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Jahrbuch 2015/2016 | Dittrich, Falk; Frankl-Vilches, Carolina; Ko, Meng-Ching; Diales da Rocha, Mariana; Leitner, Stefan; Gahr, Manfred | W ie Geschlechtshormone den Vogelgesang regulieren Wie Geschlechtshormone den Vogelgesang regulieren How sex hormones regulate birdsong Dittrich, Falk; Frankl-Vilches, Carolina; Ko, Meng-Ching; Diales da Rocha, Mariana; Leitner, Stefan; Gahr, Manfred Max-Planck-Institut für Ornithologie, Seew iesen Korrespondierender Autor E-Mail: dittrich@orn.mpg.de Zusammenfassung Artspezifische saisonale Gesangsveränderungen, die durch Geschlechtshormone verursacht w erden, können auf Unterschieden in den Genexpressionsmustern beruhen, die im Gesangskontrollsystem induziert w erden. Dabei basieren die Unterschiede der Geschlechtshormonw irkung zw ischen Singvogelarten auf artspezifischen genomischen Regulationsmechanismen. Trotzdem modifizieren Geschlechtshormone die neuronalen Verschaltungen im Gehirn bei Singvögeln w ie bei Säugetieren zum Teil durch ähnliche zelluläre Prozesse. Summary Species-specific seasonal changes of bird song, that are caused by sex hormones, can be a consequence of distinct gene expression patterns induced in the song control system. In songbirds, different sex hormone activities are based on divergent genomic regulatory mechanisms. How ever, neuronal w iring of the songbird as w ell as mammalian brain is modified by sex hormones via to some extent comparable cellular processes. Geschlechtshormone haben bei W irbeltieren einen entscheidenden Einfluss auf die Ausprägung physiologischer, morphologischer und verhaltensbiologischer Merkmale, die den Erfolg bei der Fortpflanzung bestimmen. So steht bei Vögeln die Ausprägung des Territorial- und Fortpflanzungsverhaltens, und bei Singvögeln insbesondere die des Balzgesanges unter dem Einfluss des Geschlechtshormons Testosteron (Abb. 1). Geschlechtshormone regulieren solche für die Fortpflanzung relevanten Merkmale über genetische und zelluläre Mechanismen. Da sie somit potenzielle Ansatzpunkte für Selektionsprozesse der Evolution darstellen, sind diese aus verhaltensbiologischer Sicht von besonderem Interesse. Die neuesten Arbeiten einer Arbeitsgruppe um Manfred Gahr vertiefen das W issen um jene hormonellen Regulationsmechanismen, die bei Singvögeln in dem für das Erlernen und die Produktion des Gesangs verantw ortlichen Gesangskontrollsystem des Vorderhirns w irksam sind. © 2016 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 1/9 Jahrbuch 2015/2016 | Dittrich, Falk; Frankl-Vilches, Carolina; Ko, Meng-Ching; Diales da Rocha, Mariana; Leitner, Stefan; Gahr, Manfred | W ie Geschlechtshormone den Vogelgesang regulieren A bb. 1: Ka na rie nvöge l sind e in gut unte rsuchte s Singvoge lm ode ll, be i de m de r Ge sa ng ha uptsä chlich von Mä nnche n produzie rt, sa isona l ve rä nde rt und durch Te stoste ron re gulie rt wird. In de r Abbildung sind in Spe k trogra m m e n die Silbe n von Ge sa ngsa usschnitte n da rge ste llt. (A) Be im Ge sa ng m ä nnliche r Ka na re ngirlitze (= W ildform de s Ka na rie nvoge ls) ist die W ie de rholungsfre que nz e inige r wä hre nd de r Brutsa ison (breeding season) ve rwe nde te n Silbe n höhe r a ls be i de ne n, die a uße rha lb de r Brutsa ison (nonbreeding season) produzie rt we rde n. Da rübe r hina us singe n die Mä nnche n ca . 