103-202 buch komplett
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Stoffdruck von Weltruf Stoffdruck von Weltruf von Hartwig Stenda Heimatverein: Großes Interesse an Göcke & Sohn Im Hagener Heimatbuch 2004 berichtete Paula Habig unter dem Titel „Friedrich Adler und Heinrich Habig“ über die 1809 als Blaufärberei und -druckerei gegründete „Heinrich Habig Aktiengesellschaft“ in Herdecke. In diesem interessanten Bericht wird ausführlich auf die Entwicklung im Stoffdruck eingegangen. Nicht vergessen werden sollte, dass es auch in Hohenlimburg Blaufärbereien und -druckereien gab, die das reichlich vorhandene Wasser ausnutzten. Letztlich entwickelte sich hier sogar eine Stoffdruckfirma von Weltformat: Göcke und Sohn AG vormals Moritz Ribbert AG. Ausstellung des Heimatvereins Der Verein für Orts- und Heimatkunde Hohenlimburg e.V., hat sich im Rahmen seines monatlichen historischen Stammtisches „Hohenlimburger Geschichte(n)“ mehrfach mit Themen der heimischen Industriegeschichte befasst – unter anderem auch schon häufiger mit der Textilindustrie. Sinn dieser Veranstaltungen ist zudem, erhaltenswerte historische Unterlagen zu sammeln und somit für die Blick in die Ausstellung des Heimatvereins Nachwelt zu erhalten. Bernhard Peschel, ehemaliger Mitarbeiter der Stoffdruckerei, und der Autor dieses Berichtes sammeln seit rund zehn Jahren Exponate, die mit der Textilindustrie zu tun haben. Wir konnten daher im Rahmen des Hohenlimburger Stadtfestes vom 1. bis 3. Juli 2005 eine umfangreiche Ausstellung mit dem Titel „Hohenlimburg – ehemalige Hochburg des Stoffdruckes“ aufbauen – 200 Jahre nach Gründung der Firma Moritz Ribbert. … die Afrika-Drucke waren der Blickfang der Ausstellung 107 Viele ehemalige Mitarbeiter haben Unterlagen zur Verfügung gestellt, die sich heute meist im Besitz des Heimatvereins befinden. In 20 großen Ausstellungsrahmen wurde ein Querschnitt durch die Firmengeschichte dargeboten. Die vielen Stoffe wurden von der Hohenlimburger Schneidermeisterin Inge Szoltysik und ihren Mitarbeiterinnen an 15 Schneiderpuppen attraktiv drapiert und somit „in Szene gesetzt“. Vor allen Dingen die Kontinental- oder Afrika-Drucke wurden auf diese Weise wirkungsvoll präsentiert und bildeten den Blickfang der Ausstellung. Die Ausstellung stieß auf ein reges Publikumsinteresse, mit dem wir als Veranstalter nicht gerechnet hatten. Noch heute werden uns Exponate zur Verfügung gestellt, die die Firmengeschichte abrunden. Wir sammeln weiter! Abgesehen von den „Puppen“ zeigten wir: - Fakten zur Lehrlingsausbildung – Ausbildungshefte zwischen 1950 und 1960 mit Stoffmustern nach eigenen Entwürfen der Lehrlinge. - Viele Fotoalben und Einzelfotos von Betriebs- und Abteilungsfeiern. - Aufzeichnungen der weltweiten Handelsbeziehungen anhand von Europa- und Weltkarten. - Originale von alten Hand- und Druckmodelen. - Kopierbuch der Firma Ribbert von Oktober 1896 bis Juni 1905, in dem nach einem Spezialverfahren Kopien der Geschäftspost auf Seidenpapier angefertigt wurden (mit Originalunterschriften von Moritz Ribbert). - Original-Druckplatte für Briefbögen der Firma Ribbert – Blaudruckerei und Färberei mit Ortsbildern von Hohenlimburg