl im Interesse als auch im Machtbereich der Leistungsempfänger liegt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass eine Steuerrückerstattung als Einkommen in dem Monat berücksichtigt wird, in dem sie an den Leistungsempfänger ausgezahlt wird. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 119 2.3.15.11 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 01.06.2010, B 4 AS 63/09 R FEVS Bd. 62 S. 154 Sachverhalt: Eingliederungsleistungen, Kfz-Kosten, notwendiger Lebensunterhalt, Darlehen Gründe: Aufwendungen für die Reparatur eines Kraftfahrzeugs und die Anmietung eines Wagens sind nicht von der Regelleistung umfasst und es handelt sich hierbei auch nicht um einen unabweisbaren Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts, denn die allgemeine Mobilität kann anderweitig sichergestellt werden; damit kommt auch eine darlehensweise Gewährung von Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II hierfür nicht in Betracht. Zur Frage der Gewährung von Eingliederungsleistungen nach § 16 SGB II für Kfz-Kosten zur Sicherung einer selbständigen Tätigkeit. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.3.15.12 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 30.08.2010, B 4 AS 97/09 R FEVS Bd. 62 S. 395 Sachverhalt: Ausbildung, Leistungsausschluss, Weiterbildung Gründe: Erfüllt die konkrete Maßnahme die Voraussetzungen einer beruflichen Weiterbildung nach §§ 77 ff. SGB III, fällt sie auch dann aus dem Anwendungsbereich des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II heraus, wenn sie dem Grunde nach nach dem BAföG förderungsfähig ist, sodass ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II nicht gegeben ist. Die Abgrenzung zwischen Aus- und Weiterbildung ist ausschließlich unter Berücksichtigung des Charakters der Maßnahme nach objektiven Kriterien vorzunehmen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 120 2.4 Anspruch auf Leistungen/Erwerbsfähigkeit Übersicht: 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.4.4 2.4.5 2.4.6 2.4.7 2.4.8 Ansprüche bei Unterbringung Frage der Erwerbsfähigkeit Ausländerrecht Prüfung der Erwerbsfähigkeit durch die Krankenkasse Asylbewerber und Angehörige Sonstige Fälle (z. B. Berücksichtigung von Unterkunftskosten, obwohl diese bereits vor der Antragsstellung bezahlt worden sind) Antragsformular Anspruch bei Ortsabwesenheit Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 121 2.4.1 Ansprüche bei Unterbringung 2.4.1.01 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Nürnberg, Beschluss vom 09.05.2005, S 20 SO 106/05 ER Sachverhalt: Kostenübernahme für eine stationäre Entwöhnungsbehandlung Gründe: Strafhaft und voraussichtliche Dauer der Entwöhnungsbehandlung dürfen nicht zusammengerechnet werden, da es sich hierbei um Einrichtungen mit völlig gegensätzlichen Einrichtungszwecken handelt. Vorläufig ist der Träger der Sozialhilfe für die Entwöhnungsbehandlung sachlich zuständig. Nach Gewährung von Leistungen nach dem SGB II die gesetzliche Krankenversicherung im Rahmen der Pflichtversicherung. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.1.02 Gericht/Entscheidung: LSG BW, Beschluss vom 21.03.2006, L 7 AS 1128/06 ER-B FEVS Bd. 58 S. 55 Sachverhalt: Berücksichtigung einer JVA-Unterbringung Gründe: Die Zeit der Strafhaft und die Teilnahme an der medizinischen Maßnahme zur Rehabilitation sind nicht zusammenzurechnen, weil eine Justizvollzugsanstalt keine Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 Halbsatz 1 SGB II darstellt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 122 2.4.1.03 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 31.08.2005, L 19 B 48/05 AS ER FEVS Bd. 57 S. 353 Sachverhalt: Leistungsausschluss, Prognose, Stationäre Einrichtung, Untersuchungshaft Gründe: Der Begriff stationäre Einrichtung i. S. d. § 7 Abs. 4 SGB II ist nach Sinn und Zweck in einem umfassenderen Sinne als von § 13 Abs. 1 Satz 2 SGB XII erfasst zu verstehen; damit ist auch ein durch (Untersuchungs-) Haft bedingter Aufenthalt gemeint. Aus der Verwendung der Worte "für länger als sechs Monate" in § 7 Abs. 4 SGB II ist zu schließen, dass der Leistungsträger eine Prognoseentscheidung zu treffen hat. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.1.04 Gericht/Entscheidung: LSG Bayern, Urteil vom 08.05.2008, L 11 AS 393/07 FEVS Bd. 60 S. 239 Sachverhalt: Geschlossene Unterbringung, Krankenhaus Gründe: Die Ausnahmevorschrift des § 7 Abs. 4 Satz 3 Ne. 1 SGB II greift auch dann ein, wenn der Hilfesuchende aufgrund eines amtsgerichtlichen Beschlusses in der geschlossenen Abteilung des Krankenhauses untergebracht ist. In § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II wird ausdrücklich das Wort "untergebracht" verwendet; dies stellt einen eindeutigen Hinweis darauf dar, dass der Grund des Aufenthalts in einem Krankenhaus nicht von Bedeutung ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 123 2.4.1.05 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17.06.2010, L 15 AS 96/10 Juris 10.08.2010 Sachverhalt: Alg II-Leistungen während der Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe Gründe: Maßgeblich für den gesetzlichen Leitungsausschluss war nach Ansicht des Gerichts, dass auch während der Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe ein "Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung" erfolgt. Damit bestehe vom Tag der Aufnahme an kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 124 2.4.1.06 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 27.08.2009, L 8 SO 149/07 FEVS Bd. 61 S. 306 Sachverhalt: Beiladung, Erwerbsfähigkeit, stationäre Einrichtung Gründe: Ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende kann nach Beiladung verurteilt werden (§ 75 Abs. 5 SGG); eine Abgabe an das nächsthöhere Gericht bei Gefahr unvereinbarer Entscheidungen nach § 181 SGG kommt wegen Fehlens einer gesetzlichen Grundlage nicht in Betracht. Die Regelung des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 1 SGB III führt lediglich zu einem Leistungsverweigerungsrecht des SGB II-Trägers trotz seiner Zuständigkeit, weil dem Leistungsberechtigten die ihm günstige Vorschrift des § 44 SGB X für die Zeit vor der Begründung der ständigen Rechtsprechung genommen wird; eine Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers wird hierdurch nicht begründet. Es bleibt offen, ob durch das Urteil des BSG vom 06.09.2007 (BSGE 99, 88 = FEVS 59, 305) zum speziellen Einrichtungsbegriff des SGB II eine ständige Rechtsprechung i. S. v. § 330 Abs. 1 SGB III begründet worden ist. Gibt es in einer stationären Einrichtung nach § 67 SGB XII keine einer wöchentlichen Erwerbstätigkeit der Bewohner entgegenstehenden Pflichtveranstaltungen, kann § 7 Abs. 4 SGB II dem Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld II nicht entgegengehalten werden. Zur Erwerbsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 SGB II bei Alkoholproblematik und Arbeitsentwöhnung. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 125 2.4.2 Frage der Erwerbsfähigkeit 2.4.2.01 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Oldenburg, Beschluss vom 26.01.2005, S 2 So 16/05 ER Sachverhalt: Einstweiliger Rechtsschutz, Erwerbsfähigkeit bei Behinderung, vorläufige Leistung des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende Gründe: Eine Entscheidung über die Fragestellung, die sich aus einer Behinderung des Antragstellers und dem sich daraus ergebenden Umfang einer Erwerbsfähigkeit oder –unfähigkeit ergeben, kann nicht in einem Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes geklärt werden. Auch wenn bisher Eingliederungshilfe gem. SGB XII gezahlt wurde, die den Besuch einer Hochschule vorsieht und insofern auch auf berufliche Eingliederung abzielt, ist im Hinblick auf §§ 21 SGB XII, 44 a SGB II für die Frage der Erwerbsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 SGB II ausschließlich darauf abzustellen, ob der gegenwärtige Gesamtzustand des Arbeitsuchenden die Annahme rechtfertigt, er sei unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes imstande, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.2.02 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 28.01.2005, L 3 B 16/05 ER SO Sachverhalt: Ungeklärte Erwerbsfähigkeit, Nachrang der Sozialhilfe, Vorläufige Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende Gründe: Die Leistungen der Sozialhilfe sind nach der zum 01.01.2005 wirksam gewordenen Neuordnung der sozialen Sicherungssysteme als ein gegenüber der Grundsicherung für Arbeitsuchende des SGB II insgesamt grundsätzlich nachrangiges Leistungssystem zu begreifen. Ist der Hilfebedürftige dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II, ist es ihm grundsätzlich zuzumuten, sich zunächst an den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu wenden, dort um Leistungen nachzusuchen und so seine Hilfebedürftigkeit abzuwenden. Der Bezug von Leistungen nach dem SGB XII bleibt auch dann ausgeschlossen, wenn sich der Hilfebedürftige weigert, den nach § 37 Abs. 1 SGB II für den Bezug der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erforderlichen Antrag zu stellen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 126 2.4.2.03 Gericht/Entscheidung: LSG BW, Beschluss vom 01.06.2005, L 7 SO 1840/05 ER-B FEVS Bd. 57 S. 170 Sachverhalt: Ungeklärte Erwerbsfähigkeit, Nachrang der Sozialhilfe, Gründe: Ein Hilfesuchender kann bis zur zweifelsfreien Klärung seiner Erwerbsfähigkeit Leistungen nach dem SGB XII nicht verlangen, denn bis dahin sind nach § 44 a Satz 3 SGB II einstweilen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zu erbringen. Auch eine verweigerte Antragstellung auf SGB II-Leistungen begründet keine Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers zur Leistungserbringung nach SGB XII. Kommt ein Hilfesuchender seinen Mitwirkungspflichten nicht nach, obwohl er seit Monaten ohne Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums dasteht und er mittlerweile auch mit einer Räumungsklage überzogen wurde, lässt sich eine die Dringlichkeit einstweiligen Rechtsschutzes gebietende Notlage nicht begründen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.2.04 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 21.09.2005, L 5 B 282/05 ER AS Sachverhalt: Verpflichtung zur Wahrnehmung von Eingliederungsmaßnahmen auch bei einem gestellten, jedoch noch nicht entschiedenen Antrag auf berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger. Gründe: Die durch § 16 SGB II begründete Berechtigung und Verpflichtung der Arge, Leistungen zur beruflichen Eingliederung zu gewähren und die in diesem Zusammenhang bestehende Verpflichtung der Arbeitssuchenden, sich unter Berücksichtigung der vom Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen ihres Leistungsvermögens um eine Vermittlung in Arbeit zu bemühen, wird durch einen noch nicht entschiedenen Antrag auf berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation nicht in Frage gestellt. Die Arge ist nicht verpflichtet, die Bemühungen um Eingliederung der Arbeitssuchenden bis zur Entscheidung des Rentenversicherungsträgers zurückzustellen, denn erst die Erfolglosigkeit von Vermittlungsbemühungen kann weitere Bildungsmaßnahmen, wie sie die Arbeitssuchende wünscht, zu ihrer beruflichen Integration erforderlich erscheinen lassen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 127 2.4.2.05 Gericht/Entscheidung: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 04.04.2006, L 3 ER 46/06 AS Sachverhalt: Frage der Erwerbsfähigkeit, Weiterzahlung der Leistung aufgrund Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage Gründe: Der Ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit stellte fest, dass die Beschwerdeführerin weniger als drei Stunden in der Lage sei, Arbeiten zu verrichten. Das Landessozialgericht entschied, dass die Beschwerdeführerin einen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage habe, da die vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass ihr Interesse an der Nichtvollziehung des Aufhebungsbescheides des Beschwerdegegners höher zu bewerten ist, als das Interesse des Beschwerdegegners an dessen Vollzug. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 128 2.4.2.06 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 27.10.2005, S 94 AS 9359/05 ER Sachverhalt: Freigänger haben grundsätzlich Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Gründe: Nach dem Wortlaut des SGB II sei die Verbüßung einer Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt nicht zwingend als stationäre Unterbringung zu verstehen. Auch nach dem Sinn und Zweck des Leistungsausschlusses (Unterbringung in einer stationären Einrichtung über sechs Monate hinaus) ist Strafhaft im offenen Vollzug nicht stationäre Unterbringung. Unterbringung in einer vollstationären Einrichtung bedeute, dass der Einrichtungsträger von der Aufnahme bis zur Entlassung die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Hilfebedürftigen übernehme und Gemeinschaftseinrichtungen vorhanden seien. Die Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt zur Verbüßung einer richterlich angeordneten Freiheitsentziehung falle zur Überzeugung der Kammer hierunter jedenfalls dann nicht, wenn der Antragsteller Freigänger sei (so auch schon Sozialgericht Berlin, Urteil vom 24.06.2005 Az: S 37 AS 907/05). Bei Unterbringung im offenen Vollzug sei der Inhaftierte zwar weiterhin den Regeln und Anordnungen im Rahmen der Vollzugsplanung unterworfen. Diese sehe aber vor, den Umgang mit den Vollzugslockerungen und dem Freigang zu erproben und langfristig Lockerungen und Freiheiten zuzugestehen, die die Resozialisierung fördern sollen. Das durch den Vollzugsplan im Rahmen des Strafvollzugs gesetzlich niedergelegte Resozialisierungsinteresse gebiete die Einbeziehung der im offenen Vollzug Inhaftierten in den Anwendungsbereich des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches. Zudem stehe der Freigänger dem Arbeitsmarkt zur Verfügung und erhalte sogar bei Erfüllung der Anwartschaft Arbeitslosengeld I nach den strengeren Regeln des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 129 2.4.2.07 Gericht/Entscheidung: SG Stuttgart, Beschluss vom 29.09.2005, S 21 SO 5122/05 ER Sachverhalt: 100%-iger Grad der Behinderung, Erwerbsfähigkeit Gründe: Zu den Voraussetzungen einer Erwerbsfähigkeit i. S. § 8 Abs. 1 SGB II. Aus einem bestimmten Grad der Behinderung (hier GdB 100) kann nicht eine volle Erwerbsminderung gefolgert werden, denn der Grad der Behinderung drückt nach § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB IX die Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft allgemein aus, während für die Erwerbsfähigkeit nur die Einschränkungen im Erwerbsleben maßgeblich sind. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.2.08 Gericht/Entscheidung: SG Regensburg, Beschluss vom 04.07.2005, S 13 AS 162/05 ER Sachverhalt: Erwerbsfähigkeit und Arbeitsmarktrente Gründe: Der Bezug einer sogenannten Arbeitsmarktrente lässt nicht den Schluss zu, dass keine Erwerbsfähigkeit i. S. v. § 8 Abs. 1 SGB II gegeben ist, denn die von der LVA zugestandene volle Erwerbsminderung auf Zeit beruht nicht ausschließlich auf seinem Gesundheitszustand, sondern wird im Hinblick auf die Verhältnisse des Arbeitsmarktes gewissermaßen nur fingiert. Hätte der Gesetzgeber die Bezieher einer sog. Arbeitsmarktrente vom Arbeitslosengeld II ausnehmen wollen, hätte es einer ausdrücklichen Regelung bedurft, wie sie in § 7 Abs. 4 SGB II für die Bezieher von (vorgezogener) Altersrente getroffen ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 130 2.4.2.09 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.09.2005 – L 8 AS 196/05 ER FEVS Bd. 57 S. 531 Sachverhalt: SGB II-Leistungen während der Inhaftierung für Unterkunftskosten Gründe: Nicht erwerbsfähig im Sinne des SGB II ist nur, wer "wegen Krankheit oder Behinderung" auf absehbare Zeit zu einer Erwerbstätigkeit außerstande ist (Umkehrschluss aus § 8 Abs. 1 SGB II). Bei einer Justizvollzugsanstalt (JVA) handelt es sich um keine stationäre Einrichtung im Sinne von § 7 Abs. 4 SGB II. Die in der JVA gewährte Unterkunft schließt die Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II hinsichtlich der Unterkunftskosten nicht grundsätzlich aus. Angemessen sind die Aufwendungen jedoch nur, wenn unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse und der tatsächlichen und rechtlichen Situation (Besonderheit des Einzelfalles) keine andere kostengünstigere Lösung möglich ist. Bei einer Entscheidung, für welchen Zeitraum das Beibehalten einer Wohnung während einer freiheitsentziehenden Maßnahme noch angemessen i. S. d. § 22 SGB II ist, kann auf die Rechtsgedanken in § 22 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 7 Abs. 4 SGB II zurückgegriffen werden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.2.10 Gericht/Entscheidung: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 04.04.2006, L 3 ER 46/06 AS FEVS Bd. 58 S. 52 Sachverhalt: Psychische Störung und Erwerbsfähigkeit Gründe: Ist zur Klärung der Erwerbsfähigkeit i. S. v. § 8 SGB II eine psychiatrisch-neurologische Begutachtung erforderlich, reicht ein Einvernehmen des SGB II-Trägers und des Sozialhilfeträgers über die Erwerbsunfähigkeit auf der Grundlage von Gutachten des allgemeinen ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit grundsätzlich nicht aus. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 131 2.4.2.11 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R FEVS Bd. 58 S. 248 Sachverhalt: Angemessenheit von Unterkunftskosten, Frage der Erwerbsfähigkeit bei fehlender Abstimmung mit dem zuständigen Sozialhilfeträger Gründe: Die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten im Rahmen der Gewährung von Arbeitslosengeld II setzt regelmäßig voraus, dass der Leistungsempfänger über die maßgebliche Miethöhe informiert worden ist; insoweit genügt die Information durch den Sozialhilfeträger vor dem 01.01.2005 im Rahmen des Sozialhilfeverfahrens. Bei einer Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten handelt es sich sowohl im Recht der Sozialhilfe als auch in dem der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht um einen Verwaltungsakt. Sie hat vielmehr allein Aufklärungs- und Warnfunktion, damit der Hilfebedürftige Klarheit über die aus Sicht des Leistungsträgers angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft und ggf. die Heizung sowie einen Hinweis auf die Rechtslage erhält. Der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist auch dann zur Zahlung von Arbeitslosengeld II verpflichtet, wenn er zwar vom Fehlen der Erwerbsfähigkeit ausgeht, aber keine Abstimmung mit dem zuständigen Sozialhilfeträger über das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit herbeigeführt hat. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 132 2.4.2.12 Gericht/Entscheidung: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.10.2006, L 13 AS 4113/06 ER-B FEVS Bd. 58 S. 370 Sachverhalt: Einigungsstelle, Erwerbsfähigkeit, Rehabilitationseinrichtung, Vorläufige Leistung Gründe: Im Rahmen des § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II sollen nach dem Willen des Gesetzgebers die in § 107 Abs. 2 SGB V erfassten Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen den Krankenhäusern gleichgestellt sein, was in der generellen Verweisung auf § 107 SGB V seinen Ausdruck findet. Damit ist ein Hilfesuchender, der eine stationäre medizinische Rehabilitation von voraussichtlich 20 Wochen antritt, nicht von SGB II-Leistungen ausgeschlossen. Für die Feststellung der Erwerbsfähigkeit bedarf es einer aktuellen Beurteilung des Gesundheitszustandes und des Leistungsvermögens des Hilfesuchenden, sodass ca. ein Jahr alte Gutachten nicht in jedem Fall zum Nachweis der aktuellen körperlichen und geistigen Verfassung und des sich hieraus ergebenden Leistungsprofils herangezogen werden können. Das in § 8 Abs. 1 SGB II erwähnte Mindestleistungsvermögen muss zukunftsgerichtet auf absehbare Zeit nicht vorliegen; dabei handelt es sich um einen Zeitraum von mindestens sechs vollen Monaten (s. § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs.2 Satz 2, § 101 Abs. 1 SGB VI). Wenn der Arbeitsuchende also voraussichtlich vor Beginn des siebten Monats wieder ein Leistungsvermögen für Erwerbstätige von mindestens drei Stunden täglich verfügt, kann Erwerbsfähigkeit nicht verneint werden. Eine verspätete Anrufung der Einigungsstelle i. S. v. § 44 a SGB II führt nicht dazu, dass die Einigungsstelle als nicht angerufen gilt und keine Leistungen bis zur Entscheidung der Einigungsstelle zu erbringen wären; vielmehr erfasst die Anrufung der Einigungsstelle den Leistungsanspruch von Anfang an mit der Folge, dass der SGB II-Träger auf der Grundlage des bis 31.07.2006 geltenden § 44 a Satz 3 SGB II Leistungen zu erbringen hat. Der Erstattungsregelung des § 44 a Abs. 2 SGB II (F. 01.08.2006) hätte es nicht bedurft, wenn eine Leistungspflicht des SGB IITrägers bis zur Entscheidung der Einigungsstelle nicht bestehen würde, sodass alles dafür spricht, dass die Streichung dieser Leistungspflicht auf einem Versehen des Gesetzgebers beruht, tatsächlich aber nicht beabsichtigt war. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 133 2.4.2.13 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Oldenburg, Beschluss vom 11.01.2005, S 45 AS 2/05 ER Sachverhalt: Sozialgeld für Angehörige von Auszubildenden Gründe: Auszubildende und Studierende, die an sich keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II haben, können aber für ihre bedürftigen Kinder Sozialgeld als Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhalten. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.2.14 Gericht/Entscheidung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.05.2007, L 8 AS 1969/06 FEVS Bd. 58 S. 564 Sachverhalt: Stationäre Einrichtung, Taschengeld, Untersuchungshaft Gründe: Zu den stationären Einrichtungen i. S. d. § 7 Abs. 4 SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung gehört nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats auch eine Justizvollzugs- oder eine Untersuchungshaftanstalt. Hilfebedürftige, die sich in Untersuchungshaft befinden, haben in den ersten sechs Monaten der Untersuchungshaft Anspruch auf Taschengeld in Höhe von 10 v. H. der Regelleistung. Rechtsgrundlage für diesen Anspruch gegen den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind § 19 SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung des Art. 1 des Gesetzes vom 24.12.2003 (BGBl. I S. 2954) und § 20 Abs. 2 SGB II in der bis zum 30.06.2006 geltenden Fassung des Art. 1 des Gesetzes vom 24.12.2003 (BGBl. I S. 2954). Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 134 2.4.2.15 Gericht/Entscheidung: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19.06.2007, L 3 ER 144/07 AS FEVS Bd. 59 S. 20 Sachverhalt: Einkommen, stationäre Einrichtung, Verpflegung, Zurückstellung der Strafvollstreckung Gründe: Der Aufenthalt in einer stationären Rehabilitationsklinik zur Drogenentwöhnung im Anschluss an eine Inhaftierung bei Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG kann nicht einem Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung i. S. v. § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB II gleichgestellt werden. Er schließt Leistungen nach dem SGB II daher nur dann aus, wenn er mindestens sechs Monate dauert (§ 7 Abs. 4 Satz 3 SGB II). Die während der stationären Maßnahme gewährte Vollverpflegung ist ein geldwerter Vorteil, der bei der Leistungsberechnung als Einkommen zu berücksichtigen ist. Entsprechend den Hinweisen der Bundesagentur für Arbeit ist die Vollverpflegung mit 35% der vollen Regelleistung anzurechnen. Die Werte der – hier lediglich entsprechend anzuwendenden – Sozialversicherungsentgeltverordnung können nicht herangezogen werden, da diese offensichtlich die teurere Verpflegung außer Haus während der Ausübung einer Berufstätigkeit als Maßstab nehmen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.2.16 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 06.09.2007, B 14/7b AS 16/07 R FEVS Bd. 59 S. 305 Sachverhalt: Begriff der Einrichtung Gründe: Der Begriff der Einrichtung i. S. d. § 7 Abs. 4 SGB II ist objektiv zu bestimmen. Maßgebend ist, ob es dem Hilfebedürftigen augrund der Struktur der Einrichtung möglich ist, drei Stunden täglich (bzw. 15 Stunden wöchentlich) einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 135 2.4.2.17 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 06.09.2007, B 14/7b AS 60/06 R FEVS Bd. 59 S. 344 Sachverhalt: Keine Zusammenrechnen von Strafhaft und Aufenthalt in Entzugsklinik Gründe: Zwar handelt es sich sowohl bei einer Justizvollzugsanstalt als auch bei einem Fachkrankenhaus zur Alkoholentwöhnung um stationäre Einrichtungen i. S. d. § 7 Abs. 4 SGB II a. F., jedoch ist nur auf die prognostische Dauer des Aufenthalts im Fachkrankenhaus abzustellen, denn die Strafhaft war nicht der Beginn eines einheitlichen Prognosezeitraums, weil der Beschluss über die Aussetzung des Strafrestes bei zeitiger Freiheitsstrafe gemäß § 57 StGB eine Zäsur schafft, die einen neuen Prognosezeitraum eröffnet. Auch wenn durch eine mehr als sechsmonatige Unterbringung die ursprüngliche Prognose widerlegt worden ist, bleibt diese beachtlich, wenn sie zum Prognosezeitraum bei vorausschauender Betrachtung zutreffend gewesen ist. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.2.18 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen, Beschluss vom 07.01.2009, L 3 B 349/08 AS –ER Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Anspruch von Freigängern Gründe: Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II kann daher auch nach der Gesetzesänderung nicht gelten, wenn ein Häftling Freigänger ist oder jedenfalls wesentliche Teile seiner Zeit außerhalb der Vollzugsanstalt verbringt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 136 2.4.2.19 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02.02.2006, L 14 B 1307/05 AS ER Rechtsportal Juris Sachverhalt: Anspruch von Freigängern auf Unterkunft und Heizung Gründe: Soweit ein Freigänger nicht zum Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt verpflichtet ist, hat auch er das (Grund-)Recht, sein Leben in Freiheit zu verbringen und muss sich nicht darauf verweisen lassen, sich "freiwillig" in Haft zu begeben. Dies schließt das Recht ein, eine Wohnung zu besitzen, um sich dort aufzuhalten. Letztlich beruht der durch § 7 Abs. 4 Alt 1 SGB 2 angeordnete Leistungsausschluss auf der Fiktion, dass die für länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebrachten Personen nicht erwerbsfähig sind. Diese Fiktion kann aber für Freigänger keine Geltung beanspruchen, denn diese sind regelmäßig nicht nur erwerbsfähig, sondern auch tatsächlich erwerbstätig. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.2.20 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 21.12.2009, B 14 AS/08 R FEVS Bd. 62 S. 15 Sachverhalt: Arbeitsmarktrente, Erwerbsfähigkeit, Mehrbedarf wegen Erwerbsminderung Gründe: Im Hinblick auf die Voraussetzungen einer sog. Arbeitsmarktrente bei einem verbliebenen Restleistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden und Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes ist der rentenversicherungsrechtliche Begriff der Erwerbsfähigkeit mit dem in § 8 Abs. 1 SGB II in Bezug genommenen grundsicherungsrechtlichen Begriff nicht deckungsgleich. Mit dem Vorrang der Eingliederung in Arbeit als Grundvorstellung des SGB II-Gesetzgebers wäre es nicht zu vereinbaren, solche Personen als nicht erwerbsfähig i. S. d. § 8 Abs. 1 SGB II zu qualifizieren und sie damit von vornherein von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit auszuschließen. § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII ist bis zum Inkrafttreten des § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II zum 01.08.2006 auf voll erwerbsgeminderte Empfänger von Sozialgeld analog anzuwenden. Im Hinblick auf den Personenkreis der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen fehlt es für die analoge Anwendung des § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII an einer planwidrigen Regelungslücke, denn es entsprach von vornherein dem gesetzgeberischen Anliegen, erwerbsfähigen Hilfebedürftigen einen Mehrbedarf allein wegen ihrer Schwerbehinderteneigenschaft und der Zuerkennung des Merkzeichens "G" nicht zugänglich zu machen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 137 2.4.2.21 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 14.12.2010, L 7 AS 1549/10 B ER Juris 04.02.2011 Sachverhalt: Anspruch auf SGB II-Leistungen bei Aufnahme in den Eingangs- und Berufsbildungsbereichs einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen Gründe: Die Voraussetzungen des § 44 a SGB II liegen nach summarischer Prüfung vor. Danach stellt die Agentur für Arbeit fest, ob der Arbeitsuchende erwerbsfähig und hilfebedürftig ist. Sofern der kommunale Träger oder ein anderer Träger, der bei voller Erwerbsminderung zuständig wäre, der Feststellung widerspricht, entscheidet die gemeinsame Einigungsstelle. In Anwendung dieser Grundsätze hat es der Antragsgegner versäumt, Ermittlungen zur Erwerbsfähigkeit des Antragstellers durchzuführen und nach deren Abschluss für den Fall, dass der Antragsgegner von der Erwerbsunfähigkeit des Antragstellers ausgeht, bei der Stadt Heidelberg anzufragen, wie diese die Erwerbsfähigkeit des Antragstellers beurteilt und dann ggf. die Entscheidung der gemeinsamen Einigungsstelle herbeizuführen. Daraus folgt, dass der Antragsgegner bis zum Abschluss des von § 44 a SGB II eindeutig vorgeschriebenen Verfahrens dem Antragsteller Grundsicherung für Arbeitsuchende zu gewähren hat. Aus der Aufnahme im Eingangs- und Berufsbildungsbereich folgt nicht zwangsläufig die Erwerbsunfähigkeit des Antragstellers. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 138 2.4.3 Ausländerrecht 2.4.3.01 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 24.02.2006, L 19 B 4/06 AS ER Sachverhalt: Polnische Staatsangehörige, der die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt werden könnte und die folglich Anspruch auf SGB II-Leistungen hat. Gründe: Zur Überzeugung des Senats ist auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 SGB II glaubhaft gemacht. Denn es sprechen gewichtige Gründe dafür, dass der Antragstellerin die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt werden könnte. Selbst dann, wenn die Antragstellerin als Polin keinen Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern – FreizügigkeitsG/EU – haben sollte, wäre wegen des Benachteiligungsverbotes nach § 11 Abs. 2 FreizügG/EU die Erteilung eines Aufenthaltstitels in Anwendung der §§ 27 ff. des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet - Aufenthaltsgesetz – in Betracht zu ziehen. Insofern dürfte nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Antragstellerin mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist und aus dieser Ehe die Tochter T. hervorgegangen ist. Die Antragstellerin nimmt am uneingeschränkten Recht ihres deutschen Ehemannes, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, mittelbar über Art. 6 Grundgesetz teil. Daran ändere auch nichts, dass sich die Antragstellerin derzeit im Frauenhaus aufhalte und der Ehemann eine Langzeittherapie durchführe. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 139 2.4.3.02 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 03.11.2006, L 20 B 248/06 AS ER Sachverhalt: Polnische Staatsangehörige mit Kind trennt sich von Lebensgefährten und beansprucht SGB II-Leistungen; alternativ dazu Sozialhilfe. Gründe: Das Landessozialgericht verpflichtete den beigeladenen Träger der Sozialhilfe. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ist die Arge nicht mehr zu Leistungen verpflichtet. Die Antragstellerin halte sich erlaubt in der Bundesrepublik Deutschland auf (§ 5 FreizügG/EU). Eine Einreise zum Zweck der Sozialhilfegewährung erfolgte nicht, da sie die Klientin zunächst bei ihrem Lebensgefährten aufhielt. Dieser Zustand änderte sich erst durch den Bruch der Beziehung. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.3.03 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 22.03.2007, L 19 B 21/07 AS ER Sachverhalt: Zuzug einer polnischen Staatsbürgerin mit drei Kleinkindern zu ihrem in der BRD lebenden Lebensgefährten, Erwerbsfähigkeit Gründe: Das Sozialgericht bejahte einen Anspruch. Das LSG hob die Entscheidung auf und verneinte einen Anspruch. Das Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate setze voraus, dass der betreffende Selbständige und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügen. Es bestehe im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keine durchschlagenden Zweifel daran, dass der Leistungsausschluss für polnische Staatsangehörige, die sich zur Arbeitssuche in der Bundesrepublik aufhalten, mit dem EU-Recht vereinbar sei. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 140 2.4.3.04 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 16.04.2007, L 19 B 13/07 AS ER Sachverhalt: Österreichischer Staatsbürger, der sich weigert, Arbeitsgelegenheiten zu verrichten und auf der Straße lebt Gründe: Sowohl das SG als auch das LSG verneinen einen Anspruch. Er hielt sich nur die ersten drei Monate rechtmäßig in der BRD auf, danach nicht mehr. Es sei nicht glaubhaft, dass der Aufenthalt noch dem Zweck der Arbeitssuche dient. Die dem Antragssteller nachgewiesene Arbeitsgelegenheit hat er nicht wahrgenommen. Irgendwelche Aktivitäten zur Erlangung einer Arbeitsstelle hat er weder belegt, noch ist nach seinem bisherigen Werdegang davon auszugehen, dass ihm hieran tatsächlich gelegen ist. In Spanien hat der Antragsteller nach seinen eigenen Angaben "auf der Straße" gelebt. Er verfügt nicht über eine Bescheinigung über sein Aufenthaltsrecht gem. § 5 FreizügG/EU. Unter diesen Umständen ist der Leistungsausschluss gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht zu beanstanden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.3.05 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.09.2006, L 6 AS 376/06 ER FEVS Bd. 58 S. 212 Sachverhalt: Arbeitsuche, Ausländer, Erwerbsfähigkeit Gründe: Zur Annahme von Erwerbsfähigkeit bei Ausländern mit nachrangigem Arbeitsmarktzugang genügt die gesetzgeberisch eingeräumte abstraktgenerelle Möglichkeit der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nicht. Vielmehr muss Aussicht auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis bestehen. Denn wenn keine realistische Chance auf Genehmigung einer Beschäftigung besteht, kann das Ziel einer Integration in den Arbeitsmarkt nicht erreicht werden. Mit Erteilung einer Arbeitserlaubnis-EU ist grundsätzlich Erwerbsfähigkeit gegeben. Von den Leistungen des SGB II ausgenommen sind Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Der Leistungsausschluss greift nicht, wenn neben der Arbeitsuche ein anderer Aufenthaltszweck vorliegt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 141 2.4.3.06 Gericht/Entscheidung: LSG Bayern, Beschluss vom 12.07.2006, L 11 B 154/06 AS ER FEVS Bd. 58 S. 183 Sachverhalt: Ausländer, Beschäftigungserlaubnis Gründe: Einem ungarischen Staatsangehörigen könnte die Aufnahme einer Beschäftigung i. S. d. § 8 Abs. 2 SGB II nicht erlaubt werden, wenn ihm insgesamt keine Arbeitsgenehmigung-EU erteilt werden kann. Eine Auslegung des § 8 Abs. 2 Alternative 2 SGB II dahin, dass die Erwerbsfähigkeit i. S. d. § 8 Abs. 2 SGB II nur verneint werden könne, wenn eine ausdrückliche Untersagung der Aufnahme einer Beschäftigung vorliege, widerspricht der Intention des Aufenthaltsgesetzes, den Vorrang deutscher Arbeitskräfte und den Schutz des Arbeitsmarktes sicherzustellen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.3.07 Gericht/Entscheidung: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17.10.2006, L 3 ER 175/06 AS FEVS Bd. 58 S. 403 Sachverhalt: Ausländer, Erwerbsfähigkeit Gründe: Um die Fiktion des § 8 Abs. 2 Alternative 2 SGB II (die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt werden könnte) auszulösen, reicht die abstrakt-generelle Möglichkeit der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nicht aus. Für Staatsangehörige der Staaten, die nach dem Vertrag vom 16.04.2003 über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union (BGBl. 2003 II S. 1408) der Europäischen Union beigetreten sind, die keine qualifizierte Berufsausbildung haben und in die Bundesrepublik Deutschland ohne Arbeitgenehmigung/Arbeitsberechtigung-EU eingereist sind, müssten, damit eine Arbeitsgenehmigung erteilt werden kann, die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 AufenthaltsG vorliegen, soweit nach Maßgabe des EU-Beitrittsvertrages keine abweichenden Regelungen als Übergangsregelungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit Anwendung finden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 142 2.4.3.08 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.11.2006, L 14 B 963/06 AS ER FEVS Bd. 58 S. 311 Sachverhalt: EU-Ausländer, Minijob Gründe: Der Anspruch auf SGB II-Leistungen eines EU-Ausländers entfällt nicht aufgrund der Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 SGB II, wenn er zwar ursprünglich zum Zwecke der Arbeitsuche eingereist ist, danach aber eine geringfügige Beschäftigung i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV (sog. Minijob) aufgenommen hat, aufgrund dessen er als Arbeitnehmer ein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 1d Freizügigkeitsgesetz/EU hat. Als Arbeitnehmer im Sinne dieser europäischen Vorschriften über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist nämlich auch anzusehen, wer eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis ausübt, bei der er weniger verdient, als im betreffenden Mitgliedstaat als Existenzminimum angesehen wird; außer Betracht bleiben lediglich Tätigkeiten, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen (z. B. eine Arbeit von insgesamt nur wenigen Stunden). Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 143 2.4.3.09 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Dessau, Beschluss vom 15.07.2005, S 9 AS 396/05 ER ZfF 6/2006 S. 134 Sachverhalt: Anspruch auf Sozialgeld für einen Ausländer, dem Arbeitsaufnahme nicht gestattet ist, Wirkung einer Verpflichtungserklärung Gründe: Eine Berechtigte und ein Ausländer leben in eheähnlicher Gemeinschaft. Eheschließung ist terminiert. Nach Auffassung des Gerichts findet § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II jedoch für einen Anspruch auf Sozialgeld nach §§ 28 Abs. 1, 7 Abs. 2 und 3 SGB II keine Anwendung. Dieser Ausschluss gilt nach der Gesetzessystematik nur für Personen, die unter § 7 Abs. 1 SGB II fallen. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II konkretisiert die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II, wonach der erwerbsfähige Hilfebedürftige seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben muss. Aufgrund der Gesetzessystematik ist daher auch nicht erforderlich, dass Empfänger von Leistungen nach § 7 Abs. 2 SGB II ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Eine solche Einschränkung sehen §§ 7 Abs. 2, 28 SGB II nicht vor. Voraussetzung ist nur, dass sie z. B. in eheähnlicher Gemeinschaft leben, d. h. zusammen eine Wohnung bewohnen. Die Verpflichtungserklärung des Onkels führt nicht zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit. Hierbei handelt es sich lediglich um eine Verpflichtungserklärung gegenüber der Ausländerbehörde, sämtliche öffentliche Mittel, die für den Lebensunterhalt einschließlich der Versorgung mit Wohnraum usw. aufgewendet werden, zu erstatten. Eine Verpflichtungserklärung nach § 84 AuslG würde dem Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II nur entgegenstehen, wenn der Leistungsberechtigte von demjenigen, der die Erklärung abgegeben hat, tatsächliche Leistungen erhält. Der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller hat in der Sitzung vorgetragen, dass der Antragsteller zu 1 zumindest seit April 2005 keinerlei Leistungen von seinem Onkel erhält. Aufgrund summarischer Prüfung ist somit von einer Hilfebedürftigkeit auszugehen. Ein Anordnungsgrund ergibt sich bereits daraus, dass die Antragsteller ihren Lebensunterhalt nach Aktenlage nicht auf andere Weise sicherstellen können, sodass die von ihnen erstrebte Regelung eilbedürftig ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 144 2.4.3.10 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 27.06.2007, L 9 B 81/07 AS Sachverhalt: Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt einer schwangeren Niederländerin mit Migrationshintergrund Gründe: Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes gebotenen Prüfung ergibt sich der Anspruch der Antragstellerin auf Sozialhilfe aus § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Hiernach haben Ausländer, die sich – wie die Antragstellerin – tatsächlich im Inland aufhalten, u. a. Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt. Dem steht nicht § 21 Satz 1 SGB XII entgegen, wonach Personen, die dem Grunde nach dem SGB II leistungsberechtigt sind, keinen Leistungsanspruch nach dem SGB XII haben können. Scheitert ein Anspruch von EU-Angehörigen auf Leistungen nach SGB II an § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II, gebietet das Gemeinschaftsrecht und hierbei insbesondere der aus Art. 12 EGV herzuleitende Anspruch nicht erwerbstätiger EU-Bürger auf Teilhabe an den staatlichen Sozialleistungssystemen desjenigen Mitgliedsstaates, in den sie eingereist sind, eine Auslegung des § 21 Satz 1 SGB XII dahingehend, diese Personen als nicht dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II anzusehen. Abweichend von der EUFreizügigkeitsrichtlinie gewährt das nationale Recht der Bundesrepublik Deutschland in Form des Rechts auf Einreise und Aufenthalt wegen gemeinschaftsrechtlicher Freizügigkeitsberechtigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügigG/EU ein unbefristetes Aufenthaltsrecht bei Arbeitssuche; dabei verzichtet es auf die Voraussetzung der begründeten Erfolgsaussicht bei Arbeitssuche. Hält sich aber ein EU-Bürger hiernach rechtmäßig in einem Mitgliedstaat auf, so ist Art. 12 EGV zu beachten, der eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verbietet. Eine Solche Diskriminierung liegt aber vor, wenn eine nationale Regelung Unionsbürgern, die sich in einem (anderen) Mitgliedsstaat aufhalten, Sozialhilfe auch dann nicht gewährt, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen, die für die Staatsangehörigen dieses Mitgliedsstaates gelten (LSG Nordrhein-Westfalen, unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 07.09.2004, C-456/02 – Trojani – und auf EuGH, Urteil vom 20.09.2001, C – 184/99 – Gzelczyk -). Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 145 2.4.3.11 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 13.09.2007, L 9 AS 44/07 ER FEVS Bd. 59 S. 110 Sachverhalt: Ausländer, Leistungsausschluss Gründe: Die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II hat – wie die entsprechende Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII – ihre sachliche Rechtfertigung in der Verhinderung des sogenannten Sozialtourismus. Durch die Verhinderung der Inanspruchnahme von allein an die Bedürftigkeit anknüpfenden Sozialleistungen wie denen nach dem SGB II und dem SGB XII soll der einseitigen Belastung der Sozialleistungssysteme einzelner Länder entgegengewirkt werden. Eine derartige Zielsetzung stellt keine verbotene Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit i. S. d. Art. 12 EGV dar. Steht den Hilfesuchenden ein Aufenthaltsrecht (hier nach § 2 Abs. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU) nicht zu, sind sie nicht anspruchsberechtigt nach dem SGB II. Die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II schließt Ansprüche selbst der Ausländer aus, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Nichts anderes kann für Ausländer gelten, denen ein Aufenthaltsrecht nicht zusteht. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht deshalb, weil eine Freizügigkeitsbescheinigung/EU ausgestellt wurde, denn diese entfaltet keine Tatbestandswirkung, sonder hat lediglich deklaratorische Bedeutung. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.3.12 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.09.2007, L 32 B 1558/07 AS ER FEVS Bd. 59 S. 212 Sachverhalt: Auslandsehe, Rechtswirksamkeit Gründe: Eine Eheschließung im Ausland ist für den deutschen Rechtsbereich wirksam, wenn sie der Ortsform entspricht; für Willenserklärungen gilt nämlich nach Art. 11 EGBGB das Recht des Staates, in dem sie vorgenommen werden. Die staatliche Registrierung durch Ausstellung der Heiratsurkunde ist erfolgt, ebenso wie die Legalisation durch die deutsche Botschaft. Eine Registrierung oder Anerkennung einer im Ausland geschlossenen Ehe ist personenstandsrechtlich nicht vorgesehen; die Anlegung eines Familienbuches in Deutschland ist nicht konstitutiv. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 146 2.4.3.13 Gericht/Entscheidung: LSG BW, Beschluss vom 17.09.2007, L 7 SO 3970/07 ER-B FEVS Bd. 59 S. 220 Sachverhalt: Arbeitsuche, EU-Ausländer, Leistungsausschluss, Wiedereinreise Gründe: Der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts erfordert eine restriktive Auslegung der Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II dahin gehend, dass ein Unionsbürger im Falle eines vorangegangenen langjährigen Aufenthalts in Deutschland auch bei einer Einreise zum Zwecke der Arbeitsuche dann nicht vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist, wenn er nach einem Auslandsaufenthalt nach Deutschland zurückkehrt. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.3.14 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 16.07.2008, L 19 B 111/08 AS ER Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Arbeitsuche, EU-Ausländer Gründe: Der Antragsteller wurde infolge von Insolvenz arbeitslos. Die folgenden acht Monate wurde offenbar nicht sozialversicherungspflichtig gearbeitet. Das Sozialgericht Köln hat den Eilantrag abgelehnt. Das LSG hat einen vorläufigen Anspruch bejaht und im Übrigen wegen der weiteren Sachaufklärung auf das Hauptsacheverfahren verwiesen. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass es mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 12 EWG-Vertrag unvereinbar ist, einen Unionsbürger, solange er sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, von Sozialhilfeleistungen aus Gründen auszuschließen, die für die Staatsangehörigen dieses Mitgliedsstaates keine Geltung haben. Auch wird in der Rechtsprechung vertreten, dass es sich bei dem SGB II wie beim SGB XII um ein Fürsorgegesetz i. S. von Artikel 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) handelt und die Vorschriften des EFA, die als innerstaatliches Gesetz sowie nach § 30 Abs. 2 SGB I Anwendung finden, der Ausschlussnorm des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entgegenstehen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 147 2.4.3.15 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.01.2008, L 8 SO 88/07 ER FEVS Bd. 59 Seite 369 Sachverhalt: Europäisches Fürsorgeabkommen, Leistungsausschluss Gründe: § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II – seine Vereinbarkeit mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 12 EG-Vertrag unterstellt – schließt einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen für Ausländer nur aus, wenn sich das Aufenthaltsrecht ausschließlich auf den Grund "zur Arbeitssuche" stützt. Beruht das Aufenthaltsrecht des Ausländers auch auf dem Grund "Ehegattennachzug", sind Leistungen zu bewilligen. Das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) ist innerstaatlich anwendbares, Rechte und Pflichten des Einzelnen begründendes Recht und von den Sozialleistungsträgern und den Gerichten zu beachten. Es geht als lex specialis der grundsätzlich alle Ausländer betreffenden Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II bzw. § 23 Abs. 3SGB XII (Fassung ab 07.12.2006) vor. Für den vom EFA erfassten Personenkreis ist der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II wirkungslos. Der von § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II erfasste Personenkreis kann wegen § 21 Satz 1 SGB XII auch keine Leistungen nach dem SGB XII erhalten, da diese Personen dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II sind. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.3.16 Gericht/Entscheidung: OVG Bremen, Beschluss vom 15.11.2007, S2 B 426/07 FEVS Bd. 59 S. 377 Sachverhalt: Arbeitsuche, Ausländer, Leistungsausschluss Gründe: Zur Frage des Ausschlusses von arbeitsuchenden Unionsbürgern von den Leistungen des Arbeitslosengeldes II nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II (Verneinung eines Anspruchs). Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 148 2.4.3.17 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 03.04.2008, L 9 AS 59/08 B ER NZA-RR 10/2008 S. 543 Sachverhalt: Ausschluss von Grundsicherung für arbeitsuchende Unionsbürger Gründe: Beruht das Aufenthaltsrecht einer Staatsangehörigen der Tschechischen Republik allein auf dem Zweck der Arbeitsuche, hat sie gem. § 7 Absatz 1 2 Nr. 2 SGB II keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II und gem. § 23 Absatz 3 Nr. 1 SGB XII keinen Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe. Diese Regelungen befinden sich in Übereinstimmung mit den Regelungen der Richtlinie 2004/38/EG und verstoßen nicht gegen Art. 12 und 18 EG. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.3.18 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.04.2008, L 7 B 70/08 AS ER FEVS Bd. 60 S. 21 Sachverhalt: Arbeitserlaubnis, Ausländer, Erwerbsfähigkeit, Gründe: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs können auch geringfügig Beschäftigte i. S. v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV (sog. Minijobs) Arbeitnehmer i. S. von Art. 39 EG-Vertrag sein, sodass eine bulgarische Staatsangehörige, die einen Antrag auf Arbeitserlaubnis (zumindest) für einen solchen Minijob stellen würde, hinreichende Aussicht auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis/EU nach § 284 Abs. 1 SGB III i. V. m. § 39 Abs. 2 bis 4. 6 AufenthG hätte, und somit erwerbsfähig i. S. v. § 8 Abs. 2 SGB II ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 149 2.4.3.19 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.05.2008, L 15 B 54/08 SO ER FEVS Bd. 60 S. 58 Sachverhalt: Ausländer, Erwerbsfähigkeit, Freizügigkeitsrecht Gründe: Eine polnische Staatsangehörige ist nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von SGB IILeistungen ausgeschlossen, wenn sie aufgrund einer mehr als einjährigen selbständigen Tätigkeit in Deutschland, die sie wegen Schwangerschaft eingestellt hat, freizügigkeitsberechtigt nach § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU ist. Die Voraussetzung des § 8 Abs. 2 SGB II ist auch dann erfüllt, wenn der Ausländer ein von der Arbeitsuche unabhängiges Recht auf Freizügigkeit erworben hat, denn sonst würde eine Personengruppe, die nach den allgemeinen (medizinischen) Kriterien der Erwerbsfähigkeit gemäß § 8 Abs. 1 SGB II dem Leistungssystem der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuzuordnen wäre, und für die – anders als bei Personen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II, § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII – nicht ersichtlich ist, dass sie von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen werden sollte, entgegen dem sonst erkennbaren Willen des Gesetzgebers dem SGB XII zugeordnet. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.3.20 Gericht/Entscheidung: LSG Bayern, Beschluss vom 12.03.2008, L 7 B 1104/07 AS ER FEVS Bd. 60 S. 178 Sachverhalt: Europäisches Recht, Leistungsausschluss Gründe: Resultiert das Aufenthaltsrecht einer niederländischen Staatsangehörigen allein aus einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 AufenthG und steht ihr daraufhin dem Grunde nach ein Leistungsanspruch nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG zu, führt dies – gemessen am nationalen Recht – zum Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Dieses Ergebnis stünde indes mit internationalem Sozialrecht nicht in Einklang. Der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 bedeutet, dass eine Kollision von europäischem und nationalem Recht vorliegt und daher § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht angewandt werden darf. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 150 2.4.3.21 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 11.06.2008, S 6 AS 2573/08 ER Quelle: Juris Sachverhalt: Hilfegewährung an einen Ausländer, der nicht über Identitätspapiere verfügt. Gründe: Ein Ausländer, der nicht über Identitätspapiere verfügt, ist nicht erwerbsfähig i. S. von § 8 SGB II. Er hat keinen Anspruch nach dem SGB II, auch nicht nach § 44a Abs. 1 Satz 3 SGB II. Er kann jedoch nach dem Dritten Kapitel des SGB XII anspruchsberechtigt sein. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 151 2.4.3.22 Gericht/Entscheidung: EuGH. 3. Kammer, Urteil vom 04.06.2009, C-23/08 Quelle: Juris vom 12.11.2009 Sachverhalt: Bezug von Alg II von EU-Ausländern bei Arbeitsuche Gründe: In den Ausgangsrechtsstreitigkeiten hatte die Arge Nürnberg zwei griechischen Staatsangehörigen, die nach ihrer Einreise kurzzeitig in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt waren bzw. eine geringfügige Entlohnung erhalten hatten, unter Verweis auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II (Keine Leistungsgewährung nach dem SGB II, wenn sich das Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt) Arbeitslosengeld II nachträglich wieder entzogen. Mit diesem Ausschluss wollte der deutsche Gesetzgeber von der Option des Art. 24 Abs. 2 Richtlinie 2004/38/EG (Abweichung vom grundsätzlichen Gebot der Inländergleichbehandlung bei Gewährung von Sozialhilfe) Gebrauch machen. Das SG Nürnberg richtete ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH, mit welchem er anfragte, ob Art. 24 Abs. 2 Richtlinie 2004/38/EG mit Art. 12 EGV (Diskriminierungsverbot) und Art. 39 EGV (Arbeitnehmerfreizügigkeit) vereinbar ist. Und für den Fall, dass dies verneint werde, ob Art. 12 EGV i. V. m. Art. 39 EGV einer nationalen Regelung entgegenstehe, die Unionsbürger vom Sozialhilfebezug ausschließe, sofern die nach Art. 6 Richtlinie 2004/38/EG zulässige Höchstdauer des Aufenthalts überschritten sei und auch nach anderen Vorschriften kein Aufenthaltsrecht bestehe. Der EuGH hat in seiner nun vorliegenden Entscheidung unter Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung entschieden, dass sich EU-Bürger, die sich ausschließlich zur Arbeitsuche in einem anderen Mitgliedstaat aufhalten und eine tatsächliche Verbindung mit dem Arbeitsmarkt des Aufnahmestaates hergestellt haben, auf Art. 39 EGV berufen können, um finanzielle Leistungen in Anspruch zu nehmen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen. Derartige Leistungen könnten nicht als Sozialhilfeleistungen i. S. v. Art. 24 Abs. 2 Richtlinie 2004/38/EG angesehen werden. Der EuGH weist dabei allerdings darauf hin, dass die Einordnung einer Leistung anhand ihrer grundlegenden Merkmale, ihrem Zweck und den Voraussetzungen ihrer Gewährung den nationalen Behörden und innerstaatlichen Gerichten überlassen bleibe, und merkt zugleich an, eine Leistungsvoraussetzung wie die in § 7 Abs. 1 SGB II enthaltene "Erwerbsfähigkeit" könne ein Hinweis darauf sein, dass Leistungen nach dem SGB II den Zugang zur Beschäftigung erleichtern sollen. Letztlich hält der EuGH eine Arbeitnehmereigenschaft, die die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme bejaht hatte, für möglich, überlässt die Beurteilung aber dem nationalen Gericht. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 152 2.4.3.23 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 14.10.2009, L 7 AS 166/09 B ER, FEVS Bd. 61 S. 251 Sachverhalt: Ausländer, Leistungsausschluss Gründe: Der Gesetzesbegründung ist ausdrücklich zu entnehmen, dass aufgrund des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II für Ausländer auch sozialhilferechtliche Leistungen ausgeschlossen sein sollen, sodass diese Ausländer insoweit auch dem Leistungsausschluss nach § 21 SGB XII unterliegen, weil ihnen dem Grunde nach ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II zusteht. Europarechtliche Vorgaben stehen dem nicht entgegen. Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II umfasst erst recht EUAusländer, denen noch nicht einmal das Freizügigkeitsrecht zur Arbeitsuche eingeräumt ist und verstößt nicht gegen europarechtliche Vorgaben. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.3.24 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.01.2010, L 34 AS 2082/09 B ER FEVS Bd. 61 S. 475 Sachverhalt: Einreise zur Erlangung von Sozialleistungen Gründe: Der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist gemeinschaftsrechtskonform, sofern er solche Leistungen nach dem SGB II betrifft, die nicht den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern, sondern den Lebensunterhalt sichern sollen (z. B. die Regelleistung nach § 20 SGB II). § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist mit Sinn und Zweck des Europäischen Fürsorgeabkommens vereinbar. Ein Hilfesuchender gehört nicht zum Personenkreis, der vom Schutzbereich des Abkommens erfasst wird, wenn er in der Absicht eingereist ist, hier Sozialleistungen zu erhalten. Hierfür genügt, dass er sich zumindest bewusst gewesen sein muss, für die nächste Zeit hilfebedürftig und auf öffentliche Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes angewiesen zu sein, sofern die Erwartung, eine Arbeit zu finden, mit welcher er seinen Lebensunterhalt vollständig bestreiten kann, nicht erfüllten sollte. Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie ist mir Art. 12 EG vereinbart, jedenfalls für den Fall, dass der Unionsbürger sein Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche herleiten kann und weder eine Aufenthaltserlaubnis (nach nationalem Recht) noch ein Daueraufenthaltsrecht besitzt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 153 2.4.3.25 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 23/10 R Juris 20.10.2010 FEVS Bd. 62 S. 433 Sachverhalt: Anspruch eines in Deutschland lebenden Franzosen auf Arbeitslosengeld II Gründe: Das BSG hat entschieden, dass ein französischer Staatsbürger Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld II selbst dann hat, wenn sich sein Aufenthaltsrecht alleine aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Nach Auffassung des BSG sind in Deutschland lebende arbeitslose Ausländer nicht vom Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgeschlossen, wenn sie sich auf das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) vom 11.12.1953 berufen können. In diesem Fall sei die Ausschlussregelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf sie nicht anwendbar. Die Voraussetzungen des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 1 EFA lägen auch insoweit vor, als es sich bei der beanspruchten Regelleistung nach § 20 SGB II um Fürsorge im Sinne des EFA handelt. Hierzu zählt nicht nur die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII, sondern auch die begehrte Leistung nach dem SGB II. Deswegen komme es nicht darauf an, dass die Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Europarat nach wie vor nur das zum 31.12.2004 außer Kraft getretene Bundessozialhilfegesetz (BSHG)) als unter den Geltungsbereich des Abkommens fallendes Fürsorgegesetz gemeldet hat. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 154 2.4.4 Prüfung der Erwerbsfähigkeit durch die Krankenkasse 2.4.4.01 Gericht/Entscheidung: Landessozialgericht Celle, Beschluss vom 19.04.2005, L 4 KR 42/05 Sachverhalt: Krankenkasse stellt die Erwerbsfähigkeit in Frage Gründe: Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes offen gelassen, wie in Fällen zu verfahren ist, in denen der Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende zu Unrecht die Erwerbsfähigkeit bejaht und durch die Gewährung von Arbeitslosengeld II die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung begründet. Jedenfalls darf der Streit nicht zu Lasten des Alg II-Empfängers ausgetragen werden, der vollen Versicherungsschutz genießt. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.4.02 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 19.04.2005 – L 4 KR 42/05 Sachverhalt: Erwerbsfähigkeit, Krankenversicherungspflicht, Anordnungsanspruch, Folgenabwägung, Rechtsschutzgarantie Gründe: Kann über das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nur nach zeitaufwändiger Prüfung der Sach- und Rechtslage entschieden werden, so ist nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats in Ansehung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG von einer Prüfung der Erfolgsaussicht eines Hauptsacheverfahrens abzusehen und die Entscheidung auf eine Folgenabwägung zu stützen. Voraussetzung ist, dass andernfalls schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Die Frage, ob die Leistungspflicht einer gesetzlichen Krankenkasse für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in den Fällen entfällt, in denen Arbeitslosengeld II ohne Prüfung der Erwerbsfähigkeit des Antragstellers grob fahrlässig bewilligt wird, setzt eine zeitaufwändige Prüfung der Sach- und Rechtslage voraus. Sie kann grundsätzlich nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes entschieden werden. Es ist dem Antragsteller angesichts der Eilbedürftigkeit seiner Behandlung nicht zuzumuten, mit dem Sozialhilfeträger zu klären, ob dieser trotz der Krankenversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V für die Kosten der Krankenbehandlung zuständig ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 155 2.4.5 Asylbewerber und Angehörige 2.4.5.1 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 13.11.2008, B 14 AS 24/07 R FEVS Bd. 60 S. 506 Sachverhalt: Leistungsausschluss von Asylbewerbern Gründe: Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II normierten Ausschluss der Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bestehen nicht. Die Intention des SGB II einerseits, die Eingliederung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger in den Arbeitsmarkt, und der Zweck des AsylbLG andererseits, keine leistungsrechtlichen Anreize zur Einreise und zum Verbleib von Ausländern zu bieten, rechtfertigt die Differenzierung der Leistungsberechtigung im SGB II danach, ob ein Ausländer dem AsylbLG unterfällt. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.5.2 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 21.12.2009, B 14 AS 66/09 R FEVS Bd. 61 S. 498, B 14 AS 66/08 R Sachverhalt: Angehörige von Asylbewerbern, Leistungsausschluss Gründe: Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB II bezieht sich nicht nur auf erwerbsfähige Hilfebedürftige, sondern auch auf (nicht erwerbsfähige) Angehörige erwerbsfähiger Hilfebedürftiger; dies folgt aus der Entstehungsgeschichte und insbesondere aus dem Sinn und Zweck der Norm, dass der dort geregelte Leistungsausschluss alle Beteiligten i. S. d. § 1 AsylbLG erfassen soll. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 156 2.4.6 Sonstige Fälle 2.4.6.1 Gericht/Entscheidung: VGH München, Beschluss vom 23.06.2009, 12 ZB 07.2852 FEVS Bd. 61 S. 87 Sachverhalt: Abgrenzung Grundsicherung für Arbeitsuchende, Kinder- und Jugendhilfe Gründe: Zur Abgrenzung von Leistungen nach dem SGB II und dem SGB VIII. Ein Vorrang des SGB II gegenüber Leistungen i. S. v. § 13 Abs. 2 SGB VIII besteht nur dort, wo erwerbstätige Hilfebedürftige i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II umfassend bei der Eingliederung in Arbeit beraten und unterstützt werden sollen. In Fällen, in denen der Ausgleich sozialer Benachteiligungen im Vordergrund steht und die soziale Integration bzw. die Festigung der Lebensverhältnisse das Ziel der Hilfe darstellen, sind Maßnahmen der Jugendhilfe nach § 13 Abs. 2 SGB VIII vorrangig. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.6.2 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Urteil vom 18.12.2009, L 7 AS 413/09 Juris 04.03.2010 Sachverhalt: Weitergewährung von Hartz IV-Leistungen erst ab Folgeantrag. Gründe: Der Zeitpunkt der Antragstellung sei für den Beginn der Leistungserbringung ausschlaggebend. Wird daraufhin eine Leistung für eine bestimmte Dauer gewährt, erledige sich der Antrag mit Ablauf dieses Zeitraums. Weitere Leistungen seien erst aufgrund eines Folgeantrags zu gewähren. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Behörde den Hilfebedürftigen zuvor auf die Notwendigkeit eines solchen Folgeantrages rechtzeitig und zutreffend hingewiesen hat. In diesem Zusammenhang hat das Landessozialgericht auf die Pflicht hingewiesen, einen Bescheid sorgfältig und vollständig zu lesen. Der Kläger habe hingegen den Hinweis auf einen rechtzeitig zu stellenden Folgeantrag vorwerfbar nicht zur Kenntnis genommen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 157 2.4.6.3 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 07.05.2009, B 14 AS 16/08 R FEVS Bd. 61 S. 241 Sachverhalt: Erwerbsfähigkeit, Maßregelvollzug, stationäre Einrichtung, Vollzugslockerungen Gründe: Ein seit Jahren im Maßregelvollzug Untergebrachter befindet sich ab dem Zeitpunkt der Gewährung von Vollzugslockerungen (zur Arbeitsuche und Arbeitsaufnahme) nicht mehr in einer stationären Einrichtung i. S. d. § 7 Abs. 4 SGB II, sodass er ab diesem Zeitpunkt dem Regelungssystem des SGB II zuzuordnen ist. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.4.6.4 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 07.05.2009, B 14 AS 13/08 R Juris 15.07.2010 Sachverhalt: Anteilige Unterkunftskosten ab Antragstellung bei Mietzahlung bereits vor Antragstellung Gründe: Leistungen für Unterkunft und Heizung sind ab Antragstellung anteilig auch dann zu erbringen, wenn die Miete für den laufenden Monat bereits vor der Antragstellung gezahlt wurde. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 158 2.4.7 Antragsformular 2.4.7.1 Gericht/Entscheidung: SG Hildesheim, Beschluss vom 10.02.2009, S 33 AS 5/09 ER ZfF 4/2010 S. 87 Sachverhalt: Verwendung des vorgeschriebenen Antragsvordrucks im Bereich des SGB II Gründe: Die Verwendung des vorgeschriebenen Antragsformulars ist keine Anspruchsvoraussetzung; die formellen und materiellen Anforderungen an eine Hilfegewährung ergeben sich einzig aus dem SGB II. Der Eigentümer eines selbst bewohnten Hauses hat keinen Anspruch auf Übernahme einer Instandhaltungspauschale im Rahmen der Unterkunftskosten, denn eine unmittelbar aus dem Eigentum folgende Last liegt – im Gegensatz zur Eigentumswohnung – nicht vor. Dem berechtigten Interessen des Eigentümers eines Eigenheimes an der Erhaltung seiner Immobilie wird dadurch Rechnung getragen, dass er bei konkreten Reparaturarbeiten die Kosten hierfür beantragen kann. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 159 2.4.8 Anspruch bei Ortsabwesenheit 2.4.8.1 Gericht/Entscheidung: LSG BW, Urteil vom 14.07.2010, L 3 AS 3552/09 Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Kürzung der Leistungen bei nicht genehmigter Abwesenheit Gründe: Der Bewilligungsbescheid des Job-Centers enthielt folgenden Hinweis: Sie müssen immer unter der von ihnen benannten Adresse erreichbar sein. Sollten Sie eine Ortsabwesenheit planen, sind Sie verpflichtet, den Zeitraum und die Dauer der Ortsabwesenheit mit ihrem persönlichen Ansprechpartner vorab abzustimmen. Eine unerlaubte Abwesenheit kann zum Wegfall und zur Rückerstattung des Arbeitslosengeldes II führen. Der Arbeitsuchende hatte diese Regel nicht beachtet, worauf das LSG die Verpflichtung zur Rückzahlung der Hilfe rechtskräftig feststellte. Allein ihrem Wortlaut nach ist die Vorschrift zwar auch auf die Bezieher von Sozialgeld anzuwenden, da sie sich auf alle Leistungen nach dem SGB II bezieht. Bedenken hiergegen ergeben sich bereits daraus, dass für die Ortsabwesenheit die Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners erforderlich ist, jedoch nur Alg II-Bezieher, nicht dagegen die Bezieher von Sozialgeld einen persönlichen Ansprechpartner haben. Dementsprechend wird auch in den Dienstanweisungen der Bundesagentur zum SGB II ausgeführt, die Erteilung einer Zustimmung zu Ortsabwesenheiten von Personen, die das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sei entbehrlich. ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 160 2.4.8.2 Gericht/Entscheidung: SG Frankfurt am Main, Urteil vom 22.07.2010, S 24 AS 1080/08 Juris 28.09.2010 Sachverhalt: Kein Hartz IV bei Wohnsitzaufgabe Gründe: Der Kläger wohnte in einer Mietwohnung in Kassel. Im November 2007 zog der Kläger nach Offenbach. Der Kläger informierte die Beklagte weder über den Auszug aus der alten Wohnung noch gab er eine neue Adresse an. Die bereits erfolgte Leistungsbewilligung wurde aufgehoben und die erbrachten Leistungen zurückgefordert. Aufgrund der Aufgabe seines bisherigen Wohnsitzes habe der Kläger seinen Leistungsanspruch verloren. Es komme dabei nicht darauf an, ob sich der Kläger möglicherweise tatsächlich weiterhin im Zuständigkeitsbereich des Beklagten in Kassel aufgehalten hat. Maßgeblich sei allein, dass sich der Kläger ohne Zustimmung der Beklagten von seinem bisherigen Wohnsitz entfernt hat. Dieser Wohnsitz sei durch seine frühere Wohnadresse bestimmt gewesen. Damit habe er sich außerhalb des nach der Erreichbarkeits-Anordnung zu bestimmenden zeit- und ortsnahen Bereichs aufgehalten und sei daher nach dem Gesetz von Leistungen ausgeschlossen gewesen. ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 161 2.4.8.3 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 18.01.2011, B 4 AS 14/10 R Juris 19.01.2011 Sachverhalt: SGB II-Leistungen an eine im Ausland lebende Deutsche. Gründe: Die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 SGB II erfüllt die Klägerin nicht, wie sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in der Bundesrepublik Deutschland hat, wie dies § 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB II i. V. m. § 30 SGB I voraussetzt. Aus den Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts kann die Klägerin keinen Anspruch auf eine Exportierbarkeit der beantragten SGB II-Leistungen nach Österreich ableiten. Aus Art. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich vom 17.01.1966 ergibt sich nur, dass die Klägerin bei einem Aufenthalt in Österreich Fürsorge und Jugendwohlfahrtspflege in gleicher Weise, in gleichem Umfang und unter gleichen Bedingungen wie österreichische Staatsangehörige verlangen kann, ihr Existenzminimum als im Wohnortstaat garantiert ist. Ein Anspruch folgt auch nicht aus der Regelung der EWG (VO) Nr. 1408/71. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne Zuschlag nach § 24 SGB II sind "besondere beitragsunabhängige Geldleistungen" i. S. v. Art. 4 Abs. 2a EWG (VO) 1408/71. Als besondere beitragsunabhängige Geldleistungen gehören die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zwar dem sachlichen Anwendungsbereich der EWGV 1408/71 an, sie unterfallen jedoch der Wohnortklausel des Art. 10a EWGV 1408/71, die eine Exportierbarkeit der Leistungen grundsätzlich ausschließt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 162 2.5 Auszubildende und Studierende: 2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.4 2.5.5 Angehörige Anspruch auf Mehrbedarfszuschlag Auszubildende/Schüler Studenten Sonstige 2.5.1 Angehörige 2.5.1.01 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Oldenburg, Beschluss vom 11.01.2005, S 45 AS 2/05 ER Sachverhalt: Sozialgeld für Angehörige von Auszubildenden Gründe: Auszubildende und Studierende, die an sich keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II haben, können aber für ihre bedürftigen Kinder Sozialgeld als Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhalten. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 163 2.5.1.02 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Oldenburg, Beschluss vom 18.01.2005, S 46 AS 24/05 ER Sachverhalt: Ausschluss von Studenten, besondere Härte, Sozialgeld für die Kinder, verfassungskonforme Auslegung Gründe: Die Krebserkrankung des Kindes allein vermag einen besonderen Härtefall nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II nicht zu begründen. Aus der Regelung in § 21 Satz 1 SGB XII und § 5 Abs. 2 SGB II ergibt sich, dass durch das Anknüpfungsmerkmal des erwerbsfähigen Hilfesuchenden beim Hauptleistungsberechtigten eine eindeutige Unterscheidung im Zuständigkeitsbereich zwischen dem SGB II und dem SGB XII geschaffen werde. Daher führt der Umstand, dass Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige oder als deren Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, aber keine Leistungen aufgrund anderer Ausschlusstatbestände erhalten, nicht dazu, dass sie in einem derartigen Fall Leistungen nach dem SGB XII erhalten. Dies wird auch deutlich durch die Regelung in § 31 Abs. 6 Satz 3 SGB II. Die verfassungskonforme Auslegung gebietet, einen Anspruch der in Bedarfsgemeinschaft lebenden nicht erwerbstätigen Kinder auf Sozialgeld nicht an strenger Akzessorietät scheitern zu lassen, da das Existenzminimum gewährleistet bleiben muss. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 164 2.5.1.03 Gericht/Entscheidung: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.02.2010, L 1 SO 84/09 B ER FEVS Bd. 62 S. 39 Sachverhalt: Abgrenzung SGB XII/SGB II, Ausländer, Erwerbsfähigkeit, Angehörige, Auszubildende, Leistungsausschluss, Mehrbedarf, Alleinerziehung, Wiederaufnahme Gründe: Die Vorschrift des § 8 SGB II ist nicht nur eine Anspruchsvoraussetzung zur Leistungsgewährung nach dem SGB II, sondern grenzt zudem grundsätzlich den Anwendungsbereich von SGB II und SGB XII voneinander ab und korrespondiert mit § 21 SGB XII. Die Aufenthaltserlaubnis für eine ausländische Studentin, die nach § 16 Abs. 3 AufenthG zur Ausübung einer Beschäftigung von insgesamt 90 Tagen oder 180 halben Tagen im Jahr sowie einer studentischen Nebentätigkeit berechtigt, genügt den Anforderungen zur rechtlichen Erwerbsfähigkeit i. S. d. § 8 Abs. 2 SGB II. Für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II ist unerheblich, ob der Auszubildende die ausländer- und aufenthaltsrechtlichen Vorgaben des § 8 BAföG erfüllt. Der Leistungsausschluss umfasst nicht Mehrbedarfszuschläge für Alleinerziehung nach § 21 Abs. 3 SGB II. Die nach § 7 Abs. 5 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossene Auszubildende ist dem Grunde nach weiterhin dem System des SGB II zuzuordnen, sodass mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebende Angehörige nach § 21 Satz 1 SGB XII keinen Anspruch auf Lebensunterhaltsleistungen nach SGB XII haben, sondern grundsätzlich Anspruch auf Sozialgeld nach § 28 SGB II. § 181 SGG ist auf die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende und die Sozialhilfeträger entsprechend anwendbar. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 165 2.5.2 Anspruch auf Mehrbedarfszuschlag 2.5.2.01 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Oldenburg, Beschluss vom 12.01.2005, S 45 AS 1/05 Sachverhalt: Studentin, Anspruch auf MBZ wegen Alleinerziehen Gründe: Keinen Mehrbedarf wegen Alleinerziehung (§ 21 SGB II) erhält eine Hilfebedürftige, die keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II hat, weil sie sich in einer Ausbildung befindet. Die Gewährung eines Mehrbedarfes setze voraus, dass die Person, für die dieser gezahlt wird, selbst leistungsberechtigt sei. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.5.2.02 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 06.09.2007, B 14/7b AS 36/06 R Sachverhalt: Ausschluss von dem Grunde nach Bafög-Berechtigten von den Leistungen zum Lebensunterhalt im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende Anspruch auf Mehrbedarfszuschlag für nicht ausbildungsgeprägtem Bedarf Gründe: Ausgeschlossen sind mithin nur Leistungen für ausbildungsbedingtem Bedarf. Ein Mehrbedarf, unabhängig von der Ausbildung, ist daher gleichwohl nach § 21 SGB II oder § 23 SGB XII zu erbringen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 166 2.5.2.03 Gericht/Entscheidung: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.02.2010, L 1 SO 84/09 B ER FEVS Bd. 62 S. 39 Sachverhalt: Abgrenzung SGB XII/SGB II, Ausländer, Erwerbsfähigkeit, Angehörige, Auszubildende, Leistungsausschluss, Mehrbedarf, Alleinerziehung, Wiederaufnahme Gründe: Die Vorschrift des § 8 SGB II ist nicht nur eine Anspruchsvoraussetzung zur Leistungsgewährung nach dem SGB II, sondern grenzt zudem grundsätzlich den Anwendungsbereich von SGB II und SGB XII voneinander ab und korrespondiert mit § 21 SGB XII. Die Aufenthaltserlaubnis für eine ausländische Studentin, die nach § 16 Abs. 3 AufenthG zur Ausübung einer Beschäftigung von insgesamt 90 Tagen oder 180 halben Tagen im Jahr sowie einer studentischen Nebentätigkeit berechtigt, genügt den Anforderungen zur rechtlichen Erwerbsfähigkeit i. S. d. § 8 Abs. 2 SGB II. Für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II ist unerheblich, ob der Auszubildende die ausländer- und aufenthaltsrechtlichen Vorgaben des § 8 BAföG erfüllt. Der Leistungsausschluss umfasst nicht Mehrbedarfszuschläge für Alleinerziehung nach § 21 Abs. 3 SGB II. Die nach § 7 Abs. 5 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossene Auszubildende ist dem Grunde nach weiterhin dem System des SGB II zuzuordnen, sodass mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebende Angehörige nach § 21 Satz 1 SGB XII keinen Anspruch auf Lebensunterhaltsleistungen nach SGB XII haben, sondern grundsätzlich Anspruch auf Sozialgeld nach § 28 SGB II. § 181 SGG ist auf die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende und die Sozialhilfeträger entsprechend anwendbar. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 167 2.5.3 Auszubildende/Schüler 2.5.3.01 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.04.2005, L 8 AS 36/05 ER Sachverhalt: Darlehensweise Grundsicherung an Auszubildende Gründe: Das Gericht hat einem Auszubildenden darlehensweise Grundsicherung für Arbeitsuchende zugesprochen, weil ein besonderer Härtefall vorliege, nachdem die Partnerin des Azubis den gemeinsamen Haushalt verlassen hatte und nun nicht mehr die Bestreitung des Lebensbedarfs einschließlich der hohen Unterkunftskosten durch die Ausbildungsvergütung und die Berufsausbildungsbeihilfe gedeckt wird. Dies ermögliche die Härtefallregelung des § 7 Absatz 5 Satz 2 SGB II, die einen Bedarf erfasse, der durch besondere, von der Ausbildung unabhängige Gründe bedingt sei. Ein Härtefall liege vor, wenn die finanzielle Grundlage für die zuvor gesicherte Ausbildung entfallen ist, sofern dies vom Hilfesuchenden nicht zu vertreten ist, die Ausbildung schon fortgeschritten ist und der Hilfesuchende begründete Aussicht hat, nach der Ausbildung eine Erwerbstätigkeit ausüben zu können. Außerdem seien in den ersten sechs Monaten auch bei Härtefällen i. S. der eben genannten Vorschrift die Unterkunftskosten in voller Höhe anzuerkennen (§ 22 Absatz 1 Satz 2 SGB II). -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.5.3.02 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Hamburg, Beschluss vom 21.04.2005, S 51 AS 219/05 ER Sachverhalt: Grundsicherung für Arbeitsuchende, Auszubildender, Ausschluss von Ausbildungsförderung, Anwendungsbereich von § 7 Abs. 6 Nr. 1 SGB II Gründe: Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB II bestehen für Auszubildende auch dann, wenn neben dem in § 7 Abs. 6 Nr. 1 Alt 1 SGB II bezeichneten Grund weitere, individuelle Gründe für den Ausschluss von Ausbildungsförderung vorliegen (vgl. OVG Lüneburg vom 12.05.1998 – 4 M 2072/98 –NdsRpfl 1998, 281). Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 168 2.5.3.03 Urteil/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 14.04.2005, L 8 AS 36/05 ER Sachverhalt: Ausbildungsabbruch, Ausbildungsunabhängiger Bedarf, Härte – Einstweilige Anordnung, Ermessensleistung Gründe: Der Ausschluss von Leistungen in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II für Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, gilt nur für einen ausschließlich ausbildungsgeprägten Bedarf. Ein Auszubildender, der sich in einer dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung befindet, kann ungeachtet des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II solche Leistungen beanspruchen, die zwar nach ihrer Zuordnung im SGB II zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt sind, jedoch einen Bedarf betreffen, der durch besondere, von der Ausbildung unabhängige Umstände bedingt ist. Unterkunftskosten bedingen in der Regel keine derartigen besonderen Umstände. Diese sind vielmehr in den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts enthalten. Ein besonderer Härtefall i. S. von § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II liegt vor, wenn die finanzielle Grundlage für eine Ausbildung, die zuvor gesichert war, entfallen ist, sofern dies vom Hilfesuchenden nicht zu vertreten , die Ausbildung schon fortgeschritten ist und der Hilfesuchende begründete Aussicht hat, nach der Ausbildung eine Erwerbstätigkeit ausüben zu können. Auch eine Ermessensleistung (hier § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II) kann im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zugesprochen werden, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Leistungsträger sein Ermessen sachgerecht dahin wird ausüben müssen, die Hilfe zu gewähren. Ist bei zutreffender Auslegung des Gesetzes ein besonderer Härtefall zu bejahen, ist kaum noch ein sachgerechter Grund denkbar, die Leistung gleichwohl zu verweigern. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.5.3.04 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 02.02.2006, L 5 B 396/05 ER AS Sachverhalt: Auszubildender, Darlehen, Fortgeschrittene Ausbildung, Härte Gründe: Eine besondere Härte i. S. d. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II ist anzunehmen, wenn eine Ausbildung im Jahr 2004 in Kenntnis der Bundesagentur für Arbeit begonnen wurde, schon fortgeschritten ist und die Vermittlungsaussichten verbessert. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 169 2.5.3.05 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 22.09.2005, L 5 B 260/05 ER AS Sachverhalt: Anspruch auf SGB II-Leistungen zur Anmietung einer Wohnung Gründe: Die 19-jährige Hilfebedürftige besucht die 11. Klasse des Wirtschaftsgymnasiums. Die Hilfe wurde wegen des dem Grunde nach bestehenden BAföG-Anspruch von der Arge und dem SG versagt. Das LSG hat die Entscheidungen aufgehoben und die Arge zur Leistung verpflichtet. Nach den Feststellungen des Jugendamtes bestehe ein problematischer familiärer Hintergrund, der eine räumliche Trennung von der Mutter sinnvoll erscheinen lasse. Deshalb bestehe eine konkrete Bedarfslage. Ein Anordnungsgrund und ein Anordnungsanspruch wurden bejaht. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 170 2.5.3.06 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 02.05.2006, L 5 B 160/06 ER AS Sachverhalt: Übernahme der Unterkunftskosten Gründe: Das Sozialgericht hat einer 18-jährigen, die bei ihrer Mutter ausgezogen war, die Unterkunftskosten zugebilligt. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Arge wurde zurückgewiesen. Die Antragstellerin und ihre Mutter haben nach Ansicht des Gerichts nachvollziehbare Gründe für einen bestehenden Mutter-Kind-Konflikt benannt. Es würde die Anforderungen an eine Glaubhaftmachung überspannen, wenn man nur handfeste Beweise in Form von tätlichen Auseinandersetzungen bis hin zu Polizeieinsätzen gelten ließe. Die 18-jährige Antragstellerin, die im sechsten Monat schwanger ist, lebt zusammen mit ihrer behinderten Schwester und ihrer Mutter. Ihr derzeitiges Zimmer ist 6 qm groß. Da sie keine Ausbildung und Arbeit hat, gab es mit ihrer Mutter ständig Streit; diese lehnt auch die Schwangerschaft ab und kennt den Kindesvater nicht. Die Antragstellerin darf ihre Musik nicht hören und keine Freunde mitbringen. Sie versteht sich überhaupt nicht mit ihrer Schwester und fühlt sich von der Mutter zurückgesetzt. Nicht zu folgen vermag der Senat ferner der Argumentation der Antragsgegnerin, die Antragstellerin müsse zunächst die Hilfe öffentlicher Stellen in Anspruch nehmen, um die familiären Probleme zu lösen, bevor sie sich hierauf berufen könne. Das BSG hat zu Recht darauf verwiesen, dass die Einschaltung von Trägern der Jugendhilfe – oder ähnlichen Einrichtungen – zwar ein Indiz für das Vorliegen einer nachhaltigen Beziehungsstörung sein könne, nicht aber Voraussetzung für die Anerkennung einer solchen sei. Wenn die Beteiligten die Leistungen der Jugendhilfe nicht in Anspruch nehmen wollten, so sei dies zu akzeptieren: ihnen solle Hilfe angeboten, aber nicht aufgezwungen werden. Der Einwand, dass durch die Verpflichtung zur Erteilung der Zusicherung zunächst einmal vollendet Tatsachen geschaffen würden, ist zutreffend, doch würde seine Berücksichtigung in derartigen Fällen jeglichen Eilrechtsschutz ausschließen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 171 2.5.3.07 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.02.2006, L 9 AS 19/06 ER Sachverhalt: Anspruch auf SGB II-Leistungen zum Besuch der 12. Klasse des Gymnasiums Gründe: Die Ausbildung ist nicht "dem Grunde nach" förderungsfähig. Zwar ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAföG zunächst, dass für den Besuch von weiterführenden allgemein bildenden Schulen, wie hier des Gymnasiums, Ausbildungsförderung geleistet wird. Nach § 2 Abs. 1a BAföG wird für den Besuch derartiger allgemein bildender Schulen in Fällen, in denen der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt, jedoch nur Ausbildungsförderung geleistet, wenn die weiteren in § 2 Abs. 1a Nr. 1-3 BAföG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Dies ist in der Person des Beschwerdeführers indessen nicht der Fall. Allein dies war auch Anlass für die Region Hannover, ihm mit Bescheid vom 17.01.2006 unter ausdrücklichen Hinweis auf § 2 Abs. 1a BAföG die Gewährung von Leistungen zu versagen. Damit ist die von ihm betriebene Ausbildung schon "dem Grunde nach" nach dem BAföG nicht förderungsfähig. Diese Grundsätze haben bereits unter Geltung der Vorläufervorschrift von § 7 Abs. 5 und 6 SGB II, nämlich § 26 BSHG, dazu geführt, dass im Sozialhilferecht angenommen worden ist, dass nicht im Haushalt der Eltern lebende Schüler allgemein bildender Schulen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialhilferecht haben. Deshalb ist es angezeigt, die Arge im Wege der einstweiligen Anordnung zur Gewährung der Leistungen für den Lebensunterhalt zu verpflichten. Das gelte auch für die Unterkunftskosten. Es ist keine Norm ersichtlich, aus der sich die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Wohnsitznahme bei seinen Eltern ergibt. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.5.3.08 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.01.2006, L 5 B 1351/05 AS ER FEVS Bd. 57 S. 423 Sachverhalt: Auszubildende, Härte, Leistungsausschluss Gründe: Ist eine Ausbildung gemäß BAföG dem Grunde nach förderungsfähig, ändert sich am Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II nicht dadurch etwas, dass sie konkret im Hinblick auf die Ausbildungsbiografie des Antragstellers nicht gefördert wird. Ein besonderer Härtefall i. S. d. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II liegt nicht vor, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das damit in aller Regel verbundene Maß nicht hinausgehen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 172 2.5.3.09 Gericht/Entscheidung: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13.06.2008, L 5 ER 124/08 AS Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Bereinigung des Schüler-BAföG von Schulkosten bei der Gewährung von ergänzender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB II Gründe: Der von den Durchführungsanordnungen (DA) der Bundesagentur für Arbeit (BA) vorgesehene Pauschalabzug von 20 v. H. vom Schüler-BAföG für den Teil, der die ausbildungsbedingten Aufwendungen abdecken soll, ist im Grundsatz nicht zu beanstanden (ebenso LSG Berlin-Brandenburg aaO). dies kann aber wegen der Zweckbestimmung des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II dann nicht gelten, wenn im Einzelfall höhere ausbildungsbezogene Aufwendungen anfallen. Bei diesen ist entgegen den DA der BA auch das Schulgeld zu berücksichtigen. Der insoweit gegenteiligen Auffassung des SG im angefochtenen Beschluss im Anschluss an das LSG Berlin-Brandenburg (aaO) folgt der Senat nicht. Im vorliegenden Zusammenhang geht es nicht um die Absetzung von mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben. Vielmehr ist abzugrenzen, welcher Teil der Einnahmen im Einzelfall i. s. des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II einem anderen Zweck als die SGB IILeistung dient. Das Schüler-BAföG dient insoweit einem anderen Zweck, als schulbezogene Aufwendungen abgedeckt werden; zu diesen zählt auch das Schulgeld. Nur soweit das Schüler-BAföG die ausbildungsbezogenen Kosten (einschließlich des Schulgeldes) übersteigt, ist nach dem Sinn und Zweck des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a (Vermeidung von Doppelleistungen mehrerer öffentlicher Träger zur Abdeckung desselben Bedarfs) eine Anrechnung auf das Alg II gerechtfertigt. Der Auffassung der Antragsgegnerin, das Schüler-BAföG sei nur dazu bestimmt, die "üblichen" Ausbildungskosten, insbesondere Schulmaterial abzudecken, nicht jedoch Kosten eines Schulbesuchs, folgt der Senat nicht. Eine solche einschränkende Zweckbestimmung des Schüler-BAföG ist den Vorschriften des BAföG nicht zu entnehmen. Zu den Kosten der Ausbildung i. S. d. BAföG zählt u. a. auch das Schulgeld (Rothe/Blanke, BAföG, § 11 Rn 10). -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.5.3.10 Gründe/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.06.2008, L 28 B 819/08 AS ER Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Bereinigung des Schüler-BAföG von Schulkosten bei der Gewährung von ergänzender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB II Gründe: Ähnlich wie 2.5.3.9 Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 173 2.5.3.11 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 17.03.2009, B 14 AS 63/07 R Sachverhalt: Ermittlung der Ausbildungskosten als zweckbestimmte Einnahmen Gründe: In der Praxis der Sozialhilfeträger, der sich die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende überwiegend angeschlossen haben, ist ausgehend von einer entsprechenden Regelung in den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Bundesausbildungsförderungsgesetz davon ausgegangen worden, dass eine Pauschale von 20 vom Hundert von den BAföG-Leistungen für ausbildungsbedingte Kosten gewährt werden. Die Pauschalierung muss sich aus der Sicht des Senats allerdings von dem Betrag ableiten, der nach dem BAföG insgesamt als bedarfsdeckend angesehen wird. Gerade bei der Leistungsbemessung nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG, der nur einen geringen Gesamtbedarf des Auszubildenden zugrunde legt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass noch der überwiegend Teil davon zur Deckung des Lebensunterhalts verwandt werden muss. Der Gesetzgeber des BAföG geht im Grundsatz davon aus, dass sich wegen des Zusammenlebens des Auszubildenden mit den Eltern die Kosten des Lebensunterhalts insbesondere durch Gewährung von Naturalunterhalt durch die Eltern erheblich vermindern. Demgegenüber verringern sich die Kosten der Ausbildung selbst (Schul- oder Studiengebühren, Ausgaben für Bücher und Lehrmaterial, Arbeitskleidung, Fahrtkosten etc.) durch das Zusammenleben mit den Eltern nicht. Eine nachvollziehbare Pauschalierung kann sich daher nur von dem durch den BAföG-Gesetzgeber festgesetzten Gesamtbedarf eines Auszubildenden in entsprechender Ausbildungsform ableiten. Dies sind € 412,- (vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 BAföG in der bis zum 31.07.2008 geltenden Fassung). Für die Klägerin errechnet sich daraus eine Pauschale für zweckbestimmte Ausbildungskosten in Höhe von € 82,40 (20 vom Hundert von € 412 entsprechend). Von dem danach nicht nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II privilegierten Einkommen in Höhe von € 109,60 ist die Versicherungspauschale in Höhe von € 30 abzusetzen, die ohne jeden Nachweis und jedem erzielten Einkommen abzuziehen ist. Zusätzlich sind Absetzungen für die nachgewiesenen Kosten einer Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von € 32,89 vorzunehmen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 174 2.5.3.12 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 07.02.08, L 14 B 133/08 AS ER FEVS Bd. 60 S. 9 Sachverhalt: Anrechnung von Kindergeld auf die Unterkunftskosten Gründe: Bei der Berechnung der Höhe des Zuschusses zu den ungedeckten angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 7 SGB II ist Kindergeld nicht als Einkommen bedarfsmindernd zu berücksichtigen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.5.3.13 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 17.03.2009, B 14 AS 63/07 R FEVS Bd. 61 S. 119 Sachverhalt: Ausbildungsförderung, Einkommenseinsatz, zweckbestimmte Leistung Gründe: Bei Ermittlung des einzusetzenden Einkommens sind Leistungen nach dem BAföG teilweise als zweckbestimmte Einnahmen nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II nicht zu berücksichtigen. Der zweckbestimmte Anteil dieser Leistungen ist nicht konkret entsprechend der tatsächlichen zweckgebundenen Verwendung im Einzelfall, sondern pauschal zu bestimmen, und zwar in Höhe von 20 v. H. des jeweiligen BAföG-Gesamtbetrages. Ausbildungskosten, die über den zweckbestimmten Anteil der Ausbildungsförderung hinaus wegen der Besonderheiten der Ausbildung angefallen sind, können nicht als mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II abgesetzt werden, weil sie der Art nach bereits bei der Ermittlung des Einkommens wegen einer besonderen Zweckbestimmung berücksichtigt worden sind. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 175 2.5.3.14 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 28.10.2009, B 14 AS 44/08 R FEVS Bd. 61 S. 491 Sachverhalt: Ausbildungsbedingter Bedarf, Schülerfahrtkosten Gründe: Für Schülerfahrtkosten (hier Monatskarte für Fahrten zur Berufsfachschule) kommt eine Hilfe nach § 73 SGB XII nicht in Betracht, denn weder der Schulbesuch noch die dadurch entstehenden Fahrtkosten begründen eine besondere, atypische Lebenssituation, die eine Nähe zu den anderen im 5. bis 9. Kapital des SGB XII geregelten Bedarfslagen aufzuweisen hat. Bei den Aufwendungen für eine Schülermonatskarte handelt es sich um spezifisch ausbildungsbedingte Kosten, die nicht vom Regelbedarf umfasst sind, sodass bereits deshalb eine Darlehensgewährung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht beansprucht werden kann. Die Verlagerung ausbildungsbedingter, aber ausbildungsförderungsrechtlich nicht berücksichtigter Bedarfe in den Bereich existenzsichernder Leistungen ist grundsätzlich ausgeschlossen, soweit der Gesetzgeber Ausnahmen hiervon nicht ausdrücklich zulässt (z. B. § 24 a SGB II), denn auch soweit § 7 Abs. 6 SGB II Ausnahmen vom grundsätzlichen Leistungsausschluss normiert, wird ein spezifisch ausbildungsbedingter Bedarf nicht umfasst. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.5.3.15 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 21.12.2009, B14 AS 61/08 R FEVS Bd. 62 S. 10 Sachverhalt: Leistungsausschluss, Schüler-BAföG Gründe: Eine Ausnahme vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II gilt unter anderem nach § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II für Auszubildende, die Leistungen auf Grundlage des § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG (sog. Schüler-BAföG) i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 BAföG erhalten. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 176 2.5.4 Studenten 2.5.4.01 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15.04.2005, L 2 B 7/05 AS ER FEVS Bd. 57 S. 263 Sachverhalt: Lebensunterhalt für Student während Diplomarbeit Gründe: Ein Student, der seine Diplomarbeit begonnen hat und dessen Abschlussprüfung unmittelbar bevorsteht, kann einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben, da ein Härtefall vorliege (§ 7 Absatz 5 Satz 2 SGB II). Gegen diesen spreche nicht, dass der Studienabschluss erst in fünf Monaten zu erwarten sei. Das Gericht verpflichtete die Behörde zur Zahlung eines bestimmten Betrages ab Beginn des Monats, in dem der Antrag beim Sozialgericht eingegangen war und nicht nur zu einer ermessensfehlerfreien Entscheidung, da letztere die Rechtsschutzgewährung verzögere; die mögliche Verwaltungsentscheidung habe sich hier auf eine Leistungsgewährung verdichtet. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.5.4.02 Gericht/Entscheidung: LSG Thüringen, Beschluss vom 22.09.2005 – L 7 AS 635/05 ER Sachverhalt: Finanzierung des Studiums Gründe: Eine Ausbildung, die vom ihrem Typus her förderungsfähig ist, schließt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II unabhängig davon aus, ob der Auszubildende keine Förderung erhält, weil er bestimmte Voraussetzungen (hier nach § 7 Abs. 3 BAföG für eine weitere Ausbildung) nicht erfüllt. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit, einen Ausbildungsplatz zu erhalten, mit steigendem Alter sinken mag, ist dieses keine Besonderheit für einen Studenten, der wegen im BAföG angeordneter Leistungsausschlüsse keine Förderung mehr erhält; diese Leistungsausschlüsse würden ins Leere gehen, wenn die mit ihnen einhergehenden Umstände zur Annahme eines besonderen Härtefalles i. S. d. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II führten. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 177 2.5.4.03 Urteil/Entscheidung: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15.04.2005, L 2 B 7/05 AS ER Sachverhalt: Grundsicherung für Arbeitsuchende, Leistungsausschluss für Auszubildende und Studenten, besonderer Härtefall Gründe: Ein Studierender, der nach einem Studienwechsel keine Leitungen nach dem BAföG erhält, ist grundsätzlich von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gem. § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ausgeschlossen. Ein besonderer Härtefall gem. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II kann darin liegen, dass er sich bereits zur Abschlussprüfung angemeldet und seine Diplomarbeit begonnen hat. Bei Vorliegen eines besonderen Härtefalles verbleibt dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende regelmäßig kein Ermessensspielraum, ob er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes im Wege eines Darlehens gewährt. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.5.4.04 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 11.08.2005, L 9 AS 14/05 ER Sachverhalt: Fortführung eines Studiums nach erfolgter Zusicherung des Sozialhilfeträgers. Gründe: Hat eine allein erziehende Frau mit vier Kindern aufgrund einer Zusage des Sozialhilfeträgers ein sechssemestriges Studium aufgenommen und bereits die Hälfte absolviert und hat sie begründete Aussicht, nach der Ausbildung eine Erwerbstätigkeit ausüben zu können, liegt i. S. d. § 7 Abs. 5 SGB II eine Härte vor. Im Rahmen der einstweiligen Anordnung ist der Träger der Leistungen verpflichtet, vorläufig Leistungen als Darlehen zu erbringen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 178 2.5.4.05 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 31.08.2005, L 5 B 185/05 ER AS Sachverhalt: Medizinstudium, Härte, fortgeschrittenes Studium der Ausbildung, gesundheitliche Probleme Gründe: Hat ein Auszubildender unter Überwindung erheblicher gesundheitlicher und familiärer Schwierigkeiten eine wichtige Zwischenprüfung (hier: Physikum im Medizinstudium) bestanden und ist zu besorgen, dass er bei einem Abbruch der Studiums dauerhaft ohne Berufsausbildung bleiben würde, liegt ein besonderer Härtefall i. S. d. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II vor. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.5.4.06 Gericht/Entscheidung: SG Reutlingen, Urteil vom 13.03.2006, S 12 AS 2707/05 ZfF 10/2007 S. 231 Sachverhalt: Immatrikulation für Promotionsstudium Gründe: Nach dem eindeutigen und keiner anderen Auslegung zugänglichen Wortlaut der Regelung des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ist allein die Frage der grundsätzlichen Förderungsfähigkeit nach dem BAföG maßgeblich für den Leistungsausschluss; die bloße Tatsache der Immatrikulation an einer Hochschule erfüllt hingegen den Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II nicht. Ist das vom Hilfesuchenden – nach Abschluss des Geschichtsstudiums mit einem Magister – betriebene Promotionsstudium nach verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung zum BAföG grundsätzlich nicht förderungsfähig, besteht keine Förderungsfähigkeit dem Grunde nach. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 179 2.5.4.07 Gericht/Entscheidung: LSG Thüringen, Beschluss vom 15.01.2007, L 7 AS 1130/06 ER FEVS Bd. 59 S. 45 Sachverhalt: Leistungsausschluss, Teilzeitstudium Gründe: Ein Teilzeitstudium fällt nicht in den sachlichen Anwendungsbereich des BAföG und ist damit nicht dem Grunde nach förderungsfähig, sodass der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II nicht greift. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.5.4.08 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.11.2007, L 14 B 1224/07 AS ER Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Unfallbedingte Erwerbsminderung, Teilzeitstudium Gründe: Der Antragsteller ist nach dem Gutachten des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit auch unter Berücksichtigung seiner unfallbedingten Folgeerkrankungen in der Lage, drei bis sechs Stunden täglich, also mindestens drei Stunden täglich, erwerbsfähig zu sein. Unerheblich ist, ob der Antragsteller aufgrund der zeitlichen Bindung durch sein Teilzeitstudium in der Lage ist, mindestens drei Stunden täglich erwerbsfähig zu sein. Ob der Antragsteller gegebenenfalls sein Studium abbrechen muss, um so in der Lage zu sein, einer existenzsichernden Tätigkeit nachzugehen, ist keine Frage seiner Erwerbsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 SGB II, sondern richtet sich nach der Zumutbarkeit der Aufnahme einer Arbeit im Sinne von § 10 SGB II. Da es sich um ein Zweitstudium handelt, dürfte diese Ausbildung keinen wichtigen Grund für die Unzumutbarkeit einer Arbeit darstellen. Leistungen nach dem SGB II können unter diesem Gesichtspunkt jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c SGB II abgesenkt werden bzw. ganz wegfallen. Dass der Antragsteller gegenwärtig neben dem Studium keine existenzsichernde Arbeit verrichtet und möglicherweise aus gesundheitlichen Gründen auch nicht verrichten kann, steht jedoch nicht generell einem Leistungsausschluss entgegen. Eine Einstellung von Leistungen nach dem aus dem Recht des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuches entnommenen Gesichtspunkt der "fehlenden Verfügbarkeit" ist im SGB II nicht vorgesehen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 180 2.5.4.09 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 06.09.2007, B 14/7b AS 36/06 R FEVS Bd. 59 S. 289 Sachverhalt: Auszubildende, Härte, Leistungsausschluss Gründe: Ausschlaggebend für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ist allein, ob die im konkreten Einzelfall durchlaufene Ausbildung grundsätzlich nach BAföG oder SGB II gefördert werden kann; in der Person des Auszubildenden liegende Gründe, die ihn von den Förderleistungen nach diesen Gesetzen ausschließen, haben mithin außer Betracht zu bleiben. Ein später Studienfachwechsel und der damit verbundene Ausfall von Förderleistungen nach dem BAföG kann allein die Annahme eines besonderen Härtefalls nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II nicht begründen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.5.4.10 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.03.2008, B 11b AS 13/06 R FEVS Bd. 60 S. 54 Sachverhalt: Unterkunftskosten, Haushaltsgemeinschaft, Auszubildende, Einkommen, Kindergeld Gründe: Ein Abweichen von der Aufteilung der Kosten für Unterkunft und Heizung nach Kopfzahl ist nicht deshalb geboten, weil der Tochter der Leistungsempfängerin nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 BAföG für die Unterkunft in der Wohnung ihrer Mutter nur ein Betrag von monatlich € 44 zuerkannt worden ist. Das System des SGB II lässt es nicht zu, im Ergebnis auch Unterkunftskosten für Dritte, hier die studierende Tochter, geltend zu machen, und zwar auch dann nicht, wenn dem Dritten gegenüber bei vorhandener Leistungsfähigkeit eine Unterhaltspflicht bestünde. Kindergeld für ein volljähriges im Haushalt lebendes Kind ist Einkommen des Kindergeldberechtigten. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 181 2.5.4.11 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 09.06.2009, L 13 AS 39/09 B ER Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Teilzeitstudium Gründe: Die Antragstellerin führt die Ausbildung in Teilzeitform durch. Vollständig in Teilzeitform durchgeführte Ausbildungen unterfallen aber dem Leistungsausschluss nach § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG. Nach dieser Vorschrift kann nur eine solche Ausbildung durch Leistungen nach dem BAföG gefördert werden, für die die Auszubildenden im Allgemeinen, d. h. im Normalfall, ihre Arbeitszeit ganz einsetzen müssen. Die von der Antragstellerin durchgeführte Teilzeitausbildung mit 10,5 Wochenstunden Unterrichtszeit entspricht dieser Anforderung nicht. Kann mithin der Antragstellerin gegenwärtig der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 SGB II nicht entgegengehalten werden, so spricht nach dem Kenntnisstand des Senats in diesem Verfahren Überwiegendes dafür, einen Anordnungsanspruch zu bejahen. Die Antragstellerin ist erwerbsfähig und findet keine Arbeit. Es wäre ihr möglich, neben der Teilzeitausbildung zu den normalen täglichen Beschäftigungszeiten – abgesehen vom Samstag – eine Erwerbstätigkeit auszuüben. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.5.4.12 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 67/08 R FEVS Bd. 61 S. 104 Sachverhalt: Ausbildung, Förderungsfähigkeit, Härte Gründe: Grundsicherungsleistungen sind gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ausgeschlossen, wenn die nach dem BAföG dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung lediglich aus individuellen Versagensgründen nicht gefördert werden kann. Zu diesen individuellen Versagensgründen gehören auch die Überschreitung der Altersgrenze (30. Lebensjahr) und der Umstand, dass es sich um eine weitere Ausbildung handelt. Ein besonderer Härtefall kann zwar vorliegen, wenn die bereits weit fortgeschrittene und bisher kontinuierlich betriebene Ausbildung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls wegen einer Behinderung oder Krankheit gefährdet ist. Die Behinderung oder Krankheit kann aber nur in Bezug auf die Verzögerung der Ausbildung angeführt werden; hinzukommen muss, dass die Ausbildung (nun) in absehbarer Zeit zu Ende gebracht wird. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 182 2.5.4.13 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.07.2009, L 25 AS 1031/09 B ER FEVS Bd. 61 S. 258 Sachverhalt: Ausbildungsgeprägter Bedarf, Wohnungserstausstattung Gründe: Bei der Erstausstattung einer Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten handelt es sich um einen ausbildungsgeprägten Bedarf mit der Folge, dass die Gewährung entsprechender Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ausgeschlossen ist. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.5.4.14 Gericht/Entscheidung: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.02.2010, L 1 SO 84/09 B ER FEVS Bd. 62 S. 39 Sachverhalt: Abgrenzung SGB XII/SGB II, Ausländer, Erwerbsfähigkeit, Angehörige, Auszubildende, Leistungsausschluss, Mehrbedarf, Alleinerziehung, Wiederaufnahme Gründe: Die Vorschrift des § 8 SGB II ist nicht nur eine Anspruchsvoraussetzung zur Leistungsgewährung nach dem SGB II, sondern grenzt zudem grundsätzlich den Anwendungsbereich von SGB II und SGB XII voneinander ab und korrespondiert mit § 21 SGB XII. Die Aufenthaltserlaubnis für eine ausländische Studentin, die nach § 16 Abs. 3 AufenthG zur Ausübung einer Beschäftigung von insgesamt 90 Tagen oder 180 halben Tagen im Jahr sowie einer studentischen Nebentätigkeit berechtigt, genügt den Anforderungen zur rechtlichen Erwerbsfähigkeit i. S. d. § 8 Abs. 2 SGB II. Für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II ist unerheblich, ob der Auszubildende die ausländer- und aufenthaltsrechtlichen Vorgaben des § 8 BAföG erfüllt. Der Leistungsausschluss umfasst nicht Mehrbedarfszuschläge für Alleinerziehung nach § 21 Abs. 3 SGB II. Die nach § 7 Abs. 5 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossene Auszubildende ist dem Grunde nach weiterhin dem System des SGB II zuzuordnen, sodass mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebende Angehörige nach § 21 Satz 1 SGB XII keinen Anspruch auf Lebensunterhaltsleistungen nach SGB XII haben, sondern grundsätzlich Anspruch auf Sozialgeld nach § 28 SGB II. § 181 SGG ist auf die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende und die Sozialhilfeträger entsprechend anwendbar. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 183 2.5.4.15 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.08.2010, B 14 AS 24/09 R FEVS Bd. 62 S. 385 Sachverhalt: Auszubildende, Beamte, förderungsfähige Ausbildung Gründe: Die Prüfung, ob eine Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig nach dem BAföG ist und damit unter den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II fällt, richtet sich nach § 2 BAföG, denn § 2 BAföG regelt, von den Besonderheiten des Fernunterrichts (§ 3 BAföG) und der Ausbildung im Ausland (§§ 5, 6 BAföG) abgesehen – den Bereich der (abstrakt) förderungsfähigen Ausbildungen abschließend. Die Ausschlussregelungen des § 2 Abs. 6 BAföG berühren die Förderungsfähigkeit einer Ausbildung dem Grunde nach nicht. Bei der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung handelt es sich um eine Ausbildungsstätte nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 BAföG und die dort betriebene Ausbildung des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes ist im Rahmen des BAföG dem Grunde nach bei der gebotenen abstrakten Betrachtungsweise förderungsfähig. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 184 2.5.5 Sonstige: 2.5.5.1 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 03.04.2008, L 2 AS 71/06 FEVS Bd. 60 S. 234 Sachverhalt: SGB II-Anspruch während eines Promotionsstudiums Gründe: Ein Promotionsstudium ist keine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung i. S. v. § 7 Abs. 5 SGB II, denn es ist nicht nach BAföG förderungsfähig, weil es nicht zu einem berufsqualifizierenden Abschluss (§ 7 BAföG) führt. Auch die fehlende Verfügbarkeit der Klägerin für den allgemeinen Arbeitsmarkt wegen der Vollzeitbeschäftigung mit ihrer Promotion steht – anders als zu Zeiten der Arbeitslosenhilfe nach dem SGB III (vgl. § 119 Abs. 5 SGB III) – ihrem Leistungsanspruch nicht entgegen. Im SGB II ist ein genereller Leistungsausschluss wegen mangelnder Verfügbarkeit nicht vorgesehen. Allerdings treffen die Klägerin die Obliegenheiten der §§ 2 und 14 ff. SGB II. Das Beitreiben eines Promotionsstudiums dürfte in der Regel keinen wichtigen Grund darstellen, der die Aufnahme einer Arbeit unzumutbar macht. Sofern ein Promotionsstudent die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit im Leistungszeitraum ablehnt, hat die Beklagte die Möglichkeit, das ihr mit dem SGB II gegebene Instrumentarium des "Förderns und Forderns" einzusetzen und ggf. gemäß § 31 SGB II Sanktionen zu verhängen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 185 2.6 Umfang der Unterkunftskosten Übersicht: 2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.6.4 2.6.5 2.6.6 2.6.7 2.6.8 2.6.9 2.6.10 2.6.11 2.6.12 2.6.13 2.6.14 2.6.15 Betriebskostenerstattungen, Betriebskostennachzahlungen Heizkosten, sonstige Nebenkosten, Erhaltungsaufwand, Schönheitsreparaturen Höhe der Unterkunftskosten, Angemessenheit Mietkaution, Genossenschaftsanteile, Maklerkosten, doppelte Miete, Einschränkung der Umzugsfähigkeit Mietrückstände Pflegegeldleistungen der Jugendhilfe Rechtmäßigkeit des Mietvertrages, Selbstverpflichtung des Grundsicherungsträgers Umzugskosten Unterkunftskosten bei Freigängern, Kündigung während der Probezeit, Schausteller Warmwasseraufbereitung Wohngemeinschaft, Haushaltsgemeinschaft, Elternwohnung, möbliertes Zimmer Wunschrecht bei mehreren angemessenen Wohnungen Tilgungsleistungen für aufgenommene Fremdmittel Wohngeld nach § 22 Abs. 7 SGB II Sonstige Aufwendungen Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 186 2.6.1 Betriebskostenerstattungen, Betriebskostennachzahlungen 2.6.1.01 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31.07.2006, L 19 B 303/06 AS ER FEVS Bd. 58 S. 222 Sachverhalt: Betriebskostenerstattung, Schuldentilgung Gründe: Eine Betriebskostenerstattung ist als Einkommen und nicht als Vermögen zu werten. Da ein Betriebskostenerstattungsanspruch wie ein Einkommensteuererstattungsanspruch nicht freiwillig angespart wird und die Freiwilligkeit des Ansparens für die Zuordnung der Auszahlung des Guthabens zum Vermögen oder Einkommen maßgeblich ist, zählt die Betriebskostenerstattung zum Einkommen. Sie ist vom Leistungsträger auch dann als Einkommen zu berücksichtigen, wenn der Antragsteller in dem Zeitraum, in dem er die Betriebskostenvorauszahlung entrichtet hat, noch keine Leistungen zum Lebensunterhalt bezogen hat, denn auch in diesem Fall ist der Zeitpunkt des Zuflusses maßgeblich. Eine Schuldentilgung führt regelmäßig nicht zur Reduzierung des anzurechnenden Einkommens. -------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 187 2.6.1.02 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Urteil vom 22.09.2009, L 6 AS 11/09 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Anrechnung eines Heiz- und Betriebskostenguthabens Gründe: Über das Vermögen der Kläger wurde das (Privat-) Insolvenzverfahren eröffnet. Die Wohnungsgesellschaft teilte den Klägern mit, dass ein Guthaben bestehe. Der Insolvenzverwalter beanspruchte das Guthaben und bezeichnete es als Teil der Insolvenzmasse. Ein Teil des Guthabens wurde von der Hilfe einbehalten. Das Sozialgericht verurteilte die Arge, die Hilfe in ungekürzter Form zu gewähren. Das LSG hob die Entscheidung auf, hat jedoch die Revision zugelassen. Die Tatsache, dass die Rückzahlung als Einkommen des Leistungsberechtigten angesehen wird und nach der gesetzlichen Vorschrift des § 22 SGB II lediglich einer besonderen Anrechungsform auf die Leistung unterliegt, spricht vielmehr dafür, dass auch die Rückerstattung , die in die Insolvenzmasse fällt und damit dem Leistungsempfänger nicht tatsächlich zur Verfügung steht, seinen Leistungsanspruch mindert. Der Annahme, dass § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II unabhängig von einer tatsächlichen Rück"zahlung" zu einer Leistungsminderung führt, steht nicht entgegen, dass die Leistungen des SGB II grundsätzlich der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums dienen und die Kosten für Unterkunft und Heizung an der Zielsetzung des Sozialleistungsrechts teilnehmen, den Hilfesuchenden die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu garantieren, hier konkret einen zu dauerhaftem Wohnen geeigneten Wohnraum als notwendigen Bestandteil eines menschenwürdigen Daseins sicherzustellen. Dieser Sicherungsauftrag bedeutet nicht, dass der Hilfebedürftige in jedem Leistungsmonat auch den vollen Leistungsbetrag zu erhalten hat. Vielmehr müssen auch Leistungsempfänger, die nicht Privatinsolvenz angemeldet haben, ggf. bestehende private Schulden aus der Regelleistung finanzieren. Zahlungen zur Schuldentilgung können im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende grundsätzlich nicht vom Einkommen abgezogen werden. Es ist kein Grund ersichtlich, warum Leistungsempfänger in der Privatinsolvenz gegenüber Leistungsempfängern mit privaten Schulden durch eine restriktive Auslegung des § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II besser gestellt werden sollten. Die "Nichtanrechnung" einer Gutschrift würde – worauf die Beklagte zu Recht hinweist – letztlich zu einer nach den Grundsätzen des SGB IILeistungsrechts nicht gewollten Schuldentilgung mittels Sozialleistungen führen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 188 2.6.1.03 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Urteil vom 16.07.2009, L 5 AS 81/08 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Anrechnung eines Heiz- und Betriebskostenguthabens Gründe: Der im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) stehende, 1961 geborene, erwerbsfähige und hilfebedürftige Kläger erhielt von seinem Vermieter die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2007 vom 09. Mai 2008. Aus dieser ergab sich für den Kläger ein nicht den Kosten für Haushaltsenergie zuzuordnendes Guthaben in Höhe von € 1,32. Für den Monat Juli 2008 minderte die Beklagte die für die Folgemonate bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung um € 1,32. Der Kläger hat betont, ihm sei das Geld nicht gutgeschrieben worden, vielmehr habe der Vermieter es wegen des Streits um eine Mieterhöhung einbehalten. Der Senat hält für die hier vorliegende Konstellation eine teleologische Reduktion des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II dahin für erforderlich, dass nur solche Gutschriften die Aufwendungen des Leistungsträgers nach dem SGB II für Kosten der Unterkunft und Heizung mindern, die auch die Zahlungsverpflichtungen des Leistungsempfängers für diese Kosten mindern. Dass vorliegend eine Anwendung des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II ausscheidet, bedeutet nicht, dass das Guthaben in Höhe von € 1,32 und seine Gutschrift leistungsrechtlich unbeachtlich sind und dass entsprechende Guthaben sowie Gutschriften die Leistungsverpflichtung des Beklagten von vornherein unberührt lassen. Vielmehr handelt es sich insoweit im Monat der Verrechnung durch den Vermieter um einen Einkommenszufluss im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II und vermag dieser nach § 19 Satz 3 SGB II die Geldleistung der Agentur für Arbeit, hier die Regelleistung nach § 20 Abs. 1 und 2 SGB II, zu mindern. Das ist auch sachgerecht deshalb, weil durch die Verrechnung des Guthabens mit Forderungen Schulden des Klägers verringert worden sind, für deren Tilgung während des Leistungsbezugs nach dem SGB II er sonst nur seine Regelleistung einsetzen könnte. Der Einkommenszufluss durch Verrechnung mit diesen Schulden berechtigt vorliegend nur deshalb die Beklagte nicht zu einer Anrechnung auf den Leistungsanspruch des Klägers, weil nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) in der insoweit unveränderten Fassung vom 17. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2942) einmalige Einnahmen, wenn sie € 50 jährlich nicht übersteigen, nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind. Diese Entscheidung des Verordnungsgebers aber kann nicht zu einer anderen rechtlichen Einordnung der hier vorgenommenen Verrechnung des Guthabens führen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 189 2.6.1.04 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen, Urteil vom 10.09.2009, L 3 AS 188/08 Juris 11.02.2010 Sachverhalt: Übernahme einer Betriebskostennachzahlung für die frühere Wohnung eines Hartz IV-Empfängers Gründe: In der Sache handelt es sich um die Änderung des früheren Bewilligungsbescheides zugunsten des Betroffenen gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X wegen einer nachträglichen wesentlichen Veränderung der Verhältnisse. Bei der Neben- und Heizkostennachforderung handelt es sich im Monat der Fälligkeit um tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung i. S. d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II und nicht um Mietschulden. Denn Hilfebedürftigkeit bestehe zunächst nur in der mit dem Vermieter vereinbarten Nebenkostenvorauszahlung, die sich als zu gering bemessen herausstellen kann. Mietschulden liegen demgegenüber erst vor, wenn der Mieter auf eine mietrechtliche Verpflichtung trotz Fälligkeit nicht geleistet hat. Ein Anspruch des Vermieters auf Nachzahlung von Betriebsund Heizkosten hingegen entsteht erst nach endgültiger Abrechnung und wird erst zu diesem Zeitpunkt fällig. Ein gegenwärtiger Bedarf in Form der Nachforderung kann nicht gleichzeitig eine Mietschuld darstellen. Um Schulden i. S. d. § 22 Abs. 5 SGB II handelt es sich nur bei Verbindlichkeiten, die aus der Zeit vor dem Leistungsbezug nach dem SGB II herrühren. Ein gegenwärtiger Bedarf ist auch nicht deswegen zu verneinen, weil die Klägerin im Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachzahlungsforderung diese Unterkunft nicht mehr bewohnt. Zur Sicherung des Existenzminimums gehöre es, dass ein Hilfebedürftiger, der durchgängig im Leistungsbezug stand, seinen Verpflichtungen aus dem Mietvertrag nachkam und bei dem die Unterkunfts- und Heizkosten angemessen sind, nicht mit einem Teil dieser Kosten als Schulden zurückgelassen werden darf. Etwas anders kann nur gelten, wenn es sich um Mietschulden aus der Zeit vor dem Leistungsbezug handelt oder wenn im Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung, also der Gegenwärtigkeit des Bedarfs beim Leistungsempfänger, keine Hilfebedürftigkeit mehr vorliegt. Das ist hier nicht gegeben gewesen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 190 2.6.1.05 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 22.03.2010, B 4 AS 62/09 R FEVS Bd. 62 S. 104 Sachverhalt: Antrag, Heiz- und Betriebskostennachzahlung, Schulden Gründe: Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II umfasst auch die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Mit der Vorlage der Heiz- und Betriebskostenabrechnung beim Leistungsträger haben die Hilfeempfänger die Höhe ihres Bedarfs insofern lediglich weiter konkretisiert, jedoch keine weitere, vom Antrag nicht erfasst Leistung beantragt. Allein der Umstand, dass die Leistungsberechtigten die Nachforderung nicht innerhalb der vom Vermieter gesetzten Frist beglichen haben, führt nicht dazu, dass es sich – allein durch Zeitablauf – bei den nachgeforderten Heiz- und Betriebskosten nicht mehr um einen aktuellen Bedarf, sondern (nur noch) um nach § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II durch Darlehen auszugleichende Schulden handelt. Bezieht sich die Nachforderung auf einen während der Hilfebedürftigkeit eingetretenen und bisher noch nicht gedeckten Bedarf, handelt es sich jedenfalls um vom SGB II-Träger zu übernehmende tatsächliche Aufwendungen nach § 22 Abs. 1 SGB II. Hat der Grundsicherungsträger den Leistungsberechtigten bereits die monatlich an den Vermieter oder das Energieversorgungsunternehmen zu zahlenden Abschlagsbeträge zur Verfügung gestellt und beruht die Nachforderung auf der Nichtzahlung der als Vorauszahlung vom Vermieter geforderten Abschläge für Heiz- und Betriebskosten, handelt es sich dagegen um Schulden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 191 2.6.2 Heizkosten, sonstige Nebenkosten, Erhaltungsaufwand 2.6.2.01 Gericht/Entscheidung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.05.2007, L 7 AS 3135/06 FEVS Bd. 59 S. 14 Sachverhalt: Kabelgebühren, Warmwasserkosten Gründe: Erfolgt die Warmwasserbereitung über die Heizung, sind die entsprechenden Kosten mit der Regelleistung abgegolten, weshalb sie aus den sonstigen Heizkosten herauszurechnen sind. In der Regelleistung ist nur ein Anteil von € 6,23 hierfür enthalten, sodass die in BadenWürttemberg verbreitete Praxis des Abzugs von € 9 monatlich Bedenken begegnet. Werden die Warmwasserbereitungskosten konkret abgerechnet, ist dieser Betrag anzusetzen. Gebühren für einen Kabelanschluss stellen nur dann einen unausweichlichen Nebenkostenfaktor der konkreten Wohnung dar, wenn sie vom Vermieter zwingend verlangt wird. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.2.02 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2007, L 20 B 32/07 AS ER FEVS Bd. 58 S. 559 Sachverhalt: Ersatzkosten, Wohnungsschlüssel Gründe: Die Abwälzung von Kosten für den Ersatz verlorenen Vermietereigentums (hier Wohnungsschlüssel) auf die Allgemeinheit, welche die SGB II-Leistungen aufzubringen hat, kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil kein Zusammenhang mit dem nach § 22 SGB II zu deckenden Wohnungsbedarf besteht. Im Übrigen würde eine Kostenübernahme lediglich den Vermieter als Gläubiger des Mieters im Vergleich zur Situation mit anderen Mietern, die keine Leistungen nach dem SGB II beziehen, privilegieren. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 192 2.6.2.03 Gericht/Entscheidung: BSG, Beschluss vom 16.05.2007, B 7b AS 40/06 R FEVS Bd. 58 S. 481 Sachverhalt: Einmalige Leistungen, Heizkosten Gründe: Weder aus der Gesetzesbegründung (vgl. BTDrs. 15/1516 S. 57 zu § 22) noch aus Sinn und Zweck der Regelung lässt sich schließen, dass die Gewährung von einmalig anfallenden Heizkosten nicht unter § 22 Abs. 1 SGB II fallen sollte. Unter § 22 Abs. 1 SGB II fallen demnach auch einmalige Leistungen zur Beschaffung von Heizmaterial. Bei der Beschaffung von Heizmaterial (z. B. Heizöl oder Holz) handelt es sich um Aufwendungen, die einen zukünftigen Heizbedarf decken sollen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.2.04 Gericht/Entscheidung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.01.2007, L 12 AS 3932/06 FEVS Bd. 58 S. 461 Sachverhalt: Eigentumswohnung, Instandhaltungsrücklage, Unterkunftskosten Gründe: Zu den Kosten der Unterkunft gehört im Falle von Wohnungseigentum in einer Eigentümergemeinschaft grundsätzlich auch das monatliche Hausgeld (bzw. Wohngeld oder Instandhaltungsrücklage/-pauschale). Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 193 2.6.2.05 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 05.02.2007, L 9 AS 254/06 ER FEVS Bd. 58 S. 414 Sachverhalt: Erhaltungsaufwand für Grundvermögen Gründe: Der Begriff des Erhaltungsaufwands ist bei der Frage einer Berücksichtigung als Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II eigenständig zu bestimmen. Der Erhaltungsaufwand umfasst sowohl die Instandhaltung (= laufende Instandhaltungsarbeiten) als auch die Instandsetzung (= Nachholung zurückgestellter Instandhaltung). Der Erhaltungsaufwand muss geeignet sein, dem Leistungsberechtigten sein Eigentum zu Wohnzwecken zu erhalten. Eine Absenkung des Wohnstandards ist hingegen ohne erstattungsfähige Erhaltungsarbeiten hinzunehmen, solange der für Leistungsberechtigte nach dem SGB II genügende einfache, ein menschenwürdiges Leben sicherstellende Ausstattungsstandard gewahrt bleibt. Die Kongruenz zu den erstattungsfähigen Unterkunftskosten im Rahmen eines Mietverhältnisses bleibt dadurch gewahrt, dass in einem weiteren Schritt der Erhaltungsaufwand nur zu übernehmen ist, soweit durch ihn voraussichtlich dauerhaft die gesamten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigenden tatsächlichen Unterkunftskosten die Angemessenheitsgrenze des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht übersteigen. Insoweit ist zu prüfen, welcher notwendige Erhaltungsaufwand für das Wohnhaus insgesamt innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu welchen voraussichtlichen Kosten zu erbringen ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 194 2.6.2.06 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 8/06 R FEVS Bd. 58 S. 259 Sachverhalt: Tilgungsleistungen, Vertretung in der Bedarfsgemeinschaft Gründe: Tilgungsleistungen zur Finanzierung eines Eigenheimes oder einer Eigentumswohnung können als Unterkunftskosten bei der Gewährung von Arbeitslosengeld II nicht in Form von Zuschüssen übernommen werden. Aufwendungen, die bereits vor dem Leistungszeitraum erbracht wurden, sind keine aktuellen tatsächlichen Aufwendungen. Für eine Übergangszeit bis 30.06.2007 sind Anträge im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sowie Urteile, die eine Bedarfsgemeinschaft betreffen, großzügig auszulegen; im Zweifel ist von Anträgen aller Bedarfsgemeinschaftsmitglieder, vertreten durch eines der Mitglieder, und von Entscheidungen über die Ansprüche aller Mitglieder auszugehen. Zu verfahrensrechtlichen Problemen bei der Durchsetzung von Ansprüchen im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.2.7 Gericht/Entscheidung: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 04.10.2006, L 3 ER 148/06 AS FEVS Bd. 58 S. 219 Sachverhalt: Nebenkosten, Pauschalierung, Angemessenheit, Belehrung Gründe: Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II dürfen Leistungsträger keine Pauschalen für die Heiz- oder Nebenkosten ohne Prüfung des konkreten Einzelfalles zur Grundlage ihrer Leistungserbringung machen. Der Leistungsträger hat im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II darauf hinzuweisen, welche Anforderungen hinsichtlich der Wohnungsgröße in qm bezogen auf den allein stehenden Hilfebedürftigen bzw. die Anzahl der in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen sowie den Kaltmietpreis pro qm Wohnfläche zu erfüllen sind; ferner hat er den Hilfebedürftigen darüber aufzuklären, dass die Bemühungen um eine seinen Vorgaben entsprechenden Wohnung nachzuweisen sind. Kommt der Leistungsträger seiner Obliegenheit zu einer hinreichend klaren Belehrung nicht nach, wird die Sechsmonatsfrist nicht in Gang gesetzt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 195 2.6.2.8 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Aurich, Beschluss vom 10.02.2005, S 15 AS 3/05 ER Sachverhalt: Heizkosten, Erhaltungsaufwand Gründe: Das Gericht hat die Agentur für Arbeit verpflichtet, einem Alleinstehenden, der im eigenen Haus mit einer Wohnfläche von 70-80 qm wohnt, Arbeitslosengeld II in Höhe der tatsächlichen Heizkosten von € 108 zu gewähren. Dagegen lehnt das Gericht die Anerkennung einer abstrakten Erhaltungspauschale für das Eigenheim ab. Dies sei gesetzlich nicht vorgesehen. Denkbar sei aber die Anerkennung eines konkret entstandenen Erhaltungsaufwandes bei den Unterkunftskosten. Hinsichtlich der Heizkosten erkennt das Gericht an, dass in diesem Fall das selbst bewohnte Haus ins Schonvermögen fällt und die Gewährung der Hilfe nicht vom vorherigen Einsatz dieses Vermögenswertes abhängig gemacht werden dürfe. Zwar sei im Allgemeinen bei einem Alleinstehenden eine Wohnfläche von bis zu 50 qm angemessen. Da Heizkosten aber in tatsächlicher Höhe zu übernehmen seien, soweit sie angemessen seien, würde es zu einem Wertungswiderspruch kommen, wenn man dem Antragsteller das Haus belasse, aber dessen Fläche bei den Heizkosten nicht voll berücksichtige, einzelne Räume könnten hier nicht aus der Beheizung herausgenommen werden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.2.9 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.12.2005, L 8 AS 427/05 FEVS Bd. 57 S. 476 Sachverhalt: Angemessenheit von Heizkosten bzw. Nebenkosten Gründe: Für die Aufwendungen, die als laufende Kosten für Heizung nach dem Mietvertrag oder den Vorauszahlungsfestsetzungen der Energie- bzw. Fernwärmeversorgungsunternehmen zu erbringen sind, spricht zunächst eine Vermutung der Angemessenheit, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte für ein unwirtschaftliches und damit unangemessenes Heizverhalten vorliegen. Es steht mit § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht in Einklang, wenn die vertraglich geschuldeten monatlichen Heizungskosten auf einen nach Ansicht des Leistungsträgers angemessenen Anteil gekürzt werden (hier € 0,97 pro qm Wohnfläche). Es besteht kein rechtlich begründbarer Ansatz, die Nebenkosten (hier für Wasser/Abwasser) zu kürzen, wenn die Miete insgesamt im Bereich des Angemessenen liegt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 196 2.6.2.10 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 02.02.2006, L 8 AS 439/05 ER FEVS Bd. 58 S. 1 Sachverhalt: Angemessenheit, Heizkosten, Ölheizung Gründe: Die Angemessenheit der Aufwendungen für die Heizung kann nur unter Betrachtung eines längeren Zeitraumes sachgerecht ermittelt werden. Insbesondere bei einer Beheizung durch Heizöl kann die Angemessenheit nicht anhand der Kosten überprüft werden, maßgebend ist vielmehr der Verbrauch. Bei einer Beheizung durch Heizöl ist es sinnvoll, den Bedürftigen die tatsächlich anfallenden Kosten zu erstatten und nicht auf monatliche Abschläge oder Pauschalen zu verweisen. Weder ist die Zahlung für die Zeit vor Beschaffung des Heizöls sachgerecht (hier sind noch gar keine tatsächlichen Aufwendungen i. S. v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II angefallen), noch der Verweis auf spätere monatliche Zahlungen, weil die Aufwendung bereits mit Beschaffung des Heizöls entstanden ist. Es ist ein Gebot wirtschaftlichen und sparsamen Umgangs mit Haushaltsmitteln, Leistungsempfänger in Niedrigpreiszeiten aufzufordern, sich Heizöl zu besorgen und die Kosten dann vollständig zu erstatten. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.2.11 Gericht/Entscheidung: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 04.04.2006, L 3 ER 41/06 AS Sachverhalt: Rückständige Abschlagszahlungen für Heizkosten Gründe: Ein Anspruch auf Übernahme rückständiger Abschlagszahlungen für Heizkosten als verlorener Zuschuss oder als Darlehen ergibt sich nicht aus § 22 Abs. 5 SGB II oder § 23 Abs. 1 SGB II. Die Möglichkeit der Gewährung von Leistungen für rückständige Abschlagszahlungen bei Heizkosten nach § 34 SGB XII ist nicht durch § 5 Abs. 2 SGB II ausgeschlossen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 197 2.6.2.12 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.12.2007, L 7 AS 19/07 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Entschädigung bzw. Vergütung für die vom Vermieter bereitgestellte Kücheneinrichtung Gründe: Die Entschädigung bzw. Vergütung, die die Klägerin an ihren Vermieter für die Nutzung der von ihm bereitgestellten Kücheneinrichtung zahlt, sind Aufwendungen für die Unterkunft gemäß § 22 SGB II; sie sind zivilrechtlicher Bestandteil der Miete bzw. des Mietzinses, welche die Klägerin aufgrund des Mietvertrages an ihren Vermieter zu zahlen hat. Die Klägerin schuldet diese Entschädigung bzw. Vergütung aufgrund ihrer mietvertraglichen Vereinbarung mit ihrem Vermieter. Die Kücheneinrichtung gehört damit zu der "Mietsache" gemäß § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB, deren Gebrauch der Vermieter der Klägerin zu gewähren hat. Die Leistungen für Unterkunft und Heizung gem. § 22 Abs. 1 SGB II erfassen im Regelfall den Mietzins, den der erwerbsfähige Hilfebedürftige an seinen Vermieter zu zahlen hat. Die Nutzungsentschädigung für die Kücheneinrichtung ist Teil des Mietzinses und damit Mietzins selbst. ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.2.13 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 05.09.2007, L 6 AS 145/07 ER FEVS Bd. 59 S. 160 Sachverhalt: Höhe der Heizkosten, Tilgung einer Kaution, Verzicht von Leistungen Gründe: Für die Angemessenheit der Heizkosten ist auf die Vorauszahlungen aufgrund des Mietvertrages oder aufgrund der Festsetzungen des Energieversorgungsunternehmens abzustellen, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte für ein unwirtschaftliches und damit unangemessenes Verhalten des Leistungsempfängers vorliegen. Für die Frage der Rechtmäßigkeit einer Rückzahlungsvereinbarung im Darlehensvertrag über eine Mietsicherheit ist auf § 51 SGB I abzustellen; insoweit ist der Einbehalt von Teilen der laufenden Grundsicherungsleistungen zur Darlehenstilgung als Aufrechnung zu beurteilen. Der Widerruf eines Verzichts auf Sozialleistungen (§ 46 SGB I) erfasst bei laufenden Leistungen alle nach dem Zugang des Widerrufs fälligen Teilleistungen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 198 2.6.2.14 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20.11.2007, L 13 AS 125/07 ER FEVS Bd. 59 S. 237 Sachverhalt: Angemessenheit, Eigenheim, Heizkosten, Pauschale Gründe: Eine Pauschalierung von Heizungskosten orientiert an Durchschnittswerten der Ausgaben anderer Hilfeempfänger ist regelmäßig unzulässig. Durchschnittswerte können nur ein Anhaltspunkt für die Frage sein, ob im konkreten Einzelfall möglicherweise Heizenergie verschwendet wird. Für die Vorauszahlungsfestsetzungen der örtlichen Energieversorgungsträger spricht zunächst die Vermutung der Angemessenheit. Im Regelfall besteht für eine Begrenzung der Heizungskosten des Eigenheims auf den Umfang, wie er in einer lediglich (kleineren) angemessenen Mietwohnung anfiele, kein sachlicher Grund. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.2.15 Gericht/Entscheidung: LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.06.2007, L 6 AS 6/07 FEVS Bd. 59 S. 332 Sachverhalt: Heizkosten, Angemessenheit Gründe: Solange der Leistungsträger die tatsächlichen Kosten der Unterkunft in einer Mietwohnung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II trägt, hat er auch die tatsächlichen Kosten der Heizung zu gewähren, es sei denn, dass unwirtschaftliches Heizverhalten vorliegt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 199 2.6.2.16 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Urteil vom 22.01.2009, L 7 AS 44/08 Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Heizkosten, Heizkostennachzahlung Gründe: Die Heizkostenvorauszahlung hatte die Beklagte nicht in tatsächlicher Höhe übernommen, sondern einen Pauschbetrag zugrunde gelegt. Es ergab sich eine Nachzahlung. Die Nachzahlung sollte bis zum 30.04.2007 auf das Konto des Vermieters überwiesen werden. Die Hilfeempfänger hatten die Nebenkostennachzahlung am 04.06.2007 bei der Arge eingereicht. Das LSG pflichtete dem SG bei, wonach die Heizkostenvorauszahlung in tatsächlicher Höhe zu übernehmen ist. Bei der Nebenkostennachzahlung handelt es sich auch nicht um eine Schuldverpflichtung, sondern um einen gegenwärtigen Bedarf im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, der vom Träger der Grundsicherung zu übernehmen ist. Entgegen der Rechtsauffassung der Arge wandeln sich Nachforderungen auf Mietneben- und Heizkosten nicht in Mietschulden gemäß § 22 Abs. 5 SGB II um, wenn der Hilfebedürftige mit der Erfüllung der Nachforderung in Verzug ist. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.2.17 Gericht/Entscheidung SG Karlsruhe, Beschluss vom 26.03.2009, S 8 AS 1073/09 ER Landesrechtsprechung Baden-Württemberg Sachverhalt: Abzug eines Pauschalbetrages für "Vollmöblierung" Gründe: Auch bei dem Teil der Mietkosten, der auf die möblierte Zurverfügungstellung einer Wohnung entfällt, handelt es sich um Kosten der Unterkunft gem. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II, die vom Träger der Grundsicherung zu übernehmen sind, solange die Kosten der Unterkunft insgesamt nicht die Angemessenheitsgrenze überschreiten. Der Abzug eines Pauschalbetrages von € 20 für "Vollmöblierung" von den Kosten der Unterkunft mit der Begründung, diese Kosten seien bereits anteilig in der Regelleistung erhalten, ist nicht zulässig. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 200 2.6.2.18 Gericht/Entscheidung BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 48/08 R Medieninformation Nr. 6/09 des BSG FEVS Bd. 61 S. 33 Sachverhalt: Kosten für einen Kabelanschluss Gründe: Bei Gebühren für das Kabelfernsehen handelt es sich nicht um angemessene Kosten der Unterkunft, wenn die Nutzung mietvertraglich freigestellt und ein anderweitiger Zugang zum Fernseh- und Radioempfang gewährleistet ist. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts handelt es sich bei den Gebühren für die Kabelnutzung zwar grundsätzlich um erstattungsfähige Nebenkosten, die als Aufwendungen für Unterkunft i. S. von " 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II vom Grundsicherungsträger zu erbringen sind. Die Übernahme von Nebenkosten ist davon abhängig, ob sie ihrer Art nach umlagefähig i. S. von § 556 BGB in Verbindung mit § 2 Betriebskostenverordnung und kraft Mietvertrags vom Mieter zu tragen sind, also nicht freiwillig vom Mieter übernommen werden, nur um einen bestimmten Ausstattungsstandard zu erreichen. Voraussetzung ihrer Erstattungsfähigkeit ist ferner – ebenso wie die der Kaltmiete – ihre Angemessenheit. An letzterer fehlt es bei Gebühren für Kabelnutzung zumindest dann, wenn die Nutzung dem Mieter freigestellt ist und das durch den Kabelanschluss bewirkte Fernsehen und Radiohören durch eine andere technische Einrichtung, die fest mit der Mietsache verbunden ist, sichergestellt wird. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 201 2.6.2.19 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 07.05.2009, B 14 AS 14/08 R Yahoo-Nachrichten, Associated Press vom 07.05.2009 FEVS Bd. 61 S. 148 Sachverhalt: Küchenbenutzungsgebühr für teilmöblierte Wohnung Gründe: Das Nutzungsentgelt für die Kücheneinrichtung gehört zu den Leistungen für Unterkunft und Heizung, die nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit sie angemessen sind. Ein solcher Küchenmöbelzuschlag ist dann zu übernehmen, wenn die Wohnung nur mit dem Zuschlag anmietbar war und der Mietpreis sich auch unter Einschluss des Zuschlags noch innerhalb des Rahmens der Angemessenheit für den maßgeblichen Wohnort hält. Die Kostensenkungsaufforderung hat als Hinweis auf die Rechtslage nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II Aufklärungs- und Warnfunktion, damit der Hilfebedürftige Klarheit über die aus Sicht des Leistungsträgers angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft erhält. Verhält der Leistungsträger sich widersprüchlich, ist die erforderliche Kenntnis der Obliegenheit der Senkung der Unterkunftskosten zu verneinen und Kostensenkungsmaßnahmen können vom Hilfebedürftigen nicht erwartet werden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 202 2.6.2.20 Gericht/Entscheidung BSG, Urteil vom 15.04.2008, B 14/7b AS 58/06 R FEVS Bd. 60 S. 259 Sachverhalt: Küchenmöbelzuschlag Gründe: Ist ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft nicht leistungsberechtigt nach dem SGB II, ist § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II einschränkend dahin gehend auszulegen, dass als Gesamtbedarf nur der Bedarf der hilfebedürftigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft anzusehen ist. Diesem Gesamtbedarf ist das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft gegenüberzustellen, das sich nach Abzug des eigenen Bedarfs des nicht hilfebedürftigen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft ergibt. Hausrat gehört nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu dem aus der Regelleistung zu bestreitenden Bedarf, sodass ein in der Warmmiete enthaltener Küchenmöbelzuschlag nicht im Rahmen der Unterkunftskosten zu übernehmen ist.*) Sind Abfallgebühren (jährlich) in einer Summe zu zahlen, so sind sie im Monat der Fälligkeit dem Bedarf hinzuzurechnen. Werden Teilzahlungen festgesetzt, ist deren konkrete Höhe zu ermitteln und im betreffenden Monat bedarfserhöhend zu berücksichtigen. *) Das BSG führt in der Begründung dazu aus: Im Grundsatz nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte den Betrag von € 2,43 monatlich für den in der Warmmiete enthaltenen Küchenmöbelzuschlag nicht berücksichtigt hat. Das LSG hat hierzu zutreffend ausgeführt, dass Hausrat gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu dem aus der Regelleistung zu bestreitenden Bedarf gehört. Allerdings wird insofern noch zu prüfen sein, ob die Wohnung nur mit dem Küchenmöbelzuschlag anmietbar war und der Mietpreis sich auch unter Einschluss des Zuschlags noch innerhalb des Rahmens der Angemessenheit für den maßgeblichen Wohnort hält (vgl. zu den Kosten einer Garage BSGE 97, 231 = FEVS 59, 537). Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 203 2.6.2.21 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.03.2008, B 11b AS 31/06 R Quelle: Datenbank des BSG Sachverhalt: Schönheitsreparaturen sind den Unterkunftskosten zuzuordnen Gründe: Die im Regelsatz enthaltenen Anteile für "Reparatur und Instandhaltung der Wohnung" können entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gleichgesetzt werden mit den im vorliegenden Fall in der Miete enthaltenen Aufwendungen für "Instandhaltungskosten für vom Vermieter übernommene Schönheitsreparaturen". Dass mit den in der EVS bzw. der RSV genannten Aufwendungen nicht mietvertraglich geschuldete Schönheitsreparaturen – erst recht nicht in der vorliegenden Form monatlich zu zahlender Zuschläge – gemeint sein können, folgt auch insbesondere aus der Höhe der angesetzten Beträge. Aus der für die Regelsatzbemessung maßgebenden EVS ergeben sich bezüglich des Ausgabeverhaltens der Angehörigen von Haushalten mit niedrigem Einkommen monatliche Beträge von 7 DM betreffend "Erzeugnisse für die regelmäßige Instandhaltung und Reparatur der Wohnung – Mieter/Untermieter" und von 3 DM für "Dienstleistungen für die regelmäßige Instandhaltung und Reparatur der Wohnung - Mieter/Untermieter". Diese Aufwendungen von insgesamt 10 DM monatlich, von der Beklagten hochgerechnet auf 5,48 € sind im Regelsatz berücksichtigt. Mit etwa 5 € monatlich lassen sich aber turnusmäßig anfallende Aufwendungen für Schönheitsreparaturen zuzüglich anderer Maßnahmen für die Instandhaltung der Wohnung oder für sonstige Reparaturen nicht bestreiten. Das ergibt sich auch daraus, dass § 28 Abs. 4 Satz 2 der II. BV (i.d.F. vom 13.09.2001, BGBl. I 2376, 2397) den Vermieter berechtigt, allein für die Kosten von Schönheitsreparaturen Beträge von bis zu 8,50 € je Quadratmeter Wohnfläche im Jahr in der Miete anzusetzen; insoweit würden sich für die streitgegenständliche Wohnung von rund 65 qm pro Jahr etwa 550 €, monatlich als etwa 46 €, errechnen. Da der streitgegenständliche Betrag von 39,16 € nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Mietvertrages ausschließlich dazu bestimmt war, Beträge für vom Vermieter übernommene bzw. zu übernehmende Schönheitsreparaturen abzudecken und hierfür anfallende Aufwendungen – wie ausgeführt – nicht in die Regelleistung eingeflossen sind, ist die Beklagte zu dem von ihr vorgenommenen Abzug von monatlich 19,70 € nicht berechtigt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 204 2.6.2.22 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 16.12.2008, B 4 AS 49/07 R Quelle: Juris Sachverhalt: Einzugsrenovierung Gründe: Die Kosten einer Einzugsrenovierung sind dann angemessene Kosten der Unterkunft, wenn die Einzugsrenovierung ortsüblich und erforderlich zur Herstellung des Wohnstandards im unteren Wohnsegment ist. Die in der Regelleistung gem. § 20 SGB II enthaltenen Anteile für "Reparatur und Instandhaltung" der Wohnung können nicht mit den Aufwendungen für eine Einzugsrenovierung gleichgesetzt werden. Daher kann auch kein Darlehen gem. § 23 Abs. 1 SGB II gewährt werden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.2.23 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 54/07 R FEVS Bd. 60 S. 490 Sachverhalt: Heizkosten Gründe: Die Angemessenheit der Unterkunftskosten ist für Mieter und Hauseigentümer nach einheitlichen Kriterien zu beurteilen. Aus der Angemessenheit des Hauses i. S. des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II kann nicht der Schluss gezogen werden, dass die tatsächlich anfallenden Heizkosten jeweils zu übernehmen sind. Sind allein die tatsächlichen Heizkosten unangemessen, weil sie auf eine unangemessen große Wohnfläche entfallen, sind sie jedenfalls für einen Übergangszeitraum von sechs Monaten zu übernehmen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Kosten monatlich oder einmalig im Bewilligungszeitraum anfallen. Einschränkungen können sich allenfalls aus einem unwirtschaftlichen Heizverhalten ergeben. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 205 2.6.2.24 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 03.03.2009, B 4 AS 38/08 R FEVS Bd. 61 S. 9 Sachverhalt: Erhaltungsaufwandspauschale Gründe: Eine Erhaltungsaufwandspauschale gehört nicht zu den berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten nach § 22 SGB II. Berücksichtigungsfähig sind hingegen tatsächliche Aufwendungen für eine Instandsetzung oder Instandhaltung, soweit diese nicht zu einer Verbesserung des Standards des selbst genutzten Eigenheims führen und sie angemessen sind. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.2.25 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 02.07.2009, B 14 AS 36/08 R FEVS Bd. 61 S. 352 Sachverhalt: Angemessenheit von Heizkosten Gründe: Die Angemessenheit der Höhe der Heizkosten ist im SGB II unabhängig von der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft zu beurteilen. Der Anspruch auf Heizkosten besteht in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten Aufwendungen. Eine Pauschalierung ist unzulässig. Liegen die Heizkosten über einem aus einem bundesweiten oder kommunalen Heizspiegel zu ermittelnden Grenzbetrag, so sind sie im Regelfall nicht mehr als angemessen zu betrachten. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 206 2.6.2.26 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.07.2010, L 7 AS 60/09 FEVS Bd. 62, S. 428 Sachverhalt: Schönheitsreparaturen, unwirksame Mietvertragsklausel Gründe: Ein Anspruch auf Kostenübernahme für Schönheitsreparaturen nach § 22 SGB II scheitert daran, dass zwar eine vertragliche Regelung vorliegt, nach der die Hilfebedürftige als Mieterin zur Durchführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet ist, diese jedoch zivilrechtlich unwirksam ist. Es verbleibt daher bei dem Grundsatz des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach die Schönheitsreparaturen als Aufwendungen zur Erhaltung der Mietsache vom Vermieter durchzuführen ist. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 207 2.6.3 Höhe der Unterkunftskosten, Angemessenheit 2.6.3.01 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 23.11.2006, B 11b AS 1/06 R FEVS Bd. 58 S. 353 Sachverhalt: Unterkunftskosten Gründe: Wird eine Unterkunft von weiteren Personen genutzt, die nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören, erfolgt die Zuordnung der Unterkunfts- und Heizungskosten aus Praktikabilitätsgründen grundsätzlich unabhängig von Alter oder Nutzungsintensität entsprechend einer Aufteilung nach "Kopfzahl". -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.02 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 18/06 R FEVS Bd. 58 S. 271 Sachverhalt: Angemessenheit von Unterkunftskosten, Kindergeld als Einkommen, Versicherungspauschale Gründe: Der Grundsicherungsträger hat bei der Feststellung der angemessenen Unterkunftskosten einen konkret-individuellen Maßstab anzulegen. Unter Zugrundelegung der landesrechtlichen Wohnraumförderbestimmungen ist zu ermitteln, ob in dem maßgeblichen räumlichen Vergleichsbereich Wohnungen mit einfachem Ausstattungsniveau konkret zur Verfügung stehen. Auf die Miethöchstgrenzen aus der Tabelle zu § 8 WoGG kann als Maßstab der Angemessenheit der Unterkunftskosten erst abgestellt werden, wenn ein konkret-individueller Maßstab nicht gebildet werden kann. Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, das den Bedarf eines Kindes übersteigende Kindergeld als Einkommen des Kindergeldberechtigten zu berücksichtigen. Die Festsetzung einer Pauschale für private Versicherungen von € 30 ist nicht zu beanstanden, soweit private Kraftfahrzeugversicherungen als gesetzlich vorgeschriebene Versicherungen betrachtet werden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 208 2.6.3.03 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R FEVS Bd. 58 S. 248 Sachverhalt: Angemessenheit von Unterkunftskosten, Frage der Erwerbsfähigkeit bei fehlender Abstimmung mit dem zuständigen Sozialhilfeträger Gründe: Die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten im Rahmen der Gewährung von Arbeitslosengeld II setzt regelmäßig voraus, dass der Leistungsempfänger über die maßgebliche Miethöhe informiert worden ist; insoweit genügt die Information durch den Sozialhilfeträger vor dem 01.01.2005 im Rahmen des Sozialhilfeverfahrens. Bei einer Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten handelt es sich sowohl im Recht der Sozialhilfe als auch in dem der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht um einen Verwaltungsakt. Sie hat vielmehr allein Aufklärungs- und Warnfunktion, damit der Hilfebedürftige Klarheit über die aus Sicht des Leistungsträgers angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft und ggf. die Heizung sowie einen Hinweis auf die Rechtslage erhält. Der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist auch dann zur Zahlung von Arbeitslosengeld II verpflichtet, wenn er zwar vom Fehlen der Erwerbsfähigkeit ausgeht, aber keine Abstimmung mit dem zuständigen Sozialhilfeträger über das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit herbeigeführt hat. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.04 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 2/05 R FEVS Bd. 58 S. 241 Sachverhalt: Angemessenheit von selbstgenutztem Wohneigentum Gründe: Zur Berücksichtigung von selbstgenutztem Wohneigentum bei der Bedürftigkeitsprüfung als Voraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosengeld II. Die angemessene Größe einer Eigentumswohnung ist weiterhin bundeseinheitlich nach den Vorgaben des 2. WoBauG zu bestimmen. Der dort enthaltene Grenzwert von 120 qm ist bei einer Bewohnerzahl von weniger als vier grundsätzlich um 20 qm pro Person bis zu einer Mindestgröße von 80 qm zu mindern. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung bei § 22 Abs. 1 SGB II wird eine Privilegierung von Eigentümern gegenüber Mietern nicht zu rechtfertigen sein. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 209 2.6.3.05 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 17.10.2006, L 6 AS 556/06 ER FEVS Bd. 58 S. 204 Sachverhalt: Kinderzimmer, Unterkunftskosten, Schwangerschaft Gründe: Bei Geburt eines Kindes ist in der Regel ein Umzug in eine Wohnung mit drei Zimmern erforderlich. Ein eigenes Zimmer für Kinder gehört zum sog. soziokulturellen Existenzminimum. Auch zukünftiger Wohnflächenbedarf ist zu berücksichtigen, wenn er – wie bei Schwangerschaft kurz vor der Geburt – in einem überschaubaren Zeitraum entstehen wird. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.06 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.02.2006, L 20 B 5/06 AS FEVS Bd. 58 S. 178 Sachverhalt: Unterkunftskosten, Kostensenkungsaufforderung Gründe: Bei der Kostensenkungsaufforderung der Miete handelt es sich um einen Hinweis auf die Rechtslage, nicht um einen Verwaltungsakt. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Eine Aufforderung zur Kostensenkung unter Darstellung der geltenden Rechtslage und deren Beurteilung durch die zuständige Behörde wird zwingende Voraussetzung für eine spätere Kostensenkung sein. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 210 2.6.3.07 Gericht/Entscheidung Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25.05.2005, L 6 B 52/05 AS ER FEVS Bd. 57 S. 102 Sachverhalt: Höhe der Unterkunftskosten, Angemessenheit, Übergangsrecht Gründe: Auch soweit dem Hilfesuchenden eine sofort verfügbare kostenangemessene Unterkunftsalternative nachgewiesen werden kann, ist der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende gleichwohl zur vorübergehenden Übernahme der vollen Unterkunftskosten verpflichtet, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, die eine Verweisung des Hilfebedürftigen auf die verfügbare Unterkunftsalternative für die Übergangszeit als unzumutbar erscheinen lassen. Eine (Übergangs-)Bestimmung des Inhalts, dass dem Hilfebedürftigen auch angemessene Unterkunftskosten im Rahmen eines vorherigen Leistungssystems (hier der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG) vorzuhalten sein sollen, ist nicht vorgesehen. Schon deshalb kann die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nach allgemeinen Grundsätzen nur solche Versäumnisse erfassen, die erstmals nach ihrem Geltungsbeginn entstanden sind. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.08 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.08.2005, L 19 B 28/05 AS ER FEVS Bd. 57 S. 320 Sachverhalt: Angemessene Höhe der Unterkunftskosten Gründe: Die angemessene Höhe der Unterkunftskosten ist als Produkt aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro Quadratmeter zu ermitteln. Besteht eine bedarfsgerechte Unterkunftsalternative nicht, ist die tatsächliche Miete zu übernehmen. Hat der depressive Leistungsempfänger von der angebotenen Möglichkeit, amtsärztlich abklären zu lassen, ob ihm aufgrund seines Gesundheitszustandes ein Umzug zumutbar ist, ohne Angabe nachvollziehbarer Gründe keinen Gebrauch gemacht, so hat er einen besonderen Bedarf nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht glaubhaft gemacht. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 211 2.6.3.09 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28.11.2005 L 8 AS 181/05 ER FEVS Bd. 57 S. 550 Sachverhalt Angemessenheit der Unterkunftskosten, Wohngeldtabelle, Mietspiegel Gründe: Bei der Ermittlung der Angemessenheit von Unterkunftskosten ist regelmäßig, sofern nicht aussagefähige örtliche Mietspiegel vorhanden sind, die Wohngeldtabelle nach dem WoGG zugrunde zu legen. Im Regelfall wird der Tabellenwert der rechten Spalte berücksichtigt. Dies hat auch den Vorteil, dass der Begriff der Angemessenheit klar und eindeutig bestimmt wird, um den Sozialleistungsträgern und den Empfängern der Leistung eine deutliche "Richtlinie" an die Hand zu geben. Von der Anwendung der Tabellenwerte nach dem WoGG kann (sowohl zugunsten als auch zulasten des Antragstellers) eine Ausnahme gemacht werden, wenn es für den maßgeblichen örtlichen Wohnungsmarkt einen aussagefähigen und nachprüfbaren Mietspiegel gibt oder im Einzelfall eine andere Betrachtungsweise angezeigt ist. Örtliche Mietspiegel i. S. d. §§ 558 c, 558 d BGB sind im Regelfall vor den Tabellenwerten nach dem WoGG zu berücksichtigen, weil sie eine aktuelle Übersicht – anders als die Tabellenwerte nach dem WoGG – über die örtlichen Mieten bieten. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 212 2.6.3.10 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.03.2006, L 9 AS 69/06 ER Sachverhalt: Angemessenheit, Mietniveau, Übernahmefrist, Unterkunftskosten Gründe: Bei der Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten i. S. v. § 22 SGB II ist auf die tatsächliche Lage auf dem jeweils relevanten Wohnungsmarkt abzustellen. Jedenfalls für die Zwecke des einstweiligen Anordnungsverfahrens kann der Sozialleistungsträger durch die Vorlage von Internetrecherchen ein Mietniveau glaubhaft machen, welches unter den Tabellenwerten zu § 8 WoGG liegt. Daneben kann auf die Veröffentlichungen der Niedersächsischen Landestreuhandstelle zur Beobachtung der regionalen Wohnungsmärkte zurückgegriffen werden. Nach Ablauf des Zeitraums von sechs Monaten (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II) kann der Leistungsträger unangemessene Unterkunftskosten nur noch übernehmen, wenn deren Absenkung dem Hilfeempfänger weiterhin nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Unmöglichkeit liegt vor, wenn es objektiv keine Möglichkeit gegeben hat, die Unterkunftskosten zu senken. Der Hilfeempfänger hat nachzuweisen, dass er sich während des gesamten Sechsmonatszeitraums um angemessenen Wohnraum bemüht hat. Einem Alleinstehenden ist eine Einzimmerwohnung zumutbar. Es ist dem Leistungsberechtigten auch zumutbar, in einen sozialen Brennpunkt zu ziehen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 213 2.6.3.11 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.11.2007, L 28 AS 1059/07 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Aufteilung der Unterkunftskosten Gründe: Als Unterkunftskosten, die im Falle ihrer Angemessenheit zu zahlen sind, sind vorliegend die tatsächlich vom Kläger gezahlten Kosten und nicht lediglich der auf ihn entfallende Kopfteil bzw. der auf die von ihm genutzten Quadratmeter entfallende Mietpreis der im Hauptmietverhältnis anfallenden Kosten anzunehmen. In diesem rechtlichen Ausgangspunkt schließt sich der Senat der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes an. In Abgrenzung zu einer Aufteilung der Unterkunftskosten nach Köpfen in den Fällen des Zusammenlebens einer Familie in einer Haushaltsgemeinschaft ist eine anteilmäßige Kürzung tatsächlich aufgewandter Unterkunftskosten nach Kopfteilen danach dann nicht vorzunehmen, wenn im Innenverhältnis zwischen den Bewohnern einer Wohnung zumindest ein dem Mietverhältnis ähnliches Nutzungsverhältnis (also vor allem ein Untermietverhältnis im Sinne des § 540 BGB) vorliegt. Voraussetzung für ein solches Nutzungsverhältnis ist nach dieser Rechtsprechung, dass die Bemessung des vom Benutzer verlangten Entgelts sich – erstens – zumindest in ihren Grundzügen mit einer Miete vergleichen lässt und der Benutzer – zweitens – zu einer abgesonderten und selbständigen Nutzung der überlassenen Räume berechtigt sein muss und zu diesem Zweck Besitz an ihnen hat. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.12 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 18.04.2008, L 9 AS 139/07 ER FEVS Bd. 59 S. 107 Sachverhalt: Einkommenseinsatz, Stiefeltern-Auszug, Unterkunftskosten Gründe: Stiefelterneinkommen ist nach der Neuregelung in § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II nur nach den Maßstäben von § 9 Abs. 5 SGB II auf den Bedarf der Stiefkinder anzurechnen. Wird die Unterkunft durch den Auszug eines Haushaltsangehörigen unangemessen, ist den nunmehr Leistungsberechtigten eine angemessene Frist zur Senkung der Unterkunftskosten einzuräumen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 214 2.6.3.13 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.09.2007, L 20 B 1406/07 AS ER FEVS Bd. 59 S. 229 Sachverhalt: Teilkostenübernahme, Unterkunftskosten Sachverhalt: Zwar sind nach § 22 Abs. 1 SGB II Leistungen für Unterkunft und Heizung auch dann stets in angemessener Höhe zu erbringen, wenn die Aufwendungen den angemessenen Umfang übersteigen; die Leistung kann nach der eindeutigen gesetzlichen Vorgabe nicht mit der Begründung verwehrt werden, dass ansonsten ein ungedeckter Bedarfsrest verbleibe. Daraus folgt jedoch nicht, dass ein Anspruch auf Übernahme des angemessenen Teilbetrags der tatsächlichen Unterkunftskosten besteht, wenn bereits feststeht, dass der Bedarfsrest vom Leistungsempfänger nicht durch den Einsatz eigener Mittel – etwa durch Einsparung aus dem Regelsatz an anderer Stelle – gedeckt wird, weil die drohende Gefahr des Wohnungsverlustes aufgrund von Mietschulden dann nicht abzuwenden wäre. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.14 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26.10.2007, L 13 AS 168/07 ER FEVS Bd. 59 S. 271 Sachverhalt: Angemessenheit, Kinderzimmer, Unterkunftskosten Gründe: Es gibt keinen generellen Grundsatz, dass jedem Kind unabhängig von seinem Alter, insbesondere wenn es sich um Kinder gleichen Geschlechtsund annähernd gleichen Alters handelt, ein eigenes Zimmer zur Verfügung stehen muss. Einer Alleinerziehenden mit drei Kindern (darunter zwei Söhnen im Alter von 10 und 8 Jahren) ist es zuzumuten, eine Dreizimmerwohnung zu bewohnen. § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II n. F. findet keine Anwendung, wenn es sich nicht um einen Umzug innerhalb desselben örtlichen Wohnungsmarktes handelt, auch wenn sowohl der bisherige als auch der neue Wohnort in die örtliche Zuständigkeit desselben Leistungsträgers fallen. Für die Frage, welche Wohnkosten nach einem nicht erforderlichen Umzug in einen neuen Wohnort als angemessen zu übernehmen sind, kann es daher weiterhin nur auf die Angemessenheit der Unterkunftskosten auf dem Wohnungsmarkt des Zuzugsort ankommen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 215 2.6.3.15 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.08.2008, L 34 B 1334/08 AS PKH Quelle: Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Zusicherung für einen Umzug Gründe: Eine von einem konkreten Wohnungsangebot losgelöste abstrakte Zusicherung für einen Umzug in eine neue Unterkunft kann der Hilfesuchende weder im Hauptsacheverfahren noch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verlangen, weil das Gesetz eine abstrakte Entscheidung nicht vorsieht. Erforderlichenfalls muss der Hilfesuchende bei Vorliegen eines neuen konkreten Wohnungsangebotes gesondert einstweiligen Rechtsschutz beantragen (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30.11.2007, L 28 B 2043/07 AS ER). -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.16 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07.08.2008 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Kosten für die neue Unterkunft bei Umzug ohne Zustimmung Gründe: Die in § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II vorgesehene Beschränkung der Mietkosten auf die vorangegangene Miete gilt, wie bereits das LSG Niedersachsen-Bremen entschieden hat, mit Blick auf das Freizügigkeitsrecht aus Art. 11 GG nicht für überörtliche Umzüge. Es spricht außerdem viel dafür, dass die Antragsteller wichtige Gründe für einen Umzug gehabt haben. Der Antragsgegner ist demzufolge zur Übernahme der angemessenen Kosten der Unterkunft verpflichtet. Anliegen des Gesetzgebers war es zu verhindern, dass der Hilfebedürftige durch einen nicht erforderlichen Umzug die Grenzen des örtlich jeweils angemessenen Wohnungsmarktsegmentes ausreizt. Nicht beabsichtigt war es, auch solche Fälle einzubeziehen, bei denen Wohnraum auf dem freien Wohnungsmarkt bisher gar nicht in Anspruch genommen war. Der Umstand, dass ein Hilfebedürftiger aufgrund familiären oder freundschaftlichen Entgegenkommens einmal mietfrei oder zu völlig marktuntypischen Bedingungen untergekommen ist, kann nicht zur Folge haben, dass er sich während des Leistungsbezugs nur noch außerhalb des regulären Wohnungsmarktes bewegen darf. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 216 2.6.3.17 Gericht/Entscheidung: Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 08.05.2008, L 11 AS 340/07 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Unterstellkosten für Mobiliar Gründe: Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung der als Unterstellkosten von ihr zu zahlenden € 40 monatlich. Es handelt sich dabei nicht um Unterkunftskosten im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II und die derzeitige Wohnung der Klägerin war auch nicht nur zusammen mit dieser Unterstellmöglichkeit anmietbar. Auch können nach § 23 Abs. 1 SGB II Leistungen für diese Unterstellmöglichkeit nicht erbracht werden, denn es handelt sich dabei weder um eine von den Regelleistungen noch nach den Umständen des Einzelfalles unabweisbaren Bedarf im Sinne dieser Vorschrift. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.18 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 27.02.2008, B 14/7b AS 70/06 R FEVS Bd. 60 S. 49 Sachverhalt: Unterkunftskosten, Kostensenkungsaufforderung, Beratung Gründe: § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II (F. 2005) normiert keine umfassende Beratungs- und Aufklärungspflicht des Leistungsträgers über die Obliegenheiten des Leistungsempfängers bei der Suche nach einer anderen, angemessenen Unterkunft. Bei der Kostensenkungsaufforderung handelt es sich lediglich um ein Informationsschreiben mit Aufklärungs- und Warnfunktion, dem keine Verwaltungsaktqualität zukommt; es genügt regelmäßig die Angabe des angemessenen Mietpreises, denn dieser ist nach der Produkttheorie der entscheidende Maßstab zur Beurteilung der Angemessenheit. Die Kostensenkungsaufforderung unterscheidet nicht danach, ob die Leistungsempfänger im eigenen Haus oder einer Mietwohnung leben. Für die Grundsicherungsträger kann es im Rahmen ihrer allgemeinen Beratungs- und Aufklärungspflichten nach §§ 14, 15 SGB I geboten sein, die Leistungsempfänger etwa durch Merkblätter oder allgemein gehaltene Hinweise über ihre Rechte und Pflichten aufzuklären und dabei auch für ihren Leistungsbezirk Kriterien der Angemessenheit von Unterkunftskosten in allgemein verständlicher Form darzustellen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 217 2.6.3.19 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.03.2008, B 11b AS 13/06 R FEVS Bd. 60 S. 54 Sachverhalt: Unterkunftskosten, Haushaltsgemeinschaft, Auszubildende, Einkommen, Kindergeld Gründe: Ein Abweichen von der Aufteilung der Kosten für Unterkunft und Heizung nach Kopfzahl ist nicht deshalb geboten, weil der Tochter der Leistungsempfängerin nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 BAföG für die Unterkunft in der Wohnung ihrer Mutter nur ein Betrag von monatlich € 44 zuerkannt worden ist. Das System des SGB II lässt es nicht zu, im Ergebnis auch Unterkunftskosten für Dritte, hier die studierende Tochter, geltend zu machen, und zwar auch dann nicht, wenn dem Dritten gegenüber bei vorhandener Leistungsfähigkeit eine Unterhaltspflicht bestünde. Kindergeld für ein volljähriges im Haushalt lebendes Kind ist Einkommen des Kindergeldberechtigten. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 218 2.6.3.20 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 19.03.2009, L 7 AS 53/09 B ER Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Unterkunftskosten im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht, Zugunstenbescheid nach § 44 SGB X Gründe: Der Antragsteller ist umgezogen, um eine geringfügig zu teure Wohnung anzumieten. Um bei seinen Bemühungen, wieder Kontakt zu seiner Tochter zu bekommen, nicht schon allein aufgrund der räumlichen Distanz zu der Tochter und zu den zuständigen Behörden und Gerichten zu scheitern, habe er sich entschlossen, nach A. zu ziehen. Diese Gründe sind nach Ansicht des LSG plausibel, nachvollziehbar und vernünftig. Der Umzug an den Wohnort seiner Tochter setzt den Antragsteller eher in die Lage, seiner Verantwortung als Elternteil gerecht zu werden. Der Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Übernahme der Kosten der neuen Unterkunft steht zunächst nicht entgegen, dass der Bewilligungsbescheid vom 02. Juli 2008 nicht fristgemäß mit einem Widerspruch angefochten worden ist. Der Antrag des Antragstellers vom 08. August 2008 auf Übernahme der tatsächlichen Kosten stellt sich nämlich als Antrag auf Erlass eines Zugunstenbescheides nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar, den die Antragsgegnerin entweder im erstinstanzlichen Verfahren mit ihrer Antragserwiderung oder mit Bescheid vom 06. Januar 2009 konkludent abgelehnt hat, indem sie dem Antragsteller erneut Unterkunftskosten lediglich in bisheriger Höhe weiterbewilligte. Diesem Antrag hätte sie jedoch entsprechen müssen, weil die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme in höherem Umfang erfüllt sind. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.21 Gericht/Entscheidung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.02.2009, L 12 AS 3990/08 Landesrechtsprechung Baden-Württemberg Sachverhalt: Einholung der Zusicherung zum Wohnungswechsel bei noch Alg I-Bezug Gründe: Die Obliegenheit, eine Zusicherung gem. § 22 Abs. 2 S. 1 SGB II vor einem Wohnungswechsel einzuholen, trifft nur erwerbsfähige Hilfebedürftige, nicht Personen, die Arbeitslosengeld I beziehen. Bei einem Umzug in eine nicht angemessene Wohnung vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit ist die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten für eine Übergangszeit nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II nicht ausgeschlossen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 219 2.6.3.22 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.03.2009, L 14 B 2268/08 AS ER Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Angemessene Höhe der Unterkunftskosten Gründe: Der Anordnungsanspruch ergibt sich aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II. Nach dieser Vorschrift sind Aufwendungen für die Unterkunft, die den der Besonderheit des Einzelfalles entsprechenden Umfang übersteigen, so lange zu berücksichtigen, wie es der Bedarfsgemeinschaft möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Art und Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Die im Gesetz vorgesehene Regelfrist ist dabei nicht so zu verstehen, dass nach Ablauf von sechs Monaten auch bei Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit einer Kostensenkung die Kosten der Unterkunft nur noch in angemessener Höhe zu übernehmen sind. Sie belegt vielmehr, dass eine Beschränkung auf die angemessenen Kosten regelmäßig nur dann in Betracht kommt, wenn einem Hilfebedürftigen vorher Gelegenheit gegeben worden ist, seine unangemessen hohen Kosten zu senken. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass dies innerhalb des zeitlichen Rahmens von sechs Monaten im Regelfall möglich sein wird. Die Übernahme der Kosten lediglich bis zur angemessenen Höhe soll nur die Hilfebedürftigen treffen, die es vorwerfbar versäumt haben, ihre unangemessen hohen Kosten zu reduzieren; sie setzt folglich voraus, dass es den Hilfebedürftigen vorher tatsächlich möglich und zumutbar gewesen sein muss, ihre Unterkunftskosten zu reduzieren. Wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, sind auch für einen längeren Zeitraum als sechs Monate weiter die Aufwendungen in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Die gesetzliche Regelfrist bedeutet danach nur, dass vor Ablauf von sechs Monaten regelmäßig nicht davon auszugehen ist, dass eine Kostensenkung möglich und zumutbar war. Kostensenkungsaufforderung haben ihre Bedeutung im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung als Information gegenüber den Hilfebedürftigen mit Aufklärungs- und Warnfunktion. Wenn dem Hilfebedürftigen nicht ohnehin bekannt ist, dass seine Kosten für Unterkunft und Heizung zu hoch sind und er zur Absenkung verpflichtet ist, muss er darauf zunächst hingewiesen werden. Ohne einen erteilten Hinweis mag die Senkung der Unterkunftskosten zwar objektiv möglich gewesen sein, sie war dem Hilfebedürftigen aber – mangels Kenntnis von seiner Verpflichtung – nicht zuzumuten. Dabei ist nach der Rechtssprechung des BSG im Regelfall ausreichend, dass der Hilfebedürftige den angemessenen Mietzins und die Folgen mangelnder Kostensenkung kennt. Weitergehenden Informationsbedarf soll er dadurch decken, dass er nähere Einzelheiten beim Leistungsträger erfragt. Dies setzt dann aber voraus, dass auf entsprechende Nachfrage auch eine Antwort erteilt wird. Ansonsten hat der Hilfebedürftige, bei dem – nachvollziehbar – ein besonderer Informationsbedarf besteht, nicht die Möglichkeit, den Umfang und Inhalt seiner Pflicht zur Kostensenkung zur Kenntnis zu nehmen und sie entsprechend umzusetzen. Die durch eine Kostensenkungsaufforderung in Gang gesetzte Sechs-Monats-Frist, die der Gesetzgeber den Hilfebedürftigen regelmäßig als Übergangszeitraum zubilligt, läuft danach Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 220 erst weiter, wenn die sich aus einer Nachfrage als erforderlich ergebenden Hinweis erteilt worden sind. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 221 2.6.3.23 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R Medieninformation Nr. 7/09 des BSG Sachverhalt: Höhe der Unterkunftskosten, Mietkostenabsenkung Gründe: Auch in Ballungsräumen wie München können Empfänger von Arbeitslosengeld II nicht generell auf kleinere Wohnungen verwiesen werden als sie Hilfeempfängern außerhalb von Ballungsräumen sonst zugestanden werden. Der alleinstehende Kläger bewohnt in München eine von ihm gemietete Zweizimmerwohnung. Die beklagte Arge war nach sechs Monaten nur noch zu Übernahme der Kosten für eine 45 qm große Wohnung bereit. Das Bundessozialgericht hat dies beanstandet. Selbst wenn auf Grund der überdurchschnittlich hohen Immobilienpreise in München auch Alleinstehende mit gutem Einkommen oft Wohnungen unter 50 qm bewohnen, berechtigt dies den Grundsicherungsträger nicht ohne weiteres dazu, nur kleinere Wohnungen als angemessen anzusehen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist mangels anderer Anhaltspunkte bei der Frage der abstrakten Angemessenheit der Wohnungsgröße auf landesrechtliche Vorschriften über Wohnraumförderung abzustellen. Diese sehen in Bayern für eine einzelne Person 50 qm bei Zweizimmerwohnungen vor. Der 4. Senat hält den Rückgriff auf diese Vorschriften für problematisch und hat die Festlegung bundeseinheitlicher Maßstäbe für Wohnungsgrößen durch den Verordnungsgeber angemahnt. Dennoch sei an den bisherigen Werten festzuhalten, bis der Verordnungsgeber tätig geworden ist. Hinweis zur Rechtsprechung: Das Bundessozialgericht hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die für die Höhe der Wohnungsmieten bestimmenden Faktoren Wohnungsgröße und Wohnungsstandard nicht je für sich betrachtet "angemessen" sein müssen, solange jedenfalls das Produkt aus Wohnfläche (Quadratmeterzahl) und Standard (Mietpreis je Quadratmeter) eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete ergibt. Dadurch werden dem Hilfeempfänger gewisse Spielräume eingeräumt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 222 2.6.3.24 Gericht/Entscheidung: SG Reutlingen, Urteil vom 13.12.2007, S 3 AS 3532/07 ZfF 4/2009 S. 87 Sachverhalt: Anmietung eines Gaststättenzimmers Gründe: Die Anmietung eines Gaststättenzimmers durch einen seit Längerem Obdachlosen ist kein Umzug i. S. d. § 22 Abs. 2 SGB II, sodass die Einholung einer Zusicherung des Leistungsträgers zu den Aufwendungen nicht erforderlich ist. Zur Angemessenheit der Kosten für ein Gaststättenzimmer. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.25 Gericht/Entscheidung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.02.2009, L 12 AS 3990/08 Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Einholung einer Zusicherung vor Vertragsabschluss, anteilige Übernahme der Unterkunftskosten Gründe: Vor dem Leistungsbezug besteht keine Obliegenheit, bei einem Umzug eine Zusicherung wegen der Unterkunftskosten beim SGB II-Träger einzuholen oder wegen der im Bedarfsfalle vom Kommunalen Träger als angemessen erachteten Mietkosten nachzufragen. Schließlich hat die Klägerin auch Anspruch auf anteilige Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 17. bis 31. August 2007. Die Miete für August war zum 01.08.2007 angewiesen worden. Der Bedarf war zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht dadurch bereits gedeckt, dass die Klägerin die Miete vollständig überwiesen hat. Die Klägerin hatte im August 2007 insgesamt Einkommen in Höhe von € 412 (Arbeitslosengeld). Abzüglich des Freibetrags von € 30 verbleiben € 382, wovon die Regelleistung in Höhe von € 347 vorab in Abzug zu bringen ist. Es verbleibt somit für den gesamten Monat August ein Einkommensüberhang in Höhe von € 35, welcher anteilig auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung anzurechnen ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 223 2.6.3.26 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 15.04.2008, B 14/7b AS 34/06 R FEVS Bd. 60 S. 241 Sachverhalt: Angemessenheit; Eigenheim, Grundstücksgröße – Aufteilung; Nebenkosten; Unterkunftskosten Gründe: Bei typisierender Betrachtung ist es gerechtfertigt, angesichts der im Regelfall bestehenden baulichen Besonderheiten eines Hauses die angemessene Größe gegenüber einer Eigentumswohnung zu erhöhen, sodass ein Haus auch bei einer geringfügigen Überschreitung der angemessenen Wohnfläche noch als angemessen anzusehen ist. Bei einer Grundstücksgröße von 1.003 qm ist zu prüfen, ob nach den tatsächlichen und rechtlichen örtlichen Gegebenheiten die Grundstücksfläche unangemessen ist und ggf. eine gesonderte Verwertung des die Angemessenheit übersteigenden Grundstücksteiles in Betracht kommt. Zu den Unterkunftskosten für selbst genutzte Hausgrundstücke zählen alle notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen sind; § 7 Abs. 2 DVO zu § 82 SGB XII findet insoweit entsprechend Anwendung. Nutzen Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam, so sind die Kosten hierfür im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen. Für die Angemessenheit der Unterkunftskosten eines Eigenheims sind wie bei einer Mietwohnung die anerkannte Wohnraumgröße für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau und die Aufwendungen für eine Wohnung dieser Größe mit unterem Wohnstandard zugrunde zu legen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 224 2.6.3.27 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 18.05.2009, L 9 AS 529/09 B ER Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Berücksichtigung der vollen Miete für weitere sechs Monate, wenn der Leistungsbezieher vor seinem erneuten Antrag auf Grundsicherungsleistungen mehr als ein Jahr nicht im Bezug von Grundsicherungsleistungen gestanden hat. Gründe: Es ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer vor seinem erneuten Antrag auf Grundsicherungsleistungen mehr als ein Jahr nicht im Bezug von Grundsicherungsleistungen gestanden hat. Der Senat geht in seiner ständigen Rechtsprechung aber davon aus, dass in einem derartigen Fall dem Leistungsempfänger nicht die Wirkung einer mehr als ein Jahr in der Vergangenheit liegende Kostensenkungsaufforderung im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II entgegen gehalten werden kann. Wenn Leistungsbezieher – wie hier – bis unmittelbar vor Eintritt in den Leistungsbezug gearbeitet haben und von den Erträgen aus ihrer Arbeit auch die – wie hier - unangemessen hohen KdU bestreiten konnten, so ist ihnen daher ein erneuter Zeitraum einzuräumen, um ihre unangemessenen KdU zu senken. In der Zeit, in der sie nicht im Leistungsbezug standen, waren sie nämlich nicht mehr veranlasst, ihre KdU zu senken. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.28 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.10.2007, L 19 B 1700/07 AS ER FEVS Bd. 59 S. 230 Sachverhalt: Unterkunftskosten, Wohnwagen Gründe: Ein Wohnwagen kann zwar grundsätzlich eine zu Wohnzwecken geeignete Unterkunft i. S. v. § 22 Abs. 1 SGB II sein. Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Art der Nutzung des Wohnwagens gegen dem Schutz der Allgemeinheit dienende öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt und zudem die Voraussetzungen für eine Ordnungswidrigkeit erfüllt (hier ordnungswidrige Sondernutzung öffentlicher Straßen zu Wohnzwecken). Eine Leistungsgewährung ist bereits im Hinblick auf die Einheit der Rechtsordnung verfehlt, weil öffentliche Mittel anderenfalls zur Förderung und Aufrechterhaltung eines der öffentlichen Sicherung und Ordnung zuwiderlaufenden Zustandes geleistet würden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 225 2.6.3.29 Gericht/Entscheidung: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.04.2009, L 3 AS 80/07 Quelle: Beck-Aktuell Sachverhalt: Erneute Belehrung über die Unangemessenheit von Unterkunftskosten bei Erhöhung des Wohnbedarfs bei Geburt eines Kindes Gründe: Vor der Zusammenführung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe hatte die Familie, die unverändert in der gleichen Wohnung lebt, bereits Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz bezogen. Der Sozialhilfeträger hatte die Mutter zu Beginn des Leistungsbezugs darüber aufgeklärt, dass die Wohnung für sie und den älteren Sohn zu teuer sei. Zwei Jahre später, im Herbst 2004, wurde der zweite Sohn der Klägerin geboren. Der Grundsicherungsträger legte für die Zeit nach Einführung des Alg II zum 01.01.2005 der Leistungsberechnung lediglich die für drei Personen als angemessen erachtete Kaltmiete zugrunde. Die Kläger seien bereits während des Bezugs von Sozialhilfe hinreichend darüber aufgeklärt worden, dass ihre Wohnung zu teuer sei, so die Argumentation. Dem ist das LSG entgegengetreten. Grundsätzlich hätten Empfänger von Grundsicherungsleistungen zwar nur Anspruch auf Übernahme ihrer tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung, wenn diese angemessen seien. Lediglich für eine Übergangszeit, in der Regel sechs Monate, würden zu hohe Unterkunftskosten übernommen, um dem Hilfebedürftigen Gelegenheit zu geben, sich eine preiswertere Wohnung zu suchen. Dies setze allerdings voraus, dass dem Hilfebedürftigen der für seine Familie angemessene Mietpreis bekannt sei. Die Kläger hätten wegen der Geburt des zweiten Kindes Anspruch auf eine größere Wohnung als zum Zeitpunkt der Belehrung durch den Sozialhilfeträger. Der Grundsicherungsträger hätte dies zum Anlass nehmen müssen, die Kläger auf den nunmehr für sie geltenden Mietpreis hinzuweisen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 226 2.6.3.30 Gericht/Entscheidung: LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 13.11.2008, L 11 B 519/08 AS ER FEVS Bd. 60 Seite 412 Sachverhalt: Mietdatenbank, Unterkunftskosten Gründe: Die Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten kann grundsätzlich auf eine vom Leistungsträger für das gesamte Kreisgebiet, unterteilt nach den einzelnen Regionen, regelmäßig erstellte Wohnungsmarktanalyse gestützt werden, wenn für ein Mietpreissegment ausreichend Wohnungen untersucht worden und vorhanden sind. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.31 Gericht/Entscheidung: LSG Thüringen, Beschluss vom 22.07.2009, L 9 AS 586/09 ER Pressemitteilung 3/09 Sachverhalt: Kein Anspruch auf Umzug in größere – noch angemessene – Wohnung Gründe: In seiner Entscheidung stellt der Senat zunächst heraus, dass zwar die Wohnung der Antragstellerin mit einer Wohnfläche von ca. 35 m² die Angemessenheitsgrenze für Wohnraum allein lebender Leistungsbezieher – der Senat geht hierbei von einer Höchstgrenze von 45 m² aus – unterschreitet. Aber allein der Umstand, dass die örtlichen Angemessenheitsgrenzen nicht ausgeschöpft werden, macht bei ansonsten unveränderten Verhältnissen einen Umzug in eine teurere Unterkunft nicht erforderlich. Ohne Erfolg hat die Antragstellerin insoweit geltend gemacht, dass der Umzug in eine andere Wohnung ihr größere Annehmlichkeiten bieten würde. Der Senat erkannte daraufhin, dass ihre derzeitige Wohnung einfachen grundlegenden Bedürfnissen im Sinne des SGB II entspricht und die Wohnsituation nicht unzumutbar ist. Da weder eine weitere Person mit der Antragstellerin zusammenzog, noch der Wohnbedarf der Antragstellerin sich aus sonstigen Gründen erhöhte, wies das Gericht die Beschwerde zurück. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 227 2.6.3.32 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen, Beschluss vom 02.07.2009, L 3 AS 128/08 Quelle: Juris 12.11.2009 Sachverhalt: Übernahme von Unterkunftskosten von Personen unter 25 Jahren Gründe: Das LSG Sachsen hat entschieden, dass es der Zusicherung des kommunalen Trägers nicht bedarf, sofern Personen bereits vor dem Umzug oder jedenfalls ab dem Zeitpunkt des Umzugs hilfebedürftig i. S. v. § 9 SGB II und damit leistungsberechtigt i. S. von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II waren, jedoch keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erhielten und beantragten. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.33 Gericht/Entscheidung: SG Dresden, Urteil vom 08.01.2010, S 23 AS 1952/09 Juris 05.02.2010 Sachverhalt: Mietübernahme für Alg II-Empfängerin nach Abriss der alten Wohnung Gründe: Die Klägerin bewohnt mit ihren zwei Kindern eine Plattenbauwohnung mit einer Gesamtmiete von knapp € 450. Als sie inoffiziell erfuhr, dass ihr Wohnblock abgerissen werden sollte, suchte sie nach einer neuen Wohnung. Die Gesamtmiete der neuen Wohnung betrug € 530. Ein Jahr danach erfolgte der Abriss der alten Wohnung. Die Arge übernahm ab November 2007 nur Mietkosten in Höhe der bisherigen Miete, da der Umzug im Dezember 2006 noch nicht notwendig gewesen sei. Nachträglich könne eine Notwendigkeit nicht entstehen. Das SG Dresden hat den Klagen stattgegeben. Ob die Klägerin mit dem Umzug hätte bis kurz vor dem Abriss warten müssen, ist letztlich unerheblich. Inzwischen war der Abriss erfolgt. Damit habe sich ein zwingender Grund für den Umzug ergeben. Für eine Kürzung der Miete wegen unnötigen Umzuges war damit kein Raum mehr. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 228 2.6.3.34 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R FEVS Bd. 61 Seite 78 Sachverhalt: Angemessenheit, Kostensenkung, Unterkunftskosten, Zumutbarkeit Gründe: Zur Angemessenheitsgrenze für Unterkunftskosten in Großstädten bzw. Ballungszentren. Die Erstattung nicht angemessener Unterkunftskosten bleibt der durch sachliche Gründe begründungspflichtige Ausnahmefall und die Obliegenheit zur Kostensenkung bleibt auch bei Unmöglichkeit oder subjektiver Unzumutbarkeit bestehen; unangemessen hohe Unterkunftskosten werden auch bei Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen nicht zu angemessenen Unterkunftskosten. Vom Hilfeempfänger kann ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit der Aufgabe des sozialen Umfeldes verbunden wäre, regelmäßig nicht verlangt werden. Bleibt das soziale Umfeld erhalten, sind umgekehrt Kostensenkungsmaßnahmen (z. B. Umzug) im Normalfall zumutbar. Vom Hilfeempfänger sind auch Anfahrtswege mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinzunehmen, wie sie etwa erwerbstätigen Pendlern als selbstverständlich zugemutet werden. Weitere Einschränkungen der Obliegenheit zur Senkung unangemessener Unterkunftskosten im Sinne subjektiver Unzumutbarkeit bedürfen besonderer Begründung. Zur Unmöglichkeit der Kostensenkung durch irreführenden Hinweis in der Kostensenkungsaufforderung des Leistungsträgers. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 229 2.6.3.35 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 01.06.2010, B 4 AS 60/09R Juris 02.06.2010 Sachverhalt: Keine Begrenzung der Unterkunftskosten bei Umzug in anderes Bundesland Gründe: Das BSG hat entschieden, dass ein Alg II-Empfänger nach einem Umzug aus Bayern nach Berlin die Übernahme der Kosten für eine teurere Wohnung in Berlin, deren Mietzins von € 300 warm für Berliner Verhältnisse jedoch angemessen ist, verlangen kann. Der 1953 geborene Kläger bezieht Leistungen nach dem SGB II. Nach einem Umzug von Bayern nach Berlin gewährte ihm der Beklagte in Berlin unter Berufung auf § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II lediglich Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der in Bayern gezahlten Miete von rund € 193 war, weil der Umzug des Klägers weder zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, noch aus sozialen Gründen erforderlich gewesen sei. Nach Auffassung des Gerichts findet § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II bei Umzügen, die über die Grenzen des Vergleichsraums im Sinne der Rechtsprechung des BSG (siehe Urt. v. 19.02.2009 – B 4 AS 30/08 R) hinausgehen, keine Anwendung. Dies entspreche insbesondere der systematischen Stellung der Vorschrift, denn die Höhe der angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten im Rahmen der abstrakten Angemessenheitsprüfung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II wird ebenfalls im Vergleichsraum, also im "kommunalen Bereich" ermittelt. Zudem bestehe auch die Obliegenheit zur Kostensenkung bei unangemessen hohen Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II nur innerhalb dieses Vergleichsraumes. Schließlich sei die Reduktion des Anwendungsbereichs verfassungsrechtlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit der durch Art. 11 GG gewährleisteten Freizügigkeit geboten. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.36 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 17.06.2010, B 14 AS 79/09 R Juris 18.06.2010, FEVS Bd. 62 S. 248 Sachverhalt: Übernahme der Unterkunftskosten für Wohnmobil Gründe: Das BSG hat entschieden, dass ein Bezieher von Arbeitslosengeld II, der nicht über eine Wohnung verfügt und in einem Wohnmobil lebt, Unterhaltskosten für das Wohnmobil in dem für Wohnzwecke notwendigen Umfang (inkl. Kfz-Haftpflichtversicherung, nicht aber Pauschalen für Pflege und Wartung eines Wohnmobils und die Kosten für Dieselkraftstoff; Reparaturen oder andere Kosten zur Erhaltung des Wohnmobils können nur dann geltend gemacht werden, wenn diese im streitigen Zeitraum konkret angefallen und belegt worden wären) als Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 SGB II beanspruchen kann. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 230 2.6.3.37 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 27.07.2010, L 9 AS 1049/09 B ER Juris 16.08.2010 Sachverhalt: Ermittlung der Angemessenheit der Unterkunftskosten Gründen: Das LSG Niedersachsen-Bremen hat sich erstmals mit dem Mietwertgutacten 2009 des Landkreises Celle befasst und festgestellt, dass dieses Gutachten nach summarischer Prüfung als schlüssiges Konzept zur Ermittlung der Mietobergrenze für die betroffene Familie angesehen werden kann. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.38 Gericht/Entscheidung BSG, Urteil vom 30.08.2010, L 8 AS 29/09 Juris 31.08.2010 Sachverhalt: Höhe der Unterkunftskosten Gründe: Der systematische Zusammenhang zwischen § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II und § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II spricht für die Anwendbarkeit der Begrenzungsregelung nur in Fallgestaltungen, in denen Hilfebedürftigkeit im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages gegeben war. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II enthält einen differenzierten Bestandsschutz, der befristet die Übernahme der tatsächlichen angemessenen Unterkunftskosten gewährleistet. Voraussetzung ist – mit Ausnahme des Falles der "Bösgläubigkeit" vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit (Stichwort: Anmietung einer Luxuswohnung) – eine Kostensenkungsaufforderung durch den Grundsicherungsträger. Einen "geringeren Bestandsschutz" braucht ein zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages Nichthilfebedürftiger nicht hinzunehmen. Dabei ist ausreichend, wenn der Mietvertrag in einem Monat geschlossen wird, in dem die Hilfebedürftigkeit im laufenden Leistungsbezug für einen Monat – wie hier – durch eigenes Erwerbseinkommen überwunden worden ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 231 2.6.3.39 Gericht/Entscheidung: LSG BW, Beschluss vom 16.08 2010, L 2 AS 3640/10 ER-B Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Umzug über die Grenzen des Vergleichzeitraumes (50 Kilometer) Gründe: Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 2 findet jedoch auf Fallgestaltungen dieser Art, in denen ein Umzug über die Grenzen des Vergleichsraumes i. S. der Rechtsprechung des BSG hinaus vorgenommen wird, von vornherein keine Anwendung. Auch SGB II-Leistungsempfänger können im Rahmen ihres Rechts auf Freizügigkeit ihren Wohnsitz in einem Bundesland oder einer Gemeinde frei wählen. Es gehört nicht zu den Funktionen des Grundsicherungsrechts, die aufnehmende Kommune durch § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II vor arbeitsuchenden Hilfebedürftigen zu schützen. Der Hilfeempfänger hat zumindest Anspruch auf Aufwendungen in Höhe der Referenzmiete, d. h., es ist in jedem Fall der Teil der KdU zu zahlen, der nach der Produkttheorie im Rahmen der Angemessenheit liegt. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.40 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R FEVS Bd. 61 S. 443 Sachverhalt: Höhe der zu übernehmenden Unterkunftskosten Gründe: Um ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln auch innerhalb eines Vergleichsraumes zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze auf Grundlage eines "schlüssigen Konzepts" erfolgen. Zu den Mindestvoraussetzungen, die ein solches schlüssiges Konzept erfüllen muss. Liegt der Bestimmung der Angemessenheitsgrenze des Grundsicherungsträgers ein schlüssiges Konzept nicht zugrunde und steht nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten fest, dass keine weiteren Erkenntnismöglichkeiten mehr vorhanden sind, sind vom Grundsicherungsträger die tatsächlichen Unterkunftskosten zu übernehmen, allerdings nur bis zur Höhe der durch einen Zuschlag maßvoll erhöhten Tabellenwerte in § 8 WoGG. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 232 2.6.3.41 Gericht/Entscheidung: SG Dortmund, Urteil vom 04.10.2010, S 31 AS 317/08 Juris 26.10.2010 Sachverhalt: Übernahme der Unterkunftskosten nach Umzug ohne behördliche Genehmigung Gründe: Zu Grunde lag ein Fall zu den Kosten der Unterkunft einer Bochumer Hartz IV-Bezieherin und ihrer 6-jährigen Tochter. Die Klägerinnen zogen in eine neue, teurere Wohnung um, weil in der alten Wohnung Schimmel aufgetreten war. Die ARGE wollte weiterhin nur die niedrigere Miete in der alten Wohnung übernehmen. Denn nach den Richtlinien der Stadt Bochum könnten höhere Unterkunftskosten nur nach vorheriger Zustimmung der Grundsicherungsbehörde zum Umzug getragen werden. Mit der Klage machte die allein erziehende Mutter geltend, sie sei umgezogen, weil ihre Tochter wegen Schimmelsporen in der Wohnung erkrankt sei. Das SG Dortmund hat die ARGE zur Gewährung höherer Kosten der Unterkunft nach einem notwendigen Umzug ohne vorherige Zustimmung der Behörde verurteilt. Nach Aussage der Vermieter als Zeugen sei trotz Renovierungsversuchen mehrfach Schimmel in der alten Wohnung aufgetreten. Das Gericht sah darin eine Gesundheitsgefährdung der Klägerinnen und bejahte eine Umzugsnotwendigkeit. Daraus ergebe sich die gesetzliche Verpflichtung der ARGE, die Kosten der neuen, teureren Unterkunft bis zur angemessenen Kaltmiete in Bochum für zwei Personen von € 292,20 monatlich zu übernehmen. Ein in Verwaltungsvorschriften der Stadt Bochum enthaltener Genehmigungsvorbehalt bei Umzügen von Grundsicherungsempfängern sei nicht geeignet, die gesetzliche Verpflichtung der Stadt zur Übernahme notwendiger Unterkunftskosten zu verdrängen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 233 2.6.3.42 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 19/09 R FEVS Bd. 61 S. 481 Sachverhalt: Kostensenkungsobliegenheit Gründe: Die Absenkung der Leistung für Unterkunft und Heizung von der Höhe der tatsächlichen Aufwendungen auf die nach Ansicht des Grundsicherungsträgers angemessenen Kosten setzt voraus, dass den Hilfebedürftigen eine Kostensenkungsobliegenheit i. S. d. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II trifft; sie trifft ihn nur, wenn er Kenntnis von dieser Obliegenheit hat. Dieses gilt auch, wenn der Hilfebedürftige kurz vor Beginn des Leistungsbezugs eine neue Wohnung zu einem unangemessenen Mietzins anmietet. Der Grundsicherungsträger ist daher zunächst verpflichtet, die tatsächlichen Kosten der Wohnung – in der Regel für längstens sechs Monate – zu tragen, es sei denn, der Hilfebedürftige hatte bei Abschluss des Mietvertrags ihm zurechenbar Kenntnis von der Unangemessenheit der Aufwendungen i. S. d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Einer Zusicherung i. S. d. § 22 Abs. 2 SGB II bedarf es vor der Erstantragstellung nicht. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.43 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R FEVS Bd. 61 S. 502 Sachverhalt: Angemessenheit, Mietspiegel, Zumutbarkeit Gründe: Ein Mietspiegel nach § 558 c BGB stellt ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten bezogen auf den Vergleichsraum einer Großstadt dar. Als räumlicher Maßstab für die konkrete Angemessenheit der Unterkunftskosten kann das gesamte Stadtgebiet einer Großstadt zugrunde gelegt werden, sodass das geschützte soziale Umfeld der Leistungsempfänger sich nicht auf einen Stadtteil beschränkt. Der Zumutbarkeit eines Umzugs kann die Einschränkung der Umzugsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen – auch solchen, die nicht zur Pflegebedürftigkeit führen - entgegenstehen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 234 2.6.3.44 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 17.01.2011, L 6 AS 1914/10 B ER Juris 15.02.2011 Sachverhalt: Kein Anspruch auf Zustimmung zur Kostenübernahme vor Umzug im Eilverfahren Gründe: Nach Auffassung des Gerichts ist es den Antragstellern möglich, die neue Wohnung zunächst auch ohne vorherige Zusicherung des Leistungsträgers, die Wohnungskosten zu übernehmen, anzumieten. Durch die Versagung der Zusicherung drohe keine Rechtsverletzung, die später nicht beseitigt werden könne. Im Hauptsacheverfahren könne die zuständige Behörde auch ohne vorherige Zusicherung verurteilt werden, die Kosten für die neue Wohnung rückwirkend zu übernehmen, wenn diese angemessen seien. Im Eilverfahren jedenfalls sei ohnehin nur eine vorläufige gerichtliche Entscheidung möglich. Damit ließe sich das Risiko der Hilfebedürftigen, die höheren Kosten der neuen Wohnung dauerhaft selber bezahlen zu müssen, nicht grundsätzlich beseitigen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.44 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen, Beschluss vom 04.03.2011, L 7 AS 753/10 B ER Juris 18.03.2011 Sachverhalt: Keine zwei Kinderzimmer im Vorschulalter Gründe: Die derzeitige Wohnung der Antragsteller sei nicht wesentlich zu klein. Bei den geschilderten Gründen handele es sich um die üblichen Lebensumstände, die jede Familie mit zwei Kindern in diesem Alter zu bewältigen habe. Dass auch kleine Kinder Anspruch auf eigenen Wohnraum haben, bedeutet nicht, dass jedes Kind ohne Weiteres ein eigenes Zimmer beanspruchen könne. Ob ein eigenes Zimmer benötigt werde, hänge von den Umständen des Einzelfalls ab. Vorliegend gebe es keine Besonderheiten, die einer gemeinsamen Nutzung eines Kinderzimmers durch die beiden Kinder im Vorschulalter entgegen stünden. Bei anderen Gerichtsentscheidungen, die der Prozessbevollmächtigte vorgebracht hatte, habe es solche besonderen Umstände gegeben (z. B. Altersunterschied von zehn Jahren). Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 235 2.6.3.45 Gericht/Entscheidung: LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 04.08.2010, L 11 AS 105/10 B PKH FEVS Bd. 62 S. 189 Sachverhalt: Unterkunftskosten bei zeitweiser Bedarfsgemeinschaft Gründe: Für die Frage, ob bei einer temporären Wohngemeinschaft ein zusätzlicher Wohnbedarf anzunehmen ist, kommt es entscheidend auf die Umstände des Einzelfalles an. Ein höherer Wohnbedarf kann nur ausnahmsweise anerkannt werden, wenn sonst die Wohnverhältnisse evident zum Besuch der Kinder/des Kindes ungeeignet sind. Ein Eilantrag ist voreilig gestellt, wenn der Behörde keine Zeit gelassen wird, die Sach- und Rechtslage zu prüfen. ---------------------------------------------------------------------------------------------2.6.3.46 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 01.06.2010, B 4 AS 60/09 R FEVS Bd. 62 S. 452 Sachverhalt: Angemessene Unterkunftskosten nach Umzug Gründe: Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II sind nach einem Umzug über die Grenzen des kommunalen Vergleichsraums hinaus nicht auf die Aufwendungen am bisherigen Wohnort begrenzt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 236 2.6.4 Mietkaution, Genossenschaftsanteile, Maklerkosten, doppelte Miete, Einschränkung der Umzugsfähigkeit 2.6.4.01 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Dresden, Beschluss vom 15.08.2005, S 23 A5 692/05 ER Sachverhalt: Höhe der Umzugskosten, doppelte Mietbelastung Gründe: Der Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II beschränkt sich auf die notwendigen und angemessenen Kosten. Der Umzug ist grundsätzlich in eigener Regie durchzuführen, was aus dem Grundsatz der Selbsthilfe folgt. Lediglich ausnahmsweise, wenn Selbsthilfe z. B. aus gesundheitlichen Gründen, wegen des Alters oder einer Behinderung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, können die Kosten des Umzugs durch eine Umzugsfirma übernommen werden; es sind jedoch gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II kostengünstigere Umzugsmöglichkeiten als mit einer gewerblichen Firma – z. B. mithilfe studentischer Hilfskräfte – auszuschöpfen. Der Sozialleistungsträger kann sich nicht auf die Festlegung – unzureichender - Pauschalen für Umzugskosten berufen, weil dies weder den Umständen des Einzelfalls gerecht wird noch das SGB II es überhaupt zulässt, in derart pauschalierter Form und Einzelfallumstände ausblendender Weise vorzugehen. Durch den Umzug übergangsweise entstandene, unvermeidbare doppelte Mietbelastungen zählen zu den Wohnungsbeschaffungskosten nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 237 2.6.4.02 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.06.2006, L 10 B 488/06 AS ER FEVS Bd. 58 S. 329 Sachverhalt: Doppelte Miete, Mietkaution Gründe: Unterkunftskosten sind grundsätzlich nur für eine einzige Unterkunft anzuerkennen, auch wenn der Hilfebedürftige zeitweise mehrere Unterkünfte angemietet hat; entscheidend ist dann die (vorrangig) tatsächlich genutzte Unterkunft. Ein Ausnahmefall ist nur anzuerkennen, wenn bei einem notwendigen Wohnungswechsel die Mietzeiträume wegen der Kündigungsfristen oder notwendiger Renovierungsarbeiten nicht nahtlos aufeinander abgestimmt werden können, sodass doppelte Mietaufwendungen nicht zumutbar abgewendet werden können. Die Übernahme einer Mietkaution ist nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II an die vorherige Zusicherung durch den Sozialhilfeträger geknüpft. Dass der Hilfesuchende, sollte sie die vereinbarte Mietkaution nicht zahlen können, unter Umständen die Wohnungskündigung droht, ist die vom Gesetzgeber in Kauf genommene Folge und rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 238 2.6.4.03 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 29.01.2008, L 9 AS 421/07 ER Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Ratenweise Aufrechnung der Kaution mit laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt. Gründe: Die von Antragsgegnerin im Bescheid vom 05. Juli 2007 erklärte Aufrechnung als auch die laufenden monatlichen Einbehalte in Höhe von € 75 von den monatlich bewilligten Regelleistungen sind nicht wirksam, so dass die Antragsteller Anspruch auf Auszahlung ungekürzter Leistungen ohne Berücksichtigung eines monatlichen Einbehalts von € 75 haben. Die bewilligten Beträge sind nämlich nicht in Höhe von monatlich € 75 durch die Aufrechnung erloschen, so dass die Antragsteller Anspruch auf die ungekürzte Auszahlung der ihnen bewilligten Leistungen haben. Unzweifelhaft liegen auch die Voraussetzungen von § 43 SGB II nicht vor, denn der Einbehalt der monatlichen Leistungen für die Rückzahlung des Mietkautionsdarlehens betrifft keinen dort geregelten Fall, da es sich nicht um einen Anspruch auf Erstattung oder auf Schadenersatz handelt. Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht auf § 51 Abs. 2 SGB I beziehen, da die dort genannten Voraussetzungen ebenfalls nicht vorliegen, denn es handelt sich nicht um einen Fall von zu Unrecht erbrachten Sozialleistungen. Das Gericht bejaht auch einen Anordnungsgrund. Unabhängig von einer prozentualen Bewertung des insgesamt einbehaltenen Betrages zum Gesamtfamilieneinkommen ohne Unterkunftskosten und Heizkosten führt der monatliche Einbehalt von je € 25 pro Mitglied der hier betroffenen Bedarfsgemeinschaft dazu, dass der notwendige Bedarf nicht mehr hinreichend sichergestellt ist. Denn der hier in Rede stehende Betrag ist zur Überzeugung des Senats kein Bagatellbetrag mehr, bei dem der Anordnungsgrund ohne weiteres zu verneinen ist und den Hilfesuchenden das Abwarten der Hauptsacheentscheidung zugemutet werden kann. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 239 2.6.4.04 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 05.09.2007, L 6 AS 145/07 ER FEVS Bd. 59 S. 160 Sachverhalt: Höhe der Heizkosten, Tilgung einer Kaution, Verzicht von Leistungen Gründe: Für die Angemessenheit der Heizkosten ist auf die Vorauszahlungen aufgrund des Mietvertrages oder aufgrund der Festsetzungen des Energieversorgungsunternehmens abzustellen, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte für ein unwirtschaftliches und damit unangemessenes Verhalten des Leistungsempfängers vorliegen. Für die Frage der Rechtmäßigkeit einer Rückzahlungsvereinbarung im Darlehensvertrag über eine Mietsicherheit ist auf § 51 SGB I abzustellen; insoweit ist der Einbehalt von Teilen der laufenden Grundsicherungsleistungen zur Darlehenstilgung als Aufrechnung zu beurteilen. Der Widerruf eines Verzichts auf Sozialleistungen (§ 46 SGB I) erfasst bei laufenden Leistungen alle nach dem Zugang des Widerrufs fälligen Teilleistungen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.4.05 Gericht/Entscheidung: SG Freiburg, Urteil vom 31.07.2009, S 12 AS 2626/07 ZfF 7/2010 S. 159 Sachverhalt: Freiwillige Tilgung der Kaution (Aufrechnung) Gründe: Aus § 22 Abs. 3 Satz 3 SGB II folgt nicht, dass ein Mietkautionsdarlehen tilgungsfrei zu gewähren ist. Die konkrete Form der Darlehensgewährung steht vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers. Ein Verbot der freiwilligen Tilgung von Schulden kennt weder die Rechtsordnung generell noch das SGB II. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 240 2.6.4.06 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R FEVS Bd. 61 S. 502 Sachverhalt: Angemessenheit, Mietspiegel, Zumutbarkeit Gründe: Ein Mietspiegel nach § 558 c BGB stellt ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten bezogen auf den Vergleichsraum einer Großstadt dar. Als räumlicher Maßstab für die konkrete Angemessenheit der Unterkunftskosten kann das gesamte Stadtgebiet einer Großstadt zugrunde gelegt werden, sodass das geschützte soziale Umfeld der Leistungsempfänger sich nicht auf einen Stadtteil beschränkt. Der Zumutbarkeit eines Umzugs kann die Einschränkung der Umzugsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen – auch solchen, die nicht zur Pflegebedürftigkeit führen - entgegenstehen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.4.07 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 18.02.2010, B 4 AS 28/09 R FEVS Bd. 62 S. 6 Sachverhalt: Hausverkauf, Maklergebühr, Wohnungsbeschaffungskosten Gründe: Die Maklergebühr kann zwar in Ausnahmefällen zu den Wohnungsbeschaffungskosten i. S. d. § 22 Abs. 3 SGB II gehören, wenn die Beauftragung eines Maklers zum Finden und Anmieten einer angemessenen Wohnung unvermeidbar ist. Jedoch gilt dies nicht, wenn die Maklergebühr anlässlich der Veräußerung von (selbst genutztem) Wohnungseigentum des Hilfebedürftigen anfällt, denn diese Kosten mindern lediglich den Veräußerungserlös und haben keine Auswirkungen auf den nach dem SGB II zu berücksichtigenden Hilfebedarf. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 241 2.6.4.08 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.05.2010, L 5 AS 25/09 FEVS Bd. 62 S. 331 Sachverhalt: Abtretung, Bedarfsgemeinschaft, Darlehen, Genossenschaftsanteile Gründe: Die Regelung des § 22 Abs. 3 SGB II ist gleichermaßen auf Genossenschaftsanteile anzuwenden. Werden Genossenschaftsanteile nur als Darlehen gewährt, darf der Leistungsträger auf eine entsprechende Absicherung etwa durch Abtretung des Auszahlungsanspruchs des Genossenschaftsmitglieds bestehen. Von § 22 SGBII werden Wohnungsbeschaffungskosten einer dritten Person nicht erfasst, sodass eine Übernahme von Genossenschaftsanteilen nur für das Genossenschaftsmitglied, jedoch nicht für andere Personen in Betracht kommt. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 242 2.6.5 Mietrückstände 2.6.5.01 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21.02.2007, L 7 AS 22/07 ER FEVS Bd. 58 S. 539 Sachverhalt: Mietschulden, unangemessene Miete Gründe: Eine Übernahme von Mietschulden kommt nicht in Betracht, wenn diese durch den Verbleib in einer nicht angemessenen Wohnung verursacht wurden, obwohl der Antragsteller zur Kostensenkung aufgefordert worden ist. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.5.02 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.08.2008, L 1019/08 AS ER Quelle: Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Übernahme von Mietschulden bei unangemessener Miete Gründe: Bei dem Klienten wurde ein Karzinom der linksseitigen Zunge festgestellt, was mehrere Tumoroperationen und eine Entfernung der Lymphknoten am Hals notwendig machte. Auf Grundlage des ärztlichen Attestes muss der Senat davon ausgehen, dass bei seinem derzeitigen Gesundheitszustand ein Umzug zu einer Verschlechterung des Zustandes führen würde. Ausgehend von dem Ergebnis der Prüfung auf Grundlage des bisher vorliegenden Sachverhalts sind die Kosten der Unterkunft und Heizung damit wohl unangemessen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Von dem Grundsatz, dass eine Übernahme von Mietschulden in diesem Fall ausscheidet, ist nach vorläufiger Einschätzung des Senats aber dann eine Ausnahme zu machen, wenn zumindest mittelfristig eine Kostensenkung für den Hilfebedürftigen unzumutbar ist. Wenn konkrete Umstände des Einzelfalls dazu führen, dass auf die Übernahme von angemessenen Kosten nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II auf nicht im Vorhinein absehbare Zeit ein Anspruch besteht, erscheint auch die Sicherung der Wohnung durch Übernahme von Schulden gerechtfertigt. Anderenfalls würde der Schutz der Wohnung, den § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II je nach den Umständen des Einzelfalles auch unbefristet gewährt, entgegen dem gesetzgeberischen Zweck unterlaufen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 243 2.6.5.03 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02.06.2009, L 14 AS 618/09 B Quelle: Juris Sachverhalt: Übernahme von Mietrückständen Dem Antragsteller droht Wohnungslosigkeit und die Übernahme von Schulden erscheint als geeignetes Mittel, die Wohnungslosigkeit abzuwenden. Ohne ein Eingreifen des Antragsgegners wird der Antragsteller wahrscheinlich seine bisherige Wohnung verlieren. Bedenken hinsichtlich der Rechtfertigung der Mietschuldenübernahme hat der Senat lediglich im Hinblick darauf, dass der Ursprung der Schulden nicht näher aufgeklärt ist. Diese Bedenken sind indessen nicht gewichtig genug, um dem Erlass einer einstweiligen Anordnung entgegen zu stehen. Der gesetzlichen Vorgabe ist nicht zu entnehmen, dass nur derjenige einen Anspruch auf Mietschuldenübernahme haben soll, der unverschuldet in eine Situation geraten ist, in der ihm der Verlust der Wohnung droht. Zugunsten des Antragstellers ist zu berücksichtigen, dass er sich in der Vergangenheit zeitweise bemüht hat, seine seit dem Jahr 2004 bestehenden Mietschulden zurückzuführen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.5.04 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 05.11.2008, L 7 B 273/08 AS ER FEVS Bd. 60 S. 416 Sachverhalt: Mietrückstände Gründe: Droht zwar eine Wohnungslosigkeit, kann diese jedoch nicht mehr durch Übernahme der Mietschulden verhindert werden, weil der Vermieter (auch) aus anderen Gründen ein Räumungsurteil erwirkt hat und nicht bereit ist, das Mietverhältnis fortzusetzen, kommt eine Übernahme der Mietrückstände nicht in Betracht. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 244 2.6.5.05 Gericht/Entscheidung: BGH, Urteil vom 21.10.2009, VIII ZR 64/09 Quelle: Yahoo Nachrichten, AP vom 22.10.2009 Sachverhalt: Keine Kündigung wegen verspäteter Mietzahlung durch Jobcenter Gründe: Zwar verstieß die Mieterin formal gegen ihre Vertragspflicht, wonach die Miete bis zum 3. Werktag des Monats auf das Konto des Vermieters gezahlt werden musste. Obwohl die Frau dem Jobcenter die Abmahnung des Vermieters vorlegte, war das Amt nicht zu einer früheren Zahlung bereit – die Zahlungen gingen am 11. April, 7. Mai, 6. Juni und 8. Juli ein. Der Vermieter kündigte daraufhin fristlos, scheiterte mit seiner Klage jedoch in allen Instanzen. Auch der BGH stellte jetzt fest, dass für eine fristlose Kündigung kein Grund bestand: Schließlich beruhten die Zahlungsverzögerungen darauf, dass das Jobcenter nicht zu einer früheren Zahlungsanweisung bereit war. Die Mieterin müsse sich auch nicht ein etwaiges Verschulden des Jobcenters zurechnen lassen, stellte der BGH weiter fest. Denn die staatliche Stelle handle nicht als "Erfüllungsgehilfe der Mieterin". Ob das Jobcenter direkt an den Vermieter zahle oder an den Bedürftigen, der die Miete daraufhin überweise, spiele dabei keine Rolle. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.5.06 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.09.2009, L 13 AS 252/09 B ER FEVS Bd. 61 S. 237 Sachverhalt: Ermessen, missbräuchliches Verhalten, Schuldenübernahme Gründe: Erst wenn das Tatbestandsmerkmal der Rechtfertigung in § 22 Abs. 5 SGB II erfüllt ist, kann der Leistungsträger eine Entscheidung im (intendierten) Ermessen bezüglich der Übernahme der Energiekostenrückstände treffen; das gilt sinngemäß auch im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Ein missbräuchliches Herbeiführen der Notlage durch den Hilfesuchenden zulasten des Leistungsträgers kann der Übernahme der Rückstände entgegenstehen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 245 2.6.5.07 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 31.08.2010, L 19 AS 1106/10 B ER FEVS Bd. 62 S. 285 Sachverhalt: Mietschulden, langfristige Unterkunftssicherung Gründe: Eine Mietschuldenübernahme nach § 22 Abs. 5 SGB II kommt nicht in Betracht, wenn trotz Schuldenübernahme der Erhalt der Wohnung nicht langfristig gesichert werden kann. Die (vorläufige) Aussetzung der Vollstreckung des Räumungstitels, die von der Zahlungsmoral des Hilfesuchenden abhängt, erfüllt nicht den mit der Bestimmung des § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II verfolgten Zweck der langfristigen Sicherung der Unterkunft. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.5.08 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 17.06.2010, B 14 AS 58/09 R FEVS Bd. 62 S. 444 Sachverhalt: Mietschulden, Aufnahme eines Privatdarlehens Gründe: Schulden gegenüber einem Dritten, die der Hilfebedürftige eingegangen ist, um drohende Wohnungslosigkeit durch Zahlung rückständiger Miete abzuwenden, können vom Träger der Grundsicherung zu übernehmen sein, wenn die Übernahme der Mietschulden zuvor beantragt worden war. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 246 2.6.6 Pflegegeldleistungen der Jugendhilfe 2.6.6.01 Gericht/Entscheidung: BSG Urteil vom 29.03.2007 B 7b AS 12/06 R FEVS Bd. 58 S. 496 Sachverhalt: Pflegegeldleistungen der Jugendhilfe, Wohnbedarf Gründe: Der vom Jugendamt an Pflegeeltern gezahlte Erziehungsbeitrag stellt, jedenfalls wenn in einem Haushalt nicht mehr als zwei Pflegekinder betreut werden, bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II kein zu berücksichtigendes Einkommen dar. Das für ein Pflegekind gezahlte Kindergeld ist nach Abzug des Kürzungsbetrages gemäß § 39 Abs. 6 SGB VIII als Einkommen des Kindergeldberechtigten zu berücksichtigen. Pflegekinder bilden mit ihren Pflegeeltern keine Bedarfsgemeinschaft i. S. v. § 7 Abs. 3 SGB II. Pflegekinder sind im Hinblick auf die Zielsetzung des SGB VIII, die Aufnahme von Pflegekindern in Pflegefamilien zu fördern, beim Wohnbedarf im Rahmen der Angemessenheitsprüfung eines Eigenheims zu berücksichtigen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.6.02 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.12.2005, L 14 B 38/05 AS ER FEVS Bd. 58 S. 6 Sachverhalt: Mietanteil bei Verwandtenpflege im Rahmen der Jugend-/Sozialhilfe Gründe: Stehen den in die Wohnung der Leistungsberechtigten aufgenommenen Enkelkindern nur die Sätze der Verwandtenpflege zur Verfügung, aus denen die Aufwendungen für Lebenshaltung und Unterkunft zu bestreiten sind, widerspräche es dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung, wenn den Leistungsberechtigten bei den Unterkunftskosten ein Betrag als auf die Enkelkinder entfallend abgezogen würde, den diese nach den ihnen gewährten Leistungen zu tragen nicht imstande sind. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 247 2.6.6.03 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 27.01.2009, B 14/7b AS 8/07 R Quelle: Juris Sachverhalt: Berücksichtung von Pflegegeld bei Vollzeitpflege Gründe: Der Mehrbedarf wegen Alleinerziehung ist auch für Personen zu berücksichtigen, die Pflegekinder in ihren Haushalt aufgenommen haben und allein betreuen. Die Aufteilung der Unterkunfts- und Heizungskosten nach Kopfteilen gilt auch dann, wenn Hilfebedürftige aufgenommen sind. Ausnahmen sind bei atypischen Fallkonstellationen, z. B. Pflegebedürftigkeit, möglich. Das für Pflegekinder ausgezahlte Kindergeld ist grundsätzlich als Einkommen des Kindergeldberechtigten heranzuziehen, soweit es nicht bei der Berechnung des Pflegegeldes auf den Bedarf des Kindes angerechnet wird. Der Erziehungsbeitrag nach dem SGB VII bleibt bei der Ermittlung des Einkommens als zweckbestimmte Leistung unberücksichtigt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 248 2.6.7 Rechtmäßigkeit des Mietvertrages, Selbstverpflichtung des Grundsicherungsträgers 2.6.7.01 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.03.2006, L 19 B 42/06 AS ER FEVS Bd. 58 S. 330 Sachverhalt: Gartenlaube, gesetzwidriger Mietvertrag Sachverhalt: Kosten einer Unterkunft, die auf einem gesetzwidrigen Mietvertrag beruhen, sind vom Sozialleistungsträger im Regelfall nicht zu tragen, weil der entsprechende Mietvertrag gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (§ 134 BGB). Dies trifft auf die Gartenlaube in einer Kleingartenkolonie zu, in der ein dauerndes Wohnen nicht zulässig ist. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.7.02 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.06.2006, L 8 AS 165/06 ER FEVS Bd. 58 S. 148 Sachverhalt: Rechtsmäßigkeit des Mietvertrages, tatsächliche Aufwendungen, Unterhalt für volljähriges Kind Gründe: Leistungen für Unterkunft und Heizung sind gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Mietverhältnisses zu erbringen. Maßgebend sind allein die tatsächlichen Aufwendungen. Ob ein Hauptmieter zur Untervermietung an den Hilfebedürftigen berechtigt ist, ist unbeachtlich, solange Zahlungen erfolgt sind. Die Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II, nach der der Übergang eines Unterhaltsanspruchs unter bestimmten Voraussetzungen nicht bewirkt werden darf, führt dazu, dass die Träger der Grundsicherung in diesen Fällen der Prüfung enthoben sind, ob ein Unterhaltsanspruch zusteht. Konsequenterweise kann ein solcher Anspruch nicht nach § 9 Abs. 1 oder § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II berücksichtigt werden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 249 2.6.7.03 Gericht/Entscheidung: SG Berlin, Urteil vom 21.01.2008, S 119 AS 744/07 ZfF 4/2009 S. 89 Sachverhalt: Rechtliche Bedeutung einer Kostenübernahmeerklärung Gründe: Aus einer Kostenübernahmeerklärung des Grundsicherungsträgers nach dem SGB II lässt sich in der Regel kein eigener Anspruch des Unterkunftsanbieters ableiten (im Anschluss von BverwG, Urteil vom 19.05.1994 – 5 C 33.91. FEVS Bd. 45 S. 151). -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.7.04 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 8/09 R Quelle: Beck-Aktuell Sachverhalt: Übernahme der Unterkunftskosten bei unwirksamer Staffelmietvereinbarung Gründe: Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft, die der Grundsicherungsträger zu erstatten hat, umfassen einen im Mietvertrag festgelegten Mietzins auch dann, wenn eine von der Vertragspartei vereinbarte Staffelmiete möglicherweise unwirksam ist. Das BSG ließ es deshalb dahinstehen, ob ein Verstoß gegen § 557a Abs. 2 Satz 1 BGB darin zu sehen war, das vom Mietbeginn bis zum Eintritt der ersten Mietstaffel nicht mindestens ein Jahr gelegen hatte. Gleichzeitig betonten die Richter aber, das das nicht heiße, dass Aufwendungen, die auf einer zivilrechtlich unwirksamen Grundlage beruhten, wirtschaftlich dauerhaft aus öffentlichen Mitteln bestritten würden. Vielmehr könne der Grundsicherungsträger in derartigen Fällen das Kostensenkungsverfahren nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II betreiben. Hierzu müsse er jedoch dem Hilfebedürftigen seinen Rechtsstandpunkt in einer Weise verdeutlichen, dass dieser zur Durchsetzung seiner Rechte gegenüber dem Vermieter in die Lage versetzt werde. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 250 2.6.7.05 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 03.03.2009, B 4 AS 37/08 R FEVS Bd. 61 S. 39 Sachverhalt: Angehörige, Fremdvergleich, Mietvertrag Gründe: Tatsächliche Aufwendungen für die Unterkunft sind vom Grundsicherungsträger bis zur Angemessenheitsgrenze zu übernehmen, wenn sie aufgrund einer wirksamen rechtlichen Verpflichtung vom Hilfebedürftigen zu tragen sind, unabhängig davon, ob die Höhe oder die Vertragsgestaltung einem Fremdvergleich standhält. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 251 2.6.8 Umzugskosten 2.6.8.01 Gericht/Entscheidung: LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.01-2007, L 11 B 479/06 AS PKH FEVS Bd. 58 S. 376 Sachverhalt: Umzugskosten, Zusicherung Gründe: Gewährt der Leistungsträger für die neue Wohnung nach vorheriger Zusicherung die Kosten der Unterkunft und bescheinigt damit die Angemessenheit, handelt er in der Regel treuwidrig, wenn er die notwendigen Umzugskosten wegen fehlender vorheriger Zusicherung verweigert. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.8.02 Gericht/Entscheidung: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30.06.2006, L 3 ER 120/06 AS Sachverhalt: Umzug, Unterkunftskosten, Umzug, Zusicherung, Angemessenheit Gründe: Das Vorliegen der vorherigen Zusicherung beim Wohnungswechsel eines Hilfebedürftigen ist keine Anspruchsvoraussetzung für die Übernahme der Kosten der Unterkunft. Die Kosten für eine bisher vom Hilfebedürftigen bewohnte Wohnung, die den baurechtlichen Bestimmungen nicht entspricht, insbesondere über keine Toilette verfügt, kann nicht als Maßstab für die Prüfung der angemessenen Kosten für eine neu anzumietende Unterkunft angesehen werden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 252 2.6.8.03 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05.02.2008, L 10 B 2193/07 AS ER FEVS Bd. 60 S. 66 Sachverhalt: Umzug, Ehegatte Gründe: Ein Umzug ist erforderlich, wenn der Antragsteller nach der Eheschließung einen gemeinsamen Hausstand mit seiner Ehefrau begründen will, wie es dem Regelfall und der gesetzlichen Vorgabe des § 1353 BGB entspricht. Maßgeblich für den Begriff des Umzugs ist, dass sich der Wechsel der Unterkunft unter Mitnahme zumindest eines wesentlichen Teils des bisherigen Hausstands vollzieht. Zum Umfang des Anspruchs auf Übernahme der Umzugskosten. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.8.04 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen, Beschluss vom 16.04.2008, L 3 B 136/08 AS-ER FEVS Bd. 60 S. 79 Sachverhalt: Schimmelbefall, Umzug Gründe: Ein Umzug kann wegen wiederkehrenden Schimmelbefalls der Wohnung, der nach Einschätzung des Gesundheitsamtes eine gesundheitliche Gefährdung darstellen kann, erst erforderlich werden, wenn der Vermieter eine ihm obliegende Mängelbeseitigung ablehnt oder die Beseitigung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist oder dem Hilfebedürftigen, etwa wegen der Dauer oder des Umfangs der Beseitigungsmaßnahmen oder nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen, nicht (mehr) zugemutet werden kann. Der Hilfebedürftige hat die Erfolglosigkeit der Inanspruchnahme zumutbarer Beseitigungsmöglichkeiten glaubhaft zu machen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 253 2.6.8.05 Gericht/Entscheidung: OVG Bremen, Beschluss vom 24.11.2008, S2 B 558/08 u. S2 S 559/08 FEVS Bd. 60 S. 574 Sachverhalt: Umzug wegen Bedrohungslage Gründe: Ein Umzug ist i. S. d. § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II notwendig, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorliegt, von dem sich auch ein Nichthilfeempfänger leiten lassen würde. Die Bedrohung durch einen Ex-Partner oder andere Personen ist ein solcher Grund; die Hilfesuchenden haben die Bedrohung substanziell glaubhaft zu machen. Das Grundrecht auf Freizügigkeit aus Art. 11 GG gibt keinen Anspruch gegen den Sozialhilfeträger auf Leistungen, die einen Ortswechsel erst ermöglichen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 254 2.6.8.06 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 06.05.2010, B 14 AS 7/09 R Juris 07.05.2010 Sachverhalt: Umzugskosten bei Grundsicherungsempfängern grundsätzlich nur für selbstorganisierten Umzug Gründe: Die Bescheide des Beklagten wurden aufgehoben und dieser zur Neubescheidung verurteilt. Der Beklagte hätte über den Antrag des Klägers auf Erstattung der Umzugskosten gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II eine Ermessensentscheidung zu treffen gehabt. Bei der noch zu treffenden Ermessensentscheidung wird der Beklagte zu beachten haben, dass dem Kläger zumindest die von den Vorinstanzen zugesprochenen € 951,20 zu gewähren sind, weil er selbst gegen diese Verurteilung keine Rechtsmittel eingelegt hat. Der Anspruch des Klägers auf Übernahme der Umzugskosten durch die Beklagte scheitert aber nicht daran, dass er vor dem Umzug keine Zusicherung des örtlich zuständigen kommunalen Trägers erhalten hatte. Die vorherige Zusicherung war hier ausnahmsweise nicht erforderlich, weil der Träger die Entscheidung in treuwidriger Weise verzögert hat. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass der Beklagte den Kläger unter Druck gesetzt hat, bereits zum 01.02.2005 die Kosten seiner bisherigen Unterkunft in erheblichem Umfang zu senken, obwohl hierfür eine Rechtsgrundlage nicht zu erkennen ist. Der Kläger hat allerdings keinen Anspruch auf Übernahme der von ihm konkret veranlassten Kosten (gemäß § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II), weil der Umzug vom Beklagten weder genehmigt worden ist, noch überhaupt genehmigungsfähig war. Der Umzug wäre nur dann genehmigungsfähig gewesen, wenn er zur Verminderung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft oder zur Eingliederung in Arbeit geboten gewesen wäre. Dies war hier deshalb nicht der Fall, weil keine Gründe festgestellt sind, die einen Umzug von Bensheim nach Braunschweig über eine Distanz von ca. 400 km rechtfertigen. Folglich kam nur eine Kostenerstattung für einen sonstigen Umzug gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II in Betracht. Die Entscheidung über das Ob und Wie eines solchen Umzugs steht im Ermessen des Trägers, wobei als Ermessensgesichtspunkt auch die Überlegungen heranzuziehen sind, die bei der Prüfung der "Angemessenheit" der Umzugskosten eines genehmigungsfähigen Umzugs maßgebend wären. Insbesondere besteht bei Umzügen im Regelungsbereich des SGB II eine Obliegenheit, die Kosten des Umzugs möglichst gering zu halten. Dieser ist daher im Regelfall selbstorganisiert durchzuführen, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Hilfskräften und Mietwagen. Lediglich in Ausnahmefällen (Alter, Behinderung, Vorhandensein von Kleinkindern etc.) kommt die Übernahme der Kosten eines professionellen Umzugsunternehmens in Betracht. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 255 2.6.9 Unterkunftskosten bei Freigängern, Kündigung während der Probezeit 2.6.9.01 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02.02.2006, L 14 B 1307/05 AS ER FEVS Bd. 57 S. 464 Sachverhalt: Übernahme von Unterkunftskosten von Freigängern Gründe: Soweit ein Freigänger nicht zum Aufenthalt in der Vollzugsanstalt verpflichtet ist, hat auch er das (Grund-)Recht, sein Leben in Freiheit zu verbringen und muss sich nicht darauf verweisen lassen, sich "freiwillig" in Haft zu begeben. Dies schließt das Recht ein, eine Wohnung zu besitzen, um sich dort aufzuhalten. Letztlich beruht der durch § 7 Abs. 4 SGB II angeordnete Leistungsausschluss (für länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebrachte Personen) auf der Fiktion, dass diese Personen nicht erwerbsfähig sind. Diese Fiktion kann aber für Freigänger keine Geltung beanspruchen, denn diese sind regelmäßig nicht nur erwerbsfähig, sondern auch tatsächlich erwerbstätig. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.9.02 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 24.01.2008, 5 B 504/07 NZA-RR 9/2008 S. 487 Sachverhalt: Mietkostenkostenübernahme nach in Probezeit gekündigtem Ausbildungsverhältnis außerhalb des bisherigen Wohnorts Gründe: Das allgemeine Lebensrisiko der Kündigung eines Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses in der Probezeit reicht nicht aus, einen Ausschluss von Leistungen für Unterkunft und Heizung (§ 22 I 1 SGB II) zu rechtfertigen. Denn dies führte dazu, dass eine Arbeits- und Ausbildungsmaßnahme außerhalb des bisherigen Wohnorts praktisch unmöglich gemacht würde, was mit dem Grundsatz, dass Hilfebedürftige alle Maßnahmen zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen haben (§ 2 I 1 SGB II), nicht vereinbar wäre (Leitsatz der Redaktion). Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 256 2.6.9.03 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen, Beschluss vom 07.01.2009, L 3 B 349/08 AS ER FEVS Bd. 61 S. 132 Sachverhalt: Erwerbsfähigkeit, Freigänger, Haft Gründe: Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II kann nicht gelten, wenn ein Häftling Freigänger ist oder jedenfalls wesentliche Teile seiner Zeit außerhalb der Vollzugsanstalt verbringt. Die tatsächliche Ausübung einer Erwerbstätigkeit von wenigstens 15 Stunden Dauer wöchentlich soll nach § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB II deswegen wieder zur Leistungsberechtigung nach dem SGB II führen, weil diese die Erwerbsfähigkeit des Betroffenen hinreichend belegt. Erst recht muss dies gelten, wenn der Häftling außerhalb der JVA an einer vollzeitigen beruflichen Weiterbildung teilnimmt, diese Maßnahme jedoch jederzeit hätte beenden können, um ein freies Beschäftigungsverhältnis von über 15 Wochenstunden aufzunehmen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.9.04 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17.12.2010, L 2 AS 392/10 B ER FEVS Bd. 62 S. 473 Sachverhalt: Gewöhnlicher Aufenthalt, Schausteller, Unterkunftskosten Gründe: Bei in der Saison berufsbedingt herumreisenden Schaustellern ist der gewöhnliche Aufenthalt an dem Ort anzunehmen, zu dem sie eine feste Beziehung unterhalten und an den sie auch regelmäßig aus Gründen wiederkehren, die nicht unmittelbar mit ihrer Tätigkeit als Schausteller zusammenhängen. Derartige Gründe können z. B. das Vorhandensein einer festen Wohnung und die Notwendigkeit, von dem Ort aus Bankgeschäfte oder behördliche Angelegenheiten zu erledigen, sein. Auch bei Personen, die ein Reisegewerbe ausüben, ist ein grundsätzliches Bedürfnis nach einer festen Wohnung als eigentlichem Lebensmittelpunkt und damit auch ein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II anzuerkennen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 257 2.6.10 Warmwasseraufbereitung 2.6.10.01 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Schleswig, Beschluss vom 10.02.2005, S 7 AS 17/05 ER Sachverhalt: Energiekostenrückstände mangels Vorauszahlung, Nachforderung von Gaskosten als Heizungskosten, Stromkosten als Regelleistung, Stromschulden, Darlehen, Kosten der Warmwasseraufbereitung Gründe: Muss der Arbeitsuchende Heizkosten nachzahlen, da keine Vorauszahlungen erfolgt sind, so handelt es sich bei diesen Nachzahlungsbeträgen für Nebenkosten nicht um Schulden bzw. die Deckung eines zurückliegenden Bedarfs, sondern um einen gegenwärtigen Bedarf, der bei Angemessenheit der Kosten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu übernehmen ist. Stromkosten bzw. –vorauszahlungen zählen zu den Regelleistungen nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Wurden keine Vorauszahlungen geleistet, so können bei einem unabweisbaren Bedarf die nachzuzahlenden Stromentgelte nur nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II durch Gewährung eines Darlehens gedeckt werden. Sofern die zu den Regelleistungen zählende Warmwasseraufbereitung durch Gas erfolgt, ist der entsprechende Kostenanteil ebenfalls nur als Darlehen nach § 23 SGB II und nicht nach § 33 SGB II zu berücksichtigen. ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.10.02 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 27.02.2008, B 14/7b AS 64/06 R Medieninformation des BSG Nr. 9/08 vom 27.02.2008 Sachverhalt: Kosten der Warmwasserversorgung können grundsätzlich von den Kosten der Unterkunft abgezogen werden. Gründe: Dem Kläger stehen höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu. Grundsätzlich sind Leistungen für Warmwasserbereitung und Strom bereits in der Regelleistung erhalten. Der vom beklagten Grundsicherungsträger vorgenommene Abzug von den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt € 28 monatlich (€ 9 für die Bereitung von Warmwasser sowie € 19 für in der Pauschalmiete enthaltene Stromkosten) war der Höhe nach allerdings nicht gerechtfertigt. Ein Abzug für Kosten der Haushaltsenergie ist insgesamt nur insoweit zulässig, als diese bereits in der Regelleistung enthalten sind. Dies ist in Höhe von € 20,74 monatlich der Fall; hiervon entfällt ein Anteil von € 6,22 auf die Kosten der Warmwasserbereitung. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 258 2.6.10.03 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 27.02.2008, B 14/11b AS 15/07 R FEVS Bd. 59 S. 537 Sachverhalt: Regelsatz, Warmwasserkosten Gründe: Die Kosten der Warmwasserbereitung sind von der Regelleistung nach § 20 SGB II umfasst. Ein Abzug von den Kosten der Haushaltsenergie ist insgesamt nur insoweit zulässig, als diese bereits in der Regelleistung enthalten sind. Ist es technisch möglich, die Kosten für Warmwasserbereitung konkret zu erfassen, so sind diese konkreten Kosten von den geltend gemachten Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II abzuziehen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 259 2.6.11 Wohngemeinschaft, Haushaltsgemeinschaft, Elternwohnung, möbliertes Zimmer 2.6.11.01 Gericht/Entscheidung: LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.03.2007, L 11 B 13/07 AS ER FEVS Bd. 58 Seite 459 Sachverhalt: Unterkunftskosten, Bedarfsgemeinschaft Gründe: Die 23-jährige Klientin war nach Trennung von ihrem Partner beim Vater in dessen 40 qm große Wohnung eingezogen. Der Vater mietete eine andere Wohnung an, da er die Treppen nicht mehr steigen konnte. Die Tochter mietete ohne vorherige Zustimmung eine eigene, angemessene Wohnung. Der Einwand, sie hätte mit ihrem Vater umziehen können, wurde vom Gericht zurückgewiesen. Das Sozialgericht verpflichtete die Arge zur Leistungsgewährung in Form der Unterkunftskosten für die eigene Wohnung und den Regelsatz. Die Beschwerde der Arge wurde zurückgewiesen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.11.02 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 25.08.2005, L 5 B 201/05 ER AS Sachverhalt: Verweis auf möblierte Zimmer, Untermiete, Wohngemeinschaften Gründe: Zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Unterkunftskosten ist mangels näherer Anhaltspunkte im SGB II auf die zum früheren Sozialhilferecht entwickelten Rechtsgrundsätze zurückzugreifen. Die fachlichen Vorgaben in Hamburg, wonach junge, allein stehende Menschen bei Erstbezug einer Wohnung vorrangig zunächst auf möblierte Zimmer, Untermiete und Wohngemeinschaften verwiesen werden sollen, sind als solche zu pauschal und undifferenziert. Eine dauerhafte Unterbringung in einem Wohnheim stellt wegen der damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Vermittelbarkeit keine zumutbare Alternative dar. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 260 2.6.11.03 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 02.05.2006, L 5 B 160/06 ER AS FEVS Bd. 58 S. 89 Sachverhalt: Elternwohnung, schwerwiegende soziale Gründe, Umzug Gründe: Lebt eine 18-jährige schwangere Hilfebedürftige in ständigem Streit mit ihrer Mutter und lehnt diese zudem die Schwangerschaft ab, kann die Hilfebedürftige nicht auf die Elternwohnung verwiesen werden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.11.04 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.04.2004, L 9 AS 131/06 ER FEVS Bd. 58 S. 115 Sachverhalt: Angemessenheit, Unterkunftskosten, Wohngemeinschaft Gründe: Bei der Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung kann bei einer Wohngemeinschaft nicht von annähernd gleichen Lebens- und Wohnverhältnissen wie bei einer Bedarfsgemeinschaft ausgegangen werden, denn eine Bedarfsgemeinschaft wird grundsätzlich geprägt durch persönliche und auch räumliche Nähe innerhalb einer Wohnung, wohingegen eine Wohngemeinschaft sich in der Regel dadurch auszeichnet, dass bestimmte Wohnbereiche allein einem bestimmten Mitglieder der Wohngemeinschaft zur persönlichen und ausschließlichen Nutzung zugewiesen sind und lediglich Küche, Sanitärbereiche, Flur und ein weiteres gemeinsam genutztes Zimmer zur gemeinschaftlichen Nutzung den Mitgliedern der Wohngemeinschaft zugewiesen sind. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 261 2.6.11.05 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.07.2006, L 1 B 23/06 AS ER FEVS Bd. 58 S. 170 Sachverhalt: Auslandsaufenthalt, Unterkunftskosten, Haushaltsgemeinschaft Gründe: Eine Haushaltsgemeinschaft i. S. v. § 9 Abs. 5 SGB II liegt vor, wenn die betreffenden Personen tatsächlich in einem gemeinsamen Haushalt leben und zwischen ihnen eine Wirtschaftsgemeinschaft besteht. Die Haushaltsgemeinschaft wird durch einen ca. neunmonatigen Auslandsaufenthalt einer Person nicht beseitig, wenn die Rückkehr in die gemeinsame Wohnung von vornherein zeitlich absehbar ist. Bei einer Haushaltsgemeinschaft sind die Unterkunftskosten grundsätzlich nach Kopfteilen aufzuteilen. Diese im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gebotene Aufteilung ist einer Abbedingung durch Vereinbarungen der Mitbewohner zu Lasten des Sozialleistungsträgers nicht zugänglich. Ein unabweisbarer Bedarf i. S. v. § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II liegt nur dann vor, wenn es im Falle seiner Deckung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bedarfe insgesamt kommt, die auch nicht durch Mittelumschichtung innerhalb der Regelleistung beseitigt bzw. aufgefangen werden kann. Hiervon ist frühestens bei einer Bedarfsunterdeckung von 20 v. H. auszugehen. Diese Grenze kann jedenfalls von den im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringenden Zuzahlungen nicht erreicht werden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.11.06 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 06.11.2007, L 7 AS 626/07 ER FEVS Bd. 59 S.222 Sachverhalt: Junge Erwachsene, Unterkunftskosten, Zusicherung Gründe: Die Zusicherungserfordernis nach § 22 Abs. 2a SGB II kommt nur für junge Erwachsene in Betracht, die Leistungen nach dem SGB II erhalten oder einen entsprechenden Antrag gestellt haben, der einen Leistungsanspruch begründet, nicht aber für Personen im Sinne dieser Regelung, die überhaupt keine Leistungen beziehen, weil sie nicht hilfebedürftig sind. Maßgeben für einen etwaigen Anspruch auf Zustimmung ist nicht der Umstand der Antragstellung gemäß § 37 SGB II allein, sondern ob ein Anspruch auf Leistungen zum Zeitpunkt der Entscheidung besteht oder jedenfalls wahrscheinlich ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 262 2.6.11.07 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 08.10.2007, L 7 AS 249/07 ER FEVS Bd. 59 S. 226 Sachverhalt: Unterkunftskosten, Zweitwohnung Gründe: Grundsätzlich können Unterkunftskosten nur für eine Wohnung anerkannt werden, selbst wenn der Hilfebedürftige mehrere Wohnungen rechtlich nutzen kann; entscheidend ist die vorrangig tatsächlich genutzte Unterkunft. Wird der Unterkunftsbedarf bereits durch ein mietfreies Wohnen (hier im Elternhaus) gedeckt, ist eine andere Unterkunft, die lediglich an Wochenenden genutzt wird und ggf. zu einem unbestimmten Zeitpunkt wieder dauerhaft genutzt werden soll, nicht erforderlich und die hierfür entstehenden Kosten können vom Leistungsträger nicht übernommen werden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.11.08 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14/11b AS 61/06 R FEVS Bd. 60 S. 289 Sachverhalt: Unterkunftskosten, Wohngemeinschaft Gründe: Bei reinen Wohngemeinschaften ist jede Person als alleinstehend i. S. d. § 20 Abs. 2 SGB II anzusehen und somit auch für die Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten jeweils auf die Einzelperson abzustellen. Bestehen keine vertraglichen Abreden über die zu tragenden Mietanteile, ist die Aufteilung der Wohnkosten grundsätzlich nach Köpfen vorzunehmen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 263 2.6.11.09 Gericht/Entscheidung: SG Magdeburg, Beschluss vom 20.02.2010, S 11 AS 3600/09 ER Juris 16.03.2010 Sachverhalt: Umfang der zu übernehmenden Mietkosten bei Unterschrift der Eltern unter den Mietvertrag Gründe: Ein Bezieher von Hartz-IV-Leistungen kann die gesamte Miete verlangen, wenn er die angemessene Wohnung alleine bewohnt. Der verschuldete Leistungsbezieher bewohnt alleine eine Wohnung von 37 am. Der Vermieter hatte aus Gründen der Bonität darauf bestanden, dass beide Eltern, die eine eigene Wohnung haben, den Mietvertrag mit unterschreiben. Die ARGE bewilligte nur 1/3 der Miete: den Rest müssen laut Mietvertrag die Eltern an den Vermieter zahlen. Ein erstes Gerichtsverfahren ging zugunsten des Leistungsbeziehers aus. Die ARGE zahlte aber ab einem späteren Zeitpunkt wieder nur 1/3 der Miete. Das SG Magdeburg hat die ARGE nochmals verpflichtet, die Miete ganz zu übernehmen. Nach Auffassung des Gerichts haben die Eltern den Mietvertrag nur aus Bonitätsgründen unterschrieben und sind nicht Mieter geworden. Sie hätten dem Vermieter nur ein Schuldversprechen gegeben, damit ihr verschuldeter Sohn überhaupt eine Wohnung anmieten kann. Dem Sohn stehe daher die gesamte Miete zu und nicht zu 1/3 davon. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.11.10 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 20.08.2009, B 14 AS 34/08 R FEVS Bd. 61 S. 243 Sachverhalt: Tatsächliche Aufwendungen, Unterkunftskosten Gründe: Werden die Unterkunftszahlungen vom Konto der Mitbewohnerin (Mutter) abgebucht und ist für den Leistungsempfänger keine feste Beteiligung an diesen Zahlungen vereinbart, hat dieser keinen Anspruch auf Übernahme der Unterkunftskosten, weil ihm keine tatsächlichen Aufwendungen entstanden sind. Allein der Umstand, dass der Leistungsempfänger seine Halbwaisenrente an seine Mutter im Rahmen des gemeinsamen Wirtschaftens weiterleitet, lässt nicht erkennen, dass ihm tatsächliche Unterkunftskosten i. S. d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II entstehen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 264 2.6.12 Wunschrecht bei mehreren angemessenen Wohnungen 2.6.12.01 Gericht/Entscheidung: Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 18.01.2006, L 10 B 741/05 Sachverhalt: Wunschrecht bei mehreren angemessenen Wohnungen Gründe Innerhalb der Angemessenheitsgrenze steht der Antragstellerin ein Wahlrecht zu, für welche Wohnung sie sich entscheidet. Dieses Recht wird durch die Angebote des Wohnungsamtes nicht beeinträchtigt. Eine Einschränkung des Wahlrechts ergibt sich nicht aus § 2 SGB II. Nach dieser Regelung wird der Leistungsempfänger zwar aufgefordert, aktiv an seiner Eingliederung mitzuwirken, um seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten. Diese Vorschrift bezieht sich jedoch nur auf die Eingliederung in den Arbeitsmarkt, nicht auf die sonstige Lebensgestaltung des Leistungsempfängers. Eine Pflicht, den Aufwand an öffentlichen Mitteln unterhalb der Angemessenheitsgrenze noch weiter zu minimieren, ergibt sich aus dieser Regelung nicht. Eine Minimierung der Kosten der Aufwendungen aus öffentlichen Mitteln ist bereits durch die Berücksichtigung des Begriffs der Angemessenheit erfolgt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 265 2.6.13 Tilgungsleistungen für aufgenommene Fremdmittel 2.6.13.01 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14/11b AS 67/06 R Marktplatz-Recht.de Sachverhalt: Tilgung von eigengenutzem Wohneigentum Gründe: Das Urteil des LSG war auf die Revision des Beklagten aufzuheben, weil das LSG zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass dem Kläger zusätzlich zu den bereits gewährten Leistungen für die Kosten der Unterkunft die gesamten Tilgungsleistungen nach dem mit der N.-Versicherung vereinbarten Tilgungsplan (als Darlehen) zu gewähren sei. Die Revision des Klägers hatte insoweit Erfolg, als der Senat der Auffassung des LSG nicht gefolgt ist, dass Tilgungsleistungen ausnahmslos nicht als Zuschuss gewährt werden könnten. Der in der bisherigen Rechtsprechung des 7b und des erkennenden Senats aufgestellte Grundsatz, dass die Übernahme von Tilgungsleistungen aus Kosten der Unterkunft nicht in Betracht kommt, weil das Alg II nicht dazu dienen könne, Vermögensaufbau zu betreiben, ist dahingehend einzuschränken, dass der Grundsicherungsträger im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz auch bei einem Eigentümer von selbst genutztem Wohneigentum von angemessener Größe die Kosten zu übernehmen hat, die er unter vergleichbaren Voraussetzungen für eine angemessene Mietwohnung tragen würde. Dem SGB II liegt in Bezug auf den Erhalt von Vermögenswerten eine andere Wertung zugrunde als zuvor dem BSHG. Bei typisierender Betrachtung kann davon ausgegangen werden, dass bei einer relativ geringen Belastung durch Darlehenszinsen und einer vergleichsweise hohen Tilgungslast das selbst genutzte Wohneigentum bereits weitgehend finanziert ist und es deshalb nicht um den Aufbau, sondern um den Erhalt bereits bestehender Vermögenswerte geht. Da in den Vorinstanzen keine Feststellungen getroffen worden sind, in welcher Höhe Mietkosten im Wohnbereich des Klägers als angemessen anzusehen und von der Beklagten zu übernehmen sind, war der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 266 2.6.13.02 Gericht/Entscheidung: OVG Bremen, Beschluss vom 20.05.2008, S2 B 203/08 FEVS Bd. 60 S. 160 Sachverhalt: Darlehen, Hausgrundstück, Tilgungsleistungen Gründe: Bei einem selbst genutzten Hausgrundstück kommt die Übernahme von Schulden nach § 22 Abs. 5 SGB II nur für fällig gewordene Tilgungsleistungen für ein Darlehen, das zum Erwerb des Grundstücks aufgenommen worden ist, in Betracht. Voraussetzung für eine Schuldenübernahme ist ferner, dass der Leistungsempfänger nach der Überbrückungszeit zur weiteren Rückzahlung des Darlehens in der Lage ist. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.13.03 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14/11b AS 67/06 R FEVS Bd. 60 S. 293 Sachverhalt: Eigenheim, Tilgungsleistungen Gründe: Wäre der Hilfebedürftige ohne (ggf. anteilige) Übernahme von Tilgungsraten gezwungen, seine zum Schonvermögen gehörende selbst genutzte Wohnung aufzugeben, kommt eine Übernahme der gesamten Finanzierungskosten bis zur Höhe der abstrakt angemessenen Kosten einer Mietwohnung in Betracht. Erforderlich ist, dass die Kosten in Form von Tilgungsleistungen zur Erhaltung des Wohneigentums unvermeidbar sind. Wenn die unvermeidliche Tilgungsleistung die angemessenen Kosten einer Mietwohnung übersteigt, könnte darüber hinaus ein Darlehen in Betracht kommen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 267 2.6.13.04 Gericht/Entscheidung: SG Berlin, Beschluss vom 04.03.2010, S 147 AS 6183/10 ER Juris 22.04.1948 Sachverhalt: Eigentumswohnung, Tilgungsraten Gründe: Das BVerfG hatte im Urteil vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09) aus dem Grundgesetz "unter engen und strikten" Voraussetzungen für "seltene Fälle" einen Leistungsanspruch für einen "unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen und besonderen Bedarf zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimum" hergeleitet, um Lücken zu schließen, die aus der Pauschalierung der Regelleistung herrühren. Diese vom BVerfG aufgestellten Voraussetzungen für das Eingreifen einer unmittelbar aus der Verfassung herzuleitenden Härtefallregelung liegen nach Auffassung des SG Berlin hier nicht vor. Das "menschenwürdige Existenzminimum" sei nicht betroffen. Die Verfassung verschaffe keinen Anspruch auf einen Vermögensaufbau auf Kosten der Allgemeinheit. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.13.05 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 12.03.2010, L 6 AS 516/09 B ER Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Übernahme von Tilgungsleistungen für ein Eigenheim Gründe: Das Gericht hat den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch bejaht. Zutreffend hat der Antragsteller auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts verwiesen (Urteil vom 18.06.2008 a.a.O.), wonach Tilgungsleistungen einer selbstgenutzten angemessenen Immobilie vom Grundsicherungsträger bis zur Höhe der angemessenen Kosten einer Mietwohnung als Kosten der Unterkunft zu übernehmen sind, wenn der Hilfebedürftige ansonsten seine Wohnung aufgeben müsste. Bei der von dem Antragsteller bewohnten Immobilie ist nach summarischer Prüfung die Angemessenheit i. S. des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II und damit von Schonvermögen auszugehen. Insoweit erstreckt sich nach der Aktenlage die Wohnfläche auf 80 m². Eine solche Wohnfläche ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als Mindestgröße anzusehen, die auch bei einer Belegung mit nur einer Person angemessen ist. Weiter steht zur Überzeugung des Senats fest, dass ohne die Übernahme der Tilgungsraten durch die Antragsgegnerin ein Verlust des Wohneigentums des Antragstellers droht. Die bevorstehende Zwangsvollstreckung, die zu einem Verlust der grundgesetzlich geschützten Wohnung führen würde, ist vorliegend ausreichend konkret. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 268 2.6.14 Wohngeld nach § 22 Abs. 7 SGB II 2.6.14.01 Gericht/Entscheidung: OVG Bremen, Beschluss vom 19.02.2008, S2 B 538/07 FEVS Bd. 59 Seite 451 Sachverhalt: Unterkunftskostenzuschuss Gründe: Nach § 22 Abs. 7 SGB II erhält ein Auszubildender einen Zuschuss zu seinen ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Dabei hat eine Bedarfsprüfung nach dem SGB II zu erfolgen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.14.02 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 02.08.2007, L 9 AS 215/07 ER Quelle: Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Unterkunftskostenkostenzuschuss Gründe: Wie 2.6.14.01; jedoch wird das Kindergeld nicht von der Unterkunftskosten als Einkommen abgezogen. Auf der Grundlage des zum 01. April 2001 geänderten § 21 BAföG wird Kindergeld im Unterschied zur Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II bei der Berechnung der Ausbildungsförderung nicht als Einkommen angerechnet. Der Gesetzgeber hat demnach für BAföG-Empfänger einen um das Kindergeld erhöhten Bedarf zur Bestreitung des Lebensunterhalts einschließlich der für die Ausbildung erforderlichen Kosten angenommen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 269 2.6.14.03 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 22.03.2010, B 4 AS 39/09 R Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Zuschuss zu den Unterkunfts- und Nebenkosten nach § 22 Abs. 7 SGB II Gründe: Im Gegensatz zur Auffassung des LSG bemisst sich die Höhe des Zuschusses nach § 22 Abs. 7 SGB II jedenfalls nicht nach der Differenz der kopfteiligen Unterkunftskosten der Klägerin nach dem SGB II und dem nach dem SGB III zu Grunde zu legenden Unterkunftsbedarf. Es gilt vielmehr, den ungedeckten Bedarf nach den Vorschriften des SGB II unter Berücksichtigung der Leistung nach dem SGB III einschließlich des dort eingerechneten Unterkunftsbedarfs sowie ggf. weiterem Einkommen zu ermitteln. In Höhe des sich dann ggf. ergebenden Bedarfs nach dem SGB II ist der Zuschuss alsdann – gedeckelt durch die Differenz zwischen dem Unterkunftsbedarf nach dem SGB II und dem in der Ausbildungsförderung enthaltenen Unterkunftsanteil – vom Grundsicherungsträger zu zahlen, ohne den in den Ausbildungsförderungsleistungen enthaltenen Unterkunftsanteil nochmals in Abzug zu bringen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.14.04 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 22.03.2010, B 4 AS 69/09 R FEVS Bd. 62 S. 53 Sachverhalt: Auszubildende, Unterkunftskostenzuschuss Gründe: Bei dem Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II handelt es sich um eine Grundsicherungsleistung, denn die Regelung ist in das System der Grundsicherung für Arbeitsuchende eingebettet und nimmt auch auf Parameter aus diesem System Bezug. Nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II ist nur der angemessene Unterkunftsbedarf i. S. d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zuschussfähig. Der nicht durch Einkommen gedeckte Unterkunftsbedarf ist als Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II – gedeckelt durch die Differenz zwischen Unterkunftsbedarf nach dem SGB II und in der Ausbildungsförderungsleistung enthaltenem Unterkunftsanteil – zu erbringen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 270 2.6.15 Sonstige Aufwendungen 2.6.15.01 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 28.10.2009, L 7 AS 326/09 ER Juris 19.11.2009 Sachverhalt: Solaranlage Gründe: Das LSG Hessen hat entschieden, dass ein Hartz IV-Empfänger Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anschaffung einer Solaranlage hat, soweit eine anderweitige Stromversorgung nicht gewährleistet ist. Der Antragsteller lebt in einem ca. 10 qm großen Bauwagen auf einem Wagenplatz in Frankfurt am Main. Ein Anschluss an die öffentliche Stromversorgung besteht nicht. Die Heizung erfolgt über einen Holzofen, Strom wurde mittels Solaranlage erzeugt. Im Oktober 2007 beantragte der 43-jährige Hart IV-Empfänger die Reparatur bzw. den Ersatz der defekten Solaranlage. Im Rahmen eines vor dem LSG Hessen im Juli 20089 geschlossenen Vergleichs verpflichtete sich die Rhein-Main-Job-Center GmbH, ihm ein Darlehen zur Beschaffung der preisgünstigsten Stromversorgung zu gewähren. Nach Ansicht des Hilfsbedürftigen kommt nur eine Solaranlage in Betracht, das das Aufstellen von Stromgeneratoren in der Bauwagensiedlung verboten sei. Dem Widersprach die Job-Center-GmbH. Die begehrte Solaranlage für € 6,195 sei nicht die kostengünstigste Möglichkeit der Stromversorgung. Das LSG Hessen hat in einem Eilverfahren die Job-Center-GmbH verurteilt, dem Antragsteller ein Darlehen in Höhe von € 6.195 zur Beschaffung der Solaranlage zu gewähren. Nach Ansicht des Gerichts ist dieser Erhaltungsaufwand im Vergleich mit entsprechenden Unterkunftskosten angemessen. Die durchschnittliche Jahresmiete incl. Nebenkosten für eine angemessene Wohnung läge für einen 1-Personenhaushalt in Frankfurt bei ca. € 5.360. Demgegenüber sei das Darlehen für die Solaranlage nicht unverhältnismäßig. Schließlich lasse – so das Gericht – der Ausschluss von der Stromversorgung erhebliche Beeinträchtigungen der Menschenwürde befürchten. Da eine funktionierende Stromversorgung zum elementaren Lebensbedarf gehört, sei zudem eine einstweilige Anordnung erforderlich. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 271 2.6.15.2 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 16.12.2008, B 4 AS 1/08 R FEVS Bd. 60 S. 535 Sachverhalt: Anmietung eines zusätzlichen Lagerraumes Gründe: Ein Anspruch auf Leistungen für einen zusätzlichen Lagerraum kann bestehen, wenn der angemietete Wohnraum so klein ist, dass der Lagerraum zur angemessenen Unterbringung von persönlichen Gegenständen des Hilfebedürftigen erforderlich ist. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.6.15.3 Gericht/Entscheidung: SG Altenburg, Beschluss vom 02.03.2009, S 23 AS 130/09 ER ZfF 2/2010 S. 36 Sachverhalt: Herstellung bzw. Anschaffung einer öffentlichen Entwässerungseinrichtung Gründe: Zu den angemessenen Kosten der Unterkunft bei selbst genutzten Eigenheimen zählen alle notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen sind. Bei den Beiträgen für die Herstellung bzw. Anschaffung der öffentlichen Entwässerungseinrichtung handelt es sich um "sonstige öffentliche Abgaben i. S. v. § 7 Abs. 2 Nr. 2 DVO zu § 82 SGB XII. Ein Vermögenszuwachs wird vom Gesetz nicht ausdrücklich ausgeschlossen; vielmehr ist er, soweit er für die Erhaltung der Unterkunft erforderlich ist, zu tolerieren. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 272 2.6.15.4 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.07.2010, L 5 AS 136/10 B ER FEVS Bd. 62 S. 378 Sachverhalt: Abwasserbeseitigung, Eigenheim, Erhaltungsaufwand, Klärgrube, Unterkunftskosten Gründe: Zu den Kosten der Unterkunft gehören bei einem selbst bewohnten, vermögensgeschützten Eigenheim die Kosten der Instandhaltung und –setzung. Sie müssen notwendig und angemessen sein und dürfen nicht zu einer Verbesserung des Wohnstandards führen. Notwendig sind auch bauliche Änderungen der Abwasserbeseitigung, wenn die Nutzung des Hauses ohne die begehrten Maßnahmen – auch etwa durch eine behördliche Nutzungsuntersagung – unmöglich würde. Für die Angemessenheit bei verschiedenen technischen Möglichkeiten zur Sicherung der Abwasserbeseitigung ist auf einen einfachen, grundlegenden Bedürfnissen genügenden Wohnstandard abzustellen. Nicht maßgeblich ist, ob eine in der Herstellung aufwändigere Sanierung ("vollbiologische Kleinkläranlage") im Dauerbetrieb wirtschaftlicher wäre als eine einfachere technische Lösung ("abflussfreie Sammelgrube"). Etwas anderes kann gelten, wenn die preisgünstigere technische Lösung zur Abwasserbeseitigung so unwirtschaftlich ist, dass kein vernünftig denkender Kreditnehmer diese in Betracht ziehen würde. Bei dem Kriterium "Angemessenheit" können verschiedene Faktoren zu berücksichtigen sein, wie etwa ein bevorstehendes Ende des Leistungsbezugs, das Ausmaß der Beeinträchtigung der Wohnqualität, der Gesamtzustand der Immobilie, der künftig zu erwartende Instandhaltungsaufwand und die Höhe der regelmäßigen Unterkunftskosten. ---------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 273 2.6.15.5 Gericht/Entscheidung: LSG Bayern, Beschl. v. 14.9.2012, L 11 AS 359/10 B ER FEVS Bd. 62 S. 412 Sachverhalt: Blinde, Begleitperson, Unterkunftskosten Gründe: Die Blindheit eines Hilfebedürftigen begründet regelmäßig nicht die Zuerkennung einer erhöhten angemessenen Wohnfläche und damit regelmäßig verbundener erhöhter Unterkunftskosten. Jedenfalls soweit der Hilfebedürftige Blindengeld bzw. Blindenhilfe bezieht, ist es ihm regelmäßig zumutbar, zumindest Teile davon, für eine eventuell erhöhte Miete aufzuwenden, denn soweit ein blindheitsbedingter Mehrbedarf besteht, ist es dem Blinden regelmäßig zumutbar, die hierfür erhaltenen Mittel auch zweckentsprechend zu verwenden. Ein Anspruch auf Kostenübernahme für eine Begleitperson kann nicht auf § 73 SGB XII gestützt werden, weil eine atypische Bedarfslange nicht besteht; die anfallenden Kosten können aus dem Blindengeld bzw. der Blindenhilfe gedeckt werden. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 274 2.7 Einkommen Übersicht: 2.7.1 2.7.2 2.7.3 2.7.4 2.7.5 2.7.6 2.7.7 2.7.8 2.7.9 Eigenheimzulage, Abwrackprämie, Existenzgründungszuschuss, Überbrückungsgeld, Nachzahlungen, Verletztenrente Einkommenseinsatz, Zuflussprinzip Einkommensanrechung des Partners, Bedarfsgemeinschaft, Betriebskostenerstattung Einkommenspfändung, Abtretungen, Tilgungsleistungen, Unterhalt Kindergeld Pflegegeld Versicherungsbeiträge als einkommensmindernde Bestandteile Nichtanrechenbares Einkommen/Abschreibungen Sonstiges Einkommen 2.7.1 Eigenheimzulage, Abwrackprämie, Existenzgründungszuschuss, Überbrückungsgeld, Nachzahlungen, Verletztenrente 2.7.1.01 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.04.2005, L 8 AS 39/05 ER Sachverhalt: Anrechung der Eigenheimzulage als Einkommen Gründe: Die Eigenheimzulage ist kein Einkommen im Sinne der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Voraussetzung ist aber, dass die Eigenheimzulage der Herstellung oder Anschaffung selbst genutzten Wohneigentums dient. Dies entspricht der früheren Rechtslage im Arbeitslosenhilferecht, während bei der Sozialhilfe unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes anders entschieden wurde. Für die Anwendung des § 11 Abs. 3 Nummer 1 a SGB II ist es nicht erforderlich, dass im Gesetz ein bestimmter Zweck der sonst auf die Grundsicherung anzurechnenden staatlichen Leistung erwähnt wird. Ziel der Eigenheimzulage ist es, auch nicht steuerbelasteten Haushalten den Genuss einer staatlichen Förderung privaten Wohnungseigentums zu vermitteln, was sonst konterkariert würde; schließlich fällt das selbst genutzte Wohneigentum in das Schonvermögen nach § 12 SGB II. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 275 2.7.1.02 Gericht/Entscheidung LSG Hamburg, Beschluss vom 07.07.2005, , L 5 B 116/05 ER AS Sachverhalt: Eigenheimzulage Gründe: Die Eigenheimzulage ist ein "reiner Durchlaufposten", der nicht der Bestreitung des Lebensunterhaltes diene, sondern der Anschaffung eines selbstgenutzten Eigenheimes. Die Eigenheimzulage beeinflusst die Lage des Antragstellers auch nicht so günstig, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.1.03 Gericht/Entscheidung: Landessozialgericht Hessen, Beschluss vom 29.06.2005, L 7 AS 22/05 ER FEVS Bd. 57 S. 181 Sachverhalt: Anrechnung eines Existenzgründungszuschusses als Einkommen Gründe: Ein Existenzgründungszuschuss nach § 421 Abs. 1 SGB III (Ich-AG) ist als Einkommen auf das Arbeitslosengeld II anzurechnen, da eine Zweckidentität zwischen beiden Leistungen bestehe. Der Zuschuss für den Existenzgründer sei keine zweckbestimmte anrechnungsfreie Leistung i. S. von § 11 Absatz 3 Nummer 1 a SGB II. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 276 2.7.1.04 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23.06.2005, L 8 AS 97/05 ER FEVS Bd. 57 S. 253 Sachverhalt: Frage der Anrechnung eines Existenzgründungszuschusses Gründe: Der Existenzgründungszuschuss nach § 421 l Abs. 1 SGB III ist eine zweckbestimmte Einnahme i. S. d. § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II. Er darf nicht als Einkommen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II berücksichtigt werden. Der Existenzgründungszuschuss dient nicht der Sicherung des Lebensunterhalts wie die Leistungen des Arbeitslosengeldes II, sondern anderen Zwecken. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.1.05 Gericht/Entscheidung BSG, Urteil vom 06.12.2007, B 14/7b AS 16/06 R Medieninformation BSG Nr. 41/07 FEVS Bd. 59 S. 546 Sachverhalt: Anrechnung des Existenzgründungszuschusses Gründe: Der Existenzgründungszuschuss ist bei der Berechnung von Arbeitslosengeld II als Einkommen zu berücksichtigen. Es handelt sich nicht um eine zweckbestimmte Einnahme. Nach den Gesetzesmaterialien soll der Existenzgründungszuschuss der sozialen Sicherung als auch der Sicherung des Lebensunterhalts in der Zeit der Existenzgründung dienen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 277 2.7.1.06 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.12.2005, L 2 B 84/05 AS ER FEVS Bd. 58 S. 37 Sachverhalt: Einkommenseinsatz, Überbrückungsgeld Gründe: Bei einem nach § 57 SGB III einem Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II gewährten Überbrückungsgeld handelt es sich um nach § 11 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigenden Einnahmen. Vom Überbrückungsgeld ist der Freibetrag bei Erwerbstätigkeit nach § 30 SGB II nicht abzusetzen. Der Freibetrag kann ebenso wie die mit der Erzielung von Einkommen verbundenen notwendigen Ausgaben nur vom Erwerbseinkommen selbst abgesetzt werden. Das Überbrückungsgeld ist kein Erwerbseinkommen, sondern eine Sozialleistung. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.1.07 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 17.07.2006, L 5 B 71/06 ER AS FEVS Bd. 58 S. 137 Sachverhalt: Hilfebedürftigkeit, Nachzahlung, Rechtsbehelfsverfahren Gründe: In Rechtsbehelfsverfahren erstrittene Nachzahlungen von Arbeitslosengeld II bleiben bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit unberücksichtigt. Es würde dem Gedanken einer effektiven Rechtsschutzgewährung eklatant widersprechen, wenn man bei unrechtmäßiger Vorenthaltung zwar die nachträgliche Gewährung von Leistungen zuließe, diese dann aber durch Anrechnung auf laufende Leistungen nicht zur Auszahlung kämen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 278 2.7.1.08 Gericht/Entscheidung: Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 19.06.2007, L 11 AS 106/06 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Anrechnung von Arbeitseinkommen aus der Vergangenheit Gründe: Das Arbeitsentgelt in Höhe von € 1.034,91 für Dezember 2004 wurde am 13.01.2005 auf dem Konto gutgeschrieben. Eine Anspruch für den Januar 2205 wurde von der Arge mangels Hilfebedürftigkeit verneint. Das Sozialgericht und das Landessozialgericht teilten die Ansicht. Die Revision (Nichtzulassungsbeschwerde?) wurde zurückgewiesen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Zufluss des Arbeitsentgelts im Bedarfszeitraum auch nicht als Vermögen, sondern als Einkommen i. S. des § 11 SGB II anzusehen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.1.09 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 05.09.2007, B 11b AS 15/06 R FEVS Bd. 59 S. 145 Sachverhalt: Einsatz von Verletztenrente nach dem SGB VII Gründe: Bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II kann Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht ganz oder teilweise als privilegiertes Einkommen angesehen werden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 279 2.7.1.10 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 30.09.2008, B 4 AS 19/07 R FEVS Bd. 60 S. 308 Sachverhalt: Eigenheimzulage, zweckbestimmte Leistung Gründe: Die Eigenheimzulage ist zweckgebundenes Einkommen i. S. d. § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II und als solches auch schon vor dem 01.10.2005 nicht bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu berücksichtigen. Erforderlich ist jedoch, dass die Eigenheimzulage nachweislich zweckentsprechend i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 7 Alg II-VO i. d. F. vom 22.08.2005 verwendet worden ist. Unter Berücksichtigung des Ziels des SGB II, eine möglichst zügige (Wieder-)Eingliederung des Hilfebedürftigen in den Arbeitsmarkt (§ 1 SGB II) zu gewährleisten, ist die Nichtberücksichtigung der Eigenheimzulage als Einkommen systematisch und konsequent. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 280 2.7.1.11 Gericht/Entscheidung: LSG BW, Urteil vom 24.04.1009, L 12 AS 5623/08 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Anrechenbarkeit von Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG Gründe: Grundsätzlich stellt das Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II dar, denn es handelt sich um eine Einnahme in Geld. Zwar wird das Überbrückungsgeld aus Teilen der Bezüge, insbesondere des Arbeitsentgelts (§ 43 StVollzG) des Gefangenen gebildet, seiner Verfügung entzogen und einem für ihn geführten Konto gut geschrieben. Gleichwohl gehören die so zwangsweise angesparten Beträge nicht zum Vermögen des Gefangenen, denn nach der Rechtsprechung des BSG ist Einkommen alles, was der Hilfebedürftige während eines Zahlungszeitraumes wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er bei Beginn eines Zahlungszeitraumes bereits hat. Das Überbrückungsgeld ist auch nicht von der Berücksichtigung ausgenommen nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II, denn es handelt sich nicht um eine zweckbestimmte Einnahme, die einem anderen Zweck als die Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dient und die Leistung des Empfängers nicht so günstig beeinflusst, das daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wäre. § 51 Abs. 1 StVollzG enthält eine ausdrückliche Zweckbestimmung. Dort ist ausgeführt, dass ein Überbrückungsgeld zu bilden ist, das den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt eine Aufteilung auf fünf Monate und Anrechnung in jedem Monat nicht in Betracht. Das Überbrückungsgeld wird nur in den ersten vier Wochen nach der Haftentlassung als Einkommen berücksichtigt und danach, soweit noch vorhanden, als Vermögen im Sinne von § 12 SGB II berücksichtigt. Sofern der Strafgefangene bei längerer Haftdauer Eigengeld (§ 83 StVollzG) in größerem Umfang angesammelt hat, bestehen keine Bedenken, derartige Beträge bei Haftentlassung auf einen längeren Zeitraum aufzuteilen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 281 2.7.1.12 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.09.2009, L 2 AS 315/09 B ER Quelle: Beck-Aktuell Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Abwrackprämie bleibt für Hartz IV-Empfänger anrechnungsfrei Gründe: Die sogenannte Abwrackprämie ist eine zweckbestimmte Leistung, mit der die Bundesregierung den Absatz von Neuwagen fördern will. Würde die Prämie angerechnet, könnten die Leistungsbezieher nicht zum Kauf eines Neuwagens motiviert werden. Auch steht die Prämie nicht für den Unterhalt zur freien Verfügung, da sie wirtschaftlich betrachtet in die Bezahlung des Neuwagens einfließt. Das neue Auto des betroffenen Hartz-IV Empfängers ist nicht als Vermögen zu verwerten gewesen, da es den vermögensgeschützten Wert von € 7.500 nicht erreicht. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.1.13 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Speyer, Beschluss vom 05.10.2009, S 1 AS 1731/09 ER Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Abwrackprämie Gründe: Die Kammer lässt es offen, ob es sich bei der Abwrackprämie um Einkommen handelt. Sofern die Prämie Einkommen darstellen sollte, ist die Kammer der Meinung, dass dieses zweckgerichtet im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II geleistet wurde und damit anrechnungsfrei bleiben muss. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 282 2.7.1.14 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 16.12.2008, B 4 AS 48/07 R FEVS Bd. 60 S. 546 Sachverhalt: Steuererstattung als Einkommen, Verfahrensrecht Gründe: Eine nach SGB II-Antragstellung zugeflossene Einkommensteuererstattung ist einmaliges Einkommen, das ggf. auf mehrere Monate anteilmäßig zu verteilen ist. § 45 SGB X findet Anwendung, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen zurückgenommen werden soll; dagegen kommt eine Aufhebung nach § 48 SGB X in Betracht, wenn nach Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung eine wesentliche Änderung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht eingetreten ist. Erfolgten Bekanntgabe es Verwaltungsaktes und zur Rechtswidrigkeit führende Änderung gleichzeitig, ist dies eine Konstellation, die § 45 SGB X unterfällt, denn dann liegen die geänderten Verhältnisse bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes vor. Weil die §§ 45, 48 SGB X auf dasselbe Ziel, nämlich die Aufhebung eines Verwaltungsakts, gerichtet sind, ist das Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen zwar grundsätzlich zulässig; ist der rechtliche Maßstab für die Aufhebungsentscheidung allerdings § 45 SGB X, so kann dies bei der Beurteilung der Rechtsmäßigkeit der Entscheidung jedoch nur dann unbeachtet bleiben, wenn es ausnahmsweise einer Ermessensentscheidung nicht bedurfte. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.1.15 Gericht/Entscheidung: LSG Bayern, Beschluss vom 21.12.2009, L 7 AS 831/09 B ER Juris 20.01.2010 Sachverhalt: Abwrackprämie und Hartz-IV Gründe: Grundsätzlich handelt es sich bei der Prämie nach Auffassung des Gerichts um Einkommen. Als Ausnahme von diesem Grundsatz könnten jedoch nachweislich zweckentsprechend verwendete Abwrackprämien anrechnungsfrei bleiben. Darunter fallen z. B. Prämien, die zur Finanzierung eines Neuwagens verwendet und wegen einer Abtretung an das Autohaus direkt gezahlt werden, weil sie anderenfalls ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten, ihre Wohnung wegen Mietrückständen verlieren und bei einem Notverkauf des PKW unangemessenen Verlust erleiden könnten. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 283 2.7.1.16 Gericht/Entscheidung: LSG Bayern, Beschluss vom 21.12.2009, L 7 AS 831/09 B ER Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Umweltprämie zum Erwerb eines PKW Gründe: Das Gericht verpflichtet die Arge, vorläufig, höchstens jedoch bis zur Bestandskraft der Hauptsacheentscheidung, Arbeitslosengeld II zu gewähre, ohne die Umweltprämie als Einkommen anzurechnen. Das gebiete die Interessenabwägung im Hinblick auf den offenen Ausgang des Verfahrens. Die Lage der Beschwerdeführerin wird durch die Umweltprämie nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.1.17 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 15.01.2010, L 6 AS 515/09 B ER Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Juris 17.02.2010 Sachverhalt: Umweltprämie zum Erwerb eines PKW Gründe: Das LSG hat die Beschwerde der Arge, mit der diese zur Nichtanrechnung der Leistung verpflichtet wurde, zurückgewiesen. Streitentscheidende Kernfrage ist, ob es sich bei der gezahlten staatlichen Umweltprämie um eine zweckbestimmte Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a) SGB II handelt, die als Einkommen unberücksichtigt zu bleiben hat. Dies ist nach Auffassung des Senats zu bejahen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 284 2.7.1.18 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 18.02.2010 Juris 19.02.2010 Sachverhalt: Eigenheimzulage kann den tatsächlichen Wohnbedarf senken Gründe: Die Eigenheimzulage kann den tatsächlichen Wohnbedarf senken, soweit sie etwa zu einer Minderung der Schuldzinsen führt. Kosten der Unterkunft können jedoch jeweils nur bis zur Höhe des tatsächlichen Bedarfs berücksichtigt werden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.1.19 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen, Urteil vom 30.04.2010, L 7 AS 43/10 Juris 12.05.2010 Sachverhalt: Anrechnung der Umweltprämie beim Bezug von SGB II-Leistungen Gründe: Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei der Umweltprämie um eine zweckbestimmte Einnahme i. S. d. § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II, die einem anderen Zweck als die Leistung nach dem SGB II dient und darüber hinaus die Lage der Antragstellerin nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht gerechtfertigt wären. Denn diese Regelung solle einerseits verhindern, dass die besondere Zweckbestimmung einer Geldleistung durch die Berücksichtigung im Rahmen des SGB II verfehlt wird, und andererseits, dass für einen identischen Zweck Doppelleistungen erbracht werden. Die Umweltprämie dient völlig anderen Zwecken als die existenzsichernden Leistungen nach dem SGB II, nämlich der Verschrottung aller und dem Absatz neuer Personenkraftwagen, um durch den Austausch emissionsträchtiger Altfahrzeuge einen Beitrag zur Schadstoffreduzierung in der Luft zu leisten bei gleichzeitiger Stärkung der Nachfrage. Zur Auszahlung komme es zudem erst, wenn ein Verwertungsnachweis ausgestellt wurde sowie die Außerbetriebsetzung des Altfahrzeugs und die Neuzulassung auf den Antragsteller nachgewiesen ist. Allein aus der Zweckbestimmung ergebe sich, dass eine bedarfsmindernde Anrechung der Umweltprämie als Einkommen nicht beabsichtigt ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 285 2.7.1.20 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 16.06.2010, L 12 AS 807/10 B ER Juris 10.08.2010 Sachverhalt: Keine Anrechnung der "Abwrackprämie" auf Arbeitslosengeld II Gründe: Die Umweltprämie fällt nach Ansicht des 12. Senats unter die anrechungsfreien so genannten privilegierten zweckbestimmten Einnahmen. Der von der Bundesregierung mit der staatlichen Umweltprämie verfolgte Zweck der Stärkung der Nachfrage und der Reduzierung der Schadstoffemissionen sein ein anderer als der mit der Gewährung von Grundsicherungsleistungen verfolgte Zweck der Sicherung von Unterhalt oder Eingliederung. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.1.21 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.06.2009, L 2 AS 315/09 B ER Juris 12.08.2010 Sachverhalt: Anrechnungsfreiheit der Umweltprämie für Hart IV-Empfänger Gründe: Die Umweltprämie ist eine zweckbestimmte Einnahme i. S. v. § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II. Der Umstand, dass der Begünstigte erst nach der Vermögensumschichtung durch Verschrottung eines Alt-Pkw und Erwerb eines Neu-Pkw mit der Zuwendung prämiert wird und diese ohne Bindung verwenden kann, steht der Anwendung von § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II nicht entgegen, weil die Gewährung der Zuwendung mit einer erkennbaren Zweckbestimmung erfolgt. Die besondere Zweckbestimmung der Leistung würde verfehlt, wenn die Umweltprämie berücksichtigungsfähiges Einkommen darstellte. Die Zweckbestimmung der Zuwendung ist nur erreichbar, wenn der Zuwendungsbetrag nicht vorrangig zum Bestreiten des Lebensunterhaltes einzusetzen ist. Denn ansonsten würde die Prämie wirtschaftlich ausschließlich dem Sozialleistungsträger zugute kommen und nicht dem Zuwendungsempfänger. Jedenfalls dann, wenn aufgrund der konkreten Vertragsgestaltung die Prämie zur Erfüllung der Kaufpreisforderung direkt dem Verkäufer zufließt, beeinflusst sie die Lage des Empfängers nicht so günstig, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht mehr gerechtfertigt wären. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 286 2.7.2 Einkommenseinsatz, Zuflussprinzip 2.7.2.01 Gericht/Entscheidung: BSG, Beschluss vom 23.11.2006, B 11b AS 17/06 B FEVS Bd. 58 S. 304 Sachverhalt: Einkommenseinsatz, Zuflussprinzip Gründe: Die monateweise Berücksichtigung von laufenden Einnahmen beim Arbeitslosengeld II verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Dies gilt auch bei Aufhebung und Rückforderung bereits bewilligter Leistungen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.2.02 Gericht/Entscheidung: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.02.2007 L 7 AS 690/07 ER-B FEVS Bd. 58 S. 507 Sachverhalt: Berücksichtigung einer Erbschaft, Zuflussprinzip Gründe: Eine Erbschaft in Form eines Barvermögens über der Bagatellgrenze des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO ist als Einkommen i. S. v. § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich in dem Monat zu berücksichtigen, in dem sie dem Hilfeempfänger zufließt. In den Folgemonaten wird sie nicht zu einem ggf. nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB XII geschützten Vermögen, sondern ist nach § 2 b i. V. m. § 2 Abs. 3 Alg II-VO auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit dem entsprechenden Betrag anzusetzen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 287 2.7.2.03 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.11.2006, L 8 AS 325/06 ER FEVS Bd. 58 S. 319 Sachverhalt: Einkommen, Lebensversicherung, Verbrauch Gründe: Bei der Zuwendung aus der Lebensversicherung eines Dritten handelt es sich um Einkommen i. S. d. § 11 Abs. 1 SGB II und nicht um Vermögen i. S. d. § 12 SGB II. Der entscheidende Unterschied zu einem Leistungsempfänger, der seine (eigene) Lebensversicherung kündigt, liegt darin, dass es sich bei der Zuwendung als der Lebensversicherung des verstorbenen Partners nicht um von den Hilfesuchenden angesparte Mittel handelt, sondern dass ein Dritter diese Mittel angespart hat; vor dem Zufluss handelte es sich somit zu keinem Zeitpunkt um Mittel des Hilfesuchenden, sodass eine sog. Vermögensumschichtung bereits deshalb nicht vorliegt. Die Zuwendung wird nicht nach Ablauf des Zuflussmonats zu Vermögen, sondern es handelt sich um eine einmalige Einnahme, die ab dem Monat des Zuflusses zu berücksichtigen und grundsätzlich auf einen angemessenen Zeitraum (hier zwölf Monate) aufzuteilen ist. Zur Glaubhaftmachung des Verbrauchs erzielten Einkommens. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.2.04 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 23.03.2006, L 20 B 72/06 AS FEVS Bd. 58 S. 332 Sachverhalt: Einkommen, Erbschaft Gründe: Erbschaften (hier Barvermögen von € 7.500) sind grundsätzlich als einmaliges Einkommen einzustufen und von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen; sie sollen für einen angemessenen Zeitraum berücksichtigt werden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 288 2.7.2.05 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 06.01.2007, L 20 B/07 AS ER Sachverhalt: Vertikale Einkommensanrechnung Gründe: Eine solche vertikale Vorgehensweise übersieht gerade, dass § 9 Abs. 2 S. 3 SGB II den Einkommensbezieher in einer Bedarfsgemeinschaft wie einen Hilfebedürftigen behandelt und ihm deshalb einen individuellen anteiligen Anspruch auch bei mangelnder individueller Hilfebedürftigkeit zugesteht. Wenn demgegenüber vertreten wird, § 9 Abs. 2 S. 3 SGB II sei nur insoweit anzuwenden, als der individuelle Bedarf eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft nicht bereits aus eigenen Mitteln und Kräften gedeckt werden könne, so widerspricht dies dem deutlichen Gesetzeswortlaut. Dem Senat erscheint es bei summarischer Prüfung nicht zulässig, eine dem Wortlaut deutlich überschreitende Auslegung des § 9 Abs. 2 S. 3 SGB II unter Berufung auf den Sinn und Zweck des Gesetzes zur Anwendung zu bringen. Dies gilt umso mehr, als der Gesetzeszweck in den Gesetzesmaterialien gar nicht näher erläutert wird. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.2.06 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.11.2007, L 10 B 1845/07 AS ER Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Aufteilung als (fiktiv) in der Zukunft stattfindende monatliche Zahlung Gründe: Die Beschwerde ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die im Juni 2007 erfolgten Zahlungen einer Abfindung und von Weihnachtsgeld kann aktuell nicht als Einkommen berücksichtigt werden. Tatsächlich zufließendes weiteres monatliches Einkommen ist ausweislich der eingereichten Kontoauszüge aktuell nicht vorhanden und wird von der Antragsgegnerin auch nicht gesehen. Vor diesem Hintergrund fehlender real vorhandener und für die Lebensführung bereit stehender Mittel kommt der Frage der Anrechnung der genannten Leistungen keine ausschlaggebende Bedeutung mehr zu. Die Berechtigung, eine einmalige Zahlung im Wege einer Aufteilung als (fiktiv) in der Zukunft stattfindende monatliche Zahlung ein Einkommen zu fingieren, findet dann ihr Ende, wenn die Mittel für eine solche fiktive Anrechnung, auf deren Verbrauch die Hilfesuchende verwiesen werden können, tatsächlich nicht mehr vorhanden sind. Daher kann vorliegend offen bleiben, ob die weitere Vorgehensweise, die im Monat Juni 2007 zugeflossenen Leistungen auf zwölf Monate aufzuteilen, einer rechtlichen Überprüfung standhält. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 289 2.7.2.07 Gericht/Entscheidung: LSG Bayern, Urteil vom 19.06.2007, L 11 AS 106/06 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschlang Sachverhalt: Anrechnung von Arbeitseinkommen aus der Vergangenheit Gründe: Das Arbeitsentgelt in Höhe von € 1.034,91 für Dezember 2004 wurde am 13.01.2005 auf dem Konto gutgeschrieben. Eine Anspruch für den Januar 2005 wurde von der Arge mangels Hilfebedürftigkeit verneint. Das Sozialgericht und das Landessozialgericht teilten die Ansicht. Die Revision (Nichtzulassungsbeschwerde?) wurde zurückgewiesen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Zufluss des Arbeitsentgelts im Bedarfszeitraum auch nicht als Vermögen, sondern als Einkommen i. S. des § 11 SGB II anzusehen. ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.2.08 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 05.09.2007, B 11b AS 51/06 R FEVS Bd. 59 S. 349 Sachverhalt: Berufsunfähigkeitsrente, Einkommen Gründe: Die Rente wegen Berufsunfähigkeit ist in vollem Umfang als Einkommen im Sinne des SGB II zu berücksichtigen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 290 2.7.2.09 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.02.2008, L 13 AS 237/07 ER FEVS Bd. 59 S. 406 Sachverhalt: Einkommen, Erbschaft – Ausgestaltung, Einstweilige Anordnung Gründe: Der Zufluss eines Barbetrages, der aus einer Erbschaft herrührt, während eines Bewilligungszeitraumes stellt Einkommen (und nicht Vermögen) dar, das unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls in angemessenen Teilbeträgen zu verteilen ist. Werden im Wege der einstweiligen Anordnung Leistungen zugesprochen, so ist für den Leistungsbeginn in der Regel auf den Tag abzustellen, an dem der Eilantrag beim SG gestellt wurde. Beim Zeitraum für die vorläufige Regelung ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Eine Beschränkung der Regelleistung auf das zum Lebensunterhalt Unerlässliche ist trotz der Vorläufigkeit der Regelung nicht angebracht. ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.2.10 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 03.03.2009, B 4 AS 47/08 R Medieninformation Nr. 9/09 des BSG Sachverhalt: Abfindungen aus einem arbeitsgerichtlichen Vergleich sind zu berücksichtigendes Einkommen Gründe: Der Grundsicherungsträger durfte die Abfindungsteilzahlungen bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II des Klägers als Einkommen bedarfsmindernd berücksichtigen. Der Gesetzgeber hat im SGB II – anders als noch bei dem bis Ende 2004 für die Arbeitslosenhilfe geltenden Recht – bewusst darauf verzichtet, Abfindungszahlungen zu privilegieren und sei bei der Ermittlung des Bedarfs von der Anrechnung des Einkommens auszunehmen. Abfindungszahlungen fallen auch nicht unter die im SGB II berücksichtigungsfrei gestellten "zweckbestimmten Leistungen". Der 4. Senat des Bundessozialgerichts versteht darunter Bestimmungen über den gesetzlichen oder privatrechtlichen Verwendungszweck. An einem solchen besonderen Verwendungszweck fehlt es bei Abfindungen. Der Arbeitgeber zahlt die Abfindung, weil der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz verloren hat und sich der Arbeitgeber zur Abfindungszahlung verpflichtet hat. Dem Arbeitgeber ist es aber gleichgültig, wie der Empfänger die Zahlung verwendet. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 291 2.7.2.11 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 30.09.2008, B 4 AS 29/07 R FEVS Bd. 60 S. 337 Sachverhalt: Einkommen, Schuldentilgung, Steuererstattung Gründe: Einkommen i. S. d. § 11 Abs. 1 SGB II ist grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte. Dabei ist vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt. Bei einer nach Antragstellung im Bedarfszeitraum zugeflossenen Einkommensteuererstattung handelt es sich um einmaliges Einkommen, welches rechtlich auch über den Zuflussmonat und den Bewilligungszeitraum hinaus zu berücksichtigen ist, und zwar grundsätzlich bis zum Aufbrauchen des bedarfsdeckenden Einkommens. Einer Berücksichtigung des Einkommens steht nicht entgegen, dass die Hilfeempfänger dieses zur Schuldentilgung verwendet haben, denn Einkommen ist zuerst zur Sicherung des Lebensunterhalts der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft einzusetzen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.2.12 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 30.07.2008, B 14 AS 26/07 R FEVS Bd. 60 S. 404 Sachverhalt: Einkommenseinsatz, Überziehungskredit, Zuflusstheorie Gründe: Der aktuellen Notlage ist das aktuelle Einkommen gegenüberzustellen, wobei allein entscheidend ist, ob mit den eingehenden geldwerten Mitteln der notwendige Bedarf gedeckt werden kann. Es kommt nicht darauf an, für welchen Zeitraum das Einkommen (z. B. Arbeitsverdienst, Arbeitslosengeld) gedacht ist, entscheidend ist der Zufluss im Bedarfszeitraum. Die Berücksichtigung als aktuelles Einkommen wird nicht dadurch berührt, dass die Mittel zur Tilgung eines Überziehungskredits verwendet worden sind. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 292 2.7.2.13 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 16.12.2008, B 4 AS 70/07 R FEVS Bd. 60 S. 554 Sachverhalt: Einkommenseinsatz, Krankengeld, laufende Einnahmen Gründe: Beim Krankengeld handelt es sich um Einkommen i. S. d. § 11 Abs. 1 SGB II. Wenn die letzte Zahlung in einer Reihe von regelmäßig für einen abgelaufenen Zeitraum erfolgter, immer nachträglich vorgenommener Zahlungen steht, handelt es sich nicht um eine Nachzahlung, sondern eine letzte Zahlung in einer Reihe von laufenden Leistungsgewährungen, die – unabhängig von ihrer Fälligkeit – im Monat des Zuflusses als Einkommen zur Minderung des Hilfebedarfs zu berücksichtigen ist. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.2.14 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 06.04.2010, L 7 AS 90/10 B ER Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Zugewinnausgleichsanspruch – Einkommen oder Vermögen Gründe: In Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze des BSG auf den vorliegenden Fall ist der Zugewinnausgleich nach § 1378 BGB als Einkommen und nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Zwar handelt es sich bei den im Rahmen des Vergleichs vom 11.05.2009 zum Ausgleich gebrachten Positionen durchaus um vermögenswerte Positionen, die bereits vorher im Vermögen des ausgleichsverpflichteten Ehegatten vorhanden waren. Dies führt indes nicht zu einer Einordnung der Ausgleichsforderung als Vermögen des ausgleichsberechtigten Ehegatten. Denn der Ausgleichsanspruch ist vorliegend – jedenfalls was den Zugewinn betrifft – kraft Gesetzes mit der Beendigung der Zugewinngemeinschaft – mithin in jedem Fall erst während des laufenden Leistungsbezugs und keinesfalls vor der ersten Antragstellung – entstanden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 293 2.7.2.15 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 03.03.2009, B 4 AS 47/08 R, Juris 16.06.2010 Sachverhalt: Berücksichtigungsfähiges Einkommen bei Abfindungszahlungen aus arbeitsgerichtlichem Vergleich Gründe: Die in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich vereinbarte Abfindung wegen Verlustes des Arbeitsplatzes ist, wenn die Abfindungszahlung während des Bezugs von Grundsicherungsleistungen erfolgt, beim Arbeitslosengeld II als Einkommen leistungsmindernd zu berücksichtigen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.2.16 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 17.06.2010, B 14 AS 46/09 R Juris 18.06.2010 FEVS Bd. 62 S. 293 Sachverhalt: Darlehen von Verwandten kein Einkommen Gründe: Nach Erlass des Bescheides sei Einkommen erzielt worden, das zum Wegfall oder zur Minderung des Alg II-Anspruchs geführt hat. Bei der Zuwendung durch den Onkel der Klägerin handelte es sich nach den Feststellungen des Landessozialgerichts um ein rückzahlungspflichtiges Darlehen. Das Revisionsgericht ist an diese Feststellung des Landessozialgerichts, die nicht mit Revisionsrügen angegriffen worden ist, gebunden. Die der Klägerin zugeflossene Darlehenssumme durfte daher bei der Feststellung der Bedürftigkeit nicht als Einkommen berücksichtigt werden. Ein Darlehen bleibe nicht nur dann unberücksichtigt, wenn ein Dritter nur deshalb – anstelle des Grundsicherungsträgers und unter Vorbehalt des Erstattungsverlangens – vorläufig "eingesprungen" ist, weil der Grundsicherungsträger nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hat. Maßgeblich sei vielmehr, ob es sich nach Auswertung aller in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls um ein rückzahlungspflichtiges Darlehen oder um eine Zuwendung ohne Rückzahlungsverpflichtung handelt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 294 2.7.2.17 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Urteil vom 22.09.2009, L 6 AS 11/09 FEVS Bd. 61 S. 411 Sachverhalt: Rückzahlungsbetrag, der der Insolvenzmasse zufließt Gründe: Die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II findet auch dann Anwendung, wenn sich der Leistungsempfänger in der Verbraucherinsolvenz befindet, der Rückzahlbetrag in die Insolvenzmasse genommen wird und somit dem Leistungsempfänger nicht tatsächlich zur Verfügung steht. Ein während des Hilfezeitraums erfolgender Geldzufluss, der gemäß § 35 Insolvenzordnung Teil der Insolvenzmasse wird und (u. a.) zur Tilgung von Verbindlichkeiten des Schuldners dient, ist als anrechenbares Einkommen des Hilfeempfängers anzusehen, das seinen Leistungsanspruch mindert. Zahlungen zur Schuldentilgung können grundsätzlich nicht vom Einkommen abgezogen werden; es ist kein Grund ersichtlich, warum Leistungsempfänger in der Privatinsolvenz gegenüber Leistungsempfängern mit privaten Schulden bessergestellt werden sollten. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.2.18 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 28.10.2009, B 14 AS 55/08 R FEVS Bd. 61 S. 439 Sachverhalt: Berücksichtigung arbeitsgerichtlicher Abfindungen als Einkommen Gründe: Die Abfindungen aus einem arbeitsgerichtlichen Vergleich stellen Einkommen i. S. d. § 11 Abs. 1 SGB II dar, es handelt sich hierbei insbesondere nicht um privilegiertes Einkommen i. S. d. § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II. Die Ermächtigungsnorm des § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, die dem § 76 Abs. 3 BSHG (a. F.) entspricht, genügt dem Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Norm des § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-VO (i. d. F. v. 22.08.2005) ist ihrerseits von der Ermächtigungsnorm des § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II inhaltlich gedeckt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 295 2.7.2.19 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 07.05.2009, B 14 AS 13/08 R FEVS Bd. 61 S. 516 Sachverhalt: Antragsmonat, Unterkunftskosten, Einkommen, Übergangsgeld, verspätete Auszahlung Gründe: Leistungen für Unterkunft und Heizung sind ab Antragstellung anteilig auch dann zu erbringen, wenn die Miete für den laufenden Monat bereits vor der Antragstellung gezahlt wurde. Nach SGB II-Antragstellung ausgezahltes Übergangsgeld ist nicht deshalb von der Berücksichtigung als Einkommen ausgenommen, weil die Forderung zum Zeitpunkt der Antragstellung fällig war. In einer verspäteten Auszahlung der Leistung sind auch keine besonderen Umstände, die einen Härtefall begründen könnten, zu sehen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.2.20 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 14.06.2010, L 6 AS 494/10 B ER FEVS Bd. 62 S. 236 Sachverhalt: Anrechnung einer Rentenabfindung Gründe: Die Abfindungszahlung einer Witwenrente ist Einkommen im Zuflussmonat, welches auch dann bis zum Ende des nach § 2 Abs. 4 Alg II-VO angemessenen Zeitraums mit den jeweiligen Teilbeträgen anzurechnen ist, wenn der Hilfebedürftige das Einkommen vorzeitig verbraucht. Es besteht dann allenfalls die Möglichkeit, nach § 23 Abs. 1 SGB II ein ergänzendes Darlehen zu erhalten. § 34 SGB II ist nicht anwendbar, denn diese Vorschrift normiert allein einen Ersatzanspruch des Leistungsträgers gegen den Hilfebedürftigen, nicht aber umgekehrt einen Anspruch des Hilfebedürftigen auf Gewährung von Leistungen. Der angemessene Verteilzeitraum der Einkommensanrechnung nach § 2 Abs. 4 Alg II-VO ist zeitlich feststehend. Beginnt der Leistungsträger erst später mit der Einkommensanrechnung (z. B. wegen fehlender vorheriger Kenntnis vom Einkommenszufluss), kann er nicht den vollen Zeitraum nutzen, sondern muss für die zurückliegenden Monate Ansprüche nach §§ 45, 48 SGB X prüfen. Bei einer Heirat besteht eine Bedarfsgemeinschaft zwischen den Eheleuten bereits ab dem Zeitpunkt der Hochzeit und nicht erst ab dem späteren Zusammenziehen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 296 2.7.3 Einkommensanrechnung des Partners, Bedarfsgemeinschaft, Betriebskostenerstattung 2.7.3.01 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.06.2005, L 8 AS 118/05 ER Sachverhalt: Haushaltsgemeinschaft, Kindergeld, volljähriges Kind Gründe: Ist die Mutter eines volljährigen Kindes nach § 62 Abs. 1 EStG anspruchsberechtigt für das Kindergeld der volljährigen Tochter und wird es an sie ausgezahlt, ist dies Einkommen der Mutter gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Auch bei einer Weitergabe des Kindergeldes an das volljährige Kind bleibt das Kindergeld Einkommen der Mutter. Für das volljährige Kind besteht die Möglichkeit nach § 74 EStG vorzugehen, um das Kindergeld an sich auszahlen zu lassen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.3.02 Gericht/Entscheidung Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.07.2005, L 19 B 31/05 AS ER Sachverhalt: Volle Anrechnung des Einkommens des Stiefvaters verneint. Gründe: Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass ein familienrechtliches Eltern-Kind-Verhältnis nur zur Mutter, nicht aber zum Stiefvater besteht. Es liege nach § 1590 BGB lediglich eine Verschwägerung vor. Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin greift die Vermutung der tatsächlichen Unterstützung durch Verwandte oder Verschwägerte nur, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Eine Unterstützung des Antragstellers durch seinen Stiefvater kann nach dessen Einkommensverhältnissen jedoch nicht erwartet werden, wie sich unter Berücksichtigung des Freibetrages nach § 1 Abs. 2 der "Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II – V vom 20.10.2004, BGBl. I, 2622)" ergibt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 297 2.7.3.03 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.05.2007, L 20 B 310/06 AS ER FEVS Bd. 58 S. 575 Sachverhalt: Behindertes Kind, Haushaltsgemeinschaft, Kindergeld Gründe: Kindergeld bleibt Einkommen des SGB II-Leistungen beziehenden Kindergeldberechtigten, auch wenn es für ein erwachsenes in Haushaltsgemeinschaft mit dem Berechtigten lebendes behindertes Kind, das Grundsicherungsleistungen nach §§ 41 ff. SGB XII erhält, gezahlt wird. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.3.04 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31.07.2006, L 19 B 303/06 AS ER FEVS Bd. 58 S. 222 Sachverhalt: Betriebskostenerstattung, Schuldentilgung Gründe: Eine Betriebskostenerstattung ist als Einkommen und nicht als Vermögen zu werten. Da ein Betriebskostenerstattungsanspruch wie ein Einkommensteuererstattungsanspruch nicht freiwillig angespart wird und die Freiwilligkeit des Ansparens für die Zuordnung der Auszahlung des Guthabens zum Vermögen oder Einkommen maßgeblich ist, zählt die Betriebskostenerstattung zum Einkommen. Sie ist vom Leistungsträger auch dann als Einkommen zu berücksichtigen, wenn der Antragsteller in dem Zeitraum, in dem er die Betriebskostenvorauszahlung entrichtet hat, noch keine Leistungen zum Lebensunterhalt bezogen hat, denn auch in diesem Fall ist der Zeitpunkt des Zuflusses maßgeblich. Eine Schuldentilgung führt regelmäßig nicht zur Reduzierung des anzurechnenden Einkommens. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 298 2.7.3.05 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 10.12.2007, L 5 B 383/07 ER AS FEVS Bd. 59 S. 402 Sachverhalt: Einkommenseinsatz, Partner des Elternteils, Verfassungswidrigkeit Gründe: Eine gesetzliche Regelung kann im einstweiligen Anordnungsverfahren nicht als verfassungswidrig behandelt werden. Die in § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II angeordnete Berücksichtigung von Partnereinkommen erfolgt nicht nach den Maßstäben des § 9 Abs. 5 SGB II. Von dem nach § 11 Abs. 4 SGB II berücksichtigungsfähigen Pflegegeld können zusätzlich keine Beträge abgesetzt werden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 299 2.7.4 Einkommenspfändung, Abtretungen, Tilgungsleistungen, Unterhalt 2.7.4.01 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen, Beschluss vom 14.04.2005, L 3 B 30/05 AS-ER Sachverhalt: Frage der Anrechung von Tilgungsleistungen für Schulden bei nicht ehelicher Partnerschaft. Gründe Tilgungsleistungen für Schulden mindern nicht das einzusetzende Einkommen eines Hilfesuchenden. Im zu entscheidenden Fall hatte der nichteheliche Partner die pfändbaren Teile seines Arbeitseinkommens freiwillig an den Gläubiger abgetreten. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.4.02 Gericht/Entscheidung Landessozialgericht Hamburg, Beschluss vom 11.04.2005 – L 5 B 58/05 ER AS Sachverhalt: Frage der Anrechnung von Tilgungsleistungen für Schulden bei nicht ehelicher Partnerschaft. Gründe: Bei einer Kredittilgung handelt es sich nicht um vom Einkommen abzusetzende Beträge nach § 11 Abs. 2 SGB II; diese Norm ist aufgrund ihres abschließenden Charakters einer erweiterten Auslegung nicht zugänglich. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 300 2.7.4.03 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 05.10.2005, L 8 AS 48/05 ER FEVS Bd. 57 S. 461 Sachverhalt: Einkommenseinsatz, Einkommenspfändung Gründe: Grundvoraussetzung für den Einkommenseinsatz nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist die Verfügbarkeit des Antragstellers über das von ihm erzielte Einkommen. An dieser tatsächlichen Verfügbarkeit fehlt es bei gepfändetem Einkommen, wenn dieses sogleich an den Gläubiger ausgekehrt wird. Ebenso wie unter Geltung des BSHG darf gepfändetes Einkommen grundsätzlich auch nach dem SGB II nicht als verfügbares Einkommen bedarfsmindernd berücksichtigt werden. Auch Einkommen, welches im Hinblick auf vorliegende Titel zur freiwilligen Schuldentilgung verwandt wird, darf bis zur Pfändungsfreigrenze des § 850 c ZPO nicht als Einkommen gemäß § 11 Abs. 1 SGB II berücksichtigt werden, da bei einer titulierten Forderung der Gläubiger sofort auf eine Pfändung übergehen kann, wenn der Schuldner die freiwilligen Zahlungen nicht fortsetzt. Allerdings können die freiwilligen Zahlungen auf die titulierten Forderungen nur in dem Umfang berücksichtigt werden, wie sie den unpfändbaren Betrag nach § 850 c ZPO nicht unterschreiten. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 301 2.7.4.4 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 09.02.2006, L 7 AS 384/05 ER Sachverhalt: Berücksichtigung von abgetretenem Einkommen Gründe: Der abgetretene Betrag ist im Fall des Antragstellers jedoch derzeit deswegen nicht auf seinen Bedarf nach dem SGB II anzurechnen, weil er ihm tatsächlich nicht zufließt, bzw. nicht in einer Weise zufließt, dass der Antragsteller davon seinen notwendigen Lebensunterhalt bestreiten könnte. Aufgrund der beiden Abtretungsverträge vom 06.01.2000 fließt der streitige Betrag nämlich nicht dem Kläger, sondern seinen Gläubigern zu. Damit steht das Geld dem Kläger zur Bestreitung seines Lebensunterhalts derzeit tatsächlich nicht zur Verfügung. Zwar vertritt der Senat die Auffassung, dass Leistungen der öffentlichen Hand nicht dazu dienen können, bei Bedürftigen Schulden zu tilgen, doch kann dies nur dann zu einer Kürzung der eigentlich zustehenden Leistungen führen, wenn der Betreffende tatsächlich die Verfügungsgewalt über die grundsätzlich anrechenbaren Gelder hat. Dies ist nach Lage der Akten aufgrund der nach wie vor wirksamen Abtretungserklärungen nicht der Fall. Für die künftigen Leistungsansprüche des Antragstellers wäre ggf. zu prüfen, inwieweit der Antragsteller die Verfügungsgewalt über den hier streitigen Betrag von monatlich € 511,29 wiedererlangen kann und welche Schritte der dazu im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten unternehmen muss. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.4.5 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 09.02.2006, L 5 B 346/05 ER AS FEVS Bd. 57 S. 442 Sachverhalt: Berücksichtigung gepfändeten Einkommens Gründe: Gepfändete Einkommensteile, die den pfandfreien Betrag übersteigen, führen nur dann als nicht "bereite" Mittel zur Minderung des Einkommens, wenn alle Erfolg versprechenden gesetzlichen Möglichkeiten genutzt werden, eine überhöhte Pfändung abzuwehren bzw. eine Erhöhung des unpfändbaren Betrages zu erreichen. Bei eheähnlichen Gemeinschaften kann es Fallkonstellationen geben, bei denen auch Einkommensteile als nicht "bereite Mittel" zu werten sind, obwohl sie die Pfändungsgrenze übersteigen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 302 2.7.4.6 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.06.2006, L 8 AS 165/06 ER FEVS Bd. 58 S. 148 Sachverhalt: Rechtsmäßigkeit des Mietvertrages, tatsächliche Aufwendungen, Unterhalt für volljähriges Kind Gründe: Leistungen für Unterkunft und Heizung sind gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Mietverhältnisses zu erbringen. Maßgebend sind allein die tatsächlichen Aufwendungen. Ob ein Hauptmieter zur Untervermietung an den Hilfebedürftigen berechtigt ist, ist unbeachtlich, solange Zahlungen erfolgt sind. Die Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II, nach der der Übergang eines Unterhaltsanspruchs unter bestimmten Voraussetzungen nicht bewirkt werden darf, führt dazu, dass die Träger der Grundsicherung in diesen Fällen der Prüfung enthoben sind, ob ein Unterhaltsanspruch zusteht. Konsequenterweise kann ein solcher Anspruch nicht nach § 9 Abs. 1 oder § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II berücksichtigt werden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.4.7 Gericht/Entscheidung: LSG BW, Urteil vom 22.04.2010, L 7 AS 5458/09 Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Unterhalt als einkommensmindernde Belastung Gründe: Der Kläger übt eine Teilzeitbeschäftigung aus und erhält ergänzende SGB II-Leistungen. Durch vollstreckbare Urkunde des Jugendamtes ist er einem Kind zum Unterhalt verpflichtet, den er auch tatsächlich leistet. Das Gericht hat die Arge verpflichtet, die Unterhaltszahlung als einkommensmindernde Belastung im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB II zu berücksichtigen. Die Absetzung der Zahlungen des Klägers an seinen Sohn aufgrund eines Unterhaltstitels kann nicht unter Hinweis auf die Verpflichtung zur Ausschöpfung der Selbsthilfemöglichkeiten nach § 2 SGB II verweigert werden. Es ist zu berücksichtigen, dass § 2 SGB II keine durchsetzbaren Rechtspflichten enthalte. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 303 2.7.4.8 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 09.11.2010, B 4 AS 78/10 R Juris 09.11.2010 Sachverhalt: Unterhalt als einkommensmindernde Belastung Gründe: Die Revision des Beklagten hatte keinen Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf SGB IILeistungen ohne Berücksichtigung des Einkommens aus seiner Teilzeitbeschäftigung, weil neben den weiteren Absatzbeträgen auch die Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinem Sohn aus der bei Jugendamt unterzeichneten Unterhaltsurkunde in vollem Umfang einkommensmindernd zu berücksichtigen ist. Bei der Unterhaltsurkunde handelt es sich um einen Unterhaltstitel zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten i. S. d. § 11Abs. 2 Satz 1 Nr.7 SGB II. Der Senat geht davon aus, dass der Umfang der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung nicht in jedem Einzelfall eigenständig festzustellen, sondern regelmäßig auf den titulierten Unterhaltsanspruch abzustellen ist. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG hat der Kläger den von ihm anerkannten Unterhalt auch regelmäßig erbracht. Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich ein Außerbetrachtlassen der Unterhaltsverpflichtung des Klägers nicht aus seiner allgemeinen Pflicht zu Eigenaktivität nach § 2 SGB II ableiten. Dies folgt bereits daraus, dass die gesetzliche Regelung die vom Kläger gewählte Gestaltung ausdrücklich zulässt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 304 2.7.5 Kindergeld 2.7.5.01 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Aurich, Beschluss vom 24.02.2005, S 25 AS 6/05 Sachverhalt: Kindergeld für volljährige Kinder Gründe: Kindergeld für volljährige Kinder, die in Haushaltsgemeinschaft mit ihren Eltern wohnen, dürfen nicht bei den Eltern als Einkommen berücksichtigt werden, wenn die Eltern das Kindergeld an das volljährige Kind weiterleiten. Bei minderjährigen Kindern steht bereits im Gesetz, dass das ihretwegen geleistete Kindergeld nur bei den Kindern als Einkommen anzurechnen ist (§ 11 Absatz 1 Satz 3 SGB II). Hieraus könne man aber nicht den Umkehrschluss ziehen, dass bei volljährigen Kindern etwas anderes gelten solle. Die Anrechnungsweise treffe aber nur dann zu, wenn das Kindergeld für den Lebensunterhalt des Kindes benötigt würde. Hieran mangele es bei einem Teil des für ein Pflegekind gezahlten Kindergeldes, weil zur Sicherung des Lebensunterhalts bereits wirtschaftliche Jugendhilfe nach dem SGB VIII gewährt werde. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.5.02 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Oldenburg, Beschluss vom 16.02.2005, S 47 AS 39/05 ER Sachverhalt: Sozialhilfe, Einkommensberücksichtigung, Zurechnung des Kindergeldes, Verfassungsmäßigkeit Gründe: Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II und des § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, nach denen das Kindergeld für minderjährige Kinder als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen ist, wenn es bei ihm zur Sicherung bzw. Deckung des Lebensunterhalts benötigt wird. Die im Unterhaltsrecht nach § 1612 b Abs. 2 BGB geltende Regelung, dass das auf ein Kind entfallende und einem Elternteil zustehende Kindergeld zur Hälfte auf den gegenüber dem anderen Elternteil bestehenden Unterhaltsanspruch anzurechnen ist, ist auf das Recht der Sozialhilfe nicht übertragbar. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 305 2.7.5.03 Gericht/Entscheidung LSG Niedersachsen-Bremen vom 15.02.2006, L 7 AS 33/05 ER Sachverhalt: Anrechnung von Kindergeld für Pflegekinder, soweit es bei der Jugendhilfeleistung keine Berücksichtigung findet. Gründe: Die Arge hat zutreffend den Anteil des Kindergeldes, der nicht mit dem Pflegegeld für die beiden Pflegekinder verrechnet wird, als Einkommen des Antragstellers uns seiner Ehefrau berücksichtigt. Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II ist das Kindergeld für minderjährige Kinder dem Einkommen des jeweiligen Kindes zuzurechnen, soweit es zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. Dieser Regelung ist zu entnehmen, das das Kindergeld jedenfalls insoweit als Einkommen der Eltern zu berücksichtigen ist, als der Bedarf des Kindes z. B. durch Unterhaltszahlungen oder Vermögen anderweitig gedeckt ist. Im Falle von Pflegekindern werde der "Unterhalt" durch die öffentliche Hand geleistet. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.5.04 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 18/06 R FEVS Bd. 58 S. 271 Sachverhalt: Angemessenheit von Unterkunftskosten, Kindergeld als Einkommen, Versicherungspauschale Gründe: Der Grundsicherungsträger hat bei der Feststellung der angemessenen Unterkunftskosten einen konkret-individuellen Maßstab anzulegen. Unter Zugrundelegung der landesrechtlichen Wohnraumförderbestimmungen ist zu ermitteln, ob in dem maßgeblichen räumlichen Vergleichsbereich Wohnungen mit einfachem Ausstattungsniveau konkret zur Verfügung stehen. Auf die Miethöchstgrenzen aus der Tabelle zu § 8 WoGG kann als Maßstab der Angemessenheit der Unterkunftskosten erst abgestellt werden, wenn ein konkret-individueller Maßstab nicht gebildet werden kann. Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, das den Bedarf eines Kindes übersteigende Kindergeld als Einkommen des Kindergeldberechtigten zu berücksichtigen. Die Festsetzung einer Pauschale für private Versicherungen von € 30 ist nicht zu beanstanden, soweit private Kraftfahrzeugversicherungen als gesetzlich vorgeschriebene Versicherungen betrachtet werden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 306 2.7.5.05 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 06.12.2007, B 14/7b AS 54/06 R FEVS Bd. 59 S. 395 Sachverhalt: Anrechnung von Kindergeld bei volljährigem Kind Gründe: Aus dem Regelungszusammenhang des § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II i. V. mit § 1 Nr. 8 Alg II-VO ergibt sich, dass das Kindergeld für volljährige, im Haushalt lebende Kinder dem Kindergeldberechtigten als Einkommen zugerechnet wird; etwas anderes folgt nicht daraus, dass das Kindergeld von der Kindergeldkasse direkt an das volljährige Kind ausgezahlt wird. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.5.06 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 07.02.08, L 14 B 133/08 AS ER FEVS Bd. 60 S. 9 Sachverhalt: Anrechnung von Kindergeld auf die Unterkunftskosten Gründe: Bei der Berechnung der Höhe des Zuschusses zu den ungedeckten angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 7 SGB II ist Kindergeld nicht als Einkommen bedarfsmindernd zu berücksichtigen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 307 2.7.5.07 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.03.2008, B 11b AS 13/06 R FEVS Bd. 60 S. 54 Sachverhalt: Unterkunftskosten, Haushaltsgemeinschaft, Auszubildende, Einkommen, Kindergeld Gründe: Ein Abweichen von der Aufteilung der Kosten für Unterkunft und Heizung nach Kopfzahl ist nicht deshalb geboten, weil der Tochter der Leistungsempfängerin nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 BAföG für die Unterkunft in der Wohnung ihrer Mutter nur ein Betrag von monatlich € 44 zuerkannt worden ist. Das System des SGB II lässt es nicht zu, im Ergebnis auch Unterkunftskosten für Dritte, hier die studierende Tochter, geltend zu machen, und zwar auch dann nicht, wenn dem Dritten gegenüber bei vorhandener Leistungsfähigkeit eine Unterhaltspflicht bestünde. Kindergeld für ein volljähriges im Haushalt lebendes Kind ist Einkommen des Kindergeldberechtigten. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 308 2.7.6 Pflegegeld gem. SGB VIII 2.7.6.01 Gericht/Entscheidung: BSG Urteil vom 29.03.2007 B 7b AS 12/06 R FEVS Bd. 58 S. 496 Sachverhalt: Pflegegeldleistungen der Jugendhilfe, Wohnbedarf Gründe: Der vom Jugendamt an Pflegeeltern gezahlte Erziehungsbeitrag stellt, jedenfalls wenn in einem Haushalt nicht mehr als zwei Pflegekinder betreut werden, bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II kein zu berücksichtigendes Einkommen dar. Das für ein Pflegekind gezahlte Kindergeld ist nach Abzug des Kürzungsbetrages gemäß § 39 Abs. 6 SGB VIII als Einkommen des Kindergeldberechtigten zu berücksichtigen. Pflegekinder bilden mit ihren Pflegeeltern keine Bedarfsgemeinschaft i. S. v. § 7 Abs. 3 SGB II. Pflegekinder sind im Hinblick auf die Zielsetzung des SGB VIII, die Aufnahme von Pflegekindern in Pflegefamilien zu fördern, beim Wohnbedarf im Rahmen der Angemessenheitsprüfung eines Eigenheims zu berücksichtigen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.6.02 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 27.01.2009, B 14/7b AS 8/07 R FEVS Bd. 61 S. 13 Sachverhalt: Haushaltsgemeinschaft, Mehrbedarf Alleinerziehung, Pflegekind Gründe: Der Mehrbedarf wegen Alleinerziehung nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II ist auch bei Pflege und Erziehung von Kindern zu berücksichtigen, mit denen der Begünstigte keine Bedarfsgemeinschaft, sondern nur eine Haushaltsgemeinschaft bildet (hier: Pflegekinder). Der Berücksichtigung des Mehrbedarfs steht die Gewährung von Leistungen nach § 39 SGB VIII nicht entgegen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 309 2.7.7 Versicherungsbeiträge als einkommensmindernde Bestandteile 2.7.7.1 Gericht/Entscheidung: LSG BW, Beschluss vom 30.06.2005, L 8 AS 2374/05 ER-B Sachverhalt: Berücksichtigung von Versicherungsbeiträgen als einkommensmindernde Bestandteile Gründe: Versicherungsbeiträge gehören nicht zum Lebensunterhalt, der mit den Regelleistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende abgegolten werden müsse. Wenn jedoch eigenes Einkommen vorhanden ist, bleibt davon ein Pauschbetrag von € 30 anrechnungsfrei (§ 11 Absatz 2 Nummer 3 SGB II, § 3 Nummer 1 Alg II-V). Darin läge keine rechtswidrige Ungleichbehandlung, denn soweit die Berücksichtigung der Versicherungsbeiträge bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens eines Einkommensbeziehers diesen im Ver gleich zu einkommenslosen Leistungsempfängern begünstige, seien diese Rechtsfolgen bedingt durch die unterschiedlichen Voraussetzungen (vorhandenes bzw. fehlendes Einkommen). Es sei auch unter Geltung des SGB II nicht dasselbe, ob ein einkommensloser Hilfeempfänger Anspruch auf eine Versicherung mit Mitteln der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts haben solle, oder ob dem Bezieher eines Einkommens gestattet werde, einen Teil seiner Einkünfte für Vorsorgemaßnahmen zu verwenden, ohne dadurch den Anspruch auf Hilfe zu verlieren. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 310 2.7.7.2 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 13.05.2009, B 4 AS 39/08 R Yahoo Nachrichten, AP v. 13.05.2009 Sachverhalt: Geltendmachung von Versicherungspauschalen für Kinder mit eigenem Einkommen Gründe: Der Abzug mehrerer Versicherungspauschalen ist bei Alleinerziehenden möglich, wenn die Kinder nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören. Im vorliegenden Einzelfall wurde nicht nur Kindergeld, sondern auch Unterhaltsleistungen gewährt, die so hoch waren, dass der Bedarf der Kinder gedeckt und für sie keine Hartz-IV-Leistungen zu zahlen waren. Die Arge rechnete das Kindergeld dem Einkommen der Mutter zu, wollte jedoch nur für die Mutter eine Versicherungspauschale gewähren. Der 4. Senat entschied jedoch anders. Gehören die Kinder nicht zur Bedarfsgemeinschaft, kann die Mutter für jedes Kind vom Kindergeld eine Versicherungspauschale in Höhe von € 30 geltend machen. Im vorliegenden Fall erhöhte sich der ALG II-Anspruch um € 60. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 311 2.7.7.3 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 09.11.2010, B 4 AS 7/10 R Juris 09.11.2010 Sachverhalt: Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung im Rahmen der "Riesterförderung" Gründe: Die Revision der Kläger hatte Erfolg im Sinne der Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG. Nach den Feststellungen des LSG konnte der Senat nicht beurteilen, in welcher Höhe von dem Erwerbseinkommen des Klägers zu 2 die aus seinem umgewandelten Bruttoarbeitsentgelt entrichteten Beträge zur betrieblichen Altersversorgung (Pensionskasse) im streitigen Zeitraum abzusetzen waren. Es handelt sich insoweit zwar um dem Grunde nach angemessene Beiträge zu einer privaten Versicherung i. S. d. § 11 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 1 SGB II. Zutreffend ist das LSG auch davon ausgegangen, dass sich die Angemessenheit der Höhe der Beiträge des Klägers zu 2 zur betrieblichen Altersversorgung grundsätzlich nach dem Mindesteigenbeitrag für die "Riesterförderung" nach § 86 EStG bestimmt. Da jedoch einerseits auf Grund der "Beitragsabführung" durch Entgeltumwandlung dieser Teil des Erwerbseinkommens für den Arbeitnehmer nicht zur Disposition steht – es fließt ihm nicht unmittelbar zu – und andererseits eine Änderung der Betragshöhe von der rechtlichen Ausgestaltung der arbeitsvertraglichen Vereinbarung und des Versicherungsvertrages abhängig ist, ist dem Hilfebedürftigen bis zur ersten rechtlich zulässigen Änderungsmöglichkeit nach Eintritt des SGB II-Leistungsbezugs eine "Schonfrist" einzuräumen, in der die tatsächlich abgeführten Beiträge, soweit sie nicht die Grenze des § 3 Nr. 63 EStG überschreiten, vom Einkommen als der Höhe nach angemessene Beiträge abzusetzen sind. Insoweit fehlt es jedoch an Feststellungen des LSG insbesondere zu den arbeitsvertraglichen Grundlagen der betrieblichen Altersversorgung selbst, aber auch der darin enthaltenen rechtlichen Möglichkeiten einer Änderung der Höhe des an die Pensionskasse abzuführenden Betrages des Klägers zu 2 im streitigen Zeitraum. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 312 2.7.8 Nichtanrechenbares Einkommen/Abschreibungen 2.7.8.1 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 05.09.2007, B 11b AS 49/06 R FEVS Bd. 59 S. 198 Sachverhalt: Britische Kriegsopferrente Gründe: Die britische Kriegsopferrente wird zwar als ausländische Leistung nicht unmittelbar von der Privilegierung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB II erfasst, kann und muss aus Gründen der Gleichbehandlung aber der vorgenannten Regelung gleichgestellt werden, wenn sie nach Grund und Höhe einer anrechnungsfreien Grundrente vergleichbar ist. Erforderlich ist eine rechtsvergleichende Betrachtung von Funktion und Struktur der beiden Leistungsarten. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.8.2 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27.11.2007, L 13 AS 158/07 ER FEVS Bd. 59 S. 204 Sachverhalt: Abschreibungen, Einkommenseinsatz, selbständige Arbeit Gründe: Steuerrechtlich erlaubte Abschreibungen sind bei der Ermittlung des Einkommens eines Selbständigen zu berücksichtigen. Der Anordnungsgrund kann nicht deswegen verneint werden, weil den Abschreibungen (noch) keine realen Geldabflüsse zugrunde liegen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 313 2.7.8.3 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Urteil vom 17.09.2009, L 7 AS 41/08 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Aufwand für Pflegebedürftige in Familienpflege (Eingliederungshilfe für Behinderte nach §§ 53 ff. SGB XII) Gründe: Betreuungspauschalen sind Einnahmen in Geld und gehören zu dem Einkommen im Sinne des § 11 SGB II. Sie sind aber gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II (i. d. F. des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30.07.2004, BGBl. I S. 2014) nicht zu berücksichtigen. Das gilt für alle drei Komponenten der Betreuungspauschale: Das "Verpflegungsgeld", die "Unterkunftskosten" und das "Betreuungsgeld". -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.8.4 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen, Urteil vom 29.10.2009, L 2 AS 99/08 Juris 11.02.2010 Sachverhalt: Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit als Einkommen nach dem SGB II Gründe: Zuschläge für Nachtarbeit sowie Sonn- und Feiertagszuschläge sind gemäß § 3 b Abs. 1 EStG (begrenzt) steuerlich privilegierte Aufwandsentschädigungen und daher zweckbestimmte Einnahmen i. S. d. § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 314 2.7.8.5 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 01.06.2010, B 4 AS 89/09 R Juris 02.06.2010 Sachverhalt: Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit als Einkommen nach dem SGB II Gründe: Auf die Revision der Beklagten hat der Senat das Urteil des LSG Sachsen und den Gerichtsbescheid des SG Dresden aufgehoben und die weitergehende Klage abgewiesen. Die Beklagte hatte zuvor in einem Teilvergleich die ursprünglich bewilligten höheren Leistungen für die Monate Juli und Oktober 2005 außer Streit gestellt. Für den streitigen Bewilligungszeitraum vom 01.05.2005 bis 31.10.2005 können die Kläger im Übrigen keine höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beanspruchen. Bei der Bewilligung dieser Leistungen hat die Beklagte als Einkommen zu Recht auch die Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit als Entgeltbestandteile berücksichtigt und dementsprechend auch einen erhöhten Freibetrag bei Erwerbstätigkeit nach § 30 SGB II abgesetzt. Es handelt sich hier nicht um zweckbestimmte Einnahmen, die von der Einkommensberücksichtigung auszunehmen sind. Der Senat hat bereits zu Abfindungszahlungen wegen Verlust des Arbeitsplatzes entschieden, dass für die Annahme einer Zweckbestimmung bei Einnahmen auf privatrechtlicher Grundlage eine Vereinbarung getroffen worden sein muss, aus der objektiv erkennbar folgt, dass die Leistung von dem Arbeitnehmer (nur) für einen bestimmten Zweck verwendet werden soll. Unbesehen des Umstands, dass sich auch aus den steuer- und arbeitsrechtlichen Vorschriften nur schwerlich ein einheitlicher Verwendungszweck für die Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge ableiten lässt, fehlt es jedenfalls an einem vereinbarten Verwendungszweck. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.8.6 Gericht/Entscheidung: SG Detmold, Urteil vom 31.03.2009, S 13 AS 21/07 ZfF 5/2010, S. 106 Sachverhalt: Aufwandsentschädigung für Blutspenden, Verkauf von Hausrat Gründe: Aufwandsentschädigungen für Blutspenden sind zweckbestimmte Einnahmen aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften, die nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind. Einnahmen des Hilfeempfängers aus der Veräußerung von Gegenständen seines Hausrats zum Verkehrswert sind kein Einkommen i. S. d. § 11 SGB II, sondern Vermögen, da sie an die Stelle der verwertbaren Vermögensgegenstände treten und keinen wertmäßigen Zuwachs bringen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 315 2.7.8.7 Gericht/Entscheidung: SG Dresden, Urteil vom 01.09.2010, S 36 AS 5042/08 Juris 10.09.2010 Sachverhalt: Steuerfreie Spesenzahlungen als Einkommen Gründe: Die sog. "Auslöse" stellt grundsätzlich keine zweckbestimmte Einnahme dar. Verpflegungsmehraufwendungen lassen sich lediglich im Rahmen der gesetzlichen Pauschalen absetzen. Weitere durch die Auswärtstätigkeit bedingte Mehraufwendungen, u. a. solche für Parkgebühren, Toiletten- und Duschbenutzung, können nur geltend gemacht werden, wenn sie konkret nachgewiesen sind. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.8.8 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.10.2009, L 25 AS 1746/08 FEVS Bd. 61 S. 566 Sachverhalt: Schmerzensgeld, Erbe, Einkommen Gründe: Im Hilfezeitraum ausgezahlte, geerbte Schadensersatz- und Schmerzensgeldleistungen sind als Einkommen zu berücksichtigen. Sie sind insbesondere nicht nach § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II anrechnungsfrei zu lassen, denn Schmerzensgeldzahlungen haben privilegierenden Charakter nur gegenüber dem Geschädigten selbst; mit seinem Tod geht dieser Charakter verloren, weil die Zahlungen nur ihm gegenüber dazu dienen, einen immateriellen Schaden auszugleichen und Genugtuung zu geben. Geerbte Schadenersatz- und Schmerzensgeldleistungen können auch nicht unter Härtegesichtspunkten anrechnungsfrei bleiben, denn eine Härtefallregelung sieht das SGB II bei der Einkommensanrechnung nicht vor. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 316 2.7.8.9 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 23.08.2011, B 14 AS 186/10 R Juris 05.09.2011 Sachverhalt: Nichtberücksichtigung eines Guthabens aus einer Stromabrechnung als Einkommen Gründe: Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass der beklagte Grundsicherungsträger das Guthaben der Klägerin und ihrer Mutter aus der Stromabrechnung der Stadtwerke O. für das Jahr 2006 im Februar 2007 in Höhe von jeweils € 82,17 zu Unrecht als Einkommen berücksichtigt hat. Grundsätzlich sind zwar auch Rückerstattungen von Vorauszahlungen aus Energielieferverträgen im Bedarfszeitraum als Einkommen und nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Nach Sinn und Zweck des § 11 Abs. 1 SGB II kann aber eine Rückzahlung von Kosten für Haushaltsenergie, die auf Vorauszahlungen aus Zeiträumen beruht, in denen Hilfebedürftigkeit bestand, nicht als Einkommen berücksichtigt werden, weil es sich bei den Zahlungen für Haushaltsenergie um die Befriedigung eines der Regelleistung zuzuordnenden Grundbedarfs handelt. Einnahmen aus Einsparungen hinsichtlich der Regelbedarfe sind grundsätzlich über den jeweiligen Bezugszeitraum hinweg von der Berücksichtigung als Einkommen freizustellen. ------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.8.10 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 20.12.2010, L 19 AS 1166/10 B ER FEVS Bd. 62 S. 468 Sachverhalt: Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Entschädigung, Schmerzensgeld Gründe: Die vom Arbeitgeber aufgrund eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot (hier an einen Schwerbehinderten) nach § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu leistende Entschädigung wegen eines Nichtvermögensschadens beruht auf einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts, sodass es sich um Schmerzensgeld in entsprechender Anwendung des § 253 Abs. 2 BGB handelt, das nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 317 2.7.9 Sonstiges Einkommen 2.7.9.1 Gericht/Entscheidung: LSG Bayern, Urteil vom 10.08.2007, L 7 AS 77/05 FEVS Bd. 59 S. 564 Sachverhalt: Erstattungsanspruch, österreichische Invaliditätspension Gründe: Die österreichische Invaliditätspension sowie die hierzu gewährte Ausgleichszulage sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und somit als Einkommen nach § 11 SGB II einzusetzen. Beim Arbeitslosengeld II handelt es sich um Fürsorgeleistungen i. S. d. Art. 111 Abs. 3 EWGV 574/72, sodass der Leistungsträger grundsätzlich einen Erstattungsanspruch nach Satz 1 der Vorschrift gegenüber der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt geltend machen kann. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.9.2 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 03.07.2008, L 13 AS 97/08 ER FEVS Bd. 60 S.87 Sachverhalt: Darlehen, Einkommen Gründe: Ein von einem Dritten dem Hilfesuchenden gewährtes Darlehen ist Einkommen i. S. d. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wenn der Hilfesuchende es zur Steuerung seiner Notlage einsetzen kann. Im SGB II ist die Konfliktlage des Hilfesuchenden zwischen dem Verbrauch eines Darlehens zur Beseitigung seiner Bedürftigkeit und der zu erwartenden Verletzung der zivilrechtlichen Rückzahlungspflicht wegen seines wirtschaftlichen Unvermögens nicht zu Lasten der öffentlichen Hand zu regeln. Ein Hilfesuchender ist in der Regel nicht verpflichtet, zur Beseitigung seiner Notlage ein Darlehen aufzunehmen, wenn er ansonsten Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hat. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 318 2.7.9.3 Gericht/Entscheidung: SG Aachen, Urteil vom 03.02.2009, S 23 AS 2/08 beck-aktuell Sachverhalt: Anrechnung von Zinsen aus geschütztem Vermögen (Schmerzensgeld) als Einkommen. Gründe: Das Gericht gab den Klägern recht, die sich dagegen wehrten, dass die zuständige Arge ihre Zinseinkünfte von jährlich über € 3.000 aus der Anlage eines Schmerzensgeldbetrages von € 132.000 als Einkommen bewertete und die Leistungen entsprechend minderte. Das Schmerzensgeld für den Lebensunterhalt einsetzen zu müssen, stelle eine besondere Härte dar, die der Anrechnung als Vermögen nach § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II entgegen stehe, so das Gericht weiter. Danach sei der Schutz des Schmerzensgeldes umfassend und erfasse auch die Zinseinkünfte. Die 23. Kammer räumte zwar ein, dass grundsätzlich auch Zinsen aus "Schonvermögen" von Leistungsempfängern anzurechnendes Einkommen seien. Die Höhe eines als Festbetrag gezahlten Schmerzensgeldes sei im Vergleich zu einer Schmerzensgeldrente aber gerade dadurch bestimmt, dass der Empfänger den erhaltenen Betrag gewinnbringend anlegen könne, der Zinsgewinn also Bestandteil der Kalkulation des Entschädigungsbetrages sei. Die Zinsen seien deshalb in gleicher Weise geschützt wie der Entschädigungsbetrag selbst. Gegen die Entscheidung wurde Berufung eingelegt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 319 2.7.9.4 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 30.09.2008, B 4 AS 57/07 R FEVS Bd. 60 S. 392 Sachverhalt: Zinsen, Sparguthaben Gründe: Zinseinnahmen aus einem Sparguthaben sind Einnahmen in Geld i. S. v. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II und als Einkommen zu berücksichtigen, wenn sie dem Hilfebedürftigen nach Antragstellung zugeflossen sind. Zinseinnahmen, die für mehrere zurückliegende Jahre in einer Summe ausgezahlt werden, sind einmaliges Einkommen im Zuflussmonat. Entfällt durch die Berücksichtigung der einmaligen Einnahme die Hilfebedürftigkeit im Zuflussmonat nicht in vollem Umfang, ist eine Aufteilung über mehrere Monate nicht gerechtfertigt. Eine Verwendung der Zinseinnahmen zur Unterstützung von Tochter und Enkel der Hilfebedürftigen führt nicht dazu, dass die Berücksichtigung als Einkommen entfällt. Ein auf längere Zeit angelegtes Sparguthaben bleibt auch bei seiner Auszahlung Vermögen, denn es wurde mit bereits erlangten Einkünften angespart; anderenfalls wertete man den Rückgriff auf Erspartes erneut als Einkommen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 320 2.7.9.5 Gericht/Entscheidung: SG Dortmund, Urteil vom 17.07.2009, S 22 AS 66/08 Juris Rechtsportal 07.12.2009 Sachverhalt: Frage der Einkommensanrechnung bei Darlehen Gründe: Das SG Dortmund hat entschieden, dass Darlehen an Empfänger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht als Einkommen angerechnet werden. Ein 55-jähriger Langzeitarbeitsloser hatte monatlich von einem Neffen € 200 geliehen und hiervon seine Miete bestritten. Die Arbeitsgemeinschaft Märkischer Kreise (ARGE) in Iserlohn forderte daraufhin von dem Arbeitslosen knapp € 3.000 zurück. Es seien keine Unterkunftskosten angefallen. Bei den Zahlungen des Verwandten handele es sich um Einkommen, das auf die Grundsicherung anzurechnen sei. Der Arbeitslose klagte gegen den Rückforderungsbescheid der ARGE. Das Sozialgericht Dortmund hat der Klage stattgegeben und den Rückforderungsbescheid der ARGE aufgehoben. Die Kosten der Unterkunft des Klägers seien tatsächlich entstanden und von ihm beglichen worden. Das Darlehen von monatlich € 200 stelle auch kein anzurechnendes Einkommen dar, weil es anders als bei einem Geschenk die wirtschaftliche Situation des Klägers nicht verbessert. Werden wie vorliegend die Rückzahlung geschuldet, beinhalte das Darlehen keinen vermögenswerten Vorteil. Dabei sei es unschädlich, dass mit Vereinbarung des Darlehens der konkrete Rückzahlungszeitpunkt noch offen gelassen worden ist. Der Kläger und sein Neffe hätten jedenfalls vereinbart, dass die Darlehenssumme zurückgezahlt werden soll, sobald der Kläger ein Beschäftigungsverhältnis aufgenommen hat. Das Gericht sah darin eine konkrete Rückzahlungsverpflichtung, die der Kläger später auch tatsächlich erfüllte. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.9.6 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 17.03.2009, B 14 AS 15/08 R FEVS Bd. 61 S. 5 Sachverhalt: DDR-Wehrdienstbeschädigung, Einkommen, Verletztenrente Gründe: Eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung stellt auch dann in vollem Umfang zu berücksichtigendes Einkommen dar, wenn sie wegen einer während der Ableistung der Wehrpflicht in der ehemaligen DDR erlittenen Wehrdienstbeschädigung geleistet wird. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 321 2.7.9.7 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen, Urteil vom 08.04.2010, L 2 AS 248/09 Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Anrechnung von Geldgeschenken der Großmutter an die Enkel auf den Bedarf Gründe: Die Großmutter stellte Geldgeschenke anlässlich des Weihnachtsfestes und der Geburtstage zur Verfügung, die den Freibetrag von € 50,- je Person überstiegen. Nach der Entscheidung handelt es sich um den Bedarf minderndes Einkommen. Die Rückforderung soweit zu Unrecht erbrachter Hilfe war rechtmäßig. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.9.8 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 18.01.2011, B 4 AS 90/10 R Juris 19.01.2011 Sachverhalt: Anrechnung von Krankenhaustagegeld als Einkommen Gründe: Es handelt sich bei der Krankenhaustagegeldleistung nicht um Vermögen. Das LSG hat auch zutreffend die Rechtsauffassung des Beklagten bestätigt, dass es sich bei dem Krankenhaustagegeld nicht um eine zweckbestimmte Einnahme i. S. d. § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II handelt, die bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II außer Betracht zu bleiben hat. Eine auf privatrechtlicher Grundlage erbrachte Leistung ist dann zweckbestimmt im Sinne dieser Vorschrift, wenn ihr über die Tilgungsbestimmung hinaus erkennbar eine bestimmte Zweckrichtung beigemessen ist. Der erkennende Senat versteht dies als eine Vereinbarung, aus der sich objektiv erkennbar ergibt, dass die Leistung für einen bestimmten Zweck verwendet werden soll (privatrechtlicher Verwendungszweck). An einer derartigen Zweckbestimmung mangelt es beim Krankenhaustagegeld. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 322 2.7.9.9 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Urteil vom 13.12.2010, L 19 AS 77/09 Juris 26.01.2011 Sachverhalt: Anrechnung eines Lotteriegewinns auf Hartz-IV Gründe: Nach Auffassung des Landessozialgerichts ist der Lotteriegewinn wie andere Glücksspielgewinne als Einkommen anzusehen. Der Gewinn verringere damit die Hilfebedürftigkeit des Klägers. Der Kläger hatte eingewandt, er habe seit dem Jahr 2001 € 945 – zuletzt monatlich € 15 – in sein Los investiert. Damit habe er unter dem Strich überhaupt keinen Gewinn, sondern Verluste erzielt. Dieses Argument ließ das Landessozialgericht nur für den letzten Monatsbetrag gelten. Lediglich die dafür gezahlten € 15 durfte der Kläger vom Gewinn von € 500 abziehen. Zwischen dem für die Monate und Jahre davor gezahlten Einsatz und dem Lotteriegewinn sah das Landessozialgericht dagegen keinen ausreichenden Zusammenhang. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.9.10 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 18.02.2010, B 14 AS 76/08 R FEVS Bd. 62 S. 61 Sachverhalt: Übergangsleistung wegen Berufskrankheit, Nichtangabe Einkommen Gründe: Der Übergangsleistung nach § 3 Abs. 2 BerufskrankheitenVO (BKV) kommt Lohnersatzfunktion zu und sie stellt berücksichtigungsfähiges Einkommen i. S. d. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II dar. Maßgeblich für die grobe Fahrlässigkeit i. S. v. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X hinsichtlich der Nichtangabe einer dem Leistungsempfänger gewährten Zahlung ist allein, dass dieser bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre in der Lage gewesen ist, zu erkennen, dass er den Zufluss dem Leistungsträger anzugeben hatte. Eine rechtliche Subsumtion hinsichtlich dieses Einkommenszuflusses war von ihm gerade nicht gefordert, sodass es nicht darauf ankommt, dass es sich seines Erachtens um nicht berücksichtigungsfähiges Einkommen handelte. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 323 2.7.9.11 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.05.2010, L 13 AS 105/09 FEVS Bd. 62 S. 278 Sachverhalt: Überbrückungsgeld für Haftentlassene als Einkommen Gründe: Überbrückungsgeld nach § 51 Abs. 1 StVollzG ist als Einkommen i. S. d. § 11 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen, wenn es dem ehemaligen Strafgefangenen nach Stellung des Antrages auf Gewährung von SGB II-Leistungen zufließt. Das Überbrückungsgeld nach § 51 Abs. 1 StVollzG kann nicht als zweckbestimmte Einnahme i. S. d. § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II angesehen werden. Ergibt sich nach Verwendung des Überbrückungsgeldes nach § 51 Abs. 1 StVollzG in den ersten vier Wochen nach der Entlassung aus der Strafhaft für den notwendigen Lebensunterhalt des ehemaligen Strafgefangenen (und ggf. seiner Unterhaltsberechtigten) ein Restguthaben, so handelt es sich hierbei nicht um Vermögen, sondern weiterhin um nach § 11 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigendes Einkommen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.7.9.12 Gericht/Entscheidung: LSG Bayern, Beschluss vom 12.08.2010, L 11 AS 381/10 B ER FEVS Bd. 62 S. 319 Sachverhalt: Bereite Mittel, fiktives Einkommen, Vertrag zu Lasten Dritter Gründe: Fiktives Einkommen ist dem Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzurechnen; etwas anderes gilt jedoch bei tatsächlich bestehenden, zumutbaren und kurzfristig realisierbaren, aber ungenutzten Selbsthilfemöglichkeiten. Eine solche Möglichkeit steht dem Hilfebedürftigen zur Verfügung, wenn eine vertragliche Vereinbarung nach § 138 BGB nichtig ist, weil sie allein den Zweck hat, dass der Vertragspartner zwangsläufig der Sozialhilfe anheimfallen muss. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 324 2.8 Vermögen Übersicht: 2.8.1 2.8.2 2.8.3 2.8.4 2.8.5 2.8.6 Immobilienbesitz, darlehensweise Hilfegewährung Kraftfahrzeuge Lebensversicherung, Unfallversicherung, Erbschaft Vermögensübertragung, Scheingeschäfte Sonstiges Vermögen Vermögensschonbeträge 2.8.1 Immobilienbesitz, darlehensweise Hilfegewährung 2.8.1.01 Gericht/Entscheidung: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.12.2005, L 19 B 67/05 AS ER FEVS Bd. 57 S. 473 Sachverhalt: Darlehensweise Hilfegewährung mit dinglicher Sicherung Gründe: Weil das Grundstück seines Hauses die für ländliche Regionen zulässige Größe übertrifft, hatte die Stadt Minden einen arbeitslosen Familienvater aufgefordert, sein Haus zu verkaufen, um von dem Erlös zu leben. Bis zum Verkauf wollte die Kommune dem Mann das Arbeitslosengeld II als Darlehen zahlen, vorausgesetzt, er stimme der Eintragung seiner Grundschuld zu. Als der Arbeitslose das ablehnte, stellt das Sozialamt seine Zahlungen ein. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschied, dass die Zahlung von Arbeitslosengeld II an Hausbesitzer nicht von der Leistung einer Sicherheit wie einem Grundschuldeintrag abhängig gemacht werden dürfe. Eine solche Ermächtigung enthalte das SGB II nicht. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 325 2.8.1.02 Gericht/Entscheidung: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.05.2006, L 19 B 21/06 AS ER Sachverhalt: Miteigentumsanteil an einem Hausgrundstück, Kostenentscheidung Gründe: Die Antragsgegnerin (Arge) trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers. Der Antragsteller bewohnt zwei je ca. 16 qm große Zimmer in einer Wohnung, die er mit seinem Vater teilt. Damit entspricht der von dem Antragsteller als Wohnung genutzte Anteil an der Gesamtwohnfläche in etwa seinem Anteil an der Erbengemeinschaft. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Erbengemeinschaft ungeteilt besteht und eine Verwertbarkeit des Miterbenanteils des Antragstellers in absehbarer Zeit nicht gegeben ist. Schließlich ist aufgrund der konkreten baulichen Situation nicht erkennbar, wie der Miterbenanteil des Antragstellers ohne aufwendige Baumaßnahmen wirtschaftlich verwertbar sein könnte. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 326 2.8.1.03 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 06.12.2007, B 14/7b AS 46/06 R Medieninformation BSG Nr. 42/07 FEVS Bd. 59 S. 398 Sachverhalt: Vermögenseinsatz (Mit Nießbrauch belastetes Haus – für Hartz IV-Empfänger kein verwertbares Vermögen) Gründe: Der Senat hatte darüber zu entscheiden, ob sich der Grundsicherungsträger im Hinblick auf die aus seiner Sicht (später) bestehenden Verwertbarkeit eines Hauses, das mit einem lebenslangen Nießbrauchsrecht zugunsten der Mutter des Klägers belastet ist, zu Recht geweigert hat, dem Kläger Arbeitslosengeld II als Zuschuss zu gewähren. Das Bundessozialgericht hat diese Frage verneint und entschieden, dass Grundeigentum, das in absehbarer Zeit nicht verwertet werden kann und dessen Verwertbarkeit nicht vom Willen des Vermögensinhabers abhängt, nicht als berücksichtigungsfähiges Vermögen im Sinne des SGB II anzusehen ist. Dies hat zur Folge, dass dann, wenn im übrigen Hilfebedürftigkeit besteht, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss und nicht nur als Darlehen zu gewähren sind. Die Revision des Klägers führte daher zur Aufhebung des zweitinstanzlichen Urteils und zur Wiederherstellung der Entscheidung des Sozialgerichts, das der Klage ebenfalls stattgegeben hatte. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 327 2.8.1.04 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 16.05.2007, B 11b AS 37/06 R FEVS Bd. 59 S. 49 Sachverhalt: Hausgrundstück, Angemessenheit, Härte, Verwertung Gründe: Die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks ist im Regelfall nach den Vorgaben des II. WoBauG – Grenzwert 130 qm für Vierpersonenhaushalt – zu bestimmen. Ob und gegebenenfalls in welcher Weise ein Hausgrundstück im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit i. S. d. SGB II tatsächlich verwertbar ist, richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles. Der Hilfebedürftige kann grundsätzlich zwischen mehreren Verwertungsarten wählen, die den Hilfebedarf decken; es ist nicht Aufgabe des Grundsicherungsträgers, dem Hilfebedürftigen konkrete Verwertungsmöglichkeiten aufzuzeigen oder nachzuweisen. Die Annahme einer besonderen Härte i. S. d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II erfordert außergewöhnliche Umstände. die Verwertung eines die Angemessenheit überschreitenden Hausgrundstücks stellt nicht schon deshalb eine besondere Härte dar, weil es vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit vorhanden war. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.8.1.05 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.01.2008, L 13 AS 207/07 ER FEVS Bd. 59 Seite 364 Sachverhalt: Darlehen, Grundvermögen, Miteigentum, Nießbrauch, Verwertbarkeit Gründe: Das Miteigentum an einem Hausgrundstück, das nicht vom Hilfesuchenden bewohnt wird, stellt verwertbares Vermögen dar. Auf die Zustimmung des anderen Miteigentümers zur Verwertung kommt es schon aus sachenrechtlichen Gründen nicht an. Dies gilt auch dann, wenn das Grundstück mit einem Nießbrauchsrecht belastet ist. Eine Unverwertbarkeit des Grundstücks aus tatsächlichen Gründen tritt nicht etwa dann ein, wenn es voraussichtlich nicht innerhalb von 12 Monaten verkauft werden kann. Vielmehr kommt es allein auf die Prognose an, wann der konkrete Vermögensgegenstand verwertet werden kann. Das können bei großen und besonders wertvollen Vermögensgegenständen mitunter Jahre sein. Betreibt der Hilfesuchende über lange Zeit eine selbstständige Tätigkeit, die nicht auskömmlich ist und laufend ergänzende Hilfeleistungen erfordert, kann der Träger ihn auf die Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung hinweisen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 328 2.8.1.06 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 27.01.2009, B 14 AS 42/07 R FEVS Bd. 61 S. 66 Sachverhalt: Ungeteilte Erbengemeinschaft, Vermögenseinsatz Gründe: Zur Frage der Verwertbarkeit von Vermögensgegenständen, die dem Hilfebedürftigen als Miterbe in ungeteilter Erbengemeinschaft zustehen. Der Anspruch auf Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft (§§ 2046 bis 2048 BGB und § 2042 Abs. 2 BGB) und der damit verbundene Anteil am Auseinandersetzungsguthaben nach § 2047 BGB gehört – ebenso wie der Anteil am Nachlass – zum Vermögen des Miterben, das dieser grundsätzlich vorrangig zur Abwendung von Hilfebedürftigkeit einzusetzen hat. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 329 2.8.1.07 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.05.2009, B 8 SO 7/08 R FEVS Bd. 61 S. 193 Sachverhalt: Hausgrundstück, Angemessenheit, Härte Gründe: Die Angemessenheit eines selbst genutzten Hausgrundstücks ist nach Maßgabe und Würdigung aller in §§ 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG bezeichneten personen-, sach- und wertbezogenen Kriterien zu beurteilen (sog. Kombinationstheorie); soweit ein einzelnes Kriterium unangemessen ist, führt dies also nicht automatisch zur Unangemessenheit des Hausgrundstücks. Ausgehend vom Alleineigentum des Hilfesuchenden ist die Angemessenheit des gesamten (Zweifamilien-)Hauses unter Berücksichtigung aller bewohnenden Angehörigen zu bestimmen, denn schon nach Wortlaut und Systematik der Regelungen ist auf die Gesamtgröße des Hauses und nicht nur auf die vom Hilfesuchenden genutzte Wohnung abzustellen. Die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks ist nach den Vorgaben des Zweiten Wohnungsbaugesetzes mit einem Grenzwert von 130 qm für einen VierPersonen-Haushalt zu bestimmen. Für die Angemessenheit der Grundstücksgröße sind die in der Praxis angewandten Grenzwerte von 500 qm für ein freistehendes Haus bzw. für den ländlichen Raum allenfalls Anhaltspunkte, die überschritten werden können, wenn sich die Größe des Hausgrundstücks im Rahmen der örtlichen Gegebenheiten hält, wobei auch die Anzahl der das Hausgrundstück nutzenden Personen zu berücksichtigen ist. Ob das Hausgrundstück andererseits bei entsprechender Größe teilbar ist, ist keine Frage der Angemessenheit, sondern erst der Verwertung eines unangemessenen Hausgrundstücks. Gerade die dingliche Belastung eines Hausgrundstücks bietet Anlass, die faktische Verwertbarkeit durch Verkauf nicht einfach zu unterstellen; entscheidungserheblich ist ggf. auch, ob sich die Möglichkeit einer Verwertung in einem zeitlich vorhersehbaren Rahmen bewegt. Ein Härtefall kann auch im Sozialhilferecht unter wirtschaftlichen Aspekten vorliegen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 330 2.8.2 Kraftfahrzeuge 2.8.2.01 Gericht/Entscheidung: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.08.2005, L 7 AS 2875/05 FEVS Bd. 57 S. 72 Sachverhalt: Wertgrenze bei Kfz, Größe einer Eigentumswohnung Gründe: Klägerin bewohnt mit ihrem 16-jährigen Sohn eine Eigentumswohnung mit 120 qm. Der Leistungsträger hatte von der Klägerin verlangt, die Wohnung zu verkaufen mit dem Argument, dass für einen Zwei-Personen-Haushalt 80 qm angemessen seien. Das LSG gab der Beschwerde statt und stellte fest, die Eigentumswohnung müsse nicht zur Bedarfsdeckung verkauf werden. Fahrzeuge bis zu einem Wert von unter € 10.000 sind nicht unangemessen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.8.2.02 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 06.09.2007, B 14/7b AS 66/06 R FEVS Bd. 59 S. 385 Sachverhalt: Wertgrenze bei Kfz, Verwertung einer Lebensversicherung Gründe: Ein isoliert betrachtet unangemessener Vermögensgegenstand i. S. d. § 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II ist nicht in jedem Fall zu verwerten, sondern der übersteigende Betrag fließt als verwertbares Vermögen in die Gesamtbetrachtung ein, denn das verwertbare Vermögen i. S. d. § 12 SGB II darf nur insgesamt betrachtet nicht die Freibeträge gemäß § 12 Abs. 2 SGB II übersteigen. Ein Kraftfahrzeug mit einem Verkehrswert von bis zu € 7.500 kann als angemessen i. S. d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II betrachtet werden. Die Grenze der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit i. S. d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II ist noch nicht erreicht, wenn beim Verkauf einer Lebensversicherung der Rückkaufswert 12,9 v. H. unter den eingezahlten Beiträgen liegt; ein Verlust von 48,2 v. H. gegenüber den eingezahlten Beiträgen ist in jedem Fall offensichtlich unwirtschaftlich. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 331 2.8.3 Lebensversicherung, Unfallversicherung, Erbschaft 2.8.3.01 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.11.2006, L 8 AS 325/06 ER FEVS Bd. 58 S. 319 Sachverhalt: Einkommen, Lebensversicherung, Verbrauch Gründe: Bei der Zuwendung aus der Lebensversicherung eines Dritten handelt es sich um Einkommen i. S. d. § 11 Abs. 1 SGB II und nicht um Vermögen i. S. d. § 12 SGB II. Der entscheidende Unterschied zu einem Leistungsempfänger, der seine (eigene) Lebensversicherung kündigt, liegt darin, dass es sich bei der Zuwendung als der Lebensversicherung des verstorbenen Partners nicht um von den Hilfesuchenden angesparte Mittel handelt, sondern dass ein Dritter diese Mittel angespart hat; vor dem Zufluss handelte es sich somit zu keinem Zeitpunkt um Mittel des Hilfesuchenden, sodass eine sog. Vermögensumschichtung bereits deshalb nicht vorliegt. Die Zuwendung wird nicht nach Ablauf des Zuflussmonats zu Vermögen, sondern es handelt sich um eine einmalige Einnahme, die ab dem Monat des Zuflusses zu berücksichtigen und grundsätzlich auf einen angemessenen Zeitraum (hier zwölf Monate) aufzuteilen ist. Zur Glaubhaftmachung des Verbrauchs erzielten Einkommens. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.8.3.02 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 23.03.2006, L 20 B 72/06 AS FEVS Bd. 58 S. 332 Sachverhalt: Einkommen, Erbschaft Gründe: Erbschaften (hier Barvermögen von € 7.500) sind grundsätzlich als einmaliges Einkommen einzustufen und von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen; sie sollen für einen angemessenen Zeitraum berücksichtigt werden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 332 2.8.3.03 Gericht/Entscheidung: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.02.2007 L 7 AS 690/07 ER-B FEVS Bd. 58 S. 507 Sachverhalt: Berücksichtigung einer Erbschaft, Zuflussprinzip Gründe: Eine Erbschaft in Form eines Barvermögens über der Bagatellgrenze des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO ist als Einkommen i. S. v. § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich in dem Monat zu berücksichtigen, in dem sie dem Hilfeempfänger zufließt. In den Folgemonaten wird sie nicht zu einem ggf. nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB XII geschützten Vermögen, sondern ist nach § 2 b i. V. m. § 2 Abs. 3 Alg II-VO auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit dem entsprechenden Betrag anzusetzen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 333 2.8.3.04 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 06.09.2007, B 14/7b AS 66/06 R Medieninformation BSG Nr. 26/07 Sachverhalt: Vermögenseinsatz (Kfz, Lebensversicherungen und Rentenversicherungspolice) Gründe: Im Verfahren hatte der 14. Senat u. a. darüber zu entscheiden, ob ein PKW der Marke Seat Leon (Erstzulassung 2001, mit einem Zeitwert von € 9.600) bei erwerbsfähigen Arbeitsuchenden als angemessen anzusehen ist. Der Grundsicherungsträger war davon ausgegangen, dass ein PKW mit einem Wert von mehr als € 5.000 unangemessen sei. Als Vermögen war beim Kläger neben zwei Lebensversicherungen mit Rückkaufswerten von € 4.002,74 und € 2.520,05 noch eine Rentenversicherungspolice mit einem Rückkaufswert von € 6.557,50 vorhanden. Der Grundsicherungsträger hatte in Bezug auf den PKW € 4.600 und den Rückkaufswert der beiden Lebensversicherungsverträge als Vermögen berücksichtigt und wegen der hieraus resultierenden Überschreitung des Freibetrages die Gewährung von Arbeitslosengeld II abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Klage war in den Vorinstanzen erfolglos. Die Revision des Klägers war erfolgreich. Die Urteile der Vorinstanzen und die angefochtenen Bescheide der Beklagten wurden aufgehoben. Die Beklagte wurde verurteilt, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunteralts zu gewähren. Die Beklagte hat Leistungsansprüche des Klägers zu Unrecht deshalb abgelehnt, weil der Kläger in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt aus seinem Vermögen zu sichern. Der Kläger verfügt nicht über Vermögenswerte, die den ihm nach dem SGB II zustehenden Freibetrag übersteigen. Beim Kläger sind lediglich die vorhandenen Lebensversicherungsverträge und der den Freibetrag für einen angemessenen PKW (in Höhe von € 7.500) übersteigenden Wert des PKW als Vermögen zu berücksichtigen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 334 2.8.3.05 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 06.09.2007, B 14/7b AS 66/06 R FEVS Bd. 59 S. 385 Sachverhalt: Wertgrenze bei Kfz, Verwertung einer Lebensversicherung Gründe: Ein isoliert betrachtet unangemessener Vermögensgegenstand i. S. d. § 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II ist nicht in jedem Fall zu verwerten, sondern der übersteigende Betrag fließt als verwertbares Vermögen in die Gesamtbetrachtung ein, denn das verwertbare Vermögen i. S. d. § 12 SGB II darf nur insgesamt betrachtet nicht die Freibeträge gemäß § 12 Abs. 2 SGB II übersteigen. Ein Kraftfahrzeug mit einem Verkehrswert von bis zu € 7.500 kann als angemessen i. S. d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II betrachtet werden. Die Grenze der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit i. S. d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II ist noch nicht erreicht, wenn beim Verkauf einer Lebensversicherung der Rückkaufswert 12,9 v. H. unter den eingezahlten Beiträgen liegt; ein Verlust von 48,2 v. H. gegenüber den eingezahlten Beiträgen ist in jedem Fall offensichtlich unwirtschaftlich. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.8.3.06 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 07.05.2009, B 14 AS 35/08 R Medieninformation Nr. 17/09 des BSG Sachverhalt: Verwertung von Lebensversicherungen Gründe: Das BSG hat entschieden, dass bei langjährig Selbständigen eine Pflicht zur Verwertung von Lebensversicherungen wegen Vorliegens eines Härtefalls ausscheiden kann, wenn eine Kumulation von Umständen vorliegt. Um feststellen zu können, ob die geforderte Verwertung der Lebensversicherungen der Klägerin für diese eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6, 2. Alternative SGB II bedeuten würde, wird das Landessozialgericht zu ermitteln haben, inwieweit bei der Klägerin eine Versorgungslücke besteht. Dies liegt bereits deshalb nahe, weil die Klägerin bei Vollendung des 65. Lebensjahres nur mit einer monatlichen Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von € 257,10 rechnen kann. Hierbei wird auch zu berücksichtigen sein, über welches Restleistungsvermögen die Klägerin verfügt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 335 2.8.3.07 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 15.04.2008, B14/7b AS 52/06 R FEVS Bd. 60 S. 297 Sachverhalt: Lebensversicherung, Härte, Unwirtschaftlichkeit, Verbindlichkeiten Gründe: Die Bedürftigkeitsprüfung erfordert keine Saldierung aller Aktiva und Passiva. Die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten bei der Feststellung der vorhandenen Vermögenswerte ist allenfalls dann geboten, wenn eine Verbindlichkeit unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand lastet, da der Vermögensgegenstand in diesem Fall nicht ohne Abzüge veräußert werden kann. Altersvorsorgevermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II ist in jedem Fall solches, das nach § 10 a oder Abschnitt XI EStG gefördert wird. Erforderlich ist insoweit zumindest, dass der Sicherung ein nach § 5 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zertifizierter Altersvorsorgevertrag zugrunde liegt. Weder in § 88 BSHG noch in § 90 SGB XII war oder ist ein Tatbestand enthalten, der § 1 Abs. 2 Nr. 6 AlhiVO 2002 oder § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alternative 1 SGB II entspricht. Das Sozialhilferecht kannte und kennt ein Verwertungsverbot bei offensichtlicher Unwirtschaftlichkeit der Verwertung nicht. Im Rahmen der Härtevorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alternative 2 SGB II sind nur besondere, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken zu prüfen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.8.3.08 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 06.05.2010, B 14 AS 2/09 R FEVS Bd. 62 S. 252 Sachverhalt: Härte, Pflichtteilsanspruch Gründe: Die Verwertung eines Pflichtteilanspruchs, der aus einem Berliner Testament resultiert, bedeutet eine besondere Härte, wenn der Anspruch nur durch eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung des begünstigten Elternteils zu realisieren ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 336 2.8.3.09 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 30.08.2010, B 4 AS 70/09 R FEVS Bd. 62 S. 337 Sachverhalt: Dinglich gesicherte Forderung, Unfallversicherung, Verwertbarkeit Gründe: Eine durch im Grundbuch eingetragene Sicherungshypothek dinglich gesicherte, erst zukünftig fällig werdende Forderung ist Vermögen i. S. d. § 12 SGB II und nicht einkommen. Nach § 11 Abs. 1 SGB II sind nur Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen zu berücksichtigen; dagegen ist die Berücksichtigung von Vermögen auch dann möglich, wenn weitere Verwertungshandlungen "zwischengeschaltet" sind. Vermögensgegenstände können daher neben beweglichen Sachen und Immobilien auch (künftig fällig werdende) Forderungen und Rechte sein, denn auch nicht bereite Mittel sind, wenn es sich um verwertbares Vermögen handelt, zur Existenzsicherung einzusetzen. Als Möglichkeit der Verwertung der dinglich gesicherten Forderung kommen deren Umwandlung in Geld durch Verkauf oder die Beleihung dieser Forderung durch Aufnahme eines Darlehens (ggf. mit zeitlich befristeter Aussetzung von Zins- und Tilgungszahlungen) in Betracht. Zur Verwertbarkeit einer Unfallversicherung. ------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 337 2.8.4 Vermögensübertragung, Scheingeschäfte 2.8.4.01 Gericht/Entscheidung: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.02.2007, L 7 AS 117/07 ER-B FEVS Bd. 58 S. 468 Sachverhalt: Hilfebedürftigkeit, Scheingeschäft, Vermögensübertragung Gründe: Die Hilfebedürftigkeit eines Antragstellers ist nicht erwiesen, wenn er ein erhebliches Barvermögen und ein neuwertiges Kfz kurz vor der Beantragung von Arbeitslosengeld II durch angebliche Geschäfte mit nahen Angehörigen (hier: Mutter) auf diesen überträgt. An den Nachweis eines Rechtsgeschäfts (hier: Darlehen) sind hohe Anforderungen zu stellen. Liegt dem äußeren Schein nach ein Rechtsgeschäft vor, ist zu verlangen, dass es einem Fremdvergleich standhält, d. h. dem unter fremden Dritten Üblichen entspricht. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.8.4.02 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11.03.2008, L 7 AS 143/07 FEVS Bd. 60 S. 127 Sachverhalt: Antrag, Hilfebedürftigkeit, Lebensversicherung, Vermögensübertragung Gründe: § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II verlangt keinen neuen Antrag, wenn im laufenden Antragsverfahren durch Verbrauch von Vermögen Hilfebedürftigkeit eintritt. Ein neben dem Lebensversicherungsvertrag angelegtes Depot zur Sicherstellung zukünftiger Versicherungsprämien wird nicht vom Verwertungsausschluss des § 165 Abs. 3 VVG erfasst. Einem Antragsteller steht es nicht frei, seine Hilfebedürftigkeit dadurch herbeizuführen, dass er Vermögen einem Dritten überlässt und mit diesem vereinbart, dass eine Verwertung nicht oder nur nach Ablauf einer bestimmten Frist möglich ist. Zum Rückforderungsanspruch gemäß § 528 BGB, wenn unmittelbar vor Antragstellung Vermögen in Höhe des Kinderfreibetrages an den ½ Jahr alten Sohn übertragen wird. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 338 2.8.4.03 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Urteil vom 23.06.2009, L 1 AS 30/08 FEVS Bd. 61 S. 269 Sachverhalt: Treuhandvertrag, Vermögensinhaber Gründe: Beim Treuhandvertrag überträgt der Treugeber dem Treuhänder Vermögensrechte, beschränkt aber die sich daraus im Außenverhältnis ergebende Rechtsmacht im Innenverhältnis. Folglich erwirbt der Treuhänder im Rahmen der Treuhandabrede ein Vermögensrecht hinzu, das aber mit einer schuldrechtlichen (Herausgabe-)Pflicht belastet ist. Wegen der Manipulationsmöglichkeiten und Missbrauchsgefahren, die mit verdeckten Treuhandverhältnissen typischerweise verbunden sind, ist bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich besteht, ein strenger Maßstab anzulegen; das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse muss eindeutig erkennbar sein. Treuhandverhältnisse unter nahen Angehörigen sind nur anzuerkennen, wenn der Treuhandvertrag und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten dem entsprechen, was zwischen fremden Dritten üblich ist. ------------------------------------------------------------------------------------------------------------ Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 339 2.8.5 Sonstiges Vermögen 2.8.5.1 Gericht/Entscheidung: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.10.2007, L 7 AS 3528/07 Er-B FEVS Bd. 59 S. 173 Sachverhalt: Behindertentestament, Sittenwidrigkeit, Vermögenseinsatz Gründe: Ein durch Testamentsvollstreckung beschränktes Vermächtnis in Form eines Geldbetrages, aus dem der Testamentsvollstrecker nach seinem billigen Ermessen dem Vermächtnisnehmer neben seinen "normalen" Einnahmen für seine Lebensführung und den Lebensunterhalt die notwendigen Beträge zu überlassen hat, kann unter Heranziehung auch aller Umstände außerhalb des Testaments dahin ausgelegt werden, dass nicht der allgemeine Lebensunterhalt finanziert werden soll. Damit stellt es kein verwertbares Vermögen i. S. v. § 12 Abs. 1 SGB II dar. Diese Testamentsbestimmung ist jedenfalls dann nicht sittenwidrig zulasten des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende, wenn sie einer sittlichen Verpflichtung des Erblassers betr. das Wohl seines Kindes entspricht und in dessen gesundheitlicher Situation begründet ist. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.8.5.2 Gericht/Entscheidung: SG Berlin, Beschluss vom 23.02.2007, S 51 S0 249/07 ER ZfF 4/2008 S. 89 Sachverhalt: Vermögenseinsatz für Partner, der SGB XII-Leistungen bezieht Gründe: Für einen Bezieher der Grundsicherung für Arbeitsuchende stellt die Notwendigkeit, sein Vermögen bis zur Schongrenze des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII zugunsten seines von ihm nicht getrennt lebenden und Sozialhilfe begehrenden Ehegatten einzusetzen, nicht allein deswegen eine Härte i. S. v. § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII dar, weil er sein Vermögen nach Maßgabe des § 12 SGB II für sich nicht zu verwerten braucht. Das Vorhandensein einer Behinderung allein führt nicht zur Anhebung der Vermögensfreigrenze nach § 2 Abs. 1 DVO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 340 2.8.5.3 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 15.04.2008, B 14/7b AS 6/07 R Veröffentlichung des BSG FEVS Bd. 60 Seite 1 Sachverhalt: Berücksichtigung von Schmerzensgeldzahlungen als Vermögen Gründe: Das Sozialgericht hat ausgeführt, eine Nichtberücksichtigung von Vermögen, das aus einer Schmerzensgeldzahlung resultiere, sei in den Ausnahmetatbeständigen des § 12 SGB II ausdrücklich nicht vorgesehen. Das LSG hat die Entscheidung aufgehoben und festgestellt, dass das Vermögen nicht anzurechnen sei, weil seine Verwertung eine besondere Härte i. S. des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II bedeuten würde. Das BSG hat die gegen die Entscheidung des LSG gerichtete Revision zurückgewiesen. Nach Ansicht des BSG war in der sozialhilferechtlichen Rechtsprechung und Literatur in der Zeit vor der Schaffung des SGB II und des SGB XII einhellig die Meinung vertreten worden, in aus Schmerzensgeld stammendes Vermögen sei nicht auf die Sozialhilfe anzurechnen bzw. als Vermögen zu berücksichtigen. Im Recht der Alhi galt dasselbe. Es ist nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber unter Geltung des SGB II eine Abkehr von der tradierten Zuordnung derartiger Vermögen vornehmen wollte. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 341 2.8.5.4 Gericht/Entscheidung: LSG BW, Urteil vom 24.04.1009, L 12 AS 5623/08 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Anrechenbarkeit von Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG Gründe: Grundsätzlich stellt das Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II dar, denn es handelt sich um eine Einnahme in Geld. Zwar wird das Überbrückungsgeld aus Teilen der Bezüge, insbesondere des Arbeitsentgelts (§ 43 StVollzG) des Gefangenen gebildet, seiner Verfügung entzogen und einem für ihn geführten Konto gut geschrieben. Gleichwohl gehören die so zwangsweise angesparten Beträge nicht zum Vermögen des Gefangenen, denn nach der Rechtsprechung des BSG ist Einkommen alles, was der Hilfebedürftige während eines Zahlungszeitraumes wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er bei Beginn eines Zahlungszeitraumes bereits hat. Das Überbrückungsgeld ist auch nicht von der Berücksichtigung ausgenommen nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II, denn es handelt sich nicht um eine zweckbestimmte Einnahme, die einem anderen Zweck als die Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dient und die Leistung des Empfängers nicht so günstig beeinflusst, das daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wäre. § 51 Abs. 1 StVollzG enthält eine ausdrückliche Zweckbestimmung. Dort ist ausgeführt, dass ein Überbrückungsgeld zu bilden ist, das den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt eine Aufteilung auf fünf Monate und Anrechnung in jedem Monat nicht in Betracht. Das Überbrückungsgeld wird nur in den ersten vier Wochen nach der Haftentlassung als Einkommen berücksichtigt und danach, soweit noch vorhanden, als Vermögen im Sinne von § 12 SGB II berücksichtigt. Sofern der Strafgefangene bei längerer Haftdauer Eigengeld (§ 83 StVollzG) in größerem Umfang angesammelt hat, bestehen keine Bedenken, derartige Beträge bei Haftentlassung auf einen längeren Zeitraum aufzuteilen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 342 2.8.5.5 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 30.09.2008, B 4 AS 57/07 R FEVS Bd. 60 S. 392 Sachverhalt: Zinsen, Sparguthaben Gründe: Zinseinnahmen aus einem Sparguthaben sind Einnahmen in Geld i. S. v. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II und als Einkommen zu berücksichtigen, wenn sie dem Hilfebedürftigen nach Antragstellung zugeflossen sind. Zinseinnahmen, die für mehrere zurückliegende Jahre in einer Summe ausgezahlt werden, sind einmaliges Einkommen im Zuflussmonat. Entfällt durch die Berücksichtigung der einmaligen Einnahme die Hilfebedürftigkeit im Zuflussmonat nicht in vollem Umfang, ist eine Aufteilung über mehrere Monate nicht gerechtfertigt. Eine Verwendung der Zinseinnahmen zur Unterstützung von Tochter und Enkel der Hilfebedürftigen führt nicht dazu, dass die Berücksichtigung als Einkommen entfällt. Ein auf längere Zeit angelegtes Sparguthaben bleibt auch bei seiner Auszahlung Vermögen, denn es wurde mit bereits erlangten Einkünften angespart; anderenfalls wertete man den Rückgriff auf Erspartes erneut als Einkommen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.8.5.6 Gericht/Entscheidung LSG Hessen, Beschluss vom 06.04.2010, L 7 AS 90/10 B ER Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Zugewinnausgleichsanspruch – Einkommen oder Vermögen Gründe: In Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze des BSG auf den vorliegenden Fall ist der Zugewinnausgleich nach § 1378 BGB als Einkommen und nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Zwar handelt es sich bei den im Rahmen des Vergleichs vom 11.05.2009 zum Ausgleich gebrachten Positionen durchaus um vermögenswerte Positionen, die bereits vorher im Vermögen des ausgleichsverpflichteten Ehegatten vorhanden waren. Dies führt indes nicht zu einer Einordnung der Ausgleichsforderung als Vermögen des ausgleichsberechtigten Ehegatten. Denn der Ausgleichsanspruch ist vorliegend – jedenfalls was den Zugewinn betrifft – kraft Gesetzes mit der Beendigung der Zugewinngemeinschaft – mithin in jedem Fall erst während des laufenden Leistungsbezugs und keinesfalls vor der ersten Antragstellung – entstanden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 343 2.8.5.7 Gericht/Entscheidung: SG Detmold, Urteil vom 31.03.2009, S 13 AS 21/07 ZfF 5/2010, S. 106 Sachverhalt: Aufwandsentschädigung für Blutspenden, Verkauf von Hausrat Gründe: Aufwandsentschädigungen für Blutspenden sind zweckbestimmte Einnahmen aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften, die nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind. Einnahmen des Hilfeempfängers aus der Veräußerung von Gegenständen seines Hausrats zum Verkehrswert sind kein Einkommen i. S. d. § 11 SGB II, sondern Vermögen, da sie an die Stelle der verwertbaren Vermögensgegenstände treten und keinen wertmäßigen Zuwachs bringen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.8.5.8 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 18.01.2011, B 4 AS 90/10 R Juris 19.01.2011 Sachverhalt: Anrechnung von Krankenhaustagegeld als Einkommen Gründe: Es handelt sich bei der Krankenhaustagegeldleistung nicht um Vermögen. Das LSG hat auch zutreffend die Rechtsauffassung des Beklagten bestätigt, dass es sich bei dem Krankenhaustagegeld nicht um eine zweckbestimmte Einnahme i. S. d. § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II handelt, die bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II außer Betracht zu bleiben hat. Eine auf privatrechtlicher Grundlage erbrachte Leistung ist dann zweckbestimmt im Sinne dieser Vorschrift, wenn ihr über die Tilgungsbestimmung hinaus erkennbar eine bestimmte Zweckrichtung beigemessen ist. Der erkennende Senat versteht dies als eine Vereinbarung, aus der sich objektiv erkennbar ergibt, dass die Leistung für einen bestimmten Zweck verwendet werden soll (privatrechtlicher Verwendungszweck). An einer derartigen Zweckbestimmung mangelt es beim Krankenhaustagegeld. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 344 2.8.6 Vermögensschonbeträge 2.8.6.1 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 13.05.2009, AS 58/08 R Juris 25.03.2010 Sachverhalt: Keine Übertragbarkeit des Freibetrages für hilfebedürftiges minderjähriges Kind auf Eltern bei fehlendem Kindesvermögen Gründe: Der Grundfreibetrag für jedes hilfebedürftige minderjährige Kind bezieht sich ausschließlich auf das Kind selbst und das bei ihm tatsächlich vorhandene Vermögen. Das BSG schließt sich in seiner Entscheidung der überwiegenden Auffassung an, wonach ein zusätzlicher Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB II nicht in Ansatz gebracht werden könne. Dieser Freibetrag könne nicht als sog. "Kinderfreibetrag" angesehen werden, der der Bedarfsgemeinschaft unabhängig vom tatsächlichen Vorhandensein von Vermögen auf Seiten des zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Kindes zu Gute komme. Vielmehr beziehe sich der Freibetrag ausschließlich auf tatsächlich beim Kind vorhandenes Vermögen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 345 2.9 Kürzung, Wegfall und Verwirkung der Hilfe Übersicht: 2.9.1 2.9.2 2.9.3 2.9.4 Arbeitsablehnung Ersetzender Verwaltungsakt Mitwirkungspflichten Vermögensminderung 2.9.1 Arbeitsablehnung 2.9.1.01 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Hamburg, Beschluss vom 21.04.2005, S 53 AS 229/05 ER Sachverhalt: Wegfall des Arbeitslosengeldes II, Erfüllung der Voraussetzungen für eine Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung, Rechtsfolgenbelehrungen Gründe: Zweifel am Vorliegen einer Rechtsfolgenbelehrung i. S. von § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III bzw. an ihrem Inhalt gehen zu Lasten der Bundesagentur für Arbeit, wenn diese den Wegfall des Arbeitslosengeldes II auf die Erfüllung der Voraussetzungen für eine Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung nach § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b, § 31 Abs. 5 SGB II i. V. m. § 144 SGB III stützt. Gleiches gilt bei Zweifeln an einer notwendigen Rechtsfolgenbelehrung nach §§ 31 Abs. 5 Satz 3, 31 Abs. 6 Satz 4 SGB III. Die Rechtsfolgenbelehrungen nach § 31 SGB II sollen nicht nach einem vermeintlichen leistungsschädlichen Verhalten nur über die Gründe für den Wegfall der Leistungen informieren, sondern schon zuvor eine verhaltenssteuernde Wirkung entfalten. Sie muss angesichts der einschneidenden Rechtsfolgen den Hilfebedürftigen erkennen lassen, was von ihm erwartet wird, um eine Sanktion zu vermeiden. Eine solche einer Pflichtverletzung vorangehenden Belehrung muss daher spätestens mit der Aushändigung des Vermittlungsvorschlages erfolgen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 346 2.9.1.02 Gericht/Entscheidung Landessozialgericht Hamburg, Beschluss vom 11.07.2005, L 5 B 161/05 ER AS Sachverhalt: Kürzung des Arbeitslosengeldes II wegen Weigerung, eine Arbeitsgelegenheit anzunehmen. Der Eilantrag des Antragstellers beim Sozialgericht blieb erfolglos. Das Landessozialgericht gab der Beschwerde statt und begründete die Entscheidung mit der mangelnden Bestimmtheit der Entscheidung der Arbeitsgemeinschaft. Gründe: Der Sanktionsmechanismus setzt voraus, dass dem Hilfebedürftigen eine hinreichend bestimmt bezeichnete Arbeit angeboten wurde. Das Bestimmtheitsgebot gilt unabhängig davon, ob das Arbeitsangebot als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist. Das Bestimmtheitsgebot erfordert danach insbesondere, dass die Art der Tätigkeit, ihr zeitlicher Umfang und die zeitliche Verteilung im Arbeitsangebot bezeichnet werden. Denn diese Angaben sind erforderlich, um den Hilfebedürftigen in die Lage zu versetzen, das Angebot überprüfen zu können. Es genügt daher nicht, den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen einer Einrichtung oder einem Arbeitgeber zuzuweisen und die Auswahl der konkreten Tätigkeit der Leitung der Einrichtung oder dem Arbeitgeber zu überlassen. Die Verantwortung für die Korrektheit des Arbeitsangebots liegt insbesondere im Hinblick auf die Sanktionsfolgen allein beim Leistungsträger. Nach diesen Maßgaben erweist sich das Arbeitsangebot als inhaltlich ungenügend bestimmt. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.9.1.03 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 06.09.2007, L 7 AS 472/07 ER FEVS Bd. 59 S. 80 Sachverhalt: Absenkung der Leistung, Krankenversicherungsschutz, Rechtsfolgenbelehrung – Einstweilige Anordnung Gründe: Würde bei einer angedrohten Absenkung die Grundsicherungsleistung insgesamt entfallen, muss sich die Rechtsfolgenbelehrung auch auf den Umstand erstrecken, dass dann kein Kranken- und Pflegeversicherungsschutz bestehen wird. In Fällen eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X sind besonderes strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes zu stellen. Soll ein bestandskräftig gewordener Bescheid in einem Verfahren nach § 44 SGB X zurückgenommen werden, ist es dem Antragsteller im Regelfall zuzumuten, die Entscheidung im Verwaltungs- und ggf. in einem anschließenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren abzuwarten. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 347 2.9.1.04 Gericht/Entscheidung: Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 14.08.2008, L 2 B 482/08 AS-ER Quelle: Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Kürzung der Hilfe wegen fehlender Mitwirkung (Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs) Gründe: Es bestehen aufgrund des Werdegangs des Antragstellers (Wiederholung von Klassen, kein regulärer Erwerb eines Schulabschlusses, regelmäßige Flucht aus Heimen), des familiären Hintergrunds (seit der Geburt keinen Kontakt zur Mutter, ständige Probleme mit der neuen Frau des Vaters) und der gesundheitlichen Besonderheiten (bereits 2004 wurde angesichts des Interessenverlustes, des Rückzugs ins Bett, der bedrückten Stimmung und der verminderten Konzentrationsfähigkeit eine mittelgradige depressive Episode vermutet) Zweifel, dass der Antragsteller trotz Anspannung seiner Willenskräfte überhaupt in der Lage war, ohne therapeutische Begleitung feste Regeln (z. B. täglich zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort zu erscheinen und während einer vorgegebenen Zeit dort zu verbleiben) einzuhalten und auf Misserfolge anders als durch Flucht zu reagieren. Eine sichere Feststellung der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Nr. 1c) SGB II kann nicht erfolgen. Eine endgültige Prüfung der Sachlage ist im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich. Ein Gutachten kann in diesem Verfahren nicht eingeholt werden. Daher ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Die Folgen der Nichtanordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs wiegen erheblich schwerer als die Folgen für die Antragsgegnerin, eventuell zu Unrecht gewährte Leistungen zurückfordern zu müssen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 348 2.9.1.05 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 18.02.2010, B 14 AS 53/08 R Juris 19.02.2010 Sachverhalt: Kürzung der Hilfe nur bei vorheriger Rechtsfolgenbelehrung zulässig Gründe: Die Belehrung über die Rechtsfolgen muss konkret, verständlich, richtig und vollständig sein. Erforderlich ist insbesondere eine Umsetzung der in Betracht kommenden Verhaltensanweisungen und möglicher Maßnahmen auf die Verhältnisse des konkreten Einzelfalls. Diese strengen Anforderungen an den Inhalt der Rechtsfolgenbelehrung sind vor allem deshalb geboten, weil es sich bei der Herabsetzung der Grundsicherungsleistungen, wie aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09, hervorgeht, um einen schwerwiegenden Eingriff handelt. Die der Klägerin bei Abschluss der Eingliederungsvereinbarung erteilte Rechtsfolgenbelehrung genügt den genannten Anforderungen nicht. Die Klägerin wurde nicht konkret über die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung belehrt; die Belehrung bestand vielmehr im Wesentlichen aus einer Wiedergabe des Gesetzestextes. Sie führt eine Vielzahl von Sanktionstatbeständen und möglichen Rechtsfolgen auf, ohne die konkret in Betracht kommenden deutlich zu machen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.9.1.06 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 22.03.2010, B 4 AS 68/09 R Juris 26.08.2010 Sachverhalt: Absenkung des Arbeitslosengeldes II nach Arbeitgeberkündigung wegen arbeitsvertragswidrigen Verhaltens Gründe: Eine Arbeitgeberkündigung kann bei entsprechender Anwendung der Sperrzeitregelung auch während des laufenden Alg II-Bezugs zu einer Absenkung der Leistung führen, wenn der Betroffene – insbesondere wegen der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung – ein einem Sozialversicherungsverhältnis zur BA als SGB III-Träger stand. Eine Arbeitgeberkündigung kann den Tatbestand einer Sperrzeit erfüllen, der in § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II ebenfalls als Anwendungsfall einer Kürzung des Arbeitslosengeldes II genannt ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 349 2.9.2 Ersetzender Verwaltungsakt 2.9.2.01 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 21.02.2007, L 7 AS 288/06 ER Sachverhalt: Leistungskürzungen bei ersetzenden Verwaltungsakt nicht möglich. Gründe: An Stelle einer Eingliederungsvereinbarung hatte die Arbeitsagentur einen sogenannten ersetzenden Verwaltungsakt erlassen, in dem bestimmte Verpflichtungen der Arbeitslosen festgelegt wurden. Als sie diesen Verpflichtungen aus Sicht der Behörde nicht nachkam, wurden die Leistungen gekürzt. Nach Ansicht des Hess. LSG hätte eine Pflichtverletzung nur auf der Grundlage einer Eingliederungsvereinbarung geahndet werden können. Keiner der anderen gesetzlich geregelten Sanktionstatbestände habe vorgelegen. Das Gesetz sehe aber eine Leistungskürzung allein aufgrund des Verstoßes gegen einen ersetzenden Verwaltungsakt nicht vor. Das Vorgehen der Arbeitsagentur sei daher rechtswidrig gewesen und die nicht gezahlten Leistungen nachträglich zu erstatten. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 350 2.9.2.02 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 31.07.2007, L 8 AS 605/06 ER FEVS Bd. 59 S. 25 Sachverhalt: Eingliederungsvereinbarung, Absenkung der Leistung, Rechtsfolgenbelehrung Gründe: Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ist regelmäßig dann anzuordnen, wenn sich der angefochtene Bescheid als offensichtlich rechtswidrig erweist. Voraussetzung für eine Absenkung des Arbeitslosengeldes II (§ 31 SGB II) ist, dass dem Hilfebedürftigen vor der Pflichtverletzung konkret, eindeutig, verständlich, verbindlich und rechtlich zutreffend vor Augen geführt worden ist, welche Folgen ihm im Falle der Pflichtverletzung drohen. Nicht hinreichend sind in der Vergangenheit erteilte allgemeine Belehrungen. Eine Absenkung tritt mit Wirkung des Kalendermonats ein, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes, der die Absenkung feststellt, folgt. Datenverarbeitungsprobleme beim Leistungsträger sind nicht geeignet, eine Abweichung vom Gesetzestext zu rechtfertigen. Macht ein Leistungsträger nach dem SGB II von der Möglichkeit Gebrauch, eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt festzulegen, darf eine Sanktionsregelung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a SGB II nicht getroffen werden. Sie verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 351 2.9.3 Mitwirkungspflichten 2.9.3.01 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 17.10.2005, L 9 AS 69/05 ER Sachverhalt: Mitwirkungspflichten gem. §§ 60 ff. SGB I Gründe: Das Hessische Landessozialgericht versagte einen Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende, weil sich der Antragsteller weigerte, den Antragsvordruck auszufüllen. Der Antragsteller habe nicht dargelegt, dass ihm die Verwendung des übersandten Vordrucks aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden könne (§ 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I). Zwar könne mit dem Vordruck nur die für beantragte Sozialleistung erheblichen Umstände abgefragt werden. Enthalte der Vordruck darüber hinaus gehende Fragen, etwa weil er für verschiedene Arten von Sozialleistungen benutzt werden soll, könne der Antragsteller deren Beantwortung ablehnen. Der Antragsteller habe aber schon nicht dargelegt, dass etwa die Beantwortung einzelner Fragen für die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II nicht erforderlich sei. Er habe lediglich pauschal behauptet, im Formularantrag seien persönliche Daten gefordert worden, die keinen inhaltlichen Bezug zum Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hätten. Die Mitwirkungspflicht des Antragstellers entfalle auch nicht deshalb, weil sich die Antragsgegnerin durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (§ 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I). Insoweit könne der Antragsteller nicht auf die bei der Agentur für Arbeit vorliegenden Daten Bezug nehmen. Eine derartige Bezugnahme auf bereits vorliegende Daten scheide schon deshalb aus, weil mit dem übersandten Antragsformular aktuelle Angaben bezogen auf den Beginn des Bewilligungsabschnitts (1. Januar 2005) zu beantworten waren. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 352 2.9.3.02 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 05.11.007, L 6 AS 279/07 ER Sachverhalt: Mitwirkungspflichten gem. §§ 60 ff. SGB I Gründe: Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, im Wege der einstweiligen Anordnung die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den genannten Absenkungs- und Änderungsbescheid der Antragsgegnerin anzuordnen. Die Antragstellerin hat nicht in Abrede gestellt, von der Antragsgegnerin zu dem Termin am 05.07.2007 eingeladen worden zu sein und diesen Termin nicht wahrgenommen zu haben. Entgegen ihrer Auffassung stand ihr hierbei auch kein wichtiger Grund zur Seite. Die Antragstellerin hat hierzu vorgetragen, sie habe an dem betreffenden Tag – dem letzten Schultag vor den Ferien – ihren Sohn von der Schule abholen müssen. Darüber hinaus hat die Antragstellerin nicht substantiiert dargelegt, warum es erforderlich war, ihren zum Zeitpunkt des Termins zwölfjährigen Sohn persönlich von der Schule abzuholen. Der Senat geht davon aus, dass es einem zwölfjährigen Schüler grundsätzlich möglich ist, den Schulweg ohne Unterstützung der Eltern selbstständig zurückzulegen. Besondere Umstände, die es ausnahmsweise erforderlich machen könnten, den Sohn auf dem Heimweg von der Schule zu begleiten, wurden von der Antragstellerin nicht vorgetragen. Folglich vermochte die Antragstellerin zur Überzeugung des Senats keinen wichtigen Grund für die Versäumung des Termins nachzuweisen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.9.3.03 Gericht/Entscheidung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.02.2008, L 8 AS 3380/07 FEVS Bd. 59 S. 559 Sachverhalt: Eheähnliche Gemeinschaft, Mitwirkung Gründe: Erfüllen weder die Hilfesuchende noch ihr – eheähnlicher – Partner ihre Mitwirkungspflicht, kann die Leistung nach § 66 Abs. 1 SGB I versagt werden. Dabei muss sich die Hilfesuchende eine mangelnde Mitwirkung ihres Partners aufgrund der Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II zurechnen lassen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 353 2.9.3.04 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 20/09 R Juris 10.08.2010 Sachverhalt: Absenkung des Arbeitslosengeldes II bei Nichtantritt einer angebotenen Trainingsmaßnahme Gründe: Ist das dem Hilfebedürftigen abverlangte Verhalten bereits in § 31 Abs. 1 SGB II geregelt und liegt keine Beziehung des Hilfebedürftigen zum Rechtskreis des SGB III vor, so ist der Grundsicherungsträger nicht berechtigt, Arbeitslosengeld II wegen des Vorliegens der Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit (§ 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II) abzusenken. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 354 2.9.4 Vermögensminderung 2.9.4.01 Gericht/Entscheidung: LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25.08.200, L 6 B 200/05 AS ER FEVS Bd. 57 S. 280 Sachverhalt: Leistungsabsenkung, Vermögensminderung Gründe: Wer als Arbeitslosengeld II-Bezieher eine Erbschaft ausgezahlt bekommt und das Geld dazu verwendet, alte Schulden zu begleichen, hat nur Anspruch auf abgesenkte Leistungen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 355 2.10 Gewöhnlicher Aufenthalt Übersicht: 2.10.1 Obdachlosigkeit 2.10.2 Im Ausland lebende Deutsche (Grenzgänger) 2.10.3 Unklare Aufenthaltsverhältnisse Obdachlosigkeit 2.10.1.01 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Potsdam, Beschluss vom 12.01.2005, S 20 SO 1/05 ER Sachverhalt: Gewöhnlicher Aufenthalt, Obdachloser, Glaubhaftmachung der Wohnungssuche Gründe: Hält sich der Arbeitsuchende am Antragsort unter Umständen auf, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I), hat er dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt i. S. von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II. Solche Umstände liegen vor, wenn die Wohnungssuche am Ort dadurch glaubhaft ist, dass ein Antrag auf Wohnberechtigungsschein gestellt wurde und Nähe zu nahen Verwandten besteht. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 356 2.10.1.02 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Kassel, Beschluss vom 01.02.2005, S 20 AS 3/05 ER Sachverhalt: Obdachlose, gewöhnlicher Aufenthalt, Absenkung der Regelleistung Gründe: Obdachlose können trotz Fehlens einer festen Unterkunft am Ort des dauernden Aufenthaltes einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen. Auf die Unterkunftsverhältnisse am Ort des dauernden Aufenthaltes kommt es nicht an. Für die Zurückbehaltung des für Ansparungen bestimmten Anteils der Regelleistung bei Obdachlosen, um diesen im Falle eines akuten Bedarfs an Hausrat oder Bekleidung den Anteil in Form einer konkreten Kostenübernahme zur Verfügung zu stellen, fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 357 2.10.2 Im Ausland lebende Deutsche Grenzgänger 2.10.2.1 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Urteil vom 17.09.2009, L 9 AS 4/07 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Ein im benachbarten Ausland lebender Deutscher, der in der Bundesrepublik Deutschland arbeitete, hat keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB II Gründe: Ein Anspruch des Klägers besteht auch nicht nach Maßgabe der EWG-Verordnung 1408/71. Diese bringt für den Kläger keine Begünstigung in Form der Durchbrechung der Regelung des § 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB II mit sich, da die Verordnung wegen ihres Art. 4 Abs. 4 auf die vorliegend begehrten Leistungen nicht anwendbar ist. Denn bei den vom Kläger (ausschließlich) beanspruchten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe des Abschnittes 2 des SGB II handelt es sich mit Ausnahme des Zuschlags nach § 24 SGB II, dessen Voraussetzungen beim Kläger schon angesichts des bereits im Jahre 1998 beendeten Arbeitslosengeldbezuges nicht vorliegen, um Sozialhilfe im Sinne des Art. 4 Abs. 4 der EWG-Verordnung 1408/71. Ferner kann offenbleiben, ob der Kläger überhaupt hilfebedürftig war, da er belgische Sozialhilfeleistungen bezieht. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 358 2.10.3 Unklare Aufenthaltsverhältnisse 2.10.3.01 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 22.12.2009, L 7 B 409/09 AS ER Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Unklare Aufenthaltsverhältnisse; Streit zwischen Arge und Sozialamt wegen Zuständigkeit Gründe: Entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin ist der "gewöhnliche Aufenthalt" keine Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II, sondern dient dazu, die örtliche Zuständigkeit der verschiedenen Grundsicherungsträger nach dem SGB II gegeneinander abzugrenzen (§ 36 Satz 1 SGB II). Anderenfalls säße ein hilfebedürftiger Mensch trotz unstreitig bestehender Hilfebedürftigkeit "zwischen den Stühlen" der streitigen Zuständigkeit. Einfachrechtlich verdeutlicht zudem die Regelung des § 44a Abs. 1 Satz 3 SGB II, dass die Gesetzgebung einen Zuständigkeitsstreit auf dem Rücken des Hilfebedürftigen (dort einen sachlichen Zuständigkeitsstreit zwischen einem Grundsicherungsträger und einem Sozialhilfeträger) auf jeden Fall von und von vornherein verhindern will. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 359 2.11 Verfahrensrecht Übersicht: 2.11.1 Aufrechnung 2.11.2 Aufschiebende Wirkung 2.11.3 Eilverfahren 2.11.4 Individuelle Ansprüche 2.11.5 Mitwirkungspflichten, Meldepflicht 2.11.6 Rechtsbehelfsverfahren 2.11.7 Rechtsweg 2.11.8 Vertretung des Begünstigten 2.11.9 Verwaltungshandeln 2.11.10 Weiterleitung von Anträgen 2.11.11 Überleitung von Ansprüchen 2.11.12 Verzichtserklärung 2.11.13 Anhörung, Sonstige Angelegenheiten 2.11.14 Antragsverfahren 2.11.15 Rückwirkende Aufhebung eines rechtswidrigen belastenden Verwaltungsaktes 2.11.16 Anwaltskosten/Prozesskostenhilfe/Beratungshilfe 2.11.1 Aufrechnung 2.11.1.01 Gericht/Entscheidung: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17.01.2006, L 3 ER 128/05 AS FEVS Bd. 58 S. 39 Sachverhalt: Aufrechnung, Aufschiebende Wirkung, Widerspruch Gründe: Entscheidet der Leistungsträger über die Aufrechnung mit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II durch Verwaltungsakt, hat der hiergegen gerichtete Widerspruch aufschiebende Wirkung. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 360 2.11.1.02 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 30.07.2007, L 5 B 263/07 ER AS FEVS Bd. 59 S. 18 Sachverhalt: Aufrechnung, Zeitraum Gründe: Bei durchgehendem Bezug von Grundsicherungsleistungen ab Januar 2005 konnte im Rahmen des § 65 e SGB II letztmalig im Dezember 2006 aufgerechnet werden. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.11.1.03 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 29.01.2008, L 9 AS 421/07 ER Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Ratenweise Aufrechnung der Kaution mit laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt. Gründe: Die von Antragsgegnerin im Bescheid vom 05. Juli 2007 erklärte Aufrechnung als auch die laufenden monatlichen Einbehalte in Höhe von € 75 von den monatlich bewilligten Regelleistungen sind nicht wirksam, so dass die Antragsteller Anspruch auf Auszahlung ungekürzter Leistungen ohne Berücksichtigung eines monatlichen Einbehalts von € 75 haben. Die bewilligten Beträge sind nämlich nicht in Höhe von monatlich € 75 durch die Aufrechnung erloschen, so dass die Antragsteller Anspruch auf die ungekürzte Auszahlung der ihnen bewilligten Leistungen haben. Unzweifelhaft liegen auch die Voraussetzungen von § 43 SGB II nicht vor, denn der Einbehalt der monatlichen Leistungen für die Rückzahlung des Mietkautionsdarlehens betrifft keinen dort geregelten Fall, da es sich nicht um einen Anspruch auf Erstattung oder auf Schadenersatz handelt. Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht auf § 51 Abs. 2 SGB I beziehen, da die dort genannten Voraussetzungen ebenfalls nicht vorliegen, denn es handelt sich nicht um einen Fall von zu Unrecht erbrachten Sozialleistungen. Das Gericht bejaht auch einen Anordnungsgrund. Unabhängig von einer prozentualen Bewertung des insgesamt einbehaltenen Betrages zum Gesamtfamilieneinkommen ohne Unterkunftskosten und Heizkosten führt der monatliche Einbehalt von je € 25 pro Mitglied der hier betroffenen Bedarfsgemeinschaft dazu, dass der notwendige Bedarf nicht mehr hinreichend sichergestellt ist. Denn der hier in Rede stehende Betrag ist zur Überzeugung des Senats kein Bagatellbetrag mehr, bei dem der Anordnungsgrund ohne weiteres zu verneinen ist und den Hilfesuchenden das Abwarten der Hauptsacheentscheidung zugemutet werden kann. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 361 2.11.1.04 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 05.09.2007, L 6 AS 145/07 ER FEVS Bd. 59 S. 160 Sachverhalt: Höhe der Heizkosten, Tilgung einer Kaution, Verzicht von Leistungen Gründe: Für die Angemessenheit der Heizkosten ist auf die Vorauszahlungen aufgrund des Mietvertrages oder aufgrund der Festsetzungen des Energieversorgungsunternehmens abzustellen, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte für ein unwirtschaftliches und damit unangemessenes Verhalten des Leistungsempfängers vorliegen. Für die Frage der Rechtmäßigkeit einer Rückzahlungsvereinbarung im Darlehensvertrag über eine Mietsicherheit ist auf § 51 SGB I abzustellen; insoweit ist der Einbehalt von Teilen der laufenden Grundsicherungsleistungen zur Darlehenstilgung als Aufrechnung zu beurteilen. Der Widerruf eines Verzichts auf Sozialleistungen (§ 46 SGB I) erfasst bei laufenden Leistungen alle nach dem Zugang des Widerrufs fälligen Teilleistungen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 362 2.11.2 Aufschiebende Wirkung 2.11.2.01 Gericht/Entscheidung: Landessozialgericht Hamburg, Beschluss vom 08.02.2008, L 5 B 542/07 ER AS Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Aufschiebende Wirkung, Aufrechnung Gründe: Das Sozialgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt, dass der Widerspruch der Antragstellerin gegen den "Darlehensbescheid" der Antragstellerin aufschiebende Wirkung hat. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass sich die aufschiebende Wirkung auch in den Fällen, in denen Streitgegenstand eine Aufrechnung ist, bereits aus dem Gesetz (§ 86a Abs. 1 SGG) ergibt, da § 39 SGB II insoweit keine Anwendung findet. § 39 SGB II erfasst lediglich Verwaltungsakte, die über die Bewilligung von Leistungen entscheiden, sowie – spiegelbildlich dazu – solche, die diese Bewilligung wieder aufheben. Herzu gehören Entscheidungen über die Aufrechnung jedoch nicht, weil der durch die Bewilligungsentscheidung begründete Anspruch rechtlich nicht tangiert wird. Um aufrechnen zu können, bedarf es keiner Aufhebung der Bewilligungsentscheidung, sondern allein des Bestehens einer Forderung. Es handelt sich bei einer Aufrechnung lediglich um eine andere Form der Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs und somit wie bei diesem um eine der Entscheidung über Grundsicherungsleistungen nachgehende selbständige Folgeentscheidung. Dass die Gegenforderung allein deswegen besteht, weil zuvor darlehensweise Leistungen nach dem SGB III erbracht worden sind, rechtfertigt keine andere Entscheidung; auch Erstattungsforderungen liegt eine vorherige Leistungserbringung zugrunde. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 363 2.11.2.02 Gericht/Entscheidung: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.05.2008, L 5 ER 145/08 AS Sachverhalt: Antrag der Arge, die Vollstreckung des Beschlusses durch einstweilige Anordnung auszusetzen. Gründe: Das LSG hat den Antrag abgelehnt. Der Antrag ist als Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung nach § 199 Abs. 1 Satz 1 SGG auszulegen. Dieser Antrag ist unzulässig. Nach § 199 Abs. 2 Satz 1 SGG kann, wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat, der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen. Der Erlass einer solchen Aussetzungsanordnung setzt voraus, dass ein vollstreckungsfähiger Titel im Sinne des § 199 Abs. 1 SGG vorliegt. Die Angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Entziehungsbescheid wirkt rechtsgestaltend und ist einer Vollstreckung nicht fähig. Da somit eine Aussetzung der Vollstreckung nicht in Betracht kommt, wird die Antragsgegnerin bis zu einer anderweitigen gerichtlichen Entscheidung die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Entziehungsbescheid zu beachten haben. D. h. sie wird die in den zuvor ergangenen Bewilligungsbescheiden bewilligten Leistungen weiter zu gewähren haben. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 364 2.11.2.03 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.07.2008, L 7 B 180/08 AS ER Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs Gründe: Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid vom 19.03.2008 ist begründet. Die Erfolgsaussicht des Antrags beurteilt sich nach dem Ergebnis der Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse der Antragstellerin, vom Vollzug des Verwaltungsaktes verschont zu bleiben und dem Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung. Hierbei sind neben einer allgemeinen Abwägung der Folgen bei Gewährung bzw. Nichtgewährung des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache von Bedeutung. Die hiernach anzustellende Interessenabwägung geht zu Lasten der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin hat wegen der "wiederholten Pflichtverletzung – Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden" – die Regelleistung um 20% gesenkt. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des ergangenen Sanktionsbescheides. Denn nach dem Aktenvermerk von Frau Drees liegt nach einer Mitteilung von Frau Kohlmeier-Mismahl eine psychische Erkrankung bei der Antragstellerin vor, die dazu führt, dass diese nicht mehr das Haus verlässt und nunmehr von Seiten der Antragsgegnerin zur Abklärung des Erkrankungsbildes der sozialpsychologische Dienst eingeschaltet werden soll. Somit ergeben sich konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ein wichtiger Grund nach § 31 Abs. 2 SGB II vorliegt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 365 2.11.2.05 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 26.09.2008, L 19 B 142/08 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs; Kürzung der Hilfe wegen fehlender Mitwirkung; unzutreffende Ermittlung des Kürzungsbetrages Gründe: Eine Klientin ist allein erziehend und lebt mit zwei Kindern zusammen. Für die Kinder wird Kindergeld und Unterhalt gewährt. Aufgrund der Eingliederungsvereinbarung sowie einer mit einer Privatschule geschlossenen Beschäftigungsvereinbarung nahm die Klientin eine Arbeitsgelegenheit wahr. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wurden verspätet abgegeben. Sie ist deshalb abgemahnt worden. Die Klientin fehlte anschließend unentschuldigt. Das Beschäftigungsverhältnis wurde fristlos gekündigt. Die Arge beschränkte die Leistungen für die Klientin auf die anteiligen Unterkunftskosten. Das bedeutete eine Kürzung in Höhe des Regelsatzes und des Mehrbedarfzuschlages. Hiergegen wandte sich der Widerspruch, dessen aufschiebende Wirkung wieder hergestellt wurde. Nach Ansicht des LSG hat die Arge die SGB II-Leistungen der Klientin unter Nutzung des ihr offensichtlich alleine zur Verfügung stehenden Berechnungsprogramms in sämtlichen den streitigen Zeitraum betreffenden Bewilligungsbescheiden falsch bestimmt und der Klientin zu hohe und den Kindern zu niedrige Leistungen bewilligt. Die Absenkung in Höhe des Regelsatzes und des Mehrbedarfzuschlages greife in die Leistungsanteile der Kinder ein. Bei innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft zur Verfügung stehendem Einkommen einzelner Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft führt § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II nicht zu einer Bedürftigkeit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in Höhe ihres nominellen Leistungsanspruchs, sonder nur zu einer bedarfsanteiligen Bedürftigkeit. Dieser Auslegung hat sich das Bundessozialgericht angeschlossen (grundlegend Urteil vom 07.11.2006 –B 7b AS 8/06 R zuletzt Urteil vom 15.04.2008 – B 14/7b AS 58/06 R). Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 366 2.11.2.06 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11.01.2008, L 7 AS 772/07 ER FEVS Bd. 59 S. 469 Sachverhalt: Eheähnliche Gemeinschaft, Auskünfte, Mitwirkung, Leistungsentziehung Gründe: Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende wegen fehlender Mitwirkung auf der Grundlage des §§ 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I haben nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Einstweiliger gerichtlicher Rechtsschutz dagegen erfolgt grundsätzlich im Vollzugsaussetzungsverfahren nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Werden auf der Grundlage des § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende versagt, kann die bloße Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels jedoch keinen effektiven Eilrechtsschutz bewirken. Vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz ist daher nach § 86b Abs. 2 SGG im Wege der einstweiligen Anordnung statthaft. Die Grenzen der Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 ff. SGB I sind überschritten, wenn der Träger der Grundsicherungsleistungen einem Leistungsantragsteller aufgibt, Urkunden von einem privaten Dritten zu beschaffen und vorzulegen, der nicht am Sozialleistungsverhältnis beteiligt ist. Auskunftspflichten, die Dritte betreffen, erstrecken sich allenfalls auf Tatsachen, die dem Leistungsempfänger selbst bekannt sind. Grundsätzlich besteht keine Ermittlungspflicht des Leistungsempfängers gegenüber Dritten. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Dritte es abgelehnt hat, entsprechende Angaben zu machen oder preiszugeben. Entsprechendes gilt für das Verlangen, mit einem Dritten eine gemeinsame Antragstellung vorzunehmen. Der Träger der Grundsicherungsleistungen ist gehalten, für entscheidungserheblich erachtete Auskünfte nach § 60 SGB II direkt von dem Dritten zu beschaffen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 367 2.11.3 Eilverfahren 2.11.3.01 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen, Beschluss vom 07.01.2009, L 3 B 349/08 AS-ER Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Anordnungsgrund Gründe: In einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beurteilt sich das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Eilantrag entscheidet; im Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung. Die rückwirkende Feststellung einer – einen vergangenen Zeitraum betreffenden - besonderen Dringlichkeit ist zwar rechtlich möglich, sie kann jedoch in der Regel nicht mehr zur Bejahung eines Anordnungsgrundes führen. Denn die prozessuale Funktion des vorläufigen Rechtsschutzes besteht vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu spät käme. Dies bedeutet aber zugleich, dass die Annahme einer besonderen Dringlichkeit und entsprechend die Bejahung eines Anordnungsgrundes in aller Regel ausscheidet, sobald diese Dringlichkeit nur vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorgelegen hat, denn insoweit ist die besondere Dringlichkeit durch den Zeitablauf überholt. Das Abwarten einer Entscheidung im Verfahren der Hauptsache über den zurückliegenden Zeitraum ist dem Rechtsuchenden in der Regel zumutbar. Bei Geldleistungen, die für die Vergangenheit begehrt werden, fehlt demnach in der Regel ein Anordnungsgrund. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn ein besonderer Nachholbedarf besteht, d. h. wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistung in der Vergangenheit auch in der Zeit nach der Antragstellung bei Gericht weiter fortwirkt und noch eine weiterhin gegenwärtige, die einstweilige Anordnung rechtfertigende Notlage begründet. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 368 2.11.3.02 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 17.01.2011, L 6 AS 1914/10 B ER Juris 15.02.2011 Sachverhalt: Kein Anspruch auf Zustimmung zur Kostenübernahme vor Umzug im Eilverfahren Gründe: Nach Auffassung des Gerichts ist es den Antragstellern möglich, die neue Wohnung zunächst auch ohne vorherige Zusicherung des Leistungsträgers, die Wohnungskosten zu übernehmen, anzumieten. Durch die Versagung der Zusicherung drohe keine Rechtsverletzung, die später nicht beseitigt werden könne. Im Hauptsacheverfahren könne die zuständige Behörde auch ohne vorherige Zusicherung verurteilt werden, die Kosten für die neue Wohnung rückwirkend zu übernehmen, wenn diese angemessen seien. Im Eilverfahren jedenfalls sei ohnehin nur eine vorläufige gerichtliche Entscheidung möglich. Damit ließe sich das Risiko der Hilfebedürftigen, die höheren Kosten der neuen Wohnung dauerhaft selber bezahlen zu müssen, nicht grundsätzlich beseitigen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 369 2.11.4 Individuelle Ansprüche 2.11.4.01 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.08.2006, L 5 B 549/06 AS ER ZfF 1/2007 S. 16 Sachverhalt: Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, individuelle Ansprüche. Gründe: Die Vermutungsregelung des § 38 SGB II ändert nichts daran, dass die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ihren jeweiligen individuellen Anspruch behalten, der auch für sie individuell entschieden werden muss. Im Übrigen erstreckt sich die Vollmachtsvermutung ihrem klaren Wortlaut nach auf die Antragstellung und die Entgegennahme von Leistungen. Eine generelle und uneingeschränkte Vollmacht wird hingegen nicht vermutet. Es kann daher nicht angenommen werden, dass auch eine Bevollmächtigung für das Aufhebungs- und Erstattungsverfahren vorliegt. Gegenüber jedem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft muss ein rechtlich gesonderter Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ergehen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 370 2.11.5 Mitwirkungspflichten, Meldepflicht 2.11.5.01 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 30.08.2005, L 7 AS 32/05 ER) FEVS Bd. 57 S. 258 Sachverhalt: Erteilung von Auskünften, Überlassung von Kontoauszügen Gründe: Langzeitarbeitslose müssen der Verwaltung nicht alle verlangten Auskünfte geben. Dafür sei eine konkrete rechtliche Grundlage nötig. Der Beschwerdeführer hatte Arbeitslosengeld II beantragt, das sein bis dahin bezogenes Arbeitslosengeld II ablöste. Der zuständige Landkreis verlangte von ihm die Kontoauszüge aus den letzten drei Monaten vor der Antragstellung. Außerdem wollte die Verwaltung eine Bescheinigung des Vermieters über den Mietvertrag für seine Wohnung. Der Beschwerdeführer fand, dass seine Unterlagen ausreichend seien und die rückwirkende Vorlage der Kontoauszüge gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstoße. Darauf lehnte der Landkreis es ab, dem Langzeitarbeitslosen Unterstützung zu gewähren. Das Landessozialgericht entschied, die Kontoauszüge aus der Zeit vor der Antragstellung dürften in der Regel nicht verlangt werden. Auch eine Vermieterbescheinigung könne nur gefordert werden, wenn der Antragsteller die Miethöhe nicht anders – beispielsweise mit Hilfe einer Überweisung – belegen könne. Mit der rechtskräftigen Entscheidung gewährte das Landessozialgericht einstweiligen Rechtsschutz. Das Sozialgericht muss nun in der Hauptsache in einem weiteren Verfahren entscheiden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 371 2.11.5.02 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 17.10.2005, L 9 AS 69/05 ER Sachverhalt: Mitwirkungspflichten gem. §§ 60 ff. SGB I Gründe: Das Hessische Landessozialgericht versagte einen Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende, weil sich der Antragsteller weigerte, den Antragsvordruck auszufüllen. Der Antragsteller habe nicht dargelegt, dass ihm die Verwendung des übersandten Vordrucks aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden könne (§ 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I). Zwar könne mit dem Vordruck nur die für beantragte Sozialleistung erheblichen Umstände abgefragt werden. Enthalte der Vordruck darüber hinaus gehende Fragen, etwa weil er für verschiedene Arten von Sozialleistungen benutzt werden soll, könne der Antragsteller deren Beantwortung ablehnen. Der Antragsteller habe aber schon nicht dargelegt, dass etwa die Beantwortung einzelner Fragen für die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II nicht erforderlich sei. Er habe lediglich pauschal behauptet, im Formularantrag seien persönliche Daten gefordert worden, die keinen inhaltlichen Bezug zum Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hätten. Die Mitwirkungspflicht des Antragstellers entfalle auch nicht deshalb, weil sich die Antragsgegnerin durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (§ 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I). Insoweit könne der Antragsteller nicht auf die bei der Agentur für Arbeit vorliegenden Daten Bezug nehmen. Eine derartige Bezugnahme auf bereits vorliegende Daten scheide schon deshalb aus, weil mit dem übersandten Antragsformular aktuelle Angaben bezogen auf den Beginn des Bewilligungsabschnitts (1. Januar 2005) zu beantworten waren. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 372 2.11.5.03 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20.04.2007, L 13 AS 40/07 ER FEVS Bd. 58 S. 472 Sachverhalt: Auskunftsanspruch, Eheähnliche Gemeinschaft, sofortige Vollziehung Gründe: Der Träger der SGB II-Leistungen kann das Verlangen auf Auskunft über die Einkommensund Vermögensverhältnisse der Partnerin eines Hilfesuchenden nach § 60 Abs. 4 SGB II durch einen Verwaltungsakt betreiben. Dieser Verwaltungsakt kann im überwiegenden Interesse des Hilfesuchenden gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG für sofort vollziehbar erklärt werden. Vorläufiger Rechtsschutz beurteilt sich dann nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG. Der Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft bzw. Partnerschaft i. D. d. § 7 Abs. 3 und Abs. 3 a SGB II steht nicht entgegen, dass der Hilfesuchende keinen zivilrechtlichen Anspruch auf Unterhalt gegen die zur Auskunft herangezogene Partnerin hat. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.11.5.04 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.10.2007, L 7 B 235/07 AS ER FEVS Bd. 59 S. 235 Sachverhalt: Hilfebedürftigkeit, Kontoauszüge, Mitwirkung Gründe: Die Aufforderung an den Arbeitsuchenden, Kontoauszüge für die letzten drei Monate vorzulegen, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, weil eine Offenlegung der Einkommensund Vermögensentwicklung gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I auch für die Zeit vor der Antragstellung für die Leistung erheblich ist (z. B. bei Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit durch Schenkungen). Kommt der Arbeitsuchende der Aufforderung nicht nach, ist seine Hilfebedürftigkeit i. S. d. § 9 Abs. 1 SGB II nicht glaubhaft gemacht. Der Obliegenheit zur Vorlage von Kontoauszügen steht weder der Schutz der Sozialdaten noch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung entgegen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 373 2.11.5.05 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 45/07 R Medieninformation Nr. 45/08 FEVS Bd. 60 S. 459 Sachverhalt: Kontoauszüge Gründe: Die Aufforderung zur Vorlage von Kontoauszügen kann auch in einem Folgeantrag erfolgen. Die Vorlage ist nicht auf Verdachtsfälle beschränkt. Hinsichtlich der zeitlichen Erstreckung ist die Vorlage von Kontoauszügen jedenfalls der letzten drei Monate nicht unverhältnismäßig. Im Einzelfall kann zweifelhaft sein, ob die Erhebung besonderer Arten personenbezogener Daten für die Erfüllung der Aufgaben des Grundsicherungsträgers erforderlich ist. Hierzu zählen Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit oder Sexualleben. Dies betrifft aber nur die Ausgabenseite (Sollstellung) der Kontenbewegungen. Während die Einnahmen jeweils unbegrenzt aus den Kontoauszügen hervorgehen müssen, räumen die Reglungen des Sozialdatenschutzes dem Grundsicherungsempfänger die Möglichkeit ein, auf der Ausgabenseite die Empfänger von Zahlungen zu schwärzen oder unkenntlich zu machen, wenn diese Zahlen besondere personenbezogene Daten betreffen. Die überwiesenen Beträge müssen aber auch in diesen Fällen für den Grundsicherungsträger erkennbar bleiben. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 374 2.11.5.06 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 26.09.2008, L 19 B 142/08 Quelle: Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs; Kürzung der Hilfe wegen fehlender Mitwirkung; unzutreffende Ermittlung des Kürzungsbetrages Gründe: Eine Klientin ist allein erziehend und lebt mit zwei Kindern zusammen. Für die Kinder wird Kindergeld und Unterhalt gewährt. Aufgrund der Eingliederungsvereinbarung sowie einer mit einer Privatschule geschlossenen Beschäftigungsvereinbarung nahm die Klientin eine Arbeitsgelegenheit wahr. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wurden verspätet abgegeben. Sie ist deshalb abgemahnt worden. Die Klientin fehlte anschließend unentschuldigt. Das Beschäftigungsverhältnis wurde fristlos gekündigt. Die Arge beschränkte die Leistungen für die Klientin auf die anteiligen Unterkunftskosten. Das bedeutete eine Kürzung in Höhe des Regelsatzes und des Mehrbedarfzuschlages. Hiergegen wandte sich der Widerspruch, dessen aufschiebende Wirkung wieder hergestellt wurde. Nach Ansicht des LSG hat die Arge die SGB II-Leistungen der Klientin unter Nutzung des ihr offensichtlich alleine zur Verfügung stehenden Berechnungsprogramms in sämtlichen den streitigen Zeitraum betreffenden Bewilligungsbescheiden falsch bestimmt und der Klientin zu hohe und den Kindern zu niedrige Leistungen bewilligt. Die Absenkung in Höhe des Regelsatzes und des Mehrbedarfzuschlages greife in die Leistungsanteile der Kinder ein. Bei innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft zur Verfügung stehendem Einkommen einzelner Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft führt § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II nicht zu einer Bedürftigkeit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in Höhe ihres nominellen Leistungsanspruchs, sonder nur zu einer bedarfsanteiligen Bedürftigkeit. Dieser Auslegung hat sich das Bundessozialgericht angeschlossen (grundlegend Urteil vom 07.11.2006 –B 7b AS 8/06 R zuletzt Urteil vom 15.04.2008 – B 14/7b AS 58/06 R). Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 375 2.11.05.07 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 08.08.2008, L 7 AS 149/08 B ER FEVS Bd. 60 S. 317 Sachverhalt: Hilfebedürftigkeit, Mitwirkung Gründe: Das schlichte Bestreiten, es sei weiteres Vermögen oder weitere Einnahmen vorhanden, ist zwar für eine Leistungsverweigerung nicht ausreichend; begründen jedoch in der Vergangenheit zugeflossene Einnahmen sowie das Verhalten des Hilfesuchenden berechtigte Zweifel an der geltend gemachten Hilfebedürftigkeit, ist der Leistungsträger umso mehr zu umfassender Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen nach § 20 SGB X verpflichtet und der Hilfesuchende hat hieran nach § 21 Abs. 2 SGB X, § 60 SGB I mitzuwirken. Bei Hilfesuchenden, deren persönliche Glaubwürdigkeit aufgrund besonderer Umstände erschüttert ist, besteht eine gesteigerte Nachweisobliegenheit in dem Sinne, dass widerspruchsfreie und lückenlose Nachweise in Form beweiskräftiger Urkunden und/oder Zeugenaussagen zu erbringen sind. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.11.05.08 Gericht/Entscheidung: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20.02.2009, L 5 B 376/08 AS ER Quelle: Juris Sachverhalt: Verhältnis von § 31 SGB II zu § 66 SGB I Gründe: Die Verletzung einer in § 59 SGB II i. V. m. § 309 SGB III ausdrücklich normierten Mitwirkungspflicht erlaubt die Anwendung der in § 31 Abs. 2 SGB II vorgesehenen Sanktionen. Ein Rückgriff auf die subsidiären Regelungen der §§ 62, 66 SGB I ist unzulässig, da das SGB II insoweit ein geschlossenes Regelungsgefüge enthält. Die Umdeutung eines Leistungsentziehungsbescheids nach § 66 SGB I in einen Sanktionsbescheid nach § 31 SGB II kommt wegen des unterschiedlichen Charakters der Regelungen nicht in Betracht. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 376 2.11.05.09 Gericht/Entscheidung: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.07.2009, L 5 AS 131/08 Quelle: Beck Aktuell 23.09.2009 Sachverhalt: Wahrnehmung der Meldepflicht trotz Krankheit Gründe: Ein Leistungsempfänger war der Aufforderung des Leistungsträgers, sich zur Besprechung seines Bewerberangebotes in der Behörde zu melden, mehrfach nicht nachgekommen. Er hatte für die Termine jeweils ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder Bestätigungen über Arzttermine vorgelegt. Der Leistungsträger forderte den Leistungsempfänger auf, künftig jeweils eine Bescheinigung darüber vorzulegen, dass der aus gesundheitlichen Gründen die Meldetermine nicht wahrnehmen könne. Nachdem der Leistungsempfänger dem nicht nachkam, senkte der Leistungsträger das Arbeitslosengeld II ab. Die hiergegen gerichtete Klage zum SG Trier blieb erfolglos. Das LSG hat die Entscheidung des SG bestätigt. Der Leistungsträger darf laut LSG daher auch die Vorlage einer über eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hinausgehende Bescheinigung über die Unfähigkeit zur Wahrnehmung des Meldetermins verlangen, wenn begründete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit nicht gleichzeitig die Unfähigkeit zur Wahrnehmung des Meldetermins begründet. Auch die Wahrnehmung eines Arzttermins sei nur dann ein wichtiger Grund für die Versäumung eines Meldetermins, wenn es sich um einen notfallmäßigen oder aus sonstigen Gründen unaufschiebbaren Termin handele. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 377 2.11.05.10 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 09.11.2010, B 4 AS 27/10 R Juris 09.11.2010 Sachverhalt: Wahrnehmung der Meldepflicht, Kürzung der Hilfe Gründe: Die Revision des Klägers hatte Erfolg, soweit die Beklagte wegen des Meldeversäumnisses vom 17.10.2007 für einen Zeitraum von drei Monaten die zusätzliche Aufhebung des Alg II des Klägers in Höhe von 30 v. H. der Regelleistung verfügt hatte. Der dieses Meldeversäumnis betreffende Bescheid ist schon deshalb rechtswidrig und in vollem Umfang aufzuheben, weil es an einer (weiteren) wiederholten Pflichtverletzung i. S. d. § 31 Abs. 3 Satz 3 SGB II fehlt. Nach dem gesetzgeberischen Konzept sollen dem Hilfebedürftigen durch den jeweils vorangehenden Sanktionsbescheid mit einer Minderung des Alg II in einer niedrigeren Stufe die Konsequenzen seines Verhaltens vor Augen geführt werden, bevor eine Minderung mit einem erhöhten Absenkungsbetrag erfolgt. Dieses gesetzgeberische Konzept würde umgangen, wenn für den gleichen Zeitraum mehrere Minderungsbescheide mit demselben Absenkungsbetrag erlassen werden könnten. Die Revision des Klägers war auch begründet, soweit die Beklagte das Alg II des Klägers mit Bescheid vom 02.11.2001 um 40 v. H. der Regelleistung abgesenkt hat. Der Senat hat im Tenor der Entscheidung die Absenkung für den Zeitraum vom 01.12.2007 bis 29.02.2008 klarstellend auf insgesamt 30 v. H. gedeckelt, weil eine Addition der Absenkungsbeträge ausgeschlossen ist. Im Übrigen war die Revision des Klägers nicht begründet. Nach den bindenden Feststellungen des LSG liegen keine gesundheitlichen Umstände vor, die wichtige Gründe für das Nichterscheinen des Klägers zu dem Meldetermin darstellen könnten. Die Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit an sich begründet noch keinen Nachweis eines gesundheitlichen Unvermögens, zu einem Meldetermin zu erscheinen. Schließlich bestehen nach den tatsächlichen Umständen des vorliegenden Falles keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Absenkung des Alg II für den hier auf vier Monate begrenzten Zeitraum um 20 v. H. bzw. 30 v. H. der Regelleistung. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 378 2.11.6 Rechtsbehelfsverfahren 2.11.6.01 Gericht/Entscheidung: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05.07.2007, L 3 ER 175/07 AS FEVS Bd. 59 S. 25 Sachverhalt: Eingliederungsvereinbarung, Rechtswidrigkeit Gründe: Der Hilfeempfänger hat trotz grundsätzlich bestehenden Kontrahierungszwangs beim Abschluss der Eingliederungsvereinbarung einen wichtigen Grund zur Ablehnung der Vereinbarung, wenn die angebotene Eingliederungsvereinbarung einen rechtswidrigen Inhalt hat. Voraussetzung für den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung ist, dass der Hilfebedürftige erwerbsfähig ist. Damit ist ausgeschlossen, dass Gegenstand der Eingliederungsvereinbarung die Vorfrage, ob Erwerbsfähigkeit überhaupt vorliegt, sein darf. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 379 2.11.6.02 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 31.07.2007, L 8 AS 605/06 ER FEVS Bd. 59 S. 25 Sachverhalt: Eingliederungsvereinbarung, Absenkung der Leistung, Rechtsfolgenbelehrung Gründe: Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ist regelmäßig dann anzuordnen, wenn sich der angefochtene Bescheid als offensichtlich rechtswidrig erweist. Voraussetzung für eine Absenkung des Arbeitslosengeldes II (§ 31 SGB II) ist, dass dem Hilfebedürftigen vor der Pflichtverletzung konkret, eindeutig, verständlich, verbindlich und rechtlich zutreffend vor Augen geführt worden ist, welche Folgen ihm im Falle der Pflichtverletzung drohen. Nicht hinreichend sind in der Vergangenheit erteilte allgemeine Belehrungen. Eine Absenkung tritt mit Wirkung des Kalendermonats ein, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes, der die Absenkung feststellt, folgt. Datenverarbeitungsprobleme beim Leistungsträger sind nicht geeignet, eine Abweichung vom Gesetzestext zu rechtfertigen. Macht ein Leistungsträger nach dem SGB II von der Möglichkeit Gebrauch, eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt festzulegen, darf eine Sanktionsregelung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a SGB II nicht getroffen werden. Sie verstößt gegen den verfassungsrechtlich abgesicherten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 380 2.11.7 Rechtsweg 2.11.7.01 Gericht/Entscheidung: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 17.01.2007, 5 AZB 43/06 Sachverhalt: Rechtsweg der Sozialgerichtsbarkeit bei 1€ - Rechtsstreitigkeiten Gründe: Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen zu Recht verneint. Zwischen den Parteien besteht keine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne von § 2 ArbGG Die Zuständigkeit der Sozialgerichte folgt aus § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG. Danach sind die Sozialgerichte für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende zuständig. ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.11.7.02 Gericht/Entscheidung: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.09.2005 – L 3 ER 79/05 AS Sachverhalt: Arbeitsgelegenheit, Rechtsweg Gründe: Im öffentlichen Interesse liegende zusätzliche Arbeiten, die Arbeitslosengeld II-Empfänger als Arbeitsgelegenheit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II angeboten werden, begründen ein öffentlich-rechtliches Beschäftigungsverhältnis. Für Streitigkeiten über Rechte und Pflichten, die sich aus den im öffentlichen Interesse für zusätzliche Arbeiten begründeten Beschäftigungsverhältnissen mit Aufwandsentschädigung (Ein-Euro-Jobs) ergeben, sind die Sozialgerichte zuständig. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 381 2.11.8 Vertretung des Begünstigten 2.11.8.01 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 8/06 R FEVS Bd. 58 S. 259 Sachverhalt: Tilgungsleistungen, Vertretung in der Bedarfsgemeinschaft Gründe: Tilgungsleistungen zur Finanzierung eines Eigenheimes oder einer Eigentumswohnung können als Unterkunftskosten bei der Gewährung von Arbeitslosengeld II nicht in Form von Zuschüssen übernommen werden. Aufwendungen, die bereits vor dem Leistungszeitraum erbracht wurden, sind keine aktuellen tatsächlichen Aufwendungen. Für eine Übergangszeit bis 30.06.2007 sind Anträge im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sowie Urteile, die eine Bedarfsgemeinschaft betreffen, großzügig auszulegen; im Zweifel ist von Anträgen aller Bedarfsgemeinschaftsmitglieder, vertreten durch eines der Mitglieder, und von Entscheidungen über die Ansprüche aller Mitglieder auszugehen. Zu verfahrensrechtlichen Problemen bei der Durchsetzung von Ansprüchen im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 382 2.11.9 Verwaltungshandeln 2.11.9.01 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 08.03.2006, L 5 B 344/05 ER AS FEVS Bd. 58 S. 163 Sachverhalt: Arbeitsangebot, Rechtscharakter Gründe: Das Angebot einer Arbeitsgelegenheit ist kein Verwaltungsakt. Vielmehr stellt es ein schlichtes Verwaltungshandeln dar, dem es am Regelungscharakter mangelt und das lediglich der Vorbereitung der eigentlichen Sachentscheidung dient. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.11.9.02 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.02.2006, L 20 B 5/06 AS FEVS Bd. 58 S. 178 Sachverhalt: Unterkunftskosten, Kostensenkungsaufforderung Gründe: Bei der Kostensenkungsaufforderung der Miete handelt es sich um einen Hinweis auf die Rechtslage, nicht um einen Verwaltungsakt. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Eine Aufforderung zur Kostensenkung unter Darstellung der geltenden Rechtslage und deren Beurteilung durch die zuständige Behörde wird zwingende Voraussetzung für eine spätere Kostensenkung sein. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 383 2.11.9.03 Gericht/Entscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.12.2006, L 20 B 140/06 AS FEVS Bd. 58 S. 281 Sachverhalt: Falsche Handlungsform Gründe: Wählt eine Behörde die falsche Handlungsform (hier einen Verwaltungsakt als Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten), hat eine dagegen gerichtete Klage Aussicht auf Erfolg. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 384 2.11.10 Weiterleitung von Anträgen 2.11.10.01 Gericht/Entscheidung: Sozialgericht Schleswig, Beschluss vom 08.02.2005, S 17 SO 7/05 ER Sachverhalt: Eingliederungshilfe, vorläufige Zuständigkeit bei Nichtweiterleitung des Antrags, Kostenübernahme für arbeitstherapeutischer Maßnahme, Kostenerstattung, Ersetzung der Antragsweiterleitung durch Beiladung, Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger, Fortgeltung der Vergütungsvereinbarung Gründe: Unterbleibt eine Weiterleitung des Antrages auf Eingliederungshilfe an den eigentlich zuständigen Träger, so führt dies weder zu einer Verwirkung der späteren Weiterleitung noch zu einer Ausschlussfrist. Wird der Antrag auf Eingliederungshilfe nicht binnen zwei Wochen an den eigentlich zuständigen Träger weitergeleitet, wird der zuerst angegangene Träger vorläufig zuständig und leistungspflichtig. Dieser Auslegung steht auch nicht die Regelung des § 14 Abs. 4 Satz 3 SGB IX entgegen. Eine Kostenerstattung von dem eigentlich zuständigen Träger nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX kann der zuerst angegangene Träger für den Zeitraum nicht verlangen, in dem er für die Leistung vorläufig zuständig ist. Die Beiladung im gerichtlichen Verfahren ersetzt die Antragsweiterleitung im behördlichen Verfahren. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IX kann der zuständige Rehabilitationsträger Leistungen zur Teilhabe allein oder gemeinsam mit anderen Leistungsträgern ausführen. Durch die Neustrukturierung der Eingliederungshilfe aus dem BSHG in das SGB II einerseits und das SGB XII andererseits ergibt sich die Folge, dass in dem Fall, in dem der jeweilige Leistungsträger für einen Teil einer Gesamtmaßnahme verantwortlich ist, in Abstimmung mit dem anderen Rehabilitationsträger dem jeweiligen Betroffenen das für ihn erforderliche Budget im Sinne des § 17 Abs. 2 SGB XII zur Verfügung zu stellen ist. Zum Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine arbeitstherapeutische Maßnahme nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB III i. V. m. §§ 98 Abs. 2 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b, 103 Satz 1 Nr. 3, 109 SGB III und § 33 SGB IX durch den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Hat die Arbeitsgemeinschaft nach Ablauf des Vereinbarungszeitraums noch keine neue Vergütungsvereinbarung abgeschlossen, so ist es für die Übergangszeit sachgerecht und angemessen, § 77 Abs. 2 Satz 4 SGB XII analog mit der Folge anzuwenden, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Übernahme der Teilnahmekosten in Höhe der in der "alten" Vergütungsvereinbarung vereinbarten oder festgesetzten Vergütung besitzt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 385 2.11.11 Überleitung von Ansprüchen 2.11.11.01 Gericht/Entscheidung: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.01.2008, L 7 AS 5846/07 Er-B Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland Sachverhalt: Überleitung eines Steuererstattungsanspruchs Gründe: Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit welcher sich der Antragsteller gegen die Überleitung eines Steuererstattungsanspruchs wendet, im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Der Anspruch durfte auch unter Berücksichtigung der Überleitungsschranke des § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB II a. F. übergeleitet werden, denn der Antragsteller wäre verpflichtet gewesen, die Steuererstattung zur Deckung seines Bedarfs einzusetzen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers handelt es sich bei Steuererstattungen nicht um (ggf. geschütztes) Vermögen, sondern um Einkommen in Form einmaliger Einnahmen. Auf Entstehungsgrund und Beschaffenheit des Anspruchs (als Anspruch auf einmalige oder laufende Leistungen) kommt es nicht an. In zeitlicher Hinsicht wird lediglich vorausgesetzt, dass der Anspruch gegen den Dritten im Zeitpunkt des Hilfebezugs fällig und seinem Gegenstand nach geeignet gewesen sein muss, die Notlage abzuwenden. Entscheidend ist dagegen nicht, ob die Mittel für einen mit dem Bedarfszeitraum identischen Zeitraum bestimmt sind. Deshalb sind auch in der Vergangenheit entstandene Ansprüche überleitungsfähig, wenn und soweit sie im Zeitpunkt der Hilfegewährung noch nicht erfüllt sind. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.11.11.02 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 28.01.2008, L 5 B 21/08 ER AS FEVS Bd. 59 S. 424 Sachverhalt: Hilfebedürftigkeit, Schwangerschaft, Unterhalt Gründe: Ist der Übergang eines Unterhaltsanspruchs auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, scheidet die Berücksichtigung eines solchen Anspruchs nach § 9 Abs. 1 oder § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II aus. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 386 2.11.11.03 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.08.2008, L 26 B 360/08 AS Quelle: Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Kostentragung bei Überleitung Gründe: Das LSG hat der Arge der Rechtsverfolgungskosten auferlegt, weil die Klägerin bereits im Widerspruchsverfahren nachgewiesen hat, dass sie über keinerlei Einkommen verfüge und ihr Vermögen in Höhe von rund € 25.000 zur Sicherung des eigenen Lebensunterhalts einsetzte. Dieser Vortrag hat im Widerspruchsbescheid vom 24. März 2006 ersichtlich keine Berücksichtigung gefunden, aber in der Folge zur Abgabe des Anerkenntnisses geführt. Die Kostentragung durch den Beklagten entspricht daher billigem Ermessen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 387 2.11.12 Verzichtserklärung 2.11.12.01 Gericht/Entscheidung: LSG Bayern, Urteil vom 15.03.2007, L 7 AS 287/06 FEVS Bd. 59 S. 191 Sachverhalt: Aufhebung, Verzicht Gründe: Durch den schriftlichen Verzicht auf die Sozialleistung nach § 46 SGB I ist in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bewilligungsbescheides über Arbeitslosengeld II vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten, da mit dieser Verzichtserklärung der Anspruch weggefallen ist. Der Leistungsträger hat die Bewilligung rückwirkend aufzuheben, da der Erklärende wusste, dass der sich aus dem Bewilligungsbescheid ergebende Anspruch weggefallen ist. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 388 2.11.13 Anhörung, Sonstige Angelegenheiten 2.11.13.01 Gericht/Entscheidung: LSG Hamburg, Beschluss vom 02.09.2008, Az.: L 5 B 296/08 ER AS Quelle: Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Untätigkeitsbeschwerde gegen ein Sozialgericht Gründe: Für die von der Antragstellerin erhobene Beschwerde wegen Untätigkeit des Sozialgerichts existiert keine gesetzliche Rechtsgrundlage. Sie kann auch nicht durch richterrechtliche Rechtsfortbildung entwickelt oder begründet werden, da dies dem rechtsstaatlichen Erfordernis der Messbarkeit und Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns widerspräche. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 389 2.11.13.02 Gericht/Entscheidung: LSG NRW, Beschluss vom 16.09.2008, L 7 B 285/08 AS Quelle: Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Prozesskostenhilfe für Klageverfahren gegen Eingliederungsvereinbarung Gründe: Gemäß § 73a SGG in Verbindung mit den §§ 114, 115 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klage bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Beurteilung des Senats steht nicht entgegen, dass die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die Eingliederungsvereinbarung vom 28.02.2008 mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008 als unzulässig verworfen hat, da es sich ihrer Auffassung nach bei der Eingliederungsvereinbarung nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Die Rechtsnatur der Eingliederungsvereinbarung ist streitig. Nach der überwiegend im Schrifttum vertretenen Ansicht stellt die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 einen öffentlichrechtlichen Vertrag im Sinne der §§ 53 ff. SGB X dar. Nach anderer Auffassung handelt es sich bei der Eingliederungsvereinbarung um eine neue Form hoheitlichen Handelns, die ähnlich wie ein Verwaltungsakt einer gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt wirft eine Rechtsfrage auf, die zumindest klärungsbedürftig ist. Auch in einem derartigen Fall ist Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Der Kläger ist nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gemäß § 73a SGG in Verbindung mit § 115 ZPO außerstande, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Die Prozesskostenhilfe ist daher ratenfrei zu bewilligen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 390 2.11.13.03 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11.03.2008, L 7 AS 143/07 FEVS Bd. 60 S. 127 Sachverhalt: Antrag, Hilfebedürftigkeit, Lebensversicherung, Vermögensübertragung Gründe: § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II verlangt keinen neuen Antrag, wenn im laufenden Antragsverfahren durch Verbrauch von Vermögen Hilfebedürftigkeit eintritt. Ein neben dem Lebensversicherungsvertrag angelegtes Depot zur Sicherstellung zukünftiger Versicherungsprämien wird nicht vom Verwertungsausschluss des § 165 Abs. 3 VVG erfasst. Einem Antragsteller steht es nicht frei, seine Hilfebedürftigkeit dadurch herbeizuführen, dass er Vermögen einem Dritten überlässt und mit diesem vereinbart, dass eine Verwertung nicht oder nur nach Ablauf einer bestimmten Frist möglich ist. Zum Rückforderungsanspruch gemäß § 528 BGB, wenn unmittelbar vor Antragstellung Vermögen in Höhe des Kinderfreibetrages an den ½ Jahr alten Sohn übertragen wird. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 391 2.11.13.04 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Beschluss vom 19.03.2009, L 7 AS 53/09 B ER Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Unterkunftskosten im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht, Zugunstenbescheid nach § 44 SGB X Gründe: Der Antragsteller ist umgezogen, um eine geringfügig zu teure Wohnung anzumieten. Um bei seinen Bemühungen, wieder Kontakt zu seiner Tochter zu bekommen, nicht schon allein aufgrund der räumlichen Distanz zu der Tochter und zu den zuständigen Behörden und Gerichten zu scheitern, habe er sich entschlossen, nach A. zu ziehen. Diese Gründe sind nach Ansicht des LSG plausibel, nachvollziehbar und vernünftig. Der Umzug an den Wohnort seiner Tochter setzt den Antragsteller eher in die Lage, seiner Verantwortung als Elternteil gerecht zu werden. Der Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Übernahme der Kosten der neuen Unterkunft steht zunächst nicht entgegen, dass der Bewilligungsbescheid vom 02. Juli 2008 nicht fristgemäß mit einem Widerspruch angefochten worden ist. Der Antrag des Antragstellers vom 08. August 2008 auf Übernahme der tatsächlichen Kosten stellt sich nämlich als Antrag auf Erlass eines Zugunstenbescheides nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar, den die Antragsgegnerin entweder im erstinstanzlichen Verfahren mit ihrer Antragserwiderung oder mit Bescheid vom 06. Januar 2009 konkludent abgelehnt hat, indem sie dem Antragsteller erneut Unterkunftskosten lediglich in bisheriger Höhe weiterbewilligte. Diesem Antrag hätte sie jedoch entsprechen müssen, weil die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme in höherem Umfang erfüllt sind. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 392 2.11.13.05 Gericht/Entscheidung: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, L 25 AS 70/09 B ER Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes nach § 44 SGB X (Zugunstenbescheid) Gründe: Ungeachtet der Frage des richtigen Prüfungsstandorts (streitiges Rechtsverhältnis, Rechtsschutzbedürfnis) steht der Zulässigkeit des Antrags insbesondere nicht entgegen, dass der Bescheid des Antragsgegners vom 12.11.2008, mit dem der Antragsgegner die begehrten Leistungen abgelehnt hat, nach Lage der Akten bestandskräftig geworden ist, weil der Antragsteller hiergegen erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist Widerspruch erhoben hat und der Antragsgegner diesen Widerspruch möglicherweise bereits mit seinem – in den Verwaltungsvorgängen allerdings nur als Entwurf vorhandenen Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2009 als unzulässig verworfen hat. Denn mit Rücksicht auf die nach Lage der Akten eingetretene Bestandskraft des Ablehnungsbescheides steht zwischen den Beteiligten zwar nach § 77 SGG bindend fest, dass der vom Antragsteller verfolgte Leistungsanspruch derzeit nicht besteht. Angesichts der hier vorliegenden Besonderheiten des Einzelfalls bedeutet dies jedoch nicht, dass dem Antragsteller kein der vorläufigen Regelung fähiges Recht zu Seite stünde. Denn es darf hier nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Antragsteller bereits am 22. Dezember 2008 bei dem Antragsgegner beantragt hat, die Bestandskraft des Bescheides vom 12. November 2008 zu durchbrechen und ihm unter Aufhebung der entgegenstehenden Entscheidung die abgelehnten Leistungen zu gewähren. Diesem Antrag lässt sich eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht absprechen, wobei dahinstehen kann, ob der mit ihm verfolgte Anspruch aus § 44 Abs. 1 oder § 48 Abs. 1 des SGB X herzuleiten wäre. Denn unterschiedliche Ergebnisse folgen hieraus für das vorläufige Rechtsschutzverfahren nicht. Entscheidender Gesichtspunkt dafür, dass dem Antrag Erfolgsaussichten zu bescheinigen sind, ist hier der Umstand, dass dem Antragsteller ein Auszug aus der von ihm seit Jahren bewohnten Wohnung jedenfalls seit Ende 2008 aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar sein könnte. ...(es kommt der Hinweis auf ein Gutachten). Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 393 2.11.13.06 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.08.2008, L 20 B 947/08 AS Quelle: Sozialgerichtsbarkeit BRD Sachverhalt: Keine Aussetzung des erstinstanzlichen Verfahrens bei angefochtener Entscheidung über Anspruch auf Erwerbsminderungsrente Gründe: Die Feststellung einer vollen Erwerbsminderung im Rentenverfahren entfaltet zunächst keine Bindungswirkung gegenüber der Agentur für Arbeit bei der nach § 44a SGB II zu treffenden Feststellung, ob der Arbeitssuchende gemäß § 8 Abs. 1 SGB II erwerbsfähig ist. Eine entsprechende Bindungswirkung sieht das Gesetz nicht vor. Vielmehr hat die Agentur für Arbeit nach § 44a SGB II eigenständig festzustellen, ob der Arbeitssuchende erwerbsfähig und hilfebedürftig ist. Dabei ist der Begriff der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II unter Berücksichtigung der Struktur und der Besonderheiten des SGBII eigenständig zu interpretieren, auch wenn sich die Definition der Erwerbsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 SGB II an der Definition der vollen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI anlehnt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 394 2.11.13.07 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 13/09 R Quelle: Beck Aktuell 22.09.2009 Sachverhalt: Kein Anspruch auf Verhandlung über Eingliederungsvereinbarung Gründe: Zwischen der Arge und dem Kläger war es nicht gelungen, in ein Gespräch über die Eingliederungsvereinbarung des Klägers zu kommen. Daraufhin übersandte die Arge dem Kläger einen Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung mit der Bitte, ein Exemplar unterschrieben zurückzusenden. Der Kläger unterschrieb die Eingliederungsvereinbarung nicht und machte geltend, er habe keine Gelegenheit gehabt, sich in die Eingliederungsvereinbarung einzubringen. Das Handeln der Beklagten sei rechtswidrig. Die Beklagte ersetzte daraufhin die Eingliederungsvereinbarung durch einen Verwaltungsakt. Nach der Entscheidung des BSG handelt es sich bei § 15 Abs. 1 SGB II um eine reine Verfahrensvorschrift, die das Verhalten und Vorgehen der Grundsicherungsträger steuern soll. Der Grundsicherungsträger treffe daher eine nicht justiziable Opportunitätsentscheidung darüber, welchen Verfahrensweg er zur Erfüllung des Ziels der Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wähle. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige könne durch ein "Nichtverhandeln" keinen Rechtsverlust erleiden. Dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen werde die Möglichkeit eröffnet, das inhaltliche Ergebnis einer durch Verwaltungsakt abgelehnten oder bewilligten Eingliederungsleistung im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II gerichtlich voll überprüfen zu lassen. Auch auf die vom Kläger geforderte Benennung eines persönlichen Ansprechpartners im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB II besteht nach Auffassung des BSG kein Rechtsanspruch. Ebenso wie bei den Regelungen über den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung handele es sich insoweit um eine an den Grundsicherungsträger adressierte verfahrensleitende Vorschrift auf dem Weg der Erreichung des Ziels der Eingliederung. Der Anspruch des Klägers auf Eingliederungsleistungen werde dadurch nicht berührt. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 395 2.11.13.08 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 16.12.2008, B 4 AS 48/07 R FEVS Bd. 60 S. 546 Sachverhalt: Steuererstattung als Einkommen, Verfahrensrecht Gründe: Eine nach SGB II-Antragstellung zugeflossene Einkommensteuererstattung ist einmaliges Einkommen, das ggf. auf mehrere Monate anteilmäßig zu verteilen ist. § 45 SGB X findet Anwendung, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen zurückgenommen werden soll; dagegen kommt eine Aufhebung nach § 48 SGB X in Betracht, wenn nach Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung eine wesentliche Änderung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht eingetreten ist. Erfolgten Bekanntgabe es Verwaltungsaktes und zur Rechtswidrigkeit führende Änderung gleichzeitig, ist dies eine Konstellation, die § 45 SGB X unterfällt, denn dann liegen die geänderten Verhältnisse bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes vor. Weil die §§ 45, 48 SGB X auf dasselbe Ziel, nämlich die Aufhebung eines Verwaltungsakts, gerichtet sind, ist das Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen zwar grundsätzlich zulässig; ist der rechtliche Maßstab für die Aufhebungsentscheidung allerdings § 45 SGB X, so kann dies bei der Beurteilung der Rechtsmäßigkeit der Entscheidung jedoch nur dann unbeachtet bleiben, wenn es ausnahmsweise einer Ermessensentscheidung nicht bedurfte. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 396 2.11.13.09 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 09.12.2008, B 8/9b SO 13/07 R FEVS Bd. 60 S. 550 Sachverhalt: Rechtsbehelfsbelehrung, Verwaltungsakt, Zustellung Gründe: Die Vermutung der Zustellung per Einschreiben nach § 4 Abs. 1 Halbsatz 1 (i. V. m. Abs. 2 Satz 2) Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) greift auch dann ein, wenn der für die Zustellung maßgebende dritte Tag nach Aufgabe zur Post auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt. Der Zugangszeitpunkt ist nur dann von der Behörde nachzuweisen, wenn der Empfänger die Vermutung durch entsprechenden Tatsachenvortrag erschüttert. § 4 Abs. 2 Satz 4 VwZG schreibt weder eine spezifische Form noch einen bestimmten Inhalt des Aktenvermerks über den Tag der Aufgabe zur Post vor, sodass jeder in den Akten befindliche Hinweis ausreicht, der Aufschluss über den Tag der Aufgabe des Briefes zur Post gibt. Entscheidet sich der Leistungsträger freiwillig für den Weg der förmlichen Zustellung, ist es erforderlich, dass in der Rechtsbehelfsbelehrung auf den Zeitpunkt der Zustellung abgestellt und nicht der ungenaue und missverständliche Begriff der Bekanntgabe gewählt wird. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 397 2.11.13.10 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 25.02.2010, B 11 AL 24/08 R Juris 25.02.2010 Sachverhalt: Gekürzte Geschäftsgebühr für erfolgreiches Widerspruchsverfahren nach Verwaltungsverfahren Gründe: Die Klägerin schaltete schon auf Grund einer Anhörung zu einer beabsichtigten Rückforderung von Arbeitslosengeld einen Rechtsanwalt ein. Dieser erreichte zunächst im Verwaltungsverfahren eine Reduzierung des Rückforderungsbetrages und im anschließenden Widerspruchsverfahren einen vollständigen Verzicht auf die Rückforderung. Die Klägerin forderte von der beklagten Bundesagentur für Arbeit die Übernahme der vollen Geschäftsgebühr (240 €), die ihr Rechtsanwalt für seine erfolgreiche Einschaltung verlangt hatte. Die Bundesagentur für Arbeit zahlte jedoch nur die reduzierte Geschäftsgebühr (120 €) für das Widerspruchsverfahren bei Vorbefassung im Verwaltungsverfahren. Nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ist für das Tätigwerden des Rechtsanwalts der Klägerin im Widerspruchsverfahren nur eine reduzierte Geschäftsgebühr zu erstatten, da er bereits im Rahmen des Anhörungsverfahrens mit der Angelegenheit befasst war. Dieses Ergebnis sei nicht unbillig und auch nicht – wie die Klägerin meint – verfassungswidrig. Der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erfordere es nicht, dem Bürger, der sich bereits vor der Entscheidung der Verwaltung externen Rechtsrat einholt, die dafür erforderlichen Kosten teilweise abzunehmen und diese der Behörde aufzuerlegen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 398 2.11.13.11 Gericht/Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 27.08.2009, L 8 SO 149/07 FEVS Bd. 61 S. 306 Sachverhalt: Beiladung, Erwerbsfähigkeit, stationäre Einrichtung Gründe: Ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende kann nach Beiladung verurteilt werden (§ 75 Abs. 5 SGG); eine Abgabe an das nächsthöhere Gericht bei Gefahr unvereinbarer Entscheidungen nach § 181 SGG kommt wegen Fehlens einer gesetzlichen Grundlage nicht in Betracht. Die Regelung des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 1 SGB III führt lediglich zu einem Leistungsverweigerungsrecht des SGB II-Trägers trotz seiner Zuständigkeit, weil dem Leistungsberechtigten die ihm günstige Vorschrift des § 44 SGB X für die Zeit vor der Begründung der ständigen Rechtsprechung genommen wird; eine Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers wird hierdurch nicht begründet. Es bleibt offen, ob durch das Urteil des BSG vom 06.09.2007 (BSGE 99, 88 = FEVS 59, 305) zum speziellen Einrichtungsbegriff des SGB II eine ständige Rechtsprechung i. S. v. § 330 Abs. 1 SGB III begründet worden ist. Gibt es in einer stationären Einrichtung nach § 67 SGB XII keine einer wöchentlichen Erwerbstätigkeit der Bewohner entgegenstehenden Pflichtveranstaltungen, kann § 7 Abs. 4 SGB II dem Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld II nicht entgegengehalten werden. Zur Erwerbsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 SGB II bei Alkoholproblematik und Arbeitsentwöhnung. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 399 2.11.13.11 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 09.11.2010, B 4 AS 37/09 R Juris 09.11.2010 Sachverhalt: Nachholung einer Anhörung nach § 24 SGB X Gründe: Die Revision des Klägers war erfolgreich. Der Rücknahmebescheid ist wegen Verstoßes gegen die Anhörungspflicht rechtswidrig und deshalb aufzuheben. Der Verstoß gegen die in § 24 SGB X geregelte Anhörungspflicht ist während der Tatsacheninstanzen nicht geheilt worden. Zwar können nach § 41 Abs. 2 SGB X bestimmte Verfahrenshandlungen, zu denen auch die Anhörung gehört, bis zur letzten Tatsacheninstanz nachgeholt werden. Eine derartige Nachholung hat die Beklagte hier jedoch nicht vollzogen. Der Senat lässt offen, ob er seine bisherige Rechtsprechung aufrechterhält, wonach eine Heilung im Klageverfahren ausgeschlossen ist, wenn eine Behörde die Anhörungspflicht vorsätzlich, rechtsmissbräuchlich oder durch Organisationsverschulden verletzt hat, denn ein derartiger Sachverhalt liegt hier jedenfalls nicht vor. Der Senat hält mit dem 7. Senat des BSG daran fest, dass die wirksame Nachholung der Anhörung ein förmliches Verfahren in dem Sinne voraussetzt, dass die beklagte Behörde (und nicht das Gericht) dem Kläger förmlich und in angemessener Weise Gelegenheit zur Äußerung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen einräumt und danach zu erkenn gibt, ob sie nach erneuter Prüfung dieser Tatsachen am Verwaltungsakt festhält. Die Zwecke des § 24 SGB X erfordern, dass sich die Nachholung der Verfahrenshandlung möglichst in einer dem Anhörungsverfahren vergleichbaren Situation vollzieht. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 400 2.11.14 Antragsverfahren 2.11.14.01 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 28.10.2009, B 14 AS 56/08 R Quelle: Juris 30.10.2009 Sachverhalt: Arbeitslosengeld II trotz verspäteter Abgabe eines Antragsformulars Gründe: Der Kläger sprach am 09.06.2005 bei der Beklagten wegen der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II vor. Ihm wurde dabei ein Antragsformular ausgehändigt, auf das im Feld "Tag der Antragstellung" der Stempel "09.06.05" aufgebracht wurde. Persönliche Daten des Klägers wurden an diesem Tag durch die Beklagte nicht erfasst. Am 03.01.2006 legt der Kläger sodann das nunmehr ausgefüllte Antragsformular vom 09.06.2005 bei der Beklagten vor. Er gab an, seinen Lebensunterhalt durch das Arbeitslosengeld nach dem SGB II, Erspartes und Darlehen seiner Eltern bestritten zu haben. Der beklagte Grundsicherungsträger gewährte ab 03.01.2006 Arbeitslosengeld II; das Begehren des Klägers, die Leistungen bereits ab 09.06.2005 zu erbringen, wurde von dem Beklagten abschlägig beschieden. Dem Kläger stehe für den Zeitraum ab dem 09.06.2005 ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu. Er habe am 09.06.2005 (gemäß § 37 SGB II) wirksam einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt. Das Landessozialgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Anspruch des Klägers für den Zeitraum bis zur Vorlage des ausgefüllten Antragsformulars entsprechend § 242 BGB verwirkt ist, weil der Kläger nach der Antragstellung seine Ansprüche nicht weiter verfolgt hat. Gemäß § 16 Abs. 3 SGB I müsse der Grundsicherungsträger darauf hinwirken, dass der Antragsteller unverzüglich klare und sachdienliche Anträge stellt und unvollständige Angaben ergänzt. Für den antragstellenden Bürger bestehe im Verwaltungsverfahren eine Verpflichtung mitzuwirken. So könne nach § 60 SGB I von dem Antragsteller verlangt werden, bestimmte Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. § 66 SGB I sehe bei fehlender oder nicht rechtzeitiger Mitwirkung die Sanktion der Leistungsversagung vor, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Der beklagte Grundsicherungsträger hätte sich dieser Instrumente des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrens bedienen müssen, die hier einen Rückgriff auf das Rechtsinstitut der Verwirkung ausschließen. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 401 2.11.14.02 Gericht/Entscheidung: LSG Hessen, Urteil vom 18.12.2009, L 7 AS 413/09 Juris 04.03.2010 Sachverhalt: Weitergewährung von Hartz IV-Leistungen erst ab Folgeantrag. Gründe: Der Zeitpunkt der Antragstellung sei für den Beginn der Leistungserbringung ausschlaggebend. Wird daraufhin eine Leistung für eine bestimmte Dauer gewährt, erledige sich der Antrag mit Ablauf dieses Zeitraums. Weitere Leistungen seien erst aufgrund eines Folgeantrags zu gewähren. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Behörde den Hilfebedürftigen zuvor auf die Notwendigkeit eines solchen Folgeantrages rechtzeitig und zutreffend hingewiesen hat. In diesem Zusammenhang hat das Landessozialgericht auf die Pflicht hingewiesen, einen Bescheid sorgfältig und vollständig zu lesen. Der Kläger habe hingegen den Hinweis auf einen rechtzeitig zu stellenden Folgeantrag vorwerfbar nicht zur Kenntnis genommen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.11.14.03 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 18.01.2011, B 4 AS 99/10 R Juris 19.01.2011 Sachverhalt: Antragserfordernis Begründung: Es mangelt an einem Leistungsantrag nach § 37 Abs. 1 SGB II für den streitigen Zeitraum. Es war vorliegend auch nicht auf das Antragserfordernis zu verzichten, weil eine Fortzahlung von Leistungen im direkten Anschluss an einen vorhergehenden Bewilligungszeitraum begehrt wird. Der Antrag im SGB II hat konstitutive Wirkung und anders als im Sozialhilferecht ist die Kenntnis des Leistungsträgers von der Hilfebedürftigkeit nicht anspruchsauslösend. Den Klägern ist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X einzuräumen. § 37 SGB II normiert keine gesetzliche Frist. Ebenso wenig stehen ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im streitigen Zeitraum auf Grund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu. Es mangelt bereits an einer Pflichtverletzung der Beklagten. Sie ist ihrer Verpflichtung zur zeitnahen Information der Leistungsempfänger vor dem Ende des Bewilligungsabschnitts nachgekommen, indem sie im Juli 2008 auf das Erfordernis der Antragstellung auch für den Fall der Fortzahlung über den 31.08.2008 hinaus hingewiesen und einen entsprechenden Antrag übersandt hat. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 402 2.11.14.04 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 19.08.2010, B 14 AS 36/09 R Juris 02.02.2011 Sachverhalt: Antragstellung bei Erstausstattung Gründe: Der Anspruch auf Leistungen für Erstausstattung für die Wohnung hängt, wie das BSG mit Urteil vom 19.08.2010 (B 14 AS 10/09 R, vgl. auch BSG, Urt. v. 23.03.2010 – B 14 AS 6/09 R) entschieden hat, nicht davon ab, dass der Hilfebedürftige vor der Beschaffung der entsprechenden Gegenstände einen gesonderten Antrag gestellt hat. Entscheidend für die Auslegung des Begriffs der Erstausstattung ist, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Der Hilfebedürftige hat in diesem Fall, der hier gegeben war, grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Erstausstattung. Dem Grundsicherungsträger steht allerdings ein Auswahlermessen zu. Er kann die Ausstattung entweder als Sachleistung zur Verfügung stellen oder hierfür Geldleistungen erbringen. Da die Beklagte dieses Auswahlermessen nach der Selbstbeschaffung der Möbel durch den Kläger nicht mehr ausüben kann, besteht der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Geldleistung nur, wenn das Ermessen der Beklagten im Sinne einer "Ermessensreduktion auf Null" einschränkt war. Dies ist u. a. der Fall, wenn der Grundsicherungsträger aufgrund verwaltungsinterner Regelungen für die Erstausstattung einer Wohnung stets eine Leistung in Geld erbringt. Eine derartige Ermessensbindung könnte hier aufgrund eines Beschlusses des Kreistages gegeben sein, was das LSG zu ermitteln haben wird. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 403 2.11.14.05 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 22.03.2010, B 4 AS 62/09 R FEVS Bd. 62 S. 104 Sachverhalt: Antrag, Heiz- und Betriebskostennachzahlung, Schulden Gründe: Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II umfasst auch die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Mit der Vorlage der Heiz- und Betriebskostenabrechnung beim Leistungsträger haben die Hilfeempfänger die Höhe ihres Bedarfs insofern lediglich weiter konkretisiert, jedoch keine weitere, vom Antrag nicht erfasst Leistung beantragt. Allein der Umstand, dass die Leistungsberechtigten die Nachforderung nicht innerhalb der vom Vermieter gesetzten Frist beglichen haben, führt nicht dazu, dass es sich – allein durch Zeitablauf – bei den nachgeforderten Heiz- und Betriebskosten nicht mehr um einen aktuellen Bedarf, sondern (nur noch) um nach § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II durch Darlehen auszugleichende Schulden handelt. Bezieht sich die Nachforderung auf einen während der Hilfebedürftigkeit eingetretenen und bisher noch nicht gedeckten Bedarf, handelt es sich jedenfalls um vom SGB II-Träger zu übernehmende tatsächliche Aufwendungen nach § 22 Abs. 1 SGB II. Hat der Grundsicherungsträger den Leistungsberechtigten bereits die monatlich an den Vermieter oder das Energieversorgungsunternehmen zu zahlenden Abschlagsbeträge zur Verfügung gestellt und beruht die Nachforderung auf der Nichtzahlung der als Vorauszahlung vom Vermieter geforderten Abschläge für Heiz- und Betriebskosten, handelt es sich dagegen um Schulden. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 404 2.11.15 Rückwirkende Aufhebung eines rechtswidrigen belastenden Verwaltungsaktes 2.11.15.1 Gericht/Entscheidung: LSG BW, Urteil vom 25.06.2010, L 12 AS 5883/09 Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Rückwirkende Aufhebung von rechtswidrigen Bescheiden gem. § 44 SGB X im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nur eingeschränkt möglich Gründe: Wegen einer vollstationären bzw. späteren tagesklinischen Behandlung hatte das JobCenter den Regelsatz um die häusliche Verpflegungsersparnis gekürzt. Diese Verfahrensweise ist nach dem – später ergangenen Urteil des BSG vom 18.06.2008 – rechtswidrig. Die Entscheidung prägt die ständige Rechtsprechung. Über §§ 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 1 SGB III ist daher vorliegend die rückwirkende Korrektur des Bescheids ausgeschlossen. Eine zeitliche Einschränkung der rückwirkenden Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes findet allerdings dann nicht statt, wenn entweder das Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X schon vor dem Entstehen der ständigen Rechtsprechung in Gang gesetzt worden ist oder der Betroffene selbst die ständige Rechtsprechung herbei geführt hat. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 405 2.11.16 Anwaltskosten/Prozesskostenhilfe 2.11.16.01 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R FEVS Bd. 61 S. 296 Sachverhalt: Bemessung von Anwaltskosten im Widerspruchsverfahren Gründe: Die in Nr. 2004 VV RVG enthaltene Schwellengebühr hat die Mittelgebühr nicht ersetzt. Die billige Gebühr für das Tätigwerden eines Rechtsanwalts im sozialrechtlichen Vorverfahren wird in einem ersten Schritt ausgehend von der Mittelgebühr bestimmt. Sie ist in einem zweiten Schritt in der Höhe des Schwellenwertes zu kappen, wenn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich ist. Bei Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist – von Bagatellsachen abgesehen – im Rahmen der Gebührenabwägung von unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen auszugehen, denen jedoch regelmäßig eine überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit gegenübersteht. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.11.16.02 Gericht/Entscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.06.2010, L 5 AS 610/10 B PKH Sozialgerichtsbarkeit Sachverhalt: Bewilligung von Prozesskostenhilfe bei geringem Streitwert Gründe: Durch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe soll ein unbemittelter hinsichtlich der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend einem Bemittelten gleichgestellt werden. Die Gewährung der staatlichen Hilfe soll indessen nicht dazu führen, dass ein Unbemittelter Rechtsschutz in einer Form oder einem Umfang in Anspruch nimmt, die der Bemittelte sich bei Abwägung von Kosten und Nutzen versagen müsste und würde. Zu berücksichtigen ist daher auch, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. In Anlegung dieses Maßstabs ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung einer RAin – im Übrigen bedarf es der Hilfe angesichts der Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens nicht – im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt. Selbst angesichts der beengten wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers ist vorliegend eine angemessene Relation zwischen Streitwert und Kostenrisiko nicht erkennbar. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 406 2.11.16.03 Gericht/Entscheidung: BVerfG, Beschluss vom 02.09.2010, 1 BvR 1974/08 Juris 28.09.2010 Sachverhalt: Gewährung von Beratungshilfe Gründe: Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Das Amtsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Beschwerdeführerin im konkreten Fall in der Lage war, den Widerspruch persönlich, das heißt ohne anwaltliche Hilfe, einzulegen. Zwar kann die Notwendigkeit anwaltlicher Beratung verfassungskonform nicht stets und pauschal mit der Verweisung auf ein Parallelverfahren verneint werden. Hier hat die Beschwerdeführerin jedoch ohne Schwierigkeiten erkannt, dass es in dem Bescheid vom 23.01.2008 um die gleiche rechtliche und tatsächliche Problematik ging wie in den drei zuvor ergangenen Kürzungsbescheiden und dass das Sozialgericht die betreffende Rechtsfrage im vorangegangenen gleichgelagerten Verfahren zu ihren Gunsten entschieden hatte. Die Beschwerdeführerin hatte gegen die drei zuvor erlassenen Kürzungsbescheide persönlich Widerspruch eingelegt und hinsichtlich des dritten Bescheides ausdrücklich auf die bereits vorliegende Entscheidung des Sozialgerichts verwiesen. Zudem hatte sie sich schon in dem Verfahren vor dem Sozialgericht selbst vertreten und dort sachkundig auf Rechtsprechung Bezug genommen, die der Rechtsauffassung des Grundsicherungsträgers widersprach. Es leuchtet deshalb nicht ein, warum ihre Rechtskenntnisse für die Einlegung des Widerspruchs gegen den letzten Bescheid vom 23.01.2008 nicht ausgereicht haben sollen. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 407 2.11.16.04 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 21.12.2009, B 14 AS 83/08 R FEVS Bd. 61 S. 529 Sachverhalt: Höhe der Schwellengebühr bei Bedarfsgemeinschaft Gründe: Bei mehreren Auftraggebern erhöht sich auch die Schwellengebühr (Nr. 2400 VV RVG) entsprechend der Anzahl der Auftraggeber um jeweils 30 v. H. bis maximal zum Doppelten des Ausgangsbetrages. Eine Einschränkung dahin gehend, dass eine Erhöhung auch bei mehreren Auftraggebern nur in Betracht kommt, wenn dies dazu führt, dass die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig wird, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Eine Mehrheit von Auftraggebern liegt vor, wenn derselbe Rechtsanwalt für verschiedene natürliche Personen tätig wird, also auch wenn er für die jeweiligen Individualansprüche von Personen einer Bedarfsgemeinschaft tätig wird, wobei die Vertretung Minderjähriger durch ein Elternteil dem nicht entgegensteht. -------------------------------------------------------------------------------------------------------------2.11.16.05 Gericht/Entscheidung: OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.11.2009, 4 LA 230/08 FEVS Bd. 61 S. 547 Sachverhalt: Anwaltskosten, Verwaltungsverfahren, Widerspruchsverfahren Gründe: Ein Widerspruch ist grundsätzlich nur dann i. S. § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X erfolgreich, wenn einem Widerspruchsbegehren durch eine stattgebende Entscheidung nach §§ 72, 73 VwGO unmittelbar entsprochen wird. Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 63 SGB X knüpft daher zwingend an den Erlass einer in einem förmlichen Verfahren nach §§ 68 ff. VwGO ergangenen Entscheidung an. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 408 3. Atypische Entscheidung, die sich nicht ohne weiteres in das Recht der Einzelfallhilfe einordnen lassen 3.1 Gericht/Entscheidung: BSG, Urteil vom 13.04.2011, B 14 AS 98/10 Quelle: Juris 14.04.2011 Sachverhalt: Jobcenter muss Tariflohn für unzulässigen Ein-Euro-Job erstatten. Gründe: Das Jobcenter hatte einem Klienten 2005 einen Ein-Euro-Job als Helfer beim Umzug des Fachbereichs Gesundheit der Stadt Mannheim vorgeschlagen. Der Arbeitslose trat diese Arbeit an, legte aber Widerspruch ein und beantragte Rechtsschutz beim Sozialgericht. Es handele sich nicht wie vom Gesetz verlangt, um zusätzliche Arbeit, sondern um eine Tätigkeit, für die die Stadt ohne arbeitslose Helfer ein Umzugsunternehmen beauftragten würde, argumentierte er. Im Zuge des Rechtsstreits zog das Jobcenter seinen Ein-EuroJob-Bescheid zurück. Zunächst hatte der Arbeitslose gegen die Stadt auf regulären Lohn geklagt. Das Arbeitsgericht Mannheim wies die Klage ab, weil auch ein rechtswidriger Ein-Euro-Job kein Arbeitsverhältnis sei. In einem ähnlichen Fall hatte 2007 das Bundesarbeitsgericht in Erfurt diese Rechtsauffassung bestätigt und den Ein-Euro-Job als Beschäftigungsverhältnis "öffentlichrechtlicher Natur" bezeichnet. Wie nun das BSG entschied, hat der Arbeitslose aber einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen das Jobcenter. Sein Ein-Euro-Job sei nicht zusätzlich und daher rechtswidrig gewesen. Das verantwortliche Jobcenter müsse ihm daher einen lohn in Höhe des Tariflohns als Umzugshelfer erstatten. Im Grundsatz wären das € 698. Doch dieses Einkommen muss sich der Arbeitslose auf seine regulären Hartz-IV-Leistungen anrechnen lassen, urteilte das BSG weiter. Nach dem Kasseler Urteil steht ihm dafür nur ein Hinzuverdienstfreibetrag in Höhe von € 149 zu. Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de Unterlagen zur Aus- und Fortbildung Sozialgesetzbuch II – Auswertung der Rechtsprechung Fassung Januar 2011 Rüdiger Lenski Dezernat für Soziales, Senioren, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt am Main Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 212-48973, E-Mail: ruediger.lenski@stadt-frankfurt.de 409