25 % de r Silbe n in nur e ine r de r be ide n Fortpfla nzungspha se n. (B) W e ibche n dom e stizie rte r Ka na rie nvöge l singe n in de r R e ge l nicht. Je doch k a nn e ine m e hrwöchige syste m ische Be ha ndlung m it Te stoste ron be i W e ibche n die Ge sa ngse ntwick lung induzie re n. © Ma x -P la nck -Institut für O rnithologie / Dittrich, Le itne r, Me ngC hing Geschlechtshormone und Balzgesang Das Gesangskontrollsystem der Singvögel besteht aus einem Netzw erk untereinander durch Projektionsneurone verschalteter Kernregionen, die sich anatomisch deutlich von dem sie umgebenden Gehirngew ebe unterscheiden (Abb. 2) [1]. Singvogelarten, bei denen hauptsächlich die Männchen Gesänge produzieren, zeichnen sich durch einen ausgeprägten Sexualdimorphismus aus: ihre Kernregionen sind erheblich größer. W ie anderen phänotypischen Geschlechtsmerkmalen des W irbeltiergehirns liegen auch der sexuell dimorphen Differenzierung des Gesangskontrollsystems Mechanismen zugrunde, die durch Geschlechtschromosomen festgelegt w erden, w ohingegen Geschlechtshormonen w ährend der Jugendentw icklung eine aktivierende Rolle zukommt. So kontrolliert Östrogen bei jungen Zebrafinkenmännchen in einem übergeordneten Kern des Gesangskontrollsystems zu Beginn der Gesangslernphase die Expression des Nervenw achstumsfaktors BDNF (brain-derived neurotrophic factor), der eine w ichtige Rolle beim Gesangslernen spielt [2, 3]. © 2016 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 2/9 Jahrbuch 2015/2016 | Dittrich, Falk; Frankl-Vilches, Carolina; Ko, Meng-Ching; Diales da Rocha, Mariana; Leitner, Stefan; Gahr, Manfred | W ie Geschlechtshormone den Vogelgesang regulieren A bb. 2: Im ze ntra le n Ne rve nsyste m de r Singvöge l a k k um ulie re n in de n Ke rne n de s Ge sa ngsk ontrollsyste m s je ne Ne rve nze lle n, die da s Ge sa ngsve rha lte n ste ue rn. Am obe re n Ende ihre s Ne tzwe rk e s lie gt im Vorde rhirn de r HVC . Ein Typ se ine r P roje k tionsne urone form t die prä m otorische Ba hn und inne rvie rt de n robust nucleus of the arcopallium (R A) dire k t. Ein a nde re r Ne urone ntyp se nde t se ine Fortsä tze zur Are a X, wom it die a nte riore Vorde rhirnschle ife be ginnt, die übe r we ite re Ke rne e be nfa lls de n R A e rre icht. Von dort a us wird übe r m otorische Ne rve nze lle n im Hirnsta m m die Ak tivitä t de r Musk e ln de s La utbildungsorga ns (Syrinx ) und de s R e spira tionssyste m s k ontrollie rt. © Ma x -P la nck -Institut für O rnithologie / Ga hr, Le itne r Für eine w ichtige Rolle des gonadalen Hormons für das adulte Gesangsverhalten spricht die bei Männchen verschiedener Singvogelarten gemachte Beobachtung, dass eine Rückbildung des Balzgesanges nach Kastration durch Testosteron rückgängig gemacht w erden kann. Auch lässt sich bei erw achsenen Männchen von Singvogelarten gemäßigter Klimazonen die Testosteronkonzentration im Blut mit saisonalen Veränderungen des Gesangsverhaltens und der Morphologie einiger Kerne des Gesangskontrollsystems korrelieren. So steigt die Testosteronkonzentration im Blutplasma infolge zunehmender Tageslängen zu Beginn der Brutperiode an und führt zu Veränderungen im Gesangskontrollsystem. Fraglich bleibt, w elche der genetischen und zellulären Veränderungen ursächlich mit der W irkung des Hormons auf die Qualität des Gesangs verbunden sind. Geschlechtshormone und adultes Gesangskontrollsystem So w ie Testosteron die Lautstärke, Dauer und Qualität des Vogelgesangs verändert, kann es das Wachstum der Muskeln des Gesangskontrollsystems Lautbildungsorgans und die (Syrinx), Eigenschaften Motivation seiner vermittelnde neuronalen Kerne Innervierungen beeinflussen. Zu des den morphologischen Veränderungen, die in bestimmten Kernen nach langfristiger Testosteronbehandlung auftreten, gehört die Volumenzunahme als Folge vergrößerter Neuronenkörper und Zellabstände, sow ie der Bildung neuer Nervenzellen (Neurogenese). Dendritenbäume, die Gesamtheit der Nervenzellfortsätze mit Reizeingängen, w achsen und die Anzahl dendritischer Sporne und Synapsen nimmt zu (Abb. 3a, b). Hinsichtlich