in Westfalen und dem Zweigwerk in Frankenberg/Sachsen. Die Druckplatte ist noch auf Holz aufgezogen und stammt wahrscheinlich aus der Zeit um 1900 (das Werk in Frankenberg wurde Handmodel 108 - 1910 stillgelegt). Von dieser Druckplatte wurden im Juni 2005 noch Druckabzüge für die Ausstellung hergestellt. Originalwerkzeuge aus der Gravur, die teilweise von den Mitarbeitern selbst hergestellt wurden: Graveurhammer, Flach- und Spitzstichel zum Eingravieren der Muster in die Kupferwalzen. Farbenprächtige Original-Aquarelle von Erwin Bindewald von den Fabrikanlagen und den Arbeitsvorgängen in den Fabrikhallen. Konstruktionszeichnungen vom Maschinenpark. Eine Sammlung übergroßer Negativ-Fotos von Produktionsvorgängen; wahrscheinlich zwischen 1950 und 1960. Briefköpfe der Firmen Moritz Ribbert AG und Göcke & Sohn AG. Schriftwechsel, insbesondere mit der Stadt Hohenlimburg und den Stadtwerken, zwecks Errichtung von Brunnen und Dampfkesseln. Bücherecke während der Ausstellung In einer separaten Ecke lagen Fotoalben und Bücher zur Einsicht aus. Von dieser Möglichkeit wurde reichhaltig Gebrauch gemacht. So mancher „Göckianer“ fand sich auf den Fotos wieder, die anlässlich von Betriebsfeiern, Abteilungsfahrten oder am Arbeitsplatz „geschossen“ wurden. Zum absoluten Renner in der Bücherecke entwickelten sich zwei handschriftlich geführte große Kladden, in denen alphabetisch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingetragen sind, die in der Zeit von 1932 bis Juli 1948 bei der Firma Göcke & Sohn ihre Arbeit aufgenommen haben (mit Eintrittsdatum, Geburtstag, Anschrift usw.). Gleich in mehreren Ausführungen war das Buch „Bunter Traum auf gewebtem Grund – Aus der Wunderwelt des Stoffdruckes“ vorhanden. Die erste Auflage stammt aus den 1930er Jahren und wurde von Karl Kasper verfasst. Die in diesem Buch veröffentlichten Aquarelle und Zeichnungen wurden nach Originalen von Erwin Bindewald angefertigt, der dann 1950 die Original-Aquarelle der Hohenlimburger Firma malte. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Nachfrage nach diesem umfassenden Nachschlagewerk so groß, dass die „Vereinigung der Stoffdruckereien e.V.“, Frankfurt am Main, 1950 die zweite Auflage im Georg-Westermann-Verlag herausbrachte (1951 auch in englischer Sprache). Als Motiv für den Bucheinschlag wurde Albrecht Dürers Meisterwerk „Ritter, Tod und Teufel“ ausgewählt. Nach dem Original des Künstlers musste der Graveur Heinz Peters im Göcke-Atelier eine Neugravur schaffen. Dann wurde das Buch mit der folgenden eingefügten Widmung verschickt: „Unseren Freunden in aller Welt zugeeignet – Göcke & Sohn AG – Stoffdruckerei seit 1805 – Hohenlimburg i.W.“ Alle Geschäftsberichte (mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung) vom 1. August 1904 bis zum 30. Juni 1954 liegen in gebundener Form vor (bis 30.6.1936 Moritz Ribbert und danach Göcke & Sohn). Einzelne Geschäftsberichte aus den nachfolgenden Geschäftsjahren sind ebenfalls vorhanden. Gern durchgeblättert wurde auch das Fotoalbum vom Besuch der „Ecole Bréguét, Paris“ im Jahre 1950 mit Empfang bei Bundespräsident Theodor Heuss. Dr. L.M. Göcke hatte zum 17. August 1950 zwei Dutzend