dieser Prozesse w urden bis vor kurzem allein die an der Neurogenese beteiligten molekularen Vorgänge der Testosteronw irkung näher untersucht. Als Versuchsmodell diente dabei der w eibliche Kanarienvogel, bei dem - w ie bei den Weibchen manch anderer Singvogelart - die Differenzierung des © 2016 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 3/9 Jahrbuch 2015/2016 | Dittrich, Falk; Frankl-Vilches, Carolina; Ko, Meng-Ching; Diales da Rocha, Mariana; Leitner, Stefan; Gahr, Manfred | W ie Geschlechtshormone den Vogelgesang regulieren Gesangskontrollsystems und männlicher Gesang durch Testosteron induziert w erden kann. Bereits vier Tage nach Beginn der Behandlung stimuliert Testosteron im HVC des Gesangskontrollsystems die Expression von VEGF (vascular endothelial growth factor), einem Wachstumsfaktor für das Endothel, sow ie die des VEGFRezeptors. Die Expression der perivaskulären Gelatinase MMP2 (matrix metalloproteinase 2) steigt an und nach zw ei Wochen ist die BDNF-Expression in den Endothelzellen des HVC erhöht. So löst Testosteron im HVC eine Vergrößerung des mikrovaskulären Systems aus, das vermehrt BDNF sezerniert, w odurch die Rekrutierung neu geborener Nervenzellen unterstützt w ird. Die Rolle dieses Prozesses für die Testosteron-abhängige Entw icklung eines männlichen Gesangs beim Kanarienvogelw eibchen ließ sich experimentell nachw eisen, indem er durch die pharmakologische Hemmung der VEGF-Rezeptor-Aktivität verhindert und durch die zusätzliche Expression von exogenem BDNF stimuliert w erden konnte [4]. Ob Testosteron im HVC w eitere zelluläre Prozesse verändert, sollten Transkriptom-Analysen zeigen, die der Untersuchung der Expression aller Gene dienen. © 2016 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 4/9 Jahrbuch 2015/2016 | Dittrich, Falk; Frankl-Vilches, Carolina; Ko, Meng-Ching; Diales da Rocha, Mariana; Leitner, Stefan; Gahr, Manfred | W ie Geschlechtshormone den Vogelgesang regulieren A bb. 3: Die be im we ibliche n Singvoge l durch Te stoste ron induzie rte Ge sa ngse ntwick lung ve rä nde rt die Ke rnre gione n de s Ge sa ngsk ontrollsyste m s. Be im HVC führt die horm one lle Be ha ndlung zu e ine r (A) Volum e nzuna hm e , (B) Ve rvie lfä ltigung de r de ndritische n Ve rzwe igunge n und Sporne und (C ) ve rstä rk te n Tra nsk ription de s BDNF-Ge ns. Ge ze igt we rde n Mik rofotogra fie n vom HVC de s (A, B) Ka na rie nvoge ls und (C ) Europä ische n R otk e hlche ns in histologische n Ge hirnschnitte n na ch e ine r (A) Nissl-Fä rbung, (B) GolgiIm prä gna tion, bzw. (C ) In-situ-Hybridisie rung m it e ine r ra dioa k tive n Sonde für da s Tra nsk ript de s BDNF-Ge ns und a nschlie ße nde r Autora diogra fie . P fe ile de ute n a uf de n ve ntra le n R a nd vom HVC . Da te n für (C ) a da ptie rt na ch [5]. © Ma x -P la nck -Institut für O rnithologie / Dittrich, Dia le s da R ocha Testosteron und Transkriptom des HVC Genomw eite Genexpressionsanalysen zeigten bei verschiedenen Singvogelarten, dass Testosteron im HVC eine Vielzahl von Prozessen verändert. Als die prominentesten Testosteroneffekte erw iesen sich bei männlichen w ie w eiblichen Kanarienvögeln die Morphogenese des Blutgefäßsystems und von Nervenzellfortsätzen sow ie die Zunahme der synaptischen Aktivität [5, 6]. Übereinstimmend mit der hormonellen W irkung auf die Nervenzellfortsätze im HVC der Singvögel ist bekannt, das Testosteronmetabolite w ie Östradiol bei Nagetieren in verschiedenen Hirnarealen einen anregenden Effekt auf das Wachstum von Dendritenbäumen haben. Angiogenese, © 2016 Max-Planck-Gesellschaft das Wachstum w w w .mpg.de von Blutgefäßen, ist als neuroprotektiver 5/9 Jahrbuch 2015/2016 | Dittrich, Falk; Frankl-Vilches, Carolina; Ko, Meng-Ching; Diales da Rocha, Mariana; Leitner, Stefan; Gahr, Manfred | W ie Geschlechtshormone den Vogelgesang regulieren W irkungsmechanismus von Östradiol im Säugetiergehirn beschrieben, ebenso w ie eine durch Östradiol erhöhte synaptische Aktivität im Hippocampus und die verstärkte Erregbarkeit von bestimmten Neuronen im Hypothalamus. Für ein genaueres Verständnis der Regulationsmechanismen des Testosterons im adulten HVC ist bemerkensw ert, dass die Stimulation der Expression von BDNF ein in der Evolution w eitgehend unverändert erhalten gebliebener Regulationsmechanismus zu sein scheint (Abb. 3c) [5]. Für das Nagetiergehirn ist eine entsprechende W irkung von Östrogen bereits bekannt. Allerdings ist noch nicht endgültig geklärt, ob bei der gut untersuchten und durch Östrogen stimulierten Entw icklung dendritischer Sporne eine kausale W irkungskette vorliegt. Ob beim hormonell induzierten Vogelgesang die entscheidende Funktion von BDNF im Rahmen der Rekrutierung neu gebildeter Nervenzellen im HVC beschrieben w erden kann, ist ebenfalls fraglich. Einen Hinw eis auf eine w eitere Rolle von BDNF geben die Beobachtungen, dass die verstärkte Expression von BDNF und die Veränderung der Verschaltung von Nervenzellen nicht nur konservierte Testosteroneffekte im Gesangskontrollsystem sind, sondern w ahrscheinlich auch in einem kausalen Zusammenhang stehen, w ie er bei Nagetieren bereits vielfach gezeigt w erden konnte. Vergleicht man die Testosteroneffekte im HVC beider Geschlechter und verschiedener Singvogelarten, so scheint z. B. die Neurogenese bei w eiblichen Kanarienvögeln sehr viel stärker durch Testosteron stimuliert zu w erden als bei Männchen. Im Unterschied zum w eiblichen Kanarienvogel w eisen die im HVC w eiblicher Rotkehlchen durch Testosteron hervorgerufenen Veränderungen der Genexpression nicht auf eine deutliche Stimulation der synaptischen Reizw eiterleitung hin. Zelluläre Effekte von Testosteron auf den HVC können folglich geschlechts- und artspezifisch sein, ebenso w ie es die durch Testosteron induzierten Gesänge sind. Diese partielle Heterogenität der Testosteroneffekte auf der Ebene zellulärer Prozesse beruht auf erheblichen Unterschieden zw ischen Vogelarten hinsichtlich der Anzahl der durch das Hormon regulierten Gene (Abb. 4a). Dafür mit verantw ortlich können Unterschiede im Bereich ihrer regulativen Sequenzen sein. © 2016 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 6/9 Jahrbuch 2015/2016 | Dittrich, Falk; Frankl-Vilches, Carolina; Ko, Meng-Ching; Diales da Rocha, Mariana; Leitner, Stefan; Gahr, Manfred | W ie Geschlechtshormone den Vogelgesang regulieren A bb. 4: Die Artspe zifitä t de r Ve rä nde runge n de s Ge ne x pre ssionsm uste rs im HVC , die Te stoste ron induzie rt, k önnte a uf Unte rschie de n a uf de r Ebe ne ge nom ische r R e gula tionsm e cha nism e n be ruhe n. (A) W e ibche n ve rschie de ne r Singvoge la rte n unte rsche ide n sich im Ante il de r Ge ne a m HVC -Tra nsk riptom , die durch Te stoste ron re gulie rt we rde n. Die je we ilige Da ue r de r Te stoste ronbe ha ndlung ist a nge ge be n. Da zwa r da s Ge nom de s Ka na rie nvoge ls, nicht a be r je ne s vom R otk e hlche n se que nzie rt ist, k önne n die ge nom ische n R e gula tionsm e cha nism e n zwische n die se n be ide n Voge la rte n noch nicht für vie le Ge ne m ite ina nde r ve rgliche n we rde n. (B) Möglich ist die s a be r für de n Ze bra fink e n und de n Ka na rie nvoge l. Im Ge ge nsa tz zum Ka na rie nvoge l unte rlie gt de r m ä nnliche Ge sa ng be im Ze bra fink e n k e ine n sa isona le n Ve rä nde runge n und wird k a um durch Te stoste ron be e influsst. Da s Ba lk e ndia gra m m ze igt de n Ante il von Ge ne n a m Ge npool, die nur be im Ka na rie