französische Studenten der „Ecole Bréguét, Paris“ zu einem 18-tägigen Deutschlandbesuch eingeladen. Dieser Besuch fiel in die Zeit der ersten Bemühungen zur französischdeutschen Aussöhnung. Höhepunkt war der zwanglose Empfang bei Bundespräsident Heuss auf der Viktorshöhe in Bonn. Abbé Compagnon, der Leiter der französischen Abordnung, sagte am ehemaligen Hohenlimburger Ehrenmal an der Iserlohner-/Ecke Esserstraße bei einer Kranznieder- Bundespräsident Prof. Dr. Theodor Heuss und die Firmenleitung Göcke & Sohn beim Besuch französischer Studenten … legung: „ES IST UNSER WUNSCH FÜR ALLE; DASS UNSERE KINDER NICHT MIT DENEN ZU KÄMPFEN BRAUCHEN, DIE UNS HEUTE SO HERZLICH EMPFANGEN HABEN.“ Alles in allem ein gelungener Beitrag zur Völkerverständigung fünf Jahre nach Kriegsende. Diverse Betriebszeitungen für die Mitarbeiter/innen zwischen November 1950 und Februar 1952 mit den Titeln: „Betriebsmitteilungen Göcke & Sohn“ und „Hand in Hand – Feierabendblatt für die Mitarbeiter der Göcke & Sohn AG“ ergänzten die Palette. Es ist schon erstaunlich, welche Anstrengungen die Firmenleitung unternommen hat, um das Zusammenleben am Arbeitsplatz und auch das Zusammengehörigkeitsgefühl nach Feierabend zu verbessern. Bei Weihnachtsfeiern traten gelegentlich bis zu vier Weihnachtsmänner auf. Es wurde Wert auf ein starkes Betriebszugehörigkeitsgefühl gelegt. Dieses Gefühl und eine … anlässlich des 150. Firmenjubiläums 1955 emotionale Verbundenheit zur Firma und den Kollegen war auch während der Ausstellung noch nach 30 Jahren zu spüren. Wir hatten den Eindruck, dass die ehemaligen Mitarbeiter heute noch eine große Firmenfamilie bilden. Anfang der 1950er Jahre trat eine eigene Laienspielgruppe auf. So wurde zum Beispiel am 21. Oktober 1950 im neuen Jugendheim ein unterhaltendes Programm mit Gesang, Tanz und dem Laienspiel „Der deutsche Schalk“ dargeboten – bei freiem Eintritt natürlich. 110 Geschichte der Firma Die Herstellung von Textilien und deren Bearbeitung wurde bis zum 19. Jahrhundert oft in Heimarbeit betrieben. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich dann in vielen Teilen Deutschlands eine umfangreiche textilherstellende und -veredelnde Industrie. 1861 gab es allein in Elsey vier Fabriken für leinene Waren mit insgesamt 38 Webstühlen. In der übrigen Grafschaft Limburg existierten weitere 36 Webstühle mit 20 selbstständigen Meistern und 16 Gehilfen und Lehrlingen. In Limburg waren die Bleichereien bedeutender als die Webereien. Die benötigten Garne wurden zunächst auf Rasenflächen gebleicht (dadurch wurde die Ware fest geschlossen und kräftig) und dann gewebt. „Brand’s Bleiche“ wurde in einem Bild von 1850 festgehalten. Sie stand im Bereich unseres heutigen Rathauses. Auch die Straßennamen „An der Bleiche“ und „Färberstraße“ erinnern an die Textilindustrie in der Region. Die Firma H.D. Nettmann betrieb bereits 1780 eine Tuchfabrik, die 1826 von Elsey nach Limburg verlagert wurde. 1857 wurden dort 115 Arbeiter beschäftigt. Hinzu kamen noch zwei kleinere Tuchfabriken: C. Steltmann (1825 gegründet) und Carl Brand aus dem Jahre 1835. Im Jahre 1804 beantragte der Färbergeselle Moritz Ribbert aus Elsey „untertänigst“ bei der gräflichen Verwaltung in Rheda die Genehmigung, das Gewerbe eines selbstständigen Blaufärbers ausüben zu dürfen. Im Hintergebäude eines Wohnhauses „Im Stift“ in Elsey begann er recht bescheiden im Jahre 1805, um dann bereits nach einem weiteren Jahr seine Produktion an das andere Lenneufer zu verlagern. Auf dem Gelände einer stillgelegten Drahtrolle des alten Sunderhofes, ebenfalls zur Gemarkung „Elsey“ gehörend, liegt also die Keimzelle der Firma Moritz Ribbert, der späteren Firma Göcke & Sohn AG. Aus der kleinen Drahtrolle wurde ein großer Fabrikenkomplex mit einem Areal von 125.000 m2. Die Firma nahm einen rasanten Aufschwung. Moritz Ribbert machte sich von den Aufträgen des Lohngeschäftes unabhängig und war zum Einkauf von Rohgeweben auf eigene Rechnung übergegangen. Er bleichte, färbte und druckte Stoffe, die er dann auch selbst vertrieb. Aus der ursprünglichen Färberei war eine Stoffdruckerei geworden. Gedruckt wurde zunächst im Handdruckverfahren mit selbst hergestellten Handmodeln. Danach führte er das mechanische Drucken ein, er stellte entsprechende Maschinen auf: „Perrotinen“ (nach dem französischen Erfinder Perrot benannt). Bald mussten immer häufiger städtische Genehmigungen zur Errichtung größerer Dampfkesselanlagen erteilt werden, ebenso für den Ausbau und die Erschließung von Brunnen. Die Firma entwickelte sich zu einem prosperierenden Unternehmen. 1871 wurde in Hohenlimburg die erste Walzendruckmaschine in Betrieb genommen, eine moderne Rouleau-Druckmaschine. Julius Ribbert verhaftet Die Söhne von Moritz Ribbert knüpften die ersten Handelsbeziehungen auf den Spuren der deutschen Kolonialarbeit bis nach Afrika. Der Afrikadruck wurde zur Spezialleistung der Firma. 1904 brachten jedoch spekulative Geschäfte außerhalb des Stoffdruckes die Firma in arge Finanznot. Julius Ribbert schied aus der Firma aus. 111 Am 25. November 1904 wurde das Familienunternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt – mit drei Millionen Mark Kapital. Nachfolgend Auszüge aus dem „Altenaer Kreisblatt“ aus dem Jahre 1904, die die turbulenten Zeiten der Firma beschreiben: 27. April 1904: „Kommerzienrat Julius Ribbert, Mitinhaber der hiesigen Blaudruckerei und Färberei Gebr. Ribbert, kommt für den Schaden auf. Julius Ribbert hat sich nach England begeben. Es soll sich, wie der „Iserlohner Kreisanzeiger“ schreibt, herausgestellt haben, daß er für 9 Millionen Mark Akzepte ohne Wissen seines Vaters im Umlauf gesetzt habe. Er hatte sich in große Kali-Unternehmungen eingelassen…“ 1. September 1904: „Der Kaufmann Engelhardt, der bisher als Privatsekretär bei dem Kommerzienrat Julius Ribbert tätig war, ist wegen Beihilfe zum Betrug verhaftet worden. Gegen Ribbert selbst ist ein Haftbefehl wegen Betruges erlassen. Die gesamte Korrespondenz ist beschlagnahmt. Er selbst ist nach Köln abgereist. Sein Aufenthalt ist bisher unbekannt.“ 27. September 1904: „Gegen den Kommerzienrat Julius Ribbert hat nun auch seine Ehefrau Klage auf Ehescheidung eingereicht unter der Behauptung, daß der Beklagte durch schwere Verletzung der durch die Ehe begründeten Pflichten sowie durch ehrloses und unsittliches Verhalten eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses verschuldet habe, daß ihr die Fortsetzung der ehelichen Gemeinschaft nicht zugemutet werden kann.“ 22. November 1904: „Der nach Veruntreuung flüchtig gewordene Kommerzienrat Julius Ribbert ist Sonntag in Paris verhaftet worden. Er lebte unter falschem Namen und wurde in einer Theaterloge von früheren Geschäftsfreunden erkannt, worauf nach Schluß des Theaters die sofortige Verhaftung erfolgte …“ 24. November 1904: „Es ist durchaus unrichtig, daß die Verhaftung von Ribbert in einem Theater zu Paris erfolgt sei; sie ist vielmehr erfolgt, als Ribbert im Begriffe stand, von Paris nach Hagen abzufahren, wo er sich vollständig freiwillig dem Untersuchungsrichter stellen wollte.“ 14. Dezember 1904: „Der vor 3 Wochen in Paris verhaftete Kommerzienrat Julius Ribbert traf unter polizeilicher Begleitung in vergangener Nacht mit dem Kölner Zug in Hagen ein und wurde mittels Wagen in das dortige Landgerichtsgefängnis verbracht.“ Soweit die Zitate aus der damaligen Presse. Zur Gesellschaft gehörte ein Filialwerk in Frankenberg/Sachsen, das jedoch wegen schlechter Geschäftsentwicklung bereits 1910 wieder stillgelegt wurde. Der Erste Weltkrieg brachte trotz rechtzeitiger weitsichtiger Rohwareneinkäufe Rückschläge mit sich, obwohl bis 1916 mit voller Kraft gearbeitet werden konnte. 1922 wanderte der Aktienbesitz in die Hände von Josef und Alfred Blumenstein. Die Folgen der Weltwirtschaftskrise führten 1931 zum Zusammenbruch des BlumensteinKonzerns. Die Aktien gingen auf die Shantung-Handels-AG über. Bernhard Göcke übernahm gemeinsam mit seinem Sohn Dr. Ludwig Göcke die Aktien der Moritz Ribbert AG und die Leitung des Unternehmens. 1937 wurden 200 Mitarbeiter beschäftigt – 1939 bereits rund 1.000. 1938 erfolgte die Umbenennung in Göcke & Sohn vorm. Moritz Ribbert AG. 112 Bald wieder weltweit begehrt Nach dem Zweiten Weltkrieg war es dank unternehmerischer Initiative und dem unermüdlichen Einsatz der Mitarbeiter möglich, in relativ kurzer Zeit wieder auf den neuesten Stand der Technik zu kommen und auch schnell wieder weltweite Bedeutung zu erlangen. Es folgte eine rege Teilnahme an nationalen und internationalen Messen, so schon 1950 auf der ersten „Internationalen Handelsmesse“ in Chicago. Unter nur wenigen Textilfirmen war die Hohenlimburger Firma mit ihrem Repräsentaten Jos. Schmitz erstmalig in USA vertreten. Und 1951 reiste man zur „Internationalen Handelsmesse“ in Leopoldville, Belgisch-Kongo. Nachfolgend einige Sätze, die der Prokurist Jos. Schmitz über seine Leopoldville-Reise in einem Aufsatz in den „Betriebsmitteilungen“ 1951 veröffentlichte: „Die Messe war einmalig schön und hält jeden Vergleich mit irgendeiner europäischen oder außereuropäischen internationalen Messe aus. Außer Göcke war nur noch Mercedes mit eigenem Stand vertreten und die Andreas-Brauerei aus unserer Nachbarstadt Hagen in einer Kollektivschau; ansonsten Aussteller aus allen Ländern der Erde.“ – „Das Amüsante meines Aufenthaltes sah ich im besonderen darin, an jeder Straßenecke, vor allen Dingen in den Eingeborenenvierteln, Göckedrucke um den Bauch Afrika-Druck „Mwami“ schöner und weniger schöner schwarzer Mädchen gewickelt zu sehen. Ein einmaliger Erfolg ist das im ganzen Kongogebiet bekannte „Mwami-Dessin“, das leider bisher unter englischer Flagge gelaufen war und erst durch unser persönliches Auftreten als deutsche Produktion entlarvt wurde.“ 1951 folgt die Teilnahme an der Muster-Messe in Hannover mit einem außergewöhnlichen Stand von Göcke & Sohn in der Europa-Halle. Zitat aus der Zeitschrift „Nachrichten der Deutschen Industrie-Messe“: „Das Hauptfenster des Standes unter dem Leitmotiv: ,Karneval in Venedig’ bietet eine Fülle edler bedruckter Gewebe. Die farbige Leuchtkraft der Taffet-Moiré-Drucke und ihre kultivierte Dessinnierung sind die Zeugnisse gepflegten Geschmacks. Auch die weiteren Fenster des Standes mit den ersten Mustern der Winterkollektion 1951/52, der bunten Vielfarbigkeit der Afrika-Drucke und den ausgezeichneten Dekorationsstoffen bieten eindrucksvolle Bilder.“ Heinz Oestergaard, der junge deutsche „König der Mode“, beschäftigte sich eingehend mit der Göcke-Kollektion 1952. Er sagte in Hohenlimburg: „Ich wünschte vielen Damen, daß sie einmal genau wüssten, wieviel Mühe und wieviel großes Können aufgeboten wird, um sie schön zu machen.“ Im Rahmen einer Oestergaard-Schau in 40 Städten Westdeutschlands wurde seine Kollektion mit „Cupresa-Lavabel“ gezeigt, einer Retortenfaser der Bayer-Werke. Dabei fanden die Göcke-Drucke großen Anklang. 113 Um 1960 wurden ca. 1.200 Menschen beschäftigt, und 33 Millionen Meter (!) bedruckter Stoffe verließen jährlich das Werk – eine Stoffbahn, die fast um die Erde reichte. Ein überdurchschnittlicher Prozentsatz der Produktion ging in den Export. 20 riesige Druckmaschinen standen im Werk, die in einem Arbeitsgang zwölf Farben verarbeiten konnten: Arbeitsleistung einer Maschine: ca. 3.000 Meter in der Stunde. Ende 1950 schließlich wurde eine Filmdruckerei angegliedert. Neben dem technischen Herstellungsgang des Drucks spielte die 1951 Göcke-Stand auf der Mustermesse in Hannover kreative, künstlerische Gestaltung eine wichtige Rolle. Namhafte inund ausländische Künstler wurden beschäftigt, die die Dessins entwarfen. Im eigenen Atelier arbeiteten begabte Mitarbeiter an der Erstellung der Gravuren für die Metallwalzen sowie bei der Anfertigung der Filmdruckschablonen. Im Labor und in der Farbküche (scherzhaft auch „Hexenküche“ genannt) wurden die geheimnisvoll-brillanten Farben entworfen und hergestellt, die in der Wirtschaftsminister L. Erhard am Göcke-Stand in Hannover ganzen Welt begehrt waren. Feindliche Übernahme und Konkurs Danach trat ein häufiger Wechsel in den Besitzverhältnissen der Firma ein, der dann 1972 zum Konkurs führte. Dieses „dunkle Kapitel“ der Firmengeschichte bedarf noch einer intensiven Aufarbeitung. Aus heutiger Sicht kann man durchaus von einer „feindlichen Übernahme“ sprechen. Unter dem Titel „Das Drama der Firma Göcke & Sohn im Spiegel der Presse“ besitzt der Hohenlimburger Heimatverein eine umfangreiche Sammlung aus den Jahren 1971–1973. Der bestellte Konkursverwalter schrieb das letzte Kapitel der Firmengeschichte. Am 17. Januar 1972 eröffnete das Hagener Amtsgericht über das Vermögen der Gesellschaft das Konkursverfahren. 114