nvoge l zum sa isona le n Te stoste ron-se nsitive n HVC -Tra nsk riptom ge höre n, und Bindungsste lle n für de n Androge n- (androgen response element, ARE) bzw. Ö stroge nre ze ptor (estrogen response element, ERE) in de n P rom otore n a ufwe ise n, a lle rdings nur be im Ka na rie nvoge l. Da te n a da ptie rt na ch [5, 6] © Ma x -P la nck -Institut für O rnithologie / Dittrich, Fra nk l-Vilche s © 2016 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 7/9 Jahrbuch 2015/2016 | Dittrich, Falk; Frankl-Vilches, Carolina; Ko, Meng-Ching; Diales da Rocha, Mariana; Leitner, Stefan; Gahr, Manfred | W ie Geschlechtshormone den Vogelgesang regulieren Genetische Regulationsmechanismen Kernrezeptoren für Geschlechtshormone sind dafür prädestiniert, relativ langsame Effekte auszulösen, w ie die erst nach mehreren Tagen einer Behandlung einsetzende qualitative Veränderung des Gesangs eines Vogels. Über Bindungsstellen in regulatorischen Regionen der Erbsubstanz (Promotoren) üben diese Rezeptoren im Zellkern einen Einfluss auf die Genexpression aus. Die Präsenz dieser Bindungsstellen ist artspezifisch, vergleicht man die männlichen Genome des Kanarienvogels, der eine saisonale und hormonabhängige Veränderung des Gesanges zeigt, mit dem des Zebrafinken, bei dem dies nicht erfolgt. Unter Berücksichtigung solcher Gene, die beide Arten im HVC exprimieren und die beim Kanarienvogel sow ohl saisonal als auch durch Testosteron reguliert sind, ließ sich bei Kanarienvögeln eine höhere Zahl an Genen mit Bindungsstellen für den Östrogen- und Androgen-Rezeptor in den Promotoren finden (Abb. 4b) [6]. Das größere Potenzial an Veränderungen des Genexpressionsmusters im HVC, die Geschlechtshormone hervorrufen, könnte beim Kanarienvogel eine Anpassung sein, die im adulten Zustand w iederholt Gesangsveränderungen ermöglicht. Die Männchen vieler Singvogelarten der gemäßigten Zonen produzieren innerhalb und außerhalb der Brutsaison unterschiedliche Gesänge, und bei einigen konnte bereits gezeigt w erden, dass deren Strukturen durch Geschlechtshormone veränderbar sind. Dabei w ies der Umfang der Veränderungen große artspezifische Unterschiede auf [7]. Vergleichende Untersuchungen der genetischen Regulationsmechanismen, durch die Geschlechtshormone bei Singvögeln unterschiedliche qualitative Veränderungen des Gesanges hervorrufen, können zu einem tieferen Verständnis des Zusammenhangs zw ischen der Evolution von Promotoren und der eines geschlechtsspezifischen Verhaltens führen. Literaturhinweise [1] Bolhuis, J. J.; Gahr, M. Neural mechanisms of birdsong memory Nature Review s Neuroscience 7, 347-357 (2010) [2] Dittrich, F.; Feng, Y .; Metzdorf, R.; Gahr, M. Estrogen-inducible, sex-specific expression of brain-derived neurotrophic factor mRNA in a forebrain song control nucleus of the juvenile zebra finch Proceedings of the National Academy of Sciences USA 96, 8241-8246 (1999) [3] Dittrich, F.; Ter Maat, A.; Jansen, R. F.; Pieneman, A.; Hertel, M.; Frankl-Vilches, C.; Gahr, M. 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Regulatory mechanisms of testosterone-stimulated song in the sensorimotor nucleus HVC of female songbirds BMC Neuroscience 15, 128 (2014) [6] Frankl-Vilches, C.; Kuhl, H.; Werber, M.; Klages, S.; Kerick, M.; Bakker, A.; de Oliveira, E.H.; Reusch, C.; Capuano, F.; Vowinckel, J.; Leitner, S.; Ralser, M.; Timmermann, B.; Gahr, M. Using the canary genome to decipher the evolution of hormone-sensitive gene regulation in seasonal singing birds Genome Biology 16, 19 (2015) [7] Gahr, M. How hormone-sensitive are bird songs and what are the underlying mechanisms Acta Acustica united w ith Acustica 100, 705-718 (2014) © 2016 